Lemma von Zorn

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Lemma von Zorn
Kapitel
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Anhang
1.1 Lemma von Zorn
Eine Menge M heißt nichtleer, wenn sie mindestens ein Element besitzt, d.h.
∃x ∈ M oder äquivalent es gibt eine Funktion, die die Menge M auf eines ihrer Elemente abbildet. Hat man eine Familie von nichtleeren Mengen (Mi )i∈I ,
Q
so können wir den Produktraum i∈I Mi betrachten, das ist die Menge der
Funktionen f : I → ∪i∈I Mi , die f (Mi ) ∈ Mi für alle i ∈ I erfüllen. Mit den
Zermelo-Fraenkel Axiomen der Mengenlehre kann nicht gezeigt werden, dass
Q
i∈I Mi für nichtleere Megnen Mi nichtleer ist. Es kann aber gezeigt werden,
dass die Existenz einer solchen Auswahlfunktion unabhängig von den anderen
ZF-Axiomen ist, d.h. sie können aus diesen nicht hergeleitet werden, können
aber als weiteres Axiom hinzugenommen werden und liefern ein erweitertes widerspruchsfreies Axiomensystem (ZFC für Zermelo-Fraenkel Choice genannt).
Wir verwenden dieses und zeigen die Äquivalenz zu einer Aussage, die als
Lemma von Zorn bekannt ist.
Eine Kette bezeichnet eine unter totalgeordnete Teilmenge von (A, ), also
eine Teilmenge K für die x y oder y x für alle x, y ∈ K gilt.
Eine Teilmenge B einer teilgeordneten Menge A heißt beschränkt, wenn es
ein u ∈ A gibt, das b ≺ u für alle b ∈ B erfüllt. Ein Element m ∈ A heißt
maximal, wenn aus m ≺ a für ein a ∈ A m = a folgt. Maximale Elemente
müssen keine größten Elemente sein, d.h. es kann a ∈ A geben mit m a und
a m. Eine kleinste obere Schranke einer Teilmenge B von A ist eine obere
Schranke die kleiner jeder anderen oberen Schranke von B ist und wird mit
sup B bezeichnet.
Lemma 1.1.1 (Zorn) Hat eine teilgeordnete Menge A die Eigenschaft, dass
jede Kette beschränkt ist, so hat sie ein maximales Element.
2. März 2015
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KAPITEL 1. ANHANG
Die Bedeutung des Lemmas von Zorn liegt darin, dass man die Existenz gewisser Elemente, die das Auswahlaxiom erfordern nicht durch einen konstruktiven
Beweis zeigen kann, aber die Existenz von oberen Schranken von Ketten oft
sehr einfach zu zeigen ist. Typischerweise ist die teilgeordnete Menge S eine
Teilmenge der Potenzmenge einer Menge M versehen mit der Mengeninklusion
als Teilordnung. In vielen Fällen ist leicht zu zeigen, dass für eine Kette (Ai )i∈I
aus S die Vereinigung ∪i∈I Ai in S liegt, womit man eine (sogar die kleinste)
obere Schranke von (Ai )i∈I in S gefunden hat. Mit dem Lemma von Zorn folgt
dann die Existenz eines maximalen Elementes. Ein typisches Beispiel hierfür
ist der Satz von der Existenz von Ultrafiltern.
Der Beweis beruht auf dem folgenden Lemma:
Lemma 1.1.2 Sei (A, ) eine nichtleere teilgeordnete Menge, in der jede Kette eine kleinste obere Schranke hat. F sei eine Abbildung von A in sich, die
x F (x) ∀x ∈ A erfüllt. Dann gibt es m ∈ A mit F (m) = m,
Beweis: Sei a0 ein beliebiges Element von A fest gewählt. Wir nennen eine
Teilmenge B von A zulässig, wenn sie folgende Bedingungen erfüllt:
i) a0 ∈ B, a0 b ∀b ∈ B
ii) Für x ∈ B gilt F (x) ∈ B
iii) Für eine Kette T in B gilt sup T ∈ B
{b ∈ A : a0 b} ist offensichtlich zulässig, also ist die Menge der zulässigen
Mengen nichtleer.
Der Durchschnitt B0 aller zulässigen Mengen ist, wie man unmittelbar sieht
zulässig.
Ein Element e ∈ B0 heißt extremal, wenn für x ∈ B0 aus x ≺ e folgt F (x) e.
a0 ist extremal. Wir zeigen, dass für extremales e, die Menge
Be := {x ∈ B0 : x e oder F (e) x}
zulässig ist:
i) a0 e also a0 ∈ Be .
ii) Für x ∈ Be und x ≺ e gilt wegen der Extremalität von e F (x) e. Für
x = e folgt f (x) = F (e) und für F (e) x folgt F (e) x F (x), also in allen
Fällen F (x) ∈ Be .
iii) Ist T eine Kette in Be und ist x ≺ e für alle x ∈ T , so folgt e ist obere
Schranke von T und damit sup T e, also sup T ∈ Be . Gilt F (e) x für ein
x ∈ T so folgt x sup T und damit ebenfalls sup T ∈ Be .
Da B0 die kleinste zulässige Menge ist und Be ⊆ B0 gilt folgt Be = B0 für
alle extremalen e ∈ B0 . Insbesondere folgt aus der Definition von Be , dass ein
extremales Element e ∈ B0 mit allen Elementen von B0 in Relation steht.
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1.1. LEMMA VON ZORN
Wir zeigen jetzt, dass die Menge E der extremalen Elemente vom B0 zulässig
ist:
i) a0 ist extremal.
ii) Ist e extremal und x ≺ e, so folgt wegen e extremal F (x) e, also aus x e
folgt F (x) F (e). Wegen B0 = Be gilt aber für alle x ∈ B0 mit x ≺ F (e)
immer e e, also gilt F (x) F (e) für alle x mit x ≺ F (e).
iii) Ist T eine Kette in E und y ≺ sup T . Dann gilt y t oder t y für alle
t ∈ T , woraus für ein x ∈ T y ≺ x folgt, anderenfalls wäre y eine kleinere
obere Schranke als sup T von T . Wegen T ⊆ E ist x extremal und damit gilt
F (y) x sup T . Damit ist sup T extremal.
Wir haben gezeigt, dass alle Elemente e von B0 extremal sind, wegen Be = B0
folgt aus der Definition von Be , dass B0 eine Kette ist. Es folgt sup B0 ∈ B0
und wegen x F (x) ∈ B0 gilt F (sup B0 ) = sup B0 .
Satz 1.1.3 Das Auswahlaxiom ist äquivalent zum Lemma von Zorn.
Beweis: Es gelte das Lemma von Zorn und (Mi )i∈I sei eine Familie nichtleerer
Mengen. Auf der Menge A aller Auswahlfunktionen auf Teilmengen J von I
Q
definieren wir eine Halbordnung wie folgt: Für xJ ∈ i∈J Mi und yJ 0 ∈
Q
0
0
i∈J 0 Mi , J, J ⊆ I gilt x y genau wenn J ⊆ J und pri (x) = pri (y) ∀i ∈ J.
pri bezeichnet die Projektion von x auf seine i-te Koordinate, beziehungsweise
pri (x) = x(i). A ist nichtleer und jede Kette S = {xJ : J ∈ T ⊆ P(I)} von
A hat eine obere Schranke xJ0 , nämlich die durch pri (xJ0 ) := pri (xJ ) für ein
J mit i ∈ J und J0 := ∪{J : J ∈ T }. Diese Definition ist, da S eine Kette
ist, unabhängig von der Wahl von J ∈ T mit i ∈ J , also ist xJ0 wohldefiniert.
Anwendung des Zorn’schen Lemmas gibt die Existenz einer unter maximalen
Auswahlfunktion xJm auf einer Menge Jm ⊆ I. Für ein i0 ∈ I \ Jm können
wir (ohne Verwendung des Auswahlaxioms) ein x{i0 } ∈ Mi0 finden. Die durch

x
pri (xJm ∪{i0 } ) := 
Jm (i)
x{i0 }
i ∈ I0
i = i0
definierte Auswahlfunktion auf Jm ∪ {i0 } erfüllt xJm ≺ xJm ∪{i0 } im Widerspruch zur Maximalität von xJm . Also muss Jm = I gelten und die Auswahlfunktion xJm ist eine Auswahlfunktion auf I.
Gilt das Auswahlaxiom und hat (M, ) kein maximales Element, so sind alle
Mengen Mx := {y ∈ M : x ≺ y} nichtleer, wir haben aufgrund des Auswahlaxioms eine Funktion f auf M , die x ≺ f (x) erfüllt. Mit dem Auswahlaxiom
wählen wir für alle Ketten T in (M, ) eine obere Schranke s(T ) und definieren
F (T ) := T ∪ f (s(T )). Die Menge K aller Ketten in M ist durch Mengeninklusion teilgeordnet: T1 ≤ T2 für T1 ⊆ T2 . Mit dieser Ordnungsrelation gilt dann
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KAPITEL 1. ANHANG
für alle Ketten
T < F (T ).
(1.1)
Jede Kette in K hat die Vereinigung aller Mengen in den Elementen dieser
Kette als kleinste obere Schranke, d.h. für eine Kette (Ti )i∈J von Ketten gilt
{A : ∃i ∈ J , A ∈ Ti } = sup(Ti )i∈J .
(K, ≤) mit der Funktion F erfüllt also die Voraussetzungen von Lemma 1.1.2.
Damit müsste es eine Kette T mit F (T ) = T geben, was aber im Widerspruch
zu (1.1) steht. Die Annahme, dass alle Mengen Mx nichtleer sind führt also
auf einen Widerspruch, d.h es gibt ein maximales x ∈ M .
Als typische Anwendung des Lemmas von Zorn zeigen wir dass jeder R oder Clineare Raum eine algebraische Basis besitzt, d.h. es gibt Elemente {vi : i ∈ I}
P
von V , sodass jedes x ∈ V eine eindeutige Darstellung x = j∈F aj vj mit
aj ∈ R (bzw. C) und einer endlichen Teilmenge F von I besitzt.
Auf der Menge B aller linear unabhängigen Teilmengen von V ist durch Mengeninklusion eine Teilordnung definiert. Ist Bi , i ∈ I eine totalgeordnete Teilmenge von (B, ⊆), so ist die Menge ∪i∈I Bi ebenfalls in B, denn für b1 , . . . , bn ∈
∪i∈I Bi gibt es aufgrund der Totalordnung ein i0 mit bi ∈ Bi0 ∀i = 1, . . . , n,
womit diese Elemente linear unabhängig sind. ∪i∈I Bi ist klarerweise eine obere
Schranke der Kette (Bi )i∈I , also ist die Voraussetzung des Lemmas von Zorn
erfüllt und wir können auf die Existenz eines maximalen Elements Bm in (B, ⊆)
schließen. Gäbe es ein x ∈ V , das sich nicht als endliche Linearkombination von
Elementen aus Bm darstellen lässt, so wäre auch Bm ∪ {x} linear unabhängig
im Widerspruch zur Maximalität von Bm .
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