20041013 KStA Fassonschnitt
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20041013 KStA Fassonschnitt
Fassonschnitt für Geheimrat Oldenburg VON ANDREAS HELFER, 13. 10. 04, 07: 09h, ak t ualis iert 13. 10. 04, 10: 37h Nicht nur der Ertrag wird größer, auch der Wert als Biotop steigt. Sankt Augustin - „Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt untergeht, würde ich heute ein Apfelbäumchen pflanzen“, heißt es im berühmten Luther-Zitat. Es verschwiegt aber, dass mit dem Pflanzen die eigentliche Arbeit erst anfängt, zumindest, wenn es der ehrgeizige Gärtner auf reichen Fruchtertrag anlegt. Eine überaus wichtige Rolle spielt dabei der Obstbaumschnitt. Wie man richtig vorgeht, zeigte jetzt Agraringenieur Helmut Dahmen auf Einladung des städtischen Büros für Natur- und Umweltschutz. 20 Sankt Augustiner Hobbygärtner waren dazu auf eine Streuobstwiese nach Hangelar gekommen. Bis zu 13 Jahre alte Apfelbäume galt es da zu stutzen und auch eine Hauszwetsche auf den rechten Weg zu bringen. Diese bekam vor dem Einpflanzen einen Wurzel- und einen Pflanzschnitt. „Man schneidet sehr deutlich bis zur Hälfte der Krone weg“, erläuterte Dahmen das Prinzip des Fassonschnitts. „Man sollte eine Pyramidenform anstreben mit einer Stammverlängerung in die Höhe und vier Ästen, die vom Stamm wegführen.“ Wenn an dickeren Ästen auch die Säge zum Einsatz kommt, muss die Wunde versiegelt werden, „etwa ab der Größe eines Fünfmarkstücks.“ Dazu empfahl Dahmen ein spezielles Baumwachs. Zehn Jahre lang bekommen die Bäume einen so genannten Erziehungsschnitt, bis sie die gewünschte Form haben. Dann hat die Hauszwetsche einen Kronendurchmesser von fünf bis sechs Metern und der erste „Leitast“ wächst in etwa 1,80 Meter Höhe aus dem Stamm. 80 Jahre alt kann sie werden, beim Apfelbaum sind es 100 und bei der Birne gar bis zu 300 Jahre. Beim Wurzelschnitt gehe es vor allem darum, trockene Teile zu entfernen, so dass man etwa drei bis fünf Zentimeter zurückschneiden müsse. „Der Schnitt reguliert das Holzwachstum“, so Dahmen. Eine Naturkrone - der Gegensatz zur Kulturkrone - habe dünnere Äste und kleinere Früchte zur Folge. Zudem mindere Wildwuchs den Wert einer Streuobstwiese als Biotop. Grünspecht, Fledermaus, Hirschkäfer, Steinkauz, Hummel und viele Tiere mehr können sich in den Gärten breit machen. Fast 3000 Tierarten profitieren nach Angaben des Naturschutzbüros von den Gärten. „Der Rhein-Sieg-Kreis war einer der streuobstreichsten Kreise in Nordrhein-Westfalen“, so Dahmen. Vor langer Zeit bekamen Apfelbaumsorten ihre stolzen Namen, wie etwa „Kaiser Wilhelm“ und damals mit ausdrücklicher Erlaubnis ihrer Majestät. In Hangelar stutzen die Baumcoiffeure dem „Geheimrat Oldenburg“ die Krone. Nähere Informationen hat das Büro für Natur- und Umweltschutz, 02241 / 24 32 69