Aufenthalt in Austin, Texas 2010/2011

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Aufenthalt in Austin, Texas 2010/2011
Aufenthalt in Austin, Texas 2010/2011
Bevor ich von von meinen Eindrücken und dem Studentenleben in Austin erzähle, möchte ich
vorweg erst über die Planung des Aufenthalts sprechen.
Normalerweise findet etwa 1 Jahr vor dem eigentlichen Austausch ein erstes Treffen statt,
welches einem einen ersten Einblick verschafft, was alles auf einen zukommt. Wenn ich mich
recht erinnere, mussten wir bis zum zweiten Treffen schon den TOEFL-Test ablegen.
Meistens muss man eine Vorlaufzeit von einigen Wochen mit einplanen, sprich man sollte
sich recht frühzeitig dafür anmelden. Die Kosten von ca. 150$ für den Test haben dann schon
recht viele abgeschreckt, was für mich günstig war, da dadurch jeder in unserem Programm
ein Stipendium erhielt. Man sollte vorher die Nummern der amerikanischen Universitäten
heraussuchen und die Ergebnisse des Tests an alle möglichen Universitäten schicken, die in
Betracht kommen. Ich glaube für 3 Universitäten war es kostenlos, alle weiteren kosten so um
die 15!, sprich es macht Sinn, sich vorher zu informieren. Nach dem zweiten Treffen war
dann auch klar, wer alles nach Amerika möchte, da nur die das Geld in den Test investiert
haben, die auch die Absichten hatten. Abgesehen von dem TOEFL-Test muss man außerdem
noch den GRE-Test absolvieren. Der untergliedert sich in 2 Teile. Dem allgemeinen und den
fachspezifischen Teil. Ich erinnere mich nicht mehr an die Kosten, jedoch liegen auch diese
Preise jeweils zwischen 100-200$. Der GRE-Test kann allerdings auch erst in Austin
nachgeholt werden und ist kein Muss für die Bewerbung, jedoch um von der Universität in
Austin mit einem Master abzuschließen. Nachdem bei einem vielen Treffen entschieden
wurde, wer auf welche Universität ging, ist der Bewerbungsprozess losgegangen. (Nur ein
kurze Randnotiz: Amerikaner betreiben denselben Bürokratieaufwand wie Deutsche). Die
Bewerbung verlief dementsprechend natürlich auch nicht reibungslos. Nachdem man sich
online beworben hat (application fee in Höhe von 95$) mussten wir noch weitere Formulare
an die Universität schicken. Abgesehen von dem „statement of purpose“ auch noch 3 „letters
of recommendation“ von Würzburger Professoren. Die dafür eingerichtete Statusseite der
Universität war leider nie wirklich up-to-date, was natürlicherweise zu Problemen und
Missverständnissen geführt hat. Hat man diese Phase der Bewerbung überstanden, muss man
außerdem noch nachweisen, dass man selber (!!!) oder ein Elternteil mehr als 30.000$ besitzt,
um an das F1-Visa zu kommen. Da die Eltern jedoch niemals unterschreiben, für mich zu
bürgen, hat diese Aktion für mich keinen Sinn ergeben. Zeitgleich hatten wir und für ein
Apartment beworben, was leider ebenfalls nicht wirklich reibungslos verlief, weshalb die
Bewerbungen für Uni und Apartment einen monatelang begleiten und am Ende recht genervt
haben. (Jedoch eines vorweg, der Aufwand hat sich auf jeden Fall gelohnt und ich würde es
auch sofort wieder tun.).
Visum kosten nochmal 200$ Sevis-Gebühren + 10$ um einen Termin auszumachen. Flug
nach Amerika haben wir auch schon im März gebucht, weshalb wir auch dieses Geld
vorgestreckt haben.
Muss man dann wie ich noch einen Reisepass (Dauer der Ausstellung geht recht schnell, etwa
1-2 Wochen) beantragen, muss man doch erstmal sehr viel Geld im voraus investieren, um
überhaupt alle Bedingungen zu erfüllen. Das war uns damals nicht wirklich klar und ich wäre
froh um diese Information gewesen. Eventuell hat es aber auch eine abschreckende Wirkung,
trotzdem kann ich den Auslandsaufenthalt in Austin jedem nur wärmstens ans Herz legen, es
lohnt sich!
Nachdem auch klar war, dass jeder von uns ein DAAD-Teilstipendium erhielt, ist mir auch
ein Stein vom Herzen gefallen. Das beinhaltet 350! + etwa 30! Versicherungspauschale
monatlich (nur 9 Monate und keine 12!!!, da es nur die Zeit für das Herbst- und
Frühlingssemester abdeckt). Hinzu kamen 1000! für Flug (Hin-und Rückflug, deckt leider
nicht alles komplett ab), sowie 3000! für Studiengebühren, die bei weitem nicht alles
abgedeckt haben, auch wenn es im Vorfeld anders verlautet worden ist. Insgesamt muss man
für das ganze Jahr mit etwa 10.000-11.000$ Studiengebühren rechnen, wobei einem 1000$
von Uni Austin erlassen werden und man im Sommersemester etwa 1200$ weniger zahlen
kann, falls man als RA (research assistent) angestellt ist. Zusammen mit den 3000!, was bei
momentanem Wechselkurs etwa 4500$ sind, bleiben immernoch 3000-4000$ an
Studiengebühren übrig, die man selber übernehmen muss. Uns war auch dies im Vorfeld nicht
klar, aber im Endeffekt hat alles gut geklappt. Das Geld, vorallem die Einmalzahlungen von
Flug und Studiengebühren werden erst im September überwiesen, der Rest zweimonatlich,
aber auch beginnend mit September.
Zur Auslandsversicherung ist auch folgendes wichtig. Es gibt ein Formular auf der UT
homepage, welches man seiner Versicherung geben muss, welches beweist, in welcher Höhe
und was alles von der Versicherung abgedeckt wird. Meine Versicherung hat es
glücklicherweise flott unterschrieben, jedoch hatten meine beiden Mitbewohner
Schwierigkeiten diese Unterschrift zu erhalten. Falls man den Beleg von seiner Versicherung
nicht hat, muss man eine Versicherung der Universität abschließen, welche im vierstelligen
Bereich liegt und einem bei weitem schlechtere Absicherung bietet, als eine deutsche. Darum
sollte man sich am besten im Vorfeld schon kümmern, um Probleme in Austin zu vermeiden.
Außerdem muss man sich gegen Mumps, Masern und Röteln impfen lassen. Auch dies muss
vom Arzt beglaubigt werden (Formulare auf „healthy horns homepage“).
Ich möchte noch einmal betonen, dass ich trotz der Unkosten, die einen zuerst abschrecken
könnten, diesen Austausch sofort wieder machen würde, jedoch waren wir uns alle einig, dass
eine grobe Kostenkalkulation im Vorfeld hilfreich gewesen wäre. Nun jedoch zum
Austausch...
Universität:
Leider haben wir die „orientation week“ verpasst, welche aber nach vielfachen Aussagen
nicht wirklich hilfreich war. Zu Beginn mussten wir erstmal einige sogenannte „bars“
entfernen, was z.B. beinhaltet, sich mit dem „academic advisor“ zu treffen, oder am
„immigration briefing“ des „international office“ teilzunehmen. Hat man alle bars erledigt,
kann man sich für Kurse registrieren. Dabei hilft einem der „academic advisor“ ( prof. Keto)
sehr gut. Er hat sich damals 1,5 Stunden für uns Zeit genommen und auch für die beiden
anderen Semester wurden wir von dieser Seite aus immer sehr gut betreut. Bei weiteren
Fragen kann man sich auch an Matt Ervin wenden, der offiziell als „student advisor“ arbeitet,
der aber bei so ziemlich allen Fragen irgendwie weiterhelfen kann. Prof. Fink ist der deutsche
Ansprechpartner und Professor an der UT, der einem gerade auch am Anfang weiterhelfen
kann, speziell auch bei der Gruppenwahl.
Einen E-Mail account sollte man auch recht zügig anmelden. Man sollte sich im Vorfeld über
die Gruppen informieren, oder sich zumindest 2-3 Gruppen heraussuchen, die einen
interessieren könnten für seine Masterarbeit. Man muss sich dann innerhalb von 1-2 Wochen
für eine Gruppe entscheiden, was für meinen Geschmack etwas zu schnell ist, da man nicht
wirklich viel Einblick in die Gruppen gewinnt und auch die Zeit zum Einlesen etwas fehlt. Da
wir aber nur 1 Woche vor Semesterbeginn ankamen, dürfen wir uns darüber aber eigentlich
nicht beschweren. Ich hatte Glück und habe eine gute Experimentalphysikgruppe erwischt,
bei Prof. de Lozanne, der sich mit Mikroskopie beschäftigt. Meine Masterarbeit bestand darin
ein STM selber zu bauen, zum Laufen zu bringen um anschließend damit Daten
aufzunehmen.
Nebenher belegt man noch „graduate“-Kurse, welche aber bei geschickter Wahl nicht
übermäßig viel Arbeitsaufwand erfordern, was teilweise auch so angedacht ist, um mehr Zeit
im Labor zu verbringen. Im ersten Semester (fall semester ) belegt man normalerweise 4
Kurse:
⁃
-„Experimental physics“: Man trifft sich einmal die Woche, wobei physikalische
Themen besprochen werden, man hält 2 Vorträge und es gibt Laborführungen. Die
beiden Vorträge sind einmal zu Beginn über sein Masterprojekt und am Ende des
Semesters über die Ergebnisse, die man soweit hat.
⁃
⁃
-390N-Course: Ist nicht wirklich ein Kurs, man muss ihn aber
gleichzeitig mit dem „Experimental physics“ Kurs belegen. Im Endeffekt bekommt
man Credits dafür im Labor zu arbeiten. Bewertet wird man am Ende vom Prof. des
Labors (meistens der Betreuer der Masterarbeit)
⁃
⁃
-„Physics of Sensors“: Vierteiliger Kurs, der Atomphysik,
Plasmaphysik, Mikroskopie und Kern- und Elementarphysik abdeckt. Nicht wirklich
schwer, gibt für jeden Schwerpunkt eine Hausaufgabe, die dann die Gesamtnote
ergibt.
⁃
⁃
- Ein weitere Kurs nach freier Wahl. Ich hatte mich für Biophysik
entschieden.
Im spring semester belegt man nur noch 3 Kurse:
⁃
-„Technical seminar“: Einmal pro Woche hält ein „Physiker im Beruf“ einen Vortrag
über seine Tätigkeit in der Wirtschaft. Darüber muss ein Report geschrieben werden.
⁃
⁃
- „Writing master thesis A“: Name ist Programm. Von uns hat nur
niemand damit angefangen, die Arbeit schon im spring semester zu schreiben, daher
war der Aufwand dafür natürlich minimal.
⁃
-Ein weiterer Kurs nach freier Wahl. Diesmal fiel die Wahl auf „inorganic
nanostructures“.
Summer semester, 1 Kurs:
⁃
-„Writing master thesis B“: Diesmal muss man wirklich seine Arbeit schreiben, dafür
ist dies zusammen mit der Laborarbeit das einzige, was man in diesem Semester zu
tun hat. Man muss außerdem in diesem Kurs eingeschrieben sein, um an der Uni nach
dem Sommer mit einem Master abzuschließen.
Sonst gibt es einmal pro Woche am Mittwoch ein großes Colloquium, das sehr gut besucht ist
und normalerweise recht interessante Themen anbietet.
Der Campus der Universität ist riesig, getreu dem Motto, „everything's bigger in Texas“. Die
Uni hat 50.000 Studenten und ist damit eine der größten staatlichen Universitäten des Landes.
Es gibt viele Restaurants und Fast-Food-Restaurants auf dem Campus und sogar eine eigene
Campus-Police.
Die Uni hat einen sehr international geprägten Eindruck hinterlassen und es gibt sehr viele
international Studenten. Es gibt häufig kleine Events oder Feiern vor dem Hauptgebäude,
teilweise von verschiedenen Kulturen oder aber von irgendwelchen Arbeitskreisen oder
sonstigen Gruppen.
Es gibt eine Organisation, die sich ausschließlich um die internationalen Studenten kümmern,
„Planet-Longhorn“. Diese organisieren immer wieder Ausflüge, oder sonstige Parties speziell
für internationale Studenten, wobei auch immer Amerikaner dabei sind. Sie bieten sogar an,
Studenten vom Flughafen abzuholen wenn sie neu in Austin ankommen, also einfach mal auf
deren homepage schauen und sich einen Abholdienst buchen lassen.
Sport:
Das Sportangebot ist reichlich. Es gibt soweit ich informiert bin insgesamt 4 Fitneßstudios, 2
Schwimmbecken (innen- und außen), sowie ein Becken für Wasservolleyball und einen Pool
nur zum relaxen. Darüberhinaus gibt es etliche Angebote für weiter Sportarten, darunter
natürlich die bekannten wie Basketball, Volleyball, Fußball... . Es gibt auch immer
Unimeisterschaften, bei denen selbst gebildete Teams gegeneinander antreten, wobei beide
Geschlechter in einem Team spielen können/müssen. Außerdem natürlich unzählige Kurse,
aber da macht es sicher Sinn sich die Homepage einmal näher anzusehen. Leider kann KEIN
Football gespielt oder ausprobiert werden. Nur Flag-football kann gespielt werden, eine
Variante ohne wirklichen Körperkontakt.
Die Universität besitzt außerdem noch eine der besten College-Footballmannschaft der USA.
Getreu dem Motto „everything's bigger in Texas“ haben sie auch eines der größten Stadien
weltweit. Es passen mehr als 100.000 Menschen in das Stadion. Im „fall semester“ beginnt
die football season, die man auf keinen Fall verpassen darf. Selbst wenn man kein Sportfan
ist, darf man dieses Spektakel nicht verpassen, wenn die „Texas-Longhorns“ ein Heimspiel
haben.
Was sicherlich auch noch erwähnenswert ist, ist „rec-sports“. Das ist eine Organisation, die
Reisen organisieren, die zwar meist sportlichen Charakter aufweisen, jedoch nicht immer. Ich
habe zweimal daran teilgenommen, über Thanksgiving einen 5-tägigen Kanutrip in den Big
Bend Nationalpark und Anfang Juli einen Tag rock climbing. Jedes Mal hat alles super
geklappt und ich kann es nur jedem empfehlen, es macht wirklich Spaß. Sie bieten auch
Reisen in Nationalparks an, die immer alle interessant klangen, man natürlicherweise aber
nicht für alles Zeit und Geld hat.
Leben in Austin:
Zuallererst muss man erwähnen, wie allgemein bekannt, dass es in Texas sehr sehr heiß ist.
Wenn man nie dort gewesen ist, kann man sich überhaupt nicht vorstellen wie es ist,
monatelang um die 40°C Temperaturen und eine extreme Schwüle zu haben, vorallem im
Sommer. Ich persönlich habe so etwas noch nie erlebt und es ist mit dem Wetter aus den
südlichen europäischen Ländern meiner Meinung nach nicht zu vergleichen. Man ist im
Sommer immer am Schwitzen außer man ist in einem Gebäude, die allesamt mit
Klimaanlagen ausgestattet sind. Meist hat man dann einen Temperaturunterschied von etwa
20°C, wenn man aus einem Gebäude nach außen geht. Aber im Allgemeinen hatten wir alle
nicht wirkliche Probleme mit der Hitze.
Das Leben dort weist allerdings generell viele Unterschiede auf!
Die Mietpreisen sind rund um die Uni locker 700-800$. Lebensmittel sind etwas teurer,
zumindest wenn man sich gesund ernähren möchte. Wer keinen Meal-plan hat und öfter
einkaufen gehen muss, für den macht es Sinn, sich ein Auto anzuschaffen, da die komplette
Infrastruktur so ausgelegt ist, dass man ein Auto besitzt. Es gibt zwar Busse in Austin, doch
können die gerade am Wochenende recht unregelmäßig fahren.
Ich habe in einem Studentenviertel gelebt, dementsprechend viele Parties gab es dort. Gerade
am Anfang des Herbstsemesters gibt es viel Hausparties. Austin ist eine der Partyhauptstädte
der USA. Die downtownarea bietet sehr viel bars und clubs, die meist kein Eintritt verlangen
und sich alle auf 4 Straßen konzentrieren, wo man sehr gut neben dem Studium feiern gehen
kann. Außerdem gilt Austin als die Hauptstadt der live-music. Sprich in den meisten bars,
speziell unter der Woche, gibt es live-Musik, wobei nach wie vor so gut wie nie Eintritt
verlangt wird.
Hauptattraktion von Austin ist die „batbridge“. Unter dieser Brücke leben ca. 4 Millionen
Fledermäuse, die bei Sonnenuntergang auf Futtersuche gehen, welchen man zusehen kann.
Das Areal „south congress“ ist auch auf jeden Fall ein Besuch wert. Jeden ersten Donnerstag
im Monat gibt es dort eine Art Markt, den man besuchen kann.
Da Texas sehr mexikanisch geprägt ist, ist die spanische Sprache auch sehr verbreitet. Ob im
Supermarkt oder im Bus, man hört die spanische Sprache sehr häufig. Wer schon Spanisch
kann und seine Kentnisse verbessern möchte, ist hier gut aufgehoben. Natürlich ist das Essen
auch mexikanisch geprägt, vorallem die „tex-mex“ Küche hat mir sehr gut geschmeckt.
Generell muss man aber darauf achten was man isst, da Fast-Food an jeder Ecke angeboten
wird. Speziell was Süßigkeiten angehen haben sich meine Vorurteile bestätigt. Extrem süß
und meist zu viel. Für meinen Gaumen so gut wie immer viel zu süß, weshalb ich kaum Süßes
gegessen habe/ essen konnte. Selbst in der Physikfakultät gibt es ein sogenanntes „pizzaseminar“, bei dem Pizza zur Mittagszeit kostenlos angeboten wird. Pizza ist allgemein sehr
beliebt und es gibt sie an jeder Ecke.
Zusammenfassend kann ich mit einem Leichten behaupten, dass ich diesen Aufenthalt sehr
genossen habe und ich ihn trotz der Mühe und Kosten auf jeden Fall wieder machen würde.
Ich kann nur jedem empfehlen, nach Austin zu kommen; ihr werdet dort sicherlich eine sehr
gute Zeit haben.
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