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Testbericht aus 06/12
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Flummis im Hörraum
Test: Accustic Arts Power 1 MK3 | Vollverstärker
Preis: 5.590 Euro
lette nach oben hin abzurunden, gibt’s bei Accustic
Arts noch die „Referenz-Serie“, bestehend aus einem
CD-Laufwerk („Drive II“), einem Röhren-Hybrid-D/AWandler („Tube-Dac II“), einem Röhren-Hybrid-Vorverstärker („Tube Preamp II“) sowie zwei Endstufen
(„Amp II“ und „Amp III“).
Accustic Arts Power I: Außen und innen
Juni 2012 / Jochen Reinecke
Für fairaudio ist es keine Premiere, aber für
mich: Noch nie zuvor hatte ich ein Gerät des
deutschen, in Lauffen am Neckar beheimateten Unternehmens Accustic Arts im Rack. Für
fairaudio hingegen ist dies der zweite beziehungsweise eigentlich dritte Accustic-ArtsTest, denn Kollege Martin Mertens hatte sich
bereits im Mai 2011 eingehend mit dem Gespann aus Vollverstärker „Power ES“ und CDSpieler „Player ES“ befasst.
Diese beiden Geräte stellen zugleich auch – in der
Produkthierarchie von Accustic Arts, nicht als Werturteil – die „Einsteigerklasse“ dar, die bei Accustic
Arts „ES-Serie“ heißt. Eine Stufe höher gibt es die
„Top-Serie“, die aus dem reinen CD-Laufwerk
„Drive I“, dem vollständigen CD-Spieler „CDPlayer I“, dem Vorverstärker „Preamp I“, der Endstufe „Amp I“ und dem heutigen Probanden, dem
„Power I“ Vollverstärker besteht. Um die Produktpa-
Ein kurzer Rundgang ums Gerät: Wow, das ist wirklich ein mordssolider Trum. 22 Kilogramm bringt er
auf die Waage, nachtschwarz das Vollmetallgehäuse,
eine tadellose Verarbeitung – das Ding sieht aus wie
für die Ewigkeit gebaut. Vom Bedienkonzept her, das
wird gleich klar, ist der Accustic Arts Power I ein Vertreter alter Schule: Es gibt keine Displays, keine
mehrfach belegten Funktionsschalter, keine Parametergräber – hier wird noch Hand angelegt, und zwar
zur Linken an einem herrlich griffigen, satt rastenden Eingangswahlschalter und zur Rechten an einem sämig und präzise laufenden Lautstärkepotentiometer.
Die Drehknöpfe des Accustic Arts Power 1 bestehen
aus massivem, verchromtem Messing und fühlen
sich auch genauso angenehm solide an. Etwas ungewöhnlich, aber letztlich ein Markenzeichen des
Hauses, ist das überdimensional in der Mitte der
Frontblende prangende kreisrunde UnternehmensLogo, das locker größer ist als der Eingangswahlschalter beziehungsweise der Lautstärkesteller. Das
muss man mögen.
Lediglich einen weiteren Druckschalter gibt es, und
zwar einen „Phones On“-Schalter, der die Lautsprecherausgänge stummschaltet und stattdessen den
Kopfhörerverstärker aktiviert, welcher das Signal
auf den ebenfalls an der Frontseite befindlichen
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Kopfhörerausgang schickt. Unterhalb des Logos
gibt’s noch drei Leuchtdioden: Die erste („Remote“)
begleitet den Einsatz der Fernbedienung mit einem
fröhlichen „Jau, hab’s kapiert!“- Flackern. Die mittlere („On“) gibt über den Betriebszustand Auskunft
und die rechte („Protect“) leuchtet, wenn sich der
Verstärker quasi im „abgesicherten Modus“ befindet. Dies ist entweder während des schonenden
Hochfahrens beim Einschalten der Fall, oder wenn
die Schutzschaltung aufgrund unvorhersehbarer Ereignisse wie Clipping, übermäßigem DC-Offset etc.
eingreifen muss. Und damit wären wir für die Frontpartie durch, schauen wir auf die Rückwand!
Auch hier: Tadellos – vergoldete Cinch-Buchsen und
Lautsprecherterminals bester Provenienz. Den Accustic Arts Power I gibt es in zwei Varianten. In der
Basis-Version verfügt er über vier unsymmetrische
Cinch-Hochpegeleingänge und einen unsymmetrischen Surround-Bypass-Eingang, der den Power I in
einem Surround-Setup zur Frontkanal-Endstufe
macht (daher sollte man an diesen Eingang tunlichst
keine ungeregelte Hochpegelquelle anschließen,
sonst föhnt es einen weg). Zusätzlich zu den Lautsprecherterminals gibt‘s noch einen unsymmetrischen Vorverstärkerausgang. Die erweiterte Variante
hält zusätzlich ein MC/MM-Phonomodul bereit, verzichtet dafür jedoch auf einen weiteren Hochpegeleingang. Über zwei „Mäuseklaviere“ lassen sich
MM-Systeme auf 50, 150, 270 und 370 pF anpassen.
Die Eingangsimpedanzen liegen bei 47 k Ω (MM) beziehungsweise 100 Ω (MC).
ten denken. Im Power I
schwitzen acht selektierte MOS-FETs an einem
ausgesprochen
großzügig bemessenen Kühlkörper. Versorgt wird das Gerät
über einen 600 WRingkern-Trafo mit
separaten Wicklungen
(Vorstufe,
linker und rechter Endstufenkanal), dem als Ladestation eine Kondensatorbank mit einer Gesamtkapazität von mehr als 80.000 µF zur Verfügung steht.
Das alles führt zu einer angegebenen Leistung von
zweimal 200 Watt Sinus an 4 Ohm.
Konzeptionell wurde beim Power I auf einen hohen
Dämpfungsfaktor (> 700 laut Datenblatt) gesetzt,
um die Lautsprecher besser kontrollieren zu können. Erwähnt werden sollte unbedingt, dass der
Power I über eine „echte“ Kopfhörerverstärkersektion verfügt – und nicht nur über ein pegelangepasstes Routing des „normalen“ Ausgangssignals auf
eine Kopfhörerbuchse. Ein Materialeinsatz, der
sich – wie wir später im Hörtest sehen werden – gelohnt hat. Im Lieferumfang enthalten ist eine gut in
der Hand liegende Plastik-Fernbedienung, die nicht
aussieht wie „von der Stange“, über die allerdings
auch lediglich die Lautstärke geregelt werden kann.
Und nun noch ein Blick unter die Haube. Der Power I
ist ein reinrassiger Transistorverstärker. Ja, „Power
rules“, könnte man nach einem Blick auf die Eckda-
Ich gebe zu, dass ich es angesichts der kraftvollen
Außenwirkung und der angekündigten inneren
Werte des Power I kaum abwarten konnte, die
pflichtgemäße Einspielzeit hinter mich zu bringen
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agierenden Hammondorganisten. Sein Live-Album
Groove’s Groove zeigt ihn in absoluter Höchstform –
und noch dazu darf es als audiophile Perle bezeichnet werden, denn hier ist es den Produzenten gelungen, die mitreißende Live-Atmosphäre eines
Clubgigs einzufangen, und diese durch sanfte Eingriffe bei der Post Production in überragender
Klangqualität in den Hörraum zu transportieren. Hören wir den Song „Blues All Day Long“. Was fällt
über den Power I auf?
und die Hörsessions zu beginnen. Und als es dann
endlich soweit war, passierte Folgendes ...
Accustic Arts Power I: Endlich ab in den Hörraum
Kennen Sie das? Sie verkabeln eine neue Komponente, legen eine CD ein – und haben sofort ein
Grinsen im Gesicht und ein „Jau!“ in der Seele? Genau so war das bei mir und dem Power I. Es gibt ja
Verstärker, die einen mit gerunzelter Stirn dasitzen
und „ah ja, interessant“ murmeln lassen. Meist sind
dies Verstärker, die das „gewisse Nichts“ haben, das
man sich dann als „studiomäßig superneutral“
schönredet. Ganz das Gegenteil der Power I. Er sagt
von Anfang an wo’s langgeht. Und letztlich waren
die drei Eindrücke, die ich als allererste beim Hören
in mein Notizbüchlein kritzelte, geradezu maßgeblich für diesen Verstärker: Livecharakter durch Dynamik ohne Ende, Basskontrolle und höchst transparenter Hochtonbereich.
Nehmen wir Richard „Groove“ Holmes, den unberechtigterweise stets im Schatten von Jimmy Smith
Zum einen ein gleichsam schneller und tiefer, kontrollierter Bass: Jeder einzelne Ton der gezupften
Walking-Bass-Läufe wird mit der vibrierenden Energie eines Flummis in den Raum gesetzt. Zum anderen klingen die Schlagzeugbecken zum Niederknien
authentisch! Während der Drummer recht groovend
und antizyklisch in der Snare herumrührt, schlägt er
zugleich sehr entspannte geradlinige Achtel auf einem halblinks im Stereopanorama sitzenden RideBecken. Und dieses Becken klingt hell, seidig, nah,
jeder Beckenschlag ist eine kleine Freude, nämlich
brillant und bis ins kleinste Detail aufgelöst. Etwas
poetischer: Es leuchtet, und zwar hell, aber es blendet nicht.
Nachdem eingangs das Thema, die „tune“, vorgestellt worden ist, beginnt das Stück mit einem Solo
des Saxofonisten Houston Preston, das von Richard
„Groove“ Holmes durch klug eingeworfene Hammond-Akkordfetzen rhythmisch sekundiert wird.
„Affengeil“ und ähnliche unkritische wie volksnahe
Begriffe sausten durch mein Gehirn, als ich dies
hörte. Der Accustic Arts Power I bringt Live-Feeling
pur. Und das gelingt ihm mit zweierlei Dingen:
Einerseits verfügt er über eine ausgesprochen lebendige stereofone Bühnenabbildung. Der Saxplayer scheint geradezu dreidimensional in den
Raum projiziert zu werden (links außen neben den
Drums) und bekommt im Umfeld genügend „Luft“
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deftiger Kost füttern. Und ich war sehr überrascht,
was der Power I aus diesem etwas schmalbandig
abgemischten Stück machte. Der in meiner Erinnerung eher zischelig-hochtonlastige und mit nur wenig stereofoner Rauminformation versehene Track
bekam richtig Druck und Punch – und auch räumliche Ausdehnung. Doch noch viel frappierender fand
ich Folgendes:
zugeteilt, um sich entfalten zu können. Von halbrechts perlen die Hammondorgeleinwürfe von Richard Groove Holmes, auch er scheint auf einer kleinen, klar definierten Einmann-Insel im Soundmeer
zu stehen und sich dort prächtig wohl zu fühlen. Der
Accustic Arts Power I zeichnet eine Bühne, die
durchaus über die Lautsprecherstandpunkte hinausgeht, ohne dabei jedoch in ein unrealistisches Breitwandpanorama abzudriften. Trotzdem gelingt es,
den Schallquellen Raum zu lassen und sie nicht wie
in einer Sardinenbüchse zu platzieren.
Das zweite zum Live-Feeling beitragende Talent des
Power I ist für mein Empfinden, dass er sowohl
Grob- als auch Feindynamik meisterhaft beherrscht.
Das Orgelsolo in der Mitte von „Blues All Day Long“
zeigt dies deutlich. Holmes registriert während des
Solos immer mal die Orgel um; eingangs klingt sie
noch leicht gedämpft, klassische Gospelregistrierung, ohne zugeschaltetes Vibrato und mit nur langsam laufendem Leslie. Nach und nach zieht Holmes
mehr und mehr Register (beziehungsweise Zugriegel), gibt dem Leslie die Sporen und tritt den Gasfuß
bis zum Boden durch. Hier zeigt der Power I sowohl
das feine „Anwachsen“ des Hammond-Sounds, er
kann aber auch aus dem Stand heraus fette, überraschende Orgel-Attacken in den Raum schleudern.
Überhaupt stellt das harmonische und gleichzeitige
Miteinander von Fein- und Grobmotorik eines der
Markenzeichen des Power I für mich dar. Das lässt
sich sehr schön bei dem Song „The Answer“ von
Bad Religion (Album: Generator) nachvollziehen. Im
Grunde genommen war mir dieses Album nun nicht
gerade als tontechnischer Leckerbissen in Erinnerung, aber als der dicke, schwarze Amp da so verführerisch im Rack stand, wollte ich ihn auch mal mit
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Der Schlagzeuger spielt durchgehend eine recht
stark nach vorn gemischte halboffene Hi-Hat, in deren Frequenzbereich sich zusätzlich noch der hochfrequente Zerr-Anteil der E-Gitarre herumdrängelt.
Und obwohl die Bassdrum für meinen Geschmack
in diesem Stück schlicht und einfach zu leise gemischt wurde, geht sie in dem ganzen Gewese nicht
unter, sondern setzt klare Akzente – inklusive, und
das ist das Besondere, einer Rauminformation.
Rauminformation meint hier nicht die exakte Position der Bass-Drum in der Stereo-Bühne, sondern
eine realistische Information über die Abmessungen
des Raumes, in dem das Schlagzeug mikrofoniert
wurde. Klingt wie ein zirka 15 Quadratmeter großer,
sehr stark bedämpfter, „holziger“ Raum. Nun gut,
das ist jetzt schon ein sehr spezielles Beispiel hart
am Rande der Erbsenzählerei.
Was ich eigentlich sagen möchte ist: Der Power I
kann auch in tonal sehr unübersichtlicher Kost noch
Spreu vom Weizen trennen. Das erinnert mich an
den TV-Entertainer Harald Schmidt: Der kann zu gleichen Teilen einen prolligen Brachialhumor bedienen,
aber auch den Bildungsbürger mit feiner Ironie erfreuen. So macht das der Power I auch. Er rockt bei
entsprechender Musik gnadenlos nach vorne, verwöhnt den kundigen Hörer aber auch mit überraschend feingezeichneten Details.
Gut lässt sich das auch bei dem Song „Bug Eyes“
von Dredg (Album: „Catch without arms“) hören. Eigentlich ist dieser Song vom ersten bis zum letzten
Takt eine veritable Haudrauf-Nummer. Im Intro haut
der Drummer, begleitet von einer sich warmjaulenden Gitarre vier Takte lang Crescendo-Achtel auf
Ridebecken und Snare – und dann geht’s ab:
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Fuzzgitarrenbreitwand, halboffene Hi-Hat und herrlichstes Geknüppel. Doch anstatt daraus eine Rockam-Ring-Veranstaltung zu machen, verschweigt der
Power I nicht, dass zwischen Intro und erster Strophe immer weiter der Hallanteil am Schlagzeug zurückgeschraubt wird, sodass die ersten Takte noch
sphärisch klingen, während es in der ersten Strophe
dann furztrocken wird – vom akustischen her, versteht sich.
Es soll hier übrigens nicht der Eindruck entstehen,
der Power I sei nur was für Freunde der elektrischen
Haudraufmusik. Die oben erwähnten Meriten dieses
Verstärkers können auch bei Musik ganz anderer
Couleur zum Tragen kommen. Nehmen wir Leonard
Cohens „I tried to leave you“ vom Album New Skin
For Old Ceremony. Zu Beginn hören wir nur den alten Mann und die Gitarre. Faszinierend, wie der
Power I eben nicht nur zwei Schallquellen – Gesang
und Gitarre – einfängt, sondern die gesamte Raumatmosphäre. Nebengeräusche wie Einatmen oder
das sanft im Hintergrund zu hörende rhythmische
Fußstapfen von Cohen wurden im Studio eben nicht
per Noisegate rausgefiltert, sondern gnadenlos mit
aufgezeichnet.
Und so hat man eben das Gefühl, dass Cohen da
wirklich vor einem sitzt, mit seiner brüchig-larmoyanten Stimme, der Gitarre mit den alles andere als
frisch aufgezogenen Saiten und das Ganze an einem
vermutlich verregneten Tag irgendwo in einem kleinen Studio. Später kommen dann im Song noch auf
kammermusikalische Art und Weise eingesetzte
Drums, ein akustischer Bass und gestopfte Blasinstrumente hinzu. Ähnlich wie beim eingangs genannten Jazzstück haben auch hier wieder die Akteure Raum um sich herum. Sie stehen einander
nicht im Weg, sondern spielen „livehaftig“.
Soweit die ganz bewusst noch nicht nach Kategorien
geordneten Eindrücke. Sie sollen Aufschluss darüber geben, was für mich die Essenz dieses Verstärkers ausmacht. Nichtsdestotrotz möchte ich das
Pferd nun auch noch einmal von der anderen Seite
aufzäumen und versuchen, den Amp nach nachvollziehbaren Kriterien zu beleuchten ...
Beginnen wir mit der Tonalität. Wir haben einen bis
ins tiefste Fundament hervorragend sauber durchgezeichneten Bassbereich, der sowohl mit Tiefgang
als auch mit Schnelligkeit und Präzision punktet. Ein
bruchlos angekoppelter, sauber differenzierender
Mittenbereich wird ebenso lückenlos von einem
Obertonbereich gefolgt, der tendenziell auf der hellen Seite liegt, aber zu keiner Sekunde ins Gleißende kippt.
Ich hatte mehrmals, gerade bei Schlagzeugbecken,
das Wort „blitzblank“ im Notizbüchlein meiner Hörnotizen stehen. Hier mein besonderer Service für
Brillenträger: Stellen Sie sich vor, Sie haben Ihre
Brille ein paar Tage lang nicht geputzt. Und dann
reicht Ihnen jemand so ein schönes, nach Zitronensprit riechendes Brillenputztuch. Sie putzen die Gläser, setzen die Brille auf und denken: „aaah!“ So ungefähr ist es mit dem Hochtonbereich des Power I –
er fügt nichts hinzu, was nicht da wäre. Aber das,
was da ist, zeigt er mit größtmöglicher Sauberkeit.
Das Lautstärkepoti von Alps
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Zur Fein- und Grobdynamik wurde schon weiter
oben alles Relevante gesagt: Beides kann er ausnehmend gut. Er hat weder vor ausufernden Double-Bassdrum-Gewittern Angst noch vor der Darstellung feinster Nuancen. Hervorzuheben ist, dass all
dies auch bei sehr hohen Abhörpegeln noch gut
funktioniert. Die Leistungsreserven reichen auch für
wirkungsgradschwache Lautsprecher und größere
Hörräume.
Vom tonalen Grundcharakter her erinnert mich der
Power I ein bisschen an den Abacus Ampollo, eine
regelbare Endstufe, die somit auch als puristischer
Vollverstärker durchgeht. Auch der Quadral Aurum
A5 zielt ein bisschen in die ähnliche Richtung. Was
den Power I von beiden jedoch klanglich positiv abhebt (er ist ja auch ein deutliches Stück teurer als
beide Vergleichsgeräte) sind zwei Dinge:
Das oben erwähnte absolut gleichwertige Nebeneinander von Grob- und Feindynamik, das auch im
größten Klanggewitter noch Raum für Nuancen
lässt – und einen etwas großzügigeren Umgang mit
klanglich nicht optimalem Material. Generell mag
ich es zwar, wenn Verstärker eine analytische Ader
haben, aber das darf eben nicht in den Bereich der
Vivisektion vordringen. Wenn ein Verstärker so „genau“ ist, dass er mir bei weniger guten Aufnahmen
jeden Fehler vorwurfsvoll aufzeigt, dann macht das
rein passive Musikhören keinen Spaß mehr.
Das lässt sich gut belegen bei dem legendären Album Concert von The Cure. Tontechnisch nicht gerade ein Meisterwerk, aber musikalisch und atmosphärisch für mich immer noch ein fantastisches
Album. Mit dem Power I macht das trotz der etwas
eigenwilligen Produktion Spaß. Nehmen wir den
Song „Charlotte Sometimes“. Der Power I lenkt geschickt den Blick auf die positiven Dinge, wie das
tighte Zusammenspiel zwischen Bass und Schlagzeug. Er lässt den lang ausklingenden, über einen
Flanger geschickten Gitarrenakkorden viel Raum. Er
zeigt, dass auf dem recht plakativen Gesang ganz
leise und versteckt noch ein Delay liegt, das irgendwo nach hinten rechts ausfasert. Und dass die
Crashbecken – wahrscheinlich versehentlich – völlig
in den Hintergrund gemischt wurden, stört eigentlich gar nicht weiter. Viel schöner ist doch, dass die
Snare so schön knallt. Sie verstehen, was ich
meine? Ich sag’s mal so: Wer seine „alten bekannten“ Aufnahmefehler unbedingt hören will, der hört
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sie auch weiterhin. Aber man wird nicht mit der
Nase drauf gestoßen.
Ein paar Worte noch zum Phonoteil: Mir hat dieser
sehr gut gefallen, doch – man blicke auf meinen
„Gerätepark“ – liegt der Schwerpunkt meiner Anlage im Bereich Digitalquellen, sodass ich im Bereich Phono dem Power I keine wirklich adäquaten
Gegenspieler anbieten konnte. Ich habe die Gelegenheit genutzt, mal wieder in ein paar alte Platten
von Modern English reinzuhören, die sich von finsterem Düster-Wave (Album: Mesh and Lace) bis hin
zu einer fast orchestral-poppigen Band (Album: Ricochet Days) entwickelt haben.
Im Grunde lässt sich über den Phono-Teil ähnliches
sagen wie auch für den Rest: Er ist zupackend, spielt
frisch, involvierend, kraftvoll – aber eben nicht kraftmeierisch. Der Song „Black Houses“ vom Debutalbum wird mit einer ungeheuren Direktheit ins
Wohnzimmer geblasen, eine Direktheit, die man so
vermutlich auch einfach nur von Vinyl „fühlen“
kann. Das Lied „Heart“ wiederum vom Album Ricochet Days beginnt mit einem Bläser-/Streicherquartett und geht dann langsam in einen elektronisch
angehauchten Popsong über. Wunderbar plastisch
und organisch klingt dieser Übergang über den
Power I.
Etwas ausführlicher möchte ich noch über den Kopfhörerverstärker sprechen, dieser ist nämlich superb!
Ich leinte mehr so der Vollständigkeit halber meinen
Ultrasone Pro 900 an, den ich auf längeren Reisen
gerne mit dem iPod verkable. Als ich den „Phones
On“ Schalter am Power I drückte, musste ich mir
erst mal die Augen beziehungsweise die Ohren reiben. Alle Wetter! Ganz im Ernst: So schön habe ich
schon lange nicht mehr über Kopfhörer gehört. Der
Quervergleich zwischen dem regelbaren Kopfhörerausgang meines Marantz SA 7001 und dem des
Power I war ganz erstaunlich.
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lierte, federnde Bassbereich, die superb aufgelösten
Höhen sowie die ausgesprochen dynamische – und
damit sehr livehaftige – Gesamtdarbietung. Ganz
gleich, ob Sie Wert auf Saft und Kraft legen oder lieber den Fokus auf feinste Details richten. Der Accustic Arts Power I kann beides und entpuppt sich damit
als ein sehr universelles Gerät, das jede Art von Musik zum Hörgenuss macht.
Der Klangcharakter des Accustic Arts Power I:
.....Bass und Tiefbass wirken kraftvoll, jedoch nicht
im Sinne einer Überbetonung, sondern vor allem
durch absolute Kontrolliertheit und viel Reserven.
Nun klingt es aus dem Marantz nicht wirklich übel,
aber was der Power I aus einem Kopfhörersignal in
puncto Feinauflösung und Detailreichtum machen
kann, das hat mich doch überrascht. Es lassen sich
eine bessere Hochtonauflösung und ein flinkerer
Bass konstatieren, auch wirkt das Klangbild über
den Accustic Arts Power I insgesamt in räumlicher
Hinsicht detaillierter. Der Ultrasone Pro 900 bläst das
Signal ja nicht direkt ins Ohr, sondern die Treiber
dieses Kopfhörers nutzen durch ihre angewinkelte
Anordnung die „raumbildende“ Formgebung der
Ohrmuschel mit aus. Das erzeugt per se schon eine
für Kopfhörer erstaunlich realistische Raumabbildung. Diese jedoch wird durch den Power I nochmals aufgebohrt. Natürlich sind wir hier von „Holografie“ immer noch weit entfernt, aber es macht
tatsächlich Freude, über den Accustic Arts per Kopfhörer zu hören. Das war bisher für mich eher eine
Pflichtübung, die dem nächtlichen Ruhebedürfnis
der Nachbarn geschuldet ist. Mit dem Power I kann
ich mir glatt vorstellen, das dann und wann auch
mal freiwillig zu tun.
.....Der Mittenbereich schließt sich bruchlos an und
ist sauber durchgezeichnet.
.....Im Obertonbereich löst der Power I glasklar und
enorm detailreich auf, driftet jedoch zu keiner Zeit
ins artifiziell-spitze.
.....Insgesamt wirkt der Power I tonal ausgewogen,
spielt im Obertonbereich jedoch minimal auf der
„helleren“ Seite.
.....Grob- und Feindynamik können als superb bezeichnet werden, vor allem, da beides gleichzeitig
möglich ist.
.....Die räumliche Darstellung ist realistisch und geht
leicht über die Lautsprecher-Eckpunkte hinaus,
Schallquellen wirken sehr lebendig und haben genügend Raum zur Entfaltung.
.....Auch bei hohen Pegeln kann der Power I die vorgenannten Qualitäten zum Ausdruck bringen.
Haben wir alles? Nein, jetzt müsste noch die „Mekkerecke“ kommen, also: Was gefällt mir nicht so
gut? Oh, da gibt es etwas. Ich will damit nicht hinter
dem Berg halten: Eines finde ich sogar richtig blöd:
Ich muss ihn jetzt wieder abgeben. Klanglich hingegen gibt es für mich nichts auszusetzen – ich konzediere jedoch auch, dass ich den Phonoteil hier auch
vergleichsweise unkritisch abgehakt habe.
Test-Fazit: Accustic Arts Power I Vollverstärker
Der Accustic Arts Power I ist ein kraftvoller Verstärker, der Feingeist und Spaß zugleich bietet. Hervorzuheben sind der tiefgehende und doch kontrol-
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Fakten: Accustic Arts Power I
Modell: Accustic Arts Power I MK 3
Preis: 5.590 Euro, optionales Phono-Teil 700 Euro
Maße und Gewicht: 482 × 450 × 145mm (BxTxH),
22 kg
Farbe: Silber oder Schwarz
Ein-/Ausgänge: 4 x Hochpegel-Cinch (oder 3 x
Hochpegel und 1 x Phono MM/MC), 1 Cinch-Eingang als „Surround Bypass“/Ausgänge für
1 Paar Stereo Lautsprecher, 1 x Cinch Pre Out,
Kopfhörerausgang 6,3 mm Klinke
Leistung 8/4 Ohm: 2 x 135 Watt / 2 x 200 Watt
Leistungsaufnahme: max. 330 W
Garantie: 2 Jahre
Vertrieb/Hersteller:
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