Vergabekammer des Landes Brandenburg beim Ministerium für

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Vergabekammer des Landes Brandenburg beim Ministerium für
Vergabekammer
des Landes Brandenburg
beim Ministerium für Wirtschaft
VK 21/09
Beschluss
In
dem
Nachprüfungsverfahren
betreffend
die
Bewirtschaftung
der
Versorgungseinrichtung auf dem Regierungsstandort Heinrich-Mann-Allee 103,
Potsdam,
Verfahrensbeteiligte:
1.
xxx
Verfahrensbevollmächtigter:
2.
xxxx,
Antragstellerin,
xxx,
Auftraggeber,
hat die Vergabekammer im schriftlichen Verfahren am 27. Mai 2009 durch den
Vorsitzenden Ministerialrat Schumann, die hauptamtliche Beisitzerin Regierungsrätin
Rollert und den stellvertretenden ehrenamtlichen Beisitzer Bau-Ing. Klaus
beschlossen:
1.
Der Nachprüfungsantrag wird verworfen.
2.
Die Antragstellerin trägt die Kosten (Gebühren und Auslagen) des Verfahrens.
3. Die Gebühr wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt und mit dem eingezahlten
Kostenvorschuss verrechnet.
4.
Gründe
I.
Gegenstand des vorliegenden
Auftraggeber
beabsichtigte
Nachprüfungsverfahrens ist die durch
Neuvergabe
der
Bewirtschaftung
den
der
2
Versorgungseinrichtung (Kantine) auf dem Regierungsstandort Heinrich-Mann-Allee
103 in Potsdam.
Der derzeitige Betreiber der Kantine, der Internationale Bund (IB) Freier Träger der
Jugend-, Sozial- und Bildungsarbeit e.V., hatte die mit dem Auftraggeber bestehende
vertragliche Vereinbarung zum 30. Juni 2009 gekündigt.
Der Auftraggeber entschloss sich darauf hin zur Durchführung einer beschränkten
Ausschreibung. Er begründete die Wahl der Verfahrensart mit der kurzfristigen
Kündigung und der damit notwendigen kurzfristigen Sicherstellung der Versorgung
der Bediensteten der Liegenschaft sowie der Erzielung wirtschaftlich günstiger Preise
für die Essenteilnehmer und schätzte die Auftragssumme mit Datum vom 29. April
2009 auf 17.990,00 EUR.
Mit Schreiben vom 4. Mai 2009 wandte sich der Auftraggeber an drei Unternehmen,
darunter die Antragstellerin, die ihr Interesse an der Bewirtschaftung der Kantine
bekundet hatten (die Antragstellerin mit Schreiben vom 9. April 2009) und forderte
diese zur Vorlage eines Konzeptes bis zum 15. Mai 2009 auf. Als Grundlagen der
Vergabe benannte der Auftraggeber dabei die Ausschreibung des Landes
Brandenburg zur Vergabe der Kantinenbewirtschaftung im Justizzentrum Potsdam,
die Kantinenrichtlinien des Landes Brandenburg, den Kantinenpachtvertrag (Stand:
29. April 2009), der aufgrund möglichen Anpassungsbedarfs entsprechend der
Konzepte der Bieter noch nicht zu unterzeichnen war, sowie einen durch die
Unternehmen auszufüllenden Musterspeiseplan.
Als Laufzeit des Vertrages bestimmte der Auftraggeber den Zeitraum vom 1. Juli
2009 bis 31. Dezember 2012 mit der Möglichkeit einer verhandelbaren Verlängerung.
Gegenstand des Vertragsentwurfes, der den interessierten Unternehmen zur
Verfügung gestellt wurde, sind u.a. folgende Regelungen:
Der Pächter verpflichtet sich, die Speiseversorgung der Bediensteten der
Liegenschaft Heinrich-Mann-Allee 103 zu gewährleisten (§ 3 des Vertragsentwurfes).
Hierzu werden ihm die im Haus 15 des vorgenannten Standortes belegenen und
näher bezeichneten Räumlichkeiten überlassen (§ 1 des Vertragsentwurfes). Dem
Pächter werden durch den Auftraggeber keine Einrichtungsgegenstände überlassen,
die Kosten der Geräte und Einrichtungsgegenstände trägt der Pächter, einschließlich
aller Kosten der Unterhaltung und der gegebenenfalls erforderlichen
Ersatzbeschaffung (§ 5 des Vertragsentwurfes). Die Anschaffung und den Ersatz von
Geschirr, Besteck, Töpfen und anderem Kochgeschirr übernimmt der Pächter
ebenfalls auf eigene Kosten (§ 6 des Vertragsentwurfes). Alle anfallenden Betriebsund Nebenkosten, öffentliche Lasten und Steuern sowie Versicherungen für den
Kantinenbetrieb trägt der Pächter (§§ 9, 12, 13 des Vertragsentwurfes).
Versicherungen für den Kantinenbetrieb sowie eine Haftpflichtversicherung zur
Absicherung seiner Verkehrssicherungspflicht hat der Pächter auf eigene Kosten
abzuschließen, §§ 7, 13 des Vertragsentwurfes. Die Bewirtschaftung der Kantine, der
Wareneinkauf und der -verkauf erfolgen im Namen und auf Rechnung des Pächters
(§ 14 des Vertragsentwurfes). Im Falle der Erzielung eines unangemessen hohen
Gewinns ist der Pächter – orientiert an einem gestaffelten jährlich erzielten
Bruttoumsatz – zur Zahlung eines Pachtzinses verpflichtet (beginnend bei einem
Bruttoumsatz von jährlich bis zu 128.000,00 EUR – 2 % des Umsatzes), § 24 des
3
Vertragsentwurfes. Die notwendige Instandhaltung der Kantinenräume obliegt dem
Verpächter auf seine Kosten; an den Kosten für erforderliche Schönheitsreparaturen
beteiligt sich der Pächter bis zu einem jährlichen Höchstbetrag von 500,00 EUR, § 11
des Vertragsentwurfes.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 11. Mai 2009 erhob die Antragstellerin gegenüber
dem Auftraggeber eine vergaberechtliche Rüge. Der Auftraggeber sei zu einer
öffentlichen, hilfsweise beschränkten Ausschreibung verpflichtet. Die Möglichkeit
einer Anpassung des Pachtvertrages auf der Grundlage der Konzepte der Bieter
verstoße gegen die Gebote der Transparenz und Gleichbehandlung sowie gegen §
97 Abs. 7 GWB. Darüber hinaus beanstandete die Antragstellerin diverse
Regelungen des Pachtvertrages als vergaberechtswidrig. Sie wandte sich zudem an
die zentrale Vergabestelle des Brandenburgischen Landesbetriebes für
Liegenschaften und Bauen sowie deren Justiziariat als Vergabeprüfstelle.
Eine Reaktion vonseiten des Auftraggebers erfolgte nicht.
Mit Schriftsatz vom 13. Mai 2009 hat die Antragstellerin bei der Vergabekammer des
Landes Brandenburg einen Nachprüfungsantrag gestellt und diesen mit den
Argumenten ihres Rügeschreibens begründet.
Die Antragstellerin beantragt,
1.
den Nachprüfungsantrag dem Auftraggeber zuzustellen,
2.
dem Auftraggeber zu untersagen, einen Vertrag für die Verpachtung
bzw. den Kantinenbetrieb für die Kantine im Regierungsstandort
Heinrich-Mann-Allee 103 (Haus 15) in Potsdam vor Abschluss des
Nachprüfungsverfahrens abzuschließen,
3.
dem Auftraggeber aufzugeben, die beabsichtigte Verpachtung der
Kantine in dem vorgenannten Objekt öffentlich,
hilfsweise
beschränkt auszuschreiben und über den Zuschlag unter Beachtung
der Rechtsauffassung der Vergabekammer neu zu entscheiden,
4.
dem
Verfahrensbevollmächtigten
Akteneinsicht
in
die
der
Vergabekammer durch den Auftraggeber vorgelegten Unterlagen zu
gewähren,
5.
die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten
Antragstellerin für notwendig zu erklären,
6.
dem Auftraggeber die Kosten des Nachprüfungsverfahrens und darüber
hinaus die notwendigen Auslagen der Antragstellerin für das Verfahren
vor der Vergabeprüfstelle aufzuerlegen.
Der Auftraggeber beantragt,
für
die
4
1.
den Nachprüfungsantrag kostenpflichtig abzuweisen,
2.
die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zu treffen.
Er meint unter Bezugnahme auf die Schätzung des Auftragswertes vom 29. April
2009, der Nachprüfungsantrag sei unzulässig, da der für den Auftrag maßgebliche
Schwellenwert nicht erreicht sei.
Mit Schreiben vom 22. Mai 2009 hat der Auftraggeber der Antragstellerin, die
fristwahrend ein Angebot vorgelegt hatte, mitgeteilt, dass er das Vergabeverfahren –
„Verfahrensart Beschränkte Ausschreibung“ – aufgrund § 26 Nr. 1 a VOL/A
aufgehoben habe und die Durchführung einer freihändigen Vergabe beabsichtige.
Mit weiterem Schriftsatz vom 22. Mai 2009 begehrt die Antragstellerin die
Überprüfung der eingegangenen Angebote auf den angeführten Aufhebungsgrund.
Sie beantragt zudem gemäß § 115 Abs. 3 GWB,
im Wege der Eilentscheidung dem Auftraggeber sofort zu untersagen,
bis zum Vorliegen einer Entscheidung über den Nachprüfungsantrag
einen Vertrag über die Bewirtschaftung der Versorgungseinrichtung auf
dem Regierungsstandort Heinrich-Mann-Allee 103 in 14473 Potsdam im
Wege der freien Vergabe abzuschließen.
Ihr drohe im anhängigen Vergabeverfahren ein Rechtsverlust durch die freie Vergabe
der Leistung.
Der Auftraggeber meint mit Schriftsatz vom 25. Mai 2009, mit der Aufhebung der
Ausschreibung sei das Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin entfallen.
Mit Schriftsatz vom 26. Mai 2009
Nachprüfungsbegehren und beantragt,
erweitert
die
Antragstellerin
ihr
im Wege des Nachprüfungsverfahrens festzustellen, dass die
Entscheidung des Auftraggebers über die Aufhebung der
Ausschreibung ebenfalls rechtswidrig ist.
Auf die Vergabeakten, soweit sie der Vergabekammer vorgelegen haben, sowie die
eingereichten Schriftsätze der Beteiligten wird ergänzend Bezug genommen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist unzulässig.
5
Die angerufene Vergabekammer ist für die Entscheidung im Nachprüfungsverfahren
zuständig, da die streitige Auftragserteilung dem Land Brandenburg zuzurechnen ist
(§ 104 Abs. 1 GWB).
Der Auftraggeber ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts öffentlicher
Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB.
Die zur Nachprüfung durch die Vergabekammer gestellte Vergabe unterliegt jedoch
nicht dem vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren, § 102 GWB. Der Nachprüfung
durch die Vergabekammer unterliegt danach nur die Vergabe öffentlicher Aufträge.
Das Nachprüfungsverfahren betreffend die künftige Bewirtschaftung der
Versorgungseinrichtung (Kantine) auf dem Regierungsstandort Heinrich-Mann-Allee
103 in Potsdam bezieht sich nicht auf einen öffentlichen Auftrag i.S.v. § 99 GWB.
Nach § 99 GWB sind öffentliche Aufträge entgeltliche Verträge zwischen öffentlichen
Auftraggebern und Unternehmen, die Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen zum
Gegenstand haben, und Auslobungsverfahren, die zu Dienstleistungsaufträgen
führen sollen.
Die Übertragung der Bewirtschaftung der Kantine auf dem Regierungsstandort
Heinrich-Mann-Allee 103 ist nicht als Dienstleistungsauftrag i.S.v. § 99 Abs. 4 GWB
einzuordnen, sondern als vergaberechtsfreie Dienstleistungskonzession.
Eine Dienstleistungskonzession ist dadurch gekennzeichnet, dass die übertragene
Dienstleistung im öffentlichen Interesse liegt, die Gegenleistung für die Erbringung
des Auftrages nicht in einem vorher festgelegten Preis, sondern in dem Recht
besteht, die zu erbringende eigene Leistung zu nutzen oder entgeltlich zu verwerten,
oder in diesem Recht und einer zusätzlichen Bezahlung und das wirtschaftliche
Risiko aus dieser Nutzung ganz oder zum überwiegenden Teil beim Konzessionär
liegt (vgl. hierzu OLG Brandenburg, Beschluss vom 30. Mai 2008 – Verg W 5/08).
Der Entwurf des Pachtvertrages (Stand: 29. April 2009), auf den hier für die
Einordnung der verfahrensgegenständlichen Auftragsvergabe abzustellen ist, erfüllt
die genannten Voraussetzungen.
Die beabsichtigte Vergabe der Bewirtschaftung der Kantine im Haus 15 des
Regierungsstandortes Heinrich-Mann-Allee 103 auf der Grundlage eines
Pachtvertrages stellt sich als Dienstleistung dar, die einem privaten Dritten
übertragen werden soll. Die gesetzliche Fassung des § 99 Abs. 1 GWB geht von
einem weiten Dienstleistungsbegriff aus; erfasst werden alle Formen von Aufträgen,
die nicht bereits unter eine der anderen in § 99 GWB genannten Auftragsarten fallen
und nicht schon nach § 100 Abs. 2 GWB vom Anwendungsbereich des
Vergaberechts ausgenommen sind (OLG Stuttgart, Beschluss vom 4. November
2002 – 2 Verg 4/02; Boesen, Vergaberecht, § 99 Rn. 152). Eine
Betriebsführungsleistung unterfällt weder dem Begriff des Bau- noch dem des
Liefervertrages und ist zivilrechtlich als Dienstleistung einzuordnen (vgl. Byok/Jaeger,
Kommentar zum Vergaberecht, § 99 Rn. 516).
Es besteht auch ein öffentliches Interesse an der Erfüllung dieser Aufgabe. Die
Speisenversorgung der im öffentlichen Dienst und damit im öffentlichen Interesse
6
Beschäftigten fällt ihrer Natur
Verantwortungsbereich des Staates.
und
ihrem
Gegenstand
nach
in
den
Der Betreiber der Kantine erhält für die von ihm geschuldete Dienstleistung – die
Gewährleistung der Speisenversorgung der Bediensteten der Liegenschaft HeinrichMann-Allee 103, vgl. § 3 des Vertragsentwurfes, – kein Entgelt durch den
Auftraggeber. Im Gegenteil hat er nach § 24 des Vertragsentwurfes bei einem
Bruttoumsatz von jährlich bis zu 128.000,00 EUR 2 % des Umsatzes an den
Auftraggeber als Pachtzins, im Falle eines höheren Umsatzes gestaffelt nach
Umsatzhöhe einen darüber hinausgehenden Pachtzins zu entrichten.
In der Nutzungsüberlassung durch den Auftraggeber liegt keine Zahlung einer
Vergütung oder ein vergleichbarer entgeltlicher Vorteil. Der Pächter übernimmt die
Räumlichkeiten, um diese als Kantine zu betreiben – mit den zur Nutzung
überlassenen Räumlichkeiten ist die Dienstleistung zu erbringen (vgl. VK BadenWürttemberg, Beschluss vom 11. September 2006 – 1 VK 53/06).
Als Vergütung wird dem Betreiber vielmehr das Recht übertragen, seine eigene
Leistung zu verwerten. Eigene Einnahmen erzielt der Betreiber aus seinen Aktivitäten
zur Erfüllung seiner Pflicht aus § 3 des Vertragsentwurfes über die Nutzung dieser
Dienstleistungen durch Dritte, nämlich aus dem Verkauf von insbesondere
alkoholfreien Getränken, sonstigen Erfrischungen, gängigen Genussmitteln sowie
kalten und warmen Speisen, vgl. § 15 des Vertragsentwurfes.
Der Betreiber handelt bei der Erfüllung seiner Pflichten zum überwiegenden Teil auf
eigenes wirtschaftliches Risiko. Nach dem Inhalt des Pachtvertragsentwurfes soll er
aus der Übernahme der Speisenversorgung eigenverantwortlich wirtschaftlichen
Nutzen ziehen dürfen.
Dass gemäß der vorläufigen Richtlinien der Kantinen bei Dienststellen des Landes
Brandenburg vom 4. Dezember 1991 unangemessene Verdienste des Pächters zu
unterbinden sind und auch der Entwurf des Pachtvertrages entsprechende
Regelungen enthält, die einen unangemessen hohen Gewinn des Pächters
verhindern sollen (Festlegung der Preise für warme Speisen, § 18 des
Vertragsentwurfes/Festlegung eines an der Umsatzhöhe orientierten gestaffelten
Pachtzinses, § 24 des Vertragsentwurfes), nimmt der Betreiberleistung nicht den
wirtschaftlichen Nutzen für den Pächter.
Die Bewirtschaftung der Kantine, der Wareneinkauf und der -verkauf erfolgen gemäß
§ 14 des Vertragsentwurfes im Namen und auf Rechnung des Pächters. Die Kosten
der Geräte und Einrichtungsgegenstände, die für den Betrieb der Kantine erforderlich
sind, sowie die Kosten der Anschaffung des Ersatzes von Geschirr, Besteck, Töpfen
und anderem Geschirr trägt der Pächter, ebenso wie alle anfallenden Betriebs- und
Nebenkosten, sowie sämtliche öffentliche Lasten und Steuern, §§ 5, 9 und 12 des
Vertragsentwurfes. Versicherungen für den Kantinenbetrieb sowie eine
Haftpflichtversicherung zur Absicherung seiner Verkehrssicherungspflicht hat der
Pächter auf eigene Kosten abzuschließen, §§ 7, 13 des Vertragsentwurfes.
Dem Auftraggeber obliegt demgegenüber ein nur unwesentliches mittelbares Risiko,
nämlich die notwendige Instandhaltung der Kantinenräume. An den Kosten
7
erforderlicher Schönheitsreparaturen beteiligt sich der Pächter dabei bis zu einem
jährlichen Höchstbetrag von 500,00 EUR, § 11 des Vertragsentwurfes.
Darüber hinaus trägt der Auftraggeber kein Risiko, denn er ist an etwaigen Verlusten
des Betreibers nicht beteiligt. Der Entwurf des Pachtvertrages enthält auch keine
Regelung, nach der der Auftraggeber die Abnahme einer bestimmten Anzahl von
Essen pro Tag garantiert. Allein der künftige Betreiber der Kantine trägt das Risiko,
dass seine Leistung möglicherweise nicht oder nicht in ausreichendem Maße
nachgefragt wird.
Selbst wenn der Auftraggeber einen Zuschuss für die Warmverpflegung der
Landesbediensteten gewähren sollte, stünde dies der Annahme einer
Dienstleistungskonzession nicht entgegen. Es fehlt insoweit jedenfalls an einem
entgeltlichen Beschaffungsvorgang i.S.d. § 99 GWB, denn der Auftraggeber selbst
will kein Essen abnehmen. Darüber hinaus verbleibt das mit der Verwertung der
Leistung verbundene Risiko beim Betreiber. Er hat keinen Einfluss auf die Höhe des
Zuschusses, der auch nicht den Zweck hat, sein wirtschaftliches Risiko zu
minimieren oder etwa auf den Auftraggeber zu verlagern.
Als Dienstleistungskonzession unterfällt die streitgegenständliche Beauftragung nicht
der Richtlinie 2004/18/EG über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe
öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge und damit auch
nicht dem Vergaberecht des GWB, denn dessen Anwendungsbereich geht nicht über
den der einschlägigen europäischen Richtlinie hinaus.
Zwar hat der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 7. Dezember
2000
(Rs.
C-324/98
„Telaustria“)
auch
für
den
Abschluss
von
Dienstleistungskonzessionen aus dem Transparenzgebot die Verpflichtung der
öffentlichen Aufraggeber abgeleitet, zugunsten potentieller Bieter einen
angemessenen Grad von Öffentlichkeit sicherzustellen, der den Dienstleistungsmarkt
dem Wettbewerb öffnet und die Nachprüfung ermöglicht, ob die Vergabeverfahren
unparteiisch durchgeführt wurden. Für die Überprüfung der Einhaltung dieser
gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben außerhalb des Anwendungsbereiches der
Vergaberichtlinie ist jedoch im innerstaatlichen Recht mangels Anwendbarkeit der §§
97 ff. GWB der spezielle Rechtsschutzweg zu den Vergabenachprüfungsinstanzen
nicht eröffnet.
Damit kann letztlich dahinstehen, ob die weiteren Voraussetzungen für die
Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages der Antragstellerin gegeben sind und wie ihr
Antrag gemäß § 115 Abs. 3 GWB rechtlich zu bewerten ist.
Gemäß § 112 Abs. 1 Satz 3 GWB konnte die Vergabekammer aufgrund der
Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrages ohne mündliche Verhandlung
entscheiden.
8
III.
Der Antrag auf Akteneinsicht durch die Antragstellerin gemäß § 111 Abs. 1 GWB ist
abzulehnen. Das Akteneinsichtsrecht ist nur in dem Umfang gegeben, in dem es zur
Durchsetzung der Rechte der Antragstellerin aus § 97 Abs. 7 GWB erforderlich ist.
Das ist bei einem unzulässigen Nachprüfungsantrag nicht der Fall (VK Brandenburg,
Beschluss vom 19. März 2003, VK 5/03; Beschluss vom 25. Februar 2005, VK 4/05).
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein
Beteiligter die Kosten zu tragen, soweit er im Verfahren unterliegt.
Die Vergabekammer hält die Festsetzung der Mindestgebühr von 2.500,00 EUR
gemäß § 128 Abs. 2 Satz 2 GWB bei Abwägung des Aufwandes einerseits und der
wirtschaftlichen Bedeutung des dem Vergabeverfahren zugrunde liegenden
Auftrages für die Antragstellerin andererseits für angemessen, zumal keine
Beiladung erfolgt ist und eine mündliche Verhandlung nicht stattgefunden hat.
V.
Gegen die Entscheidung der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig.
Sie ist schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die mit der Zustellung der
Entscheidung beginnt, beim Brandenburgischen Oberlandesgericht, Gertrud-PiterPlatz 11, 14770 Brandenburg, einzulegen.
Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die
Beschwerdebegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung
der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt
wird, und die Tatsachen und Beweismittel angeben, auf die sich die Beschwerde
stützt.
Die Beschwerdeschrift muss durch einen Rechtsanwalt unterschrieben sein. Dies gilt
nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (§ 117
Abs. 3 GWB).
Mit der Einlegung der Beschwerde sind die anderen Beteiligten des Verfahrens vor
der Vergabekammer vom Beschwerdeführer durch Übermittlung einer Ausfertigung
der Beschwerdeschrift zu unterrichten (§ 117 Abs. 4 GWB).
Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung
der Vergabekammer. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf
der Beschwerdefrist. Hat die Vergabekammer den Antrag auf Nachprüfung
abgelehnt, so kann das Beschwerdegericht auf Antrag des Beschwerdeführers die
aufschiebende Wirkung bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängern
(§ 118 Abs. 1 GWB).
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Gemäß § 6 Abs. 1 der Geschäftsordnung der Vergabekammern des Landes
Brandenburg vom 30. Juni 1999, AAnz. S. 898 ist die Unterzeichnung des
Beschlusses durch den ehrenamtlichen Beisitzer nicht erforderlich.
Schumann
Rollert

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