Herstellungs-techniken PDF - Anker

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Herstellungs-techniken PDF - Anker
Herstellungstechniken
Herstellungstechniken
10. Auflage, gültig ab April 2005
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INHALT
Seite
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Textile Rohstoffe
Wolle
Synthetics
Polyamid
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8
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Verarbeitungs-Techniken von Textilfasern
Spinnen
Zwirnen
Fixieren
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10
10
10
10
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Das Färben
Färbeverfahren
Produktionsgefärbte Fasern und Garne
Faser- bzw. Garnfärbung
Bedruckte Garne
Stückfärben
Bedrucken
TEPPICHBODEN-HERSTELLUNG
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13
14
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Das Web-Verfahren
Geschichtliche Entwicklung
Schaft-Ruten-Webverfahren
Webvorgang
Jacquard-Ruten-Webverfahren
Nachbehandlung
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21
22
22
23
24
24
24
Das Tufting-Verfahren
Geschichtliche Entwicklung
Tuftvorgang
Polhöhe
Teilung
Stichzahl
Cut-loop
Tip-sheared
Level-sheared
Random-sheared
25
25
25
Nachbehandlung
Trocknen und Scheren
Rückenbeschichtung
Qualitätskontrolle
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TEXTILE ROHSTOFFE
Die Bedeutung verschiedener textiler Rohstoffe für die Heimtextilien-Industrie
hat sich in den letzten 50 Jahren sehr stark verändert.
Bis in die Hälfte des 20. Jahrhunderts deckten die Naturfasern den weitaus
größten Teil des Bedarfs. Heute entfallen auf den Faserverbrauch für den
Teppichboden ca. 12% auf Naturprodukte und ca. 88% auf Chemiefasern.
Die Rohstoffe lassen sich wie folgt aufteilen:
NATÜRLICH
a. pflanzlich
SAMENFASER
STENGELFASER
BLATTFASER
CHEMISCH
b. tierisch
Baumwolle
WOLLE
Kokos
HAARE
Flachs
Hanf
Jute
Ramie
Manila-Hanf
Neuseeland-Flachs
Sisal
SEIDE
Schaf
Hase
Kamel
Kanin
Lama
Pferd
Rind
Ziege
Maulbeerseide
Muschelseide
Tussahseide
c.
HOLZ
FISCHEIWEISS
d. synthetisch
Viskose
Zellwolle
Kasein
ERDÖL
Polyamid
Polyester
Polyacryl
Polypropylen
Wolle
Der älteste und bekannteste Faserstoff für die Herstellung von Teppichen und
Teppichböden ist die Wolle. Ihre Erscheinungsformen und Qualitäten sind so
vielgestaltig wie die Namen und Rassen ihrer Lieferanten, der Schafe. Die etwa
450 verschiedenen Rassen liefern eine Vielfalt von Wollarten, die je nach
Herkunftsland differenziert werden.
Für die Herstellung von Teppichen und Teppichböden eignet sich nur eine robuste und widerstandsfähige Wolle, die sorgfältig von den Belags-Herstellern ausgewählt wird.
Die hohe Elastizität der Wolle garantiert in erster Linie die schnelle Erholung
und damit ein immer gleichmäßiges Aussehen. Durch ihre Fähigkeit,
Feuchtigkeit aufzunehmen, ohne sich feucht anzufühlen, trägt sie zum
Feuchtigkeitsausgleich der Raumluft bei.
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Synthetics
Die landläufige Meinung, Chemiefasern seien eine Erfindung unserer Zeit, ist zu
revidieren. Bereits im 17. und 18. Jahrhundert legten der englische
Naturforscher Robert Hooke und der französische Physiker Réaumur in ihren
Werken die Idee nieder, „künstliche Seide“ zu erzeugen. Allerdings setzte erst
gegen Ende des 19. Jahrhunderts der Franzose Graf Chardonnet die Idee in die
Tat um. Auf der Weltausstellung 1884 in Paris zeigte er ein Gewebe aus künstlichen Fäden.
In den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts wurde die erste ChemieKupferseide in Deutschland gesponnen.
Nach dem ersten Weltkrieg kam die Acetat-Kunstseide hinzu.
Die Geschichte der synthetischen Faserstoffe begann am 04. 07. 1913. An diesem Tag beantragte der Deutsche F. Klatte von der „Chemischen Fabrik
Griesheim Elektron“ aufgrund der Polymerisationsreaktion von Vinylverbindungen den Patentschutz zur Herstellung von Fasern. Praktische Bedeutung
hatte die Erfindung zunächst genausowenig wie die Erfindung des deutschen
Nobelpreisträgers H. Staudinger der mit der Polyoxymethylen-Faser im Jahre
1927 die erste Synthesefaser schuf.
Polyamid
Am 03. 07. 1931 meldete die Fa. Du Pont de Nemours & Co. in den USA ein
Patent zur Herstellung von Polyamidfasern an. Einem Team von
Wissenschaftlern unter der Leitung von Dr. Wallace H. Carothers war es gelungen, aus Hexamethylendiamin und Adiphinsäure das heutige Nylon in verspinnbarer Form herzustellen. Im Jahre 1938 brachte Du Pont es unter der
Bezeichnung Nylon 6.6 auf den Markt.
Der deutsche Chemiker Paul Schlack schuf 1938 (Patentanmeldung 11. 06.
1938) ein weiteres Verfahren zur Erzeugung von Polyamid. Hierzu verwendete er
Aminocapronsäure als Ausgangsmaterial.
Durch Erhitzen des Lactams mit Salzsäure gelang es ihm, ein lineares Polyamid
zu erhalten. Das Verfahren kollidierte nicht mit den Schutzrechten der Fa. Du
Pont und führte zur Erzeugung von Nylon 6, das als Perlon auf den Markt kam.
Die Zahlen 6 und 6.6 bedeuten die Anzahl der Kohlenstoffatome in den jeweiligen Bausteinen für Polyamid.
„Poly“ heißt viel und bezeichnet die Vereinigung kleiner Moleküle zu größeren
Einheiten.
Zur Herstellung von Polyamidgarn wird das Polymer bei ca. 250ºC geschmolzen
und durch Spinndüsen gepresst. Die aus den Löchern tretenden erstarrten dünnen Schmelzdrähte werden anschließend auf die mehrfache Länge verstreckt,
wodurch ein starkes, äußerst dünnes Fadenmaterial ensteht.
Dickeres Garn, wie es zur Teppichboden-Herstellung erforderlich ist, besteht
aus einem Bündel solcher Fäden, die Filamente genannt werden.
Im so genannten Texturierverfahren erhält das Garn eine physikalische oder
chemische Veränderung vom glatten Filamentgarn zum gekräuselten
Endlosgarn (BCF) und bekommt dadurch Volumen, das für die Verarbeitung zu
Teppichboden erforderlich ist.
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Neben diesem Filamentgarn kennen wir das Spinnfasergarn. Hierbei werden
Spinnfäden zu einem Kabel vereinigt, das dann gestreckt, gekräuselt und auf die
gewünschte Länge geschnitten wird.
Danach werden diese Fasern zu Garn versponnen. Der wesentliche Unterschied
zwischen Spinnfaser- und Filamentgarn besteht darin, dass Filamentgarn aus
endlosen Filamentbündeln und Spinnfasergarn aus kurzen gedrehten und versponnenen Fasern besteht.
Nicht immer ist das zu verwendende Fasermaterial für sich allein eine optimale Lösung. Durch Mischen lassen sich die Vorteile der einen Faser mit denen
einer anderen verbinden. Eine der bekanntesten Mischungen ist 80% Wolle mit
20% Polyamid.
Heute stehen neben dem Polyamid auch Polyacryl, Polyester und Polypropylen
als synthetische Rohstoffe zur Verfügung. Allerdings ist in allen westeuropäischen Staaten Polyamid für die Herstellung von Teppichböden der weitaus wichtigste Rohstoff.
Fasermaterial
Wolle
Baumwolle
Polyamid Polyacryl Polyester PolyproNylon
pylen
Faserkriterien
Dichte
Schmelzpunkt
1,32 g/cm3 1,54 g/cm3 1,14 g/cm3 1,14-1,18
–
–
255° C
215° C
1,38 g/cm3 0,90 g/cm3
256° C
165° C
Abriebfestigkeit
Wiederholungsvermögen
Oberflächenveränderung
Lichtbeständigkeit
Verrottungsbeständigkeit
Anschmutzungsverhalten
Eignung von Fasermaterialien für spez. Anforderungen im
Bodenbelagbereich
sehr gut
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gut
weniger gut
Spinnen
Das Spinnen ist das älteste Handwerk der Menschheit. In Klein-Asien fand man
z. B. eine aus dem 1. Jahrtausend stammende Plastik, die eine Spinnerin darstellt.
Aus Fadenmaterial, Tierwolle und Blattfasern, wurde mit Daumen und Zeigefinger ein Faserbändchen gezogen und durch Drehen einer Spindel zum Faden
verdreht und aufgewickelt.
Das erste Spinnrad stammt aus dem Jahre 1530. Die erste Krempelmaschine
zum Auflösen von Fasern wurde 1736 von Wyatt gebaut. James Heargraves konstruierte 1795 die erste Spinnmaschine.
In der industriellen Spinnerei werden die wirr vorliegenden Spinnfasern auf verschiedenen Maschinenpassagen zunächst parallelisiert und zu Faserbändern
verarbeitet. Die zugeführten Fasern werden in einem aufeinander abgestimmten System gegeneinanderlaufender Walzen aufgezogen und weitergegeben
(Krempel).
Die Faserbänder werden u. a. von Verunreinigungen befreit, verstreckt und
gleichzeitig vergleichmäßigt. Durch die Drehung wird das verfeinerte Faserband
zum Spinnfasergarn versponnen (Spinnmaschine) d. h. der parallelliegende
Faserverband verfestigt. Hierdurch wird ein Reibungsschluss zwischen den
Fasern erzeugt, der dem Gespinnst Festigkeit verleiht.
Nach dem beschriebenen Verfahren wird aus Spinnfasern - meist kurzer bis
mittlerer Faserlänge - ein relativ grobes, voluminöses, fasriges Garn mit eigenständigem Garncharakter gesponnen.
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Zwirnen
Durch Zusammenführung von mindestens zwei Garnen, auch unterschiedlicher
Stärke, und anschließender Drehung mit Zwirnmaschinen, werden Zwirne
unterschiedlicher Konstruktion und Eigenschaften erzeugt.
Die Drehung der Garne (Z = rechts, S = links) ist meist der Spindeldrehung der
Garne entgegengesetzt. Durch das Zwirnen wird die Festigkeit gesteigert und
die Gleichmäßigkeit erhöht.
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Fixieren
Um bestimmte Garnkonstruktionen zu erhalten, werden Einfach- und
Mehrfachgarne normal oder stark gedreht. Durch Überdrehen der Garne wird
ein Kräuseleffekt erreicht, der ein Verwerfen der Noppe im Teppichbodenflor zur
Folge hat (Twist, Frisé).
Damit der gewünschte Effekt im Garn permanent bleibt, muss das Garn in dieser Überdrehung fixiert werden. Zu diesem Zweck wird das Garn mit Hitze und
Dampf (heat-set) behandelt.
DAS FÄRBEN
Mit Färben bezeichnet man den technischen Vorgang zum Einfärben von
Textilien. Zunächst war man dabei auf die Verwendung von Naturfarbstoffen
angwiesen, die dem Pflanzen-, Tier- oder Mineralreich entstammten.
Zu den bekanntesten pflanzlichen Farbstoffen gehörten der Indingo- und der
Krapprot-Farbstoff.
Aus dem Tierreich stammte der Purpur-Farbstoff, der aus einer Schneckenart
gewonnen wurde. Die Gewinnung dieses Farbstoffs war äußerst schwierig und
extrem teuer; benötigte man doch für die Gewinnung von 1 Gramm Farbstoff ca.
12.000 Schnecken.
Ein weiterer Naturfarbstoff war das Cochenillerot, das aus dem Weibchen einer
Schildlausart gewonnen wurde.
Zu den mineralischen Farbstoffen gehörten z. B. das Chromgelb, der Zinnober,
das Schweinfurter Grün (Kupferarsenit) und das Ultramarin.
Etwa Mitte des vorigen Jahrhunderts begann man mit der Herstellung künstlicher Farbstoffe. Sie sind verwickelt aufgebaute KohlenwasserstoffVerbindungen. Heute ist nahezu jede gewünschte Farbe in Textilien darstellbar.
Daher ist nicht nur die Schönheit der Farbe von Wichtigkeit, sondern auch ihre
Echtheit gegenüber Licht, Wasser und mechanischer Beanspruchung (Reibung).
Für spezielle Einsatzgebiete können auch die Echtheiten gegen Säuren und
Laugen von Bedeutung sein.
Färbeverfahren
Die heiße Farbflotte (wässrige Lösung oder Aufschlämmung von Farbstoffen)
wird mit dem Färbegut in innige Berührung gebracht (durchgepumpt, durchgeführt). Dabei „ziehen“ die Farbstoffe auf das Färbegut.
Grundsätzlich können Fasern, Garne und Teppichböden gefärbt werden. Dazu
sind unterschiedliche Färbeverfahren und Maschinen erforderlich:
Faserfärbung
Teppichbodenfärbung
Garnfärbung
Spinndüsenfärbung
Flockefärbung
Bedrucken
Stückfärbung
Strangfärbung
Space-dyeing
Space-treating
Dye-resist
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Produktionsgefärbte Fasern und Garne
Diese Fasern und Garne erhalten ihre Farbe bereits während des
Spinnprozesses - die Farbe wird also bereits der Spinnmasse beigefügt
(Spinndüsenfärbung). Das Ergebnis sind durchgefärbte Filamente die auch
meliert oder mouliniert hergestellt werden können.
Faser- bzw. Garnfärbung
Das Färben erfolgt in sogenannten Zirkulations-Apparaten, in die das Färbegut
als Faser oder Strang in den Färbeapparat eingebracht wird. Während das
Färbegut nicht bewegt wird, wird die Farbflotte gleichmäßig durch das Färbegut
gepumpt.
Das Färben von Fasern erfolgt in jedem Fall im Packsystem (Flockenfärbung),
während bei Garnen sowohl im Pack- als auch im Hängesystem (Strangfärbung)
gefärbt werden kann. In Zirkulations-Apparaten können bis zu 2.000 kg Garn
farbgleich gefärbt werden.
Beim Färben von Fasern ist die farbgleiche Menge praktisch unbegrenzt, da
Teilfärbungen mit geringen Farbunterschieden vor dem Verspinnen gemischt
werden und somit ein einheitlicher Farbausfall gewährleistet ist.
Bedruckte Garne
Im Gegensatz zu den produktionsgefärbten Garnen kommen bei dieser
Färbemethode mehrere Farben je Faden vor. Die Abschnitte je Farbe können
sehr lang (long space) oder aber sehr kurz (bis zum Punkteffekt) sein (short
space). Während beim Space-dyeing die Farbe aufgedruckt wird, arbeitet man
beim Space-treating stattdessen mit chemischen Reservierungsstoffen, die
beim späteren Stückfärben differenziert Farbstoffe aufnehmen.
Stückfärben
Fasern und Garne müssen vor der Teppichboden-Herstellung in gefärbtem
Zustand zur Verfügung stehen. Kurzfristige Reaktionen auf Farbwünsche eines
Kunden sind nicht möglich.
Die Lösung dieses Problems ist die Stückfärbung. Im Gegensatz zu dem bei der
Faser- und Garnfärbung beschriebenen Zirkulations-Verfahren wird beim
Stückfärben der Teppichboden durch die Farbflotte bewegt.
Beim diskontinuierlichen Verfahren (Kufenfärbung) werden bis zu 200 lfd.
Teppichmeter in 400 und 500 cm Breite als endloses Band durch die Farbflotte
geführt.
Bei diesem Verfahren wird der Teppichboden aus ungefärbtem (rohweißem)
Garn gefertigt und erst später in einer beliebigen Farbe eingefärbt. Besondere
Bedeutung bekam das Stückfärbeverfahren durch die Entwicklung der Tuftingtechnik und den Einsatz sogenannter Differential-Dyed-Garne.
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1. Teppichboden
2. Farbbad
3. Haspel, die den Teppichboden
durch das Farbbad befördert.
Unter Differential-dyeing versteht man unterschiedliches Anfärben technologisch gleicher aber im chemischen Aufbau unterschiedlicher PolyamidGarntypen. Das bedeutet, dass bei der Produktion des rohweißen Teppichbodens
bereits musterabhängig die verschiedenen anfärbbaren Garntypen eingesetzt
werden müssen.
Beim Stückfärben können dann in einem Färbebad bis zu 3 Farbtöne dargestellt
werden. Durch den Einsatz von bereits stellenweise überfärbeecht eingefärbten
Garnen (Dye-resist) können Multicolor-Effekte erzielt werden.
Die Durchführung des Stückfärbens kann entweder in einer Kufe oder im
Kontinuefärbe-Verfahren erfolgen, bei dem praktisch eine unbegrenzte Menge
Teppichboden farbgleich gefärbt werden kann.
Bedrucken (Chromo-Jet-Verfahren)
Wie beim Stückfärben wird der Teppichboden als rohweiße Ware in
Herstellungsbreite der Druckmaschine zugeführt.
Über einen Warenspeicher, eine Dämpfereinrichtung und Bürsten gelangt die
Ware auf den Drucktisch. Hier wird sie gestoppt und der Druckkopf fährt quer
zur Einlaufrichtung (Tuftrichtung) von Position 1 zu Position 2.
Der Drucktisch schiebt die Ware 1,6666 mm (1 cm/8 entspricht dem
Druckpunktabstand von 1,666 mm) vor und fährt von Position 2 zu Position 1
zurück. Nachdem der Druckkopf die Position 1 wieder erreicht hat, erfährt die
Ware einen Vorschub und der Kopf startet erneut.
Der Düsenkopf hat pro Farbe 64 Düsen in der Anordnung 8 x 8. Da max. 12
Farben pro Dessin möglich sind, ist der Druckkopf mit insgesamt 768 Düsen
bestückt. Da der eigentliche Düsenkörper einen Durchmesser von ca. 2 cm hat,
wurden die 64 Düsen pro Farbe diagonal angeordnet.
Diese Düsen takten auf magnetischem Wege und können bis zu 400 Öffnungsund Schließvorgänge pro Sekunde durchführen. Mit Chromo-Jet können Waren
mit einem Poleinsatzgewicht von ca. 400 bis 2000 g/m2 spritzdruckdessiniert
werden.
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TEPPICHBODEN-HERSTELLUNG
Das Web-Verfahren
Geschichtliche Entwicklung
Man nimmt an, dass bereits die Babylonier ca. 3000 Jahre vor Chr. auf primitiven Handwebstühlen Gewebe hergestellt haben. Das älteste und bis heute noch
angewandte Verfahren der dreidimensionalen Teppichherstellung ist jedoch das
Knüpfen. Es lässt sich aber nicht mehr feststellen, wann die Teppichherstellung
im Orient aufgenommen wurde.
Im 8. Jahrhundert brachten die Mauren bei der Eroberung Spaniens die ersten
Orientteppiche nach Europa. Nach Deutschland kamen geknüpfte
Orientteppiche zur Zeit der Kreuzzüge. Da der Orientteppich in Europa immer
beliebter wurde, entstand im 17. Jahrhundert unter Heinrich IV. in Frankreich
die erste Manufaktur für geknüpfte Teppiche.
Die ersten handgewebten Teppiche in fabrikmäßiger Herstellung entstanden im
18. Jahrhundert in Frankreich, Belgien und England. Bekannt sind die in den
Städten Tournay, Brüssel und Wilton entwickelten und nach diesen benannten
Teppicharten.
Als dann 1786 der englische Geistliche Dr. Edmund Cartwright den mechanischen Webstuhl (noch nicht für Teppiche) und 1805 der Franzose Joseph-Marie
Jacquard die nach ihm benannte Maschine erfand, war der Weg bis zum mechanischen Webstuhl für schwere Gewebe, den der Engländer R. Roberts 1822
baute, nicht mehr weit.
Der erste mechanische Teppichwebstuhl wurde 1851 auf der Weltausstellung in
London von E. Bigelow aus Boston vorgestellt.
Der immer stärker werdende Bedarf an Teppichen führte in Deutschland etwa
ab der Mitte des 19. Jahrhunderts zur Entstehung einer Teppichindustrie.
ANKER-Teppichboden wurde unter „ANKER Teppichfabrik Gebrüder Schoeller“
1854 gegründet - und bereits 1875 liefen 75 mechanische Webstühle.
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Schaft-Ruten-Webmaschine
Schaft-Ruten-Webverfahren
Beim Weben werden zwei Fadensysteme rechtwinklig verkreuzt. Die längslaufenden Fäden werden „Kette“ und die querlaufenden „Schuss“ genannt. Beim
Weben von Polteppichen kennt man zusätzlich die Florhöhe als dritte
Dimension.
Daher werden drei längslaufende Fadensysteme (Ketten) benötigt:
1. Polkette
sie besteht aus Woll- oder Chemiefasergarnen und bildet die
Warenoberfläche.
2. Bindekette
sie verbindet die querlaufenden Fäden (Schüsse) mit den
längslaufenden (Ketten)
3. Grundkette (Füllkette)
sie gibt dem Teppichgewebe das Fundament.
Das querlaufende Fadensystem, der Schuss, bestehend aus Jute, Polypropylen
oder Glasfaser, wird abwechselnd unter die Grundkette als „Unterschuss“
geführt. Zusammen mit den Fäden der Binde- und Füllkette bildet der Schuss
das Grundgewebe eines gewebten Teppichbelages.
Die Garne der drei Ketten (Polkette, Bindekette, Füll- bzw. Grundkette) sind auf
rückseitig am Webstuhl befestigten Kettbäumen aufgewickelt. Die Fäden jeder
Fadengruppe laufen durch die Ösen der Litzen, die in Rahmen (Schäften) befestigt sind.
So passieren die Polfäden die Litzenösen des Polkettenschaftes, die Bindekette
die Litzenösen der beiden Bindekettenschäfte und die Grundketten die
Litzenösen des Füllkettenschaftes.
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Durch diese Führung können die Fäden jeder Fadengruppe in ihrer Gesamtheit
gehoben und gesenkt werden.
Weil auch die den Pol bildenden Fäden mit Hilfe des Schaftes nur in der
Gesamtheit gehoben und gesenkt werden können, ist im Schaft-RutenWebverfahren nur die Fertigung einfarbiger oder in Kettrichtung gestreifter
Ware möglich.
Nach dem Passieren der Litzenösen werden die Fäden der drei Ketten durch ein
Riet (Webblatt/Webkamm) geführt. Das Riet besteht aus Flachstahlstäben,
deren Abstand zueinander für die sogenannte „Ketteinstellung“ des Gewebes
entscheidend ist. In jeder Rietlücke, also zwischen zwei Rietstäben (Kettkurs),
laufen 1 Polfaden, 2 Bindekettfäden, 2 Grundkettfäden.
1 Polkette
2 Bindekette
3 Grundkette
4 Schäfte
5 Riet
6 Rute
7 Schütze
8 Oberschuss
9 Unterschuss
Webvorgang
Beim Weben wird durch Heben und Senken der Schäfte das Pol- und Bindefach
gebildet. In das Polfach wird maschinell eine Stahlrute unter die Fäden geschoben. Die Höhe und Dicke der Stahlrute ist entscheidend für die Polhöhe und
Noppengröße. Das Riet schiebt die auf den Grund- und Bindefäden liegende
Rute nach vorne. Die Polfäden werden gesenkt, legen sich über die Stahlrute,
und dadurch wird diese in das Gewebe eingeschlossen.
In das Binderfach werden ferner mit Hilfe des Bandgreifers (Schütze) die
Schussfäden eingetragen.
Sobald ein Rutenspiel, etwa 20 Ruten, fest eingewebt ist, wird die zuerst eingetragene Rute herausgezogen und über eine Rutenweiche wieder in das Polfach
eingeschoben.
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Soll ein Veloursgewebe entstehen, sind am Kopfende der Ruten auswechselbare Messer befestigt. Durch das Herausziehen der eingewebten Ruten werden die
Schlingen aufgeschnitten - es entsteht ein Velours.
Pol
Zugrute
Binder
Oberschuss
Füllkette
Unterschuss
Binder
Schaft-Ruten-Verfahren
Bouclé Oberfläche
1fache Polbindung
Pol
Zugrute
Binder
Oberschuss
Füllkette
Unterschuss
Binder
Schaft-Ruten-Verfahren
Bouclé Oberfläche
Poldurchbindung
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Jacquard-Ruten-Webmaschine
Jacquard-Ruten-Webverfahren
Im Schaft-Ruten-Webverfahren können die den Pol bildenden Fäden nur in der
Gesamtheit gehoben und gesenkt werden. Zur Herstellung einer farblich gemusterten Ware muss aber jeder Faden einzeln und unabhängig voneinander für
die Musterbildung gehoben und gesenkt werden können. Diese Forderung,
jeden Faden für sich maschinell zu steuern, d. h. zur Musterbildung zu heben
und zu senken, und wenn er nicht zur Musterbildung benötigt wird, im
Grundgewebe unsichtbar mitzuführen, hat Jacquard durch die Erfindungen der
Jacquard-Maschine und der Lochkarten, die nach ihm auch Jacquard-Karten
genannt werden, erfüllt.
Zur Herstellung ist es erforderlich, dass zunächst eine Zeichnung des Musters,
Patrone genannt, angefertigt wird. Diese Zeichnung wurde damals auf
Patronenpapier ausgeführt. Dabei handelte es sich um ein Kartonpapier, auf das
je nach Fadenzahl und Schussdichte der zu webenden Qualität ein Raster in
Rechteck- oder Quadratform aufgedruckt war.
Die Patrone entstand dadurch, dass der Patroneur das Muster in die einzelnen
Rasterkästchen einzeichnete. In der fertig gezeichneten Patrone entsprach
jedes Rasterkästchen einer Noppe im Teppich.
Die Patrone konnte in der Jacquard-Maschine aber nicht zur Steuerung der einzelnen Fäden eingesetzt werden. Dazu mussten nach der Patrone Lochkarten
geschlagen werden. Ein Loch in der Karte bedeutete Hebung eines musterbildenden Fadens.
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Heutzutage wird eine solche Arbeit von Designern mit Hilfe des Computers am
Bildschirm hergestellt.
Die nötigen Informationen werden per elektronischem Datenträger übermittelt
und von der Elektronik der Jacquard-Maschine entsprechend maschinell umgesetzt.
Wenigstens zwei verschiedene Polgarne müssen zur Herstellung einer farblich
gemusterten Ware eingesetzt werden.
Da der Garnverbrauch zur Musterbildung höchstwahrscheinlich unterschiedlich
ist, kann die Zuführung der Garne nicht vom Kettbaum erfolgen, sondern jeder
Faden kommt von der Spule aus den sogenannten „Kantergestellen“, die hinter
dem Webstuhl stehen.
Durch U-förmige Gewichte erhalten die Fäden eine straffe Spannung und werden von dort zur Webmaschine geleitet.
Jetzt wird jeder Polfaden durch die Öse einer Litze geführt. Diese Litzen sind
hierbei nicht in einem Schaft befestigt - der es nur erlauben würde die Fäden in
der Gesamtheit zu heben und zu senken - sondern jede Litze hängt an einer
sogenannten Harnischschnur, die wiederum verbunden ist mit den Platinen und
Steuernadeln in der Jacquard-Maschine.
So kann jeder Faden einzeln und unabhängig voneinander gesteuert werden.
Die Anzahl der Litzen richtet sich nach der Anzahl der Fäden, mit denen auf
einer Jacquard-Webmaschine gearbeitet werden kann.
Wenn z. B. zur Herstellung einer 200 cm breiten Schaftruten-Ware 600 Polkettfäden benötigt werden, so werden folgende Fäden für eine
200 cm breite Jacquard-Webware benötigt:
2-chorig
1.200 Polkettfäden
3-chorig
1.800 Polkettfäden
4-chorig
2.400 Polkettfäden
Nach Passieren der Litzenösen werden die Polkettfäden durch das Riet geführt.
Je nach Chorzahl (Chor ist die Bezeichnung für Polketten im JacquardVerfahren) liegen in jeder Rietlücke, also zwischen zwei Rietstäben (dem sogenannten Kettkurs) folgende Fäden:
2-chorig
3-chorig
4-chorig
2 Grundkettfäden
2 Bindekettfäden
2 Polkettfäden
2 Grundkettfäden
2 Bindekettfäden
3 Polkettfäden
2 Grundkettfäden
2 Bindekettfäden
4 Polkettfäden
Dabei arbeitet die Jacquard-Maschine so, dass sie für jede Noppenreihe die zur
Musterbildung benötigten Fäden hochhebt und die im Augenblick nicht benötigten Fäden so steuert, dass sie im Grundgewebe unsichtbar mitgeführt werden
(tote Chore).
Von den in einem Kettkurs liegenden Polkettfäden wird also immer nur ein
Faden zur Musterbildung gehoben. Die Polnutzschicht ist also immer nur
„1-chorig“, jedoch bestehend aus Polkettfäden verschiedener Chore.
Es ist nun nicht so, dass in einer 2-chorigen Ware nur 2 Farben, in einer
3-chorigen 3 Farben und in einer 4-chorigen 4 Farben verarbeitet werden können. Durch „abgestreifte“ Chore können auch über die Zahl der Chore hinaus
weitere Farben verwendet werden.
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Zur Feststellung „wieviel chorig“ eine Ware ist, muss die Zahl der sich wiederholenden Farben in einem Kettkurs gezählt werden. Diese Zählung ist an mehreren Stellen auf die Warenbreite verteilt durchzuführen, da je nach Art des
Dessins die volle Chorzahl nicht in jedem Kettkurs sichtbar ist. Der Kettkurs mit
der höchsten Choranzahl ist entscheidend zur Festlegung der „Chorigkeit“ des
Teppichproduktes.
Für jede Noppenreihe werden die zur Musterbildung benötigten Polkettfäden
hochgehoben.
Sie fallen in ihre Ausgangsposition dadurch zurück, dass am unteren Ende jeder
Litze ein Eisengewicht angehängt ist, das die Aufgabe hat, die Litze und damit
den durch die Litze gesteuerten Faden nach unten zu ziehen.
Das Weben selbst geschieht also in der gleichen Weise wie bereits im SchaftRuten-Verfahren beschrieben, nur mit dem Unterschied, dass im JacquardRuten-Verfahren das Polgarn nicht vom Polkettbaum kommt, sondern von den
einzelnen Spulen aus den Kantergestellen.
Im Jacquard-Ruten-Verfahren gemusterte Velours-Ware wird auch „Tournay“
oder „Wilton“ genannt, weil diese Art der Herstellung zuerst in der belgischen
Stadt Tournay und in der englischen Stadt Wilton erfolgte.
Im Jacquard-Ruten-Verfahren gemusterte Bouclé-Ware wird „Brüssel“
genannt.
1 Kantergestell
2 Polgarn
3 Grundkette
4 Bindekette
5 Jacquard-Maschine
6 Rute
7 Prisma
Jacquard-Ruten-Webstuhl
6
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Nachbehandlung
Wenn der Teppichboden die Webmaschine verlässt, ist er keineswegs ein verkaufsfähiges Produkt, sondern befindet sich in einem Rohzustand. Folgende
Arbeitsgänge sind noch notwendig, damit er als fertiges Erzeugnis in den
Handel kommen kann:
In der Rohwarenkontrolle werden Länge und Breite der Ware gemessen und
der Warenausfall beurteilt. Das Ausbessern aller Fehler vom Rücken und von
der Florseite ist der nächste Arbeitsgang.
Bei Velours-Teppichböden erfolgt anschließend das Scheren. Dieser
Arbeitsgang gibt dem Teppichboden eine absolut gleichmäßige Florhöhe. Die
Ware wird in einem Winkel von 90º unter einen oder mehrere Scherzylinder
geführt. Diese bestehen jeweils aus einer sich sehr schnell drehenden Walze,
auf der spiralförmig bis zu 25 Schneidemesser angebracht sind. Zusätzlich sind
Bürsten angeordnet, die sowohl die Rückseite als auch die Vorderseite in Längsund Querrichtung bearbeiten.
Mit der Appretur erhält der Teppichboden seine letzte und wichtigste
Ausrüstung.
Bei diesem Arbeitsgang wird die Ware zuerst über einen Dämpfer geführt, damit
das textile Material nach der bis hierhin erfolgten Prozedur wieder aufblüht.
Anschließend wird die Rückseite des Teppichbodens mit einer Latexschicht versehen. Dazu läuft die Ware über eine Pflatschwalze, die in die Appreturmasse
eintaucht und die Rückseite des Teppichbodens bestreicht. Eine Rakel reguliert
die aufgetragene Menge und verteilt sie gleichmäßig.
Ohne Unterbrechung wird die Ware durch die Trockeneinrichtung geführt und
anschließend aufgerollt.
Nun hat der Teppichboden seine endgültige Festigkeit, den richtigen Griff, die
Noppen sind fest verankert, die Qualität ist schnittfest.
Nach diesen Arbeitsgängen wird der Teppichboden einer sorgfältigen
Endkontrolle unterzogen.
DAS TUFTING-VERFAHREN
Geschichtliche Entwicklung
Der Begriff Tufting von to tuft = mit Büscheln verzieren, entspricht dem
Ursprung dieser Herstellungstechnik. Die alte mittelalterliche Handwerkskunst
des gestickten Teppichs, bei dem symmetrische Muster mittels Nadeln und farbigen Wollfäden in ein Grundgewebe eingestickt werden, hatten Auswanderer
von Europa nach Pennsylvania (USA) gebracht.
In Dalton, im Norden Georgias, wurden um das Jahr 1900 Bettüberdecken mit
der Bezeichnung Candlewick’s in Handarbeit nach dem Tuftingverfahren hergestellt. Die Mechanisierung dieses Arbeitsprozesses wurde zunächst mit einer
1-Nadel-Nähmaschine vorgenommen.
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Um das Jahr 1920 baute man eine Nähmaschine so um, dass 100 Nadeln gleichzeitig nebeneinander arbeiten konnten. Im Jahre 1943 wurde den Amerikanern
Joe Cobble und George Muse das Patent erteilt, deren Arbeitsbreite bei 127 cm
lag. Damit war der Anfang der modernen Tuftingindustrie gemacht.
Während bei der Herstellung gewebter Teppichböden der Pol einschließlich
Grundgewebe in einem Arbeitsgang auf der Webmaschine entsteht, werden
beim Tuftingverfahren Florfäden in ein bereits vorgefertigtes Trägermaterial
eingenadelt. Das deutsche Wort Nadelflorteppich drückt somit aus, wie diese
Teppichart hergestellt wird.
Die heute zum Einsatz kommenden Grundmaterialien in Form von Geweben
oder Spinnfaservliesen bestehen größtenteils aus Polypropylen oder Polyester.
Zum Einsatz kommen aber auch Bikomponenten-Fasern aus Polyester/Polyamid oder Copolymeren.
Die Dichte der Gewebe muss so gewählt werden, dass bei den nachfolgenden
Ausrüstungsvorgängen die Polnoppen gut im Trägermaterial verankert sind.
Weitere Forderungen, die an das Trägermaterial gestellt werden sind Festigkeit,
Gleichmäßigkeit und Dimensionsstabilität.
Tuftvorgang
Das der Tuftingmaschine vorgelegte Trägermaterial wird über Nadelwalzen in
definierter Spannung und Geschwindigkeit durch die Maschine geführt. Die
Polfäden werden der Maschine über Garnlieferwalzen aus einem Spulengatter
oder von Kettbäumen zugeleitet. Jeder Polfaden ist einer Nadel in der
Nadelbarre zugeordnet.
Die Nadelbarre sticht beim Tuften die Polgarn führende Nadel von oben nach
unten durch das Grund- bzw. Trägermaterial. Auf der Unterseite des
Grundmaterials halten Greifer (Looper) das Polgarn fest, während die
Nadelbarre mit der Nadel wieder nach oben in ihre Ausgangsposition zurückkehrt.
Auf diese Weise werden mit einem Hub quer über die jeweils gewünschte
Warenbreite Schlingen gebildet. Bevor nun ein zweiter Hub ausgeführt wird,
muss Raum für die nächste Polschlinge vorhanden sein. Dies geschieht
dadurch, dass das Trägermaterial entsprechend der Stichzahlvorgabe weiter
transportiert wird.
Das Grundgewebe wird im Nadelbereich durch die in den Rietplatten befindlichen Rietfinger unterstützt. Bei der Herstellung von Schlingenbelägen ist der
Greifer so angeordnet, dass er nach jedem Arbeitstakt die gebildete Schlaufe
wieder freigibt. Seine Einbauposition ist daher - in Fertigungsrichtung gesehen
- von vorne in die Nadel eingreifend.
Bei der Fertigung von Veloursqualitäten erfolgt die gleiche Nadelbewegung wie
bei der Schlingenherstellung, allerdings greift der Looper von der entgegengesetzten Richtung in die Polschlinge ein.
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Durch eine spezielle Ausbildung der Looperspitze bleiben die Fäden auf dem
Greifer hängen und werden bei fortschreitenden Arbeitstakten von einem seitlich angeordneten Messer aufgeschnitten. Sowohl Greifer als auch Messer
machen bei jedem Arbeitstakt eine Art Pendelbewegung.
Die auf der Polseite vorhandene Nutzschicht bzw. die Noppenzahl wird durch
Polhöhe, Teilungsdichte und Stichzahl beeinflusst.
Polhöhe
Der Hauptfaktor für die zu erzeugende Polhöhe ist die Menge des Garnes, das
der Tuftingmaschine zugeführt wird. Des weiteren ist der eingestellte Abstand
zwischen Oberkante Rietfinger und Unterkante Greifer eine weitere
Einflussgröße.
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Teilung
Unter Teilung versteht man den Abstand von Nadelspitze zu Nadelspitze in
Warenbreite. Zugleich gilt sie in Abhängigkeit von der Stichzahl als Multiplikator
zur Ermittlung der Noppenzahl. Gebräuchliche Teilungen für Tuftingmaschinen
sind in nachstehender Tabelle zusammengefasst:
Teilungsdichte
in Zoll (´´)
Nadelabstand
in mm
Fäden je
10 cm Warenbreite
Überwiegende
Einsatzgebiete
Grobe Teilungen
3/4
1/2
3/8
5/16
3/16
19,05
12,70
9,53
7,94
4,76
5,25
8,00
10,50
12,60
21,00
Mittlere Teilungen
5/32
9/62
1/8
3,98
3,57
3,18
25,20
28,00
31,50
Schlingen,
Veloure,
Hoch-Tief- und
Cut-Loop-Artikel
Feine Teilungen
1/10
5/64
2,54
1,98
39,40
50,50
Veloure,
Objektschlingen
und Hoch-Tief- Artikel
Sehr feine Teilungen
1/16
1/20
1/25
1,59
1,27
1,02
63,00
78,70
98,40
Berberschlingen,
Shags,
Cut-Loop-Artikel
Veloure
Stichzahl
Unter Stichzahl versteht man die Anzahl der Stiche in Längsrichtung des
Fertigungsprozesses. Die Einstellung hierfür erfolgt über die Veränderung der
Durchlaufgeschwindigkeit des Trägermaterials bei gleichbleibender Nadeleinstich-Geschwindigkeit.
Je höher seine Geschwindigkeit ist, desto geringer wird die Stichdichte und
umgekehrt.
Die rohweiße Ware wird an der Tuftingmaschine auf Fehler kontrolliert, eventuell ausgebessert und für die Weiterverarbeitung vorbereitet. Bei rohweiß gefertigter Ware folgt nun der Färbe- oder Druckvorgang. Dieser Arbeitsprozess ist
bereits in dem Kapitel „Färbeverfahren“ beschrieben.
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Sieht man von der Färbe- bzw. Drucktechnik einmal ab, so sind gegenüber der
Jacquardweberei die Möglichkeiten der Oberflächen-Dessinierung bei
Tuftingfertigung stark eingeschränkt. Nachfolgend sind die Gestaltungsmöglichkeiten aufgezeigt:
Um die Längsorientierung einer Tuftingware zu reduzieren, wurden Verfahren
entwickelt, die ein seitliches Versetzen der Noppen ermöglichen. In den
Anfängen der Tuftingfertigung wurde dies durch das Verschieben des
Trägermaterials erreicht. Bezeichnungen wie Waveline oder Jute Mover stehen
für den Versatz des Trägermaterials.
Durch die Weiterentwicklung im Tuftingmaschinenbau wurde es möglich, auch
die Nadelbarre zu versetzen (Step-over).
Pionierarbeit in dieser Technik wurde bei ANKER-Teppichboden geleistet.
Im Jahre 1980 konnte die erste Maschine in 1/10´´-Teilung mit NadelbarrenVersatz in Betrieb genommen werden. Heute produziert eine Vielzahl derartiger
Maschinen die bewährten Artikel der ANKER-Kollektionen.
Für Velours wird die Bezeichnung COC (cross-over-cut), für Schlinge COL
(cross-over-loop) gebraucht. Um die Musterungsmöglichkeiten noch zu erweitern, wurden Maschinen mit zwei gleitenden Nadelbarren auf den Markt
gebracht. Diese Technologie wird als Mosaik-Tuft bezeichnet.
Cut-loop
Die Herstellung von Schnitt- und Schlingenkombinationen in der
Warenoberfläche wird im Sprachgebrauch als Cut-Loop-Ware bezeichnet.
Durch spezielle Sperrvorrichtungen an den Greifern ist es möglich, beim
Tuftingprozess die gebildete Schlinge dem Messerzugriff zu entziehen.
Während beim üblichen Cut-loop die Veloursflächen zum Teil erheblich höher
sind als die Schlingenflächen, erscheinen beim Level-cut-loop die Schlingen
und Veloursanteile in gleicher Polhöhe.
Cut-Loop
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Tip-sheared
Das Ausgangsprodukt für Tip-Sheared-Ware sind gemusterte Schlingenartikel
mit zwei oder drei verschiedenen Polhöhen. Sie entstehen beim
Fertigungsprozess durch unterschiedliche Garnabschnittlieferungen. Die
Schlingen werden meist bis zur mittleren Polhöhe angeschoren, wobei in vielen
Fällen bereits der Mittelpol leicht angeschoren ist. Unversehrt behalten die
niedrigen Schlingen ihre geschlossene Form.
Tip-Sheared
Level-sheared
Beim Level-shearing hat die Ausgangsware nur zwei Polhöhen. Hier wird die
Ware bis zum Level der niedrigen Noppe voll aufgeschoren, wodurch eine nahezu relieflose Oberfläche entsteht. Vorzugsweise wird bei diesem Prozess keine
stark gemusterte Ware verwendet.
Level-Sheared
Random-sheared
Der Schereffekt scheint zufällig zu sein. In Wirklichkeit aber liegt auch dieser
Ware eine planmäßig strukturierte Ausgangsware zugrunde. Man tuftet eine
Schlingenware mit einem leichtem Niveau-Unterschied. Dabei werden die
höheren Schlingen scheinbar richtungslos über das Warenbild vertreut. Die anbzw. abgeschorenen Schlingen liegen dadurch ebenfalls wie zufällig über die
Oberfläche verstreut.
Random-Sheared
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NACHBEHANDLUNG
Trocknen und Scheren
Mittels Vakuum-Pumpe wird nach dem Färben die noch im Teppichboden
befindliche überschüssige Flüssigkeit abgesaugt. Anschließend wird der Belag
getrocknet, geschoren und einer Zwischenkontrolle unterzogen.
Rückenbeschichtung
Da die Polfäden beim Tuftingverfahren im Trägermaterial keinen festen Halt
durch eine Bindungstechnik - wie in der Weberei durch Kette und Schuss erhalten, muss die Verfestigung im Trägermaterial durch chemische Binder
erfolgen. In der Fertigung wird eine Grundbeschichtung (Vorstrich) durchgeführt, um die eingestochenen Noppen am Noppenfuß mit Latex-Compound zu
durchdringen und eine Anbindung an das Trägermaterial zu erreichen. Die verwendete Beschichtungsmasse besteht aus Latex und Zuschlagstoffen.
Die Applikation der Mischung erfolgt entweder nach dem Pflatsch- oder dem
Rakelsystem. Beim Pflatsch-System wird auf die kontinuierlich laufende
Warenbahn mit Hilfe der sich in der Latexmischung drehenden Walzen das
Produkt auf die Rückseite des Teppichbodens aufgebracht. Bei dem
Rakelverfahren wird das Latexgemisch einem Rakeltisch vorgelegt und durch
den Warenlauf über die Spalteinstellung des Walzenrakels mitgenommen.
Im Anschluss an die Auftragssysteme sind Verreibewalzen angeordnet um eine
Vergleichmäßigung des aufgebrachten Produktes sowie die Einarbeitung in die
Einzelfaser zu bewirken. In eine weitere Vorstrichmasse wird die textile
Rückenbeschichtung eingedrückt. Unmittelbar im Anschluss daran wird der
Teppichboden in einem Spannrahmentrockner getrocknet.
Qualitätskontrolle
Nach der Rückenausrüstung wird die Ware einer Endkontrolle unterzogen, bei
der gleichzeitig Fixmaße für Objekte sowie handelsübliche Rollenlängen
geschnitten werden.
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