Bedeutung der Fettsäurezusammensetzung von Milch und
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Bedeutung der Fettsäurezusammensetzung von Milch und
Bedeutung der Fettsäurezusammensetzung von Milch und Rindfleisch für die menschliche Ernährung – Einflussmöglichkeiten durch die Fütterung Eine Literaturübersicht erstellt im Rahmen des Projektes Omega 3 Herzmilch. Das Projekt wurde gefördert mit Mitteln des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt beim Autor. Dr. Daniel Weiß Ortstr. 3 85354 Freising Tel: 08161/4965870 Fax: 08161/4965871 [email protected] 1 Fette und deren Struktur Chemisch gesehen versteht man unter Fetten Tri(acyl)glyzeride (Abbildung 1), die aus drei Fettsäuren und Glycerol aufgebaut sind. Fette sind wichtige, sehr energiereiche Nahrungsbestandteile. Im Körper übernehmen Fette verschiedenste Aufgaben. Eine wichtige Bedeutung haben Sie als Reservestoff für den Organismus, aber Fette sind auch Bausteine für biologische Membrane sowie Ausgangsstoff für Eicosanoide, einer Gruppe von Hormonen. Fettsäuren Fett c c c c H2 H 2c c o o o c 0H o H 2c + o H2c 0H H c o c 0H H2 c Abbildung 1: Die Grundstruktur von Fetten, aufgebaut aus drei Fettsäuren und Glycerol. Fettsäuren unterscheiden sich in Ihrer Kettenlänge und der Art der Bindung zwischen den Kohlenstoffatomen. Fette mit einem hohen Anteil von kurzen Fettsäuren sind bei Zimmertemperatur fest (Talg, Schmalz), während Fette mit einem hohen Anteil an langkettigen Fettsäuren bei gleichen Bedingungen flüssig sind (Pflanzenöle). Nach Art der Bindung werden gesättigte von ungesättigten Fettsäuren unterschieden. Ungesättigte Fettsäuren enthalten mindestens eine Doppelbindung (Abbildung 2). Mit Hilfe der Omega Nomenklatur wird die Lage der ersten Doppelbindung, vom apolaren Kettenende her gesehen, definiert. Omega-3 Fettsäure bedeutet also, dass eine Doppelbindung am 3. CAtom vorhanden ist, Omega-6 Fettsäuren haben entsprechend eine Doppelbindung am 6. C 2 Atom. Der menschliche Organismus ist auf die Zufuhr von Omega-3 und Omega-6 Fettsäuren angewiesen, da er nicht in der Lage ist diese selbst zu synthetisieren. Diese Fettsäuren sind daher essentielle Nährstoffe, vergleichbar mit Vitaminen. H2 gesättigte Fettsäure H2 c H3c H2 c c H2 H2 H2 H2 H2 c c H2 c c H2 c c c c o c c c c oH H2 H2 H2 H2 o vereinfachte Schreibweise c oH o einfach ungesättigte Fettsäure Ölsäure Mehrfach ungesättigte Fettsäure Ω - 6 Linolsäure Mehrfach ungesättigte Fettsäure Ω - 3 α-Linolensäure Mehrfach ungesättigte Fettsäure Ω - 6 Arachidonsäure c o oH c o oH c oH o c oH Abbildung 2: Beispiele für verschiedene gesättigte und ungesättigte Fettsäuren. Die Omega Nomenklatur gibt die Position der ersten Doppelbindung an (3. oder 6. C Atom von links gezählt). Die Art der Doppelbindung bei Fettsäuren wird entsprechend Ihrer räumlichen Struktur in cis und trans Anordnung unterschieden. Trans Fettsäuren treten in pflanzlichen Organismen nicht auf, sie entstehen durch bakterielle Fermentation im Pansen des Rindes sowie im Euter bei der Milchfettsynthese, jedoch auch durch technische Behandlung von Fetten, wie z. B. starkes Erhitzen. Eine Untergruppe von trans Fettsäuren sind die sogenannten Conjugated Linoleic Acids (CLA, oder deutsch Konjugierte Linolsäuren). CLAs werden verschiedenste gesundheitliche Wirkungen zugeschrieben (Lee et al. 1993; Jahreis 1999; Munday et al. 1999). Bei der bakteriellen Fermentation im Pansen entstehen jedoch gleichzeitig auch andere trans Fettsäuren, die ungünstige Effekte auf die Gesundheit haben sollen (Solomon et al. 2000, Chouinard et al. 2001). Angesichts der großen Anzahl von laufenden Untersuchungen 3 zu diesem Thema ist in naher Zukunft davon auszugehen, dass die Rolle von CLA besser definiert werden kann. o Linolsäure cis 9, cis 12 c oH o Linolensäure cis 9, cis 12, cis 15 c oH o Konjugierte Linolsäure cis 9, trans 11 Konjugierte Linolsäure trans 7, cis 9 c o oH c oH Abbildung 3: Zwei Beispiele für Conjugated Linoleic Acids (CLA, oder zu deutsch konjugierte Linolsäuren). CLA werden aus Linolensäuren im Pansen und in der Milchdrüse gebildet. 2 Essentielle Fettsäuren in der menschlichen Ernährung Die sogenannten Omega-3 und Omega-6 Fettsäuren sind essentielle Nahrungsbestandteile, da der menschliche Organismus nicht über die Enzymausstattung verfügt, diese Fettsäuren selbst zu synthetisieren. Zusammenhänge zwischen der geringen Inzidenz von Herzerkrankungen und einer hohen Aufnahmerate von Omega-3 Fettsäuren wurden erstmals Ende der 70er Jahre bei Eskimos diskutiert (Bang et al. 1976; Kromann und Green 1980). In der Zwischenzeit wurden anhand einer Vielzahl von Studien dieser Zusammenhang bestätigt. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt für Erwachsenen eine Tageszufuhr von etwa 6,5 g Omega-6 Fettsäuren und 1,3 g Omega-3 Fettsäuren (DGE 2000). In vielen anderen Ländern wurden Empfehlungen zur Aufnahme von essentiellen Fettsäuren ausgesprochen, die teilweise 4 deutlich über den deutschen Werten liegen (Simopoulos et al. 1999; Legrand et al. 2001, Wijendran und Hayes 2004). Nach einer deutschen Studie werden im Mittel der Bevölkerung diese empfohlenen Verzehrsmengen an essentiellen Fettsäuren erreicht (Linseisen et al. 2003). Im Mittel übetrifft die Aufnahme von Omega-6 Fettsäuren mit der Nahrung die empfohlenen Werte sogar deutlich. Die Omega-3 Fettsäurezufuhr entspricht in etwa gerade den Empfehlungen. Daher ist das Omega-6 Omega-3 Fettsäurenverhältnis deutlich weiter als das empfohlene Verhältnis von 5 – 6 : 1 (Linseisen 2003; Wijendran und Hayes 2004). Die Unterschiede in der Aufnahme von Omega-3 Fettsäuren aufgrund länderspezifischer Ernährungsgewohnheiten und aufgrund individueller Verzehrsgewohnheiten (auch innerhalb der deutschen Bevölkerung) sind jedoch erheblich (Astorg et al. 2004). Länder und Individuen, die viel Fisch verzehren nehmen in aller Regel ausreichend Omega-3 Fettsäuren zu sich, insbesondere die Aufnahme von langkettigen Omega-3 Fettsäuren (Eicosapentaensäure und Docosapentaensäure) ist in diesem Fall relativ hoch. Bei einem geringen Fischverzehr besteht jedoch oftmals eine Unterversorgung mit Omega-3 Fettsäuren (Astorg et al. 2004). Verschiedene Arbeitsgruppen verfolgen daher den Ansatz den Gehalt an Omega-3 Fettsäuren in Nahrungsmitteln anzuheben, in der Regel durch die gezielte Verwendung von Fischöl (Mantzioris et al. 2000; Metcalf et al. 2003; Carrero et al. 2004). Damit kann erfolgreich die Versorgung mit Omega-3 Fettsäuren verbessert werden, ohne die Ernährungsgewohnheiten zu verändern. 3 Bedeutung von Milch und Rindfleisch für die Zufuhr von Omega Fettsäuren Es sind relativ wenige Studien verfügbar, welche sich mit der Bedeutung verschiedener Nahrungsmittel für die Versorgung mit Omega Fettsäuren beschäftigen. Nach einer französischen Studie sind Milchprodukte, und hier vor allem Käse, die wichtigsten Quelle für α-Linolensäure, die mengenmäßig wichtigste Omega-3 Fettsäure (Astorg et al. 2004). Eine australische Studie verwendet eine Klassifizierung der Lebensmittel nach der Verarbeitung 5 und kann daher nicht direkt mit den französischen Ergebnissen verglichen werden (Meyer et al. 2003). Fleisch ist nach Fisch die zweite wichtige Quelle für langkettige Omega-3 Fettsäuren (Astorg et al. 2004, Meyer et al. 2003). Studien, die verschiedene Spezies unterscheiden (Rind-, Schwein,- Geflügelfleisch) sind jedoch nicht verfügbar. Eine weitere Schwäche dieser Ernährungsstudien ist, dass über Befragungen die Diät erfasst wird und dann anhand gemittelter Werten der jeweiligen Nahrungsmittel die Versorgung mit verschiedenen Nährstoffen errechnet wird. Das Problem dieser Vorgehensweise ist, dass damit unterschiedliche Inhaltstoffe in derselben Produktgruppe nicht berücksichtigt wird. Die Gehalte von Omega Fettsäuren in Milch und Fleisch werden sehr stark durch die Fütterung beeinflusst (French et al. 2000; Collomb et al. 2001; Scollan et al. 2001; Kraft et al. 2003; Dannenberger et al. 2004; Flachowsky 2004). Hauswirth et al. (2004) sprechen in diesem Zusammenhang sogar von einem „alpinen Paradoxon“. Käse, der aus Alpmilch hergestellt wird, enthält sehr hohe Gehalte an Omega-3 Fettsäuren, dies könnte, so argumentieren die Autoren, ein Grund für die niedrige Rate von Herzerkrankungen im Alpenraum sein. 100 g Käse der aus Alpmilch hergestellt ist und damit sehr hohe Gehalte an Omega-3 Fettsäuren enthält, liefert 1/3 des empfohlenen Tagesbedarfs (Hauswirth et al. 2004). 4 Zusammenhänge zwischen der Fütterung und der Fettzusammensetzung beim Rind Die Fettbiosynthese, d.h. die Bildung von Milchfett im Euter sowie die Bildung von Depotfett im Muskel (intramuskuläres Fett), greift auf den vorhandenen Nähstoffpool im Blut zurück. Die gesättigten Fettsäuren werden in erster Linie aus den kurzen Fettsäuren der Pansenfermentation (Essig-, Propion- und Buttersäure) aufgebaut. Die langen, mehrfach ungesättigten Fettsäuren (Omega Fettsäuren) kann das Rind jedoch nicht selbst synthetisieren (essentielle Fettsäuren). 6 Futter: Pansen: Blutkreislauf: Euter/Fettgewebe/Fleisch: Biohydrierung Pool aus Lipoproteinen Langkettige (ungesättigte) Fettsäuren fast ausschließlich aus dem Blutpool 0,3 bis 1,5 kg pro Tag bis zu 0,5 kg Linolensäure (Gras) Fettbiosynthese ≈25 g pro Tag mehrfach ungesättigte FS = 5 % Abbildung 4: Stoffwechselweg von langkettigen, ungesättigten Fettsäuren beim Rind. Die Aufnahme dieser Fettsäuren schwankt sehr stark in Anhängigkeit der Futterration. Ungesättigte Fettsäuren werden durch die Pansenmikroben hydriert und nur etwa 5 % der mehrfach ungesättigten Fettsäuren passieren den Pansen um im Dünndarm resorbiert zu werden (maximal 25 g pro Tag). Aus dem Blutpool werden langkettige, ungesättigte Fettsäuren direkt ins Milchfett bzw. Depotfett eingebaut. Die eingebauten Omega Fettsäuren entstammen daher direkt dem Blutpool. Für den Gehalt dieser Fettsäuren ist damit ihre Konzentration im Blutplasma verantwortlich. Der Blutpool spiegelt wiederum die Menge an langen, mehrfach ungesättigten Fettsäuren wieder, die im Dünndarm resorbiert werden. Die Gehalte an Omega Fettsäuren in der Milch und im Fleisch können daher durch die Fütterung manipuliert werden (Abbildung 4). Ungesättigte Fettsäuren unterliegen einer starken Biohydrierung im Pansen, daher passieren nur etwa 5 % der aufgenommenen Omega Fettsäuren den Pansen, können im Dünndarm resorbiert werden und stehen damit für die Fettbiosynthese zur Verfügung. 7 350 Fett pro kg Futter (g) 800 50 600 40 30 400 20 200 10 Le in sa at G et re id e M ai s G H eu /S ila ge 0 ra s 0 mögliche tägliche Fettaufnahme aus dem Futter (g) 1000 g e s ä ttig te F e tts ä u re n u n g e s ä ttig te F e tts ä u re n m e h rfa c h u n g e s ä ttig te F e tts ä u re n Abbildung 5: Fettgehalte und Fettzusammensetzung verschiedener Futtermittel (jeweils linker, schmaler Balken). Die mögliche tägliche Fettaufnahme bei praxisüblicher Futteraufnahme werden durch den jeweils rechten, breiter Balken veranschaulicht. Zugrundegelegte Futteraufnahme in kg Trockenmasse pro Tag: Frischgras 18 kg, Heu/Silage 16 kg, Mais 14 kg, Getreide 5 kg, Leinsaat (vollfett) 2 kg. Ändert sich die Anflutung von langkettigen Fettsäuren am Dünndarm, ändert sich damit auch die Fettsäurecharakteristik im Milchfett bzw. im Fleisch. Die Fettgehalte und die Fettzusammensetzung unterscheiden sich erheblich zwischen verschiedenen Futtermitteln, frisches junges Weidegras z. B. enthält erhebliche Mengen α-Linolensäure (Abbildung 5). Die Gehalte in konserviertem Gras sind niedriger als im Frischgras. Dies hängt zum einen mit den Konservierungsvorgang zusammen, zum anderen aber auch mit dem physiologischen Alter der Grünlandpflanzen. Mais und Getreide enthalten nur sehr geringe Anteile mehrfach ungesättigter, langkettiger Fettsäuren. 8 3,0 60 2,5 2,0 40 1,5 1,0 20 0,5 0 Schweiz Alp Schweiz mittlere Höhe Alp Öko Weide Schweiz Talgebiet D him an et al. 1999 Hochleistung TMR 3/3 Weide 2/3 Weide 1/3 Weide 0,0 Omega 3 / CLA Fettsäuren (%) Gesättigte Fettsäuren (%) gesättigte F ettsäuren O m ega 3 C LA K raft et al. 2003 C ollom b et al. 2001 Abbildung 6: Gehalt an gesättigten Fettsäuren (roter Balken) und Omega-3 bzw. CLA Gehalte im Milchfett bei unterschiedlichen Rationen. Fütterung von konserviertem Futter und hohe Anteile von Kraftfutter (TMR Fütterung) führen zu hohen Gehalten von gesättigten Fettsäuren und geringen Omega-3 und CLA Gehalten. Weidehaltung (Frischgrasfütterung) reduziert den Gehalt an gesättigten Fettsäuren und liefert deutlich höhere Omega-3 und CLA Gehalte. In Milch von Almen ist der Gehalt von Omega-3 Fettsäuren und CLA nochmals deutlich höher. Der Gehalt an Omega-3 Fettsäuren im Milchfett ist daher bei ausschließlicher Frischgrasfütterung (Vollweidehaltung) etwa doppelt so hoch wie bei einer intensiven Stallfütterung (Abbildung 6). Interessanterweise weist Alpmilch einen nochmals deutlich höheren Gehalt an Omega-3 Fettsäuren auf. Dies lässt sich durch den hohen Kräuteranteil auf Alpweiden erklären, der dazu führt, dass die Aufnahme von langkettigen, ungesättigten 9 Fettsäuren im Futter gegenüber grasreichen Grünlandbeständen in Tallagen erhöht ist (Collomb et al. 2001). Eine weitere Möglichkeit, das Fettsäurespektrum von Milch und Rindfleisch zu verschieben ist die Zufütterung von Fetten. Damit können vergleichbare Gehalte von Omega-3 Fettsäuren wie bei reiner Weidehaltung erzielt werden. Untersuchungen zeigen jedoch, dass der Gehalt an mehrfach ungesättigten Fettsäuren die entscheidende Rolle spielt (Dhiman et al. 1999). Das einzige Pflanzenfett, welches hier zur Verfügung steht ist, Leinöl bzw. Leinsaat. Alternativ wäre nur die Verfütterung von Fischöl denkbar. Die gezielte Verschiebung der Fettsäurezusammensetzung mittels Fettfütterung stellt jedoch wesentlich höhere Anforderungen an das Management als eine reine Vollweidefütterung. 5 • Zusammenfassung Von entscheidender Bedeutung für einen hohen Gehalt an Omega-3 Fettsäuren in der Milch bzw. im Fleisch ist die Zufuhr von mehrfach ungesättigten Fettsäuren über das Futter . • Frischgrasfütterung liefert mehr als doppelt so hohe Gehalte an Omega-3 Fettsäuren in der Milch und im Fleisch gegenüber Rationen auf Maissilagebasis mit viel Kraftfutter. • ½ l Vollmilch auf Vollweidebasis liefert rund 300 mg Omega-3 Fettsäuren, dies entspricht knapp 25 % der empfohlenen Tagesmenge. • Das Fettsäuremuster wird durch die Milchverarbeitung nicht beeinflusst. Freising Januar 2005 Dr. Daniel Weiß 10 6 Literatur Astorg P. Arnault N. Czernichow S. Noisette N. Galan P. 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