gibt es die ganze Geschichte!
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gibt es die ganze Geschichte!
Schwerpunkt | Wein & Sekt Trotz bescheidener Ernte bleibt Wein ein wichtiges Thema im österreichischen Handel. Egal ob Diskonter oder Vollsortimenter: Die Ketten setzten zusehends auf Qualität. Key Account hat der Branche ins Glas geschaut. Blick ins WeinkaufSwagerl LEH und Gastro gewinnen Die LEH-Weinsortimente und Fachkompetenzen wachsen – sogar bei den Diskontern, die auch in höheren Preisklassen Erfolge erzielen. So entwickelt Hofer sein Weinsortiment laufend weiter und schlichtet in Angebotszeiträumen Top- 8 KEY ACCOUNT 19 | 2014 Erzeugnisse ins Regal. Zu zwei Dritteln aus Österreich, preisgünstig wegen großer Abnahmemengen. Auch Weine über 30 Euro gingen schon über die Scanner. Lidl feiert derzeit „Französische Weinwochen“ mit 24 Tropfen unter dem Banner „Sélection – Erlesene Weine aus Frankreich“. Aber auch die Vollsortimenter rüsten önologisch weiter auf: Interspar etwa („weinwelt.at“) befüllte die Weinregale im jüngsten Markt am Wiener Hauptbahnhof mit einer Sortenvielfalt, wie sie im LEH aktuell wohl ihresgleichen sucht. Ausgerechnet die Wirtschaftskrise pushte die LEH-Weinsortimente. Von 2009 auf 2010 stiegen Wert- und Mengenanteile im Vergleich zum Ab-Hof-Verkauf und dem Fachhandel am stärksten. „Die Leute geben ihr Geld bewusster aus, aber im Endeffekt gönnen sie sich weiterhin die kleinen Freuden“, kommentiert Wein & Co-Gründer Heinz Kammerer die WeinHausse in der Krise. Die Gastronomie zählt nicht zu den Leidtragenden der Supermarkt-Weinblüte. Der glasweise Ausschank hochwertiger Flaschenweine boomt. Während 2009 noch 119 Millionen Liter ausgeschenkt wurden, waren es 2013 bereits 134 Millionen Liter, davon 80 Prozent aus Österreich. Wein & Co: Hybride Vertriebskonzepte Bei Wein & Co kennt man beide Bereiche. Der Fachhändler betreibt 24 Filialen, sieben davon mit Barbetrieb. Der Umsatz stieg 2013 um vier Prozent auf 53 Millionen Euro. Von der Wein-Qualitätsoffensive im LEH sei man nicht betroffen, erklärt Geschäftsführer Florian Größwang im Key Account-Interview. „Der LEH konzentriert sich auf Einstiegspreislagen.“ Spezielle Weine und die Möglichkeit zur Gratis-Verkostung differenzierten die Kette vom Mitbewerb. Zwar wurde im Frühjahr kolportiert, dass Rewe Interesse an einer Übernahme zeigt, beide Seiten dementierten jedoch energisch. Ein Shop-im-Shop im Wiener Neustädter Merkur wurde 2010 pilotiert, das Konzept aber nicht weitergeführt. Stattdessen will Wein & Co mit „Shop-byShop“-Konzepten punkten – Filialen am, nicht im LEH-Umfeld. „Uns ist es wichtig, Kanäle miteinander zu vernetzen“, erläutert Größwang, „denn wir haben junge, hybride Kunden“, sprich Menschen, die mal Wein verkosten, im Internet bestellen oder am Bistrotisch süffeln. Gastronomie und Online-Geschäft sind für Wein & Co mittlerweile ebenso wichtig wie der Lesen Sie weiter auf Seite 11 Illustrationen: Shutterstock/Pushnova Liudmyla D rei Prozent mehr als im Vorjahr, aber dennoch ein bisschen wenig: Pünktlich zum Herbstbeginn veröffentlichte die Statistik Austria den Umfang der heurigen Weinernte. 2,5 Millionen Hektoliter sind es im Sommer 2014 geworden, der zwar trocken begonnen hat, sich aber überwiegend nasskalt zeigte. Im katastrophalen Weinjahr 2010 konnten nur 1,7 Millionen Hektoliter gekeltert werden. Die Mengen bestimmen die Preise – und schwanken wie Börsenkurse. Wein ist eben noch immer ein Agrarprodukt, auch wenn die Konsumenten an Markenprodukte, bekannte Labels und stabile Preise gewöhnt sind. Sie kaufen nämlich den Wein für den Heimkonsum immer öfter im Supermarkt. Zwischen 2008 und 2013 stieg der LEHAnteil um ganze zehn Prozent – von 64,3 auf 73,5 Prozent, wie aktuelle Zahlen der GfK belegen. Jedes Jahr wuchs der Anteil um gute ein bis zwei Punkte an. Schwerpunkt | Wein & Sekt Megatrends und Nische Fortsetzung von Seite 8 Handel. So werden im digitalen Shop 20 Prozent des Umsatzes gemacht. Zusätzlich soll in Wien ein Expressservice gestartet werden: gekühlter Wein binnen 90 Minuten frei Haus. Auf dem Preiseinstiegsniveau ließe sich dies wohl nicht finanzieren. Jede sechste Flasche von Lenz Moser Generell wird Wein nämlich teurer, wie die Nielsen-Preisklassenanalyse zeigt. Die Segmente bis 3,49 Euro schrumpften 2013 im Vergleich zum Vorjahr, während das Angebot in der Preisspanne zwischen 3,50 und 5,99 Euro überproportional zunimmt. In diesem preislichen Segment operiert auch der größte österreichische Hersteller, Lenz Moser. Die Marken Servus, Storch, Alter Knabe oder Pfiffikus kosten 3,99 bis 5,99 Euro pro Flasche. Jede von ihnen ist in den Top-20 von Nielsen vertreten. Schließlich stammt jede sechste Flasche, die im österreichischen LEH verkauft wird, aus Abfüllanlagen von Lenz Moser – insgesamt über zehn Millionen Bouteillen pro Jahr. Die kleinen Weinernten der vergangenen Jahre machen eine Ausweitung des Volumens kaum möglich. Zusätzliche Absatzmöglichkeiten werden eher im Ausland gesucht, wo Lenz Moser 30 Prozent der Erlöse einfährt. Die untersten Preissegmente werden ohnehin nicht vom heimischem Wein dominiert. LEH: Österreicher sind teurer Im Preisbereich bis zwei Euro gibt es kaum Weine aus Österreich, weil die ausländische Billigkonkurrenz zu stark ist. Denn der Preisunterschied zwischen österreichischem und Import-Wein ist in den vergangenen fünf Jahren beträchtlich gewachsen. 2008 erwarb man einen Import-Wein im LEH um durchschnittlich 3,05 Euro, österreichischen um 3,30 Euro – ein Unterschied von 25 Cent. 2013 ist die Differenz auf 1,47 Euro angewachsen. Laut GfK-Consumer Tracking kostete heimischer Wein 2013 im Supermarkt durchschnittlich 4,34 Euro pro Liter. Die österreichischen Weinvermarkter peilen ohnehin höherwertige Preisklassen an, denn für das große Exportgeschäft sind die Produktionsmengen oft zu gering. Der überwiegende Anteil der Weinbauern produziert unter 10.000 Liter jährlich – auch wenn Kleinstkapazitäten in den vergangenen Jahren auf dem Rückzug sind, wie die Österreich Wein Marketing dokumentiert. Doch wo liegen die Megatrends beim Inhalt der Flaschen? „Unser Sortiment ist im Wesentlichen von der österreichischen Produktion mitgestaltet“, erklärt Friedrich Wimmer, Marketing-Leiter bei Lenz Moser. Nachhaltigkeitsthemen stünden bei den Vertragspartnern hoch im Kurs. Auch die regionale Fahne wird geschwungen. Lenz Moser will das Thema weiter breit verankern. Auch im Fachhandel spielt Regionalität eine große Rolle. Wein & Co erneuert das Sortiment hingegen in der Nische – mit speziellen Weinen, die einen zusätzlichen Nutzen bieten: „Wir setzen auf neue Geschmacksrichtungen und -sorten wie Orange Weine (Anm.: Weißwein, der wie Rotwein hergestellt wird) und neue Regionen wie heuer Slowenien und Kroatien“, verrät Geschäftsführer Größwang. „Aber auch histaminarme Weine für Allergiker werden zum Thema.“ Der breite Trend zum Wein wird also weiterhin für Qualitätssteigerungen sorgen – bei Markenweinen genauso wie bei spezialisierten High-End-Produkten. Man darf sich also freuen. Auch wenn die Ernte heuer gering war: Experten erwarten (jojo) fruchtige und leichte Weine. Der Ärger der Sektbranche über die Schaumweinsteuer ist – überschäumend. Die Korken knallen spät im Jahr, besonders bei Sekterzeugern. Traditionellerweise wird der Großteil des Umsatzes im vierten Quartal erwirtschaftet. Die vergangenen Jahre gaben zudem Grund zum Feiern: kontinuierliches Wachstum von jährlich drei bis neun Prozent – auch weil 2005 die Schaumweinsteuer auf Null gesetzt worden war. Doch bekannterweise werden seit 1. März wieder 75 Cent pro 0,75-Liter-Bouteille bzw. 100 Euro pro Hektoliter eingehoben. Eine massive Wettbewerbsverzerrung für den österreichischen Schaumwein, befindet das „Sektkomitee“, der Zusammenschluss mehrerer Hersteller. Sie vermuten, dass vor allem Preisbewusste in der kommenden Saison zu ausländischem Prosecco Frizzante greifen. Sekt-Trends: Rosé und neue Packungsdesigns Generell spielt die regionale Herkunft beim Sekt eine geringere Rolle als beim Wein: Der Österreicher-Anteil am Gesamtmarkt liegt bei rund 30 Prozent. Deshalb feiert die Branche am 22. Oktober den „Tag des österreichischen Sekts“. Im Mittelpunkt stehen neben einer Leistungsschau der heimischen Winzer die Entwicklung einer „dreistufigen Qualitätspyramide“, die sich an Weltstandards wie Champagne oder Franciacorta orientieren soll. Insgesamt werden zehn Prozent der österreichischen Weinernte versektet. Die Hersteller – neben kleineren Erzeugern vor allem Branchenriesen wie Schlumberger und Hochriegl – wollen das Regionalitätsbewusstsein stärken. Dafür setzt Schlumberger auf Geschenkspackungen. Hochriegl nimmt die Trends Rosé-Sekte und Kleinflaschen auf – und ist als absatzstärkste österreichische Sektmarke Wachstumstreiber in beiden Kategorien. Sektflaute noch ungewiss Ob sich die Sektlaune der Österreicher durch die Schaumweinsteuer maßgeblich dämpft, ist noch nicht abzusehen. Im ersten Halbjahr 2014 ist der Sektmarkt laut Nielsen sogar gewachsen. Grund dafür seien allerdings Eindeckungskäufe und damit verbundene Aktionen. Wein & Co-Geschäftsführer Größwang wagt noch keine Prognose: „Die Steuer betrifft vor allem das untere Preissegment. Das Weihnachtsgeschäft wird es zeigen.“ Prosecco oder Sekt? 19 | 2014 KEY ACCOUNT 11