Rechtliche Rahmenbedingungen für Kinder

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Rechtliche Rahmenbedingungen für Kinder
Rechtliche Rahmenbedingungen für Kinder- und
Jugendlichenpsychotherapeuten
Trudi Raymann und Monika Laitenberger
1. Einleitung
Am 27.11.2004 hat die Vertreterversammlung der LPK-BW eine Berufsordnung verabschiedet, die
ethische Leitlinien und Standards für das berufliche Handeln jedes Psychotherapeuten in BadenWürttemberg definiert. Das Sozialministerium hat die Berufsordnung am 18.01.2005 genehmigt. Mit
der Veröffentlichung im Psychotherapeutenjournal ist die Berufsordnung am 25.03.2005 in Kraft
getreten.
Nach der BO §4,6: gilt: Psychotherapeuten sind verpflichtet, sich über die für die Berufsausübung
geltenden Vorschriften unterrichtet zu halten
Mit diesen Ausführungen möchten wir die zentralen Vorgaben der Berufsordnung und grundlegende
rechtlichen Verpflichtungen für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten darstellen.
2. Therapievereinbarung
Nach § 6 der BO hat der Psychotherapeut vor Beginn der Therapie eine umfassende
Aufklärungspflicht gegenüber dem Pat. bzw. dessen gesetzlichen Vertretern.
Der Psychotherapeut muss vor Beginn der Behandlung dem Pat. bzw. seinen Eltern als gesetzlichen
Vertretern
Befund,
Diagnose
und
Therapieplan
mitteilen
und
sachgerecht
über
Behandlungsalternativen sowie über mögliche Behandlungsrisiken informieren. Zur Aufklärung gehört
auch eine Information über die Rahmenbedingungen der psychotherapeutischen Arbeitsbeziehung
(einschließlich der Regelung der Schweigepflicht). Dabei ist bei minderjährigen Patienten die
Aufklärung auf den Entwicklungsstand und die kognitiven Fähigkeiten des Patienten abzustimmen.
Vor Aufnahme einer PT muss die Indikation sorgfältig geprüft und begründet werden. Dies ergibt sich
sowohl aus dem Behandlungsvertrag mit der KV (Wirtschaftlichkeitsgebot) als auch aus der
Berufsordnung (BO § 5.1). Bei der Indikationsstellung sind neben dem Leidensdruck auch Aspekte
wie Motivation und die Ressourcen des Umfelds einzubeziehen. Zur Erhebung des Befunds stehen
unterschiedliche Testverfahren zur Verfügung.
Zu Beginn einer Psychotherapie ist es empfehlenswert und zur rechtlichen Absicherung für den
Therapeuten auch sinnvoll, mit dem Pat. bzw. den Sorgeberechtigten eine schriftliche Vereinbarung
über die Rahmenbedingungen zu treffen.
Hierzu gehören insbesondere Vereinbarungen über das Honorar, über eine Honorarausfallsregelung
sowie über Sitzungsdauer und Frequenz.
Hierbei gibt es für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapien besondere Problemlagen.
Das Selbstbestimmungsrecht des Patienten bzw. seiner gesetzlichen Vertreter folgt aus Art. 2 GG und
ist bereits konstituierend bei der Vereinbarung einer Psychotherapie. § 9 der Berufsordnung weist auf
das informationelle Selbstbestimmungsrecht von Kindern und Jugendlichen besonders hin, das nach
Berücksichtigung ihrer entwicklungsbedingten Fähigkeiten zu wahren ist.
Bei minderjährigen Patienten wird die Therapievereinbarung mit den Sorgeberechtigten rechtswirksam
getroffen. Wichtig ist dabei, dass der Patient entsprechend seiner entwicklungsbezogenen
Einsichtsfähigkeit in den Entscheidungsprozess
entwickelt.
einbezogen wird
und eine eigene Motivation
Im Fall von Jugendlichentherapien kann die Therapievereinbarung mit dem Jugendlichen auch ohne
Kenntnis der Sorgeberechtigten geschlossen werden. Gesetzlich versicherte jugendliche Patienten
können ab dem vollendeten 15. Lebensjahr eine Behandlung ohne Zustimmung ihrer gesetzlichen
Vertreter beginnen, sofern sie über die erforderliche Einsichtsfähigkeit verfügen. Dies gilt nicht für
privat versicherte Jugendliche.
Für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten besteht ein besonderes Konfliktfeld bei Patienten mit
getrennt lebenden oder geschiedenen Eltern. Rechtlich besteht die Verpflichtung, nach der Regelung
des Sorgerechts zu fragen und im Fall eines gemeinsamen Sorgerechtes die Zustimmung beider
Sorgeberechtigten zur Psychotherapie einzuholen. Zur eigenen Absicherung empfiehlt es sich, den
Sachverhalt in der Patientenakte zu protokollieren.
Probatorische Sitzungen, die zur Abklärung und Indikationsstellung durchgeführt werden, kann ein
Elternteil veranlassen, die Durchführung einer Psychotherapie ist jedoch nur möglich, wenn das
Einverständnis beider Sorgeberechtigten vorliegt. Wenn eine sorgeberechtigtes Elternteil die
Zustimmung zur Psychotherapie verweigert, kann diese nur aufgenommen bzw. weitergeführt werden,
nachdem eine gerichtliche Entscheidung herbeiführt wurde.
Jede Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie steht im Spannungsfeld zwischen dem
Selbstbestimmungsrecht des Kindes und dem Elternrecht, da der KJP sowohl dem Kind gegenüber
seinen Eltern als auch gegenüber den Eltern vor dem Kind zur Verschwiegenheit verpflichtet ist (BO,
§7, § 9,2).
Es ist sinnvoll, frühzeitig über die Schweigepflicht zu informieren und bei der Besprechung der
therapeutischen Rahmenbedingungen abzuklären, ob der Patient bzw. die Sorgeberechtigten
gegenüber bestimmten Personen eine Entbindung von der Schweigepflicht erteilen.
Auch die Kommunikation mit dem überweisenden Arzt (BO §7, 5) und / oder dem Kinder- und
Jugendarzt ist nur statthaft, wenn der Patient oder seine sorgeberechtigten Eltern eine Entbindung
von der Schweigepflicht gegeben haben.
3. Schweigepflicht
Die Schweigepflicht ist eine der zentralen Grundlagen professionellen Handelns in der
Psychotherapie, weil sie erst einen Vertrauensrahmen schafft. Die Schweigepflicht ist im
psychotherapeutischen Bereich eine elementare Verpflichtung, die in § 203 StGB geregelt ist. § 7 der
BO:
7.1 „Psychotherapeuten sind verpflichtet, über das, was ihnen im Zusammenhang mit ihrer beruflichen
Tätigkeit von Seiten des Patienten anvertraut ist...Schweigen zu bewahren.“
Der Psychotherapeut unterliegt der Schweigepflicht gegenüber Dritten. Da Kinder und Jugendliche im
sozialen Feld in unterschiedlichen Institutionen betreut werden, hat es der KJP oft mit Anfragen nach
Informationen und nach Kooperation zu tun, wie z.B. von Kindergarten, Schule, Hort oder Jugendamt.
Das Offenbarungsverbot besteht auch gegenüber Dritten, die selbst der Schweigepflicht unterliegen,
wie z.B. dem Kinder- und Jugendarzt. Auskünfte dürfen nur erteilt werden, wenn die Patient bzw.
seine sorgeberechtigten Eltern eine Entbindung von der Schweigepflicht erteilt haben. Diese sollte zur
eigenen Absicherung schriftlich erfolgen.
Bei Auskünften ist sorgfältig abzuwägen, welche Informationen weitergegeben werden.
Grundsätzlich gilt die Schweigepflicht im Rahmen der psychotherapeutischen Behandlung eines
Kindes bzw. Jugendlichen auch gegenüber den Sorgeberechtigten. Es sollte mit dem Patienten
geklärt werden, welche Themen mit den Eltern besprochen werden dürfen.
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Besondere Erfordernisse
Wenn eine Gefährdung des Patienten besteht, gilt die Schweigepflicht nicht absolut. Bei einer
Gefährdung des Kindes oder Jugendlichen in der Familie, kann der Psychotherapeut die
Schweigepflicht brechen und sich mit Angehörigen anderer Berufe in Verbindung setzen, um
Maßnahmen einleiten, die dem Schutz des Patienten dienen. Dies kann z.B. notwendig sein, wenn
der Patient Misshandlungen, schwerer Vernachlässigung oder sexuellen Übergriffen ausgesetzt ist.
Dasselbe gilt auch bei Selbstgefährdung oder bei Gefährdung Dritter.
§ 34 STGB – der rechtfertigende Notstand - setzt das Bestehen einer Notstandslage voraus, wenn
eine gegenwärtige Gefahr für Leib und Leben vorliegt.
„Wer in seiner gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre,
Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen
abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen,
namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das
geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein
angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.“
Liegen die Taten in der Vergangenheit und besteht keine Wiederholungsgefahr, liegt kein
rechtfertigender Notstand vor. Bei einer erhebliche Wiederholungsgefahr ist das Schutzinteresse des
Kindes höher zu werten als die Schweigepflicht. § 34 StGB ermöglicht die Durchbrechung der
Schweigepflicht. Die Anzeige kann im Einzelfall ein rechtmäßiges Mittel sein, um das Kind vor
weiteren Schädigungen zu schützen. Die Offenbarung muss allerdings geeignet, erforderlich und
verhältnismäßig sein und ein angemessenes Mittel zur Abwehr der Gefahr sein, die dem Kind droht.
Eine Anzeige- bzw. Meldepflicht besteht nicht. Der Therapeut ist zur Anzeige berechtigt, aber nicht
verpflichtet. Gefährdet der Patient sich selbst oder andere, muss der KJP unter Abwägung von
Schweigepflicht und Fürsorgepflicht auf die Abwendung der Gefahr hinwirken. I
Bei der Entscheidung für eine Anzeige, muss der KJP allerdings sicherstellen, dass sich die Gefahr für
das Kind durch die Anzeige nicht erhöht. Dies kann der Fall sein, wenn das Kind beim
misshandelnden Elternteil lebt. Es ist dann zu überlegen, ob es erforderlich ist, das Kind zu seinem
Schutz aus der Familie herauszunehmen.
In jedem einzelnen Fall ist die Weitergabe von persönlich anvertrauten Mitteilungen des Patienten
sorgfältig abzuwägen. Das Spannungsfeld zwischen der grundlegenden Schweigepflicht und
Notfällen, die einen Bruch der Schweigepflicht erfordern, lässt sich nicht aufheben. Entschließt sicht
der KJP nach reiflicher Überlegung zu einem Bruch der Schweigepflicht, wird er zur eigenen
Absicherung seine Gründe dokumentieren.
Falls besondere Erfordernisse (Gefahrenabwehr) es unumgänglich machen, die Sorgeberechtigten in
Kenntnis zu setzen, muss der Psychotherapeut den Patienten informieren.
4. Zeugnisverweigerungsrecht
Grundsätzlich besteht für jede Person die Verpflichtung, auf Ladung des Gerichts zu erscheinen und
auszusagen. Der Psychotherapeut hat nach § 53 StPO ein Zeugnisverweigerungsrecht aus
beruflichen Gründen. Danach kann der Therapeut das Zeugnis über Tatsachen verweigern, die er im
Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit erlangt hat. Falls der Patient ausdrücklich wünscht, dass der
behandelnde Psychotherapeut eine Aussage vor Gericht macht und eine Entbindung von der
Schweigepflicht erteilt, ist der Therapeut zur Aussage verpflichtet.
5. Datenschutz
Wie die Schweigepflicht gehört auch der Datenschutz zu den Voraussetzungen einer vertrauensvollen
therapeutischen Situation. Folgende Rechtsvorschriften sind beim Datenschutz zu beachten:
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§ 28 BDSG regelt das Erheben, Verarbeiten und Übermitteln personenbezogener Daten zum Zwecke
der Gesundheitsvorsorge
SGB X § 67-85 Schutz der Sozialdaten
SGB VIII § 61-68 Schutz personenbezogener Daten
LBG § 79-81 Amtsverschwiegenheit
Weiterhin sind Regelungen zum Datenschutz im KJHG zu beachten.
Daten sind grundsätzlich vom Betroffenen selbst zu erheben(§ 62, SGB VIII).
Diese Feststellung hat zur Konsequenz, dass Informationen über Jugendliche nicht einfach von den
Eltern zu beziehen sind, sondern von diesen Jugendlichen selbst soweit möglich erfragt werden
müssen. Diese müssen z.B. auch einverstanden sein, wenn Schulberichte angefordert werden sollen.
Die Regelungen des Datenschutzes sind eine wichtige Voraussetzung für die Erfüllung des § 8 SGB
VIII, Beteiligung von Kindern und Jugendlichen. Sie ist begründet im Grundrecht auf die
informationelle Selbstbestimmung.
Bei Hilfekonferenzen oder vergleichbaren Besprechungen sind die teilnehmenden Fachkräfte den
Datenschutzbestimmungen des KJHG verpflichtet.
6. Auskünfte
Auskünfte gegenüber Dritten setzen immer eine Entbindung von der Schweigepflicht voraus. KJP
werden häufig von Institutionen wie Kindergarten oder Schule angefragt, Informationen über den
Entwicklungsstand und die psychische Situation eines Kindes zu erteilen oder Hinweise zu geben,
wie die Mitarbeiter dieser Einrichtung mit dem Kind umgehen können. Es ist klar, dass dies nur nach
Absprache mit den Eltern und natürlich auch mit dem Patienten erfolgen kann.
Zur Absicherung des KJP ist es in jedem Fall empfehlenswert, eine schriftliche Entbindung von der
Schweigepflicht unterschreiben zu lassen und zu den Akten zu legen.
Bei einer Weitergabe von Informationen und psychodiagnostischen Befunden ist natürlich sorgfältig
abzuwägen, welche Teile weitergegeben werden.
Auskünfte gegenüber Ärzten / Berichtspflicht
Aus den Psychotherapie-Richtlinien leitet sich die Verpflichtung ab, zum Einholen eines
Konsiliarberichtes eine kurze Information über die erhobenen Befunde und die Indikation an den
Konsiliararzt zu geben, der seinerseits den Konsiliarbericht innerhalb von drei Wochen erstellen soll.
Die Psychotherapierichtlinien sehen außerdem auch eine Berichtspflicht gegenüber dem Hausarzt
vor. Seit dem 1.8.2008 ist der Psychotherapeut nicht mehr verpflichtet, jedes Quartal einen Bericht an
den überweisenden Arzt und den Facharzt zu verfassen.
„Für Gebührenpositionen des Abschnittes 35.2 ist die Berichtspflicht erfüllt, wenn zu Beginn und nach
Beendigung einer Psychotherapie, mindestens jedoch einmal im Krankheitsfall bei Therapien, die
länger als ein Jahr dauern, ein Bericht an den Hausarzt entsprechend der Gebührenposition 01600
bzw. ein Brief entsprechend der Gebührenposition 01601 erstellt und versendet wird.“
Die Erfüllung der Berichtspflicht ist Voraussetzung für die Honorierung der erbrachten
Psychotherapieleistungen. Ein Krankheitsfall umfasst vier Quartale. Die Anforderung gilt als erfüllt,
wenn der Bericht folgende Angaben enthält: Diagnose, Anzahl der bisher erreichten
Therapiesitzungen, Hinweis auf den Therapiebeginn, Information über gleich geblieben, verbessert
und Information, ob die psychotherapeutische Behandlung fortgesetzt wird.
Die sachgerechte Information des Patienten bzw. der Sorgeberechtigten über die Berichtspflicht ist die
Voraussetzung, dass diese einscheiden können, ob sie das Einverständnis geben für einen Bericht an
den überweisenden Arzt und/oder den Kinderarzt oder den Psychotherapeuten zur Schweigepflicht
verpflichten.
Es empfiehlt sich, Formulare vorrätig zu haben, auf denen der Patient eine Entbindung von der
Schweigepflicht erteilen kann oder aber ankreuzen kann, dass er keinen Bericht an den
überweisenden Arzt oder Facharzt wünscht. Das unterschriebene Dokument sollte unbedingt in die
Patientenakte kommen.
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7. Dokumentation
Psychotherapeuten sind verpflichtet, aus therapeutischen Gründen ihre Behandlungsdaten zu
dokumentieren. Die Aufzeichnungen dienen als Gedächtnisstütze und gehören zur
psychotherapeutischen Behandlung. Sie sich auch erforderlich wegen des Patienteninteresses an
einer eventuellen Weiterbehandlung durch Dritte, wie sie sich z.B. ergibt bei eine ambulanten
Psychotherapie nach einem Klinikaufenthalt.
§ 11 der BO:
„Psychotherapeuten haben Anamnesen, Diagnosen, Fallkonzeptualisierungen, Ergebnisse
psychometrischer Erhebungen sowie Behandlungsmaßnahmen zeitnah im erforderlichen Umfang zu
dokumentieren.“
Zu den Aufzeichnungen während einer Psychotherapie gehören das Datum der Sitzung, die Ziffer der
psychotherapeutischen Leistung, wesentliche Themen der Sitzung, besondere Ereignisse. Bei einer
bestehenden krisenhaften Befindlichkeit des Patienten sind sorgfältige Notizen besonders wichtig
sowie die dann mit dem Patienten getroffenen Absprachen. Diese Aufzeichnungen dienen auch zur
Absicherung des Psychotherapeuten.
Zu Beginn der Behandlung sind die spontan berichteten Informationen des Patienten bzw. seiner
Eltern festzuhalten, die Anamnese sowie die Befunde, Diagnosen und die Indikation.
Wie bereits ausgeführt gehören zur Patientenakte auch die zu Behandlungsbeginn getroffenen
Absprachen über das Setting, das Ausfallhonorar und andere Vereinbarungen sowie die Entbindung
von der Schweigepflicht bezogen auf die Personen, mit denen eine Zusammenarbeit erforderlich ist.
Obwohl die Protokollierung der Patientenaufklärung rechtlich nicht vorgeschrieben ist, ist eine
schriftliche Notiz zur Absicherung des Psychotherapeuten anzuraten.
Persönliche Vermutungen und Wahrnehmungen des Psychotherapeuten sind nicht Bestandteil der
Patientenakte.
8. Einsichtnahme in Patientenakten
Patienten bzw. ihre Eltern haben das Recht, auf Wunsch Einsicht in die Patientenakte zu nehmen.
Dieses Recht auf Einsichtnahme ist jedoch auf die Patientenakte beschränkt und erfasst nicht die
persönlichen Aufzeichnungen des Psychotherapeuten z.B. über Eindrücke, Gefühle und
Vermutungen. Diese persönlichen Notizen dienen der Reflexion des Psychotherapeuten und müssen
nicht zugänglich gemacht werden.
Die Einsicht in die Aufzeichnungen kann aus therapeutischen Gründen verweigert werden, wenn der
Psychotherapeut befürchtet, die Einsichtnahme könne zu einer Verschlechterung der psychischen
Erkrankung führen. Allerdings setzt dies eine klare Prognose über eine dann zu erwartende
Verschlechterung der Befindlichkeit des Patienten voraus.
Wenn schützenswerte Interessen des Psychotherapeuten berührt sind, kann die Einsicht von Teilen
der Patientenakte verweigert werden.
Auch wenn Informationen notiert wurden, die Dritte betreffen, kann die Einsichtnahme verweigert
werden, wenn dies der Wahrung schutzwürdiger Interessen Dritter dient.
In der psychotherapeutischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ist noch ein weiterer Umstand zu
bedenken. Mitteilungen des Kindes oder Jugendlichen stehen unter einem besonderen Schutz und
unterliegen der Schweigepflicht auch ihren Eltern gegenüber. Bei der Dokumentation ist dies zu
berücksichtigen.
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9. Umgang mit Krisen
Erreichbarkeit
Für Patienten in krisenhaften Situationen muss der KJP rasch erreichbar sein. Dies gilt jedoch nur für
eigene Patienten, die in eine Notfallsituation geraten. Hier muss der KJP abwägen, wie er die
Erreichbarkeit sicherstellt, eventuell über die Mitteilung der Handynummer. Für Zeiten, in denen der
KJP nicht erreichbar sein kann, wie z.B. im Urlaub oder während Fortbildungsmaßnahmen ist
entsprechend Vorsorge zu treffen, indem der KJP dem Patienten bzw. seinen Eltern Telefonnummern
eines Kollegen oder eines Bereitschaftsdienstes zur Verfügung stellt.
Besondere Sorgfalt ist erforderlich, wenn ein Patient in eine suizidale Befindlichkeit gerät und zu
befürchten ist, dass er sich selbst gefährdet. In diesem Notfall ist eine Kooperation mit dem
behandelnden Arzt erforderlich. Gegebenenfalls muss der KJP aber auch selbst mit seinem Patienten
zum Arzt gehen, ihn also begleiten oder dafür sorgen, dass eventuell notwendige Behandlungen
eingeleitet werden. Wenn eine Klinikeinweisung erforderlich wird, ist die Kooperation mit dem Arzt
notwendig, weil der KJP nicht selbst einweisen darf.
Wenn ein Patient sich in seiner psychischen Befindlichkeit verschlechtert und abzusehen ist, dass die
Fortführung der ambulanten Psychotherapie zur Stabilisierung nicht ausreicht, ist ebenfalls eine
Kooperation mit dem behandelnden Arzt erforderlich, um weitere Schritte abzusprechen.
10. Abrechnungspraxis
Für niedergelassene KJP ist verpflichtend, sich an die Regelungen zur Abrechnung zu halten.
Unterlagen werden regelmäßig von der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung verschickt.
Leistungen können erst abgerechnet werden, wenn sie vollständig erbracht sind. Die Daten und
Abrechnungsziffern sind korrekt anzugeben.
11. Verpflichtung zur Fortbildung
In unserer Berufsgruppe gibt es seit vielen Jahren einen hohen Stand bezüglich Fortbildung und zu
internen Maßnahmen der Qualitätssicherung wie Supervision, Intervision oder Teilnahme an
Qualitätszirkeln. Fortbildung sichert die Qualität des Berufsstands.
Durch das GMG besteht nun die gesetzliche Verpflichtung zur Fortbildung. Innerhalb eines Zeitraums
von 5 Jahren (Beginn 1.7.2004) sind 250 Punkte in vier Jahren nachzuweisen, davon 50 Punkte für
Selbststudium. Der Beginn des Zeitraums kann individuell auch auf den 1.01.2005 gelegt werden Die
Landespsychotherapeutenkammer stellt ein Fortbildungszertifikat aus, wenn die entsprechenden
Nachweise dort vorgelegt werden. Ausführliche Informationen sind auf der Homepage der LPK
nachzulesen.
Die Einhaltung der Fortbildungspflicht hat für niedergelassenen Psychotherapeuten nach den
Bestimmungen des GMG Konsequenzen in Bezug auf die Honorarzahlungen der Kassenärztlichen
Vereinigung.
Wenn
ein niedergelassener Psychotherapeut den Nachweis
des vorgeschriebenen
Fortbildungsumfangs nicht erbringen kann, kann die Kassenärztliche Vereinigung einen Honorarabzug
festsetzen und die Honorarzahlungen ganz einstellen, wenn der vorgeschriebener Umfang der
Fortbildung innerhalb einer Nachfrist nicht erfüllt wird.
§ 18 BO regelt, dass die Pflicht zur Fortbildung auch für angestellte Psychotherapeuten besteht.
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