Islamische Azad - Universität (Teheran

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Islamische Azad - Universität (Teheran
Islamische Azad - Universität
(Teheran-Markazi)
Fakultät für Fremdsprachen
Magisterarbeit zur Erlangung des Magistergrades
Fachrichtung :
Didaktik der deutschen Sprache
Thema :
Die Rolle der Grammatik beim FSL
Betreuer :
Herr Dr. Habib Kamali
Mitbetreuerin :
Frau Dr. Maria Nasser
Vorgelegt von :
Ghazaleh khademan Abshari
Teheran, September 2012
Im Namen Gottes
An meine liebevollen Eltern, denen
ich alles im Leben zu verdanken habe
Vorwort
Um eine Fremdsprache zu erlernen, müssen vier Sprachfertigkeiten : Hör-, Sprech-,
Lese- und Schreibfertigkeit erzielt werden. Diese vier Sprachfertigkeiten sind mit
sprachlichen Mitteln : Laute, Wortschatz und Grammatik zu erreichen, die als
Mittlerfertigkeiten bezeichnet werden. Unter diesen Mittlerfertigkeiten ist die Stellung
der Grammatik aber umstritten.
Dass die Grammatik für die Beherrschung einer Fremdsprache wichtig sein kann,
wollen viele nicht recht wahrhaben. Das hat in mir das Interesse geweckt, eine Arbeit
über die Rolle der Grammatik beim FSL zu schreiben.
An dieser Stelle möchte ich mich bei allen bedanken, die mich bei der Erstellung dieser
Magisterarbeit unterstützt haben :
Besonderer Dank gilt meinem Betreuer Herr Dr. Kamali für die Übernahme der
Betreuung, ständige Hilfe und die nützlichen Hinweise, die er mir während meiner
Arbeit gab. Zweitens gilt mein Dank meiner Mitbetreuerin Frau Dr. Nasser für die
Übernahme der Mitbetreuung.
Ganz besonders möchte ich mich bei meinen Eltern bedanken, die mir dieses Studium
ermöglichten, den Boden für die Entstehung dieser Arbeit vorbereiteten und mir beim
Forgang der Arbeit zu jederzeit behilflich waren.
Bedanken möchte ich mich auch Pezhman Karimeh, der mir jederzeit mit Anregungen
und Ermutigungen zur Seite standen.
Ghazaleh khademan Abshari
Teheran, September 2012
Abkürzungsverzeichnis
Adv.
Adverb
Imp.
Imperativ
Adv.
Adverbial
Ind.
Indikativ
Adj.
Adjektiv
ind. R.
indirekte Rede
Akk.
Akkusativ
int. V.
Intransitives Verb
ALM
audio-lingual-Methode
KG
kontrastive Grammatik
AS
Ausgangssprache
KL
kontrastive Linguistik
Attr.
Attributiv
Konj.
Konjunktiv
AVM
audio-visuelle-Methode
MS
Muttersprache
best.
bestimmt
MSG
Muttersprachengrammatik
Dt.
Deutsch
N.
Nomen
Dat.
Dativ
Nom.
Nominativ
DM
Direkte Methode
Obj.
Objekt
FS
Fremdsprache
Per.
Persisch
FSG
Fremsprachengrammatik
Pers.
Person
FSL
Fremdsprachenlernen
Pl.
plural
FSU
Fremdsprachenunterricht
präd.
prädikativ
Fut. I
Futur I
Präs.
Präsens
Fut. II
Futur II
Prät
Präteritum
Gen.
Genitiv
Plusq.
Plusquamperfekt
GÜM
Grammatik-Übersetzungs-Methode
Pron.
Pronominal
Sing.
Singular
s.o.
siehe oben
s.u.
siehe unten
Sub.
Substantiv
Subj.
Subjekt
u.a.
unter anderem
unbest.
unbestimmt
V.
Verb
vgl.
vergleiche
v.Chr.
vor Christus
z.n.
zitiert nach
ZS
Zielsprache
Inhaltsverzeichnis
0 Einleitung.......................................................................................................................1
1. Die Sprache....................................................................................................................3
1.1. Begriffsbestimmung.................................................................................................3
1.2. Die Bestandteile der Sprache...................................................................................4
1.2.1. Laut..................................................................................................................4
1.2.2. Wort.................................................................................................................4
1.2.3. Grammatik.......................................................................................................5
1.3. Die Sprache im Fremdsprachenunterricht...............................................................6
2. Die Grammatik.............................................................................................................8
2.1. Historische Entwicklung des Begriffs Grammatik.................................................8
2.2. Geschichte der Didaktik der Grammatik ist Geschichte der Grammatik selbst.....9
2.3. Begriffsbestimmung...............................................................................................10
2.3.1. Typologie von Grammatiken.........................................................................14
2.3.2. Was gehört alles zu einer Grammatik?..........................................................16
2.3.3. Die Arten von Grammatik.............................................................................17
2.3.3.1. Präskriptive vs. deskriptive Grammatik.............................................17
2.3.3.2. Diachronische vs. synchronische Grammatik.....................................18
2.3.3.3. Produktions- vs. Rezeptionsgrammatik..............................................19
2.3.3.4. Linguistische vs. didaktische Grammatik...........................................19
2.4. Die Rolle der Grammatik beim FSL....................................................................26
2.4.1. Die Null-Option..........................................................................................26
2.4.2. Grammatik als Erleichterung......................................................................28
2.4.3. Die Hypothese von der Notwendigkeit der Grammatik..............................29
2.4.4. Grammatik als Lerngegenstand...................................................................30
2.5. Rolle der Grammatik im FSU – Neun Thesen.....................................................31
3. Grammatikvermittlung..............................................................................................33
3.1. Induktive und deduktive Methode......................................................................33
3.2. Der Stellenwert der Übungen..............................................................................35
3.3. Übungen zur Grammatik.....................................................................................35
3.3.1. Grammatikübungen zur Rezeption.............................................................36
3.3.1.1. Unterstreichen.................................................................................36
3.3.1.2. Einklammern....................................................................................36
3.3.1.3. Auswahlübungen.............................................................................37
3.3.1.3.1. Richtig/Falsch, Ja/Nein Aufgaben....................................37
3.3.1.3.2. Multiple-Choice-Aufgaben................................................37
3.3.1.4. Zuordnungsübungen.......................................................................38
3.3.2. Grammatikübungen zur Produktion.........................................................38
3.3.2.1. Ergänzungsübungen........................................................................38
3.3.2.1.1. Lückentext.......................................................................39
3.3.2.1.2. Cloze-Test…....................................................................39
3.3.2.2. Umformungsübungen.....................................................................40
3.4. Typen von Testaufgaben zur Prüfung des grammatischen Kompetenz...........41
4. Stellung der Grammatik in Lehrmethoden...........................................................57
4.1. Was ist eine “ Methode “ ?..............................................................................57
4.1.1. Grammatik- Übersetzungs- Methode.....................................................58
4.1.2. Direkte Methode.....................................................................................66
4.1.3. Audiolinguale Methode..........................................................................71
4.1.4. Audiovisuelle Methode..........................................................................82
4.1.5. Vermittelnde Methode...........................................................................86
4.1.6. Kommunikative Didaktik......................................................................96
5. Schluß...............................................................................................................109
Literaturverzeichnis..........................................................................................111
Einleitung
Eine Fremdsprache zu lernen ist immer mit vielen Schwierigkeiten verbunden, denn
hier handelt es sich nicht um einen eindimensionalen Prozess sondern um ein
multidimensionales Phänomen, das u.a. interkulturelle Aspekte umfasst und mit vielen
anderen Wissenschaften wie Sprachwissenschaft, Soziologie, Psychologie etc. eng
verbunden ist. Demzufolge ist das Fremdsprachenlernen ein höchst komplexer Prozess,
der auch von Person zu Person und von Sprache zu Sprache variiert und jedem Lerner
spezifische Probleme bereiten kann.
In der vorliegenden Arbeit geht es somit um die Bedeutung der Grammatik im
Fremdsprachenunterricht, aber auch in vielerlei Hinsicht um die Rolle der Grammatik
im FSL. Also sind die beiden Phänomene besonders in den ersten Phasen des Lernens
von großer Bedeutung . Die Grammatik hilft aber nicht nur den Lernenden, sondern
kann auch den DaF-Lehrenden helfen, ihre Grammatikstunden effektiver zu gestalten,
um in kürzerer Zeit zu besseren Ergebnissen zu gelangen.
Manche
iranischen
Lehrenden
plädieren
sogar
für
Einsprachigkeit
oder
Zweisprachigkeit im Unterricht, wie es bei den audiolingualen und audiovisuellen
Lehrmethoden und Grmmatik-Übersetzungs-Methode kommen könnte, was hier in
dieser Arbeit behandelt wird. An dieser Stelle muss allerdings betont werden, dass die
Grammatik in der vorliegenden Arbeit nicht mit einer Grammatik im Sinne der alten
Grammatik-Übersetzungs-Methode (GÜM) verwechselt werden darf, in der man
versuchte, die Sprache nur mit Hilfe von Grammatik und Übersetzung beizubringen.
Die GÜM ist bereits von vielen Sprachdidaktikern einer grundsätzlichen Kritik
unterzogen worden und spielt im FSU nur noch eine marginale Rolle.
Die vorliegende Arbeit besteht insgesamt aus vier Kapiteln. Im ersten Kapitel wird ein
Überlick über den Begriff der Sprache vorgenommen. Da das FSL eng mit der
Grammatik verbunden ist und die Grammatik in dieser Arbeit im Mittelpunkt steht,
beschäftigt sich das zweite Kapitel mit dem Phänomen „Grammatik“ und ihrer Rolle im
1
FSU. Im dritten Kapitel wird Grammatikvermittlung und der Stellenwert der Übungen
behandelt. Im vierten Kapitel wird die Stellung der Grammatik in Lehrmethoden
untersucht.
2
1. Die Sprache
1.1. Begriffsbestimmung
Der erste Begriff, mit dem diese Arbeit konfrontiert wird, ist die “ Sprache “.
“Sprache” ist ein Begriff mit vielfältigen Definitionsmöglichkeiten :
“Sprache ist ein System vom Lauten, von Wörtern und von Regeln für die Bildung von
Sätzen, das man benutzt, um sich mit anderen zu verständigen” (Langenscheidt: 2003).
Es gibt kaum Wissenschaftlicher, die eine einheitliche Definitionen von Sprache geben
können. An dieser Stelle werden einige Definitionen vorgelegt, die aus der Sicht der
Fremdsprachendidaktiker von Bedeutung sind :
“Die Sprache ist die Institution, mit deren Hilfe Menschen miteinander kommunizieren
und unter Verwendung gewohnheitsmäßig benutzter, oralauditiver, willkürlicher
Symbole in Interaktion treten“ (Hall, zit.n. Heringer : 2004).
“Sprachen sind Symbolsysteme, die fast ganz auf reiner oder willkürlicher Konvention
beruhen” (Robbins).
“Die wirklich sichere Beherrschung einer Sprache ist ohne Einsicht in ihr Regelsystem
nicht möglich. Das gilt sowohl für die Muttersprache als auch für jede Fremdsprache”
(Dreyer&Schmitt : 1991).
Nach diesen Definitionen ist die Sprache ein System von Lauten, Wörtern und Regeln,
das Menschen verwenden, um miteinander zu kommunizieren, d.h. die Sprache ist ein
wichtiges Mittel, das Menschen zur Kommunikation befähigt.
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1.2. Die Bestandteile der Sprache
1.2.1. Laut
Aus der Sicht der alten linguistischen Charakterisierung von Sprache : Sprache
koordiniert die Welt der Laute mit der Welt der Bedeutungen.
Die kleinsten Bestandteile des gesprochenen Wortes sind die Laute. Dass eine
Wortform als Folge von Lauten angesehen werden kann, wird den meisten Sprechern
erst bewusst, wenn sie Schreiben und Lesen lernen. Aus der Buchstabenfolge des
geschriebenen Wortes schließen sie auf die Lautfolge des gesprochenen Wortes, auch
wenn eine Zuordnung nicht immer auf einfache Weise möglich ist.
Die Beschreibung der Laute selbst orientiert sich daran, wie sie artikuliert werden. Die
Beschreibung muss so genau sein, dass jeder Laut der Sprache von jedem anderen
unterscheidbar ist.
1.2.2. Wort
Zu den anderen Bausteinen der Sprache gehört das Wort. Der Mensch spricht und
schreibt in Wörtern. Macht jemand eine sprachliche Äußerung, so reiht er Formen von
Wörtern aneinander. Er veknüpft sie zu größeren Einheiten. In der geschriebenen
Sprache sind das Sätze und Texte, in der gesprochenen Sprache funktionale Einheiten,
Gesprächsbeiträge und Gespräche.
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Wörter spielen nicht nur für das Sprechen und Schreiben selbst, sondern auch für den
Umgang mit Sprache und darüber hinaus für die Vermittlung von Wissen eine
besondere Rolle. Übersetzt jemand etwas von einer Sprache in eine andere, so muss er
wissen, welche Wörter einander entsprechen. Das Wort gilt als sprachliche Einheit
schlechthin. Das Wort hat eine Formseite und eine Bedeutung. Die Formseite kann im
Gesprochenen als eine Folge von Lauten angesehen werden. Im Geschriebenen besteht
sie bei Sprachen mit Alphabetschrift aus einer Folge von Buchstaben.
1.2.3. Grammatik
Zu den Grundbausteinen der Sprache gehört die Grammatik. Die Grammatik erlaubt es,
durch die Abfolge von Wörtern strukturelle Zusammenhänge zwischen Konzepten
auszudrücken.
Die zentrale Aufgabe von Sprachlernenden ist, die Korrelatin von Sprachformen und
Bedeutungen zu lernen. In Hinsicht auf die Grammatik kann man sagen, dass die Rolle
der grammatischen Mittel für die Interpretation bzw. den Ausdruck von Bedeutungen
erkannt und beherrscht werden muss.
Aufgabe der Grammatik ist es, die Form und die Bedeutung der Wörter zu beschreiben.
Die Grammatik legt dar, welchen Regularitäten der Bau der Formen und der Bau der
Bedeutungen folgt und wie Form und Bedeutung aufeinander bezogen sind. Nur wenn
man die Regularitäten kennt, wird verständlich, dass die Sprecher die vielen tausend
Wörter ihres Wortschatzes mühelos beherrschen.
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In allen Untersuchungen wird zum Spracherwerb deutlich, dass dieser Bedeutungsbezug
für das Lernen zentral ist (vgl. Doughty&Williams: 1998). Grammatik wurde in solchen
präsentiert, die zum Zweck der Grammatikdarbietung ohne wichtige Inhalte mit
Vorrang der Schriftsprache angefertigt waren.
Immer mehr hat sich die Einsicht durchgesetzt, dass Grammatik jedoch zum
Spracherwerb, zur Rezeption und Produktion von Sprache notwendig und nützlich ist.
Sie muss aber lerner-, stufen- und lernzielbezogen als selbstverständlicher funktioneller
Bestandteil der Sprache in struktureller Genauigkeit und in einem kommunikativen
Ansatz vermittelt und von den Lernenden erarbeitet, geübt und wiederholt werden.
Sie ist Bestandteil authentischer Texte, Situationen und Handlungen. Nur so wird sie
nicht Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck: den Spracherwerbsprozess zu fördern
mit dem Ziel, Sprache in ihren Nuancierungen zu verstehen und mündlich wie
schriftlich adäquat anzuwenden.
1.3. Die Sprache im Fremdsprachenunterricht
Sprache ist die Grundlage menschlicher Kommunikation. Die Sprache ist für Menschen
wie für den Fisch das Wasser d.h. Der Mensch schwimmt in der Sprache wie der Fisch
im Wasser.
Das oberste Lern- und Lehrziel der FSU ist die Fähigkeit zur Kommunikation. Um in
einer Fremdsprache erfolgreich kommunizieren zu können, sind veschiedene
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Fertigkeiten notwendig. Insbesondere ist der Stellenwert der Grammatik in der
Fremdsprachendidaktik sehr umstritten.
In der Kommunikation treten vier Fertigkeiten meist nicht isoliert, sondern
zusammenhängend auf (SP, HV, SCHR, LV) und auch zwischen den kommunikativen
Fertigkeiten und sprachlichen Mitteln bestehen enge Zusammenhänge.
Die sprachlichen Mittel (Laute, Wörter, Grammatik…) werden als „linguistische“ oder
„sprachsystematische Kompetente“ der Sprachbeherrschung bezeichnet. Die heutigen
Curricula unterscheiden also zwischen den sprachlichen Mitteln, die die Lernenden nur
für das Verstehen benötigen, und denen, die ihnen beim Sprechen oder Schreiben aktiv
zu verfügen stehen sollen. Die Funktion der sprachlichen Mittel besteht darin,
sprachliche Kommunikation zu ermöglichen. Sie werden als Mittlerfertigkeiten gennant
und doch stehts in das direkte Üben und Ausüben der kommunikativen Zielfertigkeiten
einfließen. Der Lernweg muss aber stets auf das Lernziel hin ausgerichtet sein.
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2. Die Grammatik
Da es in der vorliegenden Arbeit um die Rolle der Grammatik im Fremdsprachenlernen
geht, wollen wir uns in diesem Kapitel genauer mit diesem Phänomen beschäftigen und
ihren Wert für FSU untersuchen. Daneben sollen folgende Fragen beantwortet werden :
1. Was ist Grammatik ?
2. Woher kommt diese Definition ?
3. Welche Arten von Grammatik gibt es ?
2.1. Historische Entwicklung des Begriffs Grammatik
Grammatik
und
Grammatikvermittlung
gibt
es
schon
seit
Ewigkeiten
im
Sprachunterricht. Sie sind so eng miteinander verbunden, dass man sie nie trennen kann.
Aber woher kommt eigentlich die Bezeichnung Grammatik ? Köller behauptet, dass die
Grammatik aus dem alten Ägypten stamme und von dorther über Attika nach Rom
gekommen sei. Im Allgemeinen dominiert aber in der Sprachwissenschaft die
Überzeugung, dass die Griechen die ersten waren, die sich ernsthaft mit diesem Thema
beschäftigt haben und dabei sehr wichtig gewesen sind (vgl . Raiesi, R. ).
Plato und Aristoteles haben die ersten interessanten Versuche auf dem Gebiet der
Funktion des Wortes im Satz gemacht und den Satz in kleinere Komponenten aufgeteilt.
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Aristoteles zergliederte den Satz in zwei Teile, Subjekt und Prädikat. Seiner Meinung
nach haben die anderen Wortgruppen nur untergeordnete Funktionen.
Dionysios Thrax wird als Vater der ältesten Grammatik und auch als Urvater aller
abendländischen Grammatiken betrachtet. Er hatte bereits folgende acht Wortklassen
erkannt : Substantiv, Verb, Partizip, Artikel, Pronomen, Präposition, Adverb, und
Konjunktion. Die Römer folgten in diesem Bereich den griechischen Vorbildern. Die
griechischen Analysen wurden ins Lateinische übersetzt, auch das Lateinische wurde
mit ihren Methoden beschrieben. So kam es zu einer Übersetzung aber auch
Überführung der Terminologie des Griechischen ins Lateinische. Die heutige
Terminologie geht auf diese Arbeiten zurück. Man hält an acht Wortklassen fest,
zusätzlich wird das Adjektiv als Wortklasse anerkannt (vgl . ebd.).
Als berühmtester indischer Grammatiker gilt Panini. Er hat das klassiche Sanskrit in
über viertausend Regeln fixiert, mit denen er die Systemhaftigkeit der Sprache zeigen
wollte (vgl. ebd.).
2.2. Geschischte der Didaktik der Grammatik ist Geschischte der
Grammatik selbst
Grammatiken gibt es für europäischen Kulturkreis seit den Griechen (4 ./3. Jh. v.Chr.).
Diese Grammatiken waren gleichzeitig Forschungsbücher und Lehrbücher ; Geschichte
der Didaktik der Grammatik ist also bis in die neuste Zeit fast vollständig identisch mit
Geschichte der Grammatik, des Grammatikunterrichts in den Schulen und der dafür
entwickelten Lehrmittel.
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Grammatiken wuchsen aus der Beschäftigung mit geschriebener Sprache heraus. Das
gilt für die Entwicklung der griechischen Grammatik wie für die Grammatik des
Sankrits in Indien. Das Festlegen eines Textes durch Schrift war eine Voraussetzung für
das systematische Untersuchen der Sprache in diesem Text. Was gesprochen wird,
rauscht unaufhaltbar vorüber, es ist nur im Moment greifbar und beobachtbar. Erst
durch die Fassung in Schrift gewinnt es eine dauernde Existenz und kann damit
Gegenstand systematischer Beobachtungen werden : in wiederholtem lautem Lesen, im
Umstellen einzelner Teilstücke , im Ausprobieren der Ersetzbarkeit von Teilstücken
durch andere mit ständiger Überprüfung, ob sich dabei das Verständnis des Textes
verändert.
2.3. Begriffsbestimmung
Das Wort Grammatik stammt aus dem Greichischen und bedeutet „die Lehre von
Buchstaben“. Nach Piepho bedeutet das Wort Grammatik „Schreiben“ und Grammatik
ist die Lehre von der geschriebenen Sprache.
Grammatik ist ein komplizierter Bgriff, der im Verlauf seiner Geschichte verschiendene
Veränderungen erfahren hat. Von den alten Greichen für die Schreibkunst entwickelt,
erhielt sie schon bald normativen Charakter und hat durch die Fixierung von
Sprachsystemen, die durch Schrift objektiviert worden waren, die Entwicklung der
Sprachen nachhaltig, besondere retordierend beeinflusst. Noch heute versteht man unter
Grammatik in erster Linie ein System von Regeln und Normen, das es gestaltelt, den
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richtigen. d.h. normgerechten Sprachgebrauch gegen Fehler, Abweichungen, ...
abzusetzen. Die griechischen Grammatiker und Logiker schufen die Grundlage für die
grammatische Fachsprache, die in lateinischer Sprache noch heute verwendet wird. Das
ganze Mittelalter hindurch wurde grammatik als Terminus technicus für die erste und
grundlegende der septem artes liberales verwendet, für jede Diziplin und jedes
Unterrichtsfach an Schulen und Universitäten, die es mit Sprache im allgemeinen Sinne
und mit ihrer Erlernung zu tun hatten. In speziellerer Bedeutung bezieht sich das Wort
auch auf die Kunst des Lesens und Schreibens und den Unterricht in diesen
Fertigkeiten, besonders in lateinischer Sprache.
Mit dem Wort „Grammatik“ wird heute bezeichnet :
1. Die immanente Struktur sprachlicher Äußerungen (Langue)
2. Die dem Sprachverhalten mentale Realität, die ‚mentale Grammatik‘
(Kompetez)
3. Die linguistische Beschreibung sprachlicher Strukturen
4. Ein Grammatikbuch als Ergebnis einer Sprachbeschreibung ( vgl. Storch 1999 :
74 ).
Die Bedeutung der Grammatik für den Grammatikunterricht und die Bedeutung der
Grammatik für das Erlernen einer Sprache und ihre Rolle im FSU wird in der
Fachdidaktik kritisch diskutiert. Dahinter steht die Frage nach der Gültigkeit der
altsprachlichen Tradition, wonach Sprachlernen immer auch als Erlernen der
Grammatik zu verstehen ist.
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