Cuba - zm
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Cuba - zm
CUBA It is not necessary to take it out completely, dies soll keine Anleitung für die Kariesadhäsivtechnik werden, sondern ein kurzer Famulaturbericht über Cuba. Im Sommer 2002 flogen meine Chedpartnerin und ich nach Cuba. Wir hatten einen 30 tägigen Aufenthalt in Havanna mit zahnmedizinischer Tätigkeit an der Universitätsklinik geplant, vielleicht auch ein wenig Urlaub. Die enormen Kosten dieser Reise und das teure Arbeitsvisum D2, welches mit 50 Euro sogar mehr als doppelt so viel kostete wie das Urlaubsvisum, konnten uns nicht von diesem verheißungsvollen Trip abhalten. Einige Wochen vorher begann ich mit dem Studium der spanischen Sprache. Carlos, der gerade seine oralchirurgische Facharztausbildung an der Charité absolviert, gab uns die wichtigsten Vokabeln mit auf den Weg. In Sachen Linguistik sollte sich der hundertseitige ECOS Reisesprachführer als wichtigstes Instrument etablieren, mit fünf Seiten unter der Rubrik „im Falle eines Falles“ waren essentielle Vokabeln, die mir die Tratamiento sehr erleichterten. 129 Einen Cuba libre bitte! – Cuba no esta libre! oder: manchmal kommt’s halt anders Wie war es denn eigentlich dazu gekommen...? Da hab’ ich wohl den Schnabel mal wieder zu weit aufgerissen: „also, ich will auf jeden Fall noch mal für eine Famulatur ins Ausland, denn die 4 Monate Südafrika damals waren ja so Klasse – quasi die beste Zeit meines Lebens....“ und – schwupps- saß ich neben Thomas im Flieger auf dem Weg nach Havanna. Total planlos und nicht wirklich sicher, ob das gut gehen würde. Was fiel uns eigentlich ein? Wir taten ja gerade so, als hätten wir während des Semesters nicht schon genug Zeit miteinander verbracht und Gelegenheit für Meinungsverschiedenheiten gehabt. Ich war eigentlich eh schon pleite und Thomas wusste gar nicht, wie ihm geschah als er sich am Flughafen für einen Monat von seiner Familie verabschieden musste ... . Aber nun zurück zur Abreise, welche sich als äußerst tränenschwer, meinerseits, darstellte. Einen Monat getrennt von meiner Familie, für mich unvorstellbar. Der Flug war wenig spektakulär, wie jeder 48 Stundenflug. Oder wie lange dauerte dieser Flug auf engstem Raum, der einem Thrombophobiker die Schweißperlen auf die Stirn getrieben hätte? Auf dem Flug, oder besser: den Flügen, denn wir hatten das Vergnügen eines nächtlichen Zwischenstopps in Madrid, erfuhr ich dann weitere Neuigkeiten: Thomas war noch nie wirklich außerhalb Europas gewesen und um unser Spanisch war und ist es nicht unbedingt gut bestellt. Okay – blieb zu hoffen, dass der „Kontaktprofessor“ ein Organisationstalent sein und schon alles richten würde ... 131 Die Hoffnung wurde leider enttäuscht: ziemlich geplättet vom Flug kamen wir abends auf dem nicht besonders attraktiven Aeropuerto Havannas an. Obwohl er nicht sehr groß und damit einigermaßen übersichtlich ist, konnten wir trotz intensiven Suchens und immer mit dem Gedanken „das gibt’s doch gar nicht“ auch nach Stunden niemanden finden, der auch nur ansatzweise so aussah, als hätte er auf uns gewartet. Dieser Umstand war umso erstaunlicher, da 2 Kommilitoninnen von uns bereits im Lande weilten und auch über unsere Ankunft Bescheid wussten. Half nix: es musste eine Entscheidung fallen: auf dem Flughafen schlafen, oder ein teures Hotel zahlen? Wir entschieden uns für letzteres. Wie gut dass es Kreditkarten gibt! Die Ankunft raubte uns den Atem. Nicht sprichwörtlich, sondern die Melange von Abgasen 50 Jahre alter Autos und der Duft einer Millionenstadt oder besser dessen Kanalisationssystems. Wie viele Ankömmlinge spähten wir nach Empfangsschildern mit einem kurzen Willkommensgruß und unseren Namen. Nach zwei Stunden ohne Letzterem erkannten wir, dass ein Dach über dem Kopf jetzt nicht schlecht wäre. Nach einer Schnäppchentaxifahrt, mit nur 80% „dumme Touris“-Aufschlag, kamen wir für 60 Dollar die Nacht unter. Frisch gestärkt begann am nächsten Morgen die Telefoniererei. 133 kt telefonischen Konta in sein versuchte ich einen l ma es Tag s de >Radebrechend wü fe rde wohl im Lau bis dieselben wieder am llen – ja, der ja, ganz so lange, on ktprofessor herzuste Na n. rne Ste n er so, welche Positi de zu unserem Konta in er wann stand ht warten. Wir wurden vom Dekan (odge sere un in d un lt ho Büro reinkommen,waab nic ab leierhaft) , mussten wir t, ist mir bis heute sch Himmel zu sehen nnren eigentlich inne ha t... der nette alte Manlo ch Bleibe verbra dentenunterkunft planmäßige koste se wir dann in einer Stu terkunft bringen Un >>Nachmittags waren die in nik Kli um 16 Uhr von derchslungsreich dar. s Bu zte let r de s un abwe nas. Da im Randbereich Havanse Bleibe, obwohl kostenlos, als wenig es in das Zentrum konnte, stellte sich die ndeln schafften wir auf dem Zimmer. Nach einigem Verha TV ie sow e egung und Dusch uns sehr gut, wenn es auch rpfl Ve t mi t, ch Na 10 Dollar die von Kubas Metropole gefiel es en war von Havanna, für er mo carne.“ Das Ess n Dächern einzustellen. „No co zeichnet. ier sge au tar r ge wa Ve en ei Im 21. Stock übwerde Ess zw f m au de e nach fiel, sich dem Personal sch ßkartoffeln, Bohnen und Reis. Der Kaffe m. Ru m wohlschmeckendt; Sü de d un n Zigarren Ebenso war es mi de 134 >Der Blick a u f ’ ss au Meer ock, dem 23. Stch der si em d in and, ef b al sa se Spei und ich s io d n ra g war sen eschehnisö ir mit den Gie vers hnt. nd überhaupt waren w er d w o u , g bis dat an g zu rnet icht auf Inte nsere es die Ausslis Mal an u . ab n g io at em d m ersten se er vi ß eiden zu Zi b Au n er d an re d in s n ck n u quasi zurüächste Tag sollte un. Dort waren eschäf tigt zu b Der n ngsstätte führe ig damit kl warum Wirku dentinnen bereits eifr wurde arg,hafen g ti ar u g st la it h M u sc Fl d n u am n s n el behand ine Zeit hatten, u : man hatte sie ke pfang zu nehmen öpfchen in Em bereits Rasta-Z sich en und >So richtingd flechten laAss ds en b tisch, u n en es d th au war it am ar scho f d w h ic eifrig as er fast au h d d t g ie ti w beschäf Weg nac ! n em d ze n S a ls a ta außen r d . zu lernen Aber ganzgso ibt leicht ein Zahicnhi t n ja auf .... Kam dann endlich mal ein Kind ohne Löcher in den Zähnen, durfte ich garantiert aus kieferorthopädischen Gründen Prämolaren extrahieren. Wirklich schlimm war dann die folgende Erkenntnis, die ich in unserer 2. Behandlungswoche machen musste: war eine vollständige Kariesexkavation wegen Schmerzen nicht möglich (warum das massig von uns mitgebrachte Lokalanästhetikum nicht eingesetzt wurde, ist mir bis heute ein Rätsel), wurde abgebrochen, der Defekt mit eugenolhaltigem Zement abgedeckt und der Patient erneut einbestellt. Während Thomas in den nächsten Tagen scheinbar nur damit beschäftigt war, Zähne zu trepanieren, die mit unglaublich riechenden Mikroorganismen besiedelt waren (trotz der ca. 5 m Luftlinie und der Klimaanlage, die quasi zwischen unseren Behandlungseinheiten stand, wurden mir das ein oder andere Mal die Knie weich, wenn’s dann zur erlösenden Eröffnung des Kanalsystems kam mach die Scheiße wieder zu!!!!), schlug ich mich ohne Unterstützung durch Licht, Absaugung oder Wasser mit kubanischen Karies und Baktus rum. Zerbröselte Amalgamfüllungen mit Komposit ausbessern... klappt prima, man muss nur selbstretentiv präparieren, habe ich gelernt. Dann hält das drangepfuschte Komposit auch für ne Weile, auch wenn von Trockenlegung nicht die Rede sein konnte. Leider gelang es mir nicht in den 2 Wochen, der Doktora zu erklären, dass aus chemischen Gründen nicht mit einer Haftung des Adhäsivsystems am Amalgam zu rechnen ist, selbst wenn letzteres durch Zerbröselung scheinbar eine ganz gut retentive Oberfläche hat. Aber heute beginnt die Behandlung, naja erst mal zuschauen. Wie unsere Kommilitonen uns die Sachen zeigen dürfen, die wir schon von „zu Hause“ kannten. Endlich geht es wirklich los. Oh, es wird ein Zahn gezogen. Aber diesmal von mir. Das Vollbild einer „laterelen Sepsis“ bot sich mir mit einer in Deutschland als Perlenkette bekannten oralen Klinik dar. Perlenkette, umgangssprachlich für bilaterale Approximalkaries, oder zu deutsch: Zähne, die an jeder Seite ein Loch haben. Noch beeindruckender war die wohldurchdachte und für Jahre vorausschauende Planung. Wonach ging es hier, nach Durchmesser der Karies oder der Zugänglichkeit? Aufhören wenn der Patient beim Bohren über Schmerzen klagt. Und da ist doch noch Karies. “ It is not necessary to take it out completely” lautete die Stimme de Doktora. Da hatte sie uns doch gerade erzählt, dass sie gestern oder besser heute morgen, um 3 nach hause gekommen ist. 136 Ebendiese Patienten saßen in der zweiten Woche also wieder auf meinem Stuhl, und ich sollte Füllungen in die Zähne machen und den Zement aus der vergangenen Woche als Unterfüllung belassen. Meine Bedenken, da sei doch noch Karies drunter, wurden als nicht so ausschlaggebend betrachtet. Da war dann das Ende der Fahnenstange erreicht – sogar bei mir, und wer mich kennt, weiß, dass ich nicht so 150%ig bin wie Thomas! un-p auf Abenteuer Einmal konnten wir einem Professor für Chirurgie beim Operieren zuschauen. Mit wenigen Mitteln verstand er es, ausgezeichnet zu operieren. Auf der anderen Seite des OP-Saales ging es nun wieder den „Cuban Way“; nach einer verzweifelten Suche in einem Implantatbohrsatz wurde dieser kurzerhand auf dem OP-Tisch entleert, ist dann wohl übersichtlicher. „Nach fest kommt lose“, ich konnte es nicht auf spanisch, deshalb war es mir unmöglich, den Operierenden mitzuteilen, dass nach dreißig Umdrehungen des Implantates im Implantatbett wohl keine Primärstabilität zu erwarten ist. Verdächtig schnell waren wir uns nach zwei Wochen einig, dass jetzt Zeit für Urlaub sei, zumal das Budget sowieso schon grottig überzogen war! So klein wie auf der Karte ist Cuba dann doch nicht und natürlich gehen tagelange Fahrten zu viert im Leihwagen nicht immer ganz geschmeidig über die Bühne, dafür sieht man aber viel vom Land, wenn man schmollend aus dem Fenster starrt. Und als wir uns dann, in einem Anfall von Größenwahn, für die beiden letzten Nächte auf der Piste in einem Luxusstrandclub eingemietet hatten, war alles wieder okay – super Essen, Drinks inklusive, Spitzenstrand und zu der Jahreszeit sogar einigermaßen leer! Und noch eine kleine Begebenheit aus der Kategorie: „andere Länder, andere Titten“. Folgende Situation: am frühen Morgen hatte eine junge Frau, die sich gegen 15:00 Uhr bei uns vorstellte, einen epileptischen Anfall. Ihrem pflichtbewussten Ehemann war irgendwann einmal eingebläut worden, er habe in diesem Fall dafür zu sorgen, dass der Mund offengehalten werde! Leider war seine Holde zu schnell: sie hatte schon so richtig schön zugebissen, was tut er also? Greift kurzerhand zum Küchenmesser und hebelt die satte Okklusion auf. Das war dem Zahn 33 etwas zu viel – der hat sich verabschiedet, aber er ist ja noch da, oder? Doch, doch, seit ca. 8 Stunden in der Hosentasche....da war doch was mit Zahnrettungsbox, oder? Die hatten wir zugegebenermaßen nicht mitgebracht, war aber auch nicht nötig, denn nach halbstündiger Einlage in Knoblauchlösung haben wir das Zähnchen wieder reponiert und mit einer hübschen Kompositschiene stabilisiert. Und ob man’s glaubt oder nicht, drei Tage später sah alles noch ganz gut aus. Die weitere Entwicklung der kranken Geschichte entzieht sich allerdings unserer Erkenntnis... interessant wäre es schon ! Nach zwei Wochen begannen wir, unseren Urlaub zu planen. Trotz einiger fachlicher Diversitäten war der Abschied herzlich. Mit zwei Medizinstudentinnen, welche wir in der Unterkunft kennenlernten, mieteten wir uns ein Auto. Nach einigen Tagen Autobahnfahrt kamen wir in Santiago de Kuba an, verweilten aber nur zwei Stunden, nachdem uns einige „Hey Friends, where are you from?“ den Aufenthalt versüßt hatten. Zurück in Havanna – jetzt fühlte man sich schon fast vertraut mit der Stadt- hatten wir noch einen Tag, um unsere sieben Sachen zu packen, ein paar Mitbringsel zu kaufen und Abschied zu nehmen. Dachten wir, wenn da nicht diese Sache mit dem Zyklon gewesen wäre... der Server ist runtergefahren, alle größeren Fensterscheiben verbarrikardiert, die Zahnklinik geschlossen, na, da schien ja was auf uns zuzukommen, auch wenn der Himmel hübsch blau war.... Ich habe nicht wirklich geglaubt, dass das irgendeine Auswirkung auf uns haben könnte... okay, als wir mit dem ganzen Gepäck aus dem 21. Stock ins Erdgeschoss mussten, hatten wir mal wieder einen kleinen Stromausfall und mussten, nur mit geliehener Taschenlampe bewaffnet, durch’s stockdustere Treppenhaus (Cave Cucarachas – die sind glitschig, wenn man drauftritt!), aber das war ja nicht das erste Mal, dass der Strom weg war... . 139 Fazit Endlich am Flughafen angekommen, seh’ ich auf der Anzeigentafel noch mit einem Auge, dass unser Flug „delayed“ ist ; beim Rauskramen der Flugunterlagen wiege ich mich noch in Sicherheit, denn „delayed“ heißt ja gar nix! Beim nächsten Blick waren wir dann „canceled“ – na prächtig, also zurück in die Stadt, auf Kosten der Fluggesellschaft ins beste Hotel des Ortes und erst mal ans Abendbuffet! Es hätte schlimmer kommen können, und trotzdem kam mir inzwischen der Verdacht, dass wir vielleicht nie wieder rauskommen aus Cuba... Am nächsten Tag ging es dann nicht planmäßig um 12:00 los, sondern irgendwann gegen 18:00, aber egal, dafür fiel die Übernachtung in Madrid aus, und die Flüge haben wir auch überstanden. Diesmal war da auch jemand am Flughafen, um uns abzuholen. Das hat was. Und: „Wie war’s??“ „Ooch, super eigentlich, da ist halt alles etwas anders!“ jast Cuba hat ein sehr gutes Gesundheitssystem und eine Kindersterblichkeit, die unter der der USA liegt. Die Ausgaben in Cuba, welche für das Gesundheitssystem getätigt werden, sind trotz guter Erfolge sehr niedrig. Die medizinische Ausbildung in Cuba ist eine der besten in Süd- und Mittelamerika. Zahlreiche Studenten aus Nachbarländern nehmen die Gelegenheit des Studiums in Cuba trotz höherer Kosten wahr. Politische Umstrukturierungen sowie der Dollar, der seit einigen Jahren in Cuba offizielles Zahlungsmittel ist, schaffen ähnliche Zustände wie in der DDR; eine Nähe zum anscheinend wohlhabenden Westen, einen Konflikt zwischen der alten Generation, die aktiv an der Revolution teilgenommen hat und eine Jugend, die ein aus den Medien und vor allem von den Touristen vorgelebtes Konsumverhalten allzu gern nachleben möchte. Ich bin mir nicht sicher, ob sich die den Machtwechsel in Cuba einleitende Generation über die Konsequenzen ihres Handelns wirklich im Klaren ist. Ähnlich wie in den FNL wird man sich angesichts des zusammenbrechenden Sozialsystems an die guten Zeiten erinnern. Doch ein Wechsel des Systems ist unausweichlich. Zu viel spricht für die wirtschaftliche Abhängigkeit Cubas von außen. Vielen Dank nochmals an Professor Ruben, der viel mit uns unternahm, ohne auch nur irgendeine Gegenleistung zu erwarten. Leider, wie ich finde, einer von wenigen klugen Köpfen, denen die momentane Lage Cubas bewusst ist. Mit viel politischem Geschick pflegt er gute Kontakte inner- und außerhalb seines Landes und ist bemüht, sie weiter auszubauen. theg 141