Hotels - Alex van Heeren
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Hotels - Alex van Heeren
15–16/2013 Brady Dougan · Bernie Ecclestone · Michael Haefliger · Peter Sauber · Reto Wittwer Credit Suisse | Michael Haefl iger | Novartis | Heinz Wälti | Digital Banking | Jürgen Steinemann | Fussball-Agenten | Aktienboom | Hotel-Rating Das Schweizer Wirtschaftsmagazin 15–16/2013 26. Juli–22. August 2013 CHF 9.80 / Euro 8.– www.bilanz.ch Novartis Der Heiler Wie Jörg Reinhardt die Wunden der Ära Daniel Vasella kurieren will Fussball Das dreckige Geschäft der Agenten BIL_15_CO_Cover.indd 1 Aktienboom Welche Titel noch Chancen bieten Hotels Die schönsten der Schweiz und der Welt 22.07.13 15:31 3 HOTELIER DES JAHRES Leo Maissen, «Tschuggen Grand Hotel», Arosa Mit einem untrüglichen Gespür für den richtigen Ton und einer grossen Portion Menschenkenntnis versteht es der 33-jährige Bündner, seinen Gästen das zu geben, was er selbst von einem guten Hotel erwartet: «Das Wichtigste ist, als Mensch mit besonderen Ansprüchen, Eigenheiten und Gefühlen wahrgenommen zu werden und nicht als Reservierungsnummer.» Leo Maissen ist so lässig wie professionell und verbreitet eine ruhige Dynamik, die auch sein Team mitreisst. Der grosse Unterschied Ohne kompetente und motivierte Mitarbeiter kann selbst das schönste Hotel kaum punkten: Im 17. BILANZ-Hotel-Rating dominieren vorne die Klassiker, während vor allem Boutiquehotels zu den Aufsteigern gehören. CLAUS SCHW EITZER TEXT / DAN CERMAK FOTOS 15–16/2013 BILANZ 75 4 Luxus Hotel-Rating EMPFANGSCHEF DES JAHRES Christian Henninger, «Arosa Kulm Hotel», Arosa Herzlich, aber nicht gekünstelt, wohlinformiert, aber nicht indiskret, fürsorglich, doch nicht aufdringlich: So arbeitet Christian Henninger mit nicht nachlassendem Engagement daran, seine Gäste etwas glücklicher zu machen. Dabei beherrscht er die kleinen Nuancen entspannter Genusskultur, die Balance zwischen umsichtiger Planung und gekonnter Improvisation. Im Unterschied zu vielen anderen Front-OfficeManagern richtet er sich in erster Linie nach den Gästen – und nicht danach, was für das Hotelteam am bequemsten wäre. MAÎTRE D’HÔTEL DES JAHRES Giovanni Ferraris, «Eden Roc», Ascona W as bringt ein gutes Hotel zum Strahlen? Die Mitarbeiter! Sie machen auch im Beau-Rivage Palace (Rang 1) in Lausanne den Unterschied aus – und brechen den etwas pompösen Glamour des Belle-EpoquePalasts mit entspannter Gastlichkeit und heiterer Professionalität. Der diesjährige Primus unter den Schweizer Stadthotels ist ein Leuchtturm für herausragende Teamplayer. Aus- nahmslos alle führenden Mitarbeiter des «Beau-Rivage Palace» gehören zu den Besten ihres Fachs. Dazu zählen Concierge Sylvie Gonin, Empfangschef Marcel Bernard, Spa-Leiter Stéphane Reumont und Sommelier Thibaut Panas. Aber auch Barchef Alexandre Peyraud, der als «Barchef des Jahres 2013» seinen Titel sozusagen stellvertretend für die ganze Crew holt. Auch die wiederholt als «Hotelunternehmer des Jahres» nominierte Besitzerfamilie Landolt gehört zur Crème de la Crème im Geschäft, und François Dussart hat zweifellos das Zeug zum «Hote- lier des Jahres». Sein Credo: Sei niemals nachlässig! Seine Leute überzeugt der kosmopolitische Franzose regelmässig davon, dass die Perfektion im Detail liegt und jeden Tag von neuem erarbeitet werden muss. Das kontinuierliche Update des stolzen Hauses durch eine Garde internationaler Innenarchitekten, zuletzt etwa mit vierzig hinreissend renovierten Zimmern, ist bei dieser Dichte an engagiertem Personal fast nur noch eine angenehme Nebensache. Im Dolder Grand (2), dem Spitzenreiter der drei letzten Jahre, verleiht ein anspruchsvolles Kunstkonzept dem Gla- Foto: PR (1) Giovanni Ferraris ist das Alter Ego des Küchenchefs Rolf Krapf im Restaurant La Brezza. Als authentische Persönlichkeit ist er zudem ehrlicher Begleiter und kompetenter Berater der Gäste, spiegelt gekonnt die Stimmung am Tisch, ist immer aufmerksam und nie lästig. Seine Philosophie: Einen guten Maître dürfen die Gäste in seiner Funktion gar nicht wahrnehmen. Er muss mit unsichtbarer Selbstverständlichkeit agieren, die allein den perfekten Ablauf eines Mittag- oder Abendessens für den Gast zum Ergebnis hat. 76 BILANZ 15–16/2013 5 mour Tiefe. Dazu gehört das neue KunstiPad, das die Gäste durch die beachtliche Sammlung mit rund 130 Werken führt. Schade, dass das «Dolder» dieses Konzept nicht ganz so konsequent verfolgt wie etwa das «Royal Monceau» in Paris, das den Eingangsbereich als sublimen Kunst- und Architekturbuch laden nutzt und zudem exklusiv einen «Art Concierge» beschäftigt, der gute Kontakte zur Kunstszene pflegt. Dafür ist die Summe der selbstverständlich erbrachten Aufmerksamkeiten im «Dolder» so erstaunlich wie die Küche von Heiko Nieder, unserem «Hotelkoch des Jahres». Besondere Anerkennung verdient das Trois Rois (4) in Basel dafür, dass der Servicegeist trotz klaren Verkaufsabsichten in keiner Hinsicht nachlässt und der Hotelflorist für den aufwendigsten Blumenschmuck im Land unverändert aus dem Vollen schöpfen kann. Ausserdem ist Chef-Concierge Cristina Bally konstant eine der Besten ihres Fachs. Die besten Stadthotels der Schweiz Die drei Hotelikonen «Beau-Rivage Palace», «Dolder Grand» und «Montreux Palace» führen erneut die Rangliste an, haben jedoch ihre Positionen gewechselt. Rang Bewertungssäule* 2013 2012 Hotel Ort A C D 3 Beau-Rivage Palace Lausanne Ouchy 04 03 01 04 3,00 2 1 The Dolder Grand Zürich 05 01 02 06 3,50 3 2 Fairmont Le Montreux Palace Montreux 07 02 08 01 4,50 4 5 Les Trois Rois Basel 02 06 06 05 4,75 5 6 Baur au Lac Zürich 01 08 03 08 5,00 5,25 6 4 La Réserve Genève Genf Bellevue 06 04 09 02 7 9 Widder Hotel Zürich 09 07 05 03 6,00 8 12 Park Hyatt Zürich Zürich 10 05 16 09 10,00 Four Seasons Hotel des Bergues Genf 03 11 11 16 10,25 Victoria-Jungfrau Interlaken 12 09 04 17 10,50 9 10 10 8 11 11 Schweizerhof Bern 08 14 17 12 12,75 12 13 Trois Couronnes Vevey 14 10 14 15 13,25 13 7 Mandarin Oriental Geneva Genf 13 13 22 07 13,75 14 17 Grand Hôtel du Lac Vevey 11 15 21 11 14,50 15 15 Lausanne Palace Lausanne 15 17 07 21 15,00 Die weltbesten Stadthotels Auf der Gewinnerseite sind vermehrt kleinere Hotels, die mit Eigenständigem verblüffen. Einen kometenhaften Start legt «The Upper House» hin. Foto: PR (1) Rang Urbane Retreats. Wie die beiden Erstplatzierten positioniert sich das Réserve Genève (6) als City Retreat und steht damit für die Tendenz in der weltweiten Stadthotellerie, die Stadt rund ums Hotel vergessen zu lassen. Die Gäste sollen sich wie in einem Country Resort oder zumindest wie in einer Hoteloase fühlen, mit dem Vorteil, innert weniger Minuten am Downtown-Geschehen teilhaben zu können. Unter den weltbesten Stadthotels gelingt dies dem Hotel Bel-Air (8) in Los Angeles, dem Royal Mansour (9) in Marrakesch, dem Cipriani (11) in Venedig, dem Four Seasons Hotel Firenze (12) und dem Oberoi Rajvilas (25) in Jaipur besonders gut. Auch das Capella Singapore (54) und The Siam (59) in Bangkok sind überzeugende BusinessLeisure-Hybride. Zu den internationalen Lieblingsadressen urbaner Luxusnomaden gehören vermehrt auch unabhängige Kleinhotels mit Privathaus-Flair, wo man das Frühstück morgens quasi direkt beim Koch in der Küche bestellt und es kaum Backstage-Bereiche fürs Personal gibt. So im Ett Hem (31) in Stockholm, im Algodon Mansion (32) in Buenos Aires oder im Ellerman House (39) in Kapstadt. Das Hub Porteño (70) in Buenos Aires begeistert zudem mit einem stark vernetzten Concierge-Team, das seine Aufgaben mehr als ernst nimmt und jedem Gast Note ø B 1 Bewertungssäule* 2013 2012 Hotel Ort A Note ø B C D 1 24 The Connaught London 04 05 09 01 4,75 2 10 Mandarin Oriental New York New York 05 02 11 03 5,25 3 NEU The Upper House Hongkong 09 01 06 06 5,50 4 5 The Mark New York 10 04 07 02 5,75 5 2 Park Hyatt Tokyo Tokio 01 08 05 10 6,00 6,25 6 6 Four Seasons Hotel New York New York 02 07 01 15 7 3 The Peninsula Hong Kong Hongkong 06 12 02 07 6,75 8 1 Hotel Bel-Air Los Angeles 14 13 03 11 10,25 9 12 Royal Mansour Marrakesch 13 14 10 05 10,50 10 18 Park Hyatt Sydney Sydney 12 06 17 09 11,00 11 19 Cipriani Venedig 07 16 08 16 11,75 12 11 Four Seasons Hotel Firenze Florenz 19 09 12 08 12,00 13 25 The Fullerton Bay Hotel Singapur 16 10 20 04 12,50 14 21 Four Seasons Hotel Bosphorus Istanbul 08 15 16 14 13,25 15 8 Four Seasons Hotel George V Paris 03 17 13 23 14,00 Die besten Schweizer Dreisterne- und Unique-Boutique-Stadthotels Das «Krafft Basel» hält sich auf dem ersten Rang, das «Hotel Bad Bubendorf» prescht vor. Beide Häuser setzen auf Perfektion in der Einfachheit. Rang 2013 Bewertungssäule* 2012 Hotel Ort Note ø A B C D 1 1 Krafft Basel Basel 01 01 02 04 2,00 2 5 Hotel Bad Bubendorf Bubendorf/Liestal 03 03 03 01 2,50 3 3 Florhof Zürich 05 02 04 02 3,25 4 2 Der Teufelhof Basel 02 04 01 10 4,25 5 4 Ramada Feusisberg-Einsiedeln Schindellegi 07 12 05 03 6,75 6 6 Greulich Zürich 04 09 07 09 7,25 7 NEU Sorell Hotel Rigiblick Zürich 06 05 06 13 7,50 8 7 See- und Seminarhotel Flora Alpina Vitznau 08 07 09 07 7,75 9 NEU 25hours Zürich West Zürich 13 06 08 06 8,25 10 12 Gasthof Hirschen Eglisau 09 11 12 11 10,75 * A = Umfrage Top-Hoteliers; B = BILANZ-Hoteltest; C = Wertungen Fachguides; D = Umfrage Reiseprofis. Siehe «So wurde bewertet» auf Seite 79. Das vollständige Hotel-Rating mit den weiteren Rängen finden Sie unter www.bilanz.ch 15–16/2013 BILANZ 77 6 Luxus Hotel-Rating Luxus Das Thema SOMMELIER DES JAHRES Christian Grimm, «Hotel Allegro», Bern Es gibt Sommeliers, die gerade mal Weissvon Rotwein unterscheiden können. Zwar sprechen auch sie von der Stilistik oder der Mineralität eines Weines, nur hinterfragen darf man solche Ausführungen nicht. Christian Grimm ist anders: ein Weinfreak, der die Doppelrolle als Maître d’hôtel und Sommelier im Restaurant Meridiano mit süddeutscher Herzlichkeit erfüllt. Er setzt weniger auf WichtigtuerEtiketten, dafür mehr auf sehr gute Weine einer hochsoliden oberen Mittelklasse und sorgt so für einen genüsslichen Abgang jedes Gourmetmenus. SPA-LEITERIN DES JAHRES Regula Pescari Haldemann, «Castello del Sole», Ascona Der tägliche Wahnsinn nervt. Wir eilen vom Meeting zur Party, vom Fitnessclub ins Restaurant, essen zu schnell, trinken zu viel, schlafen zu wenig. Und beim Blick in den Spiegel wundern wir uns, warum Leute, die doppelt so alt sind wie wir, nur halb so alt aussehen. Ein Fall für Regula Pescari. Sie engagiert sich beispielhaft dafür, dass die Spa-Gäste im «Castello del Sole» rasch von ihrem Stress-Level herunterkommen und mit stark individualisierten Treatments gezielt ihre Gesundheit stärken und die innere Balance wiederfinden können. Durchstarter und Newcomer. Bemerkenswerte Revivals sind diesmal dem Park Hyatt Sydney (10), dem Gritti Palace (24) in Venedig, dem Four Seasons Hotel Toronto (42) und dem Rosewood Hotel Georgia (91) in Vancouver gelungen. Das Fullerton Bay Hotel (13) an der Marina Bay Waterfront in Singapur und das Haymarket Hotel (26) in Londons Thea- terdistrikt stiegen in unserer Wertung jeweils um zwölf Ränge. Ähnlich grosse Sprünge machten das Mandarin Oriental New York (2), das Four Seasons Hotel Bosphorus (14) in Istanbul und das Conservatorium Hotel (29) in Amsterdam. Bemerkenswert sind The Address Downtown (23) in Dubai, das Bulgari Hotel London (41), das Hotel Santa Teresa (52) in Rio de Janeiro, das Stue (62) in Berlin und das Aman Canal Grande Venice (67) in Venedig. Mit einer beeindruckenden, fast schon poetischen Design- und Service-Sensibilität hat sich The Upper House in Hong- kong aus dem Nichts auf Rang 3 katapultiert. Es trifft genau die Nische, die man in dieser Stadt voller ambitionierter, aber nie ganz zufriedenstellender Hotels sucht (zu gross, zu klein, zu laut, zu teuer, zu unflexibel) und bietet trotz lässigem Understatement alle Wahlmöglichkeiten, die man sich von den führenden Hotellerieketten wünscht. Die 117 Zimmer, die sich auf die obersten zehn Etagen eines Wolkenkratzers verteilen, sind mindestens 68 Quadratmeter gross – ihr Stil ist unaufgeregt, aber trotzdem aufregend. Der Blick auf die Teller im gemütlich mondänen Café Gray macht ebenso viel Fotos: PR (3) auf Wunsch die bestinformierten Ansprechpartner und lokalen Insider vermittelt, egal ob es um Tango, Polo, Kunst, Essen, Mode oder eine Landpartie in ein führendes Weingut geht. 78 BILANZ 15–16/2013 7 Eine einzige unmotivierte Réceptionistin kann den Erlebniswert, den ein Hotel vermitteln möchte, zunichtemachen. Freude wie die Aussicht über den Victoria Harbour und Kowloon. «Where old school is the new cool» wäre der passende Spruch für die Londoner Luxushotellerie. Und ein weiterer lautete: Nur wer sich bewegt, bleibt. Unbeeindruckt vom Auf und Ab der lauten Konkurrenten und in sensationeller Weise modernisiert, fängt das unlängst noch als schwerfällig geltende Traditionshaus The Connaught (1) bei aller englischen Gemütlichkeit den ganz speziellen Vibe des heutigen London ein – unter anderem mit zwei wirklich interessanten Bars und einer sensationellen Brunnenskulptur des japanischen Architekten Tadao Ando vor dem Eingang. Ganz ohne Allüren, dafür nahe am Pulsschlag der Gäste, verleiht die Schweizer Direktorin Nathalie Seiler-Hayez dem heute weltbesten Stadthotel eine Integrität, die Ästhetik allein nicht vermitteln könnte. Sie sagt: «Eine unmotivierte Réceptionistin, und sei es nur eine einzige, kann das ganze Erlebnis, das wir vermitteln wollen, zunichtemachen.» Ferien ohne Bling-Bling. Der Zeitgeist des Bling-Blings ist auch in der Ferienhotellerie vorbei. Die Lust auf globalisierten Chic schwindet, das Segment der presti- Fotos: PR (3) BESTES STADTHOTEL DER SCHWEIZ Beau-Rivage Palace, Lausanne Ouchy Dem Zauber des Belle-EpoquePalasts kann man sich kaum entziehen. Das Hotelteam fühlt den Puls der Gäste. gereichen Hotel marken verliert bei anspruchsvollen Vielreisenden an Bedeutung. Die Stärke individueller Tophäuser, die eine Geschichte zu erzählen haben und dem Gast ein Erlebnis bieten, das er so nirgendwo sonst findet, nimmt zu. Mit dem Konzept, so wenig Hotel wie möglich zu sein und zugleich höchste Service- und Luxusstandards zu gewährleisten, stechen immer mehr Hideaways heraus. Einheimische Vorzeigebeispiele mit dem gewissen frechen Etwas sind die Villa Honegg (8) auf dem Bürgenstock und The Omnia Mountain Lodge (14) in Zermatt. Auch das Vieux Manoir (10) am Murtensee, das Hotel Guarda Golf (19) und Le Crans (21) in Crans-Montana sind das glatte Gegenteil von Luxusherbergen, wie man sie landläufig versteht. Doch allesamt sind so exzellent geführt und ausgestattet, dass sie in ihrer Gesamtleistung manche Hotelgiganten in den Schatten stellen. Das «Vieux Manoir» schliesst vorläufig am 27. Oktober – wegen der Verweigerung einer sanften Hotelerweiterung durch die Gemeinde. Im Cervo (18) in Zermatt wirkt alles piratenmässig improvisiert, doch Gastgeber Daniel Lauber hat alles durchdacht und bis ins charmante Detail organisiert. Typisches Paradox in diesen Hotelper- BESTES FERIENHOTEL DER SCHWEIZ Castello del Sole, Ascona Das Luxushaus berührt die Herzen. Hier sieht man, wie Hotelmenschen ihren Beruf als Berufung sehen und leben. So wurde bewertet Das BILANZ-HotelRating ist der umfassendste Hotelvergleich in Europa. Er basiert auf vier Bewertungssäulen und einem breiten Spektrum an Quellen. A: Umfrage bei Top-Hoteliers. BILANZ befragte 120 führende Schweizer Hoteliers, wo sie am liebsten absteigen – ausser bei sich selber. Aus den mehr als 4000 schriftlich erhobenen Hotelempfehlungen wurden Ranglisten in sechs Kategorien erstellt. Bei der Benotung der Hotels waren die Anzahl der Nennungen und der Wertungsdurchschnitt ausschlaggebend. B: BILANZ-Hoteltests. Die Resultate basieren auf mehr als 400 Hotelbesuchen des Autors in den vergangenen 24 Monaten. Die Hotels wurden bewertet nach je 20 infrastrukturellen Kriterien (Spa-Einrichtungen, Zimmerkomfort, aktuelle Investitionen usw.) und weichen Kriterien (Servicekultur, Detailpflege, Innovationskraft usw.). C: Aktuelle Wertungen der Fachguides. BILANZ rechnete die Einstufungen von relevanten Reise- und Gastro-Publikationen in ein einheitliches Notensystem um. Zur Eruierung der weltbesten Hotels ermittelte BILANZ den Durchschnitt der Ratings in einschlägigen internationalen Publikationen. D: Erfahrungen der Reiseprofis und Tagungsveranstalter. 85 Hotelkenner, Reiseprofis und Tagungsveranstalter wurden im Mai 2013 zu ihrer Beurteilung der führenden Hotels befragt. 15–16/2013 BILANZ 79 8 9 10 Luxus Hotel-Rating HOTELUNTERNEHMER DES JAHRES Nati und Giancarlo Felli, «Hotel Guarda Golf», Crans-Montana Viele Hotelunternehmer sind ausschliesslich finanziell motiviert, weil sie Shareholder im Nacken haben. Das «Guarda Golf» ist privat und macht nur das, was den Besitzern Nati und Giancarlo Felli Freude bereitet. Die beiden entwickeln ihr Hotel mit unendlicher Geduld und nach dem Trial-and-Error-Prinzip weiter, bis sie für jeden Bereich die ideale Lösung gefunden haben. Die persönliche Handschrift und die Passion des kosmopolitischen Paars ist in jedem Detail zu spüren – hier ist gar nichts Mittelmass. HOTELKOCH DES JAHRES Heiko Nieder, «The Dolder Grand», Zürich Der 41-jährige Herdvirtuose beweist im schönen «The Restaurant», dass eine solide klassische Ausbildung die beste Voraussetzung für eine innovative, richtungsweisende Aromenküche ist. Er hat nichts von dem vergessen, was er bei seinen Lehrmeistern in Norddeutschland gelernt hat. Vor allem dies nicht: dass man nie aufhören darf, seine Gäste zu überraschen. Ob Heiko Nieder nun mit Steinbutt, Lamm oder Frühlingsgemüse hantiert – immer schmeckt es so, wie man es zuvor kaum je serviert bekommen hat. Arosa und dem Riffelalp Resort (5) ob Zermatt besonders gut. Das wiederholt erstplatzierte «Castello del Sole» ist kein Meilenstein der Innovation, aber ein Refugium der Seele an einem der schönsten Flecken in Europa. Neu in den Top 25 der Schweiz dabei sind das Frutt Lodge & Spa (23) in Melchsee-Frutt und The Alpina (24) in Gstaad. Beide Bergrefugien gingen aus Immobilienentwicklungen hervor, die einen Hotelbetrieb integrieren mussten, um überhaupt bewilligt zu werden. Schaut man etwas genauer hin, ist das «Frutt Lodge & Spa» im Detail deutlich bedürfnisgerechter konzipiert und liebevoller geführt als das «Alpina», das in internen Kommunikationsabläufen noch furchtbar viele Fehler macht und sich mit grossem Marketinggetöse am Gast vorbei inszeniert. Zwar ist der Innenausbau im alpinen Chalet Chic und mit flächendeckend verarbeitetem Altholz gelungen. Doch fehlt dem Hotelteam das «feu sacré», dem Six Senses Spa das Tageslicht und dem Haus ein klares Differenzierungsmerkmal. Überraschend wenig überraschend sind weitere Neulinge: In den Luxusabsteigen Crans Ambassador in Crans- Montana, Resort Collina d’Oro ob Lugano und Cordée des Alpes in Verbier kommt bisher kein solider Mehrwert herüber, weshalb sie es auch nicht in die BILANZ-Charts 2013 geschafft haben. Internationale Strahlkraft. Auf Rang 29 steigt das radikal erneuerte Park Hotel Vitznau am Vierwaldstättersee ein. Es prunkt mit zahlreichen Superlativen – so wurden 47 Arten Granit verbaut, im Keller lagern zigtausend Weinraritäten im Wert von 30 Millionen Franken, und im Mega-Aquarium ziehen kleine Haifische ihre Runden durchs Spa –, doch die Aura Fotos: PR (3) 82 BILANZ 15–16/2013 11 Ein gutes Hotel erkennt man an der Art, wie sich die Gäste bewegen – entspannt und ungekünstelt, weil sie sich in den Räumen wohlfühlen. Fotos: PR (3) heiterer Gelassenheit ist beim Umbau ebenso verloren gegangen wie der Bezug zur Geschichte und zum Standort. Aus der alten Hoteldame ist ein unterkühlter Macho-Palast geworden, der genauso gut in den Emiraten stehen könnte. Trotzdem gibt es Hoffnung. Immer noch und immer wieder gibt es Hotels, in denen die ursprüngliche Idee des Grandhotels weiterlebt: Häuser mit Charme, erfüllt mit Leben, geführt mit Liebe – wie das Gstaad Palace (2), das im kommenden Winter sein 100-Jahr-Jubiläum feiern wird. Heute das einzige Grandhotel im Berner Oberland mit internationaler Strahlkraft, ist das weisse Märchenschloss weder auf die Selbstbeweihräucherung eines Mäzens noch auf absolute Gewinnmaximierung ausgerichtet, sondern vor allem auf die Bedürfnisse seiner Gäste. Abenteuer mit Luxusgarantie. Stilbildende Traumhotels finden sich vermehrt in Ländern, in denen man das Wasser nicht trinken kann. Die dortige Tendenz: Abenteuer werden luxuriöser – und Luxus wird abenteuerlicher. In den Singita Game Reserves (6, 10 und 34) in Südafrika und Tansania bekommt man das Beste beider Welten. In echter Wild- nis und doch immer sehr im Hemingway-Luxus erlebt man grosses Seelenkino. Nervenkitzelnde Safaris holen die Gäste aus ihrer Komfortzone heraus – aber nicht zu weit und nicht zu lange. In den Lodges werden alle Erwartungen an Ästhetik, Service und Küche übertroffen. Die internationale Traveller-Gilde applaudiert. Wenn es beim Reisen um Momente geht, die das Herz höher schlagen lassen und in der Erinnerung für immer weiterleuchten, dann gibt es etwas beim «Singita-Erlebnis», das alle Sorgen vergessen und den Gast das Leben mit allen Sinnen spüren lässt. In den Ranglisten der weltbesten Ferienresorts fällt eine Verschiebung der Luxushotelgruppen auf: Während vor wenigen Jahren zahlreiche Four-Seasons- und One-&-Only-Häuser die BILANZ-Charts anführten, rücken nun kleinere, ultraexklusive Gruppen wie Aman Resorts, Orient-Express Hotels und Como Hotels & Resorts vor. Die grossen globalen Marken sind heute vielen Ferienreisenden zu genormt, zu steril, zu vorhersehbar – zudem fehlt oftmals der lokale Groove. Auch reicht es nicht mehr, einen berühmten Designer und einen namhaften Küchenchef zu engagieren oder auf Marktanalysen und Gästebefragungen zu BESTES STADTHOTEL DER WELT BESTES FERIENHOTEL DER WELT The Connaught, London Eine Oase der Gastfreundschaft für Leute, die wie das Hotel sind: in der Tradition verwurzelt, in der Welt zu Hause. Huka Lodge, Taupo/Neuseeland Man fühlt sich hier wie in einem zweiten Zuhause. Kein übertriebener Luxus – aber feinsinnige Bezüge zum Standort. vertrauen. Letztere lullen die Hoteliers nur ein, weil 95 Prozent der Stammgäste zufrieden sind. Es braucht ein Quantum Voodoo für den durchschlagenden Erfolg im sensiblen und hart umkämpften Hotelmarkt, der nur jene überleben lässt, die gute Ideen mit einem feinsinnigen Gespür für den jeweiligen Standort umsetzen. Steve Jobs der Hotelwelt. Adrian Zecha, der aktive Gründer von Aman Resorts, ist der Steve Jobs der Hotelwelt: Der Kunde weiss nicht, dass er es unbedingt möchte, bis es plötzlich auf dem Markt ist. Zecha spürt, was seine Gäste als Nächstes wünschen, und macht es dann mit ausserordentlicher kreativer Energie stets richtig. Ein Blick ins Amanpuri (3) im thailändischen Phuket, ins Amangiri (18) im USBundesstaat Utah oder ins Amanruya (27) im türkischen Bodrum reicht: Der pure Aman-Stil ist der Inbegriff von «Anti-Bling-Bling» und wirkt so beruhigend, dass man eigentlich gar kein Spa mehr braucht. Und mit dem neuen Amanzoe (43) hat auch Griechenland eine neue Homebase für LuxusGlobetrotter. Den Häusern der Kette Orient-Express Hotels haftet ebenso ein schwer erklärbarer Zauber an. Neben der überaus entspannten Luxusatmosphäre hinterlassen die meisten der 33 Häuser mit ihren spektakulären Lagen einen starken emotionalen Eindruck – etwa El Encanto (28) im kalifornischen Santa Barbara oder La Samanna (54) auf der Karibikinsel St. Martin, aber auch europäische Schmuckstücke wie La Residencia (16) auf Mallorca und das Splendido (29) in Portofino. Cecilia Pescini, seit 25 Jahren der gute Geist der toskanischen Villa San Michele (39), sieht es folgendermassen: «Ein gutes Hotel erkennt man daran, dass sich die Gäste ganz selbstverständlich darin bewegen – weil sie so entspannt sind und sich wohlfühlen.» 15–16/2013 BILANZ 83 12