berufe global - Portal Globales Lernen

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BERUFE GLOBAL
ERZIEHERiNNEN
GUT BEHÜTET IN DIE WELT …
DIDAKTISCHE ARBEITSHILFE FÜR ANGEHENDE ERZIEHERiNNEN, ANREGUNGEN FÜR DIE
UMSETZUNG DES BERLINER BILDUNGSPROGRAMMS MIT ÜBUNGEN NACH DEM ANTIBIAS-ANSATZ UND DEM GLOBALEM LERNEN.
PRAXISBAUSTEINE:
· ALLE(S) UNTER EINEM HUT
· DIE KARTOFFEL IST EINE AUSLÄNDERIN
Impressum
Autorinnen: Susana Fernández, Kornelia Freier, Christiane Ipsen
Redaktion:
Kornelia Freier
Herausgeber: Entwicklungspolitisches Bildungs- und Informationszentrum e.V.
Schillerstraße 59, 10 627 Berlin
Telefon: 030 / 692 64 18 Fax: 030 / 692 64 19 Email: [email protected]
Layout:
Nayeli Zimmermann
Finanzierung: Jugend- und Familienstiftung des Landes Berlin
Erschienen: August 2007
EPIZ | ErzieherInnen Global | Inhaltsverzeichnis
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INHALTSVERZEICHNIS
Vorweg...
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Einführung – Das Berliner Bildungsprogramm
· Das Kind in seiner Welt – 1. Ebene des Bildungsprogramms
· Das Kind in der Kindergemeinschaft – 2. Ebene des Bildungsprogramms
· Welterleben und Welterkunden – 3. Ebene des Bildungsprogramms
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Übungen für (angehende) Erzieherinnen
· Der Privilegientest
· Wie soll ich mich verhalten – Lernen im Forumtheater
· Checkliste – Vorurteilsbewusste Erziehung in der Praktikumsstelle
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Identität und Vielfalt – Alle(s) unter einem Hut
· Elterninformation
· Kennst Du diesen Hut
· Ich stehe hier mit meinem Hut
· Ich bin Du und Du bist ich
· Stoff auf dem Kopf – Kopftücher und Turbane
· Hutexperimente – Der verrückte Rasselkopf
· Hutexperimente – El Sombrero – Der Schattenmacher
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Globales Lernen – Die Kartoffel ist eine Peruanerin, die sich überall zu Hause fühlt
· Elterninformation
· Die Legende der Kartoffel
· Die Kartoffelpflanze
· Die-Kartoffel-geht-auf-Reisen
· Die Kartoffel-Chasquis – Ein Spiel für Draussen
· Es war einmal … Der Kartoffelsong
· Der Kartoffeltanz
· Kartoffeln pflanzen und ernten
· Alltag von Kindern in Peru
· Die Kartoffel ist eine Künstlerin
· Mit Kartoffeln experimentieren
· Kartoffeln sind Alleskönner – Kochen mit Kartoffeln
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Angebote und weiterführende Links
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EPIZ | ErzieherInnen Global | Vorweg …
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VORWEG …
Das Entwicklungspolitische Bildungs- und Informationszentrum e.V. (EPIZ) versteht sich
als Zentrum für Globales Lernen in Berlin. Seit 1986 bieten wir Bildungsveranstaltungen
zu interkulturellen und globalen Fragestellungen für alle Altersgruppen hauptsächlich in
Berlin an. Das vorliegende Material stellt eine didaktische Arbeitshilfe für die Ausbildung
von ErzieherInnen dar. Es orientiert sich am Berliner Bildungsprogramm und bietet neben
allgemeinen Einführungen und Übungen zum Anti-Bias-Ansatz und dem Globalen Lernen
zwei Praxisbausteine an, die sich direkt in Kitas und Hortgruppen einsetzen lassen.
Angehende ErzieherInnen können diese als Projekte in ihren Praktikumsstellen einsetzen.
Sie sind aber auch zur Weiterbildung von ErzieherInnen in der Praxis interessant.
Die Praxisbausteine basieren auf den langjährigen Erfahrungen des EPIZ und folgen den
Ansätzen Globalen Lernens und dem Anti-Bias-Approach.
Im Rahmen des Projekts „Globales Lernen in Kindergarten und Hort“ haben wir 2007
intensiv mit der Friedrich-Fröbel-Schule, einer Fachschule für Sozialwesen in Berlin-Köpenick,
zusammengearbeitet. Für die anregenden Diskussionen und die konstruktive Kritik
möchten wir uns an dieser Stelle bei den beteiligten KollegInnen und den Studierenden
bedanken. Ebenfalls danken möchten wir Frau Gabriele Koné, einer Vertreterin des
Berliner Vereins kinderwelten, der sich um die Implementierung des Anti-Bias-Approach
in Berliner Kitas verdient gemacht hat. Die Entstehung dieses Materials wurde von
der Jugend- und Familienstiftung des Landes Berlin finanziell unterstützt, wofür wir uns
ebenfalls herzlich bedanken.
Das Projekt gliedert sich in den EPIZ-Arbeitsschwerpunkt Globales Lernen in der beruflichen Bildung ein, in dem Bildungsmaterialien für verschiedene Ausbildungsberufe
entstehen. Die Materialien sind, nach Berufen getrennt, in der Lernplattform des EPIZ e.V.
zu finden unter www.epiz-berlin.de, für E-Learning didaktisch aufbereitet. Für die ErzieherInnen gibt es einen eigenen Kurs, der ständig erweitert wird. In diesem Kurs, der frei
zugänglich ist, gibt es auch ein Forum, in dem sich ErzieherInnen zu den angesprochenen
Themen austauschen können.
Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre und spannende Erfahrungen bei der Anwendung in der Praxis!
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EINFÜHRUNG
DAS BERLINER
BILDUNGSPROGRAMM
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EPIZ | ErzieherInnen Global | Einführung | Berliner Bildungsprogramm
Das Berliner Bildungsprogramm beschreibt, welche Bedeutung frühkindliche Bildungsprozesse haben und durch welche Aspekte sie gekennzeichnet sind. Es formuliert die gesellschaftlichen Anforderungen an die vorschulische Erziehung und leitet daraus konkrete
Bildungsaufgaben für ErzieherInnen sowie Anregungen für deren Umsetzung ab. Das
Bildungsprogramm wurde vorgelegt von der gemeinnützigen Gesellschaft für innovative
Pädagogik, Psychologie und Ökonomie an der Freien Universität Berlin, im Auftrag der
Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport in Berlin und ist für alle Berliner Kindertagesstätten verbindlich.
Das Bildungsprogramm zeigt drei Dimensionen auf, die sich auf das unmittelbare Erleben
der Kinder in ihrer Lebenswelt beziehen:
Sich ein Bild von sich selbst machen ➔ das Kind in seiner Welt
Sich ein Bild von den anderen machen ➔ das Kind in der Kindergemeinschaft
Sich ein Bild von der Welt machen ➔ Weltgeschehen erleben, Welt erkunden
Im Bildungsverständnis wird das Kind als handelnde Persönlichkeit mit einer ihm eigenen
und durch viele Einflüsse geprägten Identität in seiner nächsten Umwelt, aber auch der
großen Welt wahrgenommen. Die Wahrnehmung von Identität, die gleichberechtigte
Interaktion zwischen Kindern und die selbstbewusste Verortung in der Welt sind ebenfalls
grundlegende Ansätze im Anti-Bias-Approach und im Globalen Lernen. Anti-Bias und
Globales Lernen sind Bildungsansätze, mit denen die Vision einer Gesellschaft ohne
Ungerechtigkeiten und Diskriminierungen angestrebt werden, die das Voneinander-Lernen
in den Mittelpunkt stellen und die vermeintliche Selbstverständlichkeiten in Frage stellen.
Das Ziel dieser didaktischen Arbeitshilfe ist die praxisnahe Verknüpfung von diesen
beiden innovativen pädagogischen Ansätzen entlang des Bildungsverständnisses und der
Bildungsbereiche des Berliner Bildungsprogramms.
Die Bildungsbereiche sind durch verschiedene Symbole gekennzeichnet. Jede der in den
Praxisbausteinen formulierten Übungen erhält die entsprechenden Symbole für Ihren
schnellen Überblick:
Körper, Bewegung und Gesundheit
Soziales und kulturelles Leben
Sprachen, Kommunikation, Schriftkultur
Bildnerisches Gestalten
Musik
Mathematische Grunderfahrungen
Naturwissenschaftliche Grunderfahrungen
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Alle(s) unter einem Hut.
In diesem Praxisbaustein geht es in spielerischer Weise um die Identität der Kinder.
Mützen, Hüte, Kopftücher sind in vielerlei Hinsicht identitätsstiftend. Allen Kindern
gemeinsam ist, dass sie Kopfbedeckungen tragen: Basecaps, Pudelmützen, Fahrradhelme,
Kopftücher sind in ihrem Alltag präsent. Gleichzeitig kann am Thema Kopfbedeckungen
die Vielfalt unserer Gesellschaft aufgezeigt werden. Die Kinder werden kreativ und basteln
eigene Hüte ganz nach ihrem Geschmack. Aber sie tauschen auch ihre Hüte und versuchen, für eine Weile unter einem anderen Hut in die Identität ihres Nachbarn zu schlüpfen,
EPIZ | ErzieherInnen Global | Einführung | Berliner Bildungsprogramm
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womit Empathie gefördert wird. Lieder, Basteltipps, Experimente und Spiele runden das
Projekt ab und vernetzen die verschiedenen Bildungsbereiche.
Die Kartoffel ist eine Peruanerin, die sich überall zu Hause fühlt.
Im 16. Jahrhundert kam sie aus Südamerika und ist mittlerweile überall auf der Welt verbreitet. Auch in Deutschland kennen Kinder die Kartoffel in ihren verschiedensten Variationen. Der Praxisbaustein greift ein allen Kindern bekanntes Nahrungsmittel auf, vermittelt mit Liedern, Spielen und Legenden die Geschichte von Kolonisierung und Migration,
gibt Einblicke in den Alltag von Kindern aus Peru und regt zum Experimentieren, Kochen
und Feiern an.
In beiden Praxisbausteinen ist die Zusammenarbeit mit den Familien der Kinder geplant.
Die Zusammenarbeit, auch vom Berliner Bildungsprogramm gefordert, ermöglicht Verbindungen zwischen dem Zuhause der Kinder und ihrem Alltag in der Kita oder im Hort.
Das kann ein Beitrag sein, die Kluft zwischen den oft sehr unterschiedlichen Erfahrungswelten der Kinder zu überbrücken.
Im Folgenden werden die drei Ebenen des Bildungsverständnisses der Berliner Bildungsprogramms aufgegriffen. Die Berliner Kitas erarbeiten und erproben derzeit Konzepte, wie
sie das Bildungsprogramm umsetzen. In dieser didaktischen Arbeitshilfe füllen wir die drei
Ebenen des Bildungsverständnisses mit Anregungen und Argumenten aus der Praxis von
Anti-Bias und Globalem Lernen.
DAS KIND IN SEINER WELT
(1. EBENE DES BILDUNGSVERSTÄNDNISSES)
Jedes Kind erfährt von Geburt an eine persönliche Prägung. Das macht das Kind einzigartig
und besonders. Kinder erleben Stadt oder Land als die für sie selbstverständliche Umgebung. Kinder machen Migrationserfahrungen oder erleben fest verwurzelte Familienstrukturen. Ihre Identität definiert sich über die Erfahrungen, die sie in ihrem persönlichen
Umfeld machen und die sozialen Beziehungen, die sie erleben.
Kinder, die in einer Wohngemeinschaft mit anderen Familien aufwachsen, werden anders
geprägt als Kinder, die überwiegend mit ihrer Mutter allein sind. Kinder mit Behinderungen oder deren Geschwister nehmen Behinderungen nicht als etwas Besonderes, sondern
als selbstverständlich wahr. Besonders wird es erst durch die Reaktionen des Umfelds,
welches Behinderung als defizitär und bemitleidenswert stigmatisiert. Diese und viele
andere Umstände im Leben eines kleinen Kindes, wie die Praxis von Religion, Sprachkultur, sowie familiäre Veränderungen prägen die Identität des Kindes aus.
Bereits im Alter von drei Jahren erlernen Kinder, dass Menschen unterschiedlich sind und
an Hand bestimmter Merkmale in Gruppen eingeteilt werden. Sie kennen beispielsweise
aus dem Wortschatz der sie umgebenden älteren Kinder oder Erwachsenen diskriminierende
Sprachmuster wie „Tussi“ oder „Zigeuner“, können diese jedoch weder sich selbst noch
anderen Personen zuordnen. Sie übernehmen Stereotype und Vorurteile über Menschen,
ohne sie zu hinterfragen und erlernen gleichzeitig, in welcher Beziehung diese Menschen
zueinander stehen, wer das Sagen hat und wer welche Dinge besser kann. Problematisch
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EPIZ | ErzieherInnen Global | Einführung | Berliner Bildungsprogramm
ist dabei nicht, dass andere Kinder sie mit Merkmalen beschreiben. Das Problem entsteht
dadurch, dass diese Beschreibungen auf einen gesellschaftlich vorbereiteten Boden fallen,
der Hierarchien festschreibt. Sie bestätigen also die gefühlten Erfahrungen der Kinder,
die zum Beispiel zu einer Minderheit gehören. Diese Erstannahmen, die Kinder ihrer Umwelt
entnehmen, werden subtil durch ihre Umgebung gefestigt. Das Vorurteil, nur Frauen wären
für die Erziehung von Kindern zuständig, wird untermauert dadurch, dass es in der Kita
oder im Hort überwiegend Erzieherinnen gibt. Dass nur Jungen Fußball spielen, bestätigt
sich in Kinderbüchern und dass schwarze oder behinderte Kinder etwas besonderes sind,
wird durch das Nicht-Vorkommen in Bildern, Büchern und Spielmaterial manifestiert.
Die Festigung von Vorurteilen fällt in eine Zeit, während viele Kinder eine Kindertagesstätte besuchen. Das macht es besonders wichtig, sich in der Kita sehr bewusst mit dem
Thema Vorurteile und Diskriminierung auseinander zu setzen und sich als ErzieherIn
genau zu überlegen, wie man Menschen beschreibt und welches Bild man damit vermittelt. Kleine Kinder sind diesen Bildern „schutzlos“ ausgesetzt. Sie sind nicht in der Lage,
die Aussagen der ErzieherInnen als subjektive Einzelmeinung wahrzunehmen und zu
hinterfragen.
Um einerseits das Selbstbewusstsein der Kinder zu stärken und gleichzeitig ihre Offenheit
zu bewahren ist es zentral, dass alle Kinder, sich in ihrer Identität wahr- und angenommen
fühlen. Was einfach klingt, ist leider in der Praxis schwierig umzusetzen. Alle Kinder
weichen mehr oder weniger von einer auf vielen offiziellen oder subtilen Ebenen repräsentierten Norm ab.
Hannah liebt Bücher. Am liebsten schaut sie sich Kinderbücher an. Heute ist es das zehnte
nach ähnlichem Muster: … Vater, Mutter, zwei hübsche Kinder in einem schicken
Einfamilienhaus, der Junge ist stark und spielt Fußball, das Mädchen mit rosa Kleidchen
spielt mit ihren Puppen …
Die fünfjährige Hannah hat gerade die Trennung ihrer Eltern erlebt. Wie kann sie sich mit
diesem Szenario identifizieren? Fühlt sie sich in ihrer Identität angenommen? Wo findet der
durch seine Spastik gehbehinderte Paul einen Helden, der ihm gleicht? Bekommt Hülya,
die so gern Fußball spielt und Röcke nicht ausstehen kann, das Gefühl, dass irgendwas mit
ihr nicht stimmt? Ist er das einzige Kind auf der Welt mit schwarzer Hautfarbe, fragt sich
Dominik? Welche Gefühle empfindet Paulina, die vor zwei Wochen mit ihrer Mutter zum
ersten Mal in der Suppenküche aß?
Natürlich stellen Kinderbücher auch Fantasiewelten dar, in die sich Kinder hineinträumen
können, doch sind vielfältige und nicht normierte ProtagonistInnen für die Stärkung des
Selbstbewusstseins von Nöten.
Tipp: Einige solcher Bücher sind in der Bücherkiste des Projekts kinderwelten zusammengestellt und unter www.kinderwelten.org abrufbar.
Klischees werden nicht nur in Kinderbüchern reproduziert. Ihnen begegnen Kinder überall:
Auf den Werbeplakaten sind Frauen knapp bekleidet oder werben für Waschmittel,
Männer für Autos, schwarze und behinderte Kinder bitten um Spenden und sind deshalb
oft hilfebedürftig dargestellt.
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Im Spielmaterial können ebenfalls viele Klischees in Bezug auf Hautfarbe, Gender,
Behinderung, Religion, sozialen Status, Mode und anderes entdeckt werden, Spiel-Figuren
sind meist „weiß“ und wenn sie anders aussehen, dann wieder klischeehaft. Spielzeuge
selbst werden oft nach „für Jungen“ und „für Mädchen“ sortiert.
Der Spielwarenhandel hält aber auch schon einige andere Möglichkeiten bereit, so gibt
es zum Beispiel auch schwarze Babypuppen, die in keiner Kita fehlen sollten.
Kinder, die zu Minderheitengruppen gehören, erleben Stigmatisierung sehr intensiv. Sie
identifizieren sich mit den abgebildeten Kindern und fragen sich: „Habe ich diese
Eigenschaft auch? Oder kann ich bestimmte Dinge nicht tun, weil ich vermeintlich zu einer
bestimmten Gruppe von Menschen gehöre?“ Sehen sich Kinder überwiegend mit undifferenzierten Mustern bezüglich ihres Aussehens oder ihrer Herkunft konfrontiert, entsteht
das Gefühl, anders als andere Kinder zu sein, von der scheinbaren Norm abzuweichen und
nicht dazu zu gehören. Sich dazugehörig fühlen ist aber eine zentrale Grundlage für die
Herausbildung der eigenen Identität. Kinder, die sich in ihrem Umfeld nicht identifizieren
können, fühlen sich ausgegrenzt und beginnen, Teile ihrer eigenen Identität abzulehnen.
Dass Vorurteile zu einem Problem für Menschen werden, hat in allererster Linie mit Macht
zu tun. Menschen, die auf allen Ebenen gleichberechtigt sind, können sich auch verletzen. Aber erst die ungleichen Machtverhältnisse machen Diskriminierung möglich. Eine
wichtige Grundvoraussetzung für ErzieherInnen ist deshalb, sich auch mit der eigenen
gesellschaftlichen Stellung auseinander zu setzen, die mehr als äußere Merkmale beinhaltet. (Dafür haben wir am Ende dieses Kapitels die Übung: „Privilegientest“ aufgenommen.)
Auch ErzieherInnen haben einen sehr eigenen spezifischen Hintergrund, der ihr Verhalten
wesentlich mitbestimmt. Insbesondere in der Arbeit mit kleinen Kindern bringen sich
ErzieherInnen ganzheitlich ein. Sie stehen kleinen Persönlichkeiten gegenüber – Patentrezepte für viele Situationen gibt es nicht. Bei Diskriminierungserfahrungen kleiner Kinder
müssen sich ErzieherInnen in deren Situation hinein versetzen können, umso bewusster,
wenn sie zu Menschen gehören, die niemals diskriminiert worden sind.
Es geht auch anders: Die LEGO Duplo
Community zeigt Menschen mit unterschiedlichen Hautfarben in ihren Berufen.
DAS KIND IN DER KINDERGEMEINSCHAFT
(2. EBENE DES BILDUNGSVERSTÄNDNISSES)
Kindertagesstätten geben kleinen Kindern die große Chance, ihren Horizont zu erweitern.
Nicht nur durch Bildungsangebote, die ihnen von engagierten ErzieherInnen gemacht
werden, sondern auch durch die Gruppe selbst. Sie kommen vielleicht erstmalig in
persönlichen Kontakt mit Kindern, die nicht zur Familie oder Nachbarschaft gehören, die
einen ähnlichen oder auch ganz anderen familiären oder sozialen Hintergrund haben.
Hier lernen sie Kinder kennen, die vegetarisch essen oder bei Oma und Opa aufwachsen,
Kinder, für die eine Religion wichtig ist, Mädchen, die gern mit Autos spielen oder Jungen,
die im Kleid zur Kita kommen. Sie lernen Kinder mit anderer Hautfarbe kennen, Kinder,
die eine andere Sprache sprechen als sie selbst, Kinder, die im knallbunten Rollstuhl sitzen
oder eine Brille tragen.
Offensichtliche Merkmale, wie die zuletzt genannten, werden unter den Kindern schnell
zum Thema. Ohne Angst davor, sich nicht „politisch korrekt“ zu verhalten, werden
Warum-Fragen gestellt, wird der Rollstuhl ausprobiert oder Wörter in der fremden Sprache
aufgeschnappt.
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EPIZ | ErzieherInnen Global | Einführung | Berliner Bildungsprogramm
Um subtilere Prägungen aufzudecken, brauchen Kinder die Unterstützung der ErzieherInnen. Diese müssen Gesprächsanlässe schaffen und dabei die „Vorurteile“ der Kinder
aufnehmen und deren Hintergründe und Identitäten einbeziehen. Dazu ist es notwendig,
diese Hintergründe zu kennen, was voraussetzt, dass es eine intensive Zusammenarbeit
zwischen Erziehungsberechtigten und ErzieherInnen gibt. Gleichzeitig müssen die ErzieherInnen die Kinder darin unterstützen und ermutigen, dass sie voneinander und übereinander lernen und dass gerade die Vielfalt in der Kindergruppe für die Kinder eine große
Bereicherung darstellt.
Der Anti-Bias-Ansatz
Das englische Wort Bias bedeutet Voreingenommenheit, Tendenz, Vorurteil, aber auch
Vorliebe. Der Anti-Bias-Ansatz greift Themen um Identität, Macht und Diskriminierung
in der frühkindlichen Erziehung auf. Er wurde Anfang der 1980er Jahre in den USA von
Louise Derman-Sparks und Carol Brunson-Philips entwickelt. Der Anti-Bias-Ansatz legt
Grundlagen und gibt vielfältige didaktische Anregungen für eine vorurteilsbewusste
Erziehung und das Aufbrechen von strukturell bedingten Ungleichheiten und Diskriminierungen. Er geht davon aus, dass Vorurteile und Diskriminierungen gesellschaftlich
verankert sind und von den Menschen erlernt werden, die aus diesen Vorurteilen resultierende Verhaltensweisen ableiten. Der Anti-Bias-Ansatz hinterfragt strukturelle Machtund Dominanzverhältnisse. Er ist ein politischer Ansatz.
Louise Derman-Sparks spricht von Vor-Vorurteilen, die kleine Kinder durch die einseitigen
Informationen bilden, die sie ihrer Umwelt entnehmen. Diese führen zu einer Verzerrung
der Wahrnehmung der Realität. Damit diese Vor-Vorurteile nicht zu festen Vorurteilen
werden, brauchen die Kinder Erwachsene, die ihren verzerrten Bildern realistische entgegen setzen. Hier sind ErzieherInnen gefragt: „sie müssen einseitige Botschaften erkennen
und wissen, wie man Kindern Erfahrungen mit der tatsächlichen Vielfalt ermöglicht und
was man gegen ungerechte und diskriminierende Vorurteile tun kann. Weil letztere die
Beziehungen zwischen Menschen aufs äußerste belasten, betreffen sie alle Menschen, ob
ihnen nun Nachteile oder Privilegien aus diesen Unterscheidungen entstehen. Ein vorurteilsbewusstes Vorgehen ist daher überall angebracht, sei es in der Großstadt oder auf dem
Land, sei es mit deutschsprachigen oder mehrsprachigen Kindern, sei es in Familien mit
Migrationshintergrund oder solchen, die seit Generationen hier leben.“1
Vier Ziele des Anti-Bias-Ansatz:
Ziel 1: Jedes Kind muss Anerkennung und Wertschätzung finden, als Individuum und als
Mitglied einer bestimmten sozialen Gruppe, dazu gehören Selbstvertrauen und ein Wissen
um seinen eigenen Hintergrund.
Ziel 2: Auf dieser Basis muss Kindern ermöglicht werden, Erfahrungen mit Menschen zu
machen, die anders aussehen und sich anders verhalten, so dass sie sich mit ihnen wohl
fühlen und Empathie entwickeln können.
Ziel 3: Das kritische Denken von Kindern über Vorurteile, Einseitigkeiten und Diskriminierung anzuregen heißt auch, mit ihnen eine Sprache zu entwickeln, um sich darüber verständigen zu können, was fair und was unfair ist.
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Quelle: Beitrag für Frühe Kindheit (Heft 6, Dezember 2003), entnommen:
http://www.aktiv-fuer-kinder.de/index.php?id=1705 s.o.
EPIZ | ErzieherInnen Global | Einführung | Berliner Bildungsprogramm
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Ziel 4: Von da aus können Kinder ermutigt werden, sich aktiv und gemeinsam mit anderen
gegen einseitige oder diskriminierende Verhaltensweisen zur Wehr zu setzen, die gegen sie
selbst oder gegen andere gerichtet sind.
Wichtig im Anti-Bias-Ansatz ist, dass er sich nicht auf bestimmte Formen von Diskriminierungen beschränkt, sondern dass er alle Formen von Unterdrückung, sowohl auf der
persönlichen, als auch auf der strukturellen Ebene einbezieht und Handlungsmöglichkeiten
ableitet. Schnell umsetzbare Handlungsmöglichkeiten finden sich im Kita oder Hort bei der
Gestaltung der Räume, sowie der Auswahl von Spielmaterial und Kinderbüchern. Entscheidend sind außerdem die Zusammenarbeit mit den Eltern, die Programmgestaltung und die
Zusammensetzung des Teams, das Vielfalt widerspiegeln sollte.
Das Berliner Projekt Kinderwelten (www.kinderwelten.net) verbreitet den Anti-Bias-Ansatz
seit Ende der 90er Jahre in Berliner Kitas und mittlerweile auch bundesweit, bietet Fortbildungen für ErzieherInnen und KitaleiterInnen, stellt auf seiner Homepage ausführliche
Informationen und Weiterentwicklungen des Ansatzes vor und bietet Beratung für
interessierte Kitas. Außerdem wurde von Kinderwelten eine Bücherkiste entwickelt, die
eine umfangreiche Sammlung an Kinderbüchern für 1 – 8jährige Kinder enthält, in denen
Behinderung, Sexualität, Zusammenleben in Familienformen, Diskriminierung und soziale
Probleme thematisiert werden. Es gibt darüber hinaus auch mehrsprachige Bücher
und CDs. Die Bücherkiste kann bei Kinderwelten ausgeliehen werden, die Liste der Bücher
findet sich ebenfalls auf der Homepage und gibt Anregungen für die Anschaffung von
Büchern im Kindergarten.
Im Rahmen unseres Projekts haben wir eine Checkliste entwickelt, die einem Grundprinzip
des Anti-Bias-Ansatz folgt und Selbstverständlichkeiten hinterfragt. Diese Checkliste
eignet sich besonders dazu, sich schon während des Praktikums in einem Kindergarten die
Situation anzuschauen und auf subtile Diskriminierungen zu überprüfen. Auch ohne den
theoretischen Hintergrund des Anti-Bias-Ansatzes wird allein durch das Stellen der Fragen
zum Nachdenken angeregt. Viele Handlungsmöglichkeiten ergeben sich durch die richtigen
Fragen wie von selbst. Die Checkliste finden Sie im folgenden Kapitel mit Übungen für
angehende ErzieherInnen.
Anti-Bias ist ein struktureller Ansatz, dessen Ziele nicht allein mit Einzelprojekten erreicht
werden können. In dieser Broschüre finden Sie trotzdem Projektvorschläge, sich mit Fragen
der Herausbildung von zu Identität beschäftigen. Im Praxisbaustein: „Alle(s) unter einem
Hut“ gibt es entlang der sieben Bildungsbereiche des Berliner Bildungsprogramms didaktische Anregungen, Spiele, Lieder, Experimente, die sich Vielfalt von Kopfbedeckungen zunutze machen, um gesellschaftlich problematische Themen anzusprechen.
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EPIZ | ErzieherInnen Global | Einführung | Berliner Bildungsprogramm
WELTERLEBEN UND WELTERKUNDEN
(3. EBENE DES BILDUNGSVERSTÄNDNISSES)
Kinder sind Teil dieser Welt, die im Zeitalter der Globalisierung stärker als je zuvor zusammenrückt. Kinder konsumieren tagtäglich Produkte, die von anderen Kontinenten kommen. Laut einer Marktforschungsstudie vom Frühjahr 2007 sind Bananen nach Äpfeln das
Lieblingsobst der Deutschen, wobei Kinder deutlich mehr Bananen essen. Auf Schokolade,
die Kakao aus Ghana enthält, verzichtet kaum ein hiesiges Kind. Unsere Kleidung besteht
aus Baumwolle, die zum Beispiel in Mali wächst und viele unserer Spielzeuge werden in
China produziert. Bilder aus allen Teilen der Welt kommen über das Internet in die Gedankenwelt der Kinder. Kinder hören von Armut und Kriegen in den Fernseh- und Radionachrichten ...
Globales Lernen ...
wird als Begriff seit Mitte der 1990er Jahre verwendet. Unter diesem Begriff werden Ansätze
aus der entwicklungspolitischen Bildung, der Umweltbildung, der Menschenrechtserziehung und Friedenspädagogik, dem interkulturellen und ökumenischem Lernen zusammen
geführt. Es geht hierbei aber nicht nur um bestimmte Themen oder Inhalte. Globales
Lernen will auch methodisch ganzheitliches Lernen ermöglichen. Wissen, Gefühle und
neue Erfahrungen stehen im Mittelpunkt.
Globales Lernen ist ein Bildungskonzept, das „Kopf, Herz und Hand“ anspricht. Es hilft
Kindern, die Welt als Ganzes, als Eine Welt zu verstehen und sich selbst darin zu verorten.
Ausgehend von der eigenen Lebenswelt und sich selbst dabei reflektierend, lernen die
Kinder den Alltag und die Lebenssituation von Menschen aus verschiedenen Teilen der
Welt kennen. Sie versetzen sich in Lebenssituationen anderer Menschen hinein und
erproben den Wechsel von Perspektiven. Globales Lernen greift die kindliche Neugierde
auf, unsere Welt kennen und begreifen zu lernen. Es ermöglicht inhaltlich und methodisch
vielfältige, aufeinander bezogene Angebote, die gleichzeitig einen außergewöhnlichen
und eindrucksvollen Weltblick bieten, der die Erfahrungswelt schon von jüngeren Kindern
entscheidend erweitern kann. Eine breite Palette von Themen, Gestaltungsmöglichkeiten
und Methoden vermittelt auf lebendige Weise ein differenziertes Bild ferner Länder in
Bezug auf Leben und Alltag hier und ermöglicht, das Verständnis für unterschiedliche soziale Realitäten zu wecken – und Gemeinsamkeiten, Träume und Wünsche zu entdecken.
Globales Lernen trägt dazu bei, in frühen Jahren die Begegnung mit scheinbar Fremdem
emotional und kognitiv positiv zu prägen. In modernen Gesellschaften, und gerade auch
in Berlin, braucht das Zusammenleben diese Kompetenz. Materialien und Methoden
(Geschichten und Märchen, Lieder, Spiele und Rollenspiele) fördern die Auseinandersetzung mit anderen Lebens- und Verhaltensweisen, die als gleichwertig und sinnvoll erlebt
werden. Ihnen wird die Fremdheit genommen, weil sie nachvollziehbar werden und
deutlich wird, dass Bedürfnisse, Wünsche und Träume von Kindern in aller Welt ähnlich
sind, auch wenn sie sich unterschiedlich äußern.
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Im Praxisbaustein „Die Kartoffel ist eine Ausländerin“ lernen die Kinder etwas über den
Ursprung der Kartoffel, Geschichte und Geografie. Vor allem aber lernen sie peruanische
Kinder aus der Stadt und vom Land kennen, die ihnen einen kleinen Einblick in ihr
Alltagsleben gewähren. Diese differenzierte Darstellung bricht einseitige Bilder auf. Die
Übungen folgen den Leitlinien Globalen Lernens. Sie machen neugierig auf die Welt und
machen die Verbindungen zwischen den Kontinenten spielerisch erfahrbar.
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ÜBUNGEN
FÜR (ANGEHENDE)
ERZIEHERINNEN
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EPIZ | ErzieherInnen Global | Übungen für (angehende) ErzieherInnen
Die folgenden Übungen wurden mit den Studierenden der Fröbel-Schule erprobt.
Im Rahmen des Projekts wurde an der Friedrich-Fröbel-Schule ein Angebot für das
alljährliche Kinderfest entwickelt, um das Thema Diskriminierung konstruktiv mit Kindern
aus Kita und Hort zu behandeln.
Mit den Kindern wurden Bücher angeschaut, die mit Klischees brechen, es wurde gemalt
und gesungen. Dort entstand auch das folgende Lied, welches mit großer Begeisterung von
den Kindern mitgesungen und mitgespielt wurde.
„Ich bin anders als du bist anders als er …“
Refrain:
Ich bin anders als
Du bist anders als
Er ist anders als sie
Sie ist anders als
Er ist anders als
Du bist anders als ich!
Ich hab eine breite Nase
Du hast einen großen Mund
Er dort sitzt im Rollstuhl drinnen
Sie ist schön und kugelrund
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[gesprochen:]
NA UND? DAS MACHT DIE WELT DOCH
ERST SO BUNT!
Ich hab eine große Brille
Du springst gern auf einem Bein
Er hat kurze schwarze Locken
Sie ist groß und wär’ gern klein
[gesprochen:]
NA UND? DAS MACHT DIE WELT DOCH
ERST SO BUNT!
EPIZ | ErzieherInnen Global | Übungen für (angehende) ErzieherInnen
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DER PRIVILEGIENTEST
Zur Auseinandersetzung mit der eigenen Stellung in der Gesellschaft und mit eigenen
Privilegien haben wir mit Studierenden der Friedrich-Fröbel-Schule einen Privilegientest
durchgeführt 1. Dieser Test ist geeignet als Einstieg in die Diskussion zum Thema Diskriminierung, weil deutlich wird, dass die eigene gesellschaftliche Stellung von sehr vielen
Faktoren abhängt, die man nicht selbst beeinflussen kann und dass die Chancen sehr
unterschiedlich sind. Wir haben den Originaltest gekürzt und an die Zielgruppe der angehenden ErzieherInnen angepasst.
Ablauf: Die TeilnehmerInnen stehen in einer Reihe in der Mitte des Raums. Die Fragen
werden nacheinander vorgelesen. Nach jeder Frage gehen die TeilnehmerInnen einen
Schritt vor bzw. zurück oder bleiben stehen. Während des Tests wird nicht gesprochen.
Erst nach dem Test wird diskutiert.
Die Fragen:
· Wenn Sie eine Schule besucht haben, in der in erster Linie Ihre Muttersprache
gesprochen wurde, treten Sie einen Schritt vor.
· Wenn es mehr als 50 Bücher in Ihrem Zuhause gab, in dem Sie aufgewachsen sind,
treten Sie einen Schritt vor.
· Wenn Sie versucht haben, Ihr Aussehen oder Ihr Verhalten zu ändern, um nicht
verurteilt oder gehänselt zu werden, treten Sie einen Schritt zurück.
· Wenn Ihre Familie ein Haus besitzt, treten Sie vor.
· Wenn Ihre Familie eine Haushaltshilfe beschäftigt, treten Sie einen Schritt vor.
· Wenn Ihre Familie je umziehen musste, weil sie die Miete nicht mehr zahlen konnte,
treten Sie zurück.
· Wenn Ihre Eltern erwerbslos sind, treten Sie zurück.
· Wenn Ihnen je wegen Ihrer Nationalität, sozialen Schicht, Ihrer äußerlichen
Merkmale, Ihres Geschlechts oder Ihrer sexuellen Orientierung vorgeworfen wurde,
dass Sie betrogen oder gelogen hätten, treten Sie zurück.
· Wenn Sie eine eigene Wohnung haben, treten Sie vor.
· Wenn Ihnen jemals vom Studium oder einer Ausbildung abgeraten wurde auf Grund
Ihrer Nationalität, sozialen Status, äußeren Merkmale, Ihres Geschlechts oder
sexuellen Orientierung, treten Sie zurück.
· Wenn Sie neben der Ausbildung ein Kind betreuen, treten Sie zurück.
· Wenn Sie sich je unwohl gefühlt haben wegen eines Witzes, der sich auf Ihr Äußeres,
Nationalität, sozialen Status, Geschlecht oder sexuelle Orientierung bezog, treten Sie
zurück.
· Wenn Sie je Opfer von Gewalt geworden sind wegen Ihrer Nationalität, sozialen
Schicht, äußerlichen Merkmalen, Ihres Geschlechts oder sexuellen Orientierung,
treten Sie zurück.
· Wenn Sie in Ihrer Ausbildung finanzielle Unterstützung durch Ihre Familie erhalten,
treten Sie vor.
1
in Anlehnung an Daniela Hrzán und Susanne Baer auf der Grundlage von Barbara Lesch McCaffry, American Multi-
Cultural Studies, Hutchins School of Liberal Studies, and Women’s and Gender Studies, Sonoma State University, CA,
USA Quelle: http://baer.rewi.hu-berlin.de/wissen/genderundrecht/privilegientest/
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EPIZ | ErzieherInnen Global | Übungen für (angehende) ErzieherInnen
Trotz der relativ homogenen Gruppe, mit der wir den Test durchführten, gab es doch einige
Unterschiede. Die TeilnehmerInnen stellten teilweise zum ersten Mal Selbstverständlichkeiten in Frage. Ihnen wurde bewusst, dass es nicht selbstverständlich ist, dass die eigenen
Eltern in schwierigen Situationen einspringen oder dass es Mitstudierende, die neben
der Ausbildung arbeiten müssen, einfach schwerer haben. Die Unterschiede, die durch den
Test deutlich werden, stellen keine Wertung dar, dass es einer Person besser als einer
anderen geht, sondern verdeutlichen die Stellung des Einzelnen im gesamtgesellschaftlichen System mit den daraus resultierenden Konsequenzen. Es ist also nicht negativ, wenn
eine Studierende ein Kind hat, für sie ist es wahrscheinlich ein großes Glück. Aber in
unserer Gesellschaft hat sie es mit Kind schwerer, einen Arbeitsplatz zu finden, als ohne.
Genauso muss man es nicht als persönlichen Nachteil begreifen, eine Frau zu sein, aber
trotz besserer Schulabschlüsse haben in Deutschland Frauen die schlechteren Berufschancen und verdienen im Durchschnitt 22% weniger als ihre männlichen Kollegen.2 Deutschland rangiert damit im Vergleich zu anderen EU-Ländern sehr weit hinten. MigrantInnen,
die den kompletten Schulstoff in einer Fremdsprache durchnehmen müssen, haben
ebenfalls eine andere Ausgangsposition. Aber auch MigrantInnen mit gutem Hochschulabschluss haben es schwer auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Um zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden, müssen MigrantInnen drei bis viermal so viele Bewerbungen schreiben wie ihre MitbewerberInnen mit deutschen Namen, das ergab eine Studie der
OECD 3. Im internationalen Vergleich schneidet Deutschland hier ebenfalls sehr schlecht ab.
Es handelt sich hierbei um strukturellen Diskriminierungen. Diese müssen thematisiert
werden, um deutlich zu machen, dass Erfolg oder Misserfolg nicht nur auf das persönliche
Engagement zurückzuführen sind, sondern dass es trotz des Antidiskriminierungsgesetzes
und zahlreicher Bundesprogramme strukturell sehr unterschiedliche Voraussetzungen für
in Deutschland lebende Menschen gibt. Der Privilegientest ist für Jugendliche und Erwachsene geeignet. Für Kinder müssen andere Wege gefunden werden, die unterschiedlichen
Voraussetzungen zu thematisieren.
WIE SOLL ICH MICH VERHALTEN – LERNEN IM FORUMTHEATER
Wie verhalten sich ErzieherInnen in Diskriminierungssituationen? Sehr unterschiedlich,
je nach eigenem Ermessen und persönlichem Erfahrungshintergrund, der ja sehr verschieden sein kann. Für angehende ErzieherInnen mit wenig Erfahrung ist es sinnvoll, Raum
zu geben, um verschiedene Handlungsmöglichkeiten auszuprobieren und ein Feedback zu
erhalten. Als geeignete Methode haben wir das Forumtheater gewählt. Es bietet nicht
nur die Chance, eigene Lösungen auszuprobieren, sondern auch, in die Rolle der diskriminierenden oder diskriminierten Kinder zu schlüpfen und deren Situation nachzuempfinden. Im Forumtheater geht es nicht um schauspielerisches Talent, sondern tatsächlich um
die Lösung von Konflikten.
Forumtheater verdeutlicht den angehenden ErzieherInnen die Vielfalt der eigenen Handlungsmöglichkeiten in Bezug auf Diskriminierung und vorurteilsbewusste Erziehung. Für
Kinder ist dieses Theaterkonzept nicht geeignet, da hier die Kenntnis über gesellschaftliche
Strukturen und die Fähigkeit zur Selbstreflexion erforderlich sind. Die Besonderheit ist,
2
18
Studie der EU-Sozialkommission Kommission („Spidla-Studie„) vom Juli 2007
3 Studie der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) vom Juli 2007
EPIZ | ErzieherInnen Global | Übungen für (angehende) ErzieherInnen
G+
dass das Publikum sich nicht in der klassisch passiven Rolle befindet, sondern am Prozess
beteiligt wird. Dadurch bekommen alle Teilnehmenden den Raum für eine kritische
Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen und politischen Strukturen und Standpunkten
aber auch alltäglichen Problemsituationen.
Forumtheater wurde in den 1960er Jahren von Augusto Boal, damaliger Leiter des Teatro de
Arena in Sao Paulo / Brasilien entwickelt. Die Zuschauenden werden zu Handelnden und
somit ermutigt, in Situationen von Unterdrückung, Diskriminierung und Gewalt einzugreifen.
Forumtheater ist ein Volkstheaterkonzept und wird auch „Theater der Unterdrückten“ genannt.
Die Methode löst nicht das Problem der Unterdrückung, sondern vermittelt Handlungsoptionen.
Forumtheater wird heute in verschiedenen Ländern Lateinamerikas, Afrikas und Europas praktiziert.
So funktioniert Forumtheater:
Die Gruppe sucht sich eine Konfliktsituation, die sie gerne bearbeiten möchte. Besonders
gut geeignet ist diese Übung, wenn die Studierenden bereits erste Erfahrungen in ihrem
späteren Arbeitsfeld gesammelt haben, zum Beispiel während der Praktikumsphase. Die
Konfliktsituation sollte verallgemeinert werden, um möglichst großen Handlungsspielraum
zu ermöglichen. Einige Gruppenmitglieder stellen die Szene nach. Die Moderation übernimmt ein „Joker“, der zwischen Publikum und SchauspielerInnen vermittelt. Die Situation
wird zunächst so gespielt wie sie tatsächlich stattgefunden hat. Sie wird vom Joker an
einer konfliktreichen Stelle durch ein lautes „Stopp!“-Rufen eingefroren.
Die ZuschauerInnen sehen nun ein problematisches Bild, was es zu verändern gilt. Der
Joker lädt die ZuschauerInnen ein, die Szene zu verändern und so ein „besseres„ Bild
entstehen zu lassen. Die Lösungsvorschläge und Ideen werden direkt auf der „Bühne„
erprobt. Dabei kann der eigene Lösungsvorschlag als Anweisung an die SchauspielerIn
weitergegeben werden oder im besseren Fall wird die SchauspielerIn ausgetauscht (der
Lerneffekt ist deutlich größer, wenn man den eigenen Vorschlag selbst spielt). In jedem Fall
wird die Szene mit der neuen Lösung wiederholt.
Neue Stopp-Rufe bringen neue, andere Lösungen. Das „Bild“ kann ständig verändert
werden, so lange bis keine weiteren Lösungswege mehr vorgeschlagen werden. Es gibt
bessere oder schlechtere Lösungen. Um eine optimale Verhaltensregel geht es hierbei
allerdings nicht. Ziel ist nicht ein unrealistisches „Happy End“, sondern vielmehr vielfältige Perspektiven und Handlungsmöglichkeiten zu erkennen, voneinander zu lernen und
sich selbst auszuprobieren. Im anschließenden Forum werden dann die unterschiedlichen
Lösungen, aber auch die dabei entstandenen Gefühle aller SchauspielerInnen diskutiert
und gegenseitiges Feedback gegeben.
Sollte sich die Gruppe nicht auf eine Konfliktsituation einigen können, kann diese auch
vorgegeben werden. Im Folgenden finden Sie vier Anregungen für Ausgangsszenen
im Forumtheater. Diese machen auch deutlich, dass Forumtheater nicht nur bei extremen
Diskriminierungsfällen eingesetzt werden kann, sondern auch in problematischen Alltagssituationen hilfreich ist.
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G+
EPIZ | ErzieherInnen Global | Übungen für (angehende) ErzieherInnen
Paul, 5 Jahre
temperamentvoll
Fatma
Ernie
Fatma, 5 Jahre
ruhig, isst gern
Ernie, 4 Jahre
trägt Brille
1. Beispiel: Drama am Mittagstisch
Mittagszeit: Paul, Fatma und Ernie sitzen am Mittagstisch. Ernie versucht, Fatma das Essen
vom Teller wegzunehmen. Fatma wehrt sich kleinlaut. Ernie sagt: „Du bist doch fett
genug!“ Daraufhin beginnt Fatma zu weinen. Paul greift gewaltsam ein, in dem er Ernie
mit dem Löffel haut und ihn als „Brillenschlange“ bezeichnet. Eine Erzieherin nimmt
Ernie in Schutz, weil er es sowieso schon nicht leicht hat. Paul, der ja immer etwas schnell
aggressiv wird, wie der andere Erzieher sagt, darf bei dem nächsten Gruppenspiel nach
dem Essen nicht mitspielen. STOPP!
2. Beispiel: Ein verkorkster Nachmittag
Lisa (4) und Lars (6) streiten sich darum, wer den Rollstuhl von Lutz (5, nicht-sprechend)
schieben darf. Lutz kneift und zieht den beiden an den Haaren. Lisa und Lars beschweren
sich lautstark bei den Erzieherinnen. Eine Erzieherin verteidigt Lisa und Lars und bemerkt,
dass Lutz immer wieder kratzt, kneift und beißt. Die andere Erzieherin nimmt Lutz in
Schutz, weil sie meint, dass Lutz ja keine andere Ausdrucksform hat. STOPP!
3. Beispiel: Beste Freundinnen?
Laura (weiß, 5) und Marla (schwarz, 5) sind Freundinnen. Eines Tages kommt Laura in die
Kita und sieht Marla nicht mehr an. Als Begründung bekommt Marla zu hören: „Meine
Mama will nicht, dass ich mit Dir spiele, weil Du so schmutzig bist.“ Marla geht weinend
weg. Die Erzieherin tröstet Marla: „Sei nicht traurig, Du kannst ja noch mit anderen
Kindern spielen.“ STOPP!
4. Beispiel: Elternarbeit
Frau Meier (Mutter von Max, 4) und Herr Kangal (Vater von Ali, 4) holen ihre Kinder ab.
Die Erzieherin nutzt die Situation und spricht beide Elternteile auf die eskalierende
Spannung zwischen den Jungen an. Sie erzählt, dass sie sich ständig beschimpfen und
prügeln und sie nicht mehr weiter weiß. Frau Meier verteidigt ihren Sohn, der sonst
nie Streit anfangen würde. Herr Kangal ist in Eile und möchte das Problem nicht an dieser
Stelle diskutieren. Frau Meier entrüstet sich: „Kein Wunder, dass das Kind immer noch
kein deutsch spricht. Da braucht man sich ja auch nicht wundern, wenn der kleine Türke
dann mit den Fäusten spricht.“ Die Erzieherin beschwichtigt Frau Meier, indem sie sagt:
„Sein Deutsch ist schon viel besser geworden.“ STOPP!
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EPIZ | ErzieherInnen Global | Übungen für (angehende) ErzieherInnen | Checkliste
CHECKLISTE –
VORURTEILSBEWUSSTE ERZIEHUNG IN DER PRAKTIKUMSSTELLE
Wie ist Vielfalt in der Kita(-gruppe) in Bezug auf kulturelle Herkunft, Religion, Geschlecht,
Hautfarbe, Behinderung, sexuelle Orientierung, Dick-Sein etc. repräsentiert? Bitte beobachten Sie die personelle Zusammensetzung, Einrichtung, pädagogisches Material, Abläufe in
Ihrer Praktikumsstelle und halten Sie Ihre Ergebnisse als Gedankenstütze in folgendem
Bogen stichpunktartig fest! Die aufgeführten Fragen und Beispiele dienen nur als Anregung
für die Beobachtung. Die Checkliste ist Grundlage für die Diskussion im Rahmen des Praxis
begleitenden Unterrichts (PBU). Vielen Dank.
1. Zusammensetzung des Kita-Personals:
männlich:
deutsch:
mehrsprachig:
weiblich:
mit Migrationshintergrund:
2. Zusammensetzung der Kinder-Gruppe:
Kommentare (Positionen, Behinderung,
Sprachkenntnisse...)
Welche?
- aus welchen Ländern kommen die Eltern?
- gibt es Behinderungen?
- Mehrsprachigkeit?
3. Spiegelt die Einrichtung der Kita (Bilder an den
Wänden, Dekoration …) die Vielfalt unserer Gesellschaft wider?
Sind Informationen mehrsprachig?
Wenn ja, wie werden die Menschen dargestellt?
4. Spiegelt sich Vielfalt im Spielmaterial wider
(am Beispiel von Puppen, Legofiguren – Hautfarbe,
Körper, Behinderung)
Wenn ja, wie?
Beobachtungen:
5. Achten Sie bei der Darstellung von Familienkonstellationen und Lebensverhältnissen in Kinderbüchern
auf folgende Aspekte: Arm / reich? – Dick / dünn? –
Stadt / Land? – Hautfarbe – Behinderung
6. Werden geschlechtsspezifische Stereotype in
Kinderbüchern aufgebrochen? Welche Tätigkeiten
macht der Mann, welche die Frau?
Beispiel?
7. Wie sind die Familien der Kinder in der Kita
präsent? Werden Familien mit einbezogen in KitaAbläufe? Gibt es Bilder von den Familien? ExtraRäume?
Beobachtungen:
8. Welche Feste werden in der Kita gefeiert? Werden
z.B. islamische oder jüdische Feiertage begangen?
Wenn ja, welche?
9. Spiegelt sich Vielfalt in der Essensversorgung der
Kinder wider? Gibt es z.B. Speisen aus anderen
Kontinenten? Religiöse u.a. Ernährungsvorschriften?
Beispiele:
10. Weitere Anmerkungen:
G+
IDENTITÄT UND VIELFALT
ALLE(S) UNTER EINEM HUT
G+
EPIZ | ErzieherInnen Global | Identität und Vielfalt | Alle(s) unter einem Hut
Die Symbolkraft des Hutes als Kopfbedeckung durchzieht
fast alle Völker unseres Planeten. Sie gibt oft Aufschluss
über Glauben, Status, politische Einstellung oder zumindest Modebewusstsein einer Person. Neben der ursprünglichen funktionalen Bedeutung als „Decke“ oder „Schutz“
ist das Tragen von Kopfbedeckungen eng verbunden mit
der Suche nach Zugehörigkeit und Identität.
So entstand die Idee, Kopfbedeckungen aller Arten in den Mittelpunkt zu rücken und
Kindern an Hand ihrer Vielfalt in Bedeutung, Form und Funktion auf die Vielfalt unserer
Gesellschaft aufmerksam zu machen. In eine andere Rolle zu schlüpfen, kann die Persönlichkeitsentwicklung sowie das Empathievermögen der Kinder fördern. In zahlreichen
Kulturen ist die „magische“ Kraft von Kopfbedeckungen sehr ausgeprägt. Hier ist kultursensibles Fingerspitzengefühl und ein reger Dialog mit den Eltern gefragt! Die nachfolgende
Elterninformation soll den Eltern Basisinformationen über das Hut-Projekt geben und sie
zugleich in das Projekt einbinden.
Die folgenden Beispiele sind Anregungen, die Forderungen des Berliner Bildungsprogramms entsprechend der kulturellen und sozialen Zusammensetzung der Kinder-Gruppe
in Zusammenarbeit mit den Eltern umzusetzen.
Wir wünschen Ihnen viel Spaß mit der Weiterentwicklung und Durchführung der hier
präsentierten Ideen!
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EPIZ | ErzieherInnen Global | Identität und Vielfalt | Elterninformation
G+
ELTERNINFORMATION
(Diese sollte ggf. in die Sprachen der Eltern übersetzt werden.)
Liebe Eltern,
Hüte und Kopfbedeckungen sind so vielfältig wie unsere Gesellschaft. Mit dem Projekt
„Alles unter einem Hut“ möchten wir unseren Kindern verschiedene Hüte und Kopfbedekkungen vorstellen. Wir wollen die Eigenschaften und Bedeutungen vom Kopftuch über
den Sombrero bis zum Fahrradhelm deutlich machen und den Kindern die kulturelle und
soziale Bedeutung von Hüten näher bringen. So lernen die Kinder die Vielfalt unserer
Gesellschaft kennen und schätzen.
Damit unser Projekt gelingt, brauchen wir Ihre Unterstützung: Bitte geben Sie Ihrem Kind
morgen einen besonderen Hut oder eine andere Kopfbedeckung mit in den Kindergarten.
Welche Bedeutung hat diese(r) für Ihre Familie? Erzählen Sie Ihrem Kind davon! Wer trägt
oder trug Kopfbedeckungen und zu welchen Anlässen?
Im Rahmen unseres Projekts werden wir
… Geschichten über Hüte hören
… selbst Hüte basteln und damit spielen
… verschiedenste Hüte und Kopfbedeckungen anprobieren
… Lieder singen
… und die behütenden Eigenschaften von Kopfbedeckungen erfahren: Warum gibt es im
Winter Pudelmützen und im Sommer nicht und wozu ist der Fahrradhelm nötig?
Liebe Eltern,
Hüte und Kopfbedeckungen sind so vielfältig wie unsere Gesellschaft. Mit dem Projekt
„Alles unter einem Hut“ möchten wir unseren Kindern verschiedene Hüte und Kopfbedekkungen vorstellen. Wir wollen die Eigenschaften und Bedeutungen vom Kopftuch über
den Sombrero bis zum Fahrradhelm deutlich machen und den Kindern die kulturelle und
soziale Bedeutung von Hüten näher bringen. So lernen die Kinder die Vielfalt unserer
Gesellschaft kennen und schätzen.
Damit unser Projekt gelingt, brauchen wir Ihre Unterstützung: Bitte geben Sie Ihrem Kind
morgen einen besonderen Hut oder eine andere Kopfbedeckung mit in den Kindergarten.
Welche Bedeutung hat diese(r) für Ihre Familie? Erzählen Sie Ihrem Kind davon! Wer trägt
oder trug Kopfbedeckungen und zu welchen Anlässen?
Im Rahmen unseres Projekts werden wir
… Geschichten über Hüte hören
… selbst Hüte basteln und damit spielen
… verschiedenste Hüte und Kopfbedeckungen anprobieren
… Lieder singen
… und die behütenden Eigenschaften von Kopfbedeckungen erfahren: Warum gibt es im
Winter Pudelmützen und im Sommer nicht und wozu ist der Fahrradhelm nötig?
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EPIZ | ErzieherInnen Global | Identität und Vielfalt | Alle(s) unter einem Hut
KENNST DU DIESEN HUT?
Legen Sie mit Hilfe der Eltern eine Hutsammlung an. Vielleicht finden Sie auf dem Flohmarkt, auf dem Dachboden oder in einem kleinen Theater ein seltenes Stück? Diese
Sammlung soll nach Möglichkeit die Vielfalt der Kinder-Gruppe repräsentieren und ist zum
einen Vorlage für eigene Hutkreationen, zum anderen Requisite für verschiedene Spielideen.
Legen Sie die Bildkarten aus dem Mittelteil der Broschüre oder auch andere Materialien
(Bilder aus Kinderbüchern, „behütete“ Puppen und Spielfiguren etc.) und die mitgebrachten Hüte in den Morgenkreis. Die Kinder haben den von zu Hause mitgebrachten Hut
auf dem Kopf oder wählen sich einen aus der Mitte aus. Jedes Kind darf etwas zu seinem
Hut sagen. Dann wird gemeinsam überlegt, welche Hüte bekannt sind, welche die Kinder
außerdem kennen und zu welchen Anlässen man die Hüte trägt.
Hutmemory
Sie können die Bildvorlagen aus dem Mittelteil der Broschüre in Farbe kopieren und zu
Memory-Karten zurecht schneiden. Sie können aber auch ein dreidimensionales Memory
mit den echten Hüten spielen. Das lädt zum Anfassen und Bewegen ein. Sie benötigen
dazu eine gerade Anzahl verschiedener Hüte und jeweils zwei gleiche Gegenstände (Stifte,
Luftballons, Bälle, Spielfiguren, etc.). Unter jeden Hut kommt jeweils ein Gegenstand. Die
Kinder dürfen dann der Reihe nach zwei Hüte aufdecken und nach den richtigen Paaren
suchen.
Hutquartett
Wofür dienen eigentlich die Kopfbedeckungen der selbst angelegten Hutsammlung? Lassen
Sie die Kinder die Hüte ihren ursprünglichen Bedeutungen entsprechend zuordnen (z.B.
nach den Kategorien Berufsbekleidung, modische Hüte, religiöse Kopfdeckungen, schützende Hüte). Die Bildvorlagen im Mittelteil der Broschüre enthalten sechs Quartette. Zu den
Oberbegriffen: Sommer, Winter, Sport, Arbeit, Kopftücher und Verkleidungen finden sich
jeweils vier dazu gehörige Bildkarten. Diese können Sie ausschneiden und nach normalen
Quartettregeln spielen. Dabei wird es interessante Diskussionen zur Zugehörigkeit geben:
Gehört der Ski-Helm in den Winter oder zum Sport?
Weitere Spielmöglichkeiten schließen sich hier an, je nach Konzentration, Interesse und
Entwicklungsstand der Kinder
Tasten
Je eine Kopfbedeckung kommt in eine Kiste unter ein Tuch. Kannst du ertasten, um
welchen Hut es sich handelt? Ist er fest oder weich? Wer trägt ihn und wofür?
Bewegen
Hutslalom: Ein Kind bringt einen Hut auf dem Kopf an das Ende der Hut-Slalomstrecke,
das nächste Kind holt ihn wieder zurück usw.
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Rechnen
Wie viele Murmeln befinden sich unter diesem Hut, wenn ich [alle laut im Chor] „Eine,
Zwei, Drei, …“ Murmeln darunter schiebe? So kann man gemeinsam das Zählen üben.
Für ältere Kinder können weitere Rechenaufgaben veranschaulicht werden.
EPIZ | ErzieherInnen Global | Identität und Vielfalt | Alle(s) unter einem Hut
G+
MEIN HUT IST ANDERS ALS DEIN HUT
Eine vom Kind selbst bzw. mit Hilfe der ErzieherInnen oder Eltern gebastelte Kopfbedekkung eignet sich hervorragend, um eine bestimmte Identität zum Ausdruck zu bringen,
sich von anderen abzugrenzen und die Identitäten der anderen wahrzunehmen. Sowohl
Ich- Kompetenzen als auch Sozialkompetenzen (Empathievermögen, Kooperationsbereitschaft) und Sachkompetenzen (Kreativität, Basteltechniken, Wissen über die Herkunft von
Hüten) können während des Bastelns und in nachfolgenden Spielen gefördert werden.
Die Auswahl der Materialien, Techniken und Modelle entscheidet maßgeblich über das
Ziel: Jedes Kind soll sich wohl fühlen unter seinem Hut! Lassen Sie den Kindern ausreichend Zeit, damit die Kopfbedeckung zu einem persönlichen Unikat werden kann! So
können die selbst gebastelten Kunstwerke als Utensilien für nachfolgende Spiele, Rollenspiele und Lieder verwendet werden. Sobald die Hüte fertig sind, kommen sie zum
Trocknen und Bestaunen ins „Hutmuseum“ – ein geeigneter Ort in Sichthöhe der Kinder.
Hier geben wir Ihnen als Anregung drei Beispiele selbst gebastelter Kopfbedeckungen.
Zylinder
Material
Korpus
Wellpappe oder Tonkarton, starkes Klebeband, Schere,
Maßband für den Kopfumfang
Dekoration Stoff- und Lederreste
Der Korpus des Zylinders besteht aus drei Teilen aus Wellpappe oder Tonkarton:
Ein Rechteck ([Höhe] x [Kopfumfang + 4 cm]) an beiden
kurzen Seiten gleichmäßig mit Einschnitten versehen, so dass
sich die beiden Enden zu einem Zylinder ineinander schieben
lassen. Die Nahtstelle mit starkem Klebeband von innen und
außen fixieren.
Der kreisförmige Zylinderdeckel (Durchmesser: [Kopfumfang
+ 2 cm]) wird rundherum gezackt (2 cm, s. Abb.), die Zacken
umgeknickt.
Die Zylinderkrempe ist ein Kreis (Durchmesser [Kopfumfang
+ 6 cm]) mit einem Loch (Durchmesser: [Kopfumfang - 2 cm]).
Der innere Rand wird gezackt (2 cm, s. Abb.), die Zacken
umgeknickt.
An der oberen und unteren Innenseite des Zylinders doppelseitiges Klebeband anbringen. Der Deckel wird in den
Zylinder geschoben und mit starkem Klebeband fixiert.
Ebenso wird die Krempe am anderen Ende fixiert.
Sobald der Korpus fertig ist, kann der Zylinder nach Belieben
dekoriert werden, z.B. mit Stoff- oder Lederresten beklebt
werden. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt!
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EPIZ | ErzieherInnen Global | Identität und Vielfalt | Alle(s) unter einem Hut
Bunt bedruckter Malerhut
Material
Korpus
Zeitungspapier, Hefter
Dekoration Wasserfarben, Pinsel, Moosgummi, fester Karton,
alte Teesiebe, alte Zahnbürsten
Der Korpus ist in wenigen Minuten fertig. Fixieren Sie die Enden mit einer Heftklammer!
Bereiten Sie vielfältige Schablonen aus festem Karton vor: mit einem Teesieb und einer alten
Zahnbürste zaubert man die Figuren auf den Hut. Bereiten Sie Stempel aus Moosgummi vor.
Tarnkappe
Material
Korpus
Luftballons, Zeitungspapier, Kleister (Tapeten- oder Kartoffelkleister)
Dekoration Wasserfarben, Federn, Blätter, Wollreste, Klebstoff
Der Korpus der Tarnkappe entsteht aus mehreren Schichten Zeitungspapier und Kleister
um einen kopfgroßen Luftballon. Sobald der Kleister getrocknet ist (Achtung: kann bis zu
drei Tage dauern!), geht es los: Die Kappen können bemalt und z.B. mit Wollresten oder
Federn beklebt werden.
Drei Ideen von Tausenden…
Wie wäre es mit einem sechseckigen Fantasiehut? Aus einer alten Schultüte kann ein Hut
eines schönen Burgfräuleins oder eines Zauberers werden! Und wer hätte nicht gerne
einen feinen Kentucky-Derby aus Hasendraht und Stoffresten oder einen Drachenhut aus
Pappmachée?
Die folgenden Bücher geben Anregungen zum Basteln und Bedrucken der Kunstwerke:
Christa Söder-Wagenhäuser. Lustige Hüte und Perücken. Niederhausen, Falken, 1991.
Ingrid Moras. Zauberhaftes aus Hüten und Tüten. Christopherus Verlag, Freiburg, 1994.
Martha Steinmeyer. Punkt, Punkt, Klecks & Strich. Mit Farben malen, drucken, pusten.
Für Kinder ab 4. Christopherus Verlag, 1998.
Margot Weiss. Mit Kindern basteln. Drucktechniken. Englisch Verlag, 1990.
Ray Gibson. Papiermaschee. Ravensburger Buchverlag, 1995.
Fergg, Monika. Filzen für Einsteiger. Augustus-Verlag, 1998.
ICH STEHE HIER MIT MEINEM HUT
Dieses Lied soll zum einen das Selbstbewusstsein der Kinder stärken, zum anderen die
Wahrnehmung anderer Kinder schulen. Außerdem lernen die Kinder die Bedeutung von
drei Redewendungen rund um den Hut kennen.
Mitmachen
Alle Kinder stehen mit ihrem (selbst gebastelten) Hut im Kreis.
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EPIZ | ErzieherInnen Global | Identität und Vielfalt | Alle(s) unter einem Hut
Ich stehe hier mit meinem Hut (Mitmachlied)
Ich stehe hier mit meinem Hut
Schau mich an
Steht der mir nicht gut?
Auch du stehst hier mit deinem Hut
Und auch der steht dir so richtig gut!
Mit beiden Händen an den Hut zeigen
Ein Kind aus der Gruppe fest anschauen
Auf die eigene Schulter klopfen
Den Nachbarn bewundernd anschauen
Dem Nachbarn ermutigend auf die
Schulter klopfen
1. „Hut ab“ das heißt
du hast was gut gemacht!
Respekt, das hätt’ ich nicht gedacht!
Elegant vor dem Nachbarn „den Hut ziehen“
2. Ich bin heute „Auf der Hut“
Ich bin vorsichtig und wach
und ich habe Mut!
Leicht ducken und wach nach links und rechts
schauen
3. „Das ist ein alter Hut!“:
Weise lächeln und mit der Hand abwinken.
Das kenn’ ich schon, das kenn ich gut!
ICH BIN DU UND DU BIST ICH!
Wie ist es wohl, jemand anderes zu sein? Die eigene Identität über einen Zeitraum aufzugeben und sich in eine andere hinein zu versetzen, kann viel Spaß machen, erfordert aber
auch Mut, Fantasie und Empathievermögen. Ziel des Spieles ist es, sich in eine andere
Person hinein zu denken, um dadurch die eigene sowie die Identität des Anderen besser
kennen zu lernen.
Die besondere Bedeutung von Kopfbedeckungen findet sich oft in Märchen und Geschichten. Was wäre zum Beispiel die Geschichte vom Räuber Hotzenplotz ohne das „Verkleiden“
von Kasperl und Seppel? Die beiden Helden tauschen mit Kasperlmütze und Seppelhut
ihre Identität und bringen so den bösen Räuber Hotzenplotz hinter Gitter, befördern den
Zauberer Petrosilius Zwackelmann anstelle der schönen Fee Amaryllis in den Unkenteich
und die Großmutter bekommt ihre heißgeliebte Kaffeemühle wieder. Mit dem Erzählen
dieser Geschichte am Vortag könnte die Verwandlung im Morgenkreis eröffnet werden.
Otfried Preußler.
Der Räuber Hotzenplotz, Thienemann Verlag, 1962, ISBN 3522105907
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EPIZ | ErzieherInnen Global | Identität und Vielfalt | Alle(s) unter einem Hut
Einstieg:
Die Geschichte von Otfried Preußlers Hotzenplotz mit der Verwechslung von Kasperl und
Seppel liefert den Rahmen für das Spiel mit den Identitäten. So wie Kasperl und Seppel
in der Geschichte sollen auch die Kinder für einen bestimmten Zeitraum in die Rolle eines
anderen Kindes schlüpfen. Die selbst angefertigten Kopfbedeckungen kommen nun zum
Einsatz. Um sich leichter in die Rolle des Hutbesitzers einzufinden, empfiehlt sich ein Ritual.
Zwei Textstellen bieten einen guten Anlass für den Identitätswechsel:
1. Kasperl wird Seppel und Seppel wird Kasperl
Wer weiß noch, wie sich Kasperl und Seppel „verkleidet“ haben, bevor sie sich auf die
Suche nach Räuber Hotzenplotz machen? Sie tauschten ihre Hüte!
Zwei Vorschläge für ein Ritual zum Hüte tauschen:
· Alle Kinder stehen im Kreis und legen ihre Hüte vor sich ab. Sobald eine Melodie einsetzt,
fassen sie sich an den Händen und gehen im Kreis, bis die Musik aussetzt. Der Hut, der
vor dem jeweiligen Kind liegt, hat seinen neuen Besitzer gefunden!
· Jeweils zwei Kinder, die etwas über einander wissen, stehen sich gegenüber, die Gruppe
im Kreis um die beiden herum. Die beiden sagen zusammen einen Zauberspruch
(z.B. „Ich bin du und du bist ich!“), die ganze Gruppe antwortet „Hokus Pokus – so sei
es!“ und die beiden Kinder tauschen ihre Hüte. Das Ritual wiederholt sich, bis alle
Kinder einen neuen Hut auf haben. Bei ungerader Anzahl kann es auch einen Dreiertausch
geben.
2. Des Hutes Besitzer stelle sich ein!
Wer weiß noch, wie Seppel in das Schloss des bösen Zauberers Petrosilius Zwackelmann
kam? Er wurde von dem Zauberer herbeigehext, weil Kasperl Seppels Hut im Schlossgarten
gelassen hatte!
Zeichnen Sie mit Zauberkreide einen „Magischen Kreis“ (1 m) auf Papier. Die Kinder stehen
im Kreis um den Magischen Kreis herum. Der Hut eines Kindes wird in die Mitte gelegt.
Nacheinander zaubert die ganze Gruppe gemeinsam ein Kind nach dem anderen zu dem
jeweiligen Hut hin (vgl. Otfried Preußlers Hotzenplotz, Kapitel „Des Hutes Besitzer“, Abb. S. 85).
Zwackelmanns Zauberspruch
Herbei, herbei,
Wo er auch sei!
Des Hutes Besitzer
Er stelle sich ein:
Wo der Hut ist,
Da soll er auch selber sein!
Hokus Pokus – so sei es!
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Die Kinder versuchen, sich für eine halbe Stunde mit den jeweils anderen Namen anzusprechen und sich Spiele zu suchen, die die HutbesitzerInnen gern spielen. Anschließend
kommen die Kinder zur Obstmahlzeit zusammen und setzen sich auf die jeweiligen Plätze.
Sie überlegen, welches Obst die HutbesitzerInnen gern essen und probieren davon. Nach
der Mahlzeit werden die Hüte nach einem „Ausstiegsritual“ wieder zurück getauscht. Dazu
stellen sich alle Kinder wieder um den magischen Zauberkreis und legen ihre Hüte dort
hinein. Jedes Kind tritt einzeln vor und spricht: „Ich bin ich“ – Die anderen Kinder: „Hokus
Pokus – So sei es!“. Das Kind im Kreis: „Ich bin wieder ... (Name des Kindes)“. Die anderen
EPIZ | ErzieherInnen Global | Identität und Vielfalt | Alle(s) unter einem Hut
G+
Kinder: „Hokus Pokus – So sei es“ Sobald jede wieder „sie selbst“ ist, können wieder die
eigenen Hüte aufgesetzt werden.
Ins Gespräch kommen
Die Erfahrungen der Kinder sollten gemeinsam besprochen werden. Wie war es eigentlich,
eine Zeit lang jemand anderes zu sein? Was hat den Kindern gefallen, was war nicht so
gut? Freuen sie sich, jetzt wieder SIE SELBST zu sein? Was ist an dem eigenen Ich gut? Es
geht in dieser Runde genauso darum, die anderen Kinder wie auch die eigene Identität
bewusst wertzuschätzen.
STOFF AUF DEM KOPF – KOPFTÜCHER UND TURBANE
Kopftücher und Turbane sind Kopfbedeckungen mit jahrtausendealter Geschichte, die es
in verschiedenen Gegenden der Welt und unzähligen Ausführungen gibt. Sie werden aus
religiösen Gründen, zum Schutz vor Sonne und Wind, Hitze und Kälte, vor Verletzungen
und bösen Geistern oder als dekoratives Element getragen. Abhängig von Material, Dicke
und Farben des Stoffes lassen sich geniale Verkleidungen, modische Accessoires und
Schutzelemente zaubern. Die Kinder sollen die Vielfalt der Kopfbedeckungen entdecken,
die in unserer Gesellschaft und in anderen Ländern anzutreffen sind.
Sehen, Fühlen und Beschreiben
Zeigen Sie Ihren Kindern die Vielfalt der verschiedenen Kopftücher (unterschiedliche
Stoffe, Farben, Größen). Wie fühlt sich der Stoff an? Ist er warm? Ist er weich oder rau? Ist
er eher warm oder kühl? Finden Sie gemeinsam Wörter, um zu beschreiben, wie die Stoffe
aussehen und wie sie sich anfühlen. Hier können die sprachlichen Grundfertigkeiten der
Kinder bewusst geübt werden.
Was ist denn das für ein Kopftuch?
Zeigen Sie Ihren Kindern die Bilder und Skizzen der verschiedenen Kopftücher und
Turbane, die Sie in der Mitte der Broschüre finden. Welche Kopfbedeckungen kennen sie?
Was wissen sie darüber? Welche gefällt ihnen besonders gut?
Bedrucken
Wenn Sie unbedruckte Stoffe haben, lassen Sie die Kinder ihr eigenes Kopftuch gestalten!
Hier können die Kinder mit Mustern und Symbolen, Buchstaben und Figuren experimentieren.
Material:
abgesteppte Meterware, Stofffarbe, von den Kindern selbst gefertigte Schablonen oder
Stempel
Einwickeln
Probieren Sie verschiedene Wickeltechniken von Kopftüchern und Turbanen mit den
Kindern zusammen aus. Lassen Sie Raum für eigene Kreationen von Kopfbedeckungen!
Vielleicht findet sich unter den Eltern ein(e) Spezialist(in)?!
Material: Stoffe verschiedener Materialien, Größen und Farben, Handtücher, Schals,
Weiterführende Informationen:
Turbane der Welt. URL http://www.meissoun.ch/turban.htm
Kopftücher im Islam. URL http://www.kopftuch.info/
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Umdichten: Mein Kopftuch ist voll Blumen
Wie wär’s mit einer neuen Textfassung des Klassikers „Mein Hut, der hat drei Ecken“?
Mein Kopftuch ist voll Blumen
Mein Kopftuch ist voll Blumen,
voll Blumen, das ist schön.
Und wär’n da nicht die Blumen,
dann hätte ich´s nicht geseh’n.
Zum Mitmachen:
MEIN
KOPFTUCH
BLUMEN
NICHT
GESEHEN
mit dem Zeigefinger auf die Brust tippen
mit der flachen Hand auf den Kopf tippen
an einem „Blumenstrauß“ schnuppern
den Kopf schütteln
die Hände vor die Augen halten
Bei jedem Durchgang wird ein Wort durch die passende Geste ersetzt, bis alle fünf Worte
nur noch durch Gesten symbolisiert werden.
Mehrsprachigkeit im Kindergarten: My hat it has three corners (B3, B5)
Der Einbezug der Muttersprachen mehrsprachiger Kinder in die Arbeit fördert die Entwicklung des Kindes in seiner Ganzheit und trägt so zur Identitätsentwicklung bei. Dies
bietet einen guten Anlass, mit den Eltern ins Gespräch zu kommen und so Familien- und
Kindergarten-Alltag sinnvoll zu verbinden
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EPIZ | ErzieherInnen Global | Identität und Vielfalt | Alle(s) unter einem Hut
Englisch
My hat, it has three corners,
Three corners has my hat,
And had it not three corners,
It would not be my hat.
Portugiesisch
O meu chapéu tem três bicos
Tem três bicos o meu chapéu
Se não tivesse três bicos
Não seria o meu chapéu!
Niederländisch
mijn hoed die heeft vier deuken
vier deuken heeft mijn hoed
en had hij niet vier deuken
dan was het niet mijn hoed
Schwedisch
Min hatt, den har tre kanter
Tre kanter har min hatt
Och har den ej tre kanter
Så är det ej min hatt.
Weiterführende Lektüre und Praxisanregungen:
· Silvia Hüsler-Vogt. Tres tristes tigres … Drei traurige Tiger … . Zaubersprüche,
Geschichte, Verse, Lieder und Spiele für die mehrsprachige Kinder(garten)-Gruppe.
Lambertus, 1997.
· Horst Schwarz. Märchen aus 16 Ländern zum Mitmachen, Vorlesen, Erzählen,
Singen. Beltz, 2005.
· Verband binationaler Familien und Partnerschaften iaf e.V. (Hrsg). Kompetent
mehrsprachig. Brandes & Apsel, 2004.
· Verband binationaler Familien und Partnerschaften iaf e.V. (Hrsg). Vielfalt ist unser
Reichtum. Warum Heterogenität eine Chance für die Bildung unserer Kinder ist.
Brandes & Apsel, 2004.
HUTEXPERIMENTE:
DER VERRÜCKTE RASSELKOPF
Mit diesem Experiment sollen die Kinder die schützenden Eigenschaften eines Fahrradhelms erfahren. Im Verlauf der Vorbereitungen werden Erfahrungen mit dem Wiegen
und Messen von Gegenständen, mit Geräuschen von verschiedenen Materialien sowie der
kreativen Gestaltung gemacht.
Rasselköpfe – Material
Luftballons, Zeitungspapier, Tapetenkleister, verschiedene Füllmaterialien
(Sand, Erde, Kiesel, Reis, Mehl, etc.), Trichter
Vorbereitung
Wiegen Sie zusammen mit den Kindern 500g der verschiedenen Füllmaterialien ab und
befüllen Sie die Luftballons mit Hilfe des Trichters. Der befüllte Ballon wird auf Kopfgröße
aufgeblasen. Die Ballons werden mit Tapetenkleister und Zeitungspapier beklebt und
so nach drei Tagen Trockenzeit zu rasselnden Musikinstrumenten. Die „Köpfe“ können mit
Gesichtern bemalt werden, bevor der Versuch startet. Wer weiß noch, welches Material in
welchem Rasselkopf steckt?
Durchführung
Die fertigen Rasselköpfe werden nacheinander mit verschiedenen Hüten, Helmen, Kopftüchern, Turbanen etc. aus gleicher Höhe auf den Betonboden fallen gelassen. Welcher Kopf
überlebt den Sturz auf den Betonboden?
33
G+
EPIZ | ErzieherInnen Global | Identität und Vielfalt | Alle(s) unter einem Hut
Im Anschluss ins Gespräch kommen
Wieso tragen wir beim Fahrradfahren einen Fahrradhelm? Was kann passieren, wenn der
Kopf nicht geschützt ist?
HUTEXPERIMENTE:
EL SOMBRERO – DER SCHATTENMACHER
(spanisch: la sombra – der Schatten)
Warum setzen wir eigentlich einen Hut auf, wenn die Sonne vom Himmel brennt und
auch, wenn es im Winter kalt ist? Wie kann ein Hut zugleich wärmen und kühlen?
Mit diesem Experiment können die Kinder beobachten, was ein Hut in der prallen Sonne
bewirken kann und wie nützlich eine warme Mütze sein kann.
Material:
Sommer: 2 Teller mit Eiswürfeln, Speiseeis oder Schokolade, Sombrero oder anderer
Sonnenhut
Winter: 2 kleine Töpfe mit heißen Pellkartoffeln oder heißem Milchreis, wärmende
Wollmütze
Durchführung:
Sommer: Legen Sie Eis oder Schokolade auf zwei kleine Teller und stellen sie diese, einmal
unbedeckt und einmal mit dem Sonnenhut bedeckt in die Sonne. Die Kinder können
zusehen, wie schnell Eis und Schokolade schmelzen. Wenn alles geschmolzen ist, schauen
sie unter den Sonnenhut! Aha - hier ist noch etwas übrig!
Winter: Für das Kälte-Experiment wird ein kleiner Topf mit warmen Speisen ohne und ein
anderer, verpackt in einer warmen Mütze auf den Tisch gestellt. Welcher Topf ist nach
einer halben Stunde noch warm?
Die Experimente kann man auch zum Thema Regenwetter ausbauen. Dazu brauchen Sie
Wasser abweisende und -durchlässige Kopfbedeckungen und Mehl. Mal schauen, unter
welchem Hut das Mehl trocken bleibt!
Ins Gespräch kommen
Wieso tragen wir im Sommer einen Sonnenhut? Was kann passieren, wenn man sich nicht
gegen die Sonne schützt?
Welt erkunden
Warum tragen BäuerInnen in Mexiko den Sombrero? Wieso ist er so groß? Wie ist das
Wetter in Mexiko? Gibt es dort genügend Wasser?
Der Sombrero bietet einen guten Einstieg, in eine Region tiefer und mit allen Sinnen
einzutauchen.
34
G+
GLOBALES LERNEN
DIE KARTOFFEL IST EINE
PERUANERIN, DIE
SICH ÜBERALL ZU HAUSE
FÜHLT
G+
EPIZ | ErzieherInnen Global | Globales Lernen | Die Kartoffel
Dieser Praxisbaustein präsentiert ein Projekt, mit dem Globales Lernen schon mit kleinen
Kindern und nach den Leitlinien des Berliner Bildungsprogramms umgesetzt werden kann.
In der dritten Ebene des Bildungsverständnisses geht es um das Welterleben und Welterkunden der Kinder. Es wird also eine Welt entdeckt, die zwar bei dem Erfahrungswissen
der Kinder ansetzt, aber beständig erweitert wird. Die kindliche Neugier fordert geradezu
heraus, hinter die alltäglichen Dinge zu schauen.
Wir haben als Beispiel die Kartoffel gewählt. Kartoffeln gehören nahezu für alle Kinder
der Welt zu einem bekannten Nahrungsmittel. Kartoffeln werden auf der ganzen Welt
angebaut. Doch das war nicht immer so. Ursprünglich aus den Anden kommend, haben
sie sich im Laufe der letzten 500 Jahre rasant über die Welt verbreitet. Sie sind ein eindrückliches Beispiel für Globalisierung, mit negativen wie positiven Konsequenzen.
Ausgehend von der Kartoffel erweitern die Kinder einerseits ihren Horizont hinsichtlich
eines bekannten Nahrungsmittels, aber sie entdecken darüber auch das Inkareich,
die historischen Verbindungen zwischen Europa und Südamerika und erleben in kleinen
persönlichen Geschichten den Alltag und die Lebenssituation von Kindern aus einem
anderen Teil der Welt, dem Ursprungsland der Kartoffel: Peru. Sie lernen, sich in die peruanischen Kinder hinein zu versetzen und erproben so den Wechsel von Perspektiven. Durch
die Vielfalt an Methoden und Themen, die entlang der so alltäglichen und unscheinbaren
Kartoffel eröffnet werden, lernen die Kinder genauer hin zu schauen. Die Fragestellungen
entlang der Kartoffel wecken die Neugier auf andere Produkte ... Woher kommen Tomaten,
Bananen, Gameboys? Die Beschäftigung mit diesen alltäglichen Dingen kann das
Bewusstsein von Kindern für die Zusammenhänge der Einen Welt entscheidend erweitern.
Globales Lernen trägt auch dazu bei, in frühen Jahren die Begegnung mit scheinbar
Fremdem emotional und kognitiv positiv zu prägen und beugt somit fremdenfeindlichen
Tendenzen vor.
Die im Folgenden vorgeschlagenen Übungen und Spiele stammen aus der langjährigen
Praxis von Susana Fernández zum Thema „Kartoffel“, die sie mit Kindern verschiedenen
Alters durchgeführt hat und die stets große Begeisterung hervorgerufen haben.
Auch in diesem Projekt ist es uns wichtig, dass die Familien in das Projekt einbezogen
werden. Dazu finden Sie hier eine vorbereitete Elterninformation.
36
EPIZ | ErzieherInnen Global | Globales Lernen | Elterninformation
G+
ELTERNINFORMATION
(Diese sollte ggf. in die Sprachen der Eltern übersetzt werden.)
Liebe Eltern,
im Kindergarten beschäftigen wir uns derzeit mit der Kartoffel. Die Kartoffel ist ein
wichtiges Nahrungsmittel für unsere Kinder. Sie kam vor fast 500 Jahren aus den Anden
in Südamerika nach Europa und wird heute überall auf der Welt auf unterschiedlichste
Weise angebaut und zubereitet. Die Kinder erfahren etwas über die Geschichte der Kartoffel
und über den Alltag von Kindern im modernen Peru. Sie lernen die Pflanze kennen,
experimentieren und gestalten mit ihr. Falls Sie selbst etwas zum Thema beitragen möchten,
laden wir Sie dazu herzlich ein. Bitte sprechen Sie uns an!
Zu Hause können Sie die „Kartoffel-im-Glas“ mit Ihrem Kind vorbereiten.
Anleitung für die Kartoffel im Glas:
1 kleine Bio-Kartoffel (gespritzte Kartoffel keimen manchmal nicht!)
1 Glas mit dem Namen Ihres Kindes
4 Zahnstocher
Die Zahnstocher werden so in die Kartoffel gesteckt, dass sie stehen kann. Dann wird die
Kartoffel in ein Glas gestellt. Mit Wasser füllen bis es die Kartoffel zur Hälfte bedeckt. Das
Glas mit der Kartoffel wird dann an einen hellen und warmen Ort gestellt. Nach zwei bis
drei Wochen sprießen kleine Wurzeln aus der Kartoffel. Bitte schicken Sie die Kartoffel
dann mit in den Kindergarten (spätestens am / /
)
Zum Abschlussfest / Kochnachmittag am
/
/
laden wir Sie und Ihr Kind ganz
herzlich ein. Wir würden uns freuen, wenn Sie ein für Ihre Familie typisches Kartoffelgericht zum Probieren mitbringen könnten. Über weitere Anregungen freuen wir uns!
Liebe Eltern,
im Kindergarten beschäftigen wir uns derzeit mit der Kartoffel. Die Kartoffel ist ein
wichtiges Nahrungsmittel für unsere Kinder. Sie kam vor fast 500 Jahren aus den Anden
in Südamerika nach Europa und wird heute überall auf der Welt auf unterschiedlichste
Weise angebaut und zubereitet. Die Kinder erfahren etwas über die Geschichte der Kartoffel
und über den Alltag von Kindern im modernen Peru. Sie lernen die Pflanze kennen,
experimentieren und gestalten mit ihr. Falls Sie selbst etwas zum Thema beitragen möchten,
laden wir Sie dazu herzlich ein. Bitte sprechen Sie uns an!
Zu Hause können Sie die „Kartoffel-im-Glas“ mit Ihrem Kind vorbereiten.
Anleitung für die Kartoffel im Glas:
1 kleine Bio-Kartoffel (gespritzte Kartoffel keimen manchmal nicht!)
1 Glas mit dem Namen Ihres Kindes
4 Zahnstocher
Die Zahnstocher werden so in die Kartoffel gesteckt, dass sie stehen kann. Dann wird die
Kartoffel in ein Glas gestellt. Mit Wasser füllen bis es die Kartoffel zur Hälfte bedeckt. Das
Glas mit der Kartoffel wird dann an einen hellen und warmen Ort gestellt. Nach zwei bis
drei Wochen sprießen kleine Wurzeln aus der Kartoffel. Bitte schicken Sie die Kartoffel
dann mit in den Kindergarten (spätestens am / /
)
Zum Abschlussfest / Kochnachmittag am
/
/
laden wir Sie und Ihr Kind ganz
herzlich ein. Wir würden uns freuen, wenn Sie ein für Ihre Familie typisches Kartoffelgericht zum Probieren mitbringen könnten. Über weitere Anregungen freuen wir uns!
G+
EPIZ | ErzieherInnen Global | Globales Lernen | Die Kartoffel
DIE LEGENDE DER KARTOFFEL
Mit dieser Einheit werden die Kinder auf das Thema eingestimmt. Sie erfahren, wo die
Kartoffel herkommt und wie Apu, der Berggeist der Inka, den Menschen die Kartoffel
bringt. Sie lernen gleichzeitig, welche Produkte ursprünglich noch aus den Anden kommen.
Anleitung:
Es läuft Andenmusik im Hintergrund.
Die Kinder sitzen im Kreis und in der Mitte werden kleine Schalen mit Quinoa (erhältlich
in Bioläden, Reformhäusern und großen Supermärkten), Maiskörnern, Erdnüssen, Bohnen,
sowie ein Korb mit bunten Kartoffeln, Chuño (haltbar gemachte Kartoffel der Andenregion,
online zu bestellen unter www.erlesene-kartoffeln.de, 250 g kosten ca. 3,90 €) und Tomaten
aufgestellt.
Die Schalen werden herumgereicht, damit die Kinder den Inhalt der Schalen bzw. des
Korbes erkennen können. In einer kleinen Diskussion werden die Kinder gefragt, welche
Produkte sie kennen und mögen, ob sie wissen, welche davon in Deutschland wachsen
oder ob sie wissen, woher die Produkte kommen.
Auf einer großen Kinderweltkarte wird gezeigt wo Peru, das Land der Sonnenkinder, der
Inkas, liegt. Dann wird die Legende aus der Inkazeit (13. bis 16. Jahrhundert) vorgelesen.
Das Geschenk des Berggeistes
Eine alte Legende erzählt, dass die Menschen, die auf der Hochebene lebten, Macht über
alle anderen Völker der Andenregion ausübten. Sie kontrollierten die Verteilung von
Quinoa. So gaben sie absichtlich den Männern, Frauen und Kindern der anderen Völker
wenig zu essen, damit diese Hunger hatten.
Diese Menschen waren sich ihrer Abhängigkeit bewusst und eines Tages kletterten sie auf
den Gipfel des heiligen Berges, um den Berggeist Apu um Hilfe anzuflehen. Der Berggeist
Apu sandte seinen Boten, den mächtigen Kondor, um ihnen dunkle und weiche Samen zu
überbringen, die, nachdem sie angepflanzt waren, als hübsche Stauden mit rosa- und
lilafarbenen Blüten wuchsen. Nach kurzer Zeit bedeckten diese Pflanzen das kahle und
kalte Land und die hungernden Menschen freuten sich sehr auf die baldige Ernte.
Die Herrscher, Menschen der Hochebene, hatten dies heimlich beobachtet und geschehen
lassen, mit der bösen Absicht, später, wenn die Früchte reif wären, die gesamte Ernte zu
stehlen.
Als die Stauden gelb und ihre Früchte reif waren, kamen sie und mähten die Felder nieder.
Sie nahmen alle Stauden mit ihren reifen Beeren mit und glaubten, eine gute Beute
gemacht zu haben. Aber sie irrten sich: Als sie die Beeren verzehrten, wurden sie alle
krank.
Die armen Menschen aber waren bestürzt, als sie die leeren Felder entdeckten. Sie waren
kurz vor dem Verhungern und hatten die Ernte herbeigesehnt.
Erneut baten sie den Apu um Hilfe. Seine Stimme aus dem Inneren des Berges gab ihnen
die Anweisung, in der Erde der Äcker nach den Wurzelknollen der gestohlenen Pflanzen zu
suchen. Mamapacha, eure Muttererde, hat sie dort versteckt, um sie vor den bösen
Menschen zu schützen.
Die Menschen befolgten die Anweisung: Als sie die Erde durchwühlten, fanden sie die
großen und saftigen Knollen, die sie heimlich ernteten und für ihr Volk in dunklen
Kammern aufbewahrten. Jeden Tag kochten und aßen sie eine Portion dieser Knollen und
bald wurden Männer, Frauen und Kinder gesund und kräftig.
38
EPIZ | ErzieherInnen Global | Globales Lernen | Die Kartoffel
G+
Als sie wieder von den Menschen der Hochebene angegriffen wurden, kämpften sie mit
aller Kraft und die Herrscher waren bald besiegt und die Überlebenden unter ihnen flohen.
Sie wagten nie wieder einen neuen Angriff.
Seitdem bauen die Andenmenschen diese Knolle an, die sie in ihrer Sprache Quechua
„Papa“ nennen.
Bilder von der Legende malen
Die Körper der Figuren können die Kinder mit halbierten Kartoffeln auf Pappe drucken
und Arme, Beine und Köpfe sowie typische Kleidung der Andenmenschen mit Stiften oder
Tusche anmalen.
DIE KARTOFFELPFLANZE
Mit der Kartoffelpflanze machen die Kinder einen kleinen Ausflug in die Botanik. Sie
untersuchen eine Kartoffelpflanze und halten die Informationen in einem Bild fest. Wie
sieht die Kartoffelpflanze eigentlich aus (siehe Kopiervorlage S. 38)?
Zuerst raten die Kinder, wie die Kartoffel wächst. Anschließend können Bilder oder noch
besser echte Kartoffelpflanzen angeschaut und untersucht werden.
Die essbaren Teile werden braun ausgemalt, die giftigen grün.
Welchen Teil der Kartoffelpflanze
kann man essen?
· Die Blätter?
· Die Beeren?
· Die Knollen?
Welcher Teil der Kartoffelpflanze ist giftig?
· Die Knollen?
· Die Beeren?
· Die Blätter?
· Die Stängel?
Welcher Teil der Pflanze dient als Samen?
· Die Beeren?
· Die Knollen?
Wann können die Kartoffeln geerntet werden?
· Wenn die Blüte verwelkt?
· Wenn die Staude vergilbt?
Warum dürfen grün gewordene Kartoffeln
nicht mehr gegessen werden?
· Weil sie unreif sind?
· Weil sie Solanin – das grüne Gift enthalten?
· Weil sie schlecht für die Zähne sind?
39
G+
EPIZ | ErzieherInnen Global | Kopiervorlage – Kartoffelpflanze
EPIZ | ErzieherInnen Global | Globales Lernen | Die Kartoffel
G+
DIE-KARTOFFEL-GEHT-AUF-REISEN
Die Kartoffel ist ein sehr anschauliches Beispiel für die Globalisierung. Ursprünglich in
den Anden angebaut, wurde sie von spanischen Kolonisatoren nach Europa gebracht und
dort verbreitet. Heute ist die Kartoffel überall präsent. Sie wurde in die jeweilige Küche
eingefügt und wird nun als Grundnahrungsmittel oder Gemüse mit verschiedenen Beilagen
und Saucen gegessen. Das Spiel vermittelt wichtige Aspekte von Geografie und Geschichte.
Material:
· Eine große Kinderweltkarte, die auf den Boden gelegt wird. (Wir empfehlen:
Schlaufuchs „Meine erste Weltkarte“ vom Gondrom Verlag GmbH, ISBN: 3811221779,
Preis: 4,95 €)
· Bilder aus Pappe oder entsprechendes Spielzeug: Chasqui (So nannte man bei den
Inkas die Staffelläufer, die in 24 Stunden Nachrichten über 400 km weit transportieren
konnten), Schiff, Flugzeug, Kutsche, Zug und Lastwagen, die zur Seite gelegt werden.
· Sechs Kartoffeln, die mit kleinen Hüten aus Pappe verkleidet werden (untere Seite der
Kartoffeln abschneiden, damit sie stehen können, Bastelvorlagen für die Kronen und
Hüte finden Sie im Mittelteil des Hefts)
· Die erste Kartoffel trägt eine Inkakrone. Sie wird auf der Landkarte in den Grenzen
Perus platziert. Die Knolle heißt dort „Papa“.
· Die zweite Kartoffel trägt einen Conquistador-Helm, den die spanischen Eroberer
trugen. Sie wird auch in Peru aufgestellt.
· Die dritte Kartoffel trägt eine spanische Krone. Die Knolle heißt dort „Patata“ (eigentlich
Süßkartoffel).
· Die vierte Kartoffel trägt eine Mitra, die traditionelle Kopfbedeckung der Bischöfe
und wird in Italien platziert. Die Knolle hieß dort „Tartufolo“ (Trüffel). Heute wird
sie ebenfalls „Patata“ genannt„.
· Die fünfte Kartoffel trägt einen Hut wie Friedrich der Große. Sie wird auf der Karte
nach Deutschland gestellt. Die Knolle wird dort „Kartoffel“ genannt.
· Die sechste Kartoffel trägt eine Kindermütze.
Die Reise beginnt.
Schon vor mehr als 10.000 Jahren gab es in den Anden wilde Kartoffeln. Zwischen dem
13. und 16. Jahrhundert lag dort das Reich der Inkas. Die Inkas sahen sich als Nachkommen
des Sonnengotts Inti. Der Einfluss dieses Königreichs erstreckte sich vom heutigen Ecuador
bis nach Chile und Argentinien. Die Hauptstadt war Cuzco im Hochgebirge des heutigen Peru.
Im Jahre 1533 eroberten die spanischen Conquistadores (Eroberer) unter Francisco Pizarro
das Reich der Inkas. Sie töteten die Inka-Könige Atahualpa und Huascar und viele der BewohnerInnen, zerstörten ihre Siedlungen und raubten alles, was ihnen wertvoll erschien,
insbesondere große Mengen Gold. Den Wert schätzt man heute auf 25 bis 45 Millionen Euro.
Auch die Nutzpflanzen der Inkas wurden von ihnen geraubt.
Fragestellung: Wie brachten die spanischen Eroberer die Kartoffel nach Europa? Mit dem
Flugzeug etwa? Die Kinder suchen aus den Pappkarten mit den Bildern das geeignete
Transportmittel aus. Die Kartoffel reiste mit dem Schiff, mit einer spanischen Karavelle.
Das Bild wird neben die Kartoffel mit dem Helm gelegt.
Die Conquistadores brachten die Kartoffel dem spanischen König.
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G+
EPIZ | ErzieherInnen Global | Globales Lernen | Die Kartoffel
Der spanische König schickte dem Papst in Rom zur Genesung einige dieser unbekannten
Knollen. Fragestellung: Womit? Mit dem Zug? Gab es Züge zu dieser Zeit? Wie haben die
Menschen damals Waren transportiert? – Mit der Kutsche.
Nachdem der Papst wieder gesund geworden war, schickte er die Kartoffeln vielen
europäischen Herrschern und so auch an den preußischen König Friedrich II. Fragestellung:
Wer war dieser König? Welche Rolle spielte er für Deutschland? Warum wird er „Kartoffelkönig“ genannt?
In Preußen herrschten im 18. Jahrhundert immer wieder große Hungersnöte. Friedrich II.
wollte deshalb die Kartoffel als Nahrungsmittel verbreiten, denn sie hat einen doppelt so
hohen Nährwert wie das Getreide. 1756 startete er eine Kampagne und verteilte Kartoffeln
in ganz Preußen gratis. Doch die Leute waren misstrauisch. Sie hatten die grünen Früchte
gegessen und sich schwere Vergiftungen zugezogen. Der König von Preußen erließ den
„Kartoffelbefehl“ und schickte Soldaten durchs Land, um zu überprüfen, ob auch wirklich
alle Kartoffeln anbauten. Außerdem demonstrierte er auf Versuchsfeldern, dass Kartoffeln
auch auf kargem Sandboden wuchsen und ließ diese streng bewachen. Die Bauern
schlichen sich nachts an die Felder heran, um zu sehen, was auf diesen Felder Wertvolles
wuchs. Auf seinen Reisen durchs Land ließ er sich überall demonstrativ Kartoffeln
servieren und überzeugte so die Leute. Ein wirksames Mittel gegen die Hungersnöte war
gefunden und der König wurde von nun an auch Kartoffelkönig genannt.
Durch diesen König wurde die Kartoffel in Preußen als gesundes Essen verbreitet. Ende des
19. Jahrhunderts aßen die Menschen ca. ein Kilo Kartoffeln pro Tag, heute sind es nur noch
200 g. An dieser Stelle kann das Spiel in eine kleine mathematische Übung übergehen. Die
Kartoffeln werden dazu mittels einer Küchenwaage gemeinsam abgewogen. Beide Mengen
werden zum Vergleich nebeneinander gelegt und die Kartoffeln der beiden Häufchen
gemeinsam gezählt. Die Unterschiede zwischen Gramm und Kilogramm können verdeutlicht werden. Es kann sich aber auch eine Diskussion anschließen, was wir statt Kartoffeln
heute alles essen und in welchen Speisen sich überall Kartoffeln verstecken.
DIE KARTOFFEL-CHASQUIS –
EIN SPIEL FÜR DRAUSSEN
Die Chasquis waren Staffelläufer. Sie dienten als Postboten im Inkareich.
Material:
2 Kartoffeln, 2 Inkakronen aus Pappe, 2 Stirnbänder.
Die Kinder werden in zwei Gruppen geteilt. Jede Gruppe bekommt eine Kartoffel. Ein Kind
aus jeder Gruppe spielt je einen der zwei letzten Inka-Herrscher des Inkareiches:
Huascar und Atahualpa. Sie warten am Startpunkt des Staffellaufs. Die Hälfte der Kinder
einer Gruppe steht am Ziel des Staffellaufs in einer Reihe parallel zur Laufrichtung, die
andere Hälfte wartet am Start, ebenfalls in einer Reihe parallel zur Laufrichtung. Das erste
Kind läuft mit der Kartoffel in der Hand und überreicht sie dem ersten Kind am Ziel. Dieses
läuft zurück und überreicht die Kartoffel dem zweiten Kind am Anfang. Das Spiel ist zu
Ende, wenn eine der Gruppen mit dem letzten Läufer ans Ziel kommt und dem Inka-König
die Kartoffel überreicht.
42
G+
EPIZ | ErzieherInnen Global | Globales Lernen | Die Kartoffel
ES WAR EINMAL ... DER KARTOFFELSONG
Durch den folgenden Sprechgesang wiederholen die Kinder, was sie über Herkunft und
Geschichte der Kartoffel gelernt haben: die Herkunft der Kartoffel aus dem Inkareich und
den Name der Kartoffel auf Quechua und Spanisch.
Durch das Weiterreichen der Kartoffeln werden die Koordination und das Rhythmusgefühl
gefördert.
Anleitung:
Die Kinder sitzen im Kreis auf dem Boden.
Jedes Kind hat eine Kartoffel in der rechten Hand. Die linke Hand halten sie auf dem
Rücken. Die Kartoffel wird bei jedem Takt nach rechts weiter gereicht.
Am Ende des Liedes sollte jedes Kind nur eine Kartoffel in der Hand haben.
Dieses Spiel kann man auch im Stehen durchführen. Die Kinder stehen im Kreis. Die linke
Hand dient als Schale, in die die Kinder mit der rechten Hand die Kartoffel legen.
Weitere Strophen können gemeinsam mit den Kindern gedichtet werden.
Der Kartoffelsong
Papa Patata
Sprechgesang
Es war einmal
Ein weites Königreich
Der König war der Inka
Sie bauten dunkle Knollen an.
Papa, Patata,
Kartoffel hieß es dann (2x)
43
G+
EPIZ | ErzieherInnen Global | Globales Lernen | Die Kartoffel
DER KARTOFFELTANZ
Ein weiteres lustiges Spiel, um das Körpergefühl zu schulen ist der Kartoffeltanz. Statt
eines Luftballons versuchen die Kinder, eine Kartoffel während des Tanzens zwischen
ihren Köpfen zu balancieren.
KARTOFFELN PFLANZEN UND ERNTEN
Rätsel:
Was ist das? Will man viele von mir haben muss man mich vergraben.
Die Kinder bringen ihre gekeimte „Kartoffel im Glas“ von zu Hause mit (siehe Elterninformation). Gemeinsam schauen sich die Kinder die Kartoffeln an. Die Lichtkeime, die
deswegen so heißen, weil sie nur entstehen, wenn die Kartoffel Licht ausgesetzt ist, bilden
später die Seitentriebe. Die Kartoffel ist keine Wurzel, sondern eine Verdickung der
Seitentriebe.
Die mitgebrachten Kartoffeln können dann nach einem peruanischen Ritual in ein Blumenbeet eingepflanzt werden. Jede Kartoffel bringt im Durchschnitt 12 bis 15 neue Kartoffeln
hervor.
Kartoffelanbau in Peru ... das muss gefeiert werden
Rituale sind wichtig für die peruanischen Bauern. Sie danken der Mutter Erde beim
Einpflanzen und bei der Ernte mit Musik, Getränken und Blumen. Eine große Menge von
Chicha (Getränk aus Mais) wird während der Zeremonien konsumiert. Die speziellen
Chichas waren die Grundlage für die sozialen und religiösen Riten während großer Anlässe
und Feste wie die Riten für die Sonne, die Mutter Erde, die Gräber und die Gottheiten.
Kartoffelfest in Peru
Kartoffelernte in Peru
Anleitung: Es läuft Andenmusik.
Die Kinder verkleiden sich als Anden-Bauern, mit Ponchos (Tücher und Decken um die Schultern) und Wollmützen. Die Mädchen tragen Hüte und Tragetücher, in denen sie die Kartoffelsamen tragen.
· Jeder Junge trägt einen Schaufel und gräbt ein Loch in die Erde. Er bleibt davor stehen.
· Jedes Mädchen trägt eine Kartoffel und bunte Blüten in ihrem Tuch, steckt sie in das
Loch und tanzt davor.
· Jeder Junge bedeckt die Kartoffel mit Erde.
· Danach bewässert jedes Mädchen die bedeckte Kartoffel.
· Es bildet sich eine Runde. Es wird mit Chicha, Maisgetränk (alternativ Blaubeersaft
oder roter Tee) gefeiert und getanzt.
Hintergrund: Die Kartoffel wird, weil sie so anpassungsfähig und unempfindlich ist, überall
auf der Welt angebaut. Während in Deutschland der Anbau von Kartoffeln abnimmt, steigt er
insbesondere in Afrika, Asien und Südamerika.
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Das Einpflanzen kann man zum Anlass nehmen, um über Anbaubedingungen in verschiedenen
Ländern zu berichten. An dieser Stelle können Sie auch Eltern oder Großeltern einbeziehen, die
schon einmal beim Kartoffelanbau mitgeholfen haben. Es bietet sich auch eine Exkursion zu
einem Kartoffelbauern in der Nähe an.
Kartoffelernte in Deutschland
G+
EPIZ | ErzieherInnen Global | Globales Lernen | Die Kartoffel
ALLTAG VON KINDERN IN PERU
Shipibo Dorf
Huanchaco
[Guantschako]
Lima
Colca Tal
[Kolka Tal]
Peru ist mit 1,29 Millionen Quadratkilometern fast vier Mal so
groß wie Deutschland. Etwa die Hälfte der Gesamtfläche ist
bewaldet. Der höchste Berg ist der Nevado Huascaran mit 6768
Metern. Drei große Naturräume gliedern das Land: die
Küstenzone (Costa), das Gebirgsland (Sierra) und das Amazonas-Tiefland (Selva). Peru ist eines der artenreichsten Länder
der Welt.
In Peru leben ca. 28 Millionen EinwohnerInnen. Mehr als 70 %
von ihnen leben in der Stadt. Die Unterschiede zwischen Stadt
und Land sind riesig. Zwischen absoluter Armut und großem
Reichtum gibt es alles. Insbesondere die ländliche Bevölkerung
lebt unter äußerst schwierigen Bedingungen. Ein Drittel der
Bevölkerung ist jünger als 15 Jahre. Etwa die Hälfte der
Bevölkerung ist indigen. Der größte Teil gehört zu den Völkern
der Quechuas und der Aymaras. Beide haben eine eigene Sprache gleichen Namens. Quechua ist neben Spanisch Amtssprache
in Peru.
Die wichtigsten landwirtschaftlichen Erzeugnisse sind: Kaffee,
Baumwolle, Zuckerrohr, Weizen und Kartoffeln. Von wirtschaftlicher Bedeutung sind auch Fischerei und Bergbau. In
Peru gibt es große Mengen an Bodenschätzen, wie Erdgas,
Erdöl, Silber, Gold und andere. Die indigene Bevölkerung muss
immer wieder darum kämpfen, durch den fortschreitenden
Bergbau nicht aus ihrem Wohnraum vertrieben zu werden.
Im Folgenden finden Sie vier Geschichten von peruanischen
Kindern mit Fotos. Die Kinder kommen aus den verschiedenen
Regionen Perus:
Soraja aus dem Colca-Tal in den Anden, der Sierra
Carlos aus Huanchaco von der Costa,
Pedro aus der Hauptstadt Perus Lima und
Jarina aus einem Schipibo-Dorf im Urwald, der Selva.
Fotos, Mützen und Hüte werden in die Mitte gelegt und jedes
Kind darf sich einen Gegenstand nehmen. Die Kinder, die eine
Mütze oder ein Hut gewählt haben, spielen die Rolle eines
Kindes. Die Kinder, die die Fotos gewählt haben, halten sie
hoch, wenn ihre Geschichte erzählt wird. Die Geschichten
werden vorgelesen. Das Kind, das die Mütze aufhat setzt sich
in die Mitte und stellt das peruanische Kind dar. Es darf die
vorgelesene Geschichte noch um einen Satz ergänzen. Alle
Kinder suchen zuerst Gemeinsamkeiten und dann Unterschiede
zu ihrem Leben.
alternativ:
Die Geschichten werden in kleinen Gruppen vorgelesen und die Fotos verteilt. Die Kinder
sollen sich die Details der Geschichten merken und in der Lage sein, sie widerzugeben.
Zum Schluss kommen alle Kinder zusammen. Jede Kindergruppe spielt den anderen ihre
Geschichte vor.
45
G+
EPIZ | ErzieherInnen Global | Globales Lernen | Die Kartoffel
Soraja, das Mädchen aus der Anden-Region
Ich heiße Soraja Mamani.
Ich bin 7 Jahre alt.
Ich wohne am Rand eines Dorfes namens Maka, im Colca-Tal.
Meine Muttersprache ist Quechua.
Ich lerne auch Spanisch in der Schule.
Ich habe zwei große Schwestern und einen Bruder.
Neben unserem Haus aus Lehm und Stroh haben wir ein kleines Feld, auf dem mein Vater
mit meinem Opa Kartoffeln anbaut.
Bei uns wachsen auch Kakteen, deren Früchte meine Mutter am Straßenrand verkauft.
Meine Familie besitzt eine große Herde Lamas und einen Esel.
Ich habe ein eigenes Lama. Es heißt „Blanca“ („Die Weiße“).
Wir haben auch einen Stall mit Meerschweinchen, die wir essen. Sie heißen in meiner
Sprache „Kujes“.
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Carlos, der Junge von der Küste
Ich heiße Carlos Inga und bin 7 Jahre alt.
Ich wohne in einem Fischerdorf namens Huanchaco.
Ich habe einen kleinen Bruder.
Unser Haus liegt wenige Meter vom Strand entfernt.
Ich bade gerne im Meer.
Ich esse am liebsten „Causa Limena“, aus Kartoffeln, Avocado und Tomaten.
Ich lerne seit einem Jahr Wellenreiten.
Mein Vater hat mir ein Surfbrett aus Schilf gebaut.
Ich habe auch eins aus Kunststoff, aber das ist nicht so schön.
Wenn ich mal groß bin, möchte ich Fischer sein, wie mein Vater.
Meine Mutter arbeitet zu Hause.
Sie hat eine Werkstatt zusammen mit anderen Frauen.
Sie nähen bunte Wandteppiche aus Stoffresten.
Man nennt sie „Arpilleras“.
EPIZ | ErzieherInnen Global | Globales Lernen | Die Kartoffel
G+
Pedro, der Junge aus der Stadt
Ich heiße Pedro Pizarro und bin 8 Jahre alt.
Ich wohne in Lima, der Hauptstadt Perus.
Wir haben eine Wohnung. Sie ist in der 3. Etage.
Meine Muttersprache ist Spanisch, aber ich lerne auch Englisch in der Schule.
Meine Mutter arbeitet als Lehrerin in meiner Schule.
Ich spiele gerne Fußball und gehe oft mit meinem Vater zum Fußballstadion.
Mein Vater ist Fußballtrainer.
Ich habe einen berühmten Onkel. Er heißt Claudio Pizarro.
Er spielt jetzt für Bayern-München.
Jarina, das Mädchen aus dem Urwald
Ich heiße Jarina Sheca und bin 7 Jahre alt.
Ich wohne am Fluss, in einem Schipibo-Dorf.
Ich habe zwei Schwestern und zwei Brüder.
Meine Muttersprache ist Schipibo. Aber ich lerne auch Spanisch in der Schule.
Mein Haus hat ein Dach aus Palmenblättern.
Nachts schlafe ich in einer Hängematte. Ich träume von Flussdelfinen, die in unserem
Fluss leben.
Ich esse gerne Fisch mit gekochten Bananen und Yucca.
Ich sammle gerne bunte Samen und Vogelfedern und bastle damit schöne Ketten.
Meine Mutter bemalt Gefäße und kleine Figuren aus Ton.
Mein Vater ist Medizinmann. Er kann Krankheiten mit Kräutern heilen.
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G+
EPIZ | ErzieherInnen Global | Globales Lernen | Die Kartoffel
DIE KARTOFFEL IST EINE KÜNSTLERIN
Material:
Ein paar mittelgroße Kartoffeln, 1 spitzes Messer, 1 Bleistift, 1 Pinsel, Vorlage aus Pappe,
Küchenkrepp, Stofffarbe, T-Shirts oder Stoffbeutel
Die Kartoffelstempel können nur am selben Tag benutzt werden.
Anleitung:
Die Kartoffel wird in zwei Teile geschnitten. Mit einem Bleistift wird die gewünschte
Form auf die Schnittfläche aufgemalt. Mit dem Messer wird die Fläche um die Form herum
weggeschnitten. Die Figur soll dabei stehen bleiben.
Alternativ können kleine Ausstechförmchen in die Kartoffel gedrückt werden.
Textil-Farbe wird auf den Stempel aufgetragen. Ein erster Probedruck auf einem alten
Papier ist immer sinnvoll.
Wenn mit einer anderen Farbe gestempelt werden soll, dann muss der Stempel abgetrocknet und eine neue Farbe aufgetragen werden. Es ist sinnvoll, mit den hellen Farben zu
beginnen.
Beim Textildruck muss die Farbe noch durch Bügeln von links fixiert werden.
Mustererklärung:
Der höchste Gipfel einer Gegend spielt eine wichtige Rolle in der Mythologie der AndenbewohnerInnen. Er wird heute noch verehrt. Dort befinden sich die Wohnstätten der
verstorbenen Ahnen und der Sitz hoher Gottheiten (wie Apu). Die Berge werden auch
selbst als lebendige Wesen angesehen.
entsprechende Vorlagen:
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Gebirge mit Terrassen
Parzelliertes Feld (sochta suyo:
sechs Einheiten des Gemeinschaftslandes)
Stilisierte Sonne
Trapez-Tore
Feld mit Furchen
Chakana, Kreuz der Anden
EPIZ | ErzieherInnen Global | Globales Lernen | Die Kartoffel
G+
MIT KARTOFFELN EXPERIMENTIEREN
Die Kinder stehen um einen Tisch herum. Auf dem Tisch stehen Schalen unterschiedlicher
Farben mit Pulvern: Kartoffelstärke, trockenes Kartoffelpüree, Puderzucker und Salz. Außerdem liegen in einen Korb ganze Kartoffeln und auf einem Teller geschälte Kartoffeln.
Experiment Nr. 1: Stärke erkennen
Material:
Mehrere dünne Kartoffelscheiben mit Schale hängen auf Kinderaugenhöhe mit Wäscheklammern befestigt an einer Leine am Fenster.
Anleitung:
Die Kinder beobachten die Kartoffelscheiben im Gegenlicht.
Was sehen sie? Die dunkleren Stellen sind Stärkedepots.
Was ist Stärke? Pflanzen speichern ihre überschüssige Energie als Stärke.
Jetzt dürfen die Kinder die Kartoffelscheiben zwischen Daumen und Zeigefinger reiben. Es
tritt Saft aus. Dann sollen sie beide Finger gegeneinander reiben. Die andere Hand tut
dasselbe zum Vergleich. Es sind kleine Körner zu spüren. Das ist die Stärke. Stärke ist ein
Nährstoff.
Experiment Nr. 2: Kleister aus Stärke herstellen
Material:
Becherglas, Glasstab, Wasserbad, Heizplatte, Kartoffelstärke, destilliertes Wasser
Anleitung:
Die Kartoffelstärke wird mit dem Wasser mit Hilfe des Glasstabes gut vermischt. Anschließend wird unter Rühren die leicht dickflüssige Masse im kochenden Wasserbad erwärmt,
bis die Masse beginnt, am Glasstab festzukleben. Der Kleber ist sofort einsatzfähig und
kann auch gleich ausprobiert werden.
KARTOFFELN SIND ALLESKÖNNER –
KOCHEN MIT KARTOFFELN
Die Kindergruppe wird in mehrere Koch-Gruppen geteilt. Nun werden verschiedene Gerichte
zubereitet, z.B. Pellkartoffeln mit Quark oder Salzkartoffeln. Die Kinder sollen versuchen,
einen Unterschied heraus zu schmecken. Zwei weitere Gruppen können Kartoffelpüree zubereiten, eine Gruppe mit Fertigpulver, die andere Gruppe mit Kartoffeln. Ist hier ein Unterschied zu schmecken? Für den Nachtisch kann eine Gruppe Schokopudding aus der Stärke
zubereiten.
Das Kochen kann auch als gemeinsames Abschlussfest für die Kinder und ihre Familien
gefeiert werden. Es wäre schön, wenn die Eltern unterschiedliche Kartoffelgerichte
mitbringen oder gemeinsam mit den Kindern kochen und essen. Wenn die Möglichkeit
besteht, kann das Essen auch am Lagerfeuer stattfinden. In der Glut bereiten sich köstliche,
in Alufolie gewickelte Backkartoffeln ganz von selbst zu.
Für das Abschlussfest können überall im Kindergarten Papp-Kartoffeln hängen, auf die in
den unterschiedlichen Sprachen (vor allem denen der Eltern) Kartoffel steht.
Hier ein paar erste Anregungen: potato Englisch, pomme de terre Französisch, cartof
Rumänisch, krompir Serbisch, kulka Sorbisch, patata, papa Spanisch, kentang Indo49
nesisch, patates Türkisch, ziemniak Polnisch, kartofel Russisch, brambor Tschechisch,
kiazi Kiswahili …
G+
EPIZ | ErzieherInnen Global | Globales Lernen | Die Kartoffel
Schokopudding aus Kartoffelmehl
Zutaten:
Zubereitung (Zubereitungszeit: 15 Minuten)
75 g Vollrohrzucker
3 EL Speisestärke (aus Kartoffeln)
1 Msp. Meersalz
75g Kakaopulver (ungezuckert)
1/2 l Milch
1 Prise Zimt
Zucker, Stärke, Salz und Kakao im Kochtopf
vermischen. Milch einrühren und mit dem
Schneebesen gut durchrühren.
Topf auf die Herdplatte stellen und bei mittlerer
Hitze unter ständigem Rühren aufkochen lassen.
Pudding vom Herd nehmen, mit Zimt abschmekken und in kleine Schüsseln verteilen oder in
eine große mit kaltem Wasser ausgespülte
Schüssel geben, erkalten lassen und auf einen
Teller stürzen.
Causa Limeña (Peruanisches Rezept)
Zutaten (für 10 kleine Portionen):
Zubereitung:
2 kg Kartoffeln
4 Eier
2 Hühnchenbrüste
2 Avocados
4 Limetten
1 kleines Glas Mayonnaise
10 schwarze Oliven
10 Kirschtomaten
Man kocht getrennt die ungeschälten Kartoffeln
sowie die Eier und die Hühnchenbrust.
Die gekochten Kartoffeln werden – noch warm –
geschält und mit einer Kartoffelpresse zerdrückt.
Die pürierten Kartoffeln mit dem Saft zweier
Limetten, etwas Mayonnaise, Salz und Pfeffer
abschmecken und zu einem festen Teig kneten.
Ein Teil der Masse wird wie ein Tortenboden in
eine Auflaufform gedrückt. Darauf wird das
zerkleinerte und mit Mayonnaise angerührte
Hühnchen verteilt. Darauf kommt wieder eine
Schicht Kartoffelbrei, dann eine Schicht Avocadoscheiben und mit Limettensaft, Salz und Pfeffer
abgeschmeckt. Zuletzt mit einer Schicht Kartoffelbrei abdecken. Im Kühlschrank kaltstellen und
die Torte stürzen. Mit halbierten Kirschtomaten,
Oliven und Eistücken garnieren. Fertig ist die
Causa Limena!
Kartoffelpuffer
Die Kartoffeln werden in eine Schüssel gerieben. Der so entstandene Brei wird mit der
Hand ausgedrückt und das überschüssige Wasser weg gegossen. Dann werden Salz, Pfeffer
und Eier untergemischt. In einer beschichteten Pfanne wird das Öl erhitzt und die Puffer
von beiden Seiten gelb bis hellbraun backen.
Pommes frites
Für Pommes frites werden am besten große, lange Kartoffeln geschält und in Stäbchen
geschnitten. Diese werden entweder in der Fritteuse frittiert oder kurz (ein bis zwei
Minuten) mit einem Sieb in heißes Öl getaucht und anschließend auf Backpapier im Ofen
nachgebacken, bis sie golden aussehen.
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G+
Angebote
Im EPIZ gibt es eine ca. 4000 didaktische Materialien umfassende Mediothek, wo Sie sich
kostenfrei weiterführende Materialien (Bücher, Spiele, Filme, Musik, Fotos …) zu Peru
und anderen Ländern und Themen ausleihen können. Darüber hinaus bietet das EPIZ Veranstaltungen, die von ReferentInnen aus aller Welt durchgeführt werden können. Diese
können im EPIZ oder in Ihrer Einrichtung stattfinden.
Schillerstraße 59 – 10627 Berlin – Tel.: 6926418
[email protected] – www.epiz-berlin.de
Als Material empfehlen wir:
„Eine Brücke nach Peru. Kinder im Andenhochland“ von
Floeth / Franger / meister / Meister, herausgegeben von misereor 1999. ISBN: 3-88916-191-X.
Es enthält viele großformatige Bilder, die den Alltag zweier Kinder im Anden-Hochland
illustrieren. Das Material kann im EPIZ ausgeliehen werden.
Weiterführende Links
http://www.cipotato.org/publications/books/potato_treasure_andes_online/16_planting_rite.asp
Fotos zu den Anbauriten in den Anden
http://193.171.252.18/www.kidsweb.at/kartoffel/
Sie finden im österreichischen Kidsweb neben der Geschichte des Kartoffelkönigs auch ein
Quiz zur Kartoffel und Bilder von den Entwicklungsstufen der Pflanze.
http://www.grundschule-hettenleidelheim.de/projekte/kartoffeln/kartoffelbuch01.htm
Hier können Sie die Ergebnisse eines Kartoffelprojekts der Grundschule Hettenleidelheim
mit vielen weiteren Anregungen nachlesen.
Die 1993 gegründete Jugend- und Familienstiftung Berlin berät und fördert
Träger von Jugend- und Familienprojekten in Berlin und gibt der Stadt
neue Impulse. Diese Broschüre wurde von der Jugend- und Familienstiftung
finanziert. Wir bedanken uns.
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Die Reihe G+ bietet Unterrichtsmaterialien für die berufliche Bildung, die motivieren
sollen, sich mit Globalisierung konstruktiv auseinander zu setzen, komplexe
Prozesse, wie Wertschöpfungsketten und Migration zu verstehen und diese im Berufsleben positiv zu gestalten.
Den eigenen Beruf aus einer neuen Perspektive sehen. Globale Bezüge herstellen.
Zusammenhänge erkennen. Verantwortungs- und Vorurteilsbewusst Handeln. Die
BERUFE GLOBAL
Umwelt schonen. Sozialstandards einhalten. Die eigene Zukunftsfähigkeit sichern.
GESUNDHEIT
Die Hefte der Reihe orientieren sich an Rahmenlehrplänen und Ausbildungsverordnungen. Sie sind berufsrelevant und für den schnellen Einsatz didaktisch aufbereitet.
Alle Materialien sind erfolgreich getestet und gemeinsam mit ExpertInnen aus der
Branche erarbeitet.
Unter www.epiz-berlin.de/moodle finden Sie weitere Materialien und didaktisch
aufbereitete E-Learning-Module.

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