1945-1970 - St.Raphael
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1945-1970 - St.Raphael
50 Jahre St.Raphael 50 Jahre St.Raphael Kirche in Rutesheim Chronik Teil 1 1945-1970 Die Entstehung der kath. Kirchengemeinde in Rutesheim. Nach der Vertreibung der Menschen aus den deutschen Ostgebieten im Jahre 1945 kamen mehr als 700 Flüchtlinge - in der überwiegenden Mehrzahl Katholiken - nach Rutesheim. Sie hatten ihre Heimat verloren und suchten hier ein neues Zuhause. Sie kamen zum Teil aus Mähren und Böhmen, aus dem Sudetenland, Schlesien, Ungarn und dem damaligen Jugoslawien. Die Gemeinde Rutesheim war bis nach dem 2.Weltkrieg fast ausschließlich evangelischen Bekenntnisses. Erst durch den Zuzug der aus Ihrer Heimat vertriebenen und geflüchteten Menschen stieg die Zahl der Katholiken in der Gemeinde. 1946 waren dies mehr als ein Viertel der Rutesheimer Bevölkerung. Der aus Südmähren stammende und ebenfalls heimatvertriebene Priester Monsignore Rupert Bendl betreute am Anfang die Rutesheimer Katholiken von Weil der Stadt aus, wo auch er eine neue Heimat gefunden hatte. Später wurden sie der Pfarrei Leonberg zugeordnet und in den Jahren 1950-1957 von Herrn Stadtpfarrer Anton Kner und den Vikaren Hess, Burger, Waldherr, Figl, Rieger und Schneider betreut. Das Zusammenwachsen der Kirchengemeinden war nicht immer ganz einfach. Schon die Tatsache, dass die Heimatvertríebenen aus ihren verschiedenen Herkunftsgebieten auch ihre unterschiedlichen Traditionen mitbrachten, machte das Zusammenwachsen der neuen Kirchengemeinden nicht immer einfach. Obwohl damals mit Sicherheit schwerwiegendere Probleme zu lösen waren, wie z.B. das Problem der Arbeitsplatz- und Wohnungsbeschaffung. Was nicht hoch genug bewertet werden kann, ist der ökumenische Impuls, der aus dieser leidvollen und schwierigen Situation hervorging. Die evangelische Kirchengemeinde und die altpietistische Gemeinschaft in Rutesheim gewährten im Betsaal der Gemeinschaft und später auch in der Kirche den katholischen Christen für Ihre Gottesdienste Gastfreundschaft. Gleiches tat auch die Perouser evangelische Kirchengemeinde, die aus der Waldensertradition kommt. Aus Priestermangel wurde anfangs alle zwei Wochen, später dann jeden Sonntag die hl. Messe gefeiert. Durch die zunehmende Industriealisierung war die Bevölkerungszahl ständig im Wachsen. Auch die Zahl der Katholiken nahm ständig zu und man suchte eine neue religiöse Heimat in einem würdigen Gotteshaus. Im März 1955 wurde unter dem Vorsitz von Stadtpfarrer Anton Kner aus Leonberg der Kirchbauverein gegründet. Die Gemeindemitglieder wählten drei Vertrauensmänner für diesen Kirchbauverein: 1. Herr Ernst Tandler 2. Herr Anton Klassen 3. Herr Karl Beigert Es waren zunächst 144 Mitglieder. Die Spenden dieser Mitglieder und die Kirchenkollekte diese durfte einmal im Monat dem Kirchbaufond zugeführt werden - betrugen im Monat durchschnittlich DM 363,00. Die Kirchengemeinde und die durch Bettelpredigten im ganzen Land angesprochenen Gläubigen gaben in rührender Weise ihr Bestes, um das geplante Werk voranzutreiben. 1956 veranstaltete die Kirchengemeinde ihren ersten öffentlichen Gemeindenachmittag in der Festhalle in Rutesheim. Es folgten verschiedene Veranstaltungen, wie Theater- und Faschingsabende, „bunte Abende“ der Jugend usw. Das schwierige Problem der Bauplatzbeschaffung konnte von Herrn Stadtpfarrer Kner im Einvernehmen mit dem damaligen Bürgermeister Herrn Schaible gelöst werden. Der Bürgermeister unterstützte die Kirchengemeinde durch Rat und Tat - und so konnten 1956 die ersten fünf Grundstücke erworben werden. Insgesamt waren dies 2845 m² Fläche und die Kosten betrugen 17.070,00 DM, zuzüglich Vermessungskosten von 235,50 DM. 1955 wurde die Kath. Kirchengemeinde Rutesheim von Renningen aus durch Pfarrer Johannes Simonides betreut. Renningen war damals noch keine selbständige Pfarrei, sondern gehörte zu Weil der Stadt. Mit dem Besitz einer eigenen Kirche und eines ständigen Pfarramtes waren jedoch die Voraussetzungen gegeben, dass Renningen im Jahr 1959 zur selbständigen Pfarrei erhoben wurde. Als Nachfolger für Pfarrer Simonides kam der bis dahin in Weil der Stadt amtierende Pfarrer Adelbert Wiedenmann nach Renningen, zugleich zuständig für die katholischen Christen in Rutesheim. Er war 15 Jahre lang als Seelsorger der Gemeinde Renningen-Rutesheim tätig. Pfarrer Wiedenmann ist es gewesen, der den Bau der St. Raphaels Kirche mit großem Einsatz und Fürsorge neben den vielen seelsorgerischen Aufgaben auf den Weg gebracht hat. Er hat durch seine Bettelpredigten dem Kirchenbaufond innerhalb kurzer Zeit über 37.000,00DM zugeführt. Durch seine Initiative konnte die Zahl der Spender und Spenden erheblich erhöht werden. Die Mitgliederzahl des Kirchbauvereins wuchs fast auf das Doppelte. Das von Pfarrer Wiedenmann 1959 ins Leben gerufene Männerwerk der Gemeinde startet 1960 eine Werbeaktion für den Kirchenbau. Gesammelt wurden Geld und Arbeitsstunden. An Bargeld kamen 4.198,00 DM und an Arbeitsstunden ca. 4000 von etwa 90 freiwilligen Helfern zusammen. Das wiederum ergab – multipliziert mit dem damaligen durchschnittlichen Stundenlohn - eine Summe von ca. 20.000,00 DM! Der Kassenstand betrug am 31.12.1960 die stattliche Summe von 93.380,96 DM! Im Jahr 1959 erfolgte die Wahl des ersten Kirchenstiftungsrates. Gewählt wurden: Anton Klassen Ernst Tandler Karl Beigert Ernst Weber Franz Greipel Josef Straub Anton Wolf Annelies Schermaul Ebenfalls im Jahr 1959 wurde Herr Architekt Paul Nagler aus Sindelfingen mit dem Bau des Gotteshauses beauftragt. Die Bauausführung wurde dem Bauunternehmer Hoyer aus Ostelsheim übertragen. Am 13. November 1960 erfolgte der erste Spatenstich zum Bau der Kirche durch Herrn Pfarrer Wiedenmann. Er bezeichnete es als die große Stunde der katholischen Kirchengemeinde in Rutesheim, wenn jetzt nach jahrelangen Vorbereitungen mit dem Bau begonnen werden könne und somit der Herzenswunsch aller in Erfüllung gehe. Auf den Brettern, welche die Umrisse der Kirche kenntlich machten, standen dicht gedrängt die Gemeindemitglieder und konnten so sichtbar machen, dass die Kirche im eigentlichen Sinne aus den Menschen besteht. Zum Namenspatron der Kirche wurde der Erzengel Raphael gewählt. Im Buch Henoch ist über Raphael zu lesen: „der über die Geister der Menschen gesetzt ist“. Bekannt ist er heute vor allem durch die Erzählung im Buch Tobit. Dort erscheint der Erzengel als unerkannter Reisebegleiter des jungen Tobias und sagt zu ihm: „Ich will mit dir reisen, ich kenne den Weg wohl!“ Pfarrer Adelbert Wiedenmann begründete die Wahl des Erzengels zum Patron der neuen Kirche mit der besonderen Lage des Gotteshauses: „Einige hundert Meter vom Gotteshaus führt die Autobahnstrecke Stuttgart-Karlsruhe vorbei, die täglich von tausenden von Menschen benützt wird. Direkt an der Kirche liegt die Kreisstraße, die den Ort Rutesheim mit dem Ortsteil Heuweg verbindet und zum Bahnhof führt. Viele Arbeiter vom Heuweg und Silberberg gehen in das Dorf, um bei den großen Firmen ihren Arbeitsplatz einzunehmen, viele vom Dorf müssen die Bahn benützen, um zu ihren Arbeitsplätzen zu gelangen. Die Kinder vom Heuweg kommen an der Kirche vorbei, wenn sie zur Schule und wieder nach Hause gehen. Der hl. Raphael, treuer Begleiter und Beschützer des jungen Tobias, möge ihnen allen ein Beschützer sein.“ Nach langen und oftmals sehr schwierigen Verhandlungen und Vorbereitungen wurde am 19. Februar 1960 durch Herrn Dekan August Uhl aus Weil der Stadt der Grundstein zur Sankt Raphaelskirche gelegt. Mit regem Interesse verfolgte in den kommenden Wochen und Monaten die ganze Gemeinde Rutesheim den Bau der Kirche und des 37m hohen Kirchturms. Am 23. September 1961 feierte die kath. Kirchengemeinde das Richtfest, glücklich darüber, diesen ersten Bauabschnitt gut beendet zu haben. Im Jahre 1962 wurde das II. Vatikanische Konzil durch Papst Johannes XXIII eröffnet. Dies war für die katholische Kirche im Ganzen von herausragender Bedeutung. Für die katholischen Christen in Rutesheim war es zugleich das Jahr, in dem sie ihre eigene Kirche bekommen haben. Lob und Dank sei Gott! Dank den vielen fleißigen Helfern Am 29. September 1962 hat der Rottenburger Weihbischof Wilhelm Sedlmeier die Kirche St. Raphael geweiht. Der im Jahre 1961 von Frau Maria May gegründete Kirchenchor hat den Festgottesdienst feierlich umrahmt. Die erste Taufe in der neuen St. Raphaelskirche wurde Ortfried Wetschek gespendet. Die erste Hochzeit feierte das Brautpaar PluxarMach. Am weißen Sonntag des Jahres 1963 gingen die Kommunionkinder zum ersten Mal in der neuen Kirche zur heiligen Erstkommunion. Die erste Firmung in der Geschichte der Gemeinde Rutesheim war am 22. Juni 1963. Ab Dezember 1962 besuchte auch der hl. Nikolaus auf Wunsch die Rutesheimer Familien. Die Gemeinde feiert nunmehr in jedem Jahr das Fest der Kirchweihe mit einem Festgottesdienst und anschließendem Gemeindenachmittag. Am 1. Advent 1966 fand die Weihe von fünf Glocken statt, die zum ersten Mal am 24. Dezember um 16.00 Uhr erklangen, um das Weihnachtsfest anzukündigen. Gegossen wurden diese Glocken bei der Glockengießerei Gebrüder Bachert in Bad Friedrichshall. Die größte Glocke, in der Tonlage e’, ist Christus geweiht und trägt die Inschrift: „Seht, ich bin bei euch alle Tage bis zur Vollendung der Weltzeit“ Die zweite Glocke, g’, ist Maria, der Mutter Gottes geweiht, die Inschrift lautet: „Siehe, ich bin eine Magd des Herrn, mir geschehe nach deinem Wort“ Die drei anderen Glocken sind den Erzengeln geweiht. Ihre Inschriften lauten: „St. Raphael, Patron unserer Kirche, erbitte Schutz für unsere Pfarrfamilie“ – Tonlage a’ „Hl. Gabriel, hilf uns den lieben, dessen Menschwerdung du verkünden durftest“– Tonlage h’„ Heiliger Michael, rufe die Lebenden,führe die Toten in das ewige Licht“ –Tonlage d’’ Die dem Erzengel Michael geweihte Glocke ist die Totenglocke. Im Advent 1966 wurde die St. Raphaelskirche mit einer Orgel ausgestattet. Durch die Vermittlung von Frau Maria May wurde von der Gemeinde Kiebingen bei Tübingen eine Rieger- Serienorgel gekauft. Kath.Gemeinde 1945-1970 Nachschlagewerke: Auszug aus der Rutesheimer Stadtchronik Aufzeichnungen von Frau Annelies Schermaul Aufzeichnungen von Martha Tandler und Anna Treß Inge Burger Kath.Gemeinde 1970-1985 Rudolf Rösler Kath.Gemeinde 1985 – bis heute Marlies Reiser Heidi Choffat Textbearbeitung Inge Burger