Fastnacht - Historisches und Interessantes zu Ursprung
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Fastnacht - Historisches und Interessantes zu Ursprung
Fastnacht - Historisches und Interessantes zu Ursprung, Entwicklung und Brauchtum und Besonderheiten im Erzgebirge Verglichen mit den "Faschingshochburgen", wie beispielsweise dem Rheinland, nimmt die Fastnacht (mundartlich "Fosend") im Erzgebirge in der heutigen Zeit eine eher untergeordnete Rolle ein. Dennoch haben sich in unserer Heimat aus altem Brauchtum heraus Faschingstraditionen gebildet. Sind es heute vor allem die Kinder, die Fasching feiern, so waren es früher die Bergleute, die dieses Fest begingen und dabei eigene Bräuche zum festen Bestandteil der Erzgebirgsfastnacht machten. Der Ursprung der Fastnacht Über die Wurzeln der Fastnacht gehen in der Forschung die Meinungen weit auseinander. Teilweise wird sogar Gegensätzliches behauptet. So ist man einerseits der Auffassung, dass der Ursprung der Fastnacht in den Mythen und Fruchtbarkeitskulten des alten Orients sowie in den Glaubensvorstellungen und den entsprechenden Bräuchen der Germanen, Kelten und Slawen zu suchen ist. Der Kult um den Tod und die Wiederauferstehung der Gottheit oder auch Absterben und Wiederaufleben der Natur haben damals eine zentrale Rolle bei diesen Festen gespielt. Mit der Christianisierung der "Barbaren" bzw. Heidenvölker wurden die ursprünglich heidnische Feste mit ihren Begriffen, Vorstellungen und Ritualen zwar beibehalten, jedoch mit einem christlichen Inhalt versehen. Diese Meinung unterstützt auch Museumsleiter Ralf Petermann, der auf den altägyptische Osiris - Kult und der in der westsemitischen Religion beheimatete Baalskult verweist. So mancher Fastnachtsbrauch erinnere an Rituale zu Ehren der Baale, den lokalen Fruchtbarkeitsgottheiten des westsemitischen Kulturkreises. Ansätze seien jedoch zweifellos auch bei den Frühlingsfesten der Völker und Stämme des nordischen Kulturkreises zu finden. Diese haben auf irgendeine Weise die religiösen Vorstellungen und dementsprechenden Riten der altorientalischen Völker den Glaubensvorstellungen ihrer Religion angepasst und darin aufgenommen, was dann seinen Niederschlag auf die Rituale ihrer Jahresfeste hatte. Diese bekamen dann einen neuen Sinn, als das Christentum sich unter ihnen verbreitete. Andere wiederum meinen, dass die Fastnacht ihre Wurzeln völlig im christlichen Jahreslauf hat. Sie sei ein erst in christlicher Zeit entstandenes Fest vor dem Anbruch der vierzigtägigen Fastenzeit vor Ostern, die mit dem Aschermittwoch beginnt. Als Beweis wird unter anderem der Name angeführt. So wie der Abend vor Christi Geburt "Weihnacht" heißt, verweise der Name "Fastnacht" auf den Vorabend der Fastenzeit. Bräuche zur Fastnacht Unter Strafandrohung war in früheren Zeiten während der sechswöchigen Fastenzeit vor Ostern der Verzehr des Fleisches warmblütiger Tiere sowie aller anderer aus der Großvieh- und Geflügelhaltung gewonnener Nahrungsmittel verboten. Deshalb wurde in den letzten Tagen vor Anbruch der Fastenzeit noch mal in großen Mengen Fleisch gegessen. Außerdem mussten die verderblichen Vorräte der unter das Fastengebot fallenden Speisen vorher aufgebraucht werden. Aus diesem Grund kam wohl unter anderem im 13. Jahrhundert der Brauch auf, mit viel Schmalz und Eiern Fastnachtskuchen und –krapfen, als Vorgänger unserer heutigen Pfannkuchen, zu backen. Bald schon kamen Musik und Tanz als weitere Elemente der Fastnachtsgestaltung hinzu. Hierbei soll es oft recht freizügig zugegangen sein. Verständlich, denn zur Fastenzeit wurde Abkehr vom Fleisch in zweierlei Hinsicht gefordert: Verzicht auf fleischliche Nahrung und Verzicht auf fleischliche Genüsse in Form sexueller Entsagung. Im 14. und 15. Jahrhundert wurden zur Fastnacht verschiedenste Spiel- und Schaubräuche von ledigen Handwerksgesellen vorgeführt. So gab es das Pflug- und Eggenziehen zur Verspottung alter Jungfern, lustig groteske Schlittenfahrten, wildes und lärmendes Musizieren auf improvisierten Instrumenten sowie den Brauch des Brunnenwerfens. Umzüge in den Städten und Aufführungen sogenannter "Fastnachtsspiele" erfreuten sich großer Beliebtheit. Um 1500 waren die Fastnachtslustbarkeiten kaum noch improvisiert, sondern verliefen kontrolliert. Selbst die erotische Seite der Fastnacht wurde seitens der Obrigkeit reglementiert. So gingen dann die Ausführenden der Fastnachtsbräuche im Verlaufe des 15. Jahrhunderts immer mehr dazu über, sich zu verkleiden und zu maskieren, um sich damit leichter der Kontrolle der Ordnungskräfte zu entziehen. Nach 1450 bildeten sich dabei immer deutlicher Grundtypen der durch Verkleidung dargestellten Figuren heraus, die sich trotz lokaler Varianten über weite geografische Räume hinweg recht ähnlich waren. Dabei fällt auf, dass es sich dabei durchweg nur um "Negativgestalten" damaliger gesellschaftlicher Auffassung handelte. Die Quellen vor 1500 erwähnen dabei häufig den Teufel. Ein weiterer Grundtyp war der "Wilde Mann", eine unheimliche Figur der nordischen Mythologie. Häufig verkörpert wurden auch das "alte Weib" und der "Bauerntölpel" als Spottfiguren. Außerdem gehörten Zigeuner, Jude, Mohr und Türke als Angehörige gesellschaftlicher Randgruppen, die dem christlichen Bild nicht entsprachen, zum Spektrum der Darstellung. Schließlich kamen Tierverkleidungen hinzu, wobei der Bär schon recht früh erwähnt wird. Nachweisbar sind zudem Verkleidungen als Affe, Storch, Bock und Schwein. Obwohl die christliche Kirche die Ausgelassenheit der Menschen unmittelbar vor Beginn der Fastenzeit schon seit jeher kritisch sah, schätzte sie anfangs die Fastnacht, einschließlich deren Bräuche, noch recht wertneutral ein und verhielt sich tolerant dazu. Das änderte sich jedoch generell um 1500. Die Fastnacht mit ihrem heidnisch - abergläubischem Brauchtum, einschließlich des Mummenschanzes und der vulgären Spiele, geriet unter massive Kritik seitens der Theologen. Daraufhin änderte sich das äußere Bild der Fastnacht wesentlich. Immer häufiger trat nunmehr der Narr als Gestalt bei den Fastnachtsumtrieben in Erscheinung, die dann zur Symbol- oder Zentralfigur wurde. Ursprünglich stand dieser in keinerlei Bezug zum Fasching und dessen Lustbarkeiten. Narrheit wurde von jeher gleichgesetzt mit Torheit, Geistlosigkeit, Gottesverleugnung und Ignoranz. Da die Fastnacht zu jener Zeit seitens der Kirche als äußerliche Zurschaustellung einer Welt der Gottesferne betrachtet wurde, war es nicht verwunderlich, dass die Gestalt des Narrens sich als Symbolfigur regelrecht anbot. Seit Ende des 15. Jahrhunderts prägten nunmehr Narren mit Schellenkappe und Eselsohren das Bild der Fastnacht. Im Volksmund wurde daraufhin der Begriff "Fastnachtsnarr" zur Bezeichnung für alle Kostümträger des Faschings. Bis in unsere Gegenwart gilt die Fastnacht als Darstellung einer verkehrten Welt und einer Schau von nach alter Ansicht negativen Figuren. Über die Jahrhunderte entwickelte sich die Fastnacht in lokal- und regionaltypischen Besonderheiten vor allem den katholischen Gebieten. Im Osten Deutschlands gehören dazu die Gegenden in Thüringen und im Harz. Im weitgehend protestantischen Sachsen hat das Fest eine eher untergeordnete Bedeutung. Die Reformatoren schafften die Tradition in ihrem Einflussbereich weitestgehend ab. Dennoch entwickelte sich in Sachsen auch schon recht frühzeitig ein spezielles Faschingsbrauchtum. Die Fastnacht im Erzgebirge In unserer erzgebirgischen Heimat beschränkt sich das Faschingstreiben vorwiegend auf den Rosenmontag und die Fastnacht. Hauptsächlich die Bergleute waren es, die die Tradition aufrechterhielten, wohl vor allem deshalb, weil viele von ihnen aus katholischen Regionen zugewandert waren. Die wohl älteste bekannte Überlieferung zur erzgebirgischen Fastnacht stammt von 1518 aus der Stadt Zwickau. Im Jahre 1518 begannen dort die Lustbarkeiten zur Fastnacht mit einem Turnier, bei welchem weltliche und kirchliche Feudalherren und Würdenträger anwesend waren. Sogar Kurfürst Friedrich der Weise soll dabeigewesen sein. Aufgeführt wurden Fastnachtsspiele, bei denen es recht kurios und vulgär zuging. Beispielsweise stritten und prügelten sich sieben Frauen um einen Mann. Achzehn, als Störche verkleidete Personen, warfen auf dem Marktplatz mit Nüssen. Reifen- und Schwerttänze fanden statt. Auch sonst gab es allerhand Seltsames zu sehen. So zog ein zottiger Hund ein Kind im Schlitten durch die Stadt und neunzehn Hofleute hielten ein Krückenstechen ab. Das Faschingsfest in Zwickau dauerte eigenartigerweise mehrere Wochen, wozu Tausende - unter anderen auch Leute aus dem Erzgebirge - kamen. In den Schneeberger Silberzechen waren nur noch wenige Bergleute anwesend, was den dortigen Grubenherren Not bereitete. Arme Menschen wurden während der Festlichkeiten in Zwickau dreimal wöchentlich mit Speisen und etwas Geld bedacht. Sicher wollte man auf diese Weise Bettelei und Diebstahl eindämmen. Über die Fastnacht im Erzgebirge berichteten im 17. Jahrhundert auch der Chronist Christian Meltzer in seinen "Bergläuftigen Sermonen" des Jahres 1684 sowie der Scheibenberger Pfarrer und Chronist Christian Lehmann in seinem 1699 im Druck erschienen "Historischen Schauplatz". Wie es zur Fastnacht in Schneeberg zuging, darüber berichtet der Stadtchronist Meltzer: " ... weiland die Handwerker nach ihren Gewohnheiten auch manche seltsame Aufzüge gehalten, die Kürschner Schwerttänze, die Büttner aber Reifentänze angestellet, desgleichen, dass man gewisse Spiele gehalten und mancherlei Abenteuer getrieben, darbey wohl manches mal vermasquierte Weibspersonen sich befunden haben." In den Bergorten Schneeberg, Johanngeorgenstadt, Eibenstock, Thum, Wiesa und Oberwiesenthal fanden zur Fastnacht Bergpredigten mit anschließendem Bergaufzug statt. Christian Lehmann schrieb dazu: "Die Bergleute gingen mit Trommeln und Pfeifen ein und aus der Bergpredigt, zerteilten sich danach in die Gassen, sammelten Würste, Eier, geräuchertes Fleisch und andere Speisen. Etliche warben eine Dienstmagd zur Fastnachtsbraut, baten dabei viele Jungfrauen zum Tanz, die sich aber alle mussten mit Geld lösen, davon kauften sie ein Fass Bier, aßen, tranken, tanzten und sangen ..." Einen speziellen Fastnachtstanz stellte der "Burkert" dar. Die Quellen berichten über 150 Erzgebirgsorte, in denen dieser Tanz üblich war. Dazu gehören unter anderen Aue, Zwönitz, Hartenstein, Scheibenberg, Breitenbrunn, Schlettau, Königswalde, Eibenstock, Carlsfeld und Schönheide. Es war ein Tanz, bei dem die üblichen Regeln umgekehrt wurden. Die Mädchen forderten die Burschen auf, hielten sie an der Theke frei mit Bier, Schnaps und teilweise mit Rauchwaren. Getanzt wurden die altbekannten Tänze wie "Dreher", "Vogelsteller" und "Hauschild". Zu diesem sang man: "Lebt denn der alte Hauschild noch ..." (der "Holzmichl" lässt grüßen!). Für den "Burkert" gab es auch noch andere Bezeichnungen, wie "Männerfosend", "Schürzentanz" oder "Gungfernball". Die Mädchen trugen zu diesem Tanz eine bunte Schürze, die Männer blaue Schürze und rotes Halstuch. Auch in Regionen außerhalb des Erzgebirges war der "Burkert" bekannt, wo er zu anderen Anlässen getanzt wurde. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war der Brauch fast vergessen. Letztmalig ist er 1919 in Aue und 1925 in Bernsbach nachgewiesen. Ein allseits üblicher Fastnachtsbrauch, von Kindern ausgeübt, war das "Spießeinrecken". Man zog von Haus zu Haus und die Leute steckten Essereien oder kleine Bilder an den "Spieß", der in der Regel eine hölzerne Stange war. Dieser urtümliche Brauch hat den gleichen Ursprung wie das "Peitschen" zu Ostern und Pfingsten. In uralter Zeit war der "Spieß" eine grünende Rute, mit dem Mensch und Tier symbolisch geschlagen wurden, im Glauben, dass auf diese Weise die ersten Keime der Natur die Fruchtbarkeit des lebenden Wesens bewirken. Außerdem sollten damit die Geister des Misswuchses und der Krankheit vertrieben werden. Auch andere Fastnachtsbräuche, die in abergläubischen Vorstellungen wurzeln sind aus dem Erzgebirge bekannt. So wurden beispielsweise Brezeln als Abbild gekreuzter Arme gebacken, was an den Totenkult unserer Vorfahren erinnert. Kühe, Ochsen und Pferde erhielten des Abends ein Stück Brot, bestreut mit Bockauer Gesundheitspulver und Salz und die Hühner wurden vor Sonnenaufgang innerhalb eines Reifens oder geflochtenen Strohnest gefüttert. Am Aschermittwoch wurden die Kinder noch einmal zum Spießeinrecken geschickt. Sie erhielten dann allerdings keine Essereien, sondern wurden mit Wasser überschüttet. Es durfte der Wohnort nicht verlassen (wer das tut, stirbt) und keine Wäsche gewaschen werden (sie wird sonst schwarz). Bekannt sind auch eine Anzahl von Liedern und Reimen, die anlässlich der Fastnacht in den Erzgebirgsorten entstanden und gesungen wurden: "Neie, neie Fasenacht. Dr Voter hot e Kalb geschlacht. Hootr sich in Finger gehackt, hootr sich halb tut gelacht." Interessant ist, dass in Aue 1937 ein Fastnachtsumzug stattfand, bei dem auch alle Auer Originale, wie beispielsweise die "Dicke Luft" beteiligt waren. Eine Wiederbelebung des Brauches nach dem Zweiten Weltkrieg soll allerdings misslungen sein. Heute ist die Fastnacht im Erzgebirge vorwiegend ein Fest für Kinder. Viele der alten, Bräuche sind in Vergessenheit geraten. Erhalten blieb neben Verkleidung, Musik und Tanz, die Tradition des „Spießeinreckens“, bei der die Kinder verkleidet von Tür zu Tür gehen und (heutzutage ohne Spieß) mit Sprüchen und Reimen Süßes oder auch Geld „erbetteln“. „Bie e klaaner Keenig, gabt mer net ze wenig, gabt mer net zu viel, sonst kommt mei Vater mit em Beesenstiel!“ oder auch „Bie e klaaner Zwerg, kumm net übern Berg. Gabt ihr mir ne Mark, bie ich wieder stark!“ Literatur- und Quellenangabe: H. Ringgren, Die Religionen des alten Orients, Evangel. Verlagsanstalt, Berlin 1987 E. John, Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge, Annaberg 1909 Dr. S. Sieber, Die Fastnacht der erzgebirgischen Bergleute, Nachlass i. Museum Aue Dr. S. Sieber, Ein erzgebirgisches Fastnachtsspiel, Nachlass i. Museum Aue Chr. Lehmann, Historischer Schauplatz, 1699 Verschiedene Kurzpublikationen in Zeitungen und Zeitschriften Aufzeichnungen von Museumsleiter Ralf Petermann