Anforderungen an Prüfstände für Hybridfahrzeuge

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Anforderungen an Prüfstände für Hybridfahrzeuge
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Anforderungen an Prüfstände für Hybridfahrzeuge
Entwicklung und Validierung von Hybridantrieben am dynamischen Motorprüfstand
Dr.-Ing. Christian Schyr, AVL List GmbH, Graz
Dipl.-Ing. Christopher Christ, AVL Deutschland GmbH, Mainz-Kastel
Zusammenfassung
Im vorliegenden Beitrag soll der Einsatz von dynamischen Motorprüfständen für die Entwicklung von Hybridfahrzeugen untersucht werden. Dabei müssen in Zukunft die Hybridkonzepte
als Getriebevariante innerhalb einer neuen Fahrzeugserie die geforderten Ziele in Bezug auf
Verbrauch, Emissionen, Leistung und Fahrbarkeit erfüllen. Bedingt durch die zusätzlichen
Funktionen von Hybridantrieben ergeben sich für den Motorprüfstand neue Herausforderungen, um einen fahrzeugnahen Betrieb des Verbrennungsmotors am Prüfstand zu erreichen. Als
Aufbaukonfigurationen am Prüfstand sind der reale Verbrennungsmotor mit oder ohne den
hybriden Komponenten und dem Getriebe sowie den zugehörigen Steuergeräten möglich.
Ergänzend dazu werden weitere für den Antriebsstrang relevante Steuergeräte an ein echtzeitfähiges Simulationssystem am Prüfstand angebunden. Damit wird es möglich, umfangreiche
virtuelle Fahrmanöver zur Analyse der dynamischen Eigenschaften des Verbrennungsmotors
sowie des Hybridsystems am Prüfstand durchzuführen. Im Beitrag wird dazu eine von AVL
neu entwickelte Prüfstandslösung vorgestellt.
Summary
The presented paper describes the utilization of dynamic engine test beds for the development
of hybrid vehicles. In the future the hybrid system will be a transmission variant within a new
vehicle series and has to fulfil the targets for fuel consumption, emissions, performance and
driveability. The additional functionality of hybrid powertrains will result in new challenges
for the engine test bed in order to operate the combustion engine like in the real vehicle. The
test bed configurations will have the combustion engine with or without the hybrid
components and the transmission and their corresponding control units. In addition the other
control units will be connected to a real-time capable simulation system on the test bed. This
will enable the realization of virtual driving manoeuvres to analyse the dynamic behaviour of
the combustion engine and the hybrid system on the test bed. A newly developed test bed
solution from AVL will also be presented.
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Anforderungen an Prüfstände für Hybridfahrzeuge
1. Einleitung und Motivation
Der dynamische Motorprüfstand hat sich in den letzten 20 Jahren zu einem unverzichtbaren
Werkzeug in der Antriebsstrangentwicklung etabliert. Bereits bei den ersten Prüfstandsinstallationen Mitte der 80er Jahre war es möglich, mittels der damals dem Stand der Technik entsprechenden Gleichstrommaschinen für Fahrzeuge mit Handschaltgetriebe die Antriebsstrangdynamik der ersten Ordnung zu simulieren, d.h. das Schwingungsverhalten zwischen Motor- und
Fahrzeugmasse am Prüfstand darzustellen [1]. Die simulationstechnisch kritischen Vorgänge
dabei sind der Leerlauf, das Anfahren sowie die Schaltvorgänge bei geöffneter bzw. schleifender Kupplung. Diese grundlegende Funktionalität des Motorprüfstandes wurde in den folgenden Jahren durch die Simulation von Wandlerautomatikgetrieben und von stufenlos verstellbaren Getrieben ergänzt [2,3]. Parallel dazu wurden ab Mitte der 90er Jahre als Belastungsaggregate die ursprünglichen Gleichstrommaschinen durch dynamischere Drehstrom-AsynchronMaschinen abgelöst. Seit einigen Jahren sind für hochdynamische Anwendungen auch extrem
leistungsfähige Drehstrom-Synchron-Maschinen im Einsatz [4]. Damit kann heute das dynamische Verhalten von allen konventionellen Antriebsstrangkonzepten mit Schaltgetriebe,
Wandlerautomatikgetriebe, Doppelkupplungsgetriebe und stufenlos verstellbarem Getriebe für
Zwei- und Vierradantrieb am Motorprüfstand realistisch abgebildet werden.
Aktuellen Marktprognosen zufolge werden aber hybride Konzepte in Zukunft einen nicht
unwesentlichen Anteil der Serienfahrzeuge ausmachen. Dabei ist allerdings die Schwankungsbreite sehr groß und abhängig von den zugrunde liegenden wirtschaftlichen und politischen
Zukunftsszenarien. Die Prognosen für den weltweiten Marktanteil von Hybridfahrzeugen liegen für das Jahr 2015 im Bereich zwischen 4 % und 10 % und für das Jahr 2020 zwischen 6 %
und 18 % [5]. So wie derzeit auch wird sich aber sicherlich in Zukunft der Marktanteil der
Hybridfahrzeuge in Europa, Amerika und Asien unterschiedlich entwickeln.
Für die Betreiber von Prüffeldern mit Motorprüfständen bedeutet dies aber, sich technologisch
auf die speziellen Anforderungen von Hybridfahrzeugen vorzubereiten und die vorhandenen
Prüfstandskapazitäten durch entsprechende Maßnahmen aufzurüsten. Dabei sind analog zur
Entwicklung konventioneller Antriebskonzepte folgende Funktionen von Prüfständen für Hybridantriebe zu erfüllen:
• Genaue stationäre und transiente Erfassung der Betriebszustände durch geeignete Versuchs- und Messtechnik am Prüfstand.
• Dynamischer Betrieb des am Prüfstand aufgebauten Prüflings zur Durchführung von simulierten Fahrten. Dabei sind sowohl gesetzliche Fahrzyklen als auch Versuchsfahrten auf unterschiedlichen Versuchsstrecken am Prüfstand darzustellen.
• Durchführung von vollautomatischen Optimierungsverfahren zur Bedatung der Steuergeräte des Prüflings am Prüfstand.
• Bewertung des Verhaltens des am Prüfstand aufgebauten Prüflings im Gesamtfahrzeug,
insbesondere seiner Leistungs-, Verbrauchs-, Abgas- und Fahrbarkeitseigenschaften.
Diese Anforderungen sind sowohl von Prüfständen für Verbrennungsmotoren, von Prüfständen für die im Antriebsstrang eingesetzten Elektromotoren mit zugehörigen Energiespeichern
als auch von Antriebsstrangprüfständen zu erfüllen.
2. Merkmale und Eigenschaften von Hybridantrieben
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2. Merkmale und Eigenschaften von Hybridantrieben
2.1 Funktionen von Hybridantrieben
Bei allen Hybridkonzepten ergänzt die Batterie als elektrischer Energiespeicher in Kombination mit einen oder mehreren Elektromotoren den Verbrennungsmotor und das Getriebe im
Antriebsstrang. In Bild 1 sind die damit möglichen hybridspezifischen Funktionen wie
Start/Stopp und Lastpunktverschiebung des Verbrennungsmotors, Boosten und Rekuperieren
sowie rein elektrisches Fahren dargestellt. Zur Umsetzung einer optimalen Betriebsstrategie
des Hybridantriebs sind zusätzliche Funktionen für das Umschalten zwischen verschiedenen
Betriebsarten notwendig (Mode-Switch).
Bild 1 Funktionen und Eigenschaften von hybriden Antriebssträngen
Am Prüfstand sind nun die Auswirkungen dieser Funktionen auf die Eigenschaft des Gesamtfahrzeugs in Bezug auf Verbrauch und Emission, auf die Belastung der mechanischen und
elektrischen Bauteile sowie auf die Sicherheit und Zuverlässigkeit des hybriden Antriebsstrangs experimentell zu ermitteln.
Eine weitere wichtige Eigenschaft ist die Fahrbarkeit des Hybridfahrzeugs und deren spätere
Bewertung durch den Kunden. Diese ist je nach Fahrzeugkategorie und Markenimage eher
ökonomisch geprägt („Eco-Hybrid“) oder eher sportlich orientiert („Power-Hybrid“).
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2.2 Klassierung von Hybridantrieben
Es lassen sich die derzeit in Serie befindlichen bzw. vor Serieneinführung stehenden Hybridkonzepte in die in Bild 2 dargestellten drei Klassen unterteilen.
Bild 2 Klassen von hybriden Antriebssträngen
• Paralleler Hybridantrieb: Bei diesem Konzept wirken der Verbrennungsmotor und der
elektrische Antrieb zusammen oder auch unabhängig voneinander auf eine Antriebsachse
des Fahrzeugs. Die Umschaltung der Betriebsmodi erfolgt meistens durch mechanische
Kupplungen in Verbindung mit einem mechanischen Getriebe wie zum Beispiel einem
Doppelkupplungsgetriebe oder mechanischen stufenlosen Getriebe (CVT). In einer Variante ist es auch möglich, durch elektrischen Antrieb einer zweiten Fahrzeugachse eine Allradfunktion darzustellen (E-4WD). Diese wirkt als temporäre Traktionshilfe aber auch als aktives Element für eine Fahrstabilitätsregelung.
• Leistungsverzweigter Hybridantrieb: Dieses Konzept bietet die Möglichkeit, ein elektrisch stufenlos verstellbares Getriebe zu realisieren (ECVT). Dabei unterscheiden sich die
ausgeführten Varianten durch die Größe der verbauten elektrischen Leistungen sowie der
Möglichkeiten, durch Kupplungen und Planetengetriebe mehrere Übersetzungsbereiche
und Übersetzungsstufen zu realisieren. Während Toyota bisher bei Front-Quer verbauten
Hybridantrieben keine Schaltelemente und bei Front-Längs verbauten Varianten maximal
eine Schaltstufe vorsieht [6], integriert die Hybridallianz GM/DaimlerChrysler/BMW als
Schaltelemente mehrere Planetensätze und Kupplungen im Getriebegehäuse [7].
2. Merkmale und Eigenschaften von Hybridantrieben
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• Serieller Hybridantrieb: Dieses Konzept entspricht im Wesentlichen einem rein elektrischen Getriebe (EVT), d.h. zur Anpassung der Charakteristik des Verbrennungsmotors an
das Fahrzeug sind keine weiteren mechanischen Getriebefunktionen notwendig. Das elektrische Getriebe wird seit langem in Nutz- und Sonderfahrzeugen eingesetzt, wie z.B. Bussen oder Förderfahrzeugen. Vor kurzem wurde aber für den Einsatz in PKW von Volkswagen ein neues Konzept in Form eines so genannten „Magnetisch-Elektrischen Getriebes“
vorgestellt. Dieses basiert auf der Integration von zwei permanenterregten Rotoren mit einem gemeinsamen axial verschieblichen Stator in einem Gehäuse [8].
2.3 Steuergeräte von Hybridantrieben
Bei allen Hybridkonzepten sind die hybridspezifischen Funktionen in den Steuergeräteverbund
des Fahrzeugs zu integrieren. Am Beispiel des Toyota Camry Hybrid Modelljahr 2007 ist in
Bild 3 der Steuergeräteverbund der Fahrzeugvariante mit konventionellem Wandlerautomatikgetriebe und in Bild 4 die Hybridfahrzeugvariante gegenübergestellt [9].
Bild 3 Steuergeräteverbund am Beispiel Toyota Camry – Variante Automatikgetriebe
Bild 4 Steuergeräteverbund am Beispiel Toyota Camry – Variante Hybrid
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Anforderungen an Prüfstände für Hybridfahrzeuge
Bild 5 Beispielfahrzeug Toyota Camry Hybrid - Modelljahr 2007
Im Beispiel ist bei der konventionellen Fahrzeugvariante die Ansteuerung des Verbrennungsmotors und des Automatikgetriebes auf jeweils eigenen Steuergeräten (SG) implementiert,
während bei der Hybridvariante die Funktionen für den Verbrennungsmotor, das elektrisch
leistungsverzweigte Getriebe sowie die Batterie auf einem Hybrid-Steuergerät zusammengelegt sind. In Bild 6 sind die hybridspezifischen Steuergeräte des Toyota Camry mit ihren
Schnittstellen und Funktionen schematisch dargestellt.
Bild 6 Hybridspezifische Steuergeräte am Beispiel Toyota Camry Hybrid
3. Prüfstandslösungen für Hybridantriebe
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Dem Hybrid-Steuergerät sind für die Ansteuerung der Leistungsteile der beiden Elektromotoren im leistungsverzweigten Getriebe sowie für die Berechnung des Ladezustands der Batterie
(SOC – State of Charge) weitere spezifische Steuergeräte unterlagert. Alle fahrdynamischen
Funktionen zur Ansteuerung des hydraulischen Bremssystems und der Servolenkung sowie zur
Berechnung der elektrischen Rekuperationsleistung sind auf dem Fahrdynamik-Steuergerät
integriert. Dieses kommuniziert über CAN mit dem Hybrid-Steuergerät. Die Funktionen des
Fahrdynamik-Steuergerätes sind im Folgenden:
•
Fahrzeugstabilität bei Kurvenfahrt,
•
Traktionskontrolle beim Anfahren und Beschleunigen,
•
Schlupfregelung beim Verzögern,
•
Bremskraftverteilung zwischen den einzelnen Rädern,
•
Bremskraftassistenz bei Notbremsungen,
•
Lenkkraftassistenz bei Kurvenfahrten,
•
Rekuperationsanforderung beim Verzögern.
3. Prüfstandslösungen für Hybridantriebe
Aus den angeführten Beispielen lassen sich folgende Anforderungen für den Aufbau und den
Betrieb von Motorprüfständen ableiten [10]:
• Die Anordnung von Elektromotor und Getriebe im Antriebsstrang in Zusammenhang mit
der elektrischen Energiespeicherung bestimmt die möglichen Betriebsstrategien des
Verbrennungsmotors im Hybridfahrzeug. Der mechanische Aufbau des Prüflings am Motorprüfstand muss daher die Darstellung der Betriebsstrategien wie z.B. Start/Stopp oder
Lastpunktverschiebung ermöglichen.
• Die für den Antriebsstrang relevanten Steuergeräte sind so zu betreiben, dass sich in allen
am Prüfstand simulierten Fahrsituationen dasselbe funktionale Verhalten einstellt. Dies bedeutet eine deutliche Erweiterung der Steuergeräteintegration am Prüfstand verglichen mit
der konventionellen „Restbussimulation“.
3.1 Aufbauvarianten am Prüfstand
Im Folgenden sind mögliche Aufbauvarianten am Motorprüfstand für Hybridfahrzeuge erläutert. Das Bild 7 zeigt eine Konfiguration, wo nur der Verbrennungsmotor real am Prüfstand
aufgebaut wird. Das Steuergerät für den Verbrennungsmotor wird analog zum Fahrzeug über
CAN mit den anderen Steuergeräten im Netzwerk integriert. Diese sind entweder als reale
Steuergeräte an eine Simulationsplattform angebunden oder werden über entsprechende Softwaremodelle am Simulationsrechner emuliert. Der Vorteil dieser Konfiguration ist der rasche
mechanische Aufbau des Verbrennungsmotors sowie die einfache Änderung des Verhaltens
des restlichen Antriebsstrangs durch Änderung der entsprechenden Simulationsmodelle. Damit
lässt sich zum Beispiel ein Grundmotor für den Einsatz mit konventionellen Getrieben als auch
mit Hybridgetrieben betreiben. Der Nachteil der Konfiguration ist ein relativ hoher Aufwand
in der elektrischen Anbindung der Steuergeräte an das Simulationssystem sowie in der Erstellung und Pflege der zugehörigen echtzeitfähigen Simulationsmodelle.
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Anforderungen an Prüfstände für Hybridfahrzeuge
Bild 7 Konfiguration nur mit Verbrennungsmotor
In Bild 8 ist ein Aufbau mit realem Verbrennungsmotor und Hybridgetriebe dargestellt. Dabei
werden typischerweise für Front-Längs-Einbau ein Dyno am Ausgang des Übersetzungsgetriebes und für Front-Quer-Einbau zwei Dynos am Ausgang des Differenzials vorgesehen. Die
elektrischen Komponenten des Hybridgetriebes sind an einen Batteriesimulator als Gleichspannungsquelle angeschlossen. Das dynamische Verhalten der simulierten Batterie wird in
den entsprechenden Modellen auf der Simulationsplattform berechnet.
Bild 8 Konfiguration mit Verbrennungsmotor, E-Motor/Getriebe und Batteriesimulator
3. Prüfstandslösungen für Hybridantriebe
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In den im Bild 9 dargestellten Aufbau wird dagegen die reale Fahrzeugbatterie integriert und
das zugehörige Batterie-Steuergerät daran angeschlossen.
Bild 9 Konfiguration mit Verbrennungsmotor, E-Motor/Getriebe und Fahrzeugbatterie
Der Vorteil bei beiden Konfigurationen mit real aufgebautem Hybridgetriebe ist ein deutlich
geringerer Aufwand in der Anbindung der Steuergeräte am Simulationssystem sowie die
gleichzeitige Optimierung bzw. Erprobung von Verbrennungsmotor und Hybridsystem bestehend aus Getriebe, Elektromotor, Frequenzumrichter und Spannungswandler. Der Nachteil der
beiden Konfigurationen ist ein höherer Aufwand in der Prüfstandsausstattung wie zum Beispiel eine höhere Leistung der Dynos bzw. eine umfangreichere Messtechnik.
3.2 Steuergeräteintegration am Prüfstand
Die Anbindung von Steuergeräten an ein echtzeitfähiges Simulationssystem zur Darstellung
aller für den Antriebsstrang relevanten Funktionen ist eine klassische Aufgabe der so genannten „Hardware-in-the-Loop“-Prüfstände (HiL). Daher ist es nahe liegend, diese Projektumfänge vor dem Einsatz des Motorprüfstands durchzuführen und dann dieselbe Simulations- und
Modellumgebung am Motorprüfstand zu integrieren [11].
In Bild 10 ist dazu schematisch die Anbindung einer HiL-Plattform am Leistungsprüfstand
dargestellt. Dies kann ein Komponentenprüfstand für Verbrennungsmotor, Elektromotor oder
Getriebe, ein Antriebsstrangprüfstand oder auch ein Rollenprüfstand sein. Der Prüfstand besteht aus dem mechanischen Prüflings samt zugehörigen Steuergeräten. Der Prüfling wird an
mechanische und elektrische Belastungsaggregate wie z.B. Dyno und Batteriesimulator angebunden. Am Prüfstandssystem erfolgt die Regelung und Überwachung der Belastungsaggregate, die Integration der Messtechnik und Signalverarbeitung sowie die Prüflaufautomatisierung.
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Bild 10 Leistungsprüfstand mit integriertem HiL-System
Das Prüfstandssystem wird um eine so genannte „Externe Simulation“ erweitert, diese Funktion erlaubt die Anbindung einer externen Simulationsplattform an das Prüfstandssystem [12].
Die Simulationsplattform besteht aus einem Echtzeitsystem mit integrierten Schnittstellen (I/O)
zur flexiblen Anbindung unterschiedlicher Steuergeräte (SG) sowie einer Hostumgebung zur
Vorbereitung der Simulationsmodelle und –prüfläufe sowie zur Visualisierung.
Als leistungsfähiges HiL-System setzt dazu AVL die Simulationsumgebung IPG-Carmaker ein
[13]. In Bild 11 ist die Benutzeroberfläche des IPG-Carmaker zur Visualisierung der virtuellen
Fahrt eines Hybridfahrzeugs mit elektrisch leistungsverzweigtem Getriebe dargestellt. Damit
ist es nun möglich, den hybriden Antriebsstrang in einem virtuellen Fahrzeug am Prüfstand zu
betrieben und unterschiedlichste Fahrmanöver auf einer dreidimensionalen Strecke durchzuführen. Neben den konventionellen Manövern im Bereich der Längsdynamik wie Volllastbeschleunigung, Tip-In / Tip-Out und Ausrollen können auch alle fahrdynamisch relevanten
Manöver wie Bremsen und Kurvenfahrt sowie die gesetzlichen Abgaszyklen durchgeführt
werden. In Verbindung mit hochgenau erfassten Streckenprofilen sind damit virtuelle Fahrten
wie Stadtfahrt, Überlandfahrt, Autobahnfahrt oder Bergfahrt zur Erfassung und Beurteilung
der hybridspezifischen Eigenschaften des Verbrennungsmotors im realen Betrieb möglich.
Insbesondere die Fahrzeugeigenschaften während des regenerativen Bremsens, des elektrischen Boostens, der rein elektrischen Fahrt sowie während der Übergänge zwischen den Betriebsarten werden damit bereits am Prüfstand analysiert und anschließend gegebenenfalls
optimiert. Durch Erweiterung einer entsprechenden software-programmierbare Hardware für
die physikalische Generierung elektrischer Fehler (Fehlersimulation) zwischen den Steuergeräten und der Simulationsplattform können auch diagnose- bzw. sicherheitsrelevante Versuchsumfänge am Prüfstand durchgeführt werden.
4. Zusammenfassung und Ausblick
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Bild 11 Benutzeroberfläche am HiL-System IPG-Carmaker
4. Zusammenfassung und Ausblick
Die Entwicklung von hybriden Antriebssträngen als Getriebevarianten innerhalb einer neuen
Fahrzeugserie erfordert neben den komplexen Fahrzeugkonzepten bei Mechanik, Elektrik und
Steuergeräten auch die geeigneten Werkzeuge und Methoden im Entwicklungsprozess. Der
dynamische Motorprüfstand ist durch Integration von flexiblen Simulationssystemen auch in
Zukunft geeignet, die komplexen Betriebsstrategien des Verbrennungsmotors in einer der
Messtechnik gut zugänglichen sowie exakt reproduzierbaren Versuchs- und Optimierungsumgebung darzustellen. Die konventionelle Restbussimulation des Motorsteuergerätes wird durch
den Aufbau und Betrieb aller für den Antriebsstrang relevanten Steuergeräte am Prüfstand
abgelöst. Als Prüfläufe werden sich parallel zu den konventionellen physikalischen Lastprofilen die simulationsbasierten virtuellen Fahrmanöver am Motorprüfstand durchsetzen. Die Voraussetzung für den erfolgreichen Einsatz dieser Methoden und Werkzeuge ist aber eine enge
Zusammenarbeit zwischen den Prüfstandsbetreibern und den Simulationsexperten der Fahrzeughersteller und Zulieferer.
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Anforderungen an Prüfstände für Hybridfahrzeuge
Literatur
[1] Thun, H.-J. von: Dynamischer Verbrennungsmotor-Prüfstand mit Echtzeitsimulation des
Kraftfahrzeug-Antriebsstrangs. In: Automobiltechnische Zeitschrift 89 (1987), Nr. 1
[2] Fischer, R.: Dynamische Simulation von Kraftfahrzeugen mit Automatikgetriebe. Graz,
Technische Universität, Fakultät für Maschinenbau, Dissertation, 1988
[3] Jürgens, G.; Schyr, C.: CVT-Simulation am dynamischen Motorprüfstand. In: Automobiltechnische Zeitschrift 102 (2000), Nr. 7/8
[4] Schneiderbeck, H.: Dynamische Motorenprüfung mit einer PermanentmagnetSynchronmaschine. In: Automotive Engineering Partners 8 (2005), Nr. 3/4
[5] Lehna, M.: Hybridfahrzeugkonzepte im Spannungsfeld zwischen technischen Möglichkeiten und Marktanforderungen. In: Tagungsband 15. Aachener Kolloquium Fahrzeugund Motorentechnik (Aachen 2006)
[6] Yaegashi, T.; Killmann, G.: Toyota Hybrid System: It’s Strategy and Technologies. In:
Tagungsband 16. Internationale AVL Konferenz „Motor & Umwelt“ (Graz 2004)
[7] Nitz, L.; Truckenbrodt, A.; Epple, W.: Das neue Two-Mode Hybrid-System der Globalen
Hybrid-Kooperation. In: Tagungsband 27. Internationales Wiener Motorensymposium
(Wien 2006)
[8] Steiger, W.; Böhm, T.; Schulze, B.: Direkthybrid – eine Kombination von Verbrennungsmotor mit einem elektrischen Getriebe. In: Tagungsband 15. Aachener Kolloquium
Fahrzeug- und Motorentechnik (Aachen 2006)
[9] Toyota Camry Hybrid 2007: User Documentation and New Car Features,
http://www.techinfo.toyota.com, Stand 2006-11-01
[10] Hohenberg, G.; Dein Dias Terra, T.; Schyr, C.; Gschweitl, K.; Christ, C.: Anforderungen
an Prüfstände für Hybridfahrzeuge. In: MTZ-Konferenz Motor 2006 – Der Antrieb von
morgen (Stuttgart 2006)
[11] Albers, A.; Gschweitl, K.; Schyr, C.; Kunzfeld, S.: Methoden und Werkzeuge zur modellbasierten Validierung von Hybridantrieben. In: Automobiltechnische Zeitschrift 108
(2006), Nr. 11
[12] Schyr, C.; Putz, G.; Zrim, A.: Flexible Simulationsmodelle am Prüfstand. In: Tagungsband VDI Konferenz „Erprobung und Simulation in der Fahrzeugentwicklung“ (Böblingen 1997)
[13] Pfister, F.; Gschweitl, K.; Reitze, C.; Sanguanpiyapan, K.; Quarz, V.: Design of Experiments-Methoden angewendet auf geregelte Triebstrang- und Fahrwerkssysteme am Beispiel Rundenzeitoptimierung. In: Tagungsband VDI Konferenz „Steuerung und Regelung
von Fahrzeugen und Motoren - AUTOREG“ (Wiesloch 2006)

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