Radius-Chine

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Radius-Chine
Konstruktion und Bau eines 12 m langen Segelyachtrumpfes aus
Bootsbausperrholz und Epoxydharz mit der Radius Chine Methode
Prof. Dr.-Ing. Günter Grabe
Email: [email protected]
Kurzinhalt:
Mit der Radius Chine Methode können Rümpfe aus Sperrholz herstellt werden, die
selbst von Experten kaum von Rundspantrümpfen zu unterscheiden sind. Damit
werden die strömungstechnischen und optischen Nachteile von Knickspant- und
Klinkersperrholzrümpfen vermieden. Erhalten bleiben die Vorteile durch die
Verwendung von Sperrholz als hochwertiges Plattenmaterial mit großer Festigkeit
und Steifigkeit bei vergleichsweise geringem Gewicht.
Ca. zwei Drittel der Außenhaut werden schnell mit einfach gekrümmten
Bootsbausperrholzplatten beplankt. Der Kimmbereich wird mit einem Radius
ausgeführt, der vom Heck bis etwa zum Mast konstant groß ist und zum Vorsteven
immer kleiner wird. Wegen der zweifachen Krümmung wird der Kimmbereich mit
Sperrholzstreifen Form verleimt.
Am Beispiel einer modifizierten Segelyacht vom Typ Didi 38/40 des Designers
Dudley Dix wird die Konstruktion und der Bau eines Rumpfes aus Bootsbausperrholz
mit der Radius Chine Methode im Detail erläutert.
1. Einleitung
Heute werden fast alle Yachtrümpfe in großen Stückzahlen aus
Faserverbundwerkstoffen hergestellt. Nur vereinzelt sieht man neue Yachtrümpfe
aus Aluminium, Stahl oder Holz. Faserverbundwerkstoffe ermöglichen eine
kostengünstige Herstellung von Serienyachtrümpfen in Formen. Die Herstellkosten
für die erforderliche Form zum Laminieren können bei einer Serienfertigung auf die
große Anzahl der Rümpfe verteilt werden. Bei Einzelbauten oder kleinen Serien sind
die Kosten für die Herstellung der erforderlichen Form jedoch sehr hoch, denn der
Rumpf wird bei einer Einzelanfertigung praktisch zweimal gebaut: einmal als Form
und dann noch einmal als eigentlicher Rumpf. Die teure Form selbst ist anschließend
als Sondermüll zu betrachten, es sei denn es findet sich ein weiterer Interessent
dafür. Der große Aufwand und die Kosten für einen Einzelbau in
Faserverbundwerkstoffen führen dazu, dass bei Einzelbauten andere Werkstoffe wie
Aluminium, Stahl und Holz, die selbstständig straken und keine Form bei der
Herstellung benötigen, kostengünstig und vorteilhaft eingesetzt werden können.
Moderne Rümpfe aus Holz werden heute entweder Form verleimt mit mehreren
Schichten Furnierholz oder aus Bootsbausperrholzplatten hergestellt.
Der Aufbau und die Eigenschaften von Bootsbausperrholz für die Verwendung als
Außenhautmaterial für Yachtrümpfe werden im zweiten Kapitel beschrieben und mit
anderen Werkstoffen verglichen.
Es folgt im dritten Kapitel eine Beschreibung der mit Bootsbausperrholz
herstellbaren Rumpfformen wie Knickspant, Multiknickspant und Klinkersperrholz.
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Die Radius Chine Methode, die näher erläutert wird, ergibt eine spezielle Rumpfform,
mit der Rümpfe aus Bootsbausperrholz mit dem Aussehen von Rundspantrümpfen
hergestellt werden können.
Im vierten Kapitel wird die Konstruktion und die Dimensionierung eines Radius
Chine Rumpfes anhand des konkreten Beispieles einer modifizierten 12 m
Segelyacht vom Typ Didi 38/40 von dem Designer Dudley Dix erläutert.
Das fünfte Kapitel dokumentiert den Bau des Rumpfes bei der Toft-Baadebyggeri in
Dänemark mit den einzelnen Bauabschnitten.
2. Bootsbausperrholz
Holz ist ein stark anisotroper Werkstoff mit viel größeren Festigkeits- und
Steifigkeitseigenschaften in Faserrichtung als senkrecht dazu. Damit ist Holz
vergleichbar mit einem unidirektionalen Faserverbundwerkstoff. Die Holzfasern aus
Cellulose sind parallel angeordnet und mit Lignin verbunden. Das entspricht z.B.
parallel angeordneten Glasfasern, die mit Polyesterharz als Matrix verbunden sind.
Holz lässt sich z.B. gut in Längsrichtung zu den Fasern spalten genauso wie ein
Unidirektional-Laminat. Damit in einem Faserverbundwerkstoff die Festigkeits- und
Steifigkeitseigenschaften sich in den verschiedenen Richtungen mehr annähern,
werden mehrere Schichten mit unterschiedlichen Faserrichtungen übereinander
angeordnet. Genau das wird auch mit Holzfurnierlagen gemacht und man erhält
Sperrholz oder auch Form verleimtes Holz. Der Aufbau von Sperrholz oder Form
verleimtem Holz entspricht also grundsätzlich dem eines Laminates für einen
Faserverbundwerkstoff. Durch die Verklebung der einzelnen Furniere spricht man
auch von „Holzfaser verstärktem Kunststoff“.
Bootsbausperrholz besteht aus mindestens drei Schichten Holzfurnierlagen, die
jeweils um 90° gedreht miteinander verklebt sind. Die Außenschichten haben gleiche
Faserrichtungen. Daraus ergibt sich, dass die Schichtanzahl ungerade sein muss. Mit
der Schichtanzahl steigt die Dichte des Sperrholzes, da die Dichte des Klebstoffes
größer ist als die Dichte des Holzes. Bei nur drei Schichten sind die mechanischen
Eigenschaften in den Richtungen parallel und senkrecht zu den Fasern der
Außenschichten recht unterschiedlich. Mit zunehmender Schichtanzahl nähern sich
die mechanischen Eigenschaften in den beiden Richtungen immer mehr an.
Die mechanischen Eigenschaften wie Festigkeit und Steifigkeit sind bei Sperrholz
kleiner als bei Massivholz in Faserrichtung. Sie sind beide auf ca. 55 bis 60 %
reduziert. Das liegt daran, dass nur etwa die Hälfte der Holzfasern in der jeweiligen
Richtung angeordnet sind und die Festigkeit sowie die Steifigkeit senkrecht zu den
Holzfasern sehr klein sind. Gegenüber Massivholz ergibt sich aber der Vorteil, dass
die Festigkeit und Steifigkeit parallel und senkrecht zu den Fasern der Außenschicht
vorhanden ist. Sperrholz kann man also z.B. nicht spalten wie Massivholz.
Im Gegensatz zu Metallen haben Laminate aus Holzfurnieren oder
Faserverbundwerkstoffen keine isotrope mechanische Eigenschaften. Da senkrecht
zu den einzelnen Schichten die Festigkeit nach wie vor gering ist, besteht wie bei
Kunststofflaminaten die Gefahr des Delaminierens bei einer Belastung senkrecht zu
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den Schichten. Bei wiederholter starker Biegeverformung oder großer
Querkraftbelastung können interlaminare Brüche auftreten, die von außen nicht zu
sehen sind aber die Steifigkeit und die Festigkeit der Strukturen stark reduzieren.
Bei Bootsbausperrholz gibt es sehr große Qualitäts- und Preisunterschiede. Dabei
sind die Preisunterschiede in der Regel gerechtfertigt im Sinne von: „normally you get
what you pay for“. Die Unterschiede beginnen mit den Holzarten. In Tabelle 1 sind
typische Holzarten für Bootsbausperrholz aufgelistet.
Tabelle 1: Holzarten für Bootsbausperrholz
Holzart
Dichte ca. in kg/m³ Festigkeitsgruppe
Eiche
750
F1
Sapeli-Mahagoni
700
F1
Sipo-Mahagoni
700
F1
Khaya-Mahagoni
625
F2
Okoumé (Gabun)
500
F2
Dauerhaftigkeitsgruppe
2
3
2
3
4-5
Die Festigkeit und die Steifigkeit von Holz sind annähernd linear von der Dichte
abhängig. Das heißt eine große Dichte führt zu großer Festigkeit und Steifigkeit. Der
Germanischen Lloyd [ 1 ] unterteilt Sperrholzplatten abhängig von der Holzart in die
Festigkeitsgruppen F1 und F2. Nur Sperrholz mit der Festigkeitsgruppe F1 darf nach
dem Germanischen Lloyd für Last tragende Bauteile verwendet werden und dazu
gehört zweifellos auch die Außenhaut eines Rumpfes. Danach dürfen KhayaMahagoni und Okoumé eigentlich nur für nicht tragende Teile der Inneneinrichtung
verwendet werden. Andere Klassifikationsgesellschaften und die DIN ISO 12215-5
[ 2 ] unterscheiden dagegen keine Festigkeitsklassen. Weiterhin werden nach dem
Germanischen Lloyd die Holzarten in Dauerhaftigkeitsgruppen von 1 (hoch resistent
z.B. Teak) bis 5 (nicht resistent z.B. Esche) unterschieden. Bei den heutigen
Möglichkeiten der Einkapselung von Sperrholz mit Epoxydharz spielt die
Dauerhaftigkeit allerdings nur eine untergeordnete Rolle.
Gutes Bootsbausperrholz ist durchgehend in der gleichen Holzart hergestellt. Es
gibt im Handel aber auch Sperrholz, das in den Außenschichten z.B. festes SipoMahagoni aufweist und in den Innenschichten aus dem weniger festen und leichteren
Okoumé oder noch ganz anderen minderwertigen Hölzern besteht. Es versteht sich
von selbst, dass diese Art Sperrholz preisgünstiger angeboten werden kann. Feste
Außenschichten und leichte Kernschichten sind im Sinne einer Sandwichbauweise
gar nicht mal so verkehrt, wobei dann aber zumindest jeweils 2 um 90° gedrehte
Außenschichten aus festem Holzfurnier bestehen müssten. Außerdem müsste die
Sperrholzplatte dann dicker sein um gleichwertige Festigkeitseigenschaften zu
erzielen. Bei weichen Innenschichten gibt es Probleme bei der Befestigung von
Sperrholzplatten z.B. mit Schrauben an Stringern, wobei die Schrauben keinen Halt
in den weichen Innenschichten finden.
Die Verwendung von Messerfurnier in den Außenschichten dient vor allem
optischen Gesichtspunkten. Normalerweise werden die Furniere aus ökonomischen
und ökologischen Gründen als Schälfurniere mit weniger Verschnitt hergestellt. Auf
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die Festigkeits- und Steifigkeitseigenschaften wirkt sich die Furnierart bei Sperrholz
praktisch nicht aus.
Bootsbausperrholz muss AW 100 nach DIN 68705 verleimt sein. Das bedeutet, dass
die Verleimung allwetterfest, wasserfest und kochfest ist und unbegrenzt beständig
gegen alle Wasser- und Witterungseinflüsse auch im tropischen Klima sein muss. Als
Klebstoffe werden z.B. Harze aus Phenol, Melamin und Resorcin eingesetzt.
Epoxydharze kommen alleine aus Kostengründen nicht in Frage. Sie sind allerdings
auch nicht kochfest (aber wer kocht schon sein Boot?). Die Klebstoffe müssen eine
Mindestbindefestigkeit aufweisen. Die Klebstoffe dienen gleichzeitig als Dampfsperre
und verhindern ein Eindringen von Feuchtigkeit in tiefere Schichten auch bei einer
Beschädigung einer äußeren Schutzschicht.
Die Verleimung der einzelnen Furniere behindert die Wasseraufnahme von
Bootsbausperrholz. Es quillt und schwindet viel weniger und hat in den
Furnierschichten, da der Wassergehalt geringer ist, bessere Festigkeits- und
Steifigkeitseigenschaften als mit Wasser gesättigtes Massivholz bei einer Karvel
Beplankung. Rümpfe aus Bootsbausperrholz trocknen nicht aus und sind dicht wie
Rümpfe aus Faserverbundwerkstoffen.
Durch ein Verkleben und Beschichten mit Epoxydharzen wird ein Rumpf aus
Sperrholz nicht verrotten und bei einer richtigen Dimensionierung auch keine
Einbußen in der Festigkeit und Steifigkeit zeigen. Das heißt, dass Sperrholzrümpfe
sehr alt werden können und eine große Wertbeständigkeit aufweisen.
Wie in jedem anderen Produkt können auch in Bootsbausperrholz Fehler auftreten:
-
nicht verleimte Furniere
Überlappungen
offene Kanäle
lose Stellen von Astlöchern
Astlöcher im Deckfurnier
Risse in Furnieren und
Holzverfärbungen.
Die Fehler Im Bootsbausperrholz können entweder gar nicht wie z.B. „nicht verleimte
Furniere“ oder nur in begrenzten Größenordnungen zugelassen werden, wie z.B.
Astlöcher in Innenschichten. Für die Zulässigkeit der Fehler je nach
Verwendungszweck der Sperrholzplatten gibt es diverse Vorschriften. Die
Herstellung von Bootsbausperrholz nach den Vorschriften des Germanischen Lloyd
ist sehr hochwertig aber auch aufwändig. Wird zusätzlich ein Abnahmestempel
gewünscht, wird das Bootsbausperrholz entsprechend teuer.
Bootsbausperrholz ist ein Plattenmaterial wie Stahl und Aluminium. Plattenmaterial
lässt sich einfach transportieren und benötigt im Gegensatz zu Krummholz sehr
wenig Platz in der Lagerhaltung. Es wird in gleich bleibender Qualität hergestellt und
üblicherweise in den Abmessungen 2,24 m x 1,22 m oder 2,5 m x 1,6 m angeboten.
Andere Plattenmaße werden mit Schäftungen hergestellt. Das Dicken zu
Längenverhältnis der Schäftungen soll nach dem Germanischen Lloyd bei einer
Plattendicke von 4 bis 10 mm 1:10 und bei Plattendicke von 12 – 32 mm 1:8
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betragen. Bild 1 zeigt oben das Anschrägen der Platten und unten die LängenDickenverhältnisse für Platten bis 10 mm Dicke.
Bild 1: Sperrholzschäftung
Die mechanischen Eigenschaften von Bootsbausperrholz für die Außenhaut eines
Rumpfes können gut mit anderen Werkstoffen wie GFK, Aluminium und Stahl mit
folgendem Rechenbeispiel verglichen werden.
In Tabelle 2 sind typische Werte der Werkstoffe wie die Dichte, die Bruchfestigkeit
und der E-Modul aufgelistet. Aus den vier Werkstoffen sollen jeweils Balken mit einer
Länge von 1 m, einer Breite von 100 mm und einer Masse von 2 kg hergestellt
werden. Aufgrund der unterschiedlichen Dichten ergeben sich verschiedene Dicken
der Balken. Der Sperrholzbalken mit der kleinsten Dichte von 700 kg/m³ wird 28,6
mm dick und der Stahlbalken mit der größten Dichte von 7900 kg/m³ wird 2,5 mm
dünn. Die Dicken der Balken mit den anderen Werkstoffen liegen dazwischen.
Tabelle 2: Rumpfwerkstoffe und ihre Eigenschaften
Werkstoff
Dichte
Sperrholz
GFK
Aluminium
Stahl
Einheit
700
1900
2700
7900
kg/m³
Bruchfestigkeit
60
120
275
400
N/mm²
EDicke
Modul
6
28,6
12
10,5
70
7,4
210
2,5
kN/mm² mm
Biege% der Bruch- Durchspannung
spannung
biegung
5,5
9,2
5,4
40,7
33,9
26,3
81,9
29,8
53,9
700,1
175,2
220,5
N/mm²
mm
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Die vier Balken werden jetzt an den Enden gelenkig unterstützt und mit einer Kraft
von 300 N in der Mitte belastet. Mit den Formeln der Mechanik für Biegebalken kann
man die Biegespannungen und die Durchbiegungen der Balken berechnen. Die
Ergebnisse sind in der Tabelle 2 in den rechten vier Spalten aufgelistet. Die
Biegespannung und die Durchbiegung sind bei dem Sperrholzbalken am geringsten.
Bei dem Stahlbalken wird die Bruchspannung deutlich überschritten und die
Durchbiegung wird sehr groß. Die zweitletzte Spalte zeigt, wie groß der Prozentsatz
der vorhandenen Biegespannung von der Bruchfestigkeit ist. Auch hierbei schneidet
Sperrholz am besten ab. Ein Rumpf aus Sperrholz kann also mit Abstand leichter
gebaut werden als ein Rumpf aus GFK, Aluminium oder Stahl.
Das gute Abschneiden von Sperrholz liegt an der kleinen Dichte in Relation zu den
guten Festigkeits- und Steifigkeitseigenschaften. Durch die kleine Dichte wird der
Sperrholzbalken sehr dick. Das führt zu großen Werten für die Widerstandsmomente
und die Flächenträgheitsmomente bei denen die Dicke in der zweiten und dritten
Potenz mit in die Berechnung eingehen.
Der Vergleich zeigt die Überlegenheit von Sperrholz gegenüber Metallen und GFK.
Nur aufwändige Sandwichbauweisen mit Deckschichten aus
Faserverbundwerkstoffen und leichten Kernen aus Balsaholz oder Schäumen
ermöglichen noch leichtere Rümpfe.
Die Tabelle 3 zeigt typische Einzelmesswerte an Sipo Bootsbausperrholzplatten.
Deutlich werden die Schwankungsbreiten des Naturwerkstoffes Holz. Unterschiede in
Längs- und Querrichtung ergeben sich durch die Anzahl der Schichten. Bei z.B. nur 3
Schichten sind die Festigkeits- und die Steifigkeitswerte in Quer- und Längsrichtung
extrem unterschiedlich. Ab 15 Schichten sind die Werte praktisch gleich groß.
Tabelle 3: Typische Einzelmesswerte von Sipo Bootsbausperrholz
Stärke Lagen Dichte
Leimbindefestigkeit
BiegeFestigkeit
Biege-EModul
mm
-
kg/m³
N/mm²
längs
N/mm²
quer
N/mm²
längs
N/mm²
quer
N/mm²
4
5
6
8
10
12
15
18
20
25
30
3
3
5
5
7
9
11
13
15
17
21
800
730
720
760
770
740
760
750
720
650
720
1,80
1,20
2,07
1,39
1,46
2,54
3,34
3,33
2,98
2,65
2,04
118
91
97
90
59
69
71
76
63
53
53
27
33
51
44
57
56
58
60
64
54
50
8.700
9.100
10.400
8.470
6.700
6.150
8.800
8.290
7.950
6.110
3.800
740
2.600
3.170
3.900
4.590
5.760
6.170
5.530
5.260
4.430
5.030
Quelle: Sommerfeld und Thiele
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3. Rumpfformen mit Bootsbausperrholz - Radius-Chine
Serienyachtrümpfe aus Faserverbundwerkstoffen haben zumindest bei Segelyachten
fast immer eine Rundspantform. Ein Rumpf aus Holz mit einer Rundspantform wird
heute meist durch Form verleimen von Furnieren hergestellt. Ältere Beispiele sind die
„Improbable“ gezeichnet von Gary Mull gebaut 1971 und die „Love & War“ eine
Sparkman & Stephens Konstruktion von 1973, die vor kurzem beim 62. SydneyHobart Rennen in 2006 erneut nach berechneter Zeit gewonnen hat. Aktuelle
Beispiele sind die Spirit 100 von Spirit Yachts [ a ] oder die Walross IV [ b ] des
Akademischen Segler-Vereins in Berlin. Mit Form verleimtem Holz lassen sich sehr
feste und steife Rümpfe bei geringem Gewicht produzieren. Selbst Open 60 Racer
wie die „Ocean Planet“ sind aus Holz in Sandwichbauweise hergestellt werden
worden.
Der Aufwand für die Herstellung von Form verleimten Rümpfen ist leider sehr hoch,
denn jeder einzelne Furnierstreifen, und davon liegen mindestens drei oft aber auch
7 und mehr Schichten übereinander, muss einzeln angepasst und angeleimt werden.
Die Kosten für die Arbeitsstunden und das Material sind sehr hoch.
Bei der Herstellung von Rümpfen aus Bootsbausperrholz können die Arbeitsstunden
im Vergleich zu Form verleimten Rümpfen und damit die Kosten erheblich reduziert
werden, denn das Verkleben der einzelnen Furnierschichten erfolg nicht mühsam mit
Anpassarbeit von Hand sondern mit automatisierten und leistungsstarken Pressen.
Die Außenhaut wird in großen Flächen aufgeplankt und nicht mit schmalen
Furnierstreifen in vielen Schichten übereinander. Der Nachteil bei Bootsbausperrholz
ist aber, dass man nicht ohne weiteres eine optisch ansprechende Rundspantform
erzeugen kann. Übliche Formen sind Knickspantrümpfe mit einem oder mehreren
Knicken (Multiknickspant) und Klinkersperrholzrümpfe.
Ein heute schon historisches Beispiel für einen erfolgreichen Knickspantrumpf ist die
Pen Duick II von Eric Tabarly, die vor rund 40 Jahren die Regattabahnen dominierte
und immer noch segelt. Knickspantrümpfe bis 12 m Länge werden heute von Fora
Marine [ c ] in Serie hergestellt. Interessanterweise wird bei Fora Marine nur der
Rumpf aus Bootsbausperrholz hergestellt. Deck und Aufbau werden wegen der
komplexen Formen, die zu vielen Arbeitsstunden bei einem Bau aus
Bootsbausperrholz führen würden, aus GFK angefertigt. Von Julien Marin [ d ]
werden leichte und schnelle Multiknickspantrümpfe für die neue Class 40 angeboten.
Die Rümpfe werden sehr leicht aus Sandwichsperrholz hergestellt.
Lange Zeit hat Waarschip sehr erfolgreich Rümpfe in Klinkersperrholz hergestellt.
Angefangen mit einem Virteltonner wurden Rümpfe bis zu einer Länge von 12,65 m,
die „Waarschip 1220“ gebaut. Dabei waren auch sehr schnelle Leichtdeplacement
Yachten wie die LD 36. Das Konzept von Waarschip war, in Serie kostengünstig
herzustellende fertige Klinkersperrholzrümpfe mit einem Ausbaupaket für
Selbstbauer anzubieten. Damit wurden die vielen teuren Arbeitsstunden für Deck,
Aufbau und Inneneinrichtung geschickter Weise dem Selbstbauer überlassen.
Die Nachteile von Knickspant- und Klinkersperrholzbauweisen sind die optische
Erscheinung und die strömungstechnischen Nachteile gegenüber einer
Rundspantbauweise (obwohl Knicke im Achterschiff bei Volvo Ocean 70 und Open
60 Rennyachten wieder modern sind). Manche stört auch das Plätschern gerade an
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den Klinkerkanten. Durch eine Erhöhung der Anzahl der Knicke wie bei
Klinkersperrholz lässt sich das optische Erscheinungsbild immer mehr an eine
Rundspantform anpassen. Damit steigt aber auch wieder der Herstellaufwand und es
bleibt der Nachteil eines Knickspantrumpfes mit dem viele „Selbstbau“ und
minderwertige Qualität verbinden. Das führt zu schlechten Wiederverkaufspreisen,
obwohl diese Rümpfe sehr hochwertig sind.
Eine Bauweise mit der man einerseits eine formschöne und strömungsgünstige
Rundspantform erzeugt und andererseits Arbeitszeit sparendes Bootsbausperrholz
einsetzt, wäre die Lösung. Dafür muss zunächst näher auf die möglichen Formen
eingegangen werden, die sich mit dem Plattenmaterial Bootsbausperrholz herstellen
lassen.
Platten aus Aluminium und Stahl können durch Walzen und Drücken in eine zweifach
gekrümmte Oberflächenform, die für eine Rundspantbauweise benötigt wird,
umgeformt werden. Das geht mit Sperrholzplatten leider nicht, denn bei
Bootsbausperrholz gibt es keine plastische Verformung. Sperrholz verhält sich
annähernd linear bis zum Bruch.
Bootsbausperrholz kann also nur für einfach gekrümmte Oberflächen verwendet
werden. Es sei denn man schneidet Sperrholzplatten in Streifen und verklebt sie wie
Furniere bei Form verleimten Rümpfen. Aber das macht den Vorteil einer fertigen
Platte zunichte. Einfach gekrümmte Oberflächen sind abwickelbar und eignen sich
für Bootsbausperrholz. Zylinder- und Kegelflächen sind abwickelbar.
Eine Zylinderfläche entsteht durch Parallelverschiebung einer Geraden (der
Erzeugenden) längs einer Kurve (Leitkurve). Die Krümmung der Oberfläche ist dabei
variabel. Oder anders ausgedrückt, die Sperrholzplatte kann mehr oder weniger stark
gebogen werden. Die Stärke der Krümmung bzw. die Größe des Krümmungsradius
kann z.B. am Bug anders sein als am Heck. Im Spantenriss erkennt man eine
Zylinderfläche an parallel liegenden geraden Spanten.
Eine Kegelfläche entsteht durch Bewegung einer Geraden, die durch einen festen
Punkt (Scheitel) geht und längs einer Kurve (Leitkurve) gleitet. Im Gegensatz zur
Zylinderfläche ist die Krümmung entlang der Geraden unterschiedlich. Sie wird zum
Scheitel hin größer, der Krümmungsradius wird kleiner. Im Spantenriss sind die
Spanten nicht parallel und sie können leicht gekrümmt sein.
Allein mit Zylinderflächen lassen sich schon formschöne Rümpfe für z.B. flachbodige
Rümpfe mit einem Knick gestalten. Die Spanten für den Boden und für die Seiten
sind dabei parallel. Die Steigung des Vorstevens ergibt sich allerdings zwangsweise
aus der Neigung der Seitenwände. Die Kegelfläche ermöglicht mehr
Gestaltungsfreiheiten als die Zylinderfläche. Die Position des Scheitels ist frei
wählbar. Es ist auch möglich, verschiedene Kegelflächen zu kombinieren
vorausgesetzt, dass die Geraden am Übergang identisch sind. Letztlich können so
auch Kegelflächen mit Zylinderflächen verbunden werden.
Weiterhin kann man abwickelbare Flächen mit zweifach gekrümmten Flächen
kombinieren. Das ist im Metallbau für Stahlrümpfe entwickelt worden. Es begann mit
dem Abrunden der Knicke durch Einsetzen von zylindrisch gewalzten Blechen oder
Rohren, die Längs aufgeschnitten wurden. Dadurch ergibt sich ein abgerundeter
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Knickspantrumpf, der aber immer noch als Knickspantrumpf zu erkennen ist. Die
Methode wurde optisch weiter verfeinert durch eine Vergrößerung des Radius und
ein zweifaches Verformen der Platten im Kimmbereich. Bekannt wurde diese
Methode mit dem Namen „Radius Chine“, der u. a. von Bruce Roberts-Goodson [ 3 ]
geprägt wurde.
Die Übertragung der Radius-Chine Methode aus dem Metallbau auf den Bau mit
Bootsbausperrholz wurde von dem Yachtdesigner Dudley Dix [ e ] erfolgreich
durchgeführt. Er hat eine 11,5 m lange und 3,4 m breite Sperrholzyacht, eine Didi 38,
mit der Radius-Chine Methode entworfen und selber gebaut. Anschließend hat er die
Yacht auf den Kapstadt Rio Rennen 1996 und 2000 auf vorderen Plätzen gesegelt.
Die Rumpfform der Didi 38 besteht aus abwickelbaren Zylinderflächen für die
Rumpfseiten und die Rumpfböden. Die Rumpfseiten sind von der Vertikalen um ca.
16° nach außen geneigt. Das führt zu einer gewollt schmalen Wasserlinie für wenig
Rumpfwiderstand und zu einem angenehmen Seegangsverhalten. Die Rumpfseiten
sind zum Vorsteven hin etwas mehr in die Vertikale eingedreht. Die Neigung der
Rumpfböden beträgt ca. 5°. Das ergibt eine große Fläche zum Gleiten bei
aufrechtem und leicht gekrängtem Segeln. Der Kimmbereich ist eine zweifach
gekrümmte Fläche mit einem großen Radius von 800 mm, der sich vom Mast ab
nach vorne immer mehr verringert.
Die Radius Chine Form der Didi 38 liegt sehr nahe an einer Rundspantform. Sie ist
von einer Rundspantform nur von Experten zu unterscheiden. Das liegt daran, dass
bei modernen Yachtrümpfen die Rumpfseiten und die Rumpfböden nur sehr kleine
zweifache Krümmungen aufweisen. Die Vorschiffe bestehen heute aus fast ebenen
teils sogar konkaven Flächen. Heute übliche U-Spanten im Achterschiff sind bis auf
den Kimmbereich weitgehend eben. Weiterhin sorgt der große Radius, der geschickt
in einen kleinen Radius zum Bug übergeht, für einen „abgerundeten“ Eindruck. Das
große Längen- zu Breitenverhältnis von 11,5 zu 3,4 m ist ebenfalls vorteilhaft für den
optischen Eindruck bei einem Rumpf, der mit der Radius Chine Methode entworfen
wird. Bild 2 zeigt den Spantenriss der Didi 38.
Bild 2: Spantenriss der Didi 38 von Dudley Dix
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Die Rumpfform ist aus einem Knickspantrumpf mit einem Knick abgeleitet. In Bild 3
ist dargestellt, wie aus nur drei Aufmasspunkten die Spantform durch Abrunden mit
einem Radius erzeugt wird.
Die abwickelbaren Oberflächen der Rumpfseiten und der Rumpfböden machen etwa
zwei Drittel der Rumpfoberfläche aus. Sie können schnell und damit kostengünstig
mit Bootsbausperrholz beplankt werden. Die Herstellung der Kimmbereiche dauert
etwas länger. Sie werden mit Sperrholzstreifen in zwei Lagen bei dem großen Radius
und mit drei Lagen bei den kleineren Radien im Vorschiffsbereich Form verleimt.
Damit sind die Vorteile der optisch ansprechenden Rundspantform mit der
kostengünstigen Verarbeitung von Bootsbausperrholzplatten weitgehend vereint.
Bild 3: Erzeugen der Spantform bei Radius-Chine aus Aufmaßpunkten
Bild 4 zeigt in einer 3D-Darstellung die einfach gekrümmten Flächen der Seiten- und
Bodenplatten am Beispiel der Didi Mini von dem Designer Dudley Dix. Deutlich zu
erkennen ist auch der Kimmbereich mit dem im Vorschiff kleinen Radius der weiter
achtern größer wird und im hinteren Rumpfbereich konstant bleibt.
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Bild 4: 3D-Ansicht einer Radius Chine Rumpfform (Didi Mini von Dudley Dix)
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4. Rumpfkonstruktion bei der Radius Chine Methode
In diesem Kapitel werden konstruktive Aspekte für den Rumpf einer modifizierten Didi
38/40 des Designer Dudley Dix [ e ] erläutert. Es handelt sich dabei um die
Segelyacht „SEQINEQ“, die bei der Toft-Baadebyggeri [ f ] in Graasten (Dänemark)
gebaut wird. Die Yacht wird kurz vorgestellt und es wird auf Änderungen gegenüber
der Originalversion hingewiesen. Die konstruktive Gestaltung der Rumpfstruktur wird
beschrieben und Aspekte für die Dimensionierung werden aufgezeigt.
4.1 Die Segelyacht „SEQINEQ“
Bild 5 zeigt die Seitenansicht und den Einrichtungsplan der Segelyacht „SEQINEQ“,
Die Segelyacht „SEQINEQ“ ist für schnelles Fahrtensegeln einschließlich der
Überquerung von Ozeanen mit kleiner Crew (max. vier Personen aber auch einhand)
vorgesehen. Der Entwurf und die Konstruktion sind aus der Didi 38/40 abgeleitet.
Auffällige Unterschiede zur Originalversion sind der senkrechte Spiegel, der weiter
achtern beginnende und vor dem Mast endende Aufbau, das kleinere Cockpit, der
Saildrive und der Edelstahlkiel mit Bleibombe. Der Mast aus Kohlefaser ohne festes
Achterstag steht etwas weiter achtern. Das Großsegel ist weit ausgestellt und
durchgelattet. Die Inneneinrichtung ist für die Belange der kleinen Crew neu
gestaltet.
Bild 5: Seitenansicht und Einrichtung der Segelyacht „SEQINEQ“
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Die Rumpfstruktur ist von der Didi 38/40 weitgehend übernommen worden. Die
Ausschnitte der Schotten wurden aber der neuen Inneneinrichtung angepasst. Aus
Sicherheitsgründen sind neben dem Kollisionsschott zwei weitere Schotten
wasserdicht ausgeführt. Die Positionen aller Schotten sind geblieben wie im Original.
Die Hauptdaten der Segelyacht „SEQINEQ“ sind:
L = 11,98 m
LWL = 10,6 m
B = 3,4 m
T = 2,35 m
Verdrängung = ca. 5,5 t
Ballast = 1,8 t.
4.2 Rumpfstruktur
Die Ziele bei einer Rumpfstruktur sind große Festigkeit und Steifigkeit bei möglichst
geringer Masse. Dabei soll der Rumpf mit wenig Aufwand, schnell und fehlertolerant
zu bauen sein. Und die Kosten für die Herstellung sollen selbstverständlich gering
sein. Wie diese Ziele bei der Konstruktion des Rumpfes der Segelyacht „SEQINEQ“
erreicht werden, wird im folgenden Text erläutert.
Die Struktur des Rumpfs besteht aus Schotten und Längsstringern. Damit handelt es
sich um eine Längsspantenbauweise. Die Schotten stehen alle in ca. 1 m Abstand
und dienen gleichzeitig als Raumteiler der Inneneinrichtung mit z.B. einem Kojenmaß
von 2 m Länge für den Abstand von 2 Schotten. Die Längsspantbauweise hat
gegenüber einer Querspantbauweise die Vorteile, dass sie zu einer geringeren
Rumpfmasse und zu einer kürzeren Bauzeit führt. Ein Segelyachtrumpf wird durch
die Riggkräfte und die Gewichtsverteilung mit dem Kiel in der Mitte hauptsächlich auf
Biegung belastet. Die Anordnung von durchlaufenden Längsträgern in Form von
Längsstringern, Holzkiel und Scheergängen ist neben der Außenhaut sehr effektiv
um eine gute Längssteifigkeit und Längsfestigkeit bei geringer Masse zu erzielen.
Querspanten, die bei traditionellen Plankenbauweisen zu finden sind, tragen dazu
nicht bei. Querspanten müssen alle einzeln aufgestellt und aufwändig in eine
strakende Form geputzt werden. Längsstringer ergeben als strakende Bauteile
automatisch ohne Nacharbeit die gewünschte Rumpfform. In Bild 6 ist das Schott
beim Einstieg in die Kajüte dargestellt. Deutlich zu erkennen sind die Längstringer,
die in die Schotten eingelassen sind. Die Längsstringer werden mit kleinen 12 mm
dicken Sperrholzplatten, die beidseitig an den Schotten angeklebt sind, großflächig
an die Schotten angeschlossen.
Für die Verbindung von einzelnen Holzbauteilen aus Massivholz und/oder
Sperrholz bei der Verwendung von hochwertigen Klebstoffen wie Epoxydharz gibt es
die Kriterien:
-
große Klebflächen und
möglichst wenige Metallverbindungen.
Große Klebflächen übertragen Belastungen besser als kleine Klebflächen. Sie führen
zu geringen Spannungen in dem Klebstoff und in dem anliegenden Holz. Senkrecht
zu einander stehende Sperrholzplatten werden z.B. statt mit Rechteckleisten besser
mit Dreikantleisten verbunden [ 4 ]. Das erhöht die Leimflächen bei größerem
Kantmaß und kann dabei auch Masse durch kleinere Querschnittsflächen der Leisten
13/37
einsparen. Allerdings sind Dreieckleisten aufwändiger herzustellen. Statt Leisten
werden auch Kehlnähte mit angedicktem Epoxydharz für die Verbindung genommen.
Die Größe des Kehlradius und die Festigkeit des Epoxydharz in der Kehlnaht
brauchen dabei nicht größer sein als die Festigkeit des zu verbindenden Sperrholzes.
Kehlnähte sind schön anzusehen. Das Putzen und Schleifen der Kehlnähte ist aber
mühsam.
Bild 6: Schott bei Einstieg in die Kajüte mit Anordnung der Stringer
Möglichst wenige Metallverbindungen steht im Kontrast zu traditionellen
Holzbauweisen, bei denen alle Einzelteile mit Metallverbindungen in Form von
Nägeln, Bolzen, Nieten und Schrauben hergestellt werden. Metallverbindungen in
Form von z.B. Holzschrauben sind bei der Verwendung von Epoxydharz nicht mehr
unbedingt erforderlich. Mit Epoxydharz verklebte Holzteile brechen nämlich bei
Überlastung nicht zuerst in den Leimschichten sondern im Holz daneben, da die
Festigkeit von Epoxydharz größer ist als die Festigkeit von Holz senkrecht zu den
Holzfasern. Schrauben dienen also eigentlich nur zum Positionieren und zum
Erzeugen eines Leimdruckes bei der Montage der Bauteile. Das kann soweit möglich
genau so gut mit Schraubzwingen durchgeführt werden. Die Schrauben können um
Gewicht zu sparen nach dem Aushärten des Klebstoffs im Prinzip wieder entfernt
werden. Holz hat aber senkrecht zur Faserrichtung eine viel geringere Festigkeit als
in Faserrichtung. Mit Schrauben senkrecht zur Faserrichtung kann die
Gesamtfestigkeit der Holzverbindungen also erhöht werden. Wenn die
Gewichtsreduktion keine absolute Priorität hat, sollte man die Schrauben auch
wegen des Arbeitsaufwandes besser im Holz lassen. Bei einer Versiegelung des
Holzes mit Epoxydharz müssen die Metallverbindungen nicht korrosionsbeständig
sein, da das Holz innen trocken bleibt. Bei der Segelyacht „SEQINEQ“ wurden
dennoch alle Schrauben in V4A Qualität ausgeführt.
14/37
Nach den obigen Hinweisen zu den Holzverbindungen folgen hier einige
ausgewählte Baudetails. Bei Sperrholzknickspant- und Klinkersperrholzbauweisen
müssen die einzelnen Sperrholzplatten bei den Knicken miteinander verbunden
werden. Bild 7 zeigt die dafür üblichen Verbindungen direkt mit Stringern, mit
Glasfasergewebestreifen und mit Plattenüberlappungen bei einer Klinkeranordnung.
Bei der Radius Chine Methode müssen analog die einfach gekrümmten
Sperrholzplatten mit den zweifach gekrümmten Kimmbereichen verbunden werden.
Im Bild 8 ist zu sehen, wie die Sperrholzplatten der Rumpfseitenwände an die
Kimmbereiche bei verschieden großen Radien angeschlossen werden.
Die Außenhaut für die Regattaversion der Didi 38/40 soll nach Dudley Dix aus 12
mm Okoumé Sperrholz hergestellt werden und die Längsstringer sollen einen
Querschnitt von 22 x 44 mm aufweisen. Statt der 44 mm hohen Stringer werden beim
Übergang von den Rumpfseitenwänden zu den Kimmbereichen Stringer mit einer
Höhe von 32 mm Höhe verwendet. Auf die Stringer werden Sperrholzstreifen mit
einer Breite von 100 mm und einer Dicke von 12 mm aufgeklebt, so dass sich wieder
eine Gesamthöhe von 44 mm ergibt. Die Sperrholzstreifen müssen an den Radius
des Kimmbereichs angepasst werden. Das wird besonders bei den kleinen Radien
im Vorschiff deutlich (links im Bild 7). Die Seitenplatten werden in Stufen abgefräst
bevor sie an die Stringer angesetzt werden. Die abgefrästen Stufen dienen zur
Aufnahme der 6 bzw. 4 mm dicken Sperrholzstreifen für den zweifach gekrümmten
Kimmbereich. Der Stringersperrholzstreifen dient praktisch als Doppler für die
Verbindung und die abgefrästen Stufen verbessern die Anbindung der
Sperrholzstreifen an die Seitenwände.
Dudley Dix schlägt für eine Fahrtenversion vor, dass die Rumpfaußenhaut in 18 mm
ausgeführt wird. Das erhöht die Festigkeit, die Steifigkeit und gleichzeitig die
Lebenserwartung des Rumpfes. Der Kimmbereich besteht dann aus zusätzlichen
dünnen Sperrholzstreifen und die Anzahl der Stufen in den Seitenwänden erhöht sich
entsprechend. Eine Alternative dazu ist, die Seitenwände wie bei der Regattaversion
in 12 mm auszuführen und dann 6 mm dicke Sperrholzstreifen über den ganzen
Rumpf vom Kiel bis zum Scheergang aufzukleben. Das ergibt festere Übergänge von
den Seiten- bzw. Bodenwänden zu den Kimmbereichen und wurde bei der
Segelyacht „SEQINEQ“ so ausgeführt. Der Arbeitsaufwand dafür ist jedoch deutlich
höher als die Seiten- und Bodenplatten gleich in 18 mm Sperrholzplatten
aufzuplanken.
Die Außenhaut wird an die Schotten beidseitig mit Kehlnähten aus angedicktem
Epoxy angeschlossen. Das ergibt eine sehr feste Verbindung der Schotten mit der
Außenhaut.
15/37
Stringer
Glasfaserstreifen
Klinker mit Stringer
Bild 7: Verbindung von Sperrholzplatten bei Knickspant- und
Klinkersperrholzrumpfformen
Bild 8: Verbindung der einfach gekrümmten Seitenwände mit den zweifach
gekrümmten Kimmbereichen bei verschiedenen Radien
16/37
In Bild 9 ist der Scheergang dargestellt. Er verbindet die Rumpfseitenwand mit dem
Deck und hat einen beidseitig abgeschrägten Querschnitt von 100 x 32 mm. Über
Rechteckleisten mit einem Querschnitt von 32 x 44 mm ist der Scheergang mit den
Schotten verbunden. Neben der Verleimung sind hier bewusst kräftige Schrauben
vorgesehen. Die Ecke beim Übergang zum Deck wird mit einer Sperrholzkappe
abgedeckt. Es entsteht dadurch eine optisch ansprechende Abrundung, die eher auf
einen Rumpf aus Kunststoff als aus Sperrholz schließen lässt. Außerdem ergibt sich
durch die Sperrholzkappe eine sehr gute mechanische Verbindung zwischen Deck
und Rumpfseitenwand. Während das Massivholz des Stringers nur in Längsrichtung
der Fasern große Belastungen aufnehmen kann und quer dazu leicht aufreißen
kann, ist das Sperrholz durch die um 90° gedrehten Furnierschichten in der Lage
diese Belastungen gut zu übernehmen. Deck und Seitenwand sind durch die
Sperrholzkappe also nicht nur optisch sondern auch mechanisch sehr gut
miteinander verbunden.
Bild 9: Scheergang mit Verbindung von Rumpfseitenwand und Deck mit einer
Sperrholzkappe (Didi 38/40)
Die Rumpfbodenplatten bei dem Holzkiel sind auch mit einer Sperrholzkappe
verbunden. Nur ist hier der Winkel viel flacher als bei dem Scheergang.
17/37
4.3 Dimensionierung
In diesem Abschnitt wird auf Aspekte der Auslegung der Rumpfaußenhaut der
Segelyacht SEWQINEQ nach der DIN ISO 12215-5 (aktuelle deutsche Version 2004
[ 2 ]) eingegangen.
Die Dimensionierung nach der DIN ISO12215-5 beruht weitgehend auf
Biegebalkenstatik. Es werden Lasten in Form von Designdrücken definiert und
daraus resultierende Spannungen in den Werkstoffen sowie Durchbiegungen der
Bauteile bewertet.
Der Designdruck für Segelfahrzeuge berechnet sich nach der Formel
Pbs = (36 ⋅ TC + 1,8 ⋅ L WL + 19,4 ) ⋅ k s ⋅ k L ⋅ fw
Er hängt von mehreren Faktoren ab. Dazu gehören geometrische Größen des
Rumpfes wie der Rumpftiefgang Tc und die Länge der Wasserlinie LWL (bei der
Segelyacht „SEQINEQ“ 0,45 m bzw. 10,8 m) sowie die drei Faktoren:
ks, der Reduzierungsfaktor
kL, der Längsdruckverteilungsfaktor und
fw, der Entwurfskategoriefaktor.
Der Reduzierungsfaktor ks hängt von dem Verhältnis der frei tragenden Länge der
Außenhaut und Wasserlinienlänge ab. Die frei tragende Länge entspricht dem
Abstand von den Stringern b bzw. den Schotten lu. Bei dem Abstand der Stringer
wird ein schmaler Sperrholzstreifen als Biegebalken, der von Stringer zu Stringer
geht, betrachtet. Bei dem Schottabstand wird analog ein Längsstringer inklusive der
mit tragenden Außenhaut untersucht.
k s = 1,14 − 0,0019
b
L WL
0, 4
Zunächst erstaunlich erscheint, dass der Faktor mit größer werdenden freien Längen
b bzw. lu immer kleiner wird, wie in Bild 10 zu sehen ist. Der Grund dafür ist, das
Slamming Lasten sehr lokal auftreten und bei großen freien Längen die mittlere
Belastung über die Länge deutlich kleiner ist als lokale Maximalwerte. Ein kleiner
Stringerabstand wird somit in gewisser Weise durch einen höheren Druck „bestraft“.
Bei dem Reduzierungsfaktor gibt es Ober- und Untergrenzen auf die hier im Detail
nicht näher eingegangen werden kann.
Ein typischer Stringerabstand bei dem Rumpf der Segelyacht “SEQINEQ“ ist b = 300
mm. Ein typischer Abstand von den Schotten beträgt lu = 1000 mm. Daraus ergeben
sich ein Reduzierungsfaktor für das Sperrholzpaneel von 0,920 und ein
Reduzierungsfaktor für den Stringer inkl. Außenhaut von 0,407.
18/37
Reduzierungsfaktor ks
1,2
1
LWL = 5 m
LWL = 10 m
LWL = 15
LWL = 20 m
untere Grenze
obere Grenze
0,8
0,6
0,4
0,2
0
0
0,5
1
1,5
2
Länge lu in m
Bild 10: Reduzierungsfaktor ks
Der Längsdruckverteilungsfaktor kL berücksichtigt, dass das Vorschiff beim
Stampfen im Seegang abhängig von der Geschwindigkeit durch Slamming stärker
belastet wird als das Achterschiff. Bild 11 zeigt, dass der Faktor im achteren Bereich
bei Rumpfgeschwindigkeit (V/LWL0,5 = 2,36) nur 0,65 beträgt. Im Vorschiffsbereich ist
er mit 1,0 anzusetzen.
Längsdruckverteilungsfaktor kL
1,10
1,00
V
L WL
0,90
2,36
3,00
5,00
0,80
7,00
9,00
0,70
10,00
0,60
0,0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
Längsposition x
Bild 11: Längsdruckverteilungsfaktor kL
19/37
Der Entwurfskategoriefaktor fw hängt von der Entwurfskategorie ab (Tabelle 4).
Tabelle 4: Entwurfskategorien
Entwurfskategorie
A - Hochsee
B - außerhalb von Küstengewässern
C - küstennahe Gewässer
D - geschützte Gewässer
Entwurfskategoriefaktor fw
1
0,9
0,75
0,5
Die Segelyacht SEQINEQ ist in die Entwurfskategorie A (Hochsee) einzustufen, denn
die Entwurfskategorie A bedeutet, dass die Yacht entworfen ist für:
„ausgedehnte Fahrten, bei denen Wetterverhältnisse mit einer Windstärke über 8
Beaufort und signifikanten Wellenhöhen über 4 m auftreten können und die diese
Boote weitgehend aus eigener Kraft bestehen können, jedoch ausschließlich
extremer Wetterverhältnisse“.
Extremes Wetter, wie es bei einer Atlantiküberquerung in einem Orkan auftreten
kann, wird also nicht berücksichtigt in der Auslegung nach DIN ISO 12215-5.
Mit den oben erläuterten Faktoren lassen sich die Designdrücke für ein
Sperrholzpaneel und für einen Längsstringer der Segelyacht „SEQINEQ“ im
Vorschiffsbereich berechnen:
Sperrholzpaneel:
50,63 kN/m² und
Längsstringer:
22,38 kN/m².
Der Designdruck wird in der Einheit kN/m² angegeben. Der Designdruck entspricht
anschaulich der Höhe einer Wassersäule, die über der Außenhaut steht. Z.B. führt
ein Quader aus Wasser mit den Seitenlängen von jeweils einem Meter zu einem
Druck von
1.000kg ⋅ 9,81m / s²
N
N
kN
= 9.810
≈ 10.000
= 10 2
1m²
m²
m²
m
.
Ein Designdruck von 50,63 kN/m² entspricht also einer Belastung durch eine
Wassersäule von gut 5 m Höhe.
Für die Berechnung der Dicke der Sperrholzaußenhaut wird neben dem Designdruck
und den geometrischen Abmessungen auch die Biegefestigkeit des Sperrholzes
benötigt. Dafür sind in der DIN ISO 12215-5 folgende Formeln angegeben, die auf
Testreihen [ 5 ] beruhen:
20/37
σuf// = SG0,5 x (68 - 2 x Nply + 0,03 x Nply²) in N/mm²
σuf┴ = SG0,5 x (11+ 6,5 x Nply - 0,28 x Nply²) in N/mm²
mit den Größen
σuf//
Biegefestigkeit parallel zur Faserrichtung der Außenschichten
σuf┴
Biegefestigkeit senkrecht zur Faserrichtung der Außenschichten
SG
Dichte des Sperrholzes inklusive Klebstoff
Nply
Anzahl der Furnierschichten (ungerade).
Obwohl die Festigkeit von Holz proportional zu der Dichte ist, geht die Dichte in den
Formeln erstaunlicherweise nur als Wurzelfunktion ein. Bei 9 Furnierlagen und
Dichten von 500 kg/m³ für Okoumé bzw. 700 kg/m³ für Sipo ergeben sich
Biegefestigkeiten von:
Okoumé:
Sipo:
σuf// = 37,07 N/mm²
σuf// = 43,87 N/mm²
σuf┴ = 33,11 N/mm²
σuf┴ = 39,17 N/mm².
Ein Vergleich mit Tabelle 3 zeigt, dass gemessene Festigkeiten für 12 mm
Bootsbausperrholz guter Qualität deutlich größer sein können als die hier nach der
DIN ISO berechneten Formelwerte. Für Sipo sind die Einzelmesswerte bei 12 mm
Sperrholz mit 9 Furnierschichten 69 bzw. 56 N/mm² und damit etwa 50 % höher als
mit den Formeln berechnet. Die Formeln sind folglich konservativ und ergeben eher
zu kleine Werte.
Die DIN ISO gibt für die Berechnung der Außenhautdicke t1 bei Sperrholz folgende
Formel an:
t1 = b ⋅
P ⋅k2
1000 ⋅ σ d
[ mm ]
mit:
b
Abstand zwischen den Längsstringern, hier 300 mm
P
Designdruck, hier 50,63 kN/m²
k2
0,5
σd
Designfestigkeit des Sperrholzes, hier 0,5 x σuf┴,
mit dem Faktor 0,5 wird eine Sicherheit von 2 in die Formel
eingebaut.
21/37
Bild 12: Außenhautpaneel mit der dem Designdruck P und Umrechnung in eine
Streckenlast q für einen Biegebalken mit der Länge b
b
Bild 13: Biegebalken mit konstanter Streckenlast, Durchbiegung, Querkraft- und
Biegemomentenverlauf
22/37
Wie diese Formel entsteht, wird mit folgenden Überlegungen der Mechanik deutlich.
Die Außenhautpaneele werden in der DIN EN ISO 12215-5 wie beidseitig
eingespannte Balken betrachtet, die mit einer konstanten Streckenlast entsprechend
einem Designdruck P belastet werden. Bild 12 zeigt ein Außenhautpaneel mit dem
Designdruck P. In Bild 13 ist das mechanische Ersatzmodell in Form eines beidseitig
eingespannten Balkens mit konstanter Streckenlast dargestellt. Die Kantenlänge a
des Außenhautpaneels entspricht der Breite des Balkens und die Kantenlänge b des
Außenhautpaneels entspricht der Länge des Balkens zwischen den
Festeinspannungen. Die Streckenlast für den Biegebalken kann aus dem
Designdruck durch Multiplikation mit der Kantenlänge a berechnet werden. In Bild 13
sind weiterhin die größte Durchbiegung auf der Mitte des Balkens sowie die
Biegemoment- und Querkraftverläufe zu sehen. Die größten Biegemomente und
Querkräfte befinden sich an den Einspannstellen.
Die größte Biegespannung im Balken ergibt sich aus dem größten Biegemoment Mb
bei den Einspannstellen und dem Widerstandsmoment des Biegebalkenquerschnitts
W mit der Dicke t des Außenhautpaneels bzw. Biegebalkens zu:
M
σ= b
W
mit
und
q ⋅ b2 P ⋅ a ⋅ b2
=
Mb =
12
12
a ⋅ t2
W=
6
P ⋅ a ⋅ b2 ⋅ 6 P ⋅ b2
=
σ=
.
12 ⋅ a ⋅ t 2
2 ⋅ t2
Wird die Formel nach der Dicke des Biegebalkens umgestellt, folgt:
t = b⋅
P
.
2⋅σ
Die Formel in der DIN ISO und die oben aus Mechaniküberlegungen hergeleitete
Formel sind identisch bis auf den Faktor 1000. Der Faktor 1000 erklärt sich aus den
unterschiedlichen Dimensionen bei der Eingabe des Designdrucks in kN/m² und der
Spannung in N/mm² in der DIN ISO.
23/37
Die Mindestdicke des Sperrholzes für die Rumpfaußenhaut der Segelyacht
“SEQINEQ“ ergibt sich abhängig von der Holzsorte zu:
Sipo:
10,79 mm und
Okoumé :
11,09 mm.
Der Unterschied in den Dicken ist gering. Die nächst größere Standarddicke bei
Sperrholz ist 12 mm und für beide Holzsorten gleich.
Die Flächengewichte, d.h. die Massen für je einen Quadratmeter Außenhaut können
aus dem Produkt von Dicke mal Dichte bestimmt werden zu:
Sipo:
8,4 kg/m²
Okoumé :
6,0 kg/m².
Mit Okoumé kann man also 2,4 kg/m² an Flächengewicht einsparen. Bei einer
Rumpfoberfläche von ca. 57 m² sind das bei Okoumé 137 kg weniger Masse als bei
Sipo. Oder anders ausgedrückt mit Sipo bekommt man einen deutlich festeren und
steiferen Rumpf als bei Okoumé zu dem Preis eines höheren Rumpfgewichtes.
Wie in Kapitel 2 beschrieben ist der Aufbau von Sperrholz grundsätzlich vergleichbar
mit einem Laminat für einen Faserverbundwerkstoff. Deshalb liegt es nahe, Sperrholz
auch mit Faserverbundwerkstoffprogrammen zu berechnen. Mit dem Programm
ESAComp werden zwei Laminate aus 9 Schichten und 12 mm Dicke in Okoumé und
in Sipo aufgebaut. Die Sperrholzlaminate werden entsprechend der Vorgaben in der
DIN ISO belastet. Bild 14 zeigt die Durchbiegungen und die Sicherheitsfaktoren der
Paneele links für Okoumé und rechts für Sipo mit den Seitenlängen von 300 x 1000
mm, festen Einspannungen an den langen Seiten (da, wo die Längsstringer sind)
und einer Druckbelastung von 50,63 kN/m².
Bild 14: Sicherheitsfaktoren für Paneele aus Okoumé links und aus Sipo rechts
24/37
Die kleinsten Sicherheitsfaktoren findet man bei den Einspannstellen an den
Längsstringern, da wo die Biegemomente am größten sind. Sie sind 1,95 für Okoumé
und 2,33 für Sipo. Eigentlich sollten sie für beide Holzsorten größer als 2 sein, da die
Dicke der Sperrholzpaneele mit 12 mm größer ist als nach DIN ISO berechnet und in
der DIN ISO ein Sicherheitsfaktor von 2 bei den Designfestigkeiten festgelegt ist.
Die maximalen Durchbiegungen auf der Mitte zwischen den Stringern sind 0,175 mm
für Okoumé und deutlich weniger 0,127 mm für Sipo.
Bei der Fahrtenausführung mit 18 mm dickem Sipo Sperrholz (50 % mehr
Plattendicke) erhöht sich die Sicherheit sprunghaft auf den Wert von 6,49 und die
Durchbiegung reduziert sich auf sehr kleine 0,041 mm (Bild 15). Die Erhöhung der
Plattendicke ist also sehr effektiv. Das liegt bei den Sicherheitswerten daran, dass
das Widerstandsmoment quadratisch mit der Plattendicke steigt. Für die
Durchbiegung ist dass Flächenträgheitsmoment wichtig. Es steigt in der dritten
Potenz mit der Plattendicke an.
Für nur 50 % mehr Holz bekommt man also ein Mehrfaches an Sicherheit und
Steifigkeit. Allerdings ist das Flächengewicht der 18 mm Sperrholzplatte aus Sipo mit
12.6 kg/m² auch 50% größer und die Außenhaut wird 718 kg bei 18 mm statt 479 kg
bei 12 mm Dicke schwer. 239 kg Mehrgewicht ist der Preis für die mehrfach erhöhte
Sicherheit. Da das Material nach außen angebaut ist, erzeugt es aber auch Auftrieb
unterhalb der Wasserlinie. Der Auftrieb beträgt etwa 130 kg, so dass der 18 mm
Dicke Rumpf nur wenig tiefer eintaucht als der 12 mm Dicke Rumpf.
Bild 15: Sicherheitsfaktoren für ein Paneel aus Sipo in 18 mm Dicke
Da die Segelyacht „SEQINEQ“ nicht für Regatten gebaut wird, wo jedes Gramm
Masse eingespart werden muss, ist die Entscheidung für eine 18 mm dicke
Außenhautdicke sinnvoll. Es gibt aber noch weitere Gründe dafür, denn auch die
Längsstringer, die mit der Außenhaut zusammen wirken, müssen dimensioniert
werden.
25/37
Die Dimensionierung der Längsstringer ist erheblich aufwändiger als die
Dimensionierung der Paneele obwohl wieder von einem Biegebalken mit festen
Einspannungen an den Schottwänden ausgegangen wird. Es gibt eine Reihe von
Aspekten dabei zu berücksichtigen:
-
-
der Designdruck für die Stringer ist wie oben berechnet nur 22,38 kN/m²
der Biegebalkenquerschnitt ist nicht einfach rechteckig sondern setzt sich aus
der Außenhaut und dem Längsstringer zusammen, die Querschnittswerte wie
Flächenträgheitsmoment und Widerstandsmoment müssen über eine
Ermittlung der neutralen Faser aufwändig berechnet werden
die so genannte mit tragende Breite ist in der DIN ISO für Holz mit max. dem
15 fachen der Außenhautdicke anzusetzen
die unterschiedlichen Elastizitätsmodule von Massivholz und Sperrholz von
mehr als 20 % muss beachtet werden.
Alle Aspekte können mit einer Tabellenberechnung berücksichtigt werden. Einfacher
und schneller ist es jedoch, wieder das Programm ESAComp zu benutzen, mit dem
auch Platten mit Versteifungen gerechnet werden können. In Bild 16 sind die
Sicherheiten für einen Längsstringer mit Außenhaut dargestellt. Der Stringer hat nach
Dudley Dix einen Querschnitt von 22 x 44 mm und die Außenhaut besteht aus 12
mm Sipo Sperrholz. Die Sicherheit ist mit 2,51 für die Platte in Ordnung aber die
Sicherheit des Stringers ist mit 1,63 kleiner als 2 und damit nicht zulässig nach DIN
ISO. Mit Okoumé Sperrholz sind die Sicherheiten noch kleiner. Der Längsstringer
würde bei den Schotten in den oberen Randfasern durch Druckbelastung versagen.
Bei einer Sperrholzdicke von 18 mm aus Sipo für die Außenhaut ergeben sich die
Sicherheiten zu 3,98 für die Platte und 2,2 für den Stringer (Bild 17). Die Sicherheiten
sind damit größer als 2 und nach DIN ISO zulässig. Die bei der Segelyacht
„SEQINEQ“ ausgeführte Außenhaut mit 18 mm Sipo Sperrholz ist zwar schwerer als
das Original mit 12 mm von Dudley Dix mit Okoumé, entspricht damit aber den
aktuellen Vorschriften.
Bild ????:
Bild 16: Sicherheiten für einen Längsstringer mit 12 mm Sipo Außenhaut, links für
die Platte und rechts für den Längsstringer
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Bild 17 : Sicherheiten für einen Längsstringer mit 18 mm Sipo Außenhaut, links für
die Platte und rechts für den Längsstringer
Alternativ zu der 18 statt 12 mm dicken Sperrholzaußenhaut könnte auch der
Querschnitt der Stringer vergrößert werden oder der Schottabstand geändert werden.
Beim Ändern des Schottabstandes muss die Kojenstandardlänge von 2 m beachtet
werden. Statt sie zu halbieren könnte sie z.B. gedrittelt werden, was zu einem
Abstand von 67 cm führen würde. Mehr Schotten führen leider auch zu mehr
Rumpfgewicht und Arbeitsstunden. Außerdem ergibt ein kürzerer Schottabstand
wieder größere Designdrücke und ist deshalb in gewisser Weise kontraproduktiv.
Vielleicht sollte der Schottabstand lieber erhöht werden?
Die Querschnitte der Stringer dürfen nicht viel größer werden, da dann die
Biegesteifigkeit der Stringer stark ansteigt und das Einsetzen der Stringer in die
Schotten erschwert wird (siehe Kapitel 5).
Alternativen zu 18 mm Außenhautdicke und 1m Schottabstand müssten durch
weitere Berechnungen überprüft werden.
27/37
5. Bau des Rumpfes
Die Segelyacht „SEQINEQ“ wird bei der Toft Baadebyggeri [ f ] in Graasten
(Dänemark) gebaut. Sie entsteht als Werftbau in einer beheizten Halle mit
Eigenleistungen des Eigners. Die Konstruktion basiert auf den Zeichnungen der Didi
38/40 von dem Designer Dudley Dix. Die Konstruktionszeichnungen wurden vom
Eigner nach seinen eigenen Vorstellungen stark modifiziert und mit einem CADProgramm neu erstellt. Die Daten liegen damit numerisch vor. Das hat u. a. den
Vorteil, dass Zeichnungen im Originalmaßstab ausgeplottet werden und als
Schablonen für die Anfertigung von Holzteilen dienen können. Im folgenden Text
werden die wichtigsten Arbeitsabschnitte beim Bau des Rumpfes beschrieben.
Der Bau beginnt mit dem Anfertigen einer Helling (Bild 18). Die Helling besteht aus
Vierkant- und Bausperrholz und dient zum Aufstellen und Ausrichten der Schotte. Sie
muss gut im Untergrund verankert sein, damit sich die Schotten bei dem Befestigen
der Stringer, der Scheergänge und dem Kiel nicht unkontrolliert verschieben. Die
feste Verankerung der Helling in der Werfthalle wird mit Dübeln im Betonboden
sichergestellt.
Ein Holzrumpf kann über Mallen oder über Schotten gebaut werden. Bei der
Segelyacht „SEQINEQ“ wird der Rumpf über Schotten gebaut. Die Schotten dienen
gleichzeitig als Bauteile der Inneneinrichtung. Schotten haben weiterhin den Vorteil,
dass nicht erst aufwändig Mallen gebaut werden, die später als Sperrmüll entsorgt
werden müssen. Die Verwendung von Mallen kann sich allerdings lohnen, wenn
mehrere gleiche Rümpfe gebaut werden sollen und die Mallen bzw. ein festes
Mallengerüst wieder verwendet werden.
Die Schotten werden aus Bootsbausperrholzplatten hergestellt. Während die
vordersten Schotten noch aus einzelnen Sperrholzplatten ausgesägt werden können,
müssen für die großen Schotten erst Sperrholzplatten geschäftet werden. Für das
Anzeichnen der Schottkonturen bietet es sich an, verzugsfreie Mylar-Schablonen mit
aufgezeichneten Schottkonturen zu verwenden, wie sie von Dudley Dix angeboten
werden. Eine Alternative ist, alle Schotten von Hand nach Aufmasstabellen
anzuzeichnen. Das ist bei der Radius Chine Spantform einfach, da es bis auf die
Decksbucht nur Geraden und Kreise gibt. Der Stundenaufwand dafür und die
Fehlermöglichkeiten stehen aber in keinem Verhältnis zu den Kosten der MylarFolien, die mehrfach verwendet werden können. Die Schotten werden inklusive aller
Ausschnitte der Inneneinrichtung und den Rezessen für die Stringer mit einer
Stichsäge ausgeschnitten. Eine Alternative zum Aussägen der Schotten von Hand
mit einer Stichsäge ist das numerische Ausfräsen der Schotten. Die Daten der
Schotten liegen numerisch vor und so liegt es nahe, die Schotten und auch die
Außenhautplanken auf einer Portalfräse auszufräsen. Das lohnt sich bei dem Bau
mehrerer gleicher Rümpfe und es gibt Anbieter für fertig gefräste Sperrholzplatten
der Didi 38/40. Änderungen bei dem Rumpf sind dann aber praktisch nicht möglich.
Deshalb wurden bei der Segelyacht „SEQINEQ“ Mylar-Folien und das Aussägen von
Hand gewählt. Nach dem Aussägen der Schotten werden Leisten für alle
Verbindungen zu anschließenden Bauteilen wie den Scheergängen, dem Kiel und
der Inneneinrichtung sowie Versteifungsleisten aufgeklebt. Zusätzliche temporäre
Versteifungen werden angeschraubt, damit die Schotten beim Aufstellen eben sind
und auch eben bleiben.
28/37
Bild 18: Helling
Bild 19: Aufstellen der Schotten
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Für das Aufstellen der Schotten (Bild 19) werden die einzelnen Schotten über Kopf
mit Hilfsbalken an der Helling befestigt und mit Diagonalleisten, so ausgerichtet, dass
sie in den drei translatorischen und rotatorischen Koordinatenrichtungen möglichst
genau stehen. Das Aufstellen und Ausrichten erfolgt mit Maßband, Wasserwaage,
Lot und Richtschnur.
Das genaue Ausrichten der Schotten ist sehr wichtig. Wenn die Schotten genau
ausgesägt und aufgestellt werden, straken sie sehr gut und es ist so nur wenig
Nacharbeit an den Schotten nötig. Die Mylar-Folien sind numerisch erstellt und sehr
genau. Fertigungstoleranzen von 1 bis 2 mm entstehen weitgehend durch den
Sägeschnitt. Das Aufstellen der Schotten ist auch auf 1 bis 2 mm genau möglich. Ein
sorgfältiges Arbeiten reduziert spätere Putzarbeiten an den Schotten auf ein
Minimum. Nach dem Aufstellen der Schotten folgt das Aufstellen des Vorstevens
inklusive Vorstevenknie mit einer Hilfskonstruktion aus Sperrholz.
Dann werden die Längsstringer (Bild 20), die aus drei Teilen geschäftet sind, in
voller Länge in die Rezesse der Schotten eingeklebt. Für eine bessere Verbindung
der Stringer zu den Schotten werden kleine Sperrholzplatten, die wie Kekse
aussehen und ebenfalls Rezesse aufweisen, von beiden Seiten an die Schotten
geklebt. Alternativ zu den „Keksen“ kann auch eine Kehlnaht mit Epoxydharz eine
gute Verbindung der Stringer zu den Schotten herstellen. Die eingeklebten
Längsstringer verbinden die Schotten gut miteinander. Dadurch können sie sich bei
Belastungen nur noch wenig verschieben. Das ist wichtig für die Montage der
Scheergänge und des Kiels, denn im Gegensatz zu den Stringern sind diese
Bauteile viel biegesteifer und üben damit viel größere Kräfte auf die Schotten aus.
Bild 20: Stringer, Scheergänge und Kiel montiert
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Bild 21: Bodenwrangen
Bild 22: Seitenbeplankung beginnt
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Der Kiel ist im Vorschiffsbereich stark gebogen. Hier ist es zweckmäßig, den Kiel aus
zwei Schichten zu laminieren, um große Kräfte auf die Schotten und
Biegespannungen im Kiel zu vermeiden.
Die Bodenwrangen (Bild 21) für die Aufnahme der Kräfte vom Ballastkiel werden vor
dem Beplanken angebracht. Bei Dudley Dix werden sie aus 5 mm Furnierstreifen an
die Stringer als Form gebende Bauteile laminiert. Das geschieht mit Trennfolie, damit
die laminierten Bodenwrangen nach dem Aushärten des Klebstoffes aus dem Rumpf
herausgenommen und geputzt werden können. Nach dem Putzen werden sie wieder
eingesetzt endgültig mit Kiel und Stringern verklebt. Bei der Segelyacht „SEQINEQ“
wurden abweichend dazu Bodenwrangen aus Massivholz eingepasst.
Bevor die Außenhaut aufgeplankt werden kann, müssen die Schotten und die
Stringer geputzt werden. Das Aufplanken (Bild 22) beginnt zweckmäßigerweise mit
den Seitenwänden im Vorschiffsbereich. Es sollte auf Backbord- und Steuerbordseite
gleichzeitig durchgeführt werden, um ein Verziehen des Rumpfes zu vermeiden. Mit
jeder montierten Planke wird der Rumpf verwindungssteifer und immer mehr
Hilfsbalken für das Aufstellen der Schotten können entfernt werden. Vor dem
Ansetzen der Außenhautplanken müssen die Absätze für den Radiusbereich
eingefräst sein. Nach den Planken der Seitenwände folgt das Beplanken der
Bodenplatten.
Der Radiusbereich (Bild 23, 24) werden etwa 250 mm breite Sperrholzstreifen in
zwei bzw. drei Schichten jeweils etwas verdreht zueinander aufgeplankt.
Bild 23: Radiusbereich, erste Lage Sperrholzstreifen
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Bild 24: Erste Lage 6 mm fertig, Beginn 2 Lage
Bild 25: Zusätzliche Schicht 6 mm Sperrholz
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Die Sperrholzstreifen werden über die Stringer gebogen und müssen beim Kleben
gut befestigt werden. Dafür eignen sich Blechschrauben sehr gut. Mit Krampen zu
arbeiten scheitert an der Elastizität der Sperrholzstreifen und der Stringer. Mit
Krampen kann kein Leimdruck zwischen den Sperrholzstreifen erzeugt werden. Das
geht kontrolliert nur mit Schrauben.
Bei der Verbindung der Bodenplatten beim Kiel werden die Sperrholzplatten eben
abgehobelt und eine Kappe aus Sperrholz wieder aufgeklebt. Die Kappe verbindet
beide Bodenplatten mechanisch sehr gut.
Nach dem Aufplanken muss die Rumpfoberfläche geputzt werden. Das Putzen
beschränkt sich auf den Radiusbereich und den Schäftungen der einzelnen
Sperrholzplatten. Gegebenenfalls muss auch gespachtelt und geschliffen werden.
Die Sperrholzplatten von den Boden- und Seitenwänden benötigen selbst keine
Nacharbeit. Knickspant- und Klinkersperrholzrümpfe haben gegenüber der Radius
Chine Methode den Vorteil, dass die Arbeiten Putzen, Spachteln und Schleifen bis
auf die Kanten praktisch entfallen.
Bei der Segelyacht „SEQINEQ“ wird die Außenhautdicke von 12 auf 18 mm erhöht
(Bild 25). Das erfolgt durch Aufplanken von 6 mm dicken Sperrholzstreifen, die vom
Kiel bis zu den Scheergängen reichen. Das ist eine stabile aber zeitaufwändige
Arbeit, da alle Streifen angepasst werden müssen und anschließend der ganze
Rumpf geputzt werden muss. Durch ein alternatives Beplanken mit 18 mm dicken
Sperrholzplatten für die Seiten- und den Rumpfboden und drei Schichten 6 mm
Sperrholz bei dem Kimmbereich kann viel Arbeitszeit eingespart werden.
Als Oberflächenschutz kann der Holzrumpf mit Glasfasergewebe und Epoxydharz
überzogen werden. Dadurch erhöht sich die Oberflächenhärte deutlich und die
Rumpfoberfläche wird unempfindlicher gegen Beschädigungen. Der Aufwand für das
Beschichten ist allerdings nicht unerheblich, denn neben dem Beschichten mit Glas
muss anschließend der ganze Rumpf gespachtelt und geschliffen werden um wieder
ein gutes Finish zu bekommen. Statt mit einer Glasbeschichtung lassen sich heute
sehr gute und beständige Oberflächenbeschichtungen mit hochwertigen
Grundierungen auf Zweikomponentenbasis durchführen, so dass eine
Glasbeschichtung nicht mehr unbedingt nötig ist.
Die Außenhaut wird noch mit den Schotten durch Kehlnähte miteinander verbunden.
Dann ist der Rumpf im Prinzip fertig.
Nach einer evtl. Glasbeschichtung und Grundierung wird der Rumpf gedreht (Bild
26). Das Drehen des Rumpfes ist ein bewegender Schritt bei dem Bau einer
Segelyacht. Nach dem Drehen sieht man den Rumpf erstmals in aufrechter und nicht
mehr „durchgekenterter“ Lage und man kann sich an seinen Linien begeistern. Der
Rumpfbau ist mit dem Drehen abgeschlossen und es geht danach mit der
Inneneinrichtung und dem Deck weiter.
Das Drehen muss wegen der großen Massen, die bewegt werden sorgfältig
vorbereitet und in Ruhe ausgeführt werden. Der Rumpf kann durch Drehen in Gurten
oder mit einer Hilfskonstruktion aus Bausperrholz durch Abrollen auf dem
Hallenboden wie bei der Segelyacht „SEQINEQ“ geschehen.
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Bild 26: Drehen des Rumpfes
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6. Zusammenfassung
Die bei einer Serienfertigung kostengünstige Herstellung von Segelyachtrümpfen aus
Faserverbundstoffen hat dazu geführt, dass andere Werkstoffe wie Stahl, Aluminium
und Holz nur noch selten anzutreffen sind. Im Bereich Holz gibt es eine große
Bandbreite an Rumpfherstellverfahren. Die Bandbreite reicht vom traditionellen
Beplanken und Kalfatern von z.B. Fischkuttern bis hin zum modernen Holzbootsbau
mit Epoxydharzen und wenn es ein superleichter Racer sein soll auch mit
Holzsandwich und örtlichen Kohlefaserverstärkungen.
Holz benötigt keine Form wie Faserverbundwerkstoffe, denn Holz strakt sich seine
Form selber. Damit kann der teure Formenbau bei Faserverbundwerkstoffen, der
sich nur bei großen Stückzahlen rechtfertigen lässt, eingespart werden. Da jedes
Holzteil einzeln angepasst und montiert werden muss, ist und bleibt Holzbootsbau
dennoch grundsätzlich zeitintensiv und damit teuer.
Mit hochwertigem Bootsbausperrholz als Plattenmaterial können die Herstellkosten
gegenüber Form verleimten Holzrümpfen jedoch deutlich reduziert werden. Rümpfe
aus Bootsbausperrholz haben aber meist eine Knickspant- oder Klinkerform und sind
deshalb optisch nicht so ansprechend wie Rundspantrümpfe. Dieser Einwand lässt
sich mit der hier vorgestellten und im Detail erläuterten Radius-Chine-Methode
zurückweisen, denn damit können kostengünstige Rümpfe aus Bootsbausperrholz
hergestellt werden, die kaum von reinen Rundspantrümpfen zu unterscheiden sind.
Die Radius-Chine-Methode wird sicher nicht zu einer Serienfertigung wie bei
Kunststoffrümpfen führen. Sie ist aber eine lohnenswerte Alternative für Einzelbauten
oder auch Kleinserien, bei denen individuelle Eignerwünsche verwirklicht werden
können. Die Bauweise erfordert keine teuren oder aufwändigen Werkzeuge und kann
auch von handwerklich geschickten Selbstbauern angewandt werden.
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Literatur:
[1]
[2]
[3]
[4]
[5]
Germanischer Lloyd: Rules for Classification and Construction, I Ship
Technology, 3 Special Craft, 3 Yachts and Boats up to 24 m
Norm-Entwurf DIN ISO 12215-5: Kleine Wasserfahrzeuge – Rumpfbauweise
und Dimensionierung – Teil 5: Drücke, zulässige Spannungen, Bestimmung
der Abmessungen für den Entwurf
Roberts-Goodson, Br.: Metal Boats, Building, Maintenance and Repair,
International Marine/McGraw-Hill, Camden 2001
Gougeon Brothers: The Gougeon Brothers on Boat Construction, Wood &
West System Materials, Michigan 1985
Loscombe, R.: Calculating Your Way to ISO Compliance, Professional
BoatBuilder, Number 102, Brooklin 2006
Internetadressen
(Stand Sommer 07)
[a]
www.spirityachts.com
[b]
www.walross.org
[c]
www.rm-yachts.com
[d]
www.julienmarin.com
[e]
www.dixdesign.com
[f]
www.toft-boat.com
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