Pechiney nimmt Alcan-Angebot an - neue

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Pechiney nimmt Alcan-Angebot an - neue
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neue verpackung> 10.2003
aktuell> Unternehmen
Nachgebessert
Pechiney nimmt
Alcan-Angebot an
Der Verwaltungsrat der Pariser Aluund Packmittelgruppe Pechiney S.A.
hat jüngst das Angebot der kanadischen Gruppe Alcan zur Übernahme des Unternehmens akzeptiert.
Es belaufe sich nunmehr auf 47,5
Euro pro Aktie plus einem weiteren
Euro, wenn die Höhe der Subskription mindestens 95 Prozent erreiche.
> Nach eingehender Abwägung des
nachgebesserten Angebots und der Vorzüge eines Zusammengehens mit Alcan
im Vergleich zu einer Fortführung der
Selbständigkeit von Pechiney sei der Rat
zu dem Ergebnis gekommen, dass diese
Offerte das beste erreichbare Ergebnis
für die Aktionäre darstelle, heißt es in
der Pressemitteilung.
Für die Mitarbeiter der Gruppe eröffne sich durch den Zusammenschluss die
Möglichkeit, an der Schaffung eines
Weltmarktführers im Alu- und Packmittelbereich mitzuwirken. Der Aufsichtsrat
erinnert jedoch daran, dass dieses letzte
Angebot noch die entsprechenden Hürden der Wettbewerbsbehörden in Brüssel und den USA nehmen muss. Alcan
werde es am kommenden Dienstag offiziell vorlegen. Pechiney ist an den Börsen in Paris und New York notiert. Die
drei Hauptaktivitäten der Gruppe bestehen aus der Aluminium-Herstellung,
-Verarbeitung und der Herstellung von
Packmitteln, insbesondere Tuben und
hochwertige Luxus-Verpackungen für
den Hygiene- und Kosmetikbereich. Der
letzte Jahresumsatz erreichte 11,9 Mrd.
Euro. Das Pariser Unternehmen beschäftigt weltweit 34.000 Mitarbeiter.
Pechiney-Chef Rodier pokerte
Pechiney hatte sich Monate lang gegen
die nunmehr gut geheißene Übernahme
durch die Kanadier mit dem Argument
zur Wehr gesetzt, dass das Eingangsangebot dem echten Wert des Unternehmens nicht gerecht werde und zu
niedrig sei. Nach einem letzten längeren
Poker in den vergangenen zwei Wochen
zeichnete sich jedoch eine Einigung zwischen den beiden Gruppen ab, die ohnehin vor drei Jahren schon miteinander
fusionieren wollten, damals damit jedoch an Brüsseler Auflagen scheiterten.
Auch hatte vor wenigen Tagen die Pariser Regierung erklärt, dass sie gegen eine Übernahme von Pechiney durch Alcan keine Einwände habe. Damit schienen die Weichen endgültig auf freie
Fahrt gestellt.
Rückblick: In der Frage des Übernahmeangebots, das die kanadische AluGruppe Alcan Anfang Juli bezüglich ihres Pariser Mitbewerbers Pechiney S. A.
unterbreitet hat und von dieser als „unfreundlich“ qualifiziert wurde, war ein
echtes Pokerspiel entbrannt. Wochenlang herrschte zwischen den beiden Unternehmen Funkstille. Beide Seiten beharrten auf ihren Positionen: Die AlcanFührung mit Travis Engen an der Spitze
stellte sich taub gegenüber der Pechiney-Forderung nach einem höheren, aus
Sicht der Franzosen wertadäquateren
Angebot als dem von 41 Euro pro Aktie,
während die Kanadier mit mehrseitigen
Anzeigen in der französischen Presse die
Pechiney-Aktionäre von den Vorzügen
ihrer Offerte zu überzeugen versuchten
und Pechiney-Chef Jean-Pierre Rodier
mit drei anderen internationalen Alu-Akteuren Gespräche über eine Alternative
zu dem kanadischen Vorstoß führte.
Zwischendrin hieß es sogar, Pechiney
sei bereit, sich von seinen Packmittelaktivitäten zu trennen und diese zu verkaufen, um die Attraktivität der Gruppe
für Alcan zu vermindern. Noch am
1. September hieß es, dass Pechiney entsprechende Verhandlungen „mit mindestens drei“ Unternehmen führe, darunter der schwedischen Gruppe Tetra
Laval und den beiden britischen Unternehmen Rexam und Anglo Packaging.
neue verpackung> 10.2003
Dazu gab es von Pechiney weder ein Dementi noch eine Bestätigung: Das
Schweigen in dieser Frage dürfte jedoch
integraler Bestandteil der Pokerpartie
gewesen sein, die sich seit Juli zwischen
beiden Seiten des Atlantik abspielte.
Dass EU-Kommissar Mario Monti
den Kanadiern ernsthafte Hindernisse in
den Weg legen wird, ist unwahrscheinlich. Zumal Alcan-Chef Travis Engen diesmal offenbar gründlich vorarbeitete und
die Lehren aus der Erfahrung von vor
drei Jahren gezogen hat, als die EU-Behörde die damals geplante Dreierfusion
zwischen Alcan, Pechiney und Algroup
durch hohe Abtretungsauflagen zunichte machte. Alles wartet jetzt vor allem
auf die Brüsseler Entscheidung.
Derweil fragen sich in Paris mehr
und mehr Beobachter des Pokers, ob
Jean-Pierre Rodier sich dabei eher als
schlechter Spieler erwies – immerhin
war er es ja, der vor vier Jahren die trei-
Unternehmen
bende Kraft für das gescheiterte Dreierfusionsprojekt gewesen ist – oder als besonders gewiefter Taktierer in die Pechiney-Historie eingeht, der letztlich mehr
für sich und seine Gruppe herauszuholte, als zunächst angeboten wurde.
Aus der Brüsseler EU-Bürokratie sind
keine Hindernisse zu erwarten
Die Frage, was aus ihm selbst und seinem Management nach Vollzug der Fusion werden soll, will er in Geheimverhandlungen mit Alcan geklärt haben,
sagte er kürzlich in einem Interview. Seit
dieses Hindernis aus dem Wege geräumt war, ging es offensichtlich und
tatsächlich wohl „nur“ noch um mehr
Geld – und damit nolens, volens in die
von Alcan intendierte Zwangsehe. Bleibt
die große Frage nach der Zukunft von
Pechiney Emballages mit den beiden
Töchtern Cebal (Tuben) und Techpack In-
<aktuell
ternational (TPI; Hygiene- und LuxusKosmetikbedarf) und zahlreichen weiteren Firmen im In- und Ausland.
Die Pariser Gruppe ist nach eigenen
Angaben fünftgrößter Packmittelfabrikant in Europa, Weltmarktführer bei Barriere-Kunststoffflaschen für Nahrungsmittel und Getränke, Nummer eins in
der Welt bei Verschlusskapseln und -Abdeckungen, Weichtuben und Alu-Aerosolen. Der jüngste Jahresumsatz im
Packmittelbereich lag bei rund 2,3 Mrd.
Euro, was 20 Prozent vom Gesamtkonzernumsatz darstellt. Erzielt wurde er
von 16.150 Mitarbeitern an 91 Standorten in 17 verschiedenen Ländern. Bezogen auf die diversen Packmittelgruppen,
verteilte sich der Umsatz wie folgt: 47
Prozent flexible Verpackungen, 21 Prozent Tuben, 16 Prozent Verpackungen für
Luxuskosmetikprodukte, 8 Prozent
Kunststoff-Flasche, 4 Prozent Verschlusskapseln, 4 Prozent Aerosoldosen. >|
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