Skript zur Vorlesung - Lehrstuhl für Steuerrecht
Transcrição
Skript zur Vorlesung - Lehrstuhl für Steuerrecht
Allgemeines Steuerrecht Wintersemester 2013/2014 Prof. Dr. Roman Seer Lehrstuhl für Steuerrecht Ruhr-Universität Bochum Rechtfertigung von Steuern • Assekuranztheorie (Thomas Hobbes, 1651): Die Steuer ist eine „Prämie“ für den Schutz von Freiheit und Eigentum durch den Staat • Opfertheorie (Jean Jaques Rousseau, 1755): Das Lebensnotwendige muss steuerfrei bleiben. Dagegen kann der Luxus hoch und das Überflüssige sogar ganz wegbesteuert werden. • Theorie des Steuerstaats (Lorenz von Stein, 1885): Der Einzelne gibt mit der Steuer nur einen Teil des wirtschaftlichen Ergebnisses zurück, das er mit Unterstützung der im Staat verfassten Gemeinschaft erzielt hat. 2 Bundesrepublik Deutschland als Steuerstaat • Staat deckt seinen Finanzbedarf im Wesentlichen aus Steuern (Prämisse der Finanzverfassung des Grundgesetzes). • Staat beteiligt sich in Gestalt der Steuer am Ertrag der produzierenden Wirtschaft (Steuerstaat als „Parasit“ der Privatwirtschaft). • Steuerstaat entspricht der Trennung zwischen Staat und Gesellschaft (Staat und Wirtschaft). • Steuer ist eine Art „Prämie“ des Besteuerten an den Staat, um in dem vom Staat gewährleisteten Rahmen frei wirtschaften zu können (Steuerstaat als Garant der Wirtschafts- und Berufsfreiheit). 3 Bundesrepublik Deutschland als Steuerstaat • Sozialstaat bedingt Steuerstaat. • Alternativen zum Steuerstaat: • Eigenwirtschaft des Staates (insb. Planwirtschaft) • gebührenfinanzierter Dienstleistungsstaat 4 Steuermaximen (Adam Smith) (T/L, § 7 Rz. 1-18) • Gleichheit der Besteuerung Die Bürger sollen Steuern nach ihren Fähigkeiten zahlen, d.h. ihr Beitrag soll sich nach dem Einkommen richten, das sie unter dem Schutz des Staates erzielen. • Bestimmtheit der Besteuerung Zahlungstermin, Zahlungsart und Zahlungsbetrag sollen jedermann klar und deutlich sein. Steuermaximen (Adam Smith) (T/L, § 7 Rz. 1-18) • Bequemlichkeit der Besteuerung Die Steuer soll zu der Zeit und in der Weise erhoben werden, die dem Bürger am bequemsten ist. • Wohlfeilheit der Besteuerung Die Kosten der Steuererhebung sollen möglichst gering sein. Steuermaximen (Adam Smith) (T/L, § 7 Rz. 1-18) Grundanforderungen ökonomischer und rechtsstaatlicher Rationalität von Steuern materiell • Ergiebigkeit • Gerechtigkeit • Entscheidungsneutralität formell • Unmerklichkeit • Praktikabilität Teilhabe des Steuerstaates am privaten Wirtschaften (T/L, § 7 Rz. 19-43) Steuern (§ 3 I AO) Steuern auf das Einkommen und Vermögen Markteinkommen Vermögenstransfer Steuern auf die Verwendung von Einkommen und Vermögen Vermögen USt ESt KSt GewSt ErbSt SchenkSt GrSt VSt bes. Verkehrsteuern bes. Verbrauch- und Aufwandsteuern Teilhabe des Steuerstaates am privaten Wirtschaften (T/L, § 7 Rz. 19-43) Teilhabe des Staates am erwirtschafteten Vermögenszuwachs am Vermögensbestand USt GrSt ESt am Konsum bes. Verkehrsteuern KSt GewSt ErbSt SchenkSt VSt bes. Verbrauch- und Aufwandsteuern Steueraufkommen (in Milliarden €) Steuerart Lohnsteuer Kapitalertragsteuer & Zinsabschlag/ 2011: Abgeltungsteuer veranlagte ESt Soli.-Zuschlag Körperschaftsteuer USt Einfuhr-USt EnergieSt StromSt TabakSt Alkohol-/KaffeeSt LotterieSt VersSt 1990 92,6 5,5 2000 135,7 20,8 2006 122,6 19,5 2011 139,7 8,0 2012 149,1 8,2 18,7 17 43,3 35,8 18,7 9,4 4,5 1 2,3 12,2 11,8 23,6 107,1 33,7 37,8 3,4 11,5 4,6 1,8 7,2 17,6 11,3 22,9 111,3 35,4 38,9 6,3 14,4 4,3 1,8 8,8 32,0 12,8 15,6 139,0 51,0 40,0 7,2 14,4 3,5 1,4 10,8 37,3 13,6 16,9 142,4 52,2 39,3 6,9 14,1 4,3 1,4 11,1 10 Steueraufkommen Steuerart 1990 2000 2006 2011 2012 19,8 27 38,4 40,4 42,3 GrSt 4,5 8,8 10,4 11,7 12,0 GrESt 2,1 5,2 6,1 6,4 7,4 Kfz-Steuer 4,3 7 8,9 8,4 8,4 VSt 3,2 0,4 - - - ErbSt 1,5 3 3,8 4,2 4,3 Zölle/sonst. 5,7 4,7 5,7 4,6 4,5 289,9 467,3 488,4 573,4 600,0 GewSt Gesamt 11 Rechtsordnung Öffentliches Recht Privatrecht Wirtschaftlicher Sachverhalt • Einkommen • Umsatz • Vermögen Verwaltungsrecht Eingriffsverwaltung Leistungsverwaltung Steuerrecht Transferrecht Einwirkung Einordnung des Allgemeinen Steuerrechts (T/L, § 1 Rz. 49-77) Grundgesetz Gesetz über die Finanzverwaltung (Behördenorganisation) Europäisches Gemeinschaftsrecht Allgemeines Steuerschuldrecht (Allgemeines Recht der Steuerschuldverhältnisse) Abgabenordnung Finanzgerichtsordnung (gerichtlicher Rechtsschutz) Einordnung des Besonderen Steuerrechts (T/L, § 1 Rz. 78-100) Grundgesetz Steuern auf das Einkommen und Vermögen: EStG, Kirchensteuergesetze, KStG, GewStG, sowie bewertungsgesetzabhängige Steuerarten: ErbStG, GrStG (VStG) Europäisches Gemeinschaftsrecht Steuern auf die Verwendung von Einkommen und Vermögen: UStG, Verkehr-/ Verbrauchsteuergesetze 14 Einordnung des Besonderen Steuerrechts (T/L, § 1 Rz. 78-100) Sondergebiete des Steuerrechts Steuersubventionsrecht Gemeinnützigkeitsund Spendenrecht: §§ 51-68 AO, Fördergesetze (Beachte: Ehrenamtsstärungsgesetz vom 28.3.13, BGBl. I 2013, 556) Bilanz- und UnternehmensSteuerrecht Internationales Steuerrecht: AStG, DBA (Besonderes Steuerschuldrecht der Unternehmen) UmwStG 15 Normenhierarchie (T/L, § 5 Rz.1-40) Gemeinschaftsrecht • primäres (EUV) • sekundäres (EU-VO, EU-Richtlinie) Verfassung = Grundgesetz Einfaches Parlamentsgesetz Allgemeine Steuergesetze (z.B. AO, BewG) Einzelsteuergesetze (z.B. EStG, UStG) Normenhierarchie Steuergesetze im formellen Sinn (= Parlamentsgesetze) RVo = Art. 80 GG, z.B. EStDV, UStDV, KStDV Autonome Satzungen z.B. GewSt/GrdSt-Hebesatz, HundeSt, VergnügungsSt Steuergesetze im materiellen Sinn (§ 4 AO) 17 Normenhierarchie Keine Gesetze i.S.d. § 4 AO sind Verwaltungsvorschriften (Steuerrichtlinien, Erlasse, Verfügungen, BMF-Schreiben) Rechtsprechung Grundsatz: Keine Bindung der Gerichte Verwaltungsvorschriften der Finanzverwaltung (T/L, § 5 Rz. 28 ff., 21 Rz. 35 ff.) Richtlinien = Verwaltungsvorschriften der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates (Art. 108 VII GG) Erlasse = Verwaltungsvorschriften des Bundesministers der Finanzen oder der Finanzminister der Länder gegenüber ihren jeweils nachgeordneten Behörden Schreiben = Verwaltungsvorschriften des Bundesministers der Finanzen im Bereich der Auftragsverwaltung seitens der Länder (Art. 108 III GG) Verfügung = Verwaltungsvorschriften der Oberfinanzdirektion an die nachgeordneten Behörden (Finanzämter, Hauptzollämter) des jeweiligen OFD-Bezirks 19 Vereinheitlichung des Gesetzesvollzuges durch Verwaltungsvorschriften • ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften • norminterpretierende Verwaltungsvorschriften • normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften 20 Öffentliche Abgaben (allgemein) • Geldleistung • von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen auferlegt • zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben Öffentlichen Abgaben (T/L, § 2 Rz. 9-31) Steuern • ohne konkrete Gegenleistung (voraussetzungslos) Vorzugslasten (Gebühren u. Beiträge) • Entgelte für eine Leistung der Verwaltung (Verwaltungspreis) • Äquivalenzprinzip Öffentlichen Abgaben (Abgrenzung II) Sozialversicherungsbeiträge • konkrete Gegenleistung • aber: Solidarprinzip = einkommensabhängige Bemessung (Parafisci) Sonderabgaben • Keine konkrete Gegenleistung • aber: gruppennützige Verwendung ► Voraussetzungen: ► Homogenität der Gruppe ►Gruppenverantwortung für die zu finanzierende Aufgabe ►jährliche Überprüfung (Problem der Budgetflucht) Steuerbegriff (§ 3 I AO) • Geldleistung • von öffentlich-rechtlichem Gemeinwesen auferlegt • zur Erzielung von Einnahmen (Fiskalzweck muss mindestens Sekundärzweck sein, § 3 I 2 AO) • zur Deckung des allgemeinen staatlichen Finanzbedarfs (= allgemeiner Haushalt) allen auferlegt, bei denen der Tatbestand erfüllt ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft (= Art. 3 I, 20 III GG, §§ 38, 85 AO) Gesetzmäßigkeit der Besteuerung (Art. 20 III GG), s. T/L § 3 Rz. 230 ff. Vorrang des Gesetzes Abweichungs- Anwendungsverbot gebot Vorbehalt des Gesetzes Eingriff in den Schutzbereich von Grundrechten bei normativen Fundamentalentscheidungen • Wesentlichkeitstheorie • Demokratieprinzip Gesetzmäßigkeit der Besteuerung, (Art. 20 III GG), s. T/L, § 3 Rz. 230 ff. Einfachgesetzliche Verortung: § 3 AO: Steuerbegriff § 38 AO: Entstehung des Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis § 85 AO: Gesetzmäßige Festsetzung und Erhebung der Steuer 26 Gleichmäßigkeit der Besteuerung (Art. 3 GG), s. T/L § 3 Rz. 110 ff. Rechtsanwendung Rechtssetzung („Gleichheit vor dem Gesetz“, Art. 3 I GG) (Art. 1 III, 3 I GG) verpflichtet • Exekutive • Judikative Legislative Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung Größere Rechtfertigungsdichte, wenn sich die Ungleichbehandlung nachteilig auf grundrechtlich geschützte Freiheiten auswirkt: um so stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlicher Freiheiten (z.B. Art. 6 I GG) auswirkt, desto strengere Prüfung (Bsp.: BVerfG v. 6.3.2002, BVerfGE 105, 73 ff.; BVerfG v. 21.6.2006, BVerfGE 116, 164 ff.; BVerfG v. 21.7.2010, BVerfGE 126, 400 ff.) Aktuelle Rechtsprechung des BVerfG zur Anwendung des Ehegattensplittings auch für eingetragene Lebenspartner: Beschluss vom 07.05.2013, Az.: 2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06 und 2 BvR 288/07 28 Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung Sog. neue Formel = Verhältnismäßigkeitsprüfung: Am Zweck der Maßnahme ist das Ausmaß der unterschiedlichen Behandlung der Vergleichsgruppen zu messen Personenbezogene Ungleichbehandlung erfordert größere Rechtfertigungsdichte als sachverhaltensbezogene Ungleichbehandlung: großzügigere Prüfung, wenn sich der Betroffene auf die Regelung einstellen und nachteiligen Auswirkungen durch eigenes Verhalten begegnen kann (s. BVerfG v. 6.3.2002, BVerfGE 105, 73, 110 ff. – Rentenbesteuerung; BVerfG v. 21.7.2010, BVerfGE 126, 400 ff. – eingetr. Lebenspartner, ErbSt-Tarif) 29 Gebot der Systemkonsequenz u. Folgerichtigkeit – Art. 3 I GG BVerfG: Freiheit des Gesetzgebers bei der Auswahl der Steuerquelle Nach Regelung des Ausgangstatbestandes: Folgerichtige Umsetzung der getroffenen Belastungsentscheidung i.S.d. Belastungsgleichheit Konsequente Fortführung des Belastungsgrundes in der Bemessungsgrundlage des Einzelsteuergesetzes Gebot der realitätsgerechten, folgerichtigen Umsetzung des Belastungsgrundes in der Bemessungsgrundlage des Einzelsteuergesetzes : BVerfGE 93, 121 (EW, VSt); 93, 165; 117, 1 (ErbSt); 99, 88 (Verlustverrechnung); 105, 73 (Spekulationsgewinne); 122, 210 (Pendlerpauschale); 126, 268 (Arbeitszimmer) Gleichmäßigkeit der Besteuerung (Art. 3 GG), s. T/L § 3 Rz. 110 ff. Gleichheit der normativen Steuerpflicht Gleichheit bei deren Durchsetzung BVerfGE 84, 239; 110, 94: Strukturelles Vollzugsdefizit wirkt auf die Norm zurück Legislative • Deklarationsprinzip bedingt Verifikationsprinzip • Ausgestaltung im Sinne der Folgerichtigkeit Industrieansiedlungsvereinbarung (Fall 1): Ein Automobilunternehmen will in den neuen Bundesländern eine Fabrikationsstätte errichten. Es trifft dazu mit der in einem struktur-schwachen Gebiet belegenen Gemeinde B eine sog. Industrieansiedlungsvereinbarung. Darin verspricht die Gemeinde B dem Unternehmen, geeignete Grundstücke zu erschließen, die bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen zu schaffen und für die ersten fünf Jahre auf die Festsetzung von Grund- und Gewerbesteuer zu verzichten. Als Gegenleistung sagt das Unternehmen zu, eine Produktionsstätte mit 500 Arbeitsplätzen aufzubauen. Literaturhinweis BVerwGE 8, 329; 48, 166; BFH BStBl. II 1970, 696 32 Kinderlasten (Fall 2): Die X-Partei möchte den Abzug eines Kinderfreibetrages vom Einkommen bei der Einkommensteuer abschaffen. Zur Begründung führt sie an, dass aufgrund des progressiven Tarifs gutverdienende Eltern privilegiert würden. Ist die Argumentation verfassungsrechtlich haltbar? Literatur BVerfGE 61, 319 ff.; 66, 214 ff.; 82, 60 ff.; 99, 216 ff., 112, 268 ff. J. Lang, StuW 1990, 331; Seer/Wendt, NJW 2000, 1904. 33 Vorsorgeaufwendungen (Fall 3): Der sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer N zahlt die Höchstbeträge an Beiträgen in die gesetzliche Sozialversicherung, weil er die sozialversicherungsrechtliche Beitragsbemessungsgrenze überschreitet. Nach §10 Abs.1 Nr. 2, 3 EStG sind aber nur ein Teilbetrag seines Arbeitnehmer-Anteils als Sonderausgaben bei der Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer abzugsfähig. Ist dies verfassungsrechtlich haltbar? Literatur BVerfG v. 13.2.2008 – 2 BvL 1/06, BVerfGE 120, 125; Grün, DStR 2009, 1457; Risthaus, DStZ 2009, 669. BVerfG v. 6.3.2002 – 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73; BFH v. 1.2.2006 – X B 166/05, BStBl. II 2006, 420; Wesselbaum-Neugebauer, FR 2007, 683. 34 Spendenabzug (Fall 4): A und B spenden an das Deutsche Rote Kreuz jeweils 1.000 € zur Unterstützung der Elbeflutopfer. Beide machen die Spende als Sonderausgaben nach § 10b EStG geltend. A (zu versteuerndes Einkommen = 20.000 €) erhält dadurch eine Steuerersparnis von ca. 300 €, B (zu versteuerndes Einkommen = 200.000 €) eine Steuerersparnis von ca. 500 €. A fragt, warum seine Spende dem Staat 200 € „weniger wert sein darf?“ Literatur R.Seer, DStJG Bd. 26 (2003), 11, 40 ff.; S.Geserich, DStJG Bd. 26 (2003), 245 ff. 35 Fahrten zwischen Wohnung u. Arbeitsstätte (Fall 5): A ist Arbeitnehmer. Er fährt von seinem 30 km entfernten Wohnort arbeitstäglich mit der Deutschen Bahn AG zu den Betrieb des Arbeitgebers. Nach § 9 Abs. 2 EStG 2007 waren erst ab dem 21. Entfernungskilometer seine Aufwendungen mit einer Pauschale von 0,30 € „wie Werbungskosten“ abzugsfähig. Verstieß diese Regelung gegen Art. 3 I GG? Literatur BVerfGE 122, 210; Drenseck/Bergkemper, DB-Beilage 3/2009; Tipke, JZ 2009, 533; Drüen, JZ 2010, 91; Morgenthaler/Frizen, JZ 2010, 287 36 Schutz der Freiheitsgrundrechte (T/L, § 3 Rz. 180 ff.) Allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 I GG) vermögensrechtliche Ausprägungen Eigentümerfreiheit (Art. 14 I GG) Berufsfreiheit (Art. 12 I GG) 37 Schutz Ehe und Familie (T/L, § 3 Rz. 162-170) Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 I GG) Abwehrrecht Leistungsrecht Diskriminierungsverbot Fördergebot Institutsgarantie BVerfG (2 BvR 909/06): Art. 6 I GG gebietet nicht die zwingende (steuerliche) Besserstellung der Ehe im Vergleich zu anderen Lebensführungsmodellen. 38 Übermaßverbot (I) Übermaßverbot = Schranken-Schranke für Eingriffe in Freiheitsgrundrechte/ Rechtsstaatsprinzip (T/L, § 3 Rz. 180-193, § 21 Rz. 8, 193 f.) Merkmale: 1. Geeignetheit = Verbot solcher Maßnahmen, die im Hinblick auf das verfolgte Ziel überhaupt keine Wirkungen entfalten oder dessen Erreichen sogar erschweren entscheidend: Ex-ante-Sicht des Gesetzgebers/der Verwaltung 39 Übermaßverbot (II) 2. Erforderlichkeit (Grundsatz des mildesten Mittels) = Das verfolgte Ziel kann nicht auch durch ein anderes, gleich wirksames Mittel erreicht werden, welches das betroffene Grundrecht nicht oder weniger schwer einschränkt 3. Proportionalität (Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn) - althergebrachtes Bild: "nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen"; - heute: Abwägungsprinzip zwischen Individualinteresse und öffentlichem Interesse Beachte: Gesetzgeber/Verwaltung genießt Einschätzungsprärogative, deshalb reduziert sich die Ex-post-Kontrolle auf eine Evidenzkontrolle 40 Schutz des Existenzmininums – BVerfGE 87, 153, 169 ff. – absoluter Mindestschutz Prinzip freiheitsschonender Besteuerung 1. Dem der Einkommensteuer unterworfenen Steuerpflichtigen muss nach Erfüllung seiner Einkommensteuerschuld von seinem Erworbenen soviel verbleiben, als er zur Bestreitung seines notwendigen Lebensunterhalts und unter Berücksichtigung von Art. 6 I GG - desjenigen seiner Familie bedarf (Existenzminimum). 2. Der Steuergesetzgeber muss dem Einkommensbezieher von seinen Erwerbsbezügen zumindest das belassen, was er dem Bedürftigen zur Befriedigung seines existenznotwendigen Bedarfs aus öffentlichen Mitteln zur Verfügung stellt (Gebot der Abstimmung mit der Sozialhilfe). 41 Sog. Halbteilungsgrundsatz in BVerfGE 93, 121, 135 ff., 93, 165, 172 ff. – EW-Beschlüsse (I) 1. Die Gesamtbelastung durch eine Besteuerung des Vermögenserwerbs, des Vermögensbestandes und der Vermögensverwendung ist vom Gesetzgeber so aufeinander abzustimmen, dass dem Steuerpflichtigen die Privatnützigkeit des Erworbenen und die Verfügungsbefugnis über geschaffene vermögenswerte Rechtspositionen jedenfalls im Kern erhalten bleiben. 2. Eine Vermögensteuer darf nur so bemessen werden, dass sie den Vermögensstamm (Substanz) unberührt lässt und aus den üblicherweise zu erwartenden, möglichen Erträgen (den sog. Sollerträgen) bezahlt werden kann. 42 Sog. Halbteilungsgrundsatz in BVerfGE 93, 121, 135 ff., 93, 165, 172 ff. – EW-Beschlüsse (II) 3. Ungeachtet des Bestandsschutzes nimmt auch der Vermögensertrag am Schutz der vermögenswerten Rechtspositionen als Grundlage individueller Freiheit teil. Die steuerliche Gesamtbelastung des Sollertrages muss bei typisierender Betrachtung von Einnahmen, abziehbaren Aufwendungen und sonstigen Entlastungen in der Nähe einer hälftigen Teilung zwischen privater und öffentlicher Hand verbleiben (sog. Halbteilungsgrundsatz). Einen besonderen Schutz genießt das sog. persönliche und familiäre Gebrauchsvermögen, das der persönlichen Lebensführung des Steuerpflichtigen und seiner Familie dient. Die wirtschaftliche Grundlage persönlicher Lebensführung hat der Gesetzgeber gegen eine Vermögensbesteuerung abzuschirmen (Gebrauchsvermögen als „Vermögensexistenzminimum“). 43 4. BVerfG v. 18.1.2006 – 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, 97 ff. (I) 1. Den Ausführungen im Beschluss vom 22. 6. 1995 lässt sich keine Belastungsobergrenze entnehmen, die unabhängig von der dort allein streitgegenständlichen Steuerart - der Vermögensteuer - Geltung beanspruchen könnte und auf andere Steuerarten - wie die Einkommen- und Gewerbesteuer - übertragbar wäre. 2. Der Eigentumsgarantie kommt im Gesamtgefüge der Grundrechte die Aufgabe zu, dem Träger des Grundrechts einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich zu sichern und ihm damit eine eigenverantwortliche Gestaltung des Lebens zu ermöglichen. Der Schutz betrifft grundsätzlich alle vermögenswerten Rechte, die dem Berechtigten von der Rechtsordnung in der Weise zugeordnet sind, dass dieser die damit verbundenen Befugnisse nach eigenverantwortlicher Entscheidung zu seinem privaten Nutzen ausüben darf (vgl. BVerfGE 112, 93, 107, m. w. N.). Damit schützt die Eigentumsgarantie nicht nur dingliche oder sonstige gegenüber jedermann wirkende Rechtspositionen, sondern auch schuldrechtliche Ansprüche (vgl. BVerfGE 83, 201, 208, m. w. N.). Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistet das Recht, die geschützten vermögenswerten Rechte innezuhaben, zu nutzen, zu verwalten 44 und über sie zu verfügen. BVerfG v. 18.1.2006 – 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, 97 ff. (II) 3. Die steuerlichen Schrankenbestimmungen des Eigentums unterliegen wie andere Schrankenziehungen den allgemeinen Eingriffsbegrenzungen. Besondere Bedeutung kommt dabei dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu mit seinen Anforderungen an ein hinreichendes Maß an Rationalität (Eignung und Erforderlichkeit der Beeinträchtigung) und an Abgewogenheit beim Ausgleich zwischen den beteiligten individuellen Belangen und denen der Allgemeinheit. Bei der Eigentumsgarantie ist diese Abwägung neben dem Gewährleistungsgehalt des Art. 14 Abs. 1 GG wesentlich auch durch die Leitlinien des Art. 14 Abs. 2 GG geprägt. Danach ist zwar die grundsätzliche Privatnützigkeit der vermögenswerten Rechte (individuelle Belange) geschützt. Ebenso aber gilt: Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohl der Allgemeinheit dienen. Für Steuereingriffe in vermögenswerte Rechtspositionen folgt daraus, dass der Nutzen einer vermögenswerten Rechtsposition einerseits für die steuerliche Gemeinlast zugänglich ist. Andererseits muss dem Berechtigten ein privater Nutzen bleiben (vgl. BVerfG v. 22.6.1995, BVerfGE 93, 121, 138, DStR 1995, 1345). 45 Recht auf informationelle Selbstbestimmung Allgemeines Persönlichkeitsrecht (Art. 1 i.V.m. Art. 2 I GG) Schutz der informationellen Selbstbestimmung (BVerfGE 65, 1 ff.; 113, 29, 45 f.; 115, 166, 188; 118, 168, 184 f.) Schutz des Steuergeheimnisses (§ 30 AO) dazu BVerfGE 67, 100 (142 ff.), T/L, § 21 Rz. 28 f. 46 Durchbrechungen des Steuergeheimnisses Schutzbereich (§ 30 II AO) = Verhältnisse eines anderen, fremde Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse Eingriff: Offenbaren oder Verwerten durch Amtsträger (§ 7 AO) Offenbarungsbefugnis = Rechtfertigungskatalog des § 30 IV AO: Nr. 1: Offenbarung dient Durchführung eines steuerlichen Verfahrens Nr. 2: Offenbarung durch Spezialgesetz zugelassen Nr. 3: Offenbarung mit Zustimmung des Betroffenen Nr. 4: Offenbarung zur Durchführung eines Strafverfahrens Nr. 5: Offenbarung wegen zwingenden öffentlichen Interesses 47 Betriebsprüfungsfall: Ein Unternehmer hat seine Ehefrau im Unternehmen angestellt und setzt deren Gehalt als Betriebsausgabe ab. Darf der Betriebsprüfer bei der Außenprüfung den Pförtner fragen, ob die Ehefrau tatsächlich in dem Unternehmen gearbeitet hat? 48 Vertrauensschutz – Allgemeine Merkmale (I) Vertrauensschutz = freiheitlicher Dispositionsschutz Rechtsstaatsprinzip (Schranken-Schranke) (T/L, § 3 Rz. 260-282, § 21 Rz. 12-27) Voraussetzungen: 1. Vertrauenstatbestand = gesetzgeberischer Akt/Vorverhalten der Verwaltung 2. Vertrauensbildung seitens des Stpfl. 49 Vertrauensschutz – Allgemeine Merkmale (II) 3. Vertrauensbetätigung (Disposition) seitens des Stpfl. 4. Kausalitätserfordernis = aufgrund des Vertrauenstatbestandes muss der Stpfl. vertraut und konkrete Dispositionen getroffen haben 50 Echte Rückwirkung (1. Senat)/Rückbewirkung von Rechtsfolgen (2. Senat BVerfG) Gesetzesbeschluss Vergangenheit abgeschlossenen Sachverhalt Gegenwart Gesetzliche Neuregelung greift ein in 51 Unechte Rückwirkung (1. Senat)/ tatbestandliche Rückanknüpfung (2. Senat) Gesetzesbeschluss Gegenwart Zukunft gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte Gesetzliche Neuregelung wirkt auf Rechtsbeziehungen in der Zukunft 52 Unechte Rückwirkung (1. Senat)/ tatbestandliche Rückanknüpfung (2. Senat) Gesetzesbeschluss Vergangenheit tatbestandsausfüllende Tatsachen macht Eintritt ihrer Rechtsfolgen von Gegebenheiten aus der Zeit vor ihrer Verkündung abhängig Gegenwart Rechtsfolge Gesetzliche Neuregelung 53 Steuerrechtsspezifische Abgrenzung anhand der sog. Veranlagungszeitraumrechtsprechung in BVerfGE 127, 1 ff.; 31 ff.; 61 ff.; BStBl. II 2012, 932 (I.) 1. Eine "echte" Rückwirkung, also eine Rückbewirkung von belastenden Rechtsfolgen auf Tatbestände, die bereits vor dem Zeitpunkt der Normverkündung abgeschlossen sind, ist grundsätzlich verfassungsrechtlich unzulässig. 2. Nicht grundsätzlich unzulässig ist hingegen eine "unechte" Rückwirkung, in deren Rahmen die Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, jedoch tatbestandlich von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden ("tatbestandliche Rückanknüpfung" ) 3. Soweit nicht besondere Momente der Schutzwürdigkeit (Dispositionsinteresse) hinzutreten, genießt die bloß allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz. 54 Steuerrechtsspezifische Abgrenzung anhand der sog. Veranlagungszeitraumrechtsprechung in BVerfGE 127, 1 ff.; 31 ff.; 61 ff.; BStBl. II 2012, 932 (II.) 4. Um mit den Grundsätzen des Vertrauensschutzes (Dispositionsinteresse) vereinbar zu sein, muss die unechte Rückwirkung zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich sein; zudem müssen bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleiben. 5. Im Sachbereich des Steuerrechts liegt eine echte Rückwirkung nur vor, wenn der Gesetzgeber eine bereits entstandene Steuerschuld nachträglich abändert. Für den Bereich des Einkommensteuerrechts bedeutet dies, dass die Änderung von Normen mit Wirkung für den laufenden Veranlagungszeitraum der Kategorie der unechten Rückwirkung zuzuordnen ist (vgl § 38 AO iVm § 36 Abs 1 EStG). An dieser sog. Veranlagungszeitraum-Rspr wird auch angesichts der im Schrifttum geäußerten Kritik, die nicht auf die Entstehung der Steuerschuld, sondern auf die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen der steuerlichen 55 Einzelnorm abstellen möchte, festgehalten. Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 I AO), T/L, § 6 1. Steueranspruch = Hauptanspruch, der das Steuerschuldverhältnis begründet 2. Haftungsanspruch (§§ 69 ff. AO) = Steuersicherungsanspruch 3. Steuervergütungsanspruch = zur Beseitigung einer bestimmten Belastung: bei Überwälzung (Bsp.: USt), bei Mehrfachbesteuerung (z.B. KSt). 4. Erstattungsanspruch (§ 37 II AO) = Anspruch auf Rückgewähr wegen rechtsgrundloser Leistung 5. Anspruch auf steuerliche Nebenleistungen (§ 3 IV AO) 56 Steuervergütungsanspruch (T/L, § 6 Rz. 85 ff.) Steueranspruch Finanzamt Steuervergütungsanspruch Steuerschuldner Überwälzung mit Steuervergütung Überwälzung ohne Steuervergütung Steuervergütungsgläubiger Steuerträger 57 Steuervergütungsanspruch (Bsp.: Vorsteuer nach § 15 UStG) FA FA 38 -19 19 19 F FA 100 + 19 G 57 -38 19 200 + 38 E 300 V + 57 58 Haftungsansprüche (T/L, § 6 Rz. 62 ff.) 1. Haftungstatbestand z.B. §§ 34, 69 AO für „Pflichtverletzungen“ oder §§ 73 ff. AO wegen des Auseinanderfallens von Haftungsubstanz und Steuerschuld aber auch zivilrechtliche Haftungstatbestände (z.B. § 128 HGB). 2. Haftungsumfang z.B. §§ 34, 69 AO persönlich unbeschränkt, aber Schadensersatz z.B. §§ 74, 75 AO gegenständliche Haftung z.B. § 42d EStG unbeschränkt persönlich auf den vollen Entrichtungsbetrag 3. Akzessorietät der Haftung 4. Drittwirkung im Verhältnis zum Hauptschuldner (§ 166 AO) (s. hierzu vertiefend: Krumm, StuW 2012, 329) Durchsetzung der Haftung durch Haftungsbescheid § 191 AO 59 Steuerliche Nebenleistungen (§ 3 IV AO, s. T/L, § 6 Rz. 4) 1. Verspätungszuschlag (§ 152 AO, dazu T/L, § 21 Rz. 188 ff.) = kann bei Nichtabgabe oder verspäteter Abgabe der Steuererklärung festgesetzt werden 2. Verzögerungsgeld (§146 IIb AO), Zuschlag n. § 162 IV AO = „Strafzuschläge“ bei unerlaubter Verlagerung elektronischer Buchführung ins Ausland bzw. Nichtvorlage oder Unverwertbarkeit vorgelegter Verrechungspreisdokumentationen i.S.d. § 90 III AO (zur Frage der Vereinbarkeit mit Unionsrecht siehe BFH v. 10.4.2013, I R 45/11) 3. Zinsen, §§ 233 bis 237 AO (dazu T/L, § 21 Rz. 347 ff.) = Verzinsung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis bei gesetzlicher Anordnung (ESt, KSt, VSt, USt, GewSt); keine Verzinsung der steuerlichen Nebenleistungen – z.B. Aussetzungs- oder Hinterziehungszinsen (0,5 % pro Monat) 60 Steuerliche Nebenleistungen (§ 3 IV AO) 4. Säumniszuschlag, § 240 AO (dazu T/L, § 21 Rz. 363 ff.) = Druckmittel ohne Strafcharakter zur Durchsetzung fälliger Steuern, um den Steuerpflichtigen zur pünktlichen Zahlung anzuhalten (entstehen ohne Festsetzung und betragen 1 % pro Monat) 5. Zwangsgeld, § 329 AO (dazu T/L, § 21 Rz. 377) = kann bei Nichtbefolgung einer Anordnung der Finanzbehörde festgesetzt werden 6. Kosten, §§ 89 III-VII, 178, 178a und 337 bis 345 AO = Gebühren für kostenpflichtige Amtshandlungen; Vollstreckungskosten 61 Beteiligte im Steuerschuldverhältnis (s. T/L, § 6 Rz. 5-10) Haftungsanspruch Haftungsschuldner Akzessorietät Steueranspruch Finanzbehörde Steuerschuldner Erstattungsanspruch Überwälzung Steuervergütungsanspruch Steuervergütungsgläubiger Steuerträger 62 Entstehung der Steuer (§ 38 AO), T/L, § 6 Rz. 11; 20 ff. • ESt: § 36 I EStG § 37 I 2 EStG (Vorauszahlung) § 38 II 2 EStG (LoSt) § 44 I 2 EStG (KapESt) • KSt: § 30 KStG • ErbSt: § 9 I ErbStG • GewSt: § 18 GewStG § 21 GewStG (Vorauszahlung) • USt: § 13 I UStG 63 Festsetzung der Steuer (T/L, § 21 Rz. 114-120) § 155 I 1 AO: "Die Steuern werden, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, von den Finanzbehörden durch Steuerbescheid festgesetzt." 64 Fälligkeit der Steuer (§ 220 AO, T/L, § 21 Rz. 311-318) Zwei Grundtypen der Fälligkeit Fälligkeit als Folge der Festsetzung (z.B. §§ 36 IV, 37 I 1 EStG, 31 KStG, 20 II GewStG) Sog. Selbstberechnungssteuern: Fälligkeit mit Abgabe der Steuererklärung ohne Mitwirkung des Finanzamts (z.B. §§ 18 I UStG, 41a I EStG [LoSt], 44 I [KapESt]). 65 Verhältnis Steueranspruchs - Zinsanspruch T/L, § 21 Rz. 347-365 Entstehung Festsetzung Fälligkeit Erfüllung Karenzzeit sog. Vollverzinsung (§ 233a AO) 0,5% p.m. Säumniszuschlag (§ 240 AO) 1% p.m. oder oder Literaturhinweis zur Vollverzinsung: Seer/Klemke: „Neuordnung der Verzinsung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis“, ifst-Schrift 490, 2013. (§ 235 III, IV AO) Hinterziehungszins 0,5% p.m. (§ 234 AO) Stundungszins 0,5% p.m. oder (§ 237 AO) Aussetzungszins 0,5% p.m. 66 Beteiligte im Steuerabzugsverfahren (Lohnsteuer-Dreiecksverhältnis) Finanzbehörde Lohnsteuerabzugsverhältnis Haftungsanspruch Lohn- bzw. Einkommensteuer Steuerschuldner = Arbeitnehmer Zivilrechtliches Arbeitsverhältnis Steuerentrichtungspflichtiger = Arbeitgeber 67 Fall 1: Ein Student arbeitet in den Sommersemester-Ferien als Star-DJ auf großen "Techno-Parties". Der Hauptsponsor, ein Zigarettenproduzent, zahlt ihm hierfür 15.000 €. Der DJ meldet dem Finanzamt nichts. Ist eine Steuerschuld trotzdem entstanden? 68 Fall 2: Nachtschwester D ist in einer Privatklinik beschäftigt. Die Nachtzuschläge werden in ihrer Gehaltsabrechnung als steuerfreie Zuschläge behandelt, obwohl § 3b EStG nur eine partielle Steuerbefreiung vorsieht. Folge: Es wird zu wenig Lohnsteuer abgeführt. Wen kann das Finanzamt für die noch ausstehende LSt-Schuld in Anspruch nehmen? 69 Fall 3: Fußballspieler K spielt bei FC Kicker e.V. in der Oberliga. Gegenüber dem FC hat K sich vertraglich verpflichtet, an allen Trainingseinheiten und Pflichtspielen teilzunehmen. Als Gegenleistung erhält K ein Jahresgehalt von 40.000 € zzgl. Erfolgsprämien. Die Brauerei B zahlt an K zusätzlich monatlich 2.000 €, damit er beim FC Kicker spielt. Der Vorstand des FC weiß davon nichts. Sind die Leistungen steuerpflichtig? Wer hat sie zu versteuern und gegen wen kann das Finanzamt vorgehen? Literaturhinweis BFH BStBl. II 1999, 323 (zu Trinkgeldern); BFH BStBl. II 2002, 169; BFH/NV 2000, 996. 70 Fall 4: Mietshausbesitzerin A ist mit Sänger S verheiratet. S hat Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 400.000 €, A hat Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 125.000 €. A und S haben Zusammenveranlagung gem. § 26 EStG gewählt. Den Eheleuten wird ein Steuerbescheid über 260.000 € zugestellt. S nimmt sein Geld und setzt sich in die Karibik ab. Muss A die gesamte Steuerschuld begleichen? 71 Erlöschen des Steueranspruchs (§ 47 AO, T/L, § 21 Rz. 319-345) durch Erfüllung Zahlung (§ 224 AO) Aufrechnung (§ 226 AO) trotz Nichterfüllung Erlass (§§ 163, 227) Verjährung (§§ 169 ff., 228 ff. AO) 72 Aufrechnung (§ 226 AO i.V. mit §§ 387 ff. BGB) Voraussetzungen: Gegenseitigkeit (Schuldner = Gläubiger), dazu § 226 IV AO Gleichartigkeit (Geldleistung) Erfüllbarkeit der Hauptforderung Fälligkeit der Gegenforderung Zusätzliche Voraussetzung gemäß § 226 III AO: Gegenforderung des Steuerpflichtigen muss unstreitig oder rechtskräftig festgestellt sein 73 Erlass aus Billigkeitsgründen (§§ 163, 227 AO, T/L, § 21 Rz. 294 f., 329-342) Grundgedanke = Gerechtigkeit im Einzelfall, keine allgemeine Gesetzeskorrektur • Billigkeit mildert das für den Durchschnittsfall gedachte starre Recht im atypischen Einzelfall • §§ 163, 227 AO gestatten nur einen gesetzesverstehenden Dispens, der im atypischen Einzelfall von einem ungewollten Überhang gesetzlich schematisierender Belastung befreit. 74 Erlass aus Billigkeitsgründen (§§ 163, 227 AO, T/L, § 21 Rz. 294 f., 329-342) Struktur der Vorschriften = sog. Koppelungsvorschrift: (GmSOGB, BStBl. II 1972, S.603, 605 ff.) unbestimmter Rechtsbegriff (Tatbestandsseite) + Ermessensermächtigung (Rechtsfolgenseite) = einheitliche Ermessensvorschrift 75 Erlass aus Billigkeitsgründen (§§ 163, 227 AO, T/L, § 21 Rz. 294 f., 329-342) Billigkeitsgründe 1. Sachliche Unbilligkeit Zweckverfehlung = Aussage des Gesetzes geht in einem atypischen Einzelfall über den Gesetzeszweck hinaus (außerhalb der teleologischen Reduktion) Grundrechtsverletzung (z.B. Übermaßbesteuerung in einem atypischen Einzelfall) Vertrauensschutz durch sog. Übergangs- bzw. Anpassungsregeln nach einer Gesetzes- oder Rechtsprechungsänderung 76 Erlass aus Billigkeitsgründen (§§ 163, 227 AO, T/L, § 21 Rz. 294 f., 329-342) 2. Persönliche Unbilligkeit Erlassbedürftigkeit = Ernsthafte Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Stpfl. und seiner Familie Erlasswürdigkeit = mangelnde Leistungsfähigkeit nicht schuldhaft selbst herbeigeführt und kein eindeutiger Verstoß gegen die Interessen der Allgemeinheit 77 Festsetzungsverjährung (§§ 169 ff. AO) (T/L, § 21 Rz. 296-300) Beginn: 31.12. Entstehungsjahr (§ 170 I AO) Anlaufhemmung: 31.12. Erklärungsjahr (§ 170 II 1 Nr. 1 AO) spätestens 31.12. Entstehungsjahr + 3 (§ 170 II 1 Nr. 1 AO) Ende: „regulär“, § 169 II AO 1 Jahr für besondere Verbrauchsteuern 4 Jahre bei anderen Steuern 5 / 10 Jahre bei leichtfertiger Steuerverkürzung bzw. Steuerhinterziehung Umfangreicher Katalog von Ablaufhemmungen (§ 171 AO); letzte 78 Ergänzung durch Abs. 15 i.Z.d. EU-AHRLUmsG ( BGBl. I 2013, 1809) Zahlungsverjährung (§§ 228 ff. AO) (T/L, § 21 Rz. 343-345) Beginn: 31.12. Fälligkeitsjahr (§ 229 I AO) Dauer: 5 Jahre (§ 228 S. 2 AO) Hemmung (§230 AO) Ende: Unterbrechung (§231 AO) „regulär“ (§ 228 S. 2 AO) Fristablauf nach Unterbrechungen (§ 231 II-IV AO) 79 Fall 1: U hat fällige Umsatzsteuerschulden in Höhe von 50.000 €. Ihm und seiner Ehefrau F, die beide nach § 26 EStG zusammenveranlagt werden, stehen nach Abgabe der Einkommensteuererklärung für das Jahr 01 eine EStErstattung i.H.v. insgesamt 15.000 € zu. Das Finanzamt rechnet gegen diesen Betrag die USt-Forderung auf. Ist der Erstattungsanspruch damit erloschen? Literaturhinweise: BFH v. 15.11.2005 – VII R 16/05, BStBl. II 2006, 453; BFH v. 30.9.2008 – VII R 18/08, BStBl. II 2009, 38; BFH v. 22.3.2011 – VII R 42/10, BStBl. II 2011, 607; BMF v. 30.1.2012, BStBl. I 2012, 149 (s.a. Anwendungserlass zu § 37 AO, Tz.2.2., BStBl. I 2012, 147, 148). 80 Fall 2: A betrieb in Bochum von 2002 bis zum Jahr 2007 eine Trinkhalle. Da die Umsätze kontinuierlich zurückgegangen sind, ist er in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. An Steuerrückständen (ESt, USt) sind insgesamt 30.000 € zzgl. 10.000 € Säumniszuschläge aufgelaufen. Obwohl A regelmäßig Ratenzahlungen geleistet hat, sind die Steuerschulden angewachsen. In 2008 und 2009 hatte A die Erteilung einer Taxikonzession beantragt. Sie wurde ihm von der örtlichen Genehmigungsbehörde mit dem Hinweis auf seine hohen Steuerschulden versagt. A beantragt nun den Erlass seiner Steuerschulden. Literaturhinweis BFH v. 27.9.2001 – X R 134/98, BStBl. II 2002, 176; s. aber auch BFH v. 26.10.2011 – VII R 50/10, BFH/NV 2012, 552; außerdem Farr, BB 2002, 1989 ff.; T/L, § 21 Rz. 329 ff. 81 Fall 3: Gewerbetreibender G hat für das Jahr 2000 seine EStErklärung Anfang 2002 eingereicht. Im November 2006 begann bei G eine Außenprüfung, die sich auch auf die ESt 2000 bezog. Im Januar 2008 fand in den Betriebsräumen des G eine Schlussbesprechung statt, an der G, dessen Steuerberater und der Betriebsprüfer teilgenommen haben. Bis heute ist noch kein ESt-Änderungsbescheid ergangen. Ist der ESt-Anspruch 2000 erloschen? 82 Fall 4: Dem G ist der ESt-Bescheid für das Jahr 2000 am 30.6.2002 bekanntgegeben worden. Da G nicht zahlte, hat das Finanzamt bis zum Ende 2003 versucht, Vermögensgegenstände des G zu pfänden zu verwerten. Da die Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos blieben, hat die Finanzbehörde die ESt-Schuld am 2.1.2006 niedergeschlagen (§ 261 AO). Danach ist bis heute nichts geschehen. Ist der ESt-Anspruch 2000 erloschen? 83 Zuständigkeit der Finanzbehörden (T/L, § 21 Rz. 38-45) Sachliche Zuständigkeit Örtliche Zuständigkeit (§ 16 AO, FVG) (§§ 17-29 AO) Fragestellung: Welchen sachlichen Aufgabenkreis hat die Behörde? Fragestellung: Welche von mehreren sachlich zuständigen Behörden eines Verwaltungsgebiets ist räumlich zuständig? z.B. Wohnsitzfinanzamt, Belegenheitsfinanzamt 84 Sachliche Zuständigkeit (§ 16 AO, FVG) Funktionelle/Instanzielle Zuständigkeit = Funktionszuweisung verschiedener Behörden in derselben Sache Verbandsmäßige Zuständigkeit = Funktionsbeschränkung auf die Angelegenheiten des Verbandes Zur Behördenhierarchie in der Finanzverwaltung s. Schaubild zu Art. 108 GG in T/L, § 2 Rz. 81 85 Stationen des Besteuerungsverfahrens (T/L § 21 Rz. 150 f.) Festsetzungsverfahren (§§ 155 ff. AO) Erhebungsverfahren (§§ 218 ff. AO) Ermittlungsverfahren (§§ 85 ff., 134 ff., 149 ff. AO) Vollstreckungsverfahren (§§ 249 ff. AO) 86 Ermittlungsverfahren/Steuerfestsetzung (T/L § 21 Rz. 150 f.) Ermittlungsverfahren (§§ 85 ff., 134 ff., 149 ff. AO) Abgabe der Steuererklärung Prüfung durch den zuständigen Sachbearbeiter der Veranlagungsstelle Klärung von Zweifelsfragen durch Auskunftsersuchen und das Beweisverfahren 87 Stationen des Besteuerungsverfahrens (T/L § 21 Rz. 150 f.) Festsetzungsverfahren (§§ 155 ff. AO) Elektronische Erfassung der Daten (anders: ELSTER) Übermittlung der Daten an das Landesrechenzentrum Bescheidversand durch das Landesrechenzentrum 88 Stationen des Besteuerungsverfahrens (T/L § 21 Rz. 150 f.) Erhebungsverfahren (§§ 218 ff. AO) Überwachung fälliger Zahlungen Erhebung von steuerlichen Nebenleistungen Stundung und Erlass als Billigkeitsmaßnahmen 89 Stationen des Besteuerungsverfahrens (T/L § 21 Rz. 150 f.) Vollstreckungsverfahren (§§ 249 ff. AO) Ausstellen von Mahnungen Prüfung und Durchführung von Vollstreckungsmaßnahmen (z.B. Pfändungsverfügung) Billigkeitsmaßnahme des Vollstreckungsaufschubs (§ 258 AO) 90 Sachverhaltsaufklärung im Ermittlungsverfahren (T/L, § 21 Rz. 170-203) Untersuchungsmaxime Kooperationsmaxime (§ 88 AO) (§§ 90 ff. AO) Kooperationsmaxime bei der Sachverhaltsaufklärung: • Finbeh. und Stpfl. bilden eine Verantwortungsgemeinschaft, bei der die Letztverantwortung bei der Verwaltung verbleibt • Untersuchungsmaxime wird flankiert durch umfangreiche Mitwirkungspflichten, denen spiegelbildlich Mitwirkungsrechte, Rechte auf Informationsteilhabe gegenüberstehen 91 Mitwirkungspflichten (§§ 90 ff. AO) - s. T/L, § 21 Rz. 172 ff. Generalklausel (§ 90 I AO) Spezielle Mitwirkungspflichten (§§ 93 ff. AO) Eingriffsnormen (Gesetzesvorbehalt) Beweisnormen 92 Mitwirkungspflichten (§§ 93 ff. AO) Auskünfte Beteiligter und Dritter § 93 AO (beachte: § 393 I 2 AO) Urkundenvorlage § 97 AO (Beachte: Wegfall der bish. Subsidiaritätsklausel in § 97 II durch AHiRLUG,BGBl. I 2013, 1809) Einnahme des Augenscheins, § 98 AO Hinzuziehen von Sachverständigen, § 96 AO Auskunftsverweigerungsrecht für Dritte: Angehörige, § 101 AO Bestimmte Berufsgruppen, § 102 AO Bei Gefahr der Selbstbelastung, § 103 AO 93 Mitwirkungspflichten (Forts.) Steuererklärungspflichten §§ 149 ff. AO Buchführungspflichten §§ 140 ff. AO Außenprüfungspflichten §§ 193 ff. AO 94 Mitwirkungspflicht der Kreditinstitute § 154 AO („ausgelagerte Steuerüberwachung“) „Gebot der formalen Kontenwahrheit“; Verstoß gegen § 154 I: Kontensperre kraft Gesetzes, § 154 III §§ 93 VII, 93b I, II AO (Kontenabruf) § 45e EStG (Informationsaustausch über die Grenze) 95 Mitwirkung von Banken (T/L, § 21, Rz. 198-200) - Kein Bankgeheimnis: §§ 101-106 AO sind abschließend (vgl. auch § 105 I AO). Ein Bankgeheimnis wäre seit Inkrafttreten der EU-AmtshilfeRL (2011/16/EU) i.R. des internationalen Informationsaustausches überdies irrelevant § 4 V EU-Amtshilfegesetz (EUAHiG) - Kein Auskunftsverweigerungsrecht der Angestellten der Kreditinstitute 96 Mitwirkung von Banken (T/L, § 21, Rz. 198-200) Aber: Rücksichtnahmegebot, § 30a AO = Verpflichtung der Finanzämter, auf das Vertrauensverhältnis zwischen Kreditinstitut und Kunden besonders Rücksicht zu nehmen Konzeptioneller Widerspruch Mitwirkungspflicht der Kreditinstitute 97 Amtshilfe (T/L § 21 Rz. 260 – 266) International Art. 26, 27 DBA bzw. spezielle bil. Abkommen (sog. TIEA) § 117 AO National: Art. 35 I GG, §§ 111 ff. AO EU-Amtshilfe-RL v. 15.02.2011 (umgesetzt durch EUAHiG v. 26.6.2013); EUBeitreibungsrichtlinie 2010/24/EU v. 16.3.2010, umgesetzt durch BeitrRlUmsG v. 7.12.2011 EU-MwStZusammenarbeitsVO Nr. 904/2010 v. 7.10.2010 98 EU-Amtshilfe-Richtlinie (2011/16/EU) • • • Beschränkung hoheitlicher Ermittlungsmaßnahmen auf das eigene Land Schwierigkeiten, steuerlich relevante grenzüberschreitende Sachverhalte zu überprüfen und zu erfassen Folgerungen für nationale Fisci + Binnenmarkt Steuermindereinnahmen Verzerrung des Kapitalmarkts und der Wettbewerbsbedingungen EU-Amtshilfe-Richtlinie (2011/16/EU) Einführung Umsetzung Durch das Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 26.6.2013, BGBl. I 2013, 1809 Richtlinie 2011/16/EU des Rates vom 15.02.2011 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799/EWG (Amtshilferichtlinie) wird in deutsches Recht umgesetzt Überholte EG-Amtshilfegesetz tritt damit außer Kraft Zielsetzung Wirkung Stärkung eines effizienten zwischenstaatlichen Informationsaustausches, bedingt durch die fortschreitende Internationalisierung zur Sicherung einer ordnungsgemäßen Steuerfestsetzung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten Anknüpfend an bereits bestehende – durch das EGAHiG – eingeführte Informationsaustauschmöglichkeiten werden diese durch das EUAHiG effektuiert. Auskunftsarten auf Ersuchen Ersuchungs-/ Anrufungsauskunft §§ 4, 5 EUAHiG ohne Ersuchen einzelfallbezogen Spontanauskunft §§ 8, 9 EUAHiG gruppenbezogen automatische Auskunft § 7 EUAHiG Steuerverwaltungsakt (T/L, § 21 Rz. 50-82) Funktionen: 1. Materielle Bestandskraft = VA darf nur aufgrund einer gesetzlichen Vorschrift aufgehoben oder geändert werden 2. Vollziehung = VA bildet die Grundlage zwangsweiser Durchsetzung des Rechts 3. Rechtsschutzbestimmung = VA wird nur dann formell bestandskräftig (unanfechtbar), wenn der durch den VA Beschwerte nicht fristgemäß den zulässigen Rechtsbehelf (Einspruch, Anfechtungsklage) 102 einlegt oder mit diesem erfolglos bleibt. Steuerverwaltungsakt (T/L, § 21 Rz. 50-82) Begriffsmerkmale (§ 118 S. 1 AO): Begriffsmerkmal Ausgrenzung Behördliche Maßnahme Hoheitlich (einseitig-verfügend) zur Regelung Handlung einer Privatperson Handlung durch öffentlich-rechtlichen Vertrag schlichthoheitliche Handlung (z.B. Rechtsauskunft, Realakt) Rechtsnorm (Verordnung, Satzung) allgemeine Verwaltungsvorschrift fiskalische Handlung der Behörde (z.B. Kauf von Büromaterial) behördeninterne Weisung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen 103 Entstehung und Wirksamkeit eines Steuerverwaltungsakts Entstehungsprozess: Bedeutung für: 1. Willensbildung des Amtsträgers 2. Willensäußerung des Amtsträgers (noch behördenintern) Abzeichnen des Schriftstücks und Weitergabe in den Geschäftsgang (sog. "Abwerfen"); dies erfolgt regelmäßig durch Freigabe im Computersystem 3. Absenden des VA z.B. durch Aufgabe zur Post (selten), i.d.R. findet der Versandt durch das Rechenzentrum statt 4. Bekanntgabe des VA §§ 131 II Nr.3, 173 I AO §§ 122 II Nrn.1 u. 2, 169 I 3 Nr.1 AO §§ 124 I, 355 I 1 AO 104 Entstehung und Wirksamkeit eines Steuerverwaltungsakts Wirksamwerden des Steuerverwaltungsakt mit der Bekanntgabe (Erklärungstheorie) Inhaltsadressat Bekanntgabeadressat Postalischer Empfänger (§ 122 I 1 AO) (§ 34 AO) (§ 122 I 3, 123 AO) 105 Fall 1: Postbote P wirft den an A adressierten Steuerbescheid versehentlich in den Briefkasten des B. Zehn Tage später händigt B den Brief dem A aus. Ist der Bescheid dem A wirksam bekannt gegeben worden? Wann wird er bestandskräftig? Literaturhinweis BFH BStBl. II 1989, 346. 106 Fall 2: Die Eheleute A/B haben für den Veranlagungszeitraum 2008 in einer gemeinsamen Steuererklärung die ESt-Zusammenveranlagung gewählt. Mitte des Jahres 2009 ist A aus der ehelichen Wohnung gezogen. Gleichwohl sendet das FA den zusammengefassten ESt-Bescheid 2008 gegen Ende des Jahres 2009 an die bisherige gemeinsame Anschrift. Ist der ESt-Bescheid an A und B wirksam bekannt gegeben worden? 107 Fall 3: E ist am 1.2.2009 verstorben. Am 1.5.2009 versendet das Finanzamt einen an E gerichteten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 an die beiden Erben A und B. Ist der Steuerbescheid wirksam? 108 Fall 4: Der zuständige Sachbearbeiter (S) des FA erkennt nach Eingabe der Daten in den PC, dass ihm bei der Veranlagung ein Fehler unterlaufen ist. Gleichwohl versendet das Rechenzentrum der Landesfinanzverwaltung den maschinellen Einkommensteuerbescheid. S zeichnet den Steuererklärungsvordruck nicht ab und vermerkt in der Akte, dass die Versendung des Bescheides seinem Willen nicht entspricht. Literaturhinweis BFH v. 24.11.1988 – V R 123/83, BStBl. II 1989, 344; BFH v. 12.8.1996 – VI R 18/94, BStBl. II 1996, 627; BFH v. 23.8.2000 – X R 27/98, BStBl. II 2001, 662; BFH v. 28.5.2009 – III R 84/06, BStBl. II 2009, 949; FG München v. 30.4.2012 – 7 K 3542/09, EFG 2012, 1711; T/L, § 21 Rz. 73 ff. 109 Steuerbescheid: materielle Bestandskraft (T/L, § 21 Rz. 80-89, 280-293) Endgültiger Bescheid Vorläufiger Bescheid Vorbehalt der Nachprüfung (§ 165 AO) (§ 164 I AO) Eingeschränkte Korrektur §§ 172 ff. AO Erweiterte Korrektur (§ 165 II AO) Unbeschränkte Korrektur (§ 164 II AO) Innerhalb Festsetzungsfrist §§ 169 ff. AO Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist § 171 VIII AO Wegfall des Vorbehalts (§ 164 IV AO): mit Ablauf der regulären Festsetzungsfrist110 Steueranmeldung (USt-, LSt-, KapESt-) Doppelfunktion Steuererklärung § 150 I 3 AO i.V. m. §§ 18 I, III UStG, 41a EStG, 45a EStG „Steuerfestsetzung gegen sich selbst“ (Selbstberechnungssteuer), §§ 167, 168 AO Fiktion eines Steuerbescheides unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 168 AO) 111 Vorläufige Steuerfestsetzung (§ 165 AO) - s. T/L, § 21 Rz. 290 ff. punktuelle Vorläufigkeit ► Grund u. Umfang der Vorläufigkeit sind anzugeben (§ 165 I 3 AO) Fehlen diese Angaben, ist die unselbständige Nebenbestimmung nichtig § 165 I 1 AO: Ungewissheit über Tatsachen oder Rechtsverhältnisse § 165 I 2 Nr. 1 AO: Ungewissheit über die Wirksamkeit von DBA § 165 I 2 Nr. 2 AO: BVerfG hat Unvereinbarkeit eines Steuergesetzes mit dem GG festgestellt § 165 I 2 Nr. 3 AO: Vereinbarkeit eines Steuergesetzes mit dem GG, EGV sind Gegenstand eines Verfahrens vor dem BVerfG, EuGH, BFH § 165 I 2 Nr. 4 AO: Verfahren vor dem BFH 112 Fall 1 zur Bestandskraft von Steuerverwaltungsakten: Das Finanzamt setzte die Einkommensteuer gegenüber B für 08 mit Bescheid vom 10.12.09 auf 20.000 € unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ohne Nähere Begründung fest. Im Januar 11 wird der Gewerbebetrieb des B für die Jahre 06-08 hinsichtlich der ESt und GewSt geprüft. Danach erlässt das FA mit Bescheid v. 5.6.11 einen geänderten ESt-Bescheid für 08 über 25.000 €, ohne den Vorbehalt der Nachprüfung ausdrücklich aufzuheben. B ficht den Steuerbescheid nicht an. Im Dezember 11 erkennt der Sachbearbeiter einen materiellen Fehler. Er ändert daraufhin den Steuerbescheid erneut und setzt die ESt materiell zutreffend mit Bescheid vom 15.12.11 auf 28.000 € fest. B erhebt dagegen Einspruch, der am 16.1.12 beim Finanzamt eingeht. Ist der geänderte Steuerbescheid vom 15.12.11 aufzuheben? Literaturhinweis BFH v. 29.4.1987 – I R 118/83, BStBl. II 1988, 168; BFH v. 14.9.1993 – VIII R 9/93, BStBl. II 1995, 2; BFH v. 18.8.2009 – X R 8/09, BFH/NV 2010, 161; zur Abgrenzung BFH v. 2.12.1999 – V R 19/99, BStBl. II 2000, 284; T/L, § 21 Rz. 288. 113 Fall 2 zur Bestandskraft von Steuerverwaltungsakten: M und F sind verheiratet und werden zur Einkommensteuer zusammen veranlagt (§§ 26 I 1, 26b EStG). In den gemeinsamen Steuererklärung für die Jahre 06-08 hat F Verluste aus dem Betrieb einer Galerie i.H.v. 20.000 € (06), 10.000 € (07), 15.000 € (08) erklärt. Das FA hat die Verluste zunächst anerkannt und die gegen M und F ergangenen ESt-Bescheide insoweit nach § 165 AO für „vorläufig“ erklärt. Nachdem auch in den Jahren 09 und 10 Verluste in dieser Größenordnung aufgelaufen sind, erkennt das FA die Verluste wegen „Liebhaberei“ nicht mehr an und ändert in 11 dementsprechend die ESt-Bescheide 06-08. Literaturhinweis BFH v. 22.12.1987 – IV B 174/76, BStBl. II 1988, 234; BFH v. 25.10.1989 – X R 109/87, BStBl. II 1990, 278; BFH v. 23.5.2007 – X R 33/04, BStBl. II 2007, 874; BFH v. 4.9.2008 – IV R 1/07, BStBl. II 2009, 335. 114 E-Government (TL, § 21 Rz. 7) Literatur: Seer, StuW 2003, 40 ff.; Seer, DStJG Bd. 31 (2008), 8 ff Elektronischer Informationsaustausch innerhalb der Verwaltung und zwischen Verwaltung und Bürger Interne Vernetzung zwischen den FinBeh. (Datenaustausch, Kontrollmitteilungen) Externe Vernetzung ELSTER, § 150 VI AO Elektronischer VA, § 87a III AO ELSTAM, 39 EStG Voraussetzungen eTin, § 41b EStG, bundeseinheitl. StNr., §§139a-d AO 115 ELSTER – ELektronische STeuerERklärung 116 Grundlagen- und Folgebescheide T/L, § 21 Rz. 83-89, 150, 436 Grundlagenbescheid = besondere Rechtsform des VA (§§ 171 X, 175 I 1 Nr.1, 182 I, 351 II AO) für ein gestuftes Besteuerungsverfahren z.B.: § 60a AO; § 180 AO; § 184 AO Merke: Präklusionswirkung des Grundlagenbescheids für den Folgebescheid 117 Grundlagen- und Folgebescheide T/L, § 21 Rz. 83-89, 150, 436 Einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung (§ 180 I Nr. 2a AO: z.B. PersGes) Grundlagenbescheid § 182 I AO Folgebescheid Einkommensteuerbescheid (§ 155 I 1 AO: z.B. des PersGes'ers) Grundlagenbescheid § 182 I AO Folgebescheid Bescheid über Solidaritätszuschlag (§ 155 I 1 AO: z.B. des PersGes'ers) 118 Duales Korrektursystem bei Steuerverwaltungsakten (T/L, § 21 Rz. 381- 465) Steuerbescheide/ gleichgestellte Bescheide § 172 I Nr. 2d AO i.V.m. §§ 173 - 177, 164 II, 165 II AO Änderung Aufhebung Andere Bescheide §§ 129, 132 AO §§ 130, 131 AO Berichtigung/ Korrektur während Rechtsbehelfsverfahren Rücknahme Widerruf 119 Duales Korrektursystem bei Steuerverwaltungsakten (T/L, § 21 Rz. 381- 465) Steuerbescheide u. diesen gleichgestellte Bescheide: • Steuerbescheid (§ 155 I AO) • Steuervergütungsbescheid (§ 155 IV AO) • Steueranmeldung (§ 168 AO) • Feststellungsbescheid (§ 181 I 1 AO) • Steuermess-, Steuerzerlegungs- u. Zuteilungsbescheid (§§ 184 I 3, 185, 190 S. 2 AO) • Zinsbescheid (§ 239 I 1 AO) • Kostenbescheid (§178 IV 1 AO) 120 Duales Korrektursystem bei Steuerverwaltungsakten (T/L, § 21 Rz. 381- 465) Andere Bescheide, dazu gehören z.B.: • Ab- bzw. Anrechnungsverfügung zu Steuerbescheiden • Abrechnungsbescheid (§ 218 II AO) • Haftungs- u. Duldungsbescheid (§ 191 I AO) • Stundung (§ 222 AO) • Erlass (§ 163, 227 AO) • Aussetzung der Vollziehung (§ 361 II AO) 121 Korrektur von Steuerbescheiden nach §§ 172 ff. AO (T/L, § 21 Rz. 394-453) § 172 I 1 Nr. 2a AO: § 172 I 1 Nr. 2d AO: auf Antrag des Stpfl. (innerhalb der Einspruchsfrist zu stellen, wenn zu seinen Gunsten) in sonstigen gesetzlichen Fällen: 122 Korrektur von Steuerbescheiden nach §§ 172 ff. AO (T/L, § 21 Rz. 394-453) § 172 I 1 Nr. 2d AO: in sonstigen gesetzlichen Fällen: • § 173 I AO: Korrektur wegen nachträglich bekanntgewordener Tatsachen oder Beweismittel • § 174 AO: Korrektur wegen widerstreitenden Steuerfestsetzungen • § 175 I 1 Nr. 1 AO: Korrektur des Folgebescheids bei Änderung des Grundlagenbescheids • § 175 I 1 Nr. 2 AO: Korrektur wegen nachträglich eingetretenen Ereignisses mit steuerlicher Wirkung für die Vergangenheit • § 175 a AO: Korrektur zur Umsetzung einer Verständigungsvereinbarung 123 Die einzelnen Korrekturvorschriften Korrektur wegen neuer Tatsachen, § 173 AO (T/L § 21 Rz. 404 – 419) • rechtserhebliche Tatsachen oder Beweismittel • werden nachträglich bekannt • bei Änderung zu Gunsten: kein grobes Verschulden am nachträglichen bekannt werden • bei Änderung zu Lasten: keine Verletzung der Ermittlungspflicht • keine Änderungssperre gem. § 173 II AO Korrektur wegen widerstreitender Tatsachen, § 174 AO (T/L § 21 Rz. 420 – 435) • positiver Widerstreit (Abs. 1 und 2) • negativer Widerstreit (Abs. 3) • Folgekorrektur (Abs. 4) Ein Steuerbescheid kann bei Doppelberücksichtigung eines Sachverhalts auch dann nach Maßgabe von § 174 Abs. 1 AO geändert werden, wenn der widerstreitende Steuerbescheid von einer Behörde eines EUMitgliedstaats stammt (BFH v. 09.05.2012 – I R 73/10 – BStBl II 2013, 566) 124 Die einzelnen Korrekturvorschriften Korrektur bei Änderung eines Grundlagenbescheids, § 175 I Nr. 1 AO (T/L § 21 Rz. 436) Korrektur wegen rückwirkenden Ereignisses, § 175 I Nr. 2 AO (T/L § 21 Rz. 437 – 446) • Ereignis • Mit Wirkung für die Vergangenheit: → lex generalis zu § 17 UStG oder § 16 GrEStG Beispiele: Zivilrechtliche Rückwirkung; Gerichtsentscheidungen mit rückwirkender Bindung, auflösende Bedingung, nachträgliche Änderung von Einmaltatbeständen Korrektur bei Verständigungsvereinbarung, § 175a AO (Rüsken in: Klein, AO, § 175a) • Verständigungsvereinbarung/ Schiedsspruch • basierend auf (v.a.) DBA 125 Vertrauensschutz nach § 176 AO (T/L § 21 Rz. 449 – 453) Einschränkung einer zu Lasten des Stpfl. erfolgende Korrektur: • Nichtigkeitsfeststellung eines Gesetzes durch das Bundesverfassungsgericht • Vorwurf der Verfassungswidrigkeit durch oberstes Bundesgericht • Rechtsprechungsänderungen durch oberste Bundesgerichte dürfen sich nicht zu Lasten des Steuerpflichtigen auswirken • Bestand von allgemeinen Verwaltungsvorschriften 126 Korrektur von Steuerbescheiden nach §§ 172 ff. AO (T/L, § 21 Rz. 394-453) Zu unterscheiden = § 177 AO: unselbständiger Saldierungstatbestand (Saldierung mit gegenläufigen Fehlern) 127 Die einzelnen Korrekturvorschriften Fehlersaldierung, § 177 AO (T/L § 21 Rz. 447 – 448) • Bei punktueller Korrektur gem. §§ 172 – 175 AO können gegenläufige materielle Fehler für die keine eigenen Korrekturvorschriften eingreifen, korrigiert werden, soweit die Änderung reicht. Beispiel: Bisheriger Steuerfestsetzung Änderung gem. § 173 I Nr. 1 AO Materieller Fehler Steuerfestsetzung nach Änderung a) 10.000 + 2.000 - 1.000 11.000 b) 10.000 + 2.000 - 3.000 Änderung unterbleibt 128 Die einzelnen Korrekturvorschriften Berichtigung gem. § 129 AO (T/L § 21 Rz. 389 – 392) • Versehen (Schreib- Rechenfehler oder ähnliche offenbare Unrichtigkeit) → die Möglichkeit eines Rechts- oder Tatsachenirrtums muss ausgeschlossen sein; Fehler muss evident sein) • Bei Erlass des Verwaltungsakts • Ermessen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte (§ 130 AO) (T/L § 21 Rz. 457 – 460) • belastende Verwaltungsakte: Ermessensentscheidung, ob ganz oder teilweise, ex nunc oder ex tunc -> keine Aushöhlung von Rechtsbehelfsfristen • begünstigende Verwaltungsakte: Abwägung zwischen materieller Richtigkeit und Vertrauensschutz – 4 enumerierte Rücknahmefälle 129 Die einzelnen Korrekturvorschriften Widerruf rechtmäßiger Verwaltungsakte (§ 131 AO) (T/L § 21 Rz. 461 – 465) → nur ex nunc möglich • belastende Verwaltungsakte: es darf kein rechtswidriger Zustand geschaffen werden • begünstigende Verwaltungsakte: erhebliche Berührung des Vertrauenstatbestandes – 3 enumerierte Widerrufsfälle 130 Fälle zur Korrektur von Steuerverwaltungsakten (1): A ist seit Jahren Eigentümer eines Mehrfamilienhauses. In seiner Einkommensteuererklärung für 08 (Anlage V + V) hat er versehentlich die Spalte "Schuldzinsen" nicht ausgefüllt. Das Finanzamt hat die Einkünfte aus der Vermietung des Hauses daraufhin wie von A erklärt übernommen und dementsprechend den ESt-Bescheid 08 am 10.9.09 erlassen. Anfang Januar 10 bemerkt A, dass die Schuldzinsen als Werbungskosten nicht berücksichtigt worden sind und beantragt die Änderung des Steuerbescheides. 131 Fälle zur Korrektur von Steuerverwaltungsakten (2): Professor W hat im Jahr 10 für seine Habilitationsschrift einen mit 10.000 € dotierten Geldpreis erhalten. In einer Anlage zur Einkommensteuererklärung 10 führt er aus: "Geldpreis über 10.000 €; einmaliger Zufluss, der keiner Steuerpflicht unterfällt". Das Finanzamt veranlagt daraufhin die ESt 10 endgültig, ohne den Geldpreis zu erfassen. Nachdem ein Schreiben des Bundesministers der Finanzen zur Besteuerung von Geldpreisen ergangen ist, kommen dem Sachbearbeiter Zweifel an der Behandlung des Steuerfalls. Er möchte den ESt-Bescheid 10 ändern und die 10.000 € als Einkünfte aus selbständiger Arbeit ansetzen. 132 Fälle zur Korrektur von Steuerverwaltungsakten (3): Beim Textilhändler A wird für die Jahre 08-10 eine Außenprüfung durchgeführt. Im Anschluss daran kommt das FA aufgrund einer Schätzung (§ 162 AO) der Besteuerungsgrundlagen im Wege einer sog. Geldverkehrsrechnung zu ungeklärten Fehlbeträgen von ca. 40.000 €. Die ESt-Bescheide 08-10 werden entsprechend geändert. A ficht die Bescheide an und erreicht für den VZ 09, dass im finanzgerichtlichen Verfahren eine andere, für ihn in 09 günstigere Schätzungsmethode (ein sog. interner Betriebsvergleich) angewendet wird. Die ESt 09 wird vom FG entsprechend niedriger festgesetzt. Da ein interner Betriebsvergleich in den VZ 08, 10 zu einer höheren Steuer führen würde, hat A insoweit seine Einsprüche zurückgenommen. Das FA möchte für die VZ 08, 10 gleichwohl Änderungsbescheide erlasse. Literaturhinweis BFH v. 26.2.2002 – X R 59/98, BStBl. II 2002, 450; BFH v. 14.3.2012 – XI R 2/10, 133 BStBl. II 2012, 653. Fälle zur Korrektur von Steuerverwaltungsakten (4): Unternehmer U hatte per 30.6.08 sein Einzelunternehmen veräußert. Der steuerliche Veräußerungsgewinn i.S.d. § 16 I Nr. 1 EStG betrug 500.000 €. Auf dieser Basis setzte das Finanzamt gegen U die Einkommensteuer 08 bestandskräftig fest. Käufer K hatte den vertraglich geschuldeten Kaufpreis allerdings nicht sofort in voller Höhe bezahlt, so dass noch ein Restkaufpreis i.H.v. 200.000 € offenblieb. Im Jahr 10 gerät der wenig geschäftstüchtige K in die Insolvenz, so dass die Restforderung uneinbringlich wird. Welche steuerlichen Rechtsfolgen ergeben sich für U? Literaturhinweis BFH v. 19.7.1993 – GrS 2/92, BStBl. II 1993, 897 ff.; BFH v. 22.7.2008 – IX R 79/06, BStBl. II 2009, 227; BFH v. 20.7.2010 – IX R 45/09, BStBl. II 2010, 969; BFH v. 23.5.2012 – IX R 32/11, BStBl. II 2012, 675. 134 Fälle zur Korrektur von Steuerverwaltungsakten (5): A hat seine Einkommensteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 08 im April 09 eingereicht. Im Oktober 2009 reicht er eine Bescheinigung über auf die Einkommenssteuer gemäß § 36 II 2 Nr. 2 EStG anrechenbare Kapitalertragsteuer i.H.v. 400 € nach, die er ursprünglich versehentlich nicht mit eingereicht hatte. Kann A die Berücksichtigung der anrechenbaren Kapitalertragssteuer verlangen? 135 Steueraufsicht = jede Beaufsichtigung des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zur Erfüllung des Auftrags des § 85 AO Allgemeine: Außenprüfung (T/L § 21 Rz. 225 - 252) Umfassende und intensive Prüfung und Ermittlung aller steuerlichen Verhältnisse im Anschluss an die Steuerfestsetzung Besondere: • Zollamtliche Überwachung, §§ 209 ff. AO (T/L § 21 Rz. 258) • Umsatzsteuernachschau, § 27b UStG (T/L, § 21 Rz. 259) • Lohnsteuernachschau, § 42g EStG (eingef. durch EU-AmtshilfRLUmsG v. 29.6.13) Gegenwartsbezogene, laufende Überwachung des Steuerpflichtigen; Steueraufsicht als dauernder Zustand 136 Steueraufsicht Steuerfahndung (§ 208 AO) (T/L, § 21 Rz. 253-257) Doppelfunktion Verfolgung von Steuerstraftaten/ -ordnungswidrigkeiten (§ 208 I Nr.1 AO) Ermittlung des steuerrelevanten Sachverhalts: • § 208 I Nr.2 AO: Zusammenhang mit Steuerverfehlung • § 208 I Nr.3 AO: unbekannte Steuerfälle 137 Außenprüfung I. Prüfungsanordnung = Verwaltungsakt (§ 196 AO) • Gewerbetreibende, Freiberufler, Land- und Forstwirte, § 193 I AO Betriebsprüfung • Stpfl. i.S.d. § 147a AO (hohe Überschuss Einkünfte) • Steuerentrichtungspflichtige, § 193 II Nr. 1 AO (z.B. Arbeitgeber, Banken wegen des Steuerabzugs) • Sonstige, § 193 II Nr. 2, 3 AO Ermessen (eingeschränkt durch BpO v. 15.3.2000, BStBl.2000, 368) 138 Außenprüfung II. Ablauf • Ausweispflicht (§ 198 AO) • Prüfungsbeginn wird aktenkundig gemacht (Folgen: §§ 171 IV, 371 II Nr. 1a AO) • Betretens- und Besichtigungsrecht, § 200 III 2, 3 AO • Lfd. Unterrichtung des Steuerpflichtigen über Prüfungsfeststellungen (§ 199 II AO) • Schlussbesprechung mit Möglichkeit zur tatsächlichen Verständigung (§ 201 AO) • Prüfungsbericht (§ 202 AO) 139 Rspr. zur sog. tatsächliche Verständigung (T/L, § 21 Rz. 20-24) über den Sachverhalt • Sachverhalt nicht, nur erschwert oder nur unter erheblichem, unangemessenen Aufwand ermittelbar über das Recht • grundsätzlich unzulässig • aber über Schätzung (§ 162 AO) und Bewertungen zulässig • keine offensichtlich unzutreffende Besteuerung Verständigung betrifft regelmäßig bereits verwirklichte Zeiträume (retrospektive Wirkung) 140 Bindungswirkung der tatsächlichen Verständigung Treu und Glauben • so die Rspr., die aber letztlich Vertragsregeln anwendet • BFH BStBl. II 1991, 43; 1996, 625; 2004, 975, 979 • BMF v. 30.7.2008, BStBl. I 2008, 831 öffentlich-rechtlicher Vertrag • so die h.L. • § 78 Nr. 3 AO ermöglicht die Handlungsform • §§ 201, 361a AO – Erörterungstermine sind auf verbindliche Einigung angelegt 141 Verbindliche Auskunft nach § 89 II-VII AO i.V.m. StAuskV (T/L, § 21 Rz. 16-19) = einseitige Selbstbindung der FinBeh. Selbstbindung ohne Fremdbindung Zweck = Dispositionsschutz (Steuerplanungssicherheit) Voraussetzungen: - besonderes Zusageinteresse - Unsicherheit über die rechtliche Beurteilung eines in der Zukunft geplanten Sachverhalts - kein Austesten eines „Steuersparmodells“ 142 Verbindliche Auskunft (§ 89 II-VII AO) Bindungswirkung • aus sich selbst heraus (analog VA) • Bindungswirkung ex nunc Gebührenpflicht des Zusageantrags • Anknüpfung an Gerichtsgebühren • keine Erfolgsabhängigkeit 143 Fall 1: H ist selbständiger Handelsvertreter und führt von dem Telefonanschluss in seiner Privatwohnung gelegentlich Verkaufsgespräche. In seiner ESt-Erklärung 01 setzt er 50% der Telefonkosten als Betriebsausgaben an. Nach Rücksprache mit H setzt das Finanzamt die ESt nach den erklärten Besteuerungsgrundlagen endgültig fest. In der ESt-Erklärung 02 setzt H wiederum 50% der Telefonkosten als Betriebsausgaben mit dem Vermerk an: "wie Vorjahr". Der Sachbearbeiter hält nunmehr den Prozentsatz für zu hoch und schätzt ihn auf max. 30%. Dementsprechend setzt er die ESt fest. H legt fristgerecht Einspruch ein und verlangt einen Ansatz von 50% mit dem Argument, das Finanzamt sei durch die frühere Verfahrensweise, auf die er vertraut habe, gebunden. Literaturhinweis BFH v. 14.2.2006 – III B 145/05, BFH/NV 2006, 1058 f.; BFH v. 7.10.2010 – V R 17/09, BFH/NV 2011, 865. 144 Fall 2: Sachbearbeiter S des FA möchte überprüfen, ob das von dem Lehrer L im Zusammenhang mit dem Werbungskostenabzug geltend gemachte häusliche Arbeitszimmer tatsächlich besteht. Ohne vorherige Anmeldung verlangt S von L den Zugang in dessen Wohnhaus, um das Arbeitszimmer zu besichtigen. L verweigert ihm den Zutritt. S versagt daraufhin den Werbungskostenabzug. Zu Recht? Literaturhinweis FG Düsseldorf v. 14.10.1992 – 5 K 144/90, EFG 1993, 64; FG Niedersachsen v. 9.3.1993 – VII 314/90, EFG 1994, 182; Anders, DStR 2012, 1779. 145 Fall 3: Im Rahmen einer Außenprüfung entdeckt der Prüfer bei dem Malermeister M für das Jahr 08 einen ungeklärten Vermögenszuwachs von 25.000 € auf einem Girokonto des M. Der vorliegende EStBescheid 08 ist endgültig ergangen. Malermeister M behauptet, er habe das Geld im Casino Hohensyburg gewonnen. Das FA sieht darin eine bloße Schutzbehauptung, erhöht den Gewinn um 25.000 € und berichtigt den ESt-Bescheid. 146 Fall 4: Nach einer Außenprüfung einigen sich im Rahmen der Schlussbesprechung der Steuerpflichtige und der Außenprüfer dahingehend, dass ein an die 18jährige Tochter verschenkter FirmenPKW (VW-Golf, 2 Jahre alt, 60.000 km) als Privatentnahme mit 6.000 € bewertet wird. Der für die Festsetzung der ESt zuständige Sachgebietsleiter Schlaumeier fragt, ob er an die Vereinbarung gebunden ist? Literaturhinweis: T/L, § 21 Rz.20 ff.; BMF v. 30.7.2008, BStBl. I 2008, 831. 147 Wirtschaftliche Betrachtungsweise im Steuerrecht (T/L, § 5 Rz. 70-145) eine sich am wirtschaftlichen Normzweck orientierende teleologische Interpretation des Steuergesetzes Grundgedanke: "Für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhalts maßgebend" (US-Regel: "substance over form") 148 Wirtschaftliche Betrachtungsweise im Steuerrecht (T/L, § 5 Rz. 70-145) Gesetzliche Ausprägungen: • Zurechnung von Wirtschaftsgütern (§ 39 II AO) Grundsatz: § 39 I AO: Zurechnung zum Eigentümer, d.h. grds. Zurechnung nach dem Zivilrecht Ausnahme: § 39 II AO: Übt ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise aus, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut ausschließen kann, so ist ihm das Wirtschaftsgut zuzurechnen. Beispiel: Sicherungseigentum 149 Wirtschaftliche Betrachtungsweise im Steuerrecht (T/L, § 5 Rz. 70-145) Gesetzliche Ausprägungen: • Gesetz- oder sittenwidriges Handeln (§ 40 AO) wird durch das Steuerrecht erfasst! Gedanke: Durch die Anknüpfung an das wirtschaftliche "Ist" auch in Fällen gesetz- oder sittenwidriger Handlungsweise soll erreicht werden, dass illegales Verhalten nicht ggü. legalem Verhalten steuerlich begünstigt wird. 150 Wirtschaftliche Betrachtungsweise im Steuerrecht (T/L, § 5 Rz. 70-145) Gesetzliche Ausprägungen • Unwirksame Rechtsgeschäfte (§ 41 AO) Gedanke: • § 41 I 1 AO will den durch das unwirksame Rechtsgeschäft geschaffenen wirtschaftlichen Vorgang/Zustand erfassen. • Da Scheingeschäfte keinen wirtschaftlichen Effekt auslösen, bleiben sie steuerrechtlich unerheblich (§ 41 II AO). 151 Fälle zur Rechtsanwendung im Steuerrecht (1): Eltern E übertragen auf ihren Sohn A ein Mietwohngrundstück unter Vorbehalt eines lebenslänglichen Nießbrauchs. Abwandlung: Gleichzeitig vereinbart E mit A ein schuldrechtliches Veräußerungsverbot, das durch eine Rückauflassungsvormerkung gesichert wird. Wem ist das Grundstück zuzurechnen? Wem die Mieteinkünfte? Literaturhinweis BFH v. 26.11.1998 – IV R 39/98, BStBl. II 1999, 263 ff.; BFH v. 20.12.2005 – X B 128/05, BFH/NV 2006, 704; BFH v. 28.3.2007 – IX R 37/05, BFH/NV 2007, 1891. 152 Fälle zur Rechtsanwendung im Steuerrecht (2): Dealer D arbeitete als Rauschgifthändler. Er hatte aus dem Kokainverkauf Einnahmen i.H.v. 400.000 €. D musste 65.000 € für den Kokaineinkauf aufwenden. Seine Transportkosten beliefen sich auf 30.000 €. Welche steuerlichen Folgen ergeben sich? 153 Fälle zur Rechtsanwendung im Steuerrecht (3): Ein 6-jähriges Kind kauft ein Buch. Die Eltern genehmigen den Kauf nicht. Das Kind behält das Buch dennoch. Muss der Händler den Kaufpreis als Betriebseinnahme buchen? 154 Fälle zur Rechtsanwendung im Steuerrecht (4): Der hochverschuldete S arbeitet als "Geschäftsführer" bei einer GmbH. Die GmbH schließt deshalb mit der Ehefrau des S einen Arbeitsvertrag und überweist die Vergütungen auf ein Konto der E. Wer hat die Vergütungen zu versteuern? 155 Steuerumgehung (§ 42 AO) (T/L, § 5, Rz. 116 – 134) Missbräuchliche Anwendung von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts durch Wahl einer den wirtschaftlichen Vorgängen unangemessenen rechtlichen Gestaltung zum Zwecke der Steuervermeidung Grundsatz Der Stpfl. kann sein wirtschaftliches Verhalten im Rahmen der Rechtsordnung frei wählen und gestalten. Das Steuerrecht schränkt die wirtschaftliche Freiheit nicht ein, sondern respektiert sie und knüpft an sie an. Die bloße Steuervermeidung bleibt daher folgenlos. Ausnahme Durch den Missbrauch qualifizierte Steuervermeidung: Missbräuchliche Tatbestandsvermeidung (Steuertatbestände) oder Tatbestandserschleichung (Steuerbefreiungen, -entlastungen). 156 Steuerumgehung (§ 42 AO) (T/L, § 5, Rz. 116 – 134) Tatbestandsvoraussetzungen: 1. Gestaltungsmöglichkeit des Rechts = Rechtsgeschäfte, geschäftsähnliche Handlungen, Rechtshandlungen (Realakte) 2. Umgehung eines Steuergesetzes = Stpfl. nutzt die Diskrepanz zwischen Wortlaut und Zweck einer Norm zu seinen Gunsten aus = Der wirtschaftliche Sachverhalt, der in seiner üblichen rechtlichen Form die Besteuerung auslöst, bleibt unverändert. Es wird nur die rechtliche Form so verändert, dass die steuerliche Anknüpfung nicht mehr gelingt. 157 Steuerumgehung (§ 42 AO) (T/L, § 5, Rz. 116 – 134) 3. Missbräuchliche Umgehung eines Steuergesetzes = Die rechtliche Gestaltung ist unangemessen, d.h. verständige Parteien wären in Anbetracht des wirtschaftlichen Sachverhalts nicht so verfahren. Indiz: wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe für die der Steuerminderung dienende Gestaltung fehlen. 4. Umgehungsabsicht = Die wirtschaftlich sinnlose Gestaltungsmöglichkeit des Rechts wird eingesetzt, um den steuerlichen Belastungstatbestand zu umgehen. 158 Fälle zur Steuerumgehung (1): Eltern E kaufen in der Universitätsstadt T eine Eigentumswohnung und vermieten sie an ihren Sohn S, der in T studiert. Die Miete zahlt S aus dem von E erhaltenen monatlichen Unterhalt. Können die E einen Verlust aus der Vermietung der ETW bei ihrer ESt-Erklärung geltend machen? Abwandlung S empfängt keine laufenden Unterhaltszahlungen mehr, weil er von den Eltern Kapitalvermögen geschenkt erhalten hat. Von den daraus fließenden Zinsen kann er seinen Unterhalt einschließlich der Miete bestreiten. Literaturhinweis BFH v. 19.10.1999 – IX R 30/98, BStBl. II 2000, 223; Pezzer, StuW 1994, 31 ff.; ders., Steuerberater-Jahrbuch 2000/2001, 61, T/L § 5 Rz. 116 ff. 159 Fälle zur Steuerumgehung (2): Die inländische GmbH G gründet die liechtensteinische Tochtergesellschaft L, die in die ausländischen Leistungsbeziehungen als Vertragspartner eingeschaltet wird. Die bei L eingehenden Zahlungen werden an die Muttergesellschaft weitergeleitet. Außer einem liechtensteinischen Vorstand (Rechtsanwalt R, der auch für andere Gesellschaften tätig ist) sind bei L keinerlei Angestellte beschäftigt. Literaturhinweis BFH v. 29.10.1997 – I R 35/96, BStBl. II 1998, 235; BFH v. 19.1.2000 – I R 94/97, BStBl. I 2001, 222; BFH v. 25.2.2004 – I R 42/02, BStBl. II 2005, 14; T/L, § 5 Rz. 116 ff. 160 Fälle zur Steuerumgehung (3): Schwiegervater möchte seiner Lieblings-Schwiegertochter 200.000 € schenken. Um der Schenkungsteuer zu entgehen, schenkt er die 200.000 € seinem Sohn S unter der Auflage, den Betrag seiner Ehefrau weiterzuschenken. Gestaltungsmissbrauch? Literaturhinweis: BFH v. 30.11.2011, DStR 2012, 1652; BFH v. 18.7.2013, DB 2013, 2251 = DStR 2013, 2103; T/L, § 5 Rz.121 161