Dynamische Gebäudesimulation
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Dynamische Gebäudesimulation
88 B R A N C H E N S O F T WA R E MCE hat im Rahmen eines von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft geförderten Projektes die Software VisualEnergy entwickelt. Bilder: Johann Ployer/MCE Anlagenbau Austria Probleme und Lösungsansätze Für Komfort und Wirtschaftlichkeit Dynamische Gebäudesimulation Dynamische Gebäudesimulation nutzt die Leistungsfähigkeit moderner Computertechnologie, um Bauwerke komfortabler und wirtschaftlicher zu gestalten, als das mit konventionellen Methoden möglich wäre. I n der dynamischen Gebäudesimulation werden unter Umwelteinflüssen die physikalischen Vorgänge in der Gebäudehülle, die Bedürfnisse und das Verhalten der Gebäudebenutzer sowie die Funktion der Gebäudetechnik gleichzeitig in einem Computermodell untersucht. Die Betrachtung beschränkt sich dabei nicht auf Extremfälle – etwa heißester oder kältester Tag – sondern umfasst einen längeren Zeitraum – typischerweise einen Jahreszyklus. Stärken und Vorteile Mit Hilfe der dynamischen Gebäudesimulation können Bauphysik und Eigenschaften technischer Einrichtungen wirklichkeitsnah berücksichtigt werden. In einer Zeit, in der Klimakapriolen zum Alltag gehören, ist die Fähigkeit hervorzuheben, aktuelle, standortspezifisch gemessene Wetterdaten zu berücksichtigen. Stärken zeigen sich auch bei der Analyse der Auswirkungen von Sonnenstrahlung auf das Klima im Bauwerk. Ihre Be- einflussung durch Fenster und Lichtlenksysteme kann ebenso realistisch abgebildet werden wie die gegenseitige Beschattung von Gebäuden und Gebäudeteilen. Zeitlich veränderliche Einflüsse wie Wetter oder variable Nutzung und die speichernde Wirkung von Baustoffen werden erfasst. Die gleichzeitige Betrachtung verschiedener Systeme zeigt Wechselwirkungen auf – z. B. zwischen Sonnenschutz und Kühlsystem. Die Rechnung liefert Hinweise auf Komfort, Investitions- und Betriebskosten. Die Berücksichtigung der gegenseitigen Einflüsse ist der Schlüssel zur Optimierung des Gesamtsystems Gebäude, Gebäudenutzer und Gebäudetechnik. Der vom Gebäudenutzer empfundene Komfort lässt sich quantifizieren. Der höhere Nutzen durch Komfortsteigerung kann monetär bewertet und in die Optimierung des Gesamtsystems einbezogen werden. Damit können Gebäude mit bestmöglichem KostenNutzen-Verhältnis geschaffen werden. Nichts ist umsonst. Der Preis für die Stärken der dynamischen Gebäudesimulation liegt im hohen Aufwand, eine Fülle fundierter Daten zu beschaffen und zu verarbeiten. Der dafür notwendige Zeithorizont übersteigt den üblicherweise in der Wirtschaft verfügbaren Rahmen bei weitem. MCE hat deshalb im Rahmen eines von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft geförderten Projektes in mehrjähriger Arbeit die Software VisualEnergy entwickelt, die die Modellierung mit intensiver Datenbankunterstützung weitgehend automatisiert und entsprechend beschleunigt. VisualEnergy verbindet und erweitert die Möglichkeiten vorhandener Speziallösungen zu einem integrierten Gesamtpaket mit komfortabler graphischer Ausgabe. Die damit gewonnene Zuverlässigkeit und Zeitersparnis ist die Basis für eine Analyse komplexer Gebäude im täglichen Geschäft, wobei die erfolgreiche Anwendung nach wie vor Ideenreichtum und langjährige Erfahrung erfordert. Wirtschaftlichkeit Eine hochgradig automatisierte Simulation erlaubt, eine Fülle geometrischer Varianten der Gebäudehülle zu analysieren. Sie macht die Auswirkungen unterschiedlicher Formen und Baustoffe auf den Energieverbrauch transparent. Der lange Betrachtungszeitraum zeigt die tatsächliche Nutzungsdauer der verschiedenen Systeme im Lebenszyklus. Die Priorität für selten gebrauchte Einrichtungen kann auf niedrige Investitionskosten, jene für häufig gebrauchte Anlagen auf sparsamen Energieverbrauch gelegt werden. Über die Lebensdauer betrachtet, erweisen sich die Betriebskosten eines Bauwerkes als entscheidender Kostenfaktor, der Investitionsaufwand tritt in den Hintergrund. Komfort Das Rechenmodell liefert zu jedem Zeitpunkt den Raumluftzustand und beleuchtungstechnische Daten für beliebige Orte im Gebäude. Zusammen mit Angaben über das Nutzerverhalten lassen sich die Ergebnisse zu Komfortaussagen verdichten. Um höhere Komfortstandards zu erfüllen, sind bauliche oder technische Maßnahmen notwendig. Die InvestiÖsterreichs einzige spezialisierte Fachzeitschrift für die Bereiche Heizung, Lüftung, Klima- und Kältetechnik Heizung Lüftung Klimatechnik – 10/2006 Heizung Lüftung Klimatechnik B R A N C H E N S O F T WA R E 89 tions- und Betriebskosten dafür sind der Preis für den Komfort. Umgekehrt wirkt sich reduzierter Komfort negativ auf die Erlösseite aus. Abweichungen vom optischen Raumklima bedeuten verringerte Arbeitsleistung und damit weniger Umsatz. Kurz – weniger Komfort bedeutet weniger Einnahmen für den Gebäudebetreiber. Diese Zusammenhänge zwischen Kosten und Erträge lassen sich quantifizieren. Die Gebäudesimulation liefert dazu die notwendigen Daten. Mit der monetären Bewertung von Komfort gewinnt die traditionelle Wirtschaftlichkeitsbetrachtung eine neue Dimension. Dynamische Gebäudesimulation im Lebenszyklus eines Gebäudes Im Entwurfsprozess sind alle Optionen offen. Die dynamische Gebäudesimulation liefert die notwendigen Entscheidungshilfen für Projektentwickler, Investoren und Architekten, um auf fundierter Grundlage neue Bauwerke zu gestalten. Die Weichenstellungen, die in dieser Phase getroffen werden, beeinflussen nachhaltig Komfort und Wirtschaftlichkeit des Objektes. In der Errichtungsphase, sind die richtungweisenden Festlegungen bereits getroffen, der Spielraum ist beschränkter. Dennoch gibt es Möglichkeiten in der detaillierten Systemund Materialwahl, Investitions- und Betriebskosten maßgeblich zu beeinflussen. Die Qualität regelungstechnischer Vorgaben ist ein entscheidender Faktor für Komfort und Wirtschaftlichkeit, der erst durch dynamische Analysen seriös in den Griff zu bekommen ist. Der Betrieb zeigt, dass die in bestehenden Gebäuden realisierten technischen Lösungen in den seltensten Fällen ideal sind. Die dynamische Gebäudesimulation liefert den Betreibern von Bauwerken die notwendigen Hinweise, wie und in welchem Ausmaß Komfort und Wirtschaftlichkeit der Objekte zu verbessern sind. Österreichs einzige spezialisierte Fachzeitschrift für die Bereiche Heizung, Lüftung, Klima- und Kältetechnik Heizung Lüftung Klimatechnik 10/2006 – Heizung Lüftung Klimatechnik VisualEnergy verbindet und erweitert die Möglichkeiten vorhandener Speziallösungen zu einem integrierten Gesamtpaket mit komfortabler graphischer Ausgabe. Beispiele Die Anwendung der Gebäudesimulation in einem Bürogebäude zeigt, dass sich der Kühlenergiebedarf bei entsprechender konstruktiver Ausführung der Kühldecke durch Nutzung von Speichereffekten um 10% reduzieren lässt. Ein anderes Ergebnis liefert Hinweise, dass die geplanten horizontalen Beschattungselemente eines Bürogebäudes bei flachem Sonnenstand versagen. Komforteinbußen durch Überwärmung im der kalten Jahreszeit sind die Folge. Die Analyse eines bestehenden Bürogebäudes weist darauf hin, dass sich die Behaglichkeit durch Kühlung der Raumluft massiv steigern lässt. Die Daten deuten auf aktuelle Einbußen an Arbeitsleistung in der Größenordnung von 1 Mio. EUR/a, die mit geringem Aufwand beseitigt werden können. Bei praxisüblicher Auslegung wird aufgrund des hohen Aufwandes auf eine Berücksichtigung der gegenseitigen Beschattung von Gebäudeteilen verzichtet. Damit kommt es zu einer Fehleinschätzung der Kühllast, die in einem konkreten Fall für die unteren Gebäudegeschosse bis zu 100% der tatsächlichen Last beträgt. Die genaue Analyse bringt in diesem Fall erhebliche Einsparungen an Kosten technischer Anlagen. Zusammenfassung Die dynamische Gebäudesimulation erlaubt es heute, komplexe Bauwerke mit aufwändiger Technik mit vertretbarem Zeitaufwand wirklichkeitsnah nachzubilden und zu analysieren. Die Rechenergebnisse zeigen Wege zur optimalen Abstimmung des Gesamtsystems Gebäudehülle und technische Einrichtungen unter Berücksichtigung der Nutzerbedürfnisse. Die dynamische Gebäudesimulation ist damit ein Schlüssel zur Optimierung von Investitions-, Betriebs- und Lebenszykluskosten. Johann Ployer, MCE Anlagenbau Austria, Wien, www.mce-ag.com Die dynamische Gebäudesimulation erlaubt es heute, komplexe Bauwerke mit aufwändiger Technik mit vertretbarem Zeitaufwand wirklichkeitsnah nachzubilden und zu analysieren.