Maschinenpark im Rustico

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Maschinenpark im Rustico
In den meist terrassierten Rebbergen
kann Flavio Ramelli nur kleine, leichte
Maschinen einsetzen. Ein Rustico bietet
genug Platz für seinen Maschinenpark.
Winzer und Kelterer im Tessin
Maschinenpark
im Rustico
In Gudo, auf der rechten Seite der Magadinoebene,
haben Flavio und Aureliana Ramelli in den letzten
19 Jahren einen Weinbaubetrieb mit Kelterei aufgebaut. Der Mechanisierung sind am Hang enge Grenzen
gesetzt. Ein Rustico beim Rebberg bietet Platz für den
Maschinenpark.
Text und Bilder: Edith Moos-Nüssli
«Am Hang ist die Mechanisierung schwie­
rig», stellt Flavio Ramelli fest. Er bewirtschaf­
tet in Gudo-Progero TI vier Hektaren Reben,
eineinhalb Hektaren bei Weinkeller und Woh­
nung, zweieinhalb oberhalb des Dorfes neben
dem Versuchsrebberg der Forschungs­anstalt
Changins-Cadenazzo. Neu gehören zum
Betrieb noch 3000 Quadratmeter mit weissen
Traubensorten im Maggiatal.
In den terrassierten Weinbergen können
nur kleine, leichte Maschinen eingesetzt wer­
den. Sein Maschinenpark hat deshalb mehr
als genug Platz im Rustico neben dem Wein­
berg. Übersichtlich aufgereiht, stehen hier eine
Gebläsespritze, ein Gun, drei Rückenspritzen,
ein Mulchgerät, eine Fräse und vier Motor­
sensen. Angebaut werden die Maschinen an
einen 25-jährigen 16-PS-Holder-Traktor, der
Tank der Spritzpistole wird auf einem Klein­
laster platziert.
Die Terrassierung sei im Tessin ein Muss.
«Bei uns regnet es im Jahr 1800 Millimeter»,
bemerkt der Winzer und Önologe. Das ist so
viel wie im Toggenburg und deutlich mehr als
im Glarnerland. Und wenn es regnet, schüttet
es. Ohne Terrassen würde der Humus wegge­
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schwemmt. Allein das Mähen der Terrassenbö­
schungen ist aufwändig: Mit einer Motorsense
braucht es 100 Arbeitsstunden pro Hektare,
und das zweimal pro Jahr. Herbizide kommen
nicht in Frage, denn die Gräser und Kräuter
stabilisieren mit ihren Wurzeln die Terrassen.
Leidenschaft für Reben und Wein
Die Landwirtschaft hat Flavio Ramelli schon
immer angezogen. Sein Grossvater war Bauer,
sein Vater bewirtschaftete einen Obstbau­
betrieb in Ascona, und auf dem Bauerhof sei­
nes Onkels hat er regelmässig gearbeitet. Dass
er Landwirt werden wollte, war für ihn bald
klar. Von 1977 bis 1979 bildete er sich an der
Tessiner Landwirtschaftsschule Mezzana aus.
Anschliessend zog es ihn an die Fachschule
Changins VD, wo er Weinbau und Önologie
lernte. Reben und Wein begeisterten ihn, für
Obst dagegen konnte er sich nicht erwärmen.
Ein Ingenieur-Studium anzuhängen, reizte ihn
aber nicht. «Ich zog die Praxis vor», erzählt er
im Gespräch mit der «Schweizer Landtech­
nik».
Cantina Ramelli in Kürze
mo. Der Weinbaubetrieb von Flavio und Aure­
liana Ramelli umfasst vier Hektaren Reben in
Cudo-Progero TI, vor allem mit Merlottrauben,
und 3000 Quadratmeter mit den weissen Sor­
ten Sauvignon, Kerner und Doral im Maggiatal.
Der Maschinenpark umfasst einen Kleinlaster,
einen 16-PS-Holder-Traktor, eine Fräse, ein
Mulchgerät mit 85 Zentimeter Arbeitsbreite,
vier Motorsensen, eine Gebläsespritze, ein Gun
mit 200 Meter Schlauch und einem 800-LiterTank sowie drei Rückenspritzen.
Für die Weinbereitung gibt es eine Presse für
Weiss- und Roséwein, eine Presse für Rotwein.
In der Kelterei stehen drei runde 1000-Literund vier 2000-Liter-Stahltanks. Der Rotwein
reift anschliessend in sechs 1300-Liter-Fässern
aus Bernecker-Eiche.
Das Weinsortiment der Cantina Ramelli
umfasst einen Merlot rot, rosé und weiss,
den Weisswein Antrobio vom Weinberg im
Maggiatal sowie einen Rotwein aus der alten
Lokalsorte Bondola.
Ausserdem führen Ramellis eine der vier
Rebschulen, die es im Tessin gibt. Die Stecklinge
wachsen im Sommerhalbjahr in Ascona, auf
dem Betrieb von Flavio Ramellis Vater.
Sous la loupe
Mit dem Fachschuldiplom im Sack konnte
er 1981 von der Cooperativa agricola ticinese
in Giubiasco die Rebvermehrung übernehmen.
Ferner entschied er, den Rebbau in den ver­
schiedenen Gegenden der Schweiz kennen zu
lernen. Gestartet in Dézaley im Lavaux, kam
er über Twann am Bielersee nach Berneck im
St. Galler Rheintal und Nussbaumen im Thur­
gau. Anschliessend fuhr er für fünf Monate
ins Bordeaux.
Besserer Verdienst mit Flasche
Nach den Wanderjahren war Flavio Ramelli
vier Jahre Rebbau-Chef im Mendrisiotto, bevor
er 1987 den ersten Rebberg pachten und sich
selbstständig machen konnte, in Gudo-Pro­
gero, auf der rechten Seite der Magadino­
ebene. Zuerst beschränkte er sich auf den
Anbau und verkaufte die Trauben einer Kel­
terei. Finanziell war das aber unbefriedigend.
«Am Hang liegen die Produktionskosten für ein
Kilo Trauben bei viereinhalb bis fünf Franken,
beim Verkauf erzielte ich vier Franken», rech­
net er vor. Flavio und Aureliana Ramelli setzten
sich deshalb zum Ziel, Wein statt Trauben zu
verkaufen. Das sei auch befriedigender.
Der Grundstein für die eigene Kelterei war
1991 der Kauf von Land in Gudo. Auf einein­
halb Hektaren legen sie gleich nach dem Kauf
einen neuen Rebberg an. Bis der Weinkeller
stand – ein modernes, einstöckiges Gebäude
mit einem Untergeschoss aus grauen Back­
steinen und Beton –, vergingen vier Jahre. Im
Jahr 2000 realisierten Ramellis über dem Kel­
ler eine Wohnung für sich, ihre Tochter Micol
(19) und ihren Sohn Nathan (16). Zuvor muss­
ten sie den zuerst gepachteten Rebberg kau­
fen, denn ohne mindestens zwei Hektaren
Eigenland hätten sie in der Landwirtschafts­
zone keinen Wohnraum bauen können. «Seit
wir hier wohnen, verkaufen wir mehr Wein»,
erklärt Aureliana Ramelli. Vorher kam es immer
wieder vor, dass Kaufinteressenten die Cantina
verschlossen vorfanden.
Weinkeller als Kunstgalerie
Schritt für Schritt vorgehen ist charakteris­
tisch für das Winzerpaar; auch den Verkauf des
eigenen Weins haben sie so aufgebaut. 1995
haben sie 5000 Flaschen Wein gekeltert und
die übrigen Trauben verkauft. Heute keltern sie
den ganzen Ertrag ihrer vier Hektaren selber –
15000 bis 20000 Flaschen Wein. Kunden sind
Private sowie Restaurants und Grotti der Umge­
bung. Mit lokalen Gastronomen zusammenar­
beiten ist Ramellis wichtig und klappt gut.
Aufgebaut haben sich Ramellis den Kun­
denkreis vor allem über Degustationen in Res­
taurants, verbunden mit einem mehrgängigen
Essen. «Damit gelangen wir direkt an Interes­
senten», findet der Winzer. Inserate dagegen
seien teuer und würden nur wenige errei­
chen. Von Zeit zu Zeit fungiert der Weinkel­
ler als Kunstgalerie, und die Familie beteiligt
sich auch am Tag der offenen Keller der Tessi­
ner Winzer. Ein offener Keller ist ein wichtiger
Pfeiler im Geschäftsalltag.
Multifunktional kann dank einer Klima­
anlage auch der zweite Kellerraum im Unter­
geschoss genutzt werden: Im Winterhalb­
jahr lagert dort der abgefüllte Wein, im Mai
bei 35 Grad und 100 Prozent Luftfeuchtigkeit
gibt es Platz für die gepfropften Rebschöss­
linge. Platz für die Flaschen brauchen ­Ramellis,
weil sie diese von Oenoconseil abfüllen ­lassen,
einer mobilen Anlage auf einem Lastwagen.
­Ramellis bezahlen 30 Rappen pro Flasche,
sparen 100000 Franken Investitionen und den
Platz für eine eigene Abfüllanlage. «Ein ideales
System», bemerkt der Winzer.
Entwicklung geht weiter
Im Parterre stehen sieben Stahltanks und die
Traubenpresse. Ausserdem ist dort auf kleins­
tem Raum das Büro eingerichtet, wo Aure­liana
Ramelli die Buchhaltung führt. Den Raum, in
dem zurzeit der Versand abgewickelt wird,
wollen Ramellis nächstens als Degustations­
raum ausgestalten. Ausserdem möchten sie ihr
Sortiment um einen Wein aus dem Barrique
erweitern. Die Cantina Ramelli soll sich weiter
entwickeln wie bisher: Schritt für Schritt. n
Schritt für Schritt
haben Flavio und
Aureliana Ramelli
Rebberge gepflanzt
und eine eigene
Kelterei aufgebaut.
Um den Wein abzufüllen, bestellen Ramellis die mobile Abfüllanlage
von Oenoconseil. (Bild zur Verfügung gestellt)
Mai 2006 Schweizer Landtechnik
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