Stolpersteine beim Bezug von Krankengeld - N-Psom
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Stolpersteine beim Bezug von Krankengeld - N-Psom
Stolpersteine beim Bezug von Krankengeld ein Blick aus der Praxis auf die wichtigsten Regelungen Netzwerk Psychosoziale Onkologie München 08.06.2015 Petra Degenhart Diplom Sozialpädagogin (FH), Psychoonkologin (DKG) Krankengeld §§44ff SGBV Entgeltersatzleistung der Krankenkassen, die den Ausfall von Einkommen durch krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit ausgleichen soll Voraussetzungen • Versicherteneigenschaft (gesetzliche Krankenversicherung mit Krankengeldanspruch) bei Eintreten der Arbeitsunfähigkeit und • Arbeitsunfähigkeit aufgrund Krankheit oder stationärer Behandlung in Krankenhaus, Vorsorge- oder RehaEinrichtung Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis weniger wie vier Wochen besteht • Kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber • Krankengeld wird sofort ab Eintritt der Arbeitsunfähigkeit gezahlt, bis das Beschäftigungsverhältnis vier Wochen besteht, danach bei andauernder Arbeitsunfähigkeit Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber Leistungsempfänger ALG I • Im Falle der Erkrankung während der Arbeitslosigkeit entspricht die Höhe des Krankengeldes ihrem Arbeitslosengeldes. • Für den Zeitraum, in welchem Krankengeld während Arbeitslosigkeit bezogen wird, verlängert sich der Anspruch auf Arbeitslosengeld I. Keinen Anspruch auf Krankengeld haben u.a. • Bezieher von Arbeitslosengeld II und Sozialgeld • Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen • Teilnehmer an (Reha-)Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, sofern sie während dieser Maßnahme kein Übergangsgeld beziehen • Studenten • Praktikanten • familienversicherte Angehörige Höhe des Krankengelds §47 SGB V • 70% des Bruttoarbeitsentgelts • Maximal 90% des Nettoarbeitsentgelts • Krankengeld wird kalendertäglich für 30 Tage pro Kalendermonat ausbezahlt. Bemessungszeitraum • Arbeitsentgelt des letzten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Lohnabrechnungszeitraums von mindestens vier Wochen • Bei der Berechnung werden auch die Einmalzahlungen in den 12 Monaten vor der Arbeitsunfähigkeit berücksichtigt. Höchstbetrag des Krankengelds • Kalendertägliche Beitragsberechnungsgrenze 137,50 € (2015) • Krankengeldhöchstbetrag 70 % von 137,50 € = 96,25 € Ermittlung des Auszahlbetrags • Vom kalendertäglichen Krankengeld sind anteilig die Beiträge zu Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung abzuführen. Berechnung des Krankengeldes ohne festes Monatsgehalt • Wenn kein festes Monatsgehalt oder wenn die Entgeltzahlungen jeden Monat unterschiedlich hoch sind, wird der Bemessungszeitraum auf die letzten drei Monate ausgedehnt und eine Durchschnittsberechnung durchgeführt. • Ist das Arbeitsentgelt nach Stunden bemessen, wird es durch die Zahl der Stunden geteilt, für die es gezahlt wurde, und das Ergebnis mit der wöchentlichen Arbeitszeit multipliziert. Dauer §48 SGB V • 78 Wochen (546 Kalendertage) innerhalb von 3 Jahres ab Beginn der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit • Tritt während der Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit auf, verlängert sich die Leistungsdauer nicht. Eine Blockfrist beginnt mit dem erstmaligen Eintritt der Arbeitsunfähigkeit für die ihr zugrundliegende Krankheit und umfasst den Zeitraum von drei Jahren. Bei jeder Arbeitsunfähigkeit wegen einer anderen Erkrankung beginnt eine neue Blockfrist. Dieselbe Krankheit heißt identische Krankheitsursache. Zeiten, in denen der Anspruch auf Krankengeld ruht, werden wie Bezugszeiten gerechnet. Der Krankengeldanspruch endet, wenn Altersrente, Rente wegen voller Erwerbsminderung o.ä. bezogen wird. Anspruch auf Krankengeld ruht §49 SGB V • Bei Entgeltfortzahlung • Bei Inanspruchnahme von Elternzeit • Bei Bezug von Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Arbeitslosengeld bei beruflicher Weiterbildung, Kurzarbeitergeld, auch bei Ruhen dieser Ansprüche wegen einer Sperrzeit • Bei Bezug von Mutterschaftsgeld • Solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet ist. Meldefrist bis zu einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit. Erneuter Anspruch auf Krankengeld wegen derselben Erkrankung unter folgenden Voraussetzungen • Nach Ablauf der Blockfrist von 3 Jahren erneute Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit und • mindestens 6 Monate keine Arbeitsunfähigkeit wegen dieser Krankheit und • mindestens 6 Monate Erwerbstätigkeit oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehend Anspruch auf Krankengeld §46 SGB V • Bei Arbeitsunfähigkeit mit dem auf die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgenden Tag • Bei Krankenhausbehandlung mit der Aufnahme, also von Beginn der Krankenhausbehandlung bzw. der Behandlung in Vorsorge- oder Reha-Einrichtung Ende der Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger §190 SGB V (2) Die Mitgliedschaft versicherungspflichtig Beschäftigter endet mit Ablauf des Tages, an dem das Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt endet. Fortbestehen der Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger §192 (1) Die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger bleibt erhalten, solange (…) Anspruch auf Krankengeld besteht (…) „Krankengeldfalle“ bei Ende des Beschäftigungsverhältnis während der Arbeitsunfähigkeit • „Nachwirkender“ Versicherungsschutz für die Dauer des Krankengeldbezugs, wenn ein Arzt spätestens am letzten Beschäftigungstag die Arbeitsunfähigkeit bescheinigt • Mit einer Lücke der Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit endet der Krankengeldanspruch und das nachwirkende Versicherungsverhältnis läuft aus. • Versicherungsschutz samt Krankengeld sind dauerhaft verloren, ein Wiederaufleben des Krankengeldanspruchs ist nicht möglich. Obligatorische Anschlussversicherung § 188 Abs. 4 SGB V • Von der Anschlussversicherung werden diejenigen Personen erfasst, für die in der Vergangenheit bereits ein Versicherungsverhältnis bei einer gesetzlichen Krankenkasse bestand und nun – gleich aus welchem Grund – beendet wurde. • Personen sind kraft Gesetz freiwillig gesetzlich krankenversichert, wenn sie keine anderweitige Absicherung haben und nicht innerhalb von 14 Tagen nach dem Hinweis ihrer Krankenkasse ihren Austritt erklären. Dies ist aber nur möglich, sofern sie eine anderweitige Absicherung nachweisen. • Nicht erfasst werden diejenigen, die bisher über keine gesetzliche Krankenversicherung verfügten. • Gesetzlich verankert seit dem 1.8.2013. Mindestbeitrag für freiwillig gesetzlich Versicherte • Der Betrag für die gesetzliche Krankenkasse richtet sich nach dem Einkommen. Dies gilt auch für freiwillig gesetzlich Versicherte. • Fiktives Mindesteinkommen als Berechnungsgrundlage für diejenigen, die geringes / kein Einkommen haben Mindesteinkommen (2015) 945 € Mindestbeitrag (2015) 132,30 € plus Zusatzbeitrag Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung • Evtl. Gesetzesänderung bzgl. „Lückproblematik“ • Zweite und dritte Lesung voraussichtlich im Juni 2015, Gesetz soll in wesentlichen Teilen zum 01.01.2016 in Kraft treten Ruhen des Krankengelds bei fehlender Mitwirkung §51 SGB V • Versicherten, deren Erwerbsfähigkeit nach ärztlichem Gutachten erheblich gefährdet oder gemindert ist, kann die Krankenkasse eine Frist von zehn Wochen setzen, innerhalb der sie einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben zu stellen haben. • Erfüllen Versicherte die Voraussetzungen für den Bezug der Regelaltersrente oder Altersrente aus der Alterssicherung der Landwirte bei Vollendung des 65. Lebensjahres, kann ihnen die Krankenkasse eine Frist von zehn Wochen setzen, innerhalb der sie den Antrag auf diese Leistung zu stellen haben. • Stellen Versicherte innerhalb der Frist den Antrag nicht, entfällt der Anspruch auf Krankengeld mit Ablauf der Frist. Wird der Antrag später gestellt, lebt der Anspruch auf Krankengeld mit dem Tag der Antragstellung wieder auf. Besonderheiten bei Leistungen zur Teilhabe §116 SGB VI (2) Der Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben gilt als Antrag auf Rente, wenn Versicherte vermindert erwerbsfähig sind und 1. ein Erfolg von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erwarten ist oder 2. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht erfolgreich gewesen sind, weil sie die verminderte Erwerbsfähigkeit nicht verhindert haben. Leistungsbeschränkungen §§ 52, 52a SGB V Unter bestimmten Voraussetzungen liegt es im Ermessen der Krankenkasse, Krankengeld ganz oder teilweise für die Dauer der Krankheit zu versagen oder zurückzufordern. Zuziehung der Krankheit • vorsätzlich (z.B. Selbstverstümmelung, Beteiligung an Schlägerei) • bei einem vom Versicherten begangenen Verbrechen (Mindeststrafmaß 1 Jahr) • durch vorsätzliches Vergehen (Geld- oder Freiheitsstrafe) • durch eine medizinisch nicht indizierte Maßnahme, z.B. eine ästhetische Operation, eine Tätowierung oder ein Piercing (hier kein Ermessen, sondern Verpflichtung der Krankenkasse, das Krankengeld zu beschränken). Auslandsurlaub bei Arbeitsunfähigkeit / Krankengeldbezug • Im Rahmen einer Einzelfallentscheidung möglich • Urlaub sollte nur mit Zustimmung der Krankenkasse angetreten werden - Arbeitsunfähigkeit steht zweifelsfrei fest - Reise gefährdet Genesung nicht - Es werden durch die Reise keine wichtigen Behandlungstermine versäumt. - Der Versicherte ist erreichbar für die Krankenkasse. • Hilfreich ist ärztliches Attest, dass der Reise aus medizinischer Sicht nichts entgegensteht • Für Reisen im Inland ist keine Genehmigung nötig. Aussteuerung Ende des Krankengelds nach Höchstbezugsdauer • Wird der Anspruch auf Krankengeld ausgeschöpft und ist der Patient noch immer arbeitsunfähig, dann endet seine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Krankenkasse informiert ca. zwei Monate vor der Aussteuerung. • Klärung : Anspruch auf Familienversicherung oder obligatorische Anschlußversicherung • Kontaktaufnahme mit Agentur für Arbeit, Rentenversicherung und / oder Berufsunfähigkeitsversicherung bzgl. Klärung wirtschaftlicher Sicherung Stolpersteine meiden durch • Frühzeitige, umfassende Information – v.a. bei Irritation und „innerem Fragezeichen“ • „Mitwirkungspflicht“ • Lückenlose Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit • Zeitnahe Kontaktaufnahme mit Arbeitsagentur, wenn Beschäftigungsverhältnis endet • Aufmerksamkeit bei drohender / gefährdeter Erwerbsfähigkeit • Widerspruchsmöglichkeiten nutzen Beratung bzgl. Regelungen zum Krankengeld u.a. durch • Geschäftsstelle der Krankenkasse vor Ort • Spitzenverband der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen • Beratungstelefon der Bundesministeriums für Gesundheit zum Thema Krankenversicherung • Unabhängige Patientenberatung Deutschland • Kliniksozialdienst • VDK (Mitgliedschaft als Voraussetzung) • Krebsberatungsstellen Krebsberatungsstelle am Tumorzentrum München in Kooperation mit der Bayerischen Krebsgesellschaft e.V. Pettenkoferstrasse 8a 80336 München Tel. 089 / 4400-53351 [email protected] www.tumorzentrum.de Psychosoziale Krebsberatungsstelle München der Bayerischen Krebsgesellschaft e.V. Nymphenburger Str. 21a I 80335 München Tel. 089 / 54 88 40 -21, -22, -23 [email protected] www.bayerische-krebsgesellschaft.de Quellen • SGB V, SGB VI • Betanet – Suchmaschine für Krankheiten und Soziales • GESUNDHEITSLADEN MÜNCHEN e.V. - Informations- und Kommunikationszentrum: Gesundheitsinfo • DVSG – Sozialrechtliche Fragen in der Onkologie: Seminar 13./14.05.2013