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Dezember 2005
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ein medienpolitisch spannendes Jahr liegt hinter uns. Das Pressefusionsgesetz wurde
vom Bundesrat gestoppt und muss nun komplett neu verhandelt werden. Es gilt nun, das
neue Pressekartellrecht so zu gestalten, dass redaktionelle Freiheit und Unabhängigkeit
nicht noch weiter eingeschränkt werden. Denn eine Zeitung ist mehr als ein Wirtschaftsgut. Eine Zeitung dient der Information ihrer Leserinnen und Leser und soll politische,
wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Vielfalt abbilden – hat somit eine öffentliche Aufgabe.
Hohe Wellen schlug auch die Übernahme des TV-Konzerns ProSiebenSat1 durch den
Axel Springer Verlag. Diese „cross-mediale“ Transaktion wird Springer insgesamt 4,15
Milliarden Euro kosten, drei Milliarden davon sollen durch Kredite finanziert werden.
Sowohl die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) als
auch das Bundeskartellamt haben Zweifel an der Zulässigkeit dieser Fusion. Beide Verfahren laufen noch. Wenn das Medienhaus die Bedingungen der KEK und des Bundeskartellamtes erfüllt, kommen „Bild, BamS und Glotze“ bald aus einer Hand. Äußerst
fraglich ist, ob ein Fernsehbeirat, wie von der KEK gefordert und analog den Rundfunkräten der Öffentlich-Rechtlichen, dem Problem der geballten Meinungsmacht auch nur
annähernd gerecht werden kann.
Schlechte Nachrichten aus Brüssel: Europas Fernsehzuschauerinnen und -zuschauern
droht mehr Werbung und weniger Programm. Die EU-Kommission beschloss Mitte Dezember einen Gesetzentwurf der EU„Die klare Trennung von Werbung und redaktioFernsehrichtlinie, der unter anderem die
nellen Inhalten ist ein hohes medienpolitisches
Vorschriften für TV-Reklame lockert. Unter
Gut, das es zu schützen gilt!“
bestimmten Voraussetzungen soll erstmals
auch Product Placement, also die Platzierung
von Produkten in Sendungen gegen Geld, ermöglicht werden. Der Verband der Privatsender (VPRT) jubelt. Wir nicht: Die klare Trennung von Werbung und redaktionellen
Inhalten ist ein hohes medienpolitisches Gut, das es zu schützen gilt!
Nicht nur diese drei Beispiele zeigen, dass es auch im Jahr 2006 jede Menge zu tun gibt.
Schon heute möchte ich Ihnen unsere neue medienpolitische Reihe, das „DGBFernsehgespräch“ ans Herz legen. Wir starten im Februar mit einer Debatte um das
duale Rundfunksystem. Und ich freue mich schon heute auf weitere informative, lebhafte
und kontroverse Diskussionen rund um das Thema Medienpolitik.
Ich wünsche Ihnen ein frohes Weihnachtsfest, Glück, Gesundheit und Erfolg im Neuen
Jahr!
Michael Sommer
Inhalt
ARD
ZDF
Private
Medienpolitik
Aus den Ländern
Print
Allgemeines
Ausland
Zum Schluss
Impressum
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Dezember 2005
Pleitgen: Wieder Verdacht auf Schleichwerbung
WDR-Intendant Fritz Pleitgen hat bestätigt, dass es laut einer internen Revision möglicherweise einen neuen Fall von Schleichwerbung bei der ARD gibt, von dem ARD-Sportkoordinator Hagen Boßdorf gewusst haben könnte. Die WDR-Innenrevision hatte Hinweise gefunden, dass eine Brauerei und ein Energiekonzern Anfang 2004 für Schleichwerbung beim Star-Biathlon 2005 60.000 Euro an ein Tochterunternehmen der Bavaria
und der WDR-Mediagroup gezahlt haben sollen. Es soll sich dabei um Krombacher und
E.ON handeln. Pleitgen betonte, der Revisionsbericht liege erst im Entwurf vor. Deshalb
sei der Sender mit den Vorwürfen noch nicht an die Öffentlichkeit gegangen.
Radio Bremen gab Auftrag zu Product Placement
Zum ersten Mal hat ein öffentlich-rechtlicher Sender zugegeben, dass Programmverantwortliche direkt in Absprachen zu Product- oder Themen-Placement involviert waren.
Radio Bremen (RB) hat den Auftragsproduzenten der ARD-Vorabendserie «Aus gutem
Haus» 1998 ermächtigt, eine Deckungslücke im Produktionsetat zum Teil mittels einer
«Fremdfinanzierung» zu schließen. Bei Wirtschaftsunternehmen sollten 300.000 D-Mark
von einer fehlenden Million besorgt werden, geht aus einem Untersuchungsbericht von
RB-Programmdirektor Dirk Hansen hervor, der durch epd-Recherchen ausgelöst worden
war.
Boßdorf wird nicht NDR-Sportchef
ARD-Sportkoordinator Hagen Boßdorf (41) wird nicht Sportchef des NDR. Nach der
Prüfung neuer Stasi-Unterlagen entschied der NDR-Verwaltungsrat, den Vertrag mit
Boßdorf rückgängig zu machen. WDR-Intendant Fritz Pleitgen sagte dazu: „Im Vergleich
zu dem, was die Stasi vielen Menschen angetan hat, konnten wir bei Hagen Boßdorf
keine Menschenrechtsverletzungen feststellen“. ARD-Programmdirektor Günter Struve
hatte Boßdorf gegen die Stasi-Vorwürfe in Schutz genommen. „Ich halte seine StasiKontakte für nicht so gravierend. Es gab keine wirklichen Opfer und keine wirklichen
Täter.“ Der Thüringer Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) kritisierte Struve jedoch
wegen seines Festhaltens an Boßdorf. „Wenn sich herausstellt, dass ein Mitarbeiter des
öffentlich-rechtlichen Hörfunks und Fernsehens eng mit der Stasi zusammengearbeitet
hat, dann muss man auch Konsequenzen ziehen und sich von ihm trennen“.
SWR-Intendant Voß unter Verdacht
Peter Voß steht unter dem Verdacht der Untreue und Vorteilsnahme. Die Staatsanwaltschaft Baden-Baden hat bereits Geschäftsräume des SWR in Stuttgart, Baden-Baden und
Mainz durchsucht. Bei den Ermittlungen gehe es um den Verdacht der Untreue mit einem Schaden von 25.000 Euro. Dabei geht es um eine offenbar rechtswidrige Einladung
von Gästen im Baden-Badener Hotel „Bühler Höhe“ im Januar 2001. Aus Anlass des 60.
Geburtstags von SWR-Intendant Peter Voß sei damals eine Fernsehsendung aufgezeichnet worden, in der der Jubilar von dem Schriftsteller Martin Walser befragt wurde. Im
Anschluss daran seien die Gäste der Sendung von dem Hotel zu einem Empfang mit
Abendessen eingeladen worden. An der Rechtmäßigkeit dieser Einladung hat die Staatsanwaltschaft offenkundig Zweifel. Voß jedoch weist den Untreueverdacht zurück.
Der heute 64-jährige Voß soll intern angekündigt haben, dass er nach Ablauf seiner
jetzigen Amtszeit 2008 noch einmal als Intendant antreten werde.
Neuer Mr. Tagesthemen:
Tom Buhrow
Der ARD-Studioleiter Washington Tom Buhrow moderiert ab
August 2006 die „Tagesthemen“ und wird Nachfolger von
Ulrich Wickert. Die frühere
„Tagesthemen“-Frau Gabi
Bauer präsentiert das „Nachtmagazin“ ab 2. Januar im
wöchentlichen Wechsel mit
ehemaligen MoskauKorrespondentin Anja Bröker.
Claudia Schick moderiert
2006 „Report München“
Die bisherige „Hessen Journal“-Moderatorin Claudia
Schick übernimmt 2006 die
Moderation des ARDPolitmagazins „Report München“.
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Dezember 2005
Mehr Kompetenz für ‚Konferenz der Gremienvorsitzenden’
Die ARD-Hauptversammlung hat erweiterte Kompetenzen für die Konferenz der Gremienvorsitzenden der neun Landesrundfunkanstalten beschlossen. Damit solle die interne Kontrolle der ARD gestärkt werden, sagte der Vorsitzende der Konferenz, Bernd
Lenze. Die Konferenz der ARD-Gremienvorsitzenden werde künftig von den einzelnen
Anstalten Finanzberichte abfordern und dann „koordinierende Empfehlungen abgeben“,
erklärte Lenze, der auch dem Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks vorsteht. Die nun
beschlossene Satzungsänderung sieht zudem vor, dass die Intendanten Grundsatzfragen
nur noch in Abstimmung mit der Konferenz der - ehrenamtlichen - Gremienvorsitzenden
klären. Bislang seien die ARD-Anstalten in dieser Beziehung «Inselstationen ohne Kommunikation» gewesen, so ARD-Vorsitzender Thomas Gruber. Mit der Änderung ihrer
Satzung habe der Senderverbund auf Änderungswünsche aus der Politik reagiert. Gegen
kriminelle Energie wie in den Korruptionsfällen der ehemaligen leitenden Sportredakteure Wilfried Mohren (MDR) und Jürgen Emig (HR) sei aber niemand gefeit, so der ARDVorsitzende.
ARD plant mobiles terrestrisches Fernsehen
Die ARD kündigte an, möglichst bald mobiles und portables terrestrisches Fernsehen
anbieten zu wollen. Als größter deutscher Hörfunk- und Fernsehveranstalter werde sie
ihre Programme in absehbarer Zeit auch auf diesem Weg ausstrahlen. Dabei will man auf
möglichst wirtschaftliche Lösungen setzen. „Wirklich effizient und deshalb für unser
Publikum besonders geeignet sind mobile Angebote, die über herkömmliche Rundfunksendeanlagen übertragen werden können“, erklärte der ARD-Vorsitzende Thomas Gruber. Gedacht wird vor allem an DVB-H (Digital Video Broadcasting - Handheld) und DMB
(Digital Multimedia Broadcasting).
ZDF-Intendant wiedergewählt
Mit dem besten Ergebnis in der Geschichte des Senders hat der ZDF-Fernsehrat den
Intendanten Markus Schächter (56) bis 2012 im Amt bestätigt. Von 61 anwesenden
Fernsehratsmitgliedern erhielt Schächter 60 Ja-Stimmen und eine Ablehnung. Der Intendant freut sich über das gute Ergebnis: „Ich sehe darin einen Vorschuss für die Zukunft.“
Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) sagte, das Ergebnis der Intendantenwahl sei gerechtfertigt. Schächter habe das Haus gut aufgestellt, sowohl auf
dem Medienmarkt als auch in finanzieller Hinsicht. Der Fernsehratsvorsitzende Ruprecht
Polenz (CDU) lobte, Schächters Amtszeit sei von Offenheit, Kollegialität und Teamorientierung geprägt. Das ZDF sei unter seiner Leitung ein „Qualitätssiegel für Zuverlässigkeit
und Orientierung“ geworden. Bei der letzten Intendantenwahl am 9. März 2002 konnte
sich Schächter erst im fünften Wahlgang mit 51 von 67 Stimmen durchsetzen. Zuvor
hatten sich die politischen Gruppen im Fernsehrat monatelang nicht auf einen Kandidaten einigen können. Schächters erste Amtszeit läuft im März 2007 ab.
Olympia digital
ARD und ZDF wollen trotz anhaltender Kritik während der Olympischen Winterspiele
2006 in Turin je einen ihrer digitalen Zusatzkanäle in die Berichterstattung einbeziehen.
Die Gesamtdauer der täglichen Übertragungen aus Turin werde sich an den meisten
Sendetagen auf etwa sechs bis sieben Stunden pro Digitalkanal beschränken. Gezeigt
werden Wettbewerbe, die wegen zeitlicher Überschneidungen keinen Platz bei ARD und
ZDF finden.
ARD eicht seine KulturMagazine
Die ARD-Hauptversammlung
beschloss, die Kulturmagazine
im Ersten ab Januar unter dem
einheitlichen Namen „ttt - titel,
thesen, temperamente“ zu
senden. „Das kommt einer
Kulturrevolution gleich“, kommentierte Programmdirektor
Günter Struve den einstimmigen Intendantenbeschluss.
Sendetermin ist weiterhin der
Sonntagabend, Moderatorin
bleibt Caren Miosga.
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Dezember 2005
Neues vom Lerchenberg
Die Hauptredaktion Aktuelles feilt an einem neuen, dynamischeren Konzept für das ZDFFlaggschiff „heute“. Inhaltlich und formal sollen die Nachrichten verändert werden.
„Prinzipiell wird nichts von vorneherein ausgeschlossen“, heißt es in einem ZDF-internen
Papier („Die Zukunft der heute-Nachrichten“). ZDF-Mitarbeiter werden live von den
Schauplätzen der Republik berichten. „Keine statischen Aufsager, sondern in Bewegung,
die Kulisse und die Menschen mit einbeziehend“, heißt es in dem Papier: „Auch die
Kamera kann bewegt werden.“ Solche On-Reportagen wünscht sich die Redaktion für
alle heute-Ausgaben.
Es geht auch um eine Art Frischzellenkur, um „jüngere Themen und Themen jünger“ zu
machen, so die Autoren: „Natürlich müssen auch die Moderationen lockerer, näher am
Zuschauer und einfacher werden.“ Wichtig seien weniger Bilder von Pressekonferenzen
als „jüngere Vox-Pops & O-Töne (weniger Rentner in der Einkaufszone)“, ungewöhnliche
Schnitte, Musik und Drei-D-Grafiken wie bei Google Earth.
Schließlich haben die heute-Redakteure Themen im Sinn, über die Menschen reden. Sie
heißen beim ZDF „Redethemen“. Da scheint es zu hapern. Oft stoße man eher zufällig
darauf, und dann auch noch „etwas spät“. Was fehle, sei ein „Gefühl für Stimmungen“,
so das ZDF-Papier. Um das zu verbessern, brauche man die Unterstützung der Landesstudios: „Der Lerchenberg ist doch ein recht isolierter Platz in diesem Land.“ Und: „Es
gibt keine Denkverbote!“
Vom Frühjahr 2007 an soll Heute aus einem neuen Studio gesendet werden - bis dahin
werde das neue Konzept für die Sendung stehen, sagt ZDF-Sprecher Alexander Stock.
Derzeit liegt „heute“ mit 19,6 Prozent Marktanteil hinter der „ARD-Tagesschau“ (20,7),
aber vor „RTL aktuell“ (18,8) und den „Sat.1-News“ (12,7). Zielgruppe sei, so Stock,
„die Generation 30 plus“.
Euronews wirbt um ZDF und ARD
Der Präsident des europäischen Nachrichtenkanals Euronews Philippe Cayla will ARD
und ZDF als Gesellschafter gewinnen. Laut „Spiegel“ käme ARD und ZDF Eine Beteiligung günstiger als ein eigener Nachrichtensender.
RTL übernimmt Nachrichtenkanal n-tv komplett
RTL übernimmt die Anteile von Mitgesellschafter CNN am Nachrichtensender n-tv. Somit
erhöht RTL den bisherigen Anteil von 50% auf zukünftig 100%. Das Bundeskartellamt
muss das Geschäft noch genehmigen.
RTL gibt WM-Werbe-Preise bekannt
RTL und Vermarkter IP Deutschland haben als erster Free-TV-Anbieter die Spotpreise für
die Spiele der Fußball-WM veröffentlicht. 30-Sekünder in den 8 RTL-WM-Spielen kosten
zwischen 75.900 und 155.400 Euro.
RTL 2: Strafe für Nutella-Schleichwerbung
RTL 2 muss 45.000 Euro Strafe zahlen, weil die Trennung von redaktionellen und werblichen Inhalten bei der „Nutella-Geburtstagsshow“ nicht eingehalten wurde. Dies beschloss die Hessische Landesanstalt für privaten Rundfunk.
RTL-Vermarkter fusionieren
Der bisher eigenständige Online- und Teletext-Vermarkter IP interactive wird beim TVVermarkter IP Deutschland eingegliedert. Thomas de Buhr und Lars-Eric Mann leiten das
neue Geschäftsfeld IP Solutions.
ZDF-„Sportstudio“ hat
wieder eine Moderatorin
Das ZDF hat Katrin MüllerHohenstein ins „Sportstudio“Team geholt. Sie moderiert
bisher für den Radiosender
Antenne Bayern. Neben ihr
werden Johannes B. Kerner,
Wolf-Dieter Poschmann und
Michael Steinbrecher das
Magazin moderieren. Rudi
Cerne, den sie ablöst, soll
andere Schwerpunktaufgaben
im ZDF-Sport übernehmen.
ZDF eröffnet WM 2006
Das ZDF überträgt das Eröffnungsspiel von Gastgeber
Deutschland gegen Costa Rica,
während das letzte Gruppenspiel der deutschen Mannschaft gegen Ecuador in der
ARD zu sehen ist.
Frank Berners verlässt RTL
Der Programmdirektor Frank
Berners steigt zum Jahresende
bei RTL aus, bleibt dem Sender
aber als Programm-Berater
erhalten. Die ProgrammVerantwortlichen berichten
künftig direkt an Geschäftsführerin Anke Schäferkordt.
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Dezember 2005
Free-TV bleibt Free-TV
Deutschlands größter TV-Konzern ProSiebenSat.1 hat ursprüngliche Erwägungen für eine
Verschlüsselung seiner Programme im Zuge der Digitalisierung nach eigenem Bekunden
zu den Akten gelegt. „Das Thema ist schon länger erledigt“, sagte ProSiebenSat.1-Chef
Guillaume de Posch. Von 2004 bis Anfang dieses Jahres sei das Thema zwar im Unternehmen diskutiert worden. „Wir haben aber bereits vor Monaten die Entscheidung
getroffen, das Projekt nicht durchzuführen.“
Bartl löst Jocic als ProSieben-Geschäftsführer ab
ProSiebenSat.1 hat sich von ProSieben-Geschäftsführer Dejan Jocic getrennt. Wie ProSieben mitteilte, verlässt der 33-Jährige den Sender „wegen unterschiedlicher Auffassung
über die künftige Ausrichtung“. Neuer Geschäftsführer werde Andreas Bartl (42), bislang
Geschäftsführer des Senders kabel eins, der ebenfalls zur Senderfamilie ProSiebenSat.1
gehört. Jocic' Nachfolger Bartl sei einer der anerkanntesten TV-Manager des deutschen
Fernsehmarkts, lobte der Vorstandsvorsitzende von ProSiebenSat.1, Guillaume de Posch.
Er sei überzeugt, dass der neue Geschäftsführer die „einzigartige Positionierung von
ProSieben als Premium-Marke für junges Entertainment weiter stärken“ werde.
KEK und Kartellamt zu Springer/ProSiebenSat.1
Das Kartellamt verschob auf Antrag von Springer das Fristende für die Prüfung der milliardenschweren Medienfusion vom 27. Dezember auf den 20. Januar. Nach Angaben aus
Verlagskreisen soll Europas größtes Verlagshaus zu einer Entflechtung von gemeinsamen
Beteiligungen mit Bertelsmann bereit sein. Die Axel Springer AG hat sich nach Informationen der „SZ“ und der „FAZ“ gegenüber dem Bundeskartellamt bereit erklärt, sich von
sämtlichen gemeinsam mit Bertelsmann gehaltenen Beteiligungsunternehmen zu trennen. Es handle sich um die Antenne Bayern, einen der größten privaten Radiosender in
Deutschland, Radio Hamburg, diverse Pressevertriebsunternehmen vor allem in Ostdeutschland und Berlin sowie die Tiefdruckerei Prinovis, schreibt die SZ.
Kartellamtschef Ulf Böge sagte der „FAZ“, „die starke Position von Springer würde
durch die Übernahme von ProSiebenSat.1 noch verstärkt, das geht kartellrechtlich
nicht“. Zugleich deutete er an, dass er damit rechne, dass Springer ein mögliches Veto
der Wettbewerbshüter juristisch anfechten werde. „Wir haben offensichtlich unterschiedliche rechtliche Auffassungen. Das mögen am Ende gegebenenfalls die Gerichte entscheiden.“
Das Bundeskartellamt notierte jüngst in einer Abmahnung für Springer „naheliegend
erscheint zunächst die Einführung einer Boulevard-Sendung Bild TV auf einem der Sender“. Zwar sei eine solche Kooperation zwischen Bild und Sat 1 bei „Blitz am Sonntag“
gescheitert. Sobald aber Springer nicht mehr Minderheitsaktionär, sondern einziger
Inhaber der Fernsehgruppe sei, könne der Verlag Inhalt und Umfeld eines Bild-TVFormates alleine kontrollieren. Eine tägliche Sendung mit der „marktbeherrschenden
Straßenverkaufszeitung“ sei anders zu bewerten als Spiegel TV. Viel kritischer, meinte
das Kartellamt.
Die Bonner Behörde listete drei weitere TV-Aktionen auf, mit denen Springer „die marktbeherrschende Stellung“ von Bild bei den Lesern von Boulevardblättern verstärken könne: herkömmliche Werbespots, Product Placement und vermeintliche Exklusivmeldungen.
Die TV-Sender könnten in ihren Nachrichten „Bezug auf die am folgenden Tag erscheinende Bild-Zeitung nehmen“ und dem Blatt so einen „nicht zu unterschätzenden Imagegewinn“ verschaffen. Springer komme auch entgegen, dass die EU-Kommission den
Privatsendern erlauben wolle, in Filmen und Serien gezielte Produktwerbung zu betreiben. Bild könne dann in den Programmen vielfältig platziert werden.
„Sat.1 am Mittag“
Die 28-jährige Mareile Höppner präsentiert die neue Sendung, die ab 16. Januar werktäglich um 11.30 Uhr läuft.
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Dezember 2005
Die Gefahr, dass Bild mit Hilfe des Fernsehens den Boulevardmarkt noch mehr dominiere, sei zu groß, befand das Kartellamt.
Ein von der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) vorgeschlagener unabhängiger Fernsehbeirat für Sat.1 verbessere die Genehmigungschancen
nicht, weil Springer die wirtschaftliche Kontrolle über den Sender behalten wolle, stellte
Böge klar.
Die FAZ schreibt, der Springer-Konzern wolle das Bundeskartellamt bis zum 20. Januar
vor allem mit dem Argument eines Fernsehbeirats für den Sender Sat.1 von der Fusion
mit ProSieben Sat.1 überzeugen. Dieser soll nicht nur eine „laufende Verhaltenskontrolle“ ausüben, sondern Bestandteil der Senderlizenz werden und die Programmhoheit
ausüben. Dergestalt verrechtlicht, heiße es aus Verlagskreisen, könnte der Beirat das
Argument des Kartellamts entkräften, dass die Fusion zu einer „crossmedialen Verstärkung“ zwischen den Fernsehsendern und vor allem der „Bild“-Zeitung führe.
Pflichtanzeigen in Zeitungen fallen weg
Ab 2007 müssen Handelregistereinträge statt in Tageszeitungen nur noch online veröffentlicht werden. Die Bundesländer können die Pflichtveröffentlichung als Schonfrist für
die Verlage jedoch bis maximal
2009 verlängern.
Fernsehrichtlinie: Product Placement und mehr Werbung
Die Europäische Kommission beschloss einen Gesetzentwurf, der die Vorschriften für TVReklame vereinfachen soll. Der Entwurf erlaubt Werbeunterbrechungen in Sport- und
Unterhaltungsprogrammen zu jedem Zeitpunkt. Die Platzierung von Produkten gegen
Bezahlung (Product Placement) soll nach einer Ankündigung vor der jeweiligen Sendung
möglich sein. Der Vorschlag von Kommissarin Viviane Reding verbietet Product Placement jedoch in Nachrichten, Dokumentationen, politischen Magazinen und Kindersendungen. In solchen Sendungen sollen zudem Werbeunterbrechungen wie auch bei Kinofilmen nur alle 35 Minuten erlaubt sein. Die Obergrenze von zwölf Minuten Reklame pro
Stunde solle erhalten bleiben. Reding will mit der Neufassung der Fernsehrichtlinie aus
dem Jahr 1989 auch neue Werbeformen wie Reklame auf geteiltem Bildschirm, virtuelle
und interaktive Werbung sowie Mini-Spots fördern. Reklame für Tabak und verschreibungspflichtige Medikamente bleibt verboten.
Die Zuschauer sollen mit der Fernbedienung selbst das Programm kontrollieren. „Für die
EU-Kommission bedeutet eine verbesserte Kontrolle durch den Endverbraucher, dass wir
weniger gesetzliche Bestimmungen brauchen“, betonte Medienkommissarin Reding.
„Deshalb ist das Kernstück unseres Vorschlags für eine neue, modernisierte TV-Richtlinie
eine grundlegende Deregulierung der audiovisuellen Regeln.“ Europäisches Parlament
und Ministerrat müssen dem Kommissionsentwurf allerdings noch zustimmen.
Die Ausgestaltung der EU-Regeln will die Kommission den Mitgliedstaaten überlassen.
Für jeden Sender solle das Recht des Landes gelten, in dem er seinen Sitz hat.
RBB belebt sein Kinomagazin wieder
(-ny) Ein Schildbürgerstreich der besonderen Art fand jetzt ein glückliches Ende: Nachdem der frischgebackene RBB vor zwei Jahren sein Kinomagazin im Fernsehen sang- und
klanglos eingestellt hat, flimmert jetzt wieder die Leinwand: Der „Filmvorführer“ soll
jede Woche Aktuelles aus der Welt des Zelluloid präsentieren. Peter Twiehaus (bisher
bekannt vom ZDF-Morgenmagazin) übernimmt die Moderation. Damit hat der RBB sich
dazu bekannt, dass in einer Region, in der pro Jahr 300 Filme entstehen, die traditionelle
Filmhochburg Babelsberg noch immer ausstrahlt, alljährlich die „Berlinale“ als europäisches Filmfestival für Glanz und Glamour sorgt und Cottbus mit seinem Festival des
osteuropäischen Films neue Horizonte eröffnet, auch im Fernsehen ein Kinomagazin
vonnöten ist. Späte, aber nicht zu späte Erkenntnis!
hr1-Chef soll zur Deutschen Welle
Christian Gramsch, Wellenchef
des hr-Radioprogramms hr1,
ist als Programmdirektor der
Deutschen Welle im Gespräch.
Gramsch ist wegen seiner
Reformen bei hr1 umstritten.
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Dezember 2005
Zuschauergunst wendet sich von den Privaten ab
(-ny) Die Dritten Programme der ARD werden in diesem Jahr in der Zuschauergunst die
Nase vorne haben, gefolgt vom ZDF und der ARD. Erst dann kommt RTL. Allerdings hat
die ARD 2005 einmal mehr ihre Informationskompetenz unter Beweis gestellt. Denn
zwischen 20 und 23 Uhr ist sie mit deutlichem Abstand Marktführer. Dafür sorgte nicht
zuletzt die umfassende Berichterstattung zur Bundestagswahl. Erstaunlich auch, was die
ARD/ZDF-Langzeitstudie zur Mediennutzung hervorbrachte (MediaPerspektiven
10/2005): Die Bindung an das Fernsehen sinkt generell; während 1970 noch 60 Prozent
ihr Fernsehen „vermissen“ würden, waren es 2005 nur noch 45 Prozent. Die Medienwissenschaftler führen das abgekühlte Verhältnis zum Leitmedium vor allem auf die Überangebote an Trash-TV und Soaps zurück
SWR-Intendant Voß: Es bleibt beim konsequenten Sparkurs
Der Rundfunkrat des Südwestrundfunks (SWR) hat den Haushaltsplan 2006 genehmigt.
Die Gesamterträge sind für das Jahr 2006 mit 1,1 Milliarden Euro angesetzt. Im Vergleich zum Vorjahr steigen die Einnahmen um 12,2 Millionen Euro. Die Gründe dafür
sind die größere Zahl von Radio- und Fernsehgeräten und die Gebührenerhöhung. Die
Aufwendungen sind mit etwa 1,1 Milliarden Euro veranschlagt. Gegenüber dem Vorjahr
stellt dies ein Mehraufwand von 46 Millionen Euro (plus 4,4 Prozent) dar.
Der Mehraufwand ist nach Angaben des Senders vor allem mit dem „Sportjahr 2006“,
nämlich mit der Berichterstattung über die Olympischen Winterspiele in Turin und die
Fußballweltmeisterschaft in Deutschland begründet. Für die Sportgroßveranstaltungen
mussten allein für Fernsehlizenzen Mehraufwendungen in Höhe von 16,1 Millionen Euro
gegenüber dem Vorjahr eingeplant werden, heißt es in der Erklärung des Senders.
SWR-Intendant Peter Voß bekräftigte, dass nach der Entscheidung der Ministerpräsidenten zur Rundfunkgebühr der Spardruck noch einmal drastisch gestiegen sei. Dies mache
noch umfassendere Anstrengungen notwendig. Der Intendant unterstrich, dass der eingeschlagene Sparkurs konsequent fortgesetzt werde. In der laufenden Gebührenperiode,
also bis 2008, müsse der Sender insgesamt 150 Millionen Euro einsparen. Sparen bedeute jedoch nicht, dass Hörer und Zuschauer schlechteres Programm geboten werde. „Insgesamt sollen damit bis Ende 2008 Einsparungen in Höhe von 25 Millionen Euro erreicht
werden, zusätzlich zu dem bereits im Rahmen der Fusion erfolgten Abbau von 600 Planstellen.“ Die jährlichen Einsparungen beliefen sich somit auf 2,5 Millionen Euro.
SWR: Wissensmagazin „Odysso“ ab Januar
Der SWR startet am 26. Januar 2006 das neue TV-Wissensmagazin „Odysso“. Das 30minütige Magazin mit Ingolf Baur läuft immer donnerstags um 22 Uhr.
Vize des SWR-Rundfunkrates gewählt
Der SWR-Rundfunkrat hat Frieder Birzele zu seinem stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Birzele folgt in seinem neuen Amt auf Herbert Moser.
Medienanstalt Nord muss ihren Sitz in Kiel haben
Der Vorsitzende des ULR-Medienrats, Jörg Howe, hat das Eckpunktepapier des ULRMedienrats zur stärkeren Zusammenarbeit von Schleswig-Holstein und Hamburg im
Medienbereich und zur „Medienanstalt Nord“ vorgestellt.
Howe begrüßt die von Schleswig-Holstein und Hamburg auf den Weg gebrachte stärkere
Zusammenarbeit der beiden nördlichsten Bundesländer im Medienbereich. Er will den
laufenden Diskussionsprozess auch mit Blick auf die ins Auge gefasste Fusion der beiden
Landesmedienanstalten konstruktiv begleiten. Dem ULR-Medienrat kommt es darauf an,
dass die geplante „Medienanstalt Nord“ den spezifisch schleswig-holsteinischen Interessen gerecht wird. Der Medienrat hält die geplante Zusammenlegung der Medienanstalten grundsätzlich für sinnvoll, schließt eine Fusion um jeden Preis jedoch aus.
„Herman & Tietjen“ gehen
nach Hannover
Die NDR-Talkshow „Herman &
Tietjen“ wird ab Januar 2006
aus Hannover gesendet. Bisher
empfingen die Talk-Ladys Eva
Herman und Bettina Tietjen
ihre Gäste im Hamburger Hotel
Hafen.
Wechsel an Elbe und Rhein
Albrecht Frenzel wird am 1.
August 2006 neuer Verwaltungsdirektor des NDR. Er folgt
in dieser Position auf Lutz
Marmor, 51, der als Verwaltungsdirektor und stellvertretender Intendant zum WDR
nach Köln wechselt.
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Dezember 2005
EU genehmigt Richtlinie zur Datenspeicherung
Die Speicherung sämtlicher Verbindungsdaten im E-Mail- und Telefonverkehr zur Terrorabwehr hat die Unterstützung des Europaparlaments gefunden. Die Richtlinie sieht als
Teil eines umfassenderen Anti-Terror-Pakets der EU vor, dass Rufnummern und InternetAdressen in der Sprach- und Datenkommunikation künftig mindestens sechs Monate
lang gespeichert werden sollen. Einzelne Staaten können diesen Zeitraum auch auf zwei
Jahre ausweiten.
Nach Ansicht des Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) untergräbt die Vorratsspeicherung den Informantenschutz und gefährdet die Pressefreiheit.
Der Bundesdatenschutzbeauftragte forderte die Bundesregierung auf, bei der Umsetzung
der Richtlinie in deutsches Recht zu berücksichtigen, dass „die freie und unbeobachtete
Telekommunikation ein wesentliches Element unserer demokratischen Wissens- und
Informationsgesellschaft darstellt. Die von der Richtlinie vorgegebenen Spielräume müssen im Sinne eines effektiven Grundrechtsschutzes ausgeschöpft werden, damit die
Eingriffe für die Bürgerinnen und Bürger so gering wie möglich bleiben“.
Frische Rügen vom Presserat
Der Deutsche Presserat hat sieben Rügen ausgesprochen. Abgewatscht werden „Bravo“,
„Segeln“, „Aktuelles aus der Wirtschaft“, die „Abendzeitung“ und „Bild“.
„Bravo“ erhielt eine Rüge, weil sie in einem Beitrag mehrfach werbend den Namen eines
Energy-Drinks genannt hat. Auch das Fachmagazin „Segeln“ habe Schleichwerbung für
ein Fahrzeug betrieben. Die Zeitschrift „Aktuelles aus der Wirtschaft“ habe gegen das
Trennungsgebot von redaktionellen Veröffentlichungen und Werbung verstoßen, weil sie
für die Bebilderung eines Berichtes Geld verlangt habe.
Die Münchner „Abendzeitung“ und die „Bild“-Zeitung wurden laut Presserat gerügt,
weil sie einen Unfallfahrer durch negative Zitate anonymer Quellen in ein schlechtes Licht
gerückt hätten. „Bild“ erhielt zwei weitere Rügen. Das Blatt habe das Foto eines Polizisten abgebildet, der sich selbst getötet hatte. Zudem habe die Zeitung in einem Bericht
zwei Verkehrstote identifizierbar gemacht: Ein Unfallopfer sei auf einem nicht ausreichend gepixelten Foto zu sehen, der Nachname des anderen auf dem abgebildeten
Grabkreuz eines Angehörigen lesbar gewesen.
Rund 30 Beschwerden gingen laut Presserat auch wegen der „Bild“-Schlagzeile „Wird
sie geköpft?“ im Rahmen der Berichterstattung über die im Irak entführte Susanne
Osthoff ein. Darüber könne der Beschwerdeausschuss aus verfahrenstechnischen Gründen erst in seiner nächsten Sitzung entscheiden.
Uwe-Karsten Heye wird „Vorwärts“-Chefredakteur
Der ehemalige Regierungssprecher Gerhard Schröders, Uwe-Karsten Heye, wird Mitte
Januar Chefredakteur der SPD-Mitgliederzeitschrift „Vorwärts“. Die Monatszeitung wird
auch künftig nicht im freien Verkauf erhältlich sein, sondern wird monatlich an die Mitglieder verschickt.
Der 65-jährige Heye will aus dem parteiinternen Mitteilungsblatt ein offenes Diskussionsforum machen, das auch externen Autoren und kontroversen Meinungen eine Plattform
bietet. Deshalb bekomme der „Vorwärts“ ein neues Layout und ein neues Format. Heyes
Konzept ist von SPD-Chef Matthias Platzeck und Generalsekretär Hubertus Heil gebilligt
worden. Schatzmeisterin Inge Wettig-Danielmeier hat zusätzliche Mittel in Aussicht
gestellt.
Der „Vorwärts“ wurde 1876 von Wilhelm Liebknecht und Wilhelm Hasenclever gegründet. Die aktuelle Auflage beträgt rund 550.000 Exemplare.
Verkauf des Berliner Verlages ist rechtskräftig
Der umstrittene Verkauf des
Berliner Verlags mit der „Berliner Zeitung“ an den britischen
Investor David Montgomery ist
rechtskräftig. Das Bundeskartellamt gab die Transaktion
frei.
Spiegel liegt vorn
Die Nummer 1 der umsatzstärksten Publikumszeitschriften ist weiterhin „Der Spiegel“. Mit 254,36 Millionen
Euro nach drei Quartalen des
Jahres liegt das Magazin nun
über 16 Millionen Euro vor
dem „stern“. Auf Platz 3 folgt
der „Focus“.
„FR plus“ wird eingestellt
Die „Frankfurter Rundschau“
stellt ihre tägliche Themenbeilage „FR plus“ ein. Grund: Der
Redaktionsetat ist um 10%
überzogen. Die Inhalte werden
aber in das Hauptblatt integriert.
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Dezember 2005
Telekom: Triple Play* mit Fußball
Die Deutsche Telekom will zu einem Big Player in Sachen Fußball-Bundesliga aufsteigen.
Sie bietet für die Internet- und die TV-Rechte. Bekommt die Telekom von der DFL den
Zuschlag für die TV-Rechte, sollen diese aber weiterveräußert werden.
Das Unternehmen verfügt bereits über ein Rechtepaket, allerdings begrenzt sich dieses
auf die Übertragung von Spielszenen über das Internet und in das Mobilfunknetz.
Die Deutsche Fußball Liga (DFL) rechnet mit einem Erlös von mindestens 400 Millionen
Euro für die Vergabe der TV- und Internetrechte. Die Telekom machte keine Angaben zur
Höhe des Angebotes. Die DFL hatte bis zum Stichtag Angebote für die insgesamt 233
Rechtepakete eingesammelt. In einem ersten Schritt sollen die eingegangenen Unterlagen zunächst hinsichtlich ihrer Zulässigkeit formal und inhaltlich geprüft werden. Bis
Weihnachten sollen die Pakete geschnürt und die Entscheidung verkündet werden.
Sollte die Telekom zum Zuge kommen, würde dies den Bezahlsender Premiere belasten.
Das börsennotierte Unternehmen betrachtet die Bundesliga-Übertragungen als eine
seiner Hauptattraktionen. Neben Premiere haben auch ProSiebenSat.1, RTL sowie die
öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF Interesse angemeldet.
*Unter „Triple Play“ versteht man ein Bündelpaket, das Sprachtelefonie, Internet und
die Übertragung von Filmen umfasst. Als Voraussetzung für ein solches Angebot will der
Bonner Konzern ein Hochgeschwindigkeitsnetz bauen, das bereits im kommenden Jahr
die ersten Großstädte vernetzen soll.
Michael Klee wird neuer Geschäftsführer der Bavaria Studios
Michael Klee wird neuer Geschäftsführer der Bavaria Studios. Der bisherige Leiter der
ZDF-Produktionsplanung folgt im April 2006 auf Edgar Hansch.
Matthias Esche wird neuer Chef der Bavaria Film
Der bisherige Chef der Polyphon-Gruppe in Hamburg, Matthias Esche, wird neuer Chef
der Münchner Bavaria Film. Esche ersetzt dort den wegen der Schleichwerbe-Affäre
entlassenen Thilo Kleine.
Abgang beim VPRT
Nicole Agudo y Berbel, stellvertretende Geschäftsführerin des Verbandes privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT), verlässt den Verband Ende des Jahres. Sie wechselt
zur Astra Platform Services.
Al-Dschasira International sendet ab Frühjahr 2006
Das Programm des arabischen Nachrichtensenders Al-Dschasira wird vom kommenden
Jahr an weltweit auch in englischer Sprache zu empfangen sein. Der Geschäftsführer von
Al-Dschasira International und Ex-BBC-Mann, Nigel Parsons, wirbt seit geraumer Zeit
Journalisten an. Dies sind vorwiegend Amerikaner und Briten, Araber sind kaum darunter. Büros sollen danach in London, Washington und Kuala Lumpur aufgebaut werden.
Laut Parsons werde das neue Angebot mit einer Personalstärke von 250 Beschäftigten
als Gegengewicht zu amerikanischen und europäischen Medien wie CNN oder der BBC
alle globalen Ereignisse abdecken. Man wolle den bisherigen Informationsfluss von Nord
nach Süd umdrehen. „Dies ist der erste englischsprachige Kanal seiner Art - mit Ausstrahlung aus der sich entwickelnden Welt“. Die Berichterstattung werde ausgewogen
sein, sein Sender sei nicht anti-amerikanisch.
Milliardär finanziert Bürgerkonvent-Kampagne
Laut „manager magazin“ hat
der Milliardär August von Finck
2003 die Millionen-Kampagnen des Vereins Bürgerkonvent
finanziert.
Freud und Leid für Leo
Kirch vor dem Bundesgerichtshof
Der BGH hat Ex-Medien-Mogul
Leo Kirch Hoffnung auf Schadensersatz der Deutschen Bank
gemacht. Der Haken: Kirch
kann wahrscheinlich mit wesentlich weniger Schadensersatz rechnen, als er erwartet
hat. Ein Urteil spricht der BGH
am 24. Januar.
Seite 10/10 Dezember 2005
Mehr Offenheit für technologische Trends
Große Organisationen haben bekanntlich Schwierigkeiten, sich auf neue Situationen einzustellen. Mitunter werden Entwicklungen zwar oft frühzeitig erkannt, aber dann aus
unerfindlichen Gründen die notwendigen Konsequenzen nicht gezogen. Oder was ebenso möglich ist: Kaum hat man sich mühsam auf eine neue Herausforderung eingestellt,
erscheint eine zweite, eine dritte oder gar ein vierte – am Ende steht die große Konfusion, deren Konsequenz Handlungsunfähigkeit ist.
Bei den audiovisuellen Medien spielen sich mit rasanter Geschwindigkeit unterschiedliche Entwicklungen gleichzeitig ab, die vor allem technisch bedingt sind. Erstes Beispiel:
Da berichtet u. a. die FAZ Ende November von Verhandlungen zwischen RTL, Pro Sieben
SAT.1 und dem Satellitenbetreiber Astra über die Verschlüsselung von Programmen.
Würden ihre Vorstellungen Wirklichkeit, dann benötigten Haushalte mit Satellitenschlüsseln künftig ein Zusatzmodul, durch das Programme freigeschaltet würden. Das Ganze
wäre für 3 Euro im Monat zu haben. Dadurch wären bislang 4,5 Millionen Haushalte
betroffen, was 13,5 Millionen Euro im Monat oder satte 165 Millionen im Jahr an zusätzlichen Einnahmen bedeuten würde. Zweites Beispiel: Der amerikanische Finanzinvestor Providence übernimmt komplett Kabel Deutschland, ein attraktives Geschäft, denn
der größte Kabelbetreiber Europas hat im Geschäftsjahr über 500 Millionen Euro umgesetzt und einen Nettogewinn von 17 Millionen Euro erzielt. Providence setzt auf Internet
und Bezahlfernsehen, zurzeit gibt es zwischen Kabelbetreibern und Fernsehbetreibern
einen Streit um die Einspeisung in die Kabelnetze und damit um die Kontrolle dieses
Marktes. Drittes Beispiel: Die Medienwelt wird fragmentierter, neben dem Fernsehen
gewinnen Internet und Handy-TV immer stärker an Bedeutung, 90 Prozent der Jugendlichen zwischen 14 und 25 Jahren sind mittlerweile „handy“-mobil. Der Viacom-Konzern
hat darauf reagiert und bei Vodafone einen Handykanal gestartet. Das neue Guckkastenfernsehen bietet bald MTV im Miniformat.
Die Gewerkschaften könnten sich angesichts dieser rasanten Entwicklungen schnell in
einer schwierigen Situation wieder finden: Sie müssen auch weiterhin die bedrohte Instanz öffentlich-rechtlicher Rundfunk mit Verve und Engagement verteidigen, weil nur
dadurch, so der Hamburger Medienwissenschaftler Hans Kleinsteuber, „leistungsfähige
öffentliche Räume“ gesichert werden können, in denen „weder Staat noch die Wirtschaft das Sagen haben“. Allzu leicht laufen sie aber dadurch Gefahr, ihre Aufgabe vor
allem darin sehen zu müssen, als weißer Ritter die öffentlich-rechtliche Jungfrau zu beschützen – dabei hat auch die längst mit dem Schleichwerbungsskandal ihre Unschuld
verloren. Darüber könnten sie leicht wichtige Themen aus dem Auge verlieren, denn
auch an den öffentlich-rechtlichen Anstalten gehen die aktuellen technologischen Trends
nicht spurlos vorüber, im Gegenteil: Sie waren übrigens in der Vergangenheit, siehe die
Einführung des PAL-Standards, Trendsetter, und haben längst erkannt, welche Möglichkeiten sich ihnen beispielsweise mit dem Internet eröffnen.
Der DGB, der für sich in Anspruch nimmt, der gewerkschaftlichen Medienpolitik einen
neuen Anstoß zu geben, sollte diese neuen Entwicklungen entsprechend würdigen und
neue Entwicklungen im audiovisuellen Bereich umfassender diskutieren. Sie machen
einen wichtigen Teil unserer „medialen Wirklichkeit“ aus und lassen sich, siehe Internet
und Handyformate, auch gut mit der Diskussion um den Versorgungsauftrag und die
Zukunftsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verbinden.
Alfons Grundheber-Pilgram
Leserbriefe zu diesem Diskussionsbeitrag bitte an [email protected] – werden in der
nächsten Ausgabe veröffentlicht.
Herausgeber:
DGB-Bundesvorstand
Abteilung Öffentlichkeitsarbeit
Referat Medienpolitik
Henriette-Herz-Platz 2
10178 Berlin
Kontakt:
Marina Rižovski-Jansen
0171.5476983
[email protected]