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Frisch
gepflanzt
Abbildung 9: Die vier Jahreszeiten mit
den zugehörigen Materialien, gerendert
Frisch gesäht ist halb geerntet. Doch wie ist es um den Pflegeaufwand bestellt, den der virtuelle Profi-Gärtner aufbringen muss? Im Markt der Pflanzenbibliotheken hat nun Laubwerk, eine Potsdamer IT-Firma mit Berliner Wurzeln,
die heimischen Herstellerwälder aufgemischt. Doch hält das Pflanzenwerkzeug, was es verspricht? DP hat den Laubvon Rüdiger Mach
werk Player getestet, an dem nicht nur Landschaftsarchitekten ihre Freude haben werden.
E
s gibt einige Pflanzenbibliotheken und
Werkzeuge zur Erstellung von Vegetation auf dem Markt. Viele sind abhängige
Plug-ins und brauchen Visualisierungstools
wie 3ds Max oder Cinema 4D. Andere wiederum sind unabhängige Tools und können via entsprechender Schnittstellen in die
großen Visualisierungswerkzeuge
integriert oder importiert werden. Manche dieser Werkzeuge
bieten die Möglichkeit, Pflanzen
nach eigenem Gusto zu erstellen
und zu bearbeiten, andere stellen fertige Pflanzenbibliotheken
in unterschiedlicher Ausstattung
und Qualität zur Verfügung. Einige
Werkzeuge bieten beide Varianten.
Je nach Einsatzbereich und verwendeter Software setzt der eine
Anwender seit Jahren auf „sein“
Tool, der andere wiederum kauft
Pflanzen nach Bedarf in einer der
vielen Online-Bibliotheken.
Nun hat ein neuer Spieler die
Bühne betreten. Die DP hat die Firma Laubwerk und den „Laubwerk
Player“, ein Plug-in für 3ds Max,
genauer angeschaut.
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Laubwerk Player
Laubwerk ist eine junge Firma mit Sitz in
Potsdam und verfolgt den Ansatz, eine neue
Abbildung 1: Screenshot Plant Library Browser
Art von Pflanzen-Content anzubieten. Es
geht darum, vordefinierte Pflanzenbibliotheken in verschiedenen, leicht und schnell
anpassbaren Variationen für möglichst viele
Werkzeuge zur Verfügung zu stellen. Weitere Schnittstellen sind in
Planung. Der „Laubwerk Player“
ist ein Plug-in , welches den Zugriff
auf die Pflanzen ohne Importfunktion ermöglicht. Auch stellt der
Laubwerk Player eine breite Auswahl an Möglichkeiten zur Manipulation zur Verfügung. Die Pflanzen
können ohne Einschränkungen in
3ds Max verwendet werden. Bei
Bedarf bietet der Laubwerk-Online-Shop weitere Pflanzentypen
an. Alle Render-Engines in 3ds Max
werden unterstützt, wobei Mental
Ray und V-Ray einige Sonderfunktionen wie zum Beispiel den Einsatz von Proxies ermöglichen. Wir
haben das Produkt mit Mental Ray
untersucht. Abbildung 1 zeigt die
Übersicht der Pflanzenbibliothek in
3ds Max. Der Plant Libray Browser
ermöglicht die Ansicht und Vorauswahl der einzelnen Pflanzentypen.
Interessant sind zwei Ansätze, die
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TEST | LAUBWERK PLAYER
Abbildung 2: Varianten und Jahreszeiten im Drop-down-Menü
dien darzustellen ohne die Skalierungswerkzeuge des Visualisierungsprogramms nutzen
zu müssen, ist ein echter Gewinn. Auch wirkt
jeder einzelne Wachstumszustand im Detail
überzeugend, wie Abbildung 3 zeigt.
Zielgruppe
Die Zielgruppe von Laubwerk und ihrem neuen
Vegetationskonzept sind Planer im Allgemeinen, Architekten, Ingenieure, Landschaftsarchitekten und alle, die hochwertige Pflanzen
in verschiedenen Variationen zur Unterstützung ihrer Projekte benötigen. Grundlegende
Kenntnisse in 3ds Max vorausgesetzt ist die
Bedienung nahezu selbst erklärend und kinderleicht. Nach erfolgter Installation findet sich
Laubwerk den Konventionen von Max folgend
im Menü und in der Erstellen-Palette. Die mitgelieferten Pflanzenbibliotheken stehen umgehend zur Verfügung. Hat der Anwender die
gewünschte Pflanze im Plant Library Browser
ausgewählt, kann der erste Ladevorgang je
nach Rechner 10 bis 30 Sekunden bis zur Fertigstellung der Pflanze in 3ds Max auf sich warten lassen. Anschließend steht die Pflanze in
der Voreinstellung, dem „Convex Hull“-Modus
zur weiteren Verwendung zur Verfügung.
Die Rendermodi
Laubwerk stellt drei Möglichkeiten zur Verfügung, die Pflanzen innerhalb von 3ds Max
darzustellen. Diese sind vor allem dem Ressourcenverbrauch der Anwendung sowie der
Abbildung 3: Zuckerahorn in drei Wachstumszuständen
Testsystem
Der Laubwerk Player wurde auf einem Dell
Precision M6400 Notebook untersucht. Als
Testversion lagen mehrere Betaversionen
bis hin zur letzten aktuellen Betaversion 6
vor. Die finale Freebie-Version erhielten wir
kurz vor Fertigstellung des Artikels.
Verwendetes Betriebssystem:
Windows 7 Pro, 64 Bit
Arbeitsspeicher: 8 GB RAM
Grafik:
Nvidia Quadro FX3700M
Software:
Autodesk 3ds Max
Design 2012/2013 64 Bit
Renderer:
Mental Ray
Abbildung 4: Zuckerahorn in drei Wachstumszuständen, gerendert
allerdings erst auf den zweiten Blick ihre Wirkung entfalten.
Level of Detail
Hat man eine Pflanze ausgewählt und wechselt zur Ändern-Palette in 3ds Max, stehen
diese Optionen zur Auswahl. Dabei wird jede
Pflanze in drei Varianten, drei Alterszustän-
den und vier Jahreszeiten zur Verfügung
gestellt. Die Auswahl der einzelnen Zustände erfolgt über ein Drop-down-Menü im
aktiven Ändern-Bereich (siehe Abbildung
2). Die Vielschichtigkeit und Variabilität der
einzelnen Pflanze liefert so ziemlich alles,
was der „Normalanwender“ für die Ausstattung seiner Szenen mit Vegetation benötigt.
Die Möglichkeit verschiedene Wachstumssta-
Systemanforderungen
i 3ds Max/3ds Max Design 2010–2014,
Cinema 4D R12–R14
(32 Bit oder 64 Bit)
i Hardware, die problemlos die Verwendung von 3ds Max ermöglicht
i 10 MB freier Festplattenplatz für die
Programmanwendung zuzüglich zum
benötigten Platz für die Pflanzenbibliotheken
i Optional V-Ray 1.5 oder höher
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die Darstellung der verschiedenen Jahreszeiten sind hervorragend ausgearbeitet und
liefern keinerlei Grund zur Beanstandung.
Allerdings muss auch beachtet werden, dass
Qualität ihren Preis hat, denn ein einzelner
Baum kann ohne LoD-Einstellungen im ausgewachsenen Zustand schnell über eine Million Polygone erreichen.
Variationen
Abbildung 5: Drei Rendermodi in Laubwerk Player
Abbildung 6: Zuckerahorn in drei Varianten
Kombiniert man die drei Pflanzenvarianten
mit den grundlegenden Wachstumsstadien
(Young, Middle Aged und Fully Grown) so
ergibt sich eine enorme Vielfältigkeit. Die
Abbildungen 3 und 4 zeigen drei Varianten
eines Zuckerahorns. Abbildungen 8 und 9
zeigen die vier Jahreszeiten mit Details der
Belaubung. Jede der Pflanzen wird über den
Laubwerk Player innerhalb von 3ds Max verwaltet, was dazu führt, dass der Wechsel von
einer aktiven Variante einer Pflanze zu einer
anderen eine Weile dauern kann, da die jeweilige Pflanze immer aktuell aus dem nativen
Laubwerk-Datenformat aktualisiert wird.
Auch erreicht die Verwendung des Arbeitsspeichers bei Szenen mit mehreren Pflanzen schnell kritische Größen. Hier helfen nur
Tricks aus der Effizienzkiste. So können größere Mengen an Pflanzen mittels Mental Ray
Proxy bearbeitet werden.
Auch diverse Scatter Tools wie zum
Beispiel Multi Scatter (www.chaosgroup.
com) Carbon Scatter (www.e-onsoftware.
com) können hilfreich sein. Die LaubwerkPflanzen ließen sich auch problemlos mit
dem Vegetationswerkzeug Forest Pack Pro
(www.itoosoft.com) verwenden. Der Einsatz
des Max-eigenen Scatter Tools lieferte keine
überzeugenden Ergebnisse, da hier Probleme
mit der Performance auftraten.
Die Verwendung von V-Ray und V-Ray
Proxies wurde nicht getestet. Nach Aussage
von Laubwerk verhält sich bei Verwendung
von V-Ray ab 2.2 die Pflanze automatisch wie
eine V-Ray Proxy. Ältere Versionen von V-Ray
werden zwar bis zur Version 1.5 unterstützt
stellen aber diesen Automatismus nicht zur
Verfügung.
LOD
Abbildung 7: Zuckerahorn in drei Varianten gerendert
Übersichtlichkeit innerhalb der Szene geschuldet.
i Convex Hull zeigt die Pflanze mit Stamm
und Hüllmantel und benötigt am wenigsten Ressourcen
i Render Geometry zeigt die Pflanze mit
Blättern und Texturen
i Skeleton: Äste ohne Blätter
Um größere Mengen an Bäumen flüssig im
Viewport darzustellen, sollte Render Convex
Hull benutzt werden. Im Render Geometry
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Modus muss man alternativ die LOD-Einstellungen verwenden, will man die Szene noch
flüssig managen.
Qualität der Pflanzen
Die Qualität der einzelnen Pflanze kann man
nur als hochwertig bezeichnen. Mit viel Liebe
zum Detail sind die einzelnen Pflanzen in den
unterschiedlichen Varianten und Zuständen
modelliert. Die mitgelieferten Materialien für
Ein gelungener Ansatz ist die Möglichkeit,
Details, zum Beispiel in Abhängigkeit der Distanz zur Kamera in der Szene zu verändern.
Je näher an der Kamera, desto mehr Details
stehen zur Verfügung, je weiter weg, umso
mehr Detail entfallen. Hier verfolgt Laubwerk
mehrere Ansätze:
i Cull by thickness: Die Äste, die eine
bestimmte Dicke unterschreiten, werden
ausgeblendet.
i Cull by Level: Die Äste werden nach dem
Grad ihrer Verzweigung ausgeblendet.
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TEST | LAUBWERK PLAYER
Rücksprache mit den Entwicklern arbeitet
Laubwerk gemeinsam mit iToo Software an
der weiteren Integration mit Forest Pack.
Aktuell im Betatest befindet sich die Verwendung des von iToo entwickelten Point-CloudRender-Modus und ein optimiertes Caching
der Laubwerk-Pflanzen (www.itoosoft.com).
Wünschenswert sind eine Optimierung der
Performance und eine Automatisierung der
LOD-Werkzeuge.
Der spontane Eindruck: Ein tolles Werkzeug „Made in Germany“ mit neuen Ansätzen
und ein paar offenen Wünschen.
❯ sha
Abbildung 8: Die vier Jahreszeiten mit den zugehörigen Materialien
Rüdiger Mach ist Inhaber des Ingenieurbüros Mach:Idee in Karlsruhe
und seit Jahrzehnten im Bereich der
2D-und 3D-Computergrafik tätig. Spezialisiert in den Bereichen technischwissenschaftlicher Visualisierung und
Ausstellungskonzeptionen unterrichtet er in Deutschland und der Schweiz,
publiziert in Fachmagazinen und hat
einige Fachbücher zum Thema 3D geschrieben (www.machidee.de).
Weitere Informationen
Laubwerk GmbH
August-Bebel-Straße 27
14482 Potsdam
[email protected]
www.laubwerk.com
www.facebook.com/laubwerk
Der Preis Für den Laubwerk Player inkl.
Plant Kit 1 beträgt 178,00 Euro inkl. MwSt.
Eine Freebie-Version lässt sich kostenfrei
auf der Website herunterladen.
Abbildung 10: LOD – Level of Detail für Laub. Einstellungen mit 10 % sind für den Hintergrund gedacht
Pro und Kontra
i Leaf Amount: Die Anzahl der Blätter wird
ausgedünnt und die Blattgröße erhöht.
Das heißt, je weniger Blätter dargestellt
werden, desto größer werden die einzelnen
Blätter (siehe Abbildung 10).
Fazit
Laubwerk hat mit dem Laubwerk Player ein
leicht zu bedienendes Pflanzenwerkzeug entwickelt. Der erste Eindruck in 3ds Max ist sehr
gut. Die Qualität der Pflanzen, das Handling
und die Menüführung sind prima gelöst und
leicht verständlich. Das Konzept, Varianten
der gleichen Pflanze zur Verfügung zu stellen,
überzeugt. Kombiniert man die Varianten mit
den unterschiedlichen Wuchsgrößen sowie
den Materialien für die vier Jahreszeiten, so
stellt dies ein in dieser Form überzeugendes
und funktionales Konzept dar.
Zudem stellt Laubwerk eine recht umfangreiche Hilfe zur Verfügung. Diese beschreibt
ausführlich die einzelnen Elemente des Laubwerk Player Plug-ins. Schade ist, dass gerade
bei einem deutschen Produkt das Programm
und die Hilfe ausschließlich in Englisch vorliegen. Wünschenswert wäre, ergänzend zur
Hilfe einige Workarounds anzubieten, die
Starthilfe zum optimalen Einsatz der LODEinstellungen oder Ähnlichem bieten.
Vermisst wird die Option, alle Parameter
einer Szene in einer übersichtlichen Tabelle zu manipulieren. Gerade bei Szenen mit
mehreren Pflanzen ist die Darstellung zu verschiedenen Wachstumsphasen oder unterschiedlichen Jahreszeiten gewünscht. Muss
der Anwender jede Pflanze einzeln über die
Ändern-Palette bearbeiten, wird dies schnell
mühselig.
Wünschenswert wäre auch eine Möglichkeit zur generischen Pflanzenverteilung
innerhalb einer Szene. Sicherlich können
durch die Verwendung eines Partikelsystems
(möglichst mit Mental Ray Proxies) oder Zusatzwerkzeugen (Scatter Tools) einige Hürden genommen werden, aber eine elegante
Pflanzenverteilung würde dem Laubwerk
Player sehr gut zu Gesicht stehen. Nach
Pro
⊕ Sehr hohe Pflanzenqualität
⊕ Verschiedene Varianten und
Wachstumsphasen
⊕ Vier Jahreszeiten als Materialvorgabe
⊕ Einfache und selbsterklärende
Oberfläche
⊕ LOD – clever integriert
⊕ Intuitive Bedienung
Kontra
⊝ Sehr speicherintensiv, Performance
verbesserungswürdig
⊝ Hohe Renderzeiten bei Verwendung
von Mental Ray
⊝ Dokumentation und Hilfe derzeit
ausschließlich in Englisch
⊝ Zentrale Änderung von Pflanzenparametern derzeit nicht möglich
⊝ Verteilungsfunktionen von Pflanzen in
der Szene nur mittels Werkzeugen wie
Forest Pack, Scatter oder Partikelsystemen möglich
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