berufe global - Portal Globales Lernen
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G+ BERUFE GLOBAL ERZIEHERiNNEN GUT BEHÜTET IN DIE WELT … DIDAKTISCHE ARBEITSHILFE FÜR ANGEHENDE ERZIEHERiNNEN, ANREGUNGEN FÜR DIE UMSETZUNG DES BERLINER BILDUNGSPROGRAMMS MIT ÜBUNGEN NACH DEM ANTIBIAS-ANSATZ UND DEM GLOBALEM LERNEN. PRAXISBAUSTEINE: · ALLE(S) UNTER EINEM HUT · DIE KARTOFFEL IST EINE AUSLÄNDERIN Impressum Autorinnen: Susana Fernández, Kornelia Freier, Christiane Ipsen Redaktion: Kornelia Freier Herausgeber: Entwicklungspolitisches Bildungs- und Informationszentrum e.V. Schillerstraße 59, 10 627 Berlin Telefon: 030 / 692 64 18 Fax: 030 / 692 64 19 Email: [email protected] Layout: Nayeli Zimmermann Finanzierung: Jugend- und Familienstiftung des Landes Berlin Erschienen: August 2007 EPIZ | ErzieherInnen Global | Inhaltsverzeichnis G+ INHALTSVERZEICHNIS Vorweg... 5 Einführung – Das Berliner Bildungsprogramm · Das Kind in seiner Welt – 1. Ebene des Bildungsprogramms · Das Kind in der Kindergemeinschaft – 2. Ebene des Bildungsprogramms · Welterleben und Welterkunden – 3. Ebene des Bildungsprogramms 7 9 11 14 Übungen für (angehende) Erzieherinnen · Der Privilegientest · Wie soll ich mich verhalten – Lernen im Forumtheater · Checkliste – Vorurteilsbewusste Erziehung in der Praktikumsstelle 15 17 18 21 Identität und Vielfalt – Alle(s) unter einem Hut · Elterninformation · Kennst Du diesen Hut · Ich stehe hier mit meinem Hut · Ich bin Du und Du bist ich · Stoff auf dem Kopf – Kopftücher und Turbane · Hutexperimente – Der verrückte Rasselkopf · Hutexperimente – El Sombrero – Der Schattenmacher 23 25 26 28 29 31 33 34 Globales Lernen – Die Kartoffel ist eine Peruanerin, die sich überall zu Hause fühlt · Elterninformation · Die Legende der Kartoffel · Die Kartoffelpflanze · Die-Kartoffel-geht-auf-Reisen · Die Kartoffel-Chasquis – Ein Spiel für Draussen · Es war einmal … Der Kartoffelsong · Der Kartoffeltanz · Kartoffeln pflanzen und ernten · Alltag von Kindern in Peru · Die Kartoffel ist eine Künstlerin · Mit Kartoffeln experimentieren · Kartoffeln sind Alleskönner – Kochen mit Kartoffeln 35 37 38 39 41 42 43 44 44 45 48 49 49 Angebote und weiterführende Links 51 EPIZ | ErzieherInnen Global | Vorweg … G+ VORWEG … Das Entwicklungspolitische Bildungs- und Informationszentrum e.V. (EPIZ) versteht sich als Zentrum für Globales Lernen in Berlin. Seit 1986 bieten wir Bildungsveranstaltungen zu interkulturellen und globalen Fragestellungen für alle Altersgruppen hauptsächlich in Berlin an. Das vorliegende Material stellt eine didaktische Arbeitshilfe für die Ausbildung von ErzieherInnen dar. Es orientiert sich am Berliner Bildungsprogramm und bietet neben allgemeinen Einführungen und Übungen zum Anti-Bias-Ansatz und dem Globalen Lernen zwei Praxisbausteine an, die sich direkt in Kitas und Hortgruppen einsetzen lassen. Angehende ErzieherInnen können diese als Projekte in ihren Praktikumsstellen einsetzen. Sie sind aber auch zur Weiterbildung von ErzieherInnen in der Praxis interessant. Die Praxisbausteine basieren auf den langjährigen Erfahrungen des EPIZ und folgen den Ansätzen Globalen Lernens und dem Anti-Bias-Approach. Im Rahmen des Projekts „Globales Lernen in Kindergarten und Hort“ haben wir 2007 intensiv mit der Friedrich-Fröbel-Schule, einer Fachschule für Sozialwesen in Berlin-Köpenick, zusammengearbeitet. Für die anregenden Diskussionen und die konstruktive Kritik möchten wir uns an dieser Stelle bei den beteiligten KollegInnen und den Studierenden bedanken. Ebenfalls danken möchten wir Frau Gabriele Koné, einer Vertreterin des Berliner Vereins kinderwelten, der sich um die Implementierung des Anti-Bias-Approach in Berliner Kitas verdient gemacht hat. Die Entstehung dieses Materials wurde von der Jugend- und Familienstiftung des Landes Berlin finanziell unterstützt, wofür wir uns ebenfalls herzlich bedanken. Das Projekt gliedert sich in den EPIZ-Arbeitsschwerpunkt Globales Lernen in der beruflichen Bildung ein, in dem Bildungsmaterialien für verschiedene Ausbildungsberufe entstehen. Die Materialien sind, nach Berufen getrennt, in der Lernplattform des EPIZ e.V. zu finden unter www.epiz-berlin.de, für E-Learning didaktisch aufbereitet. Für die ErzieherInnen gibt es einen eigenen Kurs, der ständig erweitert wird. In diesem Kurs, der frei zugänglich ist, gibt es auch ein Forum, in dem sich ErzieherInnen zu den angesprochenen Themen austauschen können. Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre und spannende Erfahrungen bei der Anwendung in der Praxis! 5 G+ EINFÜHRUNG DAS BERLINER BILDUNGSPROGRAMM G+ EPIZ | ErzieherInnen Global | Einführung | Berliner Bildungsprogramm Das Berliner Bildungsprogramm beschreibt, welche Bedeutung frühkindliche Bildungsprozesse haben und durch welche Aspekte sie gekennzeichnet sind. Es formuliert die gesellschaftlichen Anforderungen an die vorschulische Erziehung und leitet daraus konkrete Bildungsaufgaben für ErzieherInnen sowie Anregungen für deren Umsetzung ab. Das Bildungsprogramm wurde vorgelegt von der gemeinnützigen Gesellschaft für innovative Pädagogik, Psychologie und Ökonomie an der Freien Universität Berlin, im Auftrag der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport in Berlin und ist für alle Berliner Kindertagesstätten verbindlich. Das Bildungsprogramm zeigt drei Dimensionen auf, die sich auf das unmittelbare Erleben der Kinder in ihrer Lebenswelt beziehen: Sich ein Bild von sich selbst machen ➔ das Kind in seiner Welt Sich ein Bild von den anderen machen ➔ das Kind in der Kindergemeinschaft Sich ein Bild von der Welt machen ➔ Weltgeschehen erleben, Welt erkunden Im Bildungsverständnis wird das Kind als handelnde Persönlichkeit mit einer ihm eigenen und durch viele Einflüsse geprägten Identität in seiner nächsten Umwelt, aber auch der großen Welt wahrgenommen. Die Wahrnehmung von Identität, die gleichberechtigte Interaktion zwischen Kindern und die selbstbewusste Verortung in der Welt sind ebenfalls grundlegende Ansätze im Anti-Bias-Approach und im Globalen Lernen. Anti-Bias und Globales Lernen sind Bildungsansätze, mit denen die Vision einer Gesellschaft ohne Ungerechtigkeiten und Diskriminierungen angestrebt werden, die das Voneinander-Lernen in den Mittelpunkt stellen und die vermeintliche Selbstverständlichkeiten in Frage stellen. Das Ziel dieser didaktischen Arbeitshilfe ist die praxisnahe Verknüpfung von diesen beiden innovativen pädagogischen Ansätzen entlang des Bildungsverständnisses und der Bildungsbereiche des Berliner Bildungsprogramms. Die Bildungsbereiche sind durch verschiedene Symbole gekennzeichnet. Jede der in den Praxisbausteinen formulierten Übungen erhält die entsprechenden Symbole für Ihren schnellen Überblick: Körper, Bewegung und Gesundheit Soziales und kulturelles Leben Sprachen, Kommunikation, Schriftkultur Bildnerisches Gestalten Musik Mathematische Grunderfahrungen Naturwissenschaftliche Grunderfahrungen 8 Alle(s) unter einem Hut. In diesem Praxisbaustein geht es in spielerischer Weise um die Identität der Kinder. Mützen, Hüte, Kopftücher sind in vielerlei Hinsicht identitätsstiftend. Allen Kindern gemeinsam ist, dass sie Kopfbedeckungen tragen: Basecaps, Pudelmützen, Fahrradhelme, Kopftücher sind in ihrem Alltag präsent. Gleichzeitig kann am Thema Kopfbedeckungen die Vielfalt unserer Gesellschaft aufgezeigt werden. Die Kinder werden kreativ und basteln eigene Hüte ganz nach ihrem Geschmack. Aber sie tauschen auch ihre Hüte und versuchen, für eine Weile unter einem anderen Hut in die Identität ihres Nachbarn zu schlüpfen, EPIZ | ErzieherInnen Global | Einführung | Berliner Bildungsprogramm G+ womit Empathie gefördert wird. Lieder, Basteltipps, Experimente und Spiele runden das Projekt ab und vernetzen die verschiedenen Bildungsbereiche. Die Kartoffel ist eine Peruanerin, die sich überall zu Hause fühlt. Im 16. Jahrhundert kam sie aus Südamerika und ist mittlerweile überall auf der Welt verbreitet. Auch in Deutschland kennen Kinder die Kartoffel in ihren verschiedensten Variationen. Der Praxisbaustein greift ein allen Kindern bekanntes Nahrungsmittel auf, vermittelt mit Liedern, Spielen und Legenden die Geschichte von Kolonisierung und Migration, gibt Einblicke in den Alltag von Kindern aus Peru und regt zum Experimentieren, Kochen und Feiern an. In beiden Praxisbausteinen ist die Zusammenarbeit mit den Familien der Kinder geplant. Die Zusammenarbeit, auch vom Berliner Bildungsprogramm gefordert, ermöglicht Verbindungen zwischen dem Zuhause der Kinder und ihrem Alltag in der Kita oder im Hort. Das kann ein Beitrag sein, die Kluft zwischen den oft sehr unterschiedlichen Erfahrungswelten der Kinder zu überbrücken. Im Folgenden werden die drei Ebenen des Bildungsverständnisses der Berliner Bildungsprogramms aufgegriffen. Die Berliner Kitas erarbeiten und erproben derzeit Konzepte, wie sie das Bildungsprogramm umsetzen. In dieser didaktischen Arbeitshilfe füllen wir die drei Ebenen des Bildungsverständnisses mit Anregungen und Argumenten aus der Praxis von Anti-Bias und Globalem Lernen. DAS KIND IN SEINER WELT (1. EBENE DES BILDUNGSVERSTÄNDNISSES) Jedes Kind erfährt von Geburt an eine persönliche Prägung. Das macht das Kind einzigartig und besonders. Kinder erleben Stadt oder Land als die für sie selbstverständliche Umgebung. Kinder machen Migrationserfahrungen oder erleben fest verwurzelte Familienstrukturen. Ihre Identität definiert sich über die Erfahrungen, die sie in ihrem persönlichen Umfeld machen und die sozialen Beziehungen, die sie erleben. Kinder, die in einer Wohngemeinschaft mit anderen Familien aufwachsen, werden anders geprägt als Kinder, die überwiegend mit ihrer Mutter allein sind. Kinder mit Behinderungen oder deren Geschwister nehmen Behinderungen nicht als etwas Besonderes, sondern als selbstverständlich wahr. Besonders wird es erst durch die Reaktionen des Umfelds, welches Behinderung als defizitär und bemitleidenswert stigmatisiert. Diese und viele andere Umstände im Leben eines kleinen Kindes, wie die Praxis von Religion, Sprachkultur, sowie familiäre Veränderungen prägen die Identität des Kindes aus. Bereits im Alter von drei Jahren erlernen Kinder, dass Menschen unterschiedlich sind und an Hand bestimmter Merkmale in Gruppen eingeteilt werden. Sie kennen beispielsweise aus dem Wortschatz der sie umgebenden älteren Kinder oder Erwachsenen diskriminierende Sprachmuster wie „Tussi“ oder „Zigeuner“, können diese jedoch weder sich selbst noch anderen Personen zuordnen. Sie übernehmen Stereotype und Vorurteile über Menschen, ohne sie zu hinterfragen und erlernen gleichzeitig, in welcher Beziehung diese Menschen zueinander stehen, wer das Sagen hat und wer welche Dinge besser kann. Problematisch 9 G+ EPIZ | ErzieherInnen Global | Einführung | Berliner Bildungsprogramm ist dabei nicht, dass andere Kinder sie mit Merkmalen beschreiben. Das Problem entsteht dadurch, dass diese Beschreibungen auf einen gesellschaftlich vorbereiteten Boden fallen, der Hierarchien festschreibt. Sie bestätigen also die gefühlten Erfahrungen der Kinder, die zum Beispiel zu einer Minderheit gehören. Diese Erstannahmen, die Kinder ihrer Umwelt entnehmen, werden subtil durch ihre Umgebung gefestigt. Das Vorurteil, nur Frauen wären für die Erziehung von Kindern zuständig, wird untermauert dadurch, dass es in der Kita oder im Hort überwiegend Erzieherinnen gibt. Dass nur Jungen Fußball spielen, bestätigt sich in Kinderbüchern und dass schwarze oder behinderte Kinder etwas besonderes sind, wird durch das Nicht-Vorkommen in Bildern, Büchern und Spielmaterial manifestiert. Die Festigung von Vorurteilen fällt in eine Zeit, während viele Kinder eine Kindertagesstätte besuchen. Das macht es besonders wichtig, sich in der Kita sehr bewusst mit dem Thema Vorurteile und Diskriminierung auseinander zu setzen und sich als ErzieherIn genau zu überlegen, wie man Menschen beschreibt und welches Bild man damit vermittelt. Kleine Kinder sind diesen Bildern „schutzlos“ ausgesetzt. Sie sind nicht in der Lage, die Aussagen der ErzieherInnen als subjektive Einzelmeinung wahrzunehmen und zu hinterfragen. Um einerseits das Selbstbewusstsein der Kinder zu stärken und gleichzeitig ihre Offenheit zu bewahren ist es zentral, dass alle Kinder, sich in ihrer Identität wahr- und angenommen fühlen. Was einfach klingt, ist leider in der Praxis schwierig umzusetzen. Alle Kinder weichen mehr oder weniger von einer auf vielen offiziellen oder subtilen Ebenen repräsentierten Norm ab. Hannah liebt Bücher. Am liebsten schaut sie sich Kinderbücher an. Heute ist es das zehnte nach ähnlichem Muster: … Vater, Mutter, zwei hübsche Kinder in einem schicken Einfamilienhaus, der Junge ist stark und spielt Fußball, das Mädchen mit rosa Kleidchen spielt mit ihren Puppen … Die fünfjährige Hannah hat gerade die Trennung ihrer Eltern erlebt. Wie kann sie sich mit diesem Szenario identifizieren? Fühlt sie sich in ihrer Identität angenommen? Wo findet der durch seine Spastik gehbehinderte Paul einen Helden, der ihm gleicht? Bekommt Hülya, die so gern Fußball spielt und Röcke nicht ausstehen kann, das Gefühl, dass irgendwas mit ihr nicht stimmt? Ist er das einzige Kind auf der Welt mit schwarzer Hautfarbe, fragt sich Dominik? Welche Gefühle empfindet Paulina, die vor zwei Wochen mit ihrer Mutter zum ersten Mal in der Suppenküche aß? Natürlich stellen Kinderbücher auch Fantasiewelten dar, in die sich Kinder hineinträumen können, doch sind vielfältige und nicht normierte ProtagonistInnen für die Stärkung des Selbstbewusstseins von Nöten. Tipp: Einige solcher Bücher sind in der Bücherkiste des Projekts kinderwelten zusammengestellt und unter www.kinderwelten.org abrufbar. Klischees werden nicht nur in Kinderbüchern reproduziert. Ihnen begegnen Kinder überall: Auf den Werbeplakaten sind Frauen knapp bekleidet oder werben für Waschmittel, Männer für Autos, schwarze und behinderte Kinder bitten um Spenden und sind deshalb oft hilfebedürftig dargestellt. 10 EPIZ | ErzieherInnen Global | Einführung | Berliner Bildungsprogramm G+ Im Spielmaterial können ebenfalls viele Klischees in Bezug auf Hautfarbe, Gender, Behinderung, Religion, sozialen Status, Mode und anderes entdeckt werden, Spiel-Figuren sind meist „weiß“ und wenn sie anders aussehen, dann wieder klischeehaft. Spielzeuge selbst werden oft nach „für Jungen“ und „für Mädchen“ sortiert. Der Spielwarenhandel hält aber auch schon einige andere Möglichkeiten bereit, so gibt es zum Beispiel auch schwarze Babypuppen, die in keiner Kita fehlen sollten. Kinder, die zu Minderheitengruppen gehören, erleben Stigmatisierung sehr intensiv. Sie identifizieren sich mit den abgebildeten Kindern und fragen sich: „Habe ich diese Eigenschaft auch? Oder kann ich bestimmte Dinge nicht tun, weil ich vermeintlich zu einer bestimmten Gruppe von Menschen gehöre?“ Sehen sich Kinder überwiegend mit undifferenzierten Mustern bezüglich ihres Aussehens oder ihrer Herkunft konfrontiert, entsteht das Gefühl, anders als andere Kinder zu sein, von der scheinbaren Norm abzuweichen und nicht dazu zu gehören. Sich dazugehörig fühlen ist aber eine zentrale Grundlage für die Herausbildung der eigenen Identität. Kinder, die sich in ihrem Umfeld nicht identifizieren können, fühlen sich ausgegrenzt und beginnen, Teile ihrer eigenen Identität abzulehnen. Dass Vorurteile zu einem Problem für Menschen werden, hat in allererster Linie mit Macht zu tun. Menschen, die auf allen Ebenen gleichberechtigt sind, können sich auch verletzen. Aber erst die ungleichen Machtverhältnisse machen Diskriminierung möglich. Eine wichtige Grundvoraussetzung für ErzieherInnen ist deshalb, sich auch mit der eigenen gesellschaftlichen Stellung auseinander zu setzen, die mehr als äußere Merkmale beinhaltet. (Dafür haben wir am Ende dieses Kapitels die Übung: „Privilegientest“ aufgenommen.) Auch ErzieherInnen haben einen sehr eigenen spezifischen Hintergrund, der ihr Verhalten wesentlich mitbestimmt. Insbesondere in der Arbeit mit kleinen Kindern bringen sich ErzieherInnen ganzheitlich ein. Sie stehen kleinen Persönlichkeiten gegenüber – Patentrezepte für viele Situationen gibt es nicht. Bei Diskriminierungserfahrungen kleiner Kinder müssen sich ErzieherInnen in deren Situation hinein versetzen können, umso bewusster, wenn sie zu Menschen gehören, die niemals diskriminiert worden sind. Es geht auch anders: Die LEGO Duplo Community zeigt Menschen mit unterschiedlichen Hautfarben in ihren Berufen. DAS KIND IN DER KINDERGEMEINSCHAFT (2. EBENE DES BILDUNGSVERSTÄNDNISSES) Kindertagesstätten geben kleinen Kindern die große Chance, ihren Horizont zu erweitern. Nicht nur durch Bildungsangebote, die ihnen von engagierten ErzieherInnen gemacht werden, sondern auch durch die Gruppe selbst. Sie kommen vielleicht erstmalig in persönlichen Kontakt mit Kindern, die nicht zur Familie oder Nachbarschaft gehören, die einen ähnlichen oder auch ganz anderen familiären oder sozialen Hintergrund haben. Hier lernen sie Kinder kennen, die vegetarisch essen oder bei Oma und Opa aufwachsen, Kinder, für die eine Religion wichtig ist, Mädchen, die gern mit Autos spielen oder Jungen, die im Kleid zur Kita kommen. Sie lernen Kinder mit anderer Hautfarbe kennen, Kinder, die eine andere Sprache sprechen als sie selbst, Kinder, die im knallbunten Rollstuhl sitzen oder eine Brille tragen. Offensichtliche Merkmale, wie die zuletzt genannten, werden unter den Kindern schnell zum Thema. Ohne Angst davor, sich nicht „politisch korrekt“ zu verhalten, werden Warum-Fragen gestellt, wird der Rollstuhl ausprobiert oder Wörter in der fremden Sprache aufgeschnappt. 11 G+ EPIZ | ErzieherInnen Global | Einführung | Berliner Bildungsprogramm Um subtilere Prägungen aufzudecken, brauchen Kinder die Unterstützung der ErzieherInnen. Diese müssen Gesprächsanlässe schaffen und dabei die „Vorurteile“ der Kinder aufnehmen und deren Hintergründe und Identitäten einbeziehen. Dazu ist es notwendig, diese Hintergründe zu kennen, was voraussetzt, dass es eine intensive Zusammenarbeit zwischen Erziehungsberechtigten und ErzieherInnen gibt. Gleichzeitig müssen die ErzieherInnen die Kinder darin unterstützen und ermutigen, dass sie voneinander und übereinander lernen und dass gerade die Vielfalt in der Kindergruppe für die Kinder eine große Bereicherung darstellt. Der Anti-Bias-Ansatz Das englische Wort Bias bedeutet Voreingenommenheit, Tendenz, Vorurteil, aber auch Vorliebe. Der Anti-Bias-Ansatz greift Themen um Identität, Macht und Diskriminierung in der frühkindlichen Erziehung auf. Er wurde Anfang der 1980er Jahre in den USA von Louise Derman-Sparks und Carol Brunson-Philips entwickelt. Der Anti-Bias-Ansatz legt Grundlagen und gibt vielfältige didaktische Anregungen für eine vorurteilsbewusste Erziehung und das Aufbrechen von strukturell bedingten Ungleichheiten und Diskriminierungen. Er geht davon aus, dass Vorurteile und Diskriminierungen gesellschaftlich verankert sind und von den Menschen erlernt werden, die aus diesen Vorurteilen resultierende Verhaltensweisen ableiten. Der Anti-Bias-Ansatz hinterfragt strukturelle Machtund Dominanzverhältnisse. Er ist ein politischer Ansatz. Louise Derman-Sparks spricht von Vor-Vorurteilen, die kleine Kinder durch die einseitigen Informationen bilden, die sie ihrer Umwelt entnehmen. Diese führen zu einer Verzerrung der Wahrnehmung der Realität. Damit diese Vor-Vorurteile nicht zu festen Vorurteilen werden, brauchen die Kinder Erwachsene, die ihren verzerrten Bildern realistische entgegen setzen. Hier sind ErzieherInnen gefragt: „sie müssen einseitige Botschaften erkennen und wissen, wie man Kindern Erfahrungen mit der tatsächlichen Vielfalt ermöglicht und was man gegen ungerechte und diskriminierende Vorurteile tun kann. Weil letztere die Beziehungen zwischen Menschen aufs äußerste belasten, betreffen sie alle Menschen, ob ihnen nun Nachteile oder Privilegien aus diesen Unterscheidungen entstehen. Ein vorurteilsbewusstes Vorgehen ist daher überall angebracht, sei es in der Großstadt oder auf dem Land, sei es mit deutschsprachigen oder mehrsprachigen Kindern, sei es in Familien mit Migrationshintergrund oder solchen, die seit Generationen hier leben.“1 Vier Ziele des Anti-Bias-Ansatz: Ziel 1: Jedes Kind muss Anerkennung und Wertschätzung finden, als Individuum und als Mitglied einer bestimmten sozialen Gruppe, dazu gehören Selbstvertrauen und ein Wissen um seinen eigenen Hintergrund. Ziel 2: Auf dieser Basis muss Kindern ermöglicht werden, Erfahrungen mit Menschen zu machen, die anders aussehen und sich anders verhalten, so dass sie sich mit ihnen wohl fühlen und Empathie entwickeln können. Ziel 3: Das kritische Denken von Kindern über Vorurteile, Einseitigkeiten und Diskriminierung anzuregen heißt auch, mit ihnen eine Sprache zu entwickeln, um sich darüber verständigen zu können, was fair und was unfair ist. 1 12 Quelle: Beitrag für Frühe Kindheit (Heft 6, Dezember 2003), entnommen: http://www.aktiv-fuer-kinder.de/index.php?id=1705 s.o. EPIZ | ErzieherInnen Global | Einführung | Berliner Bildungsprogramm G+ Ziel 4: Von da aus können Kinder ermutigt werden, sich aktiv und gemeinsam mit anderen gegen einseitige oder diskriminierende Verhaltensweisen zur Wehr zu setzen, die gegen sie selbst oder gegen andere gerichtet sind. Wichtig im Anti-Bias-Ansatz ist, dass er sich nicht auf bestimmte Formen von Diskriminierungen beschränkt, sondern dass er alle Formen von Unterdrückung, sowohl auf der persönlichen, als auch auf der strukturellen Ebene einbezieht und Handlungsmöglichkeiten ableitet. Schnell umsetzbare Handlungsmöglichkeiten finden sich im Kita oder Hort bei der Gestaltung der Räume, sowie der Auswahl von Spielmaterial und Kinderbüchern. Entscheidend sind außerdem die Zusammenarbeit mit den Eltern, die Programmgestaltung und die Zusammensetzung des Teams, das Vielfalt widerspiegeln sollte. Das Berliner Projekt Kinderwelten (www.kinderwelten.net) verbreitet den Anti-Bias-Ansatz seit Ende der 90er Jahre in Berliner Kitas und mittlerweile auch bundesweit, bietet Fortbildungen für ErzieherInnen und KitaleiterInnen, stellt auf seiner Homepage ausführliche Informationen und Weiterentwicklungen des Ansatzes vor und bietet Beratung für interessierte Kitas. Außerdem wurde von Kinderwelten eine Bücherkiste entwickelt, die eine umfangreiche Sammlung an Kinderbüchern für 1 – 8jährige Kinder enthält, in denen Behinderung, Sexualität, Zusammenleben in Familienformen, Diskriminierung und soziale Probleme thematisiert werden. Es gibt darüber hinaus auch mehrsprachige Bücher und CDs. Die Bücherkiste kann bei Kinderwelten ausgeliehen werden, die Liste der Bücher findet sich ebenfalls auf der Homepage und gibt Anregungen für die Anschaffung von Büchern im Kindergarten. Im Rahmen unseres Projekts haben wir eine Checkliste entwickelt, die einem Grundprinzip des Anti-Bias-Ansatz folgt und Selbstverständlichkeiten hinterfragt. Diese Checkliste eignet sich besonders dazu, sich schon während des Praktikums in einem Kindergarten die Situation anzuschauen und auf subtile Diskriminierungen zu überprüfen. Auch ohne den theoretischen Hintergrund des Anti-Bias-Ansatzes wird allein durch das Stellen der Fragen zum Nachdenken angeregt. Viele Handlungsmöglichkeiten ergeben sich durch die richtigen Fragen wie von selbst. Die Checkliste finden Sie im folgenden Kapitel mit Übungen für angehende ErzieherInnen. Anti-Bias ist ein struktureller Ansatz, dessen Ziele nicht allein mit Einzelprojekten erreicht werden können. In dieser Broschüre finden Sie trotzdem Projektvorschläge, sich mit Fragen der Herausbildung von zu Identität beschäftigen. Im Praxisbaustein: „Alle(s) unter einem Hut“ gibt es entlang der sieben Bildungsbereiche des Berliner Bildungsprogramms didaktische Anregungen, Spiele, Lieder, Experimente, die sich Vielfalt von Kopfbedeckungen zunutze machen, um gesellschaftlich problematische Themen anzusprechen. 13 G+ EPIZ | ErzieherInnen Global | Einführung | Berliner Bildungsprogramm WELTERLEBEN UND WELTERKUNDEN (3. EBENE DES BILDUNGSVERSTÄNDNISSES) Kinder sind Teil dieser Welt, die im Zeitalter der Globalisierung stärker als je zuvor zusammenrückt. Kinder konsumieren tagtäglich Produkte, die von anderen Kontinenten kommen. Laut einer Marktforschungsstudie vom Frühjahr 2007 sind Bananen nach Äpfeln das Lieblingsobst der Deutschen, wobei Kinder deutlich mehr Bananen essen. Auf Schokolade, die Kakao aus Ghana enthält, verzichtet kaum ein hiesiges Kind. Unsere Kleidung besteht aus Baumwolle, die zum Beispiel in Mali wächst und viele unserer Spielzeuge werden in China produziert. Bilder aus allen Teilen der Welt kommen über das Internet in die Gedankenwelt der Kinder. Kinder hören von Armut und Kriegen in den Fernseh- und Radionachrichten ... Globales Lernen ... wird als Begriff seit Mitte der 1990er Jahre verwendet. Unter diesem Begriff werden Ansätze aus der entwicklungspolitischen Bildung, der Umweltbildung, der Menschenrechtserziehung und Friedenspädagogik, dem interkulturellen und ökumenischem Lernen zusammen geführt. Es geht hierbei aber nicht nur um bestimmte Themen oder Inhalte. Globales Lernen will auch methodisch ganzheitliches Lernen ermöglichen. Wissen, Gefühle und neue Erfahrungen stehen im Mittelpunkt. Globales Lernen ist ein Bildungskonzept, das „Kopf, Herz und Hand“ anspricht. Es hilft Kindern, die Welt als Ganzes, als Eine Welt zu verstehen und sich selbst darin zu verorten. Ausgehend von der eigenen Lebenswelt und sich selbst dabei reflektierend, lernen die Kinder den Alltag und die Lebenssituation von Menschen aus verschiedenen Teilen der Welt kennen. Sie versetzen sich in Lebenssituationen anderer Menschen hinein und erproben den Wechsel von Perspektiven. Globales Lernen greift die kindliche Neugierde auf, unsere Welt kennen und begreifen zu lernen. Es ermöglicht inhaltlich und methodisch vielfältige, aufeinander bezogene Angebote, die gleichzeitig einen außergewöhnlichen und eindrucksvollen Weltblick bieten, der die Erfahrungswelt schon von jüngeren Kindern entscheidend erweitern kann. Eine breite Palette von Themen, Gestaltungsmöglichkeiten und Methoden vermittelt auf lebendige Weise ein differenziertes Bild ferner Länder in Bezug auf Leben und Alltag hier und ermöglicht, das Verständnis für unterschiedliche soziale Realitäten zu wecken – und Gemeinsamkeiten, Träume und Wünsche zu entdecken. Globales Lernen trägt dazu bei, in frühen Jahren die Begegnung mit scheinbar Fremdem emotional und kognitiv positiv zu prägen. In modernen Gesellschaften, und gerade auch in Berlin, braucht das Zusammenleben diese Kompetenz. Materialien und Methoden (Geschichten und Märchen, Lieder, Spiele und Rollenspiele) fördern die Auseinandersetzung mit anderen Lebens- und Verhaltensweisen, die als gleichwertig und sinnvoll erlebt werden. Ihnen wird die Fremdheit genommen, weil sie nachvollziehbar werden und deutlich wird, dass Bedürfnisse, Wünsche und Träume von Kindern in aller Welt ähnlich sind, auch wenn sie sich unterschiedlich äußern. 14 Im Praxisbaustein „Die Kartoffel ist eine Ausländerin“ lernen die Kinder etwas über den Ursprung der Kartoffel, Geschichte und Geografie. Vor allem aber lernen sie peruanische Kinder aus der Stadt und vom Land kennen, die ihnen einen kleinen Einblick in ihr Alltagsleben gewähren. Diese differenzierte Darstellung bricht einseitige Bilder auf. Die Übungen folgen den Leitlinien Globalen Lernens. Sie machen neugierig auf die Welt und machen die Verbindungen zwischen den Kontinenten spielerisch erfahrbar. G+ ÜBUNGEN FÜR (ANGEHENDE) ERZIEHERINNEN G+ EPIZ | ErzieherInnen Global | Übungen für (angehende) ErzieherInnen Die folgenden Übungen wurden mit den Studierenden der Fröbel-Schule erprobt. Im Rahmen des Projekts wurde an der Friedrich-Fröbel-Schule ein Angebot für das alljährliche Kinderfest entwickelt, um das Thema Diskriminierung konstruktiv mit Kindern aus Kita und Hort zu behandeln. Mit den Kindern wurden Bücher angeschaut, die mit Klischees brechen, es wurde gemalt und gesungen. Dort entstand auch das folgende Lied, welches mit großer Begeisterung von den Kindern mitgesungen und mitgespielt wurde. „Ich bin anders als du bist anders als er …“ Refrain: Ich bin anders als Du bist anders als Er ist anders als sie Sie ist anders als Er ist anders als Du bist anders als ich! Ich hab eine breite Nase Du hast einen großen Mund Er dort sitzt im Rollstuhl drinnen Sie ist schön und kugelrund 16 [gesprochen:] NA UND? DAS MACHT DIE WELT DOCH ERST SO BUNT! Ich hab eine große Brille Du springst gern auf einem Bein Er hat kurze schwarze Locken Sie ist groß und wär’ gern klein [gesprochen:] NA UND? DAS MACHT DIE WELT DOCH ERST SO BUNT! EPIZ | ErzieherInnen Global | Übungen für (angehende) ErzieherInnen G+ DER PRIVILEGIENTEST Zur Auseinandersetzung mit der eigenen Stellung in der Gesellschaft und mit eigenen Privilegien haben wir mit Studierenden der Friedrich-Fröbel-Schule einen Privilegientest durchgeführt 1. Dieser Test ist geeignet als Einstieg in die Diskussion zum Thema Diskriminierung, weil deutlich wird, dass die eigene gesellschaftliche Stellung von sehr vielen Faktoren abhängt, die man nicht selbst beeinflussen kann und dass die Chancen sehr unterschiedlich sind. Wir haben den Originaltest gekürzt und an die Zielgruppe der angehenden ErzieherInnen angepasst. Ablauf: Die TeilnehmerInnen stehen in einer Reihe in der Mitte des Raums. Die Fragen werden nacheinander vorgelesen. Nach jeder Frage gehen die TeilnehmerInnen einen Schritt vor bzw. zurück oder bleiben stehen. Während des Tests wird nicht gesprochen. Erst nach dem Test wird diskutiert. Die Fragen: · Wenn Sie eine Schule besucht haben, in der in erster Linie Ihre Muttersprache gesprochen wurde, treten Sie einen Schritt vor. · Wenn es mehr als 50 Bücher in Ihrem Zuhause gab, in dem Sie aufgewachsen sind, treten Sie einen Schritt vor. · Wenn Sie versucht haben, Ihr Aussehen oder Ihr Verhalten zu ändern, um nicht verurteilt oder gehänselt zu werden, treten Sie einen Schritt zurück. · Wenn Ihre Familie ein Haus besitzt, treten Sie vor. · Wenn Ihre Familie eine Haushaltshilfe beschäftigt, treten Sie einen Schritt vor. · Wenn Ihre Familie je umziehen musste, weil sie die Miete nicht mehr zahlen konnte, treten Sie zurück. · Wenn Ihre Eltern erwerbslos sind, treten Sie zurück. · Wenn Ihnen je wegen Ihrer Nationalität, sozialen Schicht, Ihrer äußerlichen Merkmale, Ihres Geschlechts oder Ihrer sexuellen Orientierung vorgeworfen wurde, dass Sie betrogen oder gelogen hätten, treten Sie zurück. · Wenn Sie eine eigene Wohnung haben, treten Sie vor. · Wenn Ihnen jemals vom Studium oder einer Ausbildung abgeraten wurde auf Grund Ihrer Nationalität, sozialen Status, äußeren Merkmale, Ihres Geschlechts oder sexuellen Orientierung, treten Sie zurück. · Wenn Sie neben der Ausbildung ein Kind betreuen, treten Sie zurück. · Wenn Sie sich je unwohl gefühlt haben wegen eines Witzes, der sich auf Ihr Äußeres, Nationalität, sozialen Status, Geschlecht oder sexuelle Orientierung bezog, treten Sie zurück. · Wenn Sie je Opfer von Gewalt geworden sind wegen Ihrer Nationalität, sozialen Schicht, äußerlichen Merkmalen, Ihres Geschlechts oder sexuellen Orientierung, treten Sie zurück. · Wenn Sie in Ihrer Ausbildung finanzielle Unterstützung durch Ihre Familie erhalten, treten Sie vor. 1 in Anlehnung an Daniela Hrzán und Susanne Baer auf der Grundlage von Barbara Lesch McCaffry, American Multi- Cultural Studies, Hutchins School of Liberal Studies, and Women’s and Gender Studies, Sonoma State University, CA, USA Quelle: http://baer.rewi.hu-berlin.de/wissen/genderundrecht/privilegientest/ 17 G+ EPIZ | ErzieherInnen Global | Übungen für (angehende) ErzieherInnen Trotz der relativ homogenen Gruppe, mit der wir den Test durchführten, gab es doch einige Unterschiede. Die TeilnehmerInnen stellten teilweise zum ersten Mal Selbstverständlichkeiten in Frage. Ihnen wurde bewusst, dass es nicht selbstverständlich ist, dass die eigenen Eltern in schwierigen Situationen einspringen oder dass es Mitstudierende, die neben der Ausbildung arbeiten müssen, einfach schwerer haben. Die Unterschiede, die durch den Test deutlich werden, stellen keine Wertung dar, dass es einer Person besser als einer anderen geht, sondern verdeutlichen die Stellung des Einzelnen im gesamtgesellschaftlichen System mit den daraus resultierenden Konsequenzen. Es ist also nicht negativ, wenn eine Studierende ein Kind hat, für sie ist es wahrscheinlich ein großes Glück. Aber in unserer Gesellschaft hat sie es mit Kind schwerer, einen Arbeitsplatz zu finden, als ohne. Genauso muss man es nicht als persönlichen Nachteil begreifen, eine Frau zu sein, aber trotz besserer Schulabschlüsse haben in Deutschland Frauen die schlechteren Berufschancen und verdienen im Durchschnitt 22% weniger als ihre männlichen Kollegen.2 Deutschland rangiert damit im Vergleich zu anderen EU-Ländern sehr weit hinten. MigrantInnen, die den kompletten Schulstoff in einer Fremdsprache durchnehmen müssen, haben ebenfalls eine andere Ausgangsposition. Aber auch MigrantInnen mit gutem Hochschulabschluss haben es schwer auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Um zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden, müssen MigrantInnen drei bis viermal so viele Bewerbungen schreiben wie ihre MitbewerberInnen mit deutschen Namen, das ergab eine Studie der OECD 3. Im internationalen Vergleich schneidet Deutschland hier ebenfalls sehr schlecht ab. Es handelt sich hierbei um strukturellen Diskriminierungen. Diese müssen thematisiert werden, um deutlich zu machen, dass Erfolg oder Misserfolg nicht nur auf das persönliche Engagement zurückzuführen sind, sondern dass es trotz des Antidiskriminierungsgesetzes und zahlreicher Bundesprogramme strukturell sehr unterschiedliche Voraussetzungen für in Deutschland lebende Menschen gibt. Der Privilegientest ist für Jugendliche und Erwachsene geeignet. Für Kinder müssen andere Wege gefunden werden, die unterschiedlichen Voraussetzungen zu thematisieren. WIE SOLL ICH MICH VERHALTEN – LERNEN IM FORUMTHEATER Wie verhalten sich ErzieherInnen in Diskriminierungssituationen? Sehr unterschiedlich, je nach eigenem Ermessen und persönlichem Erfahrungshintergrund, der ja sehr verschieden sein kann. Für angehende ErzieherInnen mit wenig Erfahrung ist es sinnvoll, Raum zu geben, um verschiedene Handlungsmöglichkeiten auszuprobieren und ein Feedback zu erhalten. Als geeignete Methode haben wir das Forumtheater gewählt. Es bietet nicht nur die Chance, eigene Lösungen auszuprobieren, sondern auch, in die Rolle der diskriminierenden oder diskriminierten Kinder zu schlüpfen und deren Situation nachzuempfinden. Im Forumtheater geht es nicht um schauspielerisches Talent, sondern tatsächlich um die Lösung von Konflikten. Forumtheater verdeutlicht den angehenden ErzieherInnen die Vielfalt der eigenen Handlungsmöglichkeiten in Bezug auf Diskriminierung und vorurteilsbewusste Erziehung. Für Kinder ist dieses Theaterkonzept nicht geeignet, da hier die Kenntnis über gesellschaftliche Strukturen und die Fähigkeit zur Selbstreflexion erforderlich sind. Die Besonderheit ist, 2 18 Studie der EU-Sozialkommission Kommission („Spidla-Studie„) vom Juli 2007 3 Studie der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) vom Juli 2007 EPIZ | ErzieherInnen Global | Übungen für (angehende) ErzieherInnen G+ dass das Publikum sich nicht in der klassisch passiven Rolle befindet, sondern am Prozess beteiligt wird. Dadurch bekommen alle Teilnehmenden den Raum für eine kritische Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen und politischen Strukturen und Standpunkten aber auch alltäglichen Problemsituationen. Forumtheater wurde in den 1960er Jahren von Augusto Boal, damaliger Leiter des Teatro de Arena in Sao Paulo / Brasilien entwickelt. Die Zuschauenden werden zu Handelnden und somit ermutigt, in Situationen von Unterdrückung, Diskriminierung und Gewalt einzugreifen. Forumtheater ist ein Volkstheaterkonzept und wird auch „Theater der Unterdrückten“ genannt. Die Methode löst nicht das Problem der Unterdrückung, sondern vermittelt Handlungsoptionen. Forumtheater wird heute in verschiedenen Ländern Lateinamerikas, Afrikas und Europas praktiziert. So funktioniert Forumtheater: Die Gruppe sucht sich eine Konfliktsituation, die sie gerne bearbeiten möchte. Besonders gut geeignet ist diese Übung, wenn die Studierenden bereits erste Erfahrungen in ihrem späteren Arbeitsfeld gesammelt haben, zum Beispiel während der Praktikumsphase. Die Konfliktsituation sollte verallgemeinert werden, um möglichst großen Handlungsspielraum zu ermöglichen. Einige Gruppenmitglieder stellen die Szene nach. Die Moderation übernimmt ein „Joker“, der zwischen Publikum und SchauspielerInnen vermittelt. Die Situation wird zunächst so gespielt wie sie tatsächlich stattgefunden hat. Sie wird vom Joker an einer konfliktreichen Stelle durch ein lautes „Stopp!“-Rufen eingefroren. Die ZuschauerInnen sehen nun ein problematisches Bild, was es zu verändern gilt. Der Joker lädt die ZuschauerInnen ein, die Szene zu verändern und so ein „besseres„ Bild entstehen zu lassen. Die Lösungsvorschläge und Ideen werden direkt auf der „Bühne„ erprobt. Dabei kann der eigene Lösungsvorschlag als Anweisung an die SchauspielerIn weitergegeben werden oder im besseren Fall wird die SchauspielerIn ausgetauscht (der Lerneffekt ist deutlich größer, wenn man den eigenen Vorschlag selbst spielt). In jedem Fall wird die Szene mit der neuen Lösung wiederholt. Neue Stopp-Rufe bringen neue, andere Lösungen. Das „Bild“ kann ständig verändert werden, so lange bis keine weiteren Lösungswege mehr vorgeschlagen werden. Es gibt bessere oder schlechtere Lösungen. Um eine optimale Verhaltensregel geht es hierbei allerdings nicht. Ziel ist nicht ein unrealistisches „Happy End“, sondern vielmehr vielfältige Perspektiven und Handlungsmöglichkeiten zu erkennen, voneinander zu lernen und sich selbst auszuprobieren. Im anschließenden Forum werden dann die unterschiedlichen Lösungen, aber auch die dabei entstandenen Gefühle aller SchauspielerInnen diskutiert und gegenseitiges Feedback gegeben. Sollte sich die Gruppe nicht auf eine Konfliktsituation einigen können, kann diese auch vorgegeben werden. Im Folgenden finden Sie vier Anregungen für Ausgangsszenen im Forumtheater. Diese machen auch deutlich, dass Forumtheater nicht nur bei extremen Diskriminierungsfällen eingesetzt werden kann, sondern auch in problematischen Alltagssituationen hilfreich ist. 19 G+ EPIZ | ErzieherInnen Global | Übungen für (angehende) ErzieherInnen Paul, 5 Jahre temperamentvoll Fatma Ernie Fatma, 5 Jahre ruhig, isst gern Ernie, 4 Jahre trägt Brille 1. Beispiel: Drama am Mittagstisch Mittagszeit: Paul, Fatma und Ernie sitzen am Mittagstisch. Ernie versucht, Fatma das Essen vom Teller wegzunehmen. Fatma wehrt sich kleinlaut. Ernie sagt: „Du bist doch fett genug!“ Daraufhin beginnt Fatma zu weinen. Paul greift gewaltsam ein, in dem er Ernie mit dem Löffel haut und ihn als „Brillenschlange“ bezeichnet. Eine Erzieherin nimmt Ernie in Schutz, weil er es sowieso schon nicht leicht hat. Paul, der ja immer etwas schnell aggressiv wird, wie der andere Erzieher sagt, darf bei dem nächsten Gruppenspiel nach dem Essen nicht mitspielen. STOPP! 2. Beispiel: Ein verkorkster Nachmittag Lisa (4) und Lars (6) streiten sich darum, wer den Rollstuhl von Lutz (5, nicht-sprechend) schieben darf. Lutz kneift und zieht den beiden an den Haaren. Lisa und Lars beschweren sich lautstark bei den Erzieherinnen. Eine Erzieherin verteidigt Lisa und Lars und bemerkt, dass Lutz immer wieder kratzt, kneift und beißt. Die andere Erzieherin nimmt Lutz in Schutz, weil sie meint, dass Lutz ja keine andere Ausdrucksform hat. STOPP! 3. Beispiel: Beste Freundinnen? Laura (weiß, 5) und Marla (schwarz, 5) sind Freundinnen. Eines Tages kommt Laura in die Kita und sieht Marla nicht mehr an. Als Begründung bekommt Marla zu hören: „Meine Mama will nicht, dass ich mit Dir spiele, weil Du so schmutzig bist.“ Marla geht weinend weg. Die Erzieherin tröstet Marla: „Sei nicht traurig, Du kannst ja noch mit anderen Kindern spielen.“ STOPP! 4. Beispiel: Elternarbeit Frau Meier (Mutter von Max, 4) und Herr Kangal (Vater von Ali, 4) holen ihre Kinder ab. Die Erzieherin nutzt die Situation und spricht beide Elternteile auf die eskalierende Spannung zwischen den Jungen an. Sie erzählt, dass sie sich ständig beschimpfen und prügeln und sie nicht mehr weiter weiß. Frau Meier verteidigt ihren Sohn, der sonst nie Streit anfangen würde. Herr Kangal ist in Eile und möchte das Problem nicht an dieser Stelle diskutieren. Frau Meier entrüstet sich: „Kein Wunder, dass das Kind immer noch kein deutsch spricht. Da braucht man sich ja auch nicht wundern, wenn der kleine Türke dann mit den Fäusten spricht.“ Die Erzieherin beschwichtigt Frau Meier, indem sie sagt: „Sein Deutsch ist schon viel besser geworden.“ STOPP! 20 G+ EPIZ | ErzieherInnen Global | Übungen für (angehende) ErzieherInnen | Checkliste CHECKLISTE – VORURTEILSBEWUSSTE ERZIEHUNG IN DER PRAKTIKUMSSTELLE Wie ist Vielfalt in der Kita(-gruppe) in Bezug auf kulturelle Herkunft, Religion, Geschlecht, Hautfarbe, Behinderung, sexuelle Orientierung, Dick-Sein etc. repräsentiert? Bitte beobachten Sie die personelle Zusammensetzung, Einrichtung, pädagogisches Material, Abläufe in Ihrer Praktikumsstelle und halten Sie Ihre Ergebnisse als Gedankenstütze in folgendem Bogen stichpunktartig fest! Die aufgeführten Fragen und Beispiele dienen nur als Anregung für die Beobachtung. Die Checkliste ist Grundlage für die Diskussion im Rahmen des Praxis begleitenden Unterrichts (PBU). Vielen Dank. 1. Zusammensetzung des Kita-Personals: männlich: deutsch: mehrsprachig: weiblich: mit Migrationshintergrund: 2. Zusammensetzung der Kinder-Gruppe: Kommentare (Positionen, Behinderung, Sprachkenntnisse...) Welche? - aus welchen Ländern kommen die Eltern? - gibt es Behinderungen? - Mehrsprachigkeit? 3. Spiegelt die Einrichtung der Kita (Bilder an den Wänden, Dekoration …) die Vielfalt unserer Gesellschaft wider? Sind Informationen mehrsprachig? Wenn ja, wie werden die Menschen dargestellt? 4. Spiegelt sich Vielfalt im Spielmaterial wider (am Beispiel von Puppen, Legofiguren – Hautfarbe, Körper, Behinderung) Wenn ja, wie? Beobachtungen: 5. Achten Sie bei der Darstellung von Familienkonstellationen und Lebensverhältnissen in Kinderbüchern auf folgende Aspekte: Arm / reich? – Dick / dünn? – Stadt / Land? – Hautfarbe – Behinderung 6. Werden geschlechtsspezifische Stereotype in Kinderbüchern aufgebrochen? Welche Tätigkeiten macht der Mann, welche die Frau? Beispiel? 7. Wie sind die Familien der Kinder in der Kita präsent? Werden Familien mit einbezogen in KitaAbläufe? Gibt es Bilder von den Familien? ExtraRäume? Beobachtungen: 8. Welche Feste werden in der Kita gefeiert? Werden z.B. islamische oder jüdische Feiertage begangen? Wenn ja, welche? 9. Spiegelt sich Vielfalt in der Essensversorgung der Kinder wider? Gibt es z.B. Speisen aus anderen Kontinenten? Religiöse u.a. Ernährungsvorschriften? Beispiele: 10. Weitere Anmerkungen: G+ IDENTITÄT UND VIELFALT ALLE(S) UNTER EINEM HUT G+ EPIZ | ErzieherInnen Global | Identität und Vielfalt | Alle(s) unter einem Hut Die Symbolkraft des Hutes als Kopfbedeckung durchzieht fast alle Völker unseres Planeten. Sie gibt oft Aufschluss über Glauben, Status, politische Einstellung oder zumindest Modebewusstsein einer Person. Neben der ursprünglichen funktionalen Bedeutung als „Decke“ oder „Schutz“ ist das Tragen von Kopfbedeckungen eng verbunden mit der Suche nach Zugehörigkeit und Identität. So entstand die Idee, Kopfbedeckungen aller Arten in den Mittelpunkt zu rücken und Kindern an Hand ihrer Vielfalt in Bedeutung, Form und Funktion auf die Vielfalt unserer Gesellschaft aufmerksam zu machen. In eine andere Rolle zu schlüpfen, kann die Persönlichkeitsentwicklung sowie das Empathievermögen der Kinder fördern. In zahlreichen Kulturen ist die „magische“ Kraft von Kopfbedeckungen sehr ausgeprägt. Hier ist kultursensibles Fingerspitzengefühl und ein reger Dialog mit den Eltern gefragt! Die nachfolgende Elterninformation soll den Eltern Basisinformationen über das Hut-Projekt geben und sie zugleich in das Projekt einbinden. Die folgenden Beispiele sind Anregungen, die Forderungen des Berliner Bildungsprogramms entsprechend der kulturellen und sozialen Zusammensetzung der Kinder-Gruppe in Zusammenarbeit mit den Eltern umzusetzen. Wir wünschen Ihnen viel Spaß mit der Weiterentwicklung und Durchführung der hier präsentierten Ideen! 24 EPIZ | ErzieherInnen Global | Identität und Vielfalt | Elterninformation G+ ELTERNINFORMATION (Diese sollte ggf. in die Sprachen der Eltern übersetzt werden.) Liebe Eltern, Hüte und Kopfbedeckungen sind so vielfältig wie unsere Gesellschaft. Mit dem Projekt „Alles unter einem Hut“ möchten wir unseren Kindern verschiedene Hüte und Kopfbedekkungen vorstellen. Wir wollen die Eigenschaften und Bedeutungen vom Kopftuch über den Sombrero bis zum Fahrradhelm deutlich machen und den Kindern die kulturelle und soziale Bedeutung von Hüten näher bringen. So lernen die Kinder die Vielfalt unserer Gesellschaft kennen und schätzen. Damit unser Projekt gelingt, brauchen wir Ihre Unterstützung: Bitte geben Sie Ihrem Kind morgen einen besonderen Hut oder eine andere Kopfbedeckung mit in den Kindergarten. Welche Bedeutung hat diese(r) für Ihre Familie? Erzählen Sie Ihrem Kind davon! Wer trägt oder trug Kopfbedeckungen und zu welchen Anlässen? Im Rahmen unseres Projekts werden wir … Geschichten über Hüte hören … selbst Hüte basteln und damit spielen … verschiedenste Hüte und Kopfbedeckungen anprobieren … Lieder singen … und die behütenden Eigenschaften von Kopfbedeckungen erfahren: Warum gibt es im Winter Pudelmützen und im Sommer nicht und wozu ist der Fahrradhelm nötig? Liebe Eltern, Hüte und Kopfbedeckungen sind so vielfältig wie unsere Gesellschaft. Mit dem Projekt „Alles unter einem Hut“ möchten wir unseren Kindern verschiedene Hüte und Kopfbedekkungen vorstellen. Wir wollen die Eigenschaften und Bedeutungen vom Kopftuch über den Sombrero bis zum Fahrradhelm deutlich machen und den Kindern die kulturelle und soziale Bedeutung von Hüten näher bringen. So lernen die Kinder die Vielfalt unserer Gesellschaft kennen und schätzen. Damit unser Projekt gelingt, brauchen wir Ihre Unterstützung: Bitte geben Sie Ihrem Kind morgen einen besonderen Hut oder eine andere Kopfbedeckung mit in den Kindergarten. Welche Bedeutung hat diese(r) für Ihre Familie? Erzählen Sie Ihrem Kind davon! Wer trägt oder trug Kopfbedeckungen und zu welchen Anlässen? Im Rahmen unseres Projekts werden wir … Geschichten über Hüte hören … selbst Hüte basteln und damit spielen … verschiedenste Hüte und Kopfbedeckungen anprobieren … Lieder singen … und die behütenden Eigenschaften von Kopfbedeckungen erfahren: Warum gibt es im Winter Pudelmützen und im Sommer nicht und wozu ist der Fahrradhelm nötig? G+ EPIZ | ErzieherInnen Global | Identität und Vielfalt | Alle(s) unter einem Hut KENNST DU DIESEN HUT? Legen Sie mit Hilfe der Eltern eine Hutsammlung an. Vielleicht finden Sie auf dem Flohmarkt, auf dem Dachboden oder in einem kleinen Theater ein seltenes Stück? Diese Sammlung soll nach Möglichkeit die Vielfalt der Kinder-Gruppe repräsentieren und ist zum einen Vorlage für eigene Hutkreationen, zum anderen Requisite für verschiedene Spielideen. Legen Sie die Bildkarten aus dem Mittelteil der Broschüre oder auch andere Materialien (Bilder aus Kinderbüchern, „behütete“ Puppen und Spielfiguren etc.) und die mitgebrachten Hüte in den Morgenkreis. Die Kinder haben den von zu Hause mitgebrachten Hut auf dem Kopf oder wählen sich einen aus der Mitte aus. Jedes Kind darf etwas zu seinem Hut sagen. Dann wird gemeinsam überlegt, welche Hüte bekannt sind, welche die Kinder außerdem kennen und zu welchen Anlässen man die Hüte trägt. Hutmemory Sie können die Bildvorlagen aus dem Mittelteil der Broschüre in Farbe kopieren und zu Memory-Karten zurecht schneiden. Sie können aber auch ein dreidimensionales Memory mit den echten Hüten spielen. Das lädt zum Anfassen und Bewegen ein. Sie benötigen dazu eine gerade Anzahl verschiedener Hüte und jeweils zwei gleiche Gegenstände (Stifte, Luftballons, Bälle, Spielfiguren, etc.). Unter jeden Hut kommt jeweils ein Gegenstand. Die Kinder dürfen dann der Reihe nach zwei Hüte aufdecken und nach den richtigen Paaren suchen. Hutquartett Wofür dienen eigentlich die Kopfbedeckungen der selbst angelegten Hutsammlung? Lassen Sie die Kinder die Hüte ihren ursprünglichen Bedeutungen entsprechend zuordnen (z.B. nach den Kategorien Berufsbekleidung, modische Hüte, religiöse Kopfdeckungen, schützende Hüte). Die Bildvorlagen im Mittelteil der Broschüre enthalten sechs Quartette. Zu den Oberbegriffen: Sommer, Winter, Sport, Arbeit, Kopftücher und Verkleidungen finden sich jeweils vier dazu gehörige Bildkarten. Diese können Sie ausschneiden und nach normalen Quartettregeln spielen. Dabei wird es interessante Diskussionen zur Zugehörigkeit geben: Gehört der Ski-Helm in den Winter oder zum Sport? Weitere Spielmöglichkeiten schließen sich hier an, je nach Konzentration, Interesse und Entwicklungsstand der Kinder Tasten Je eine Kopfbedeckung kommt in eine Kiste unter ein Tuch. Kannst du ertasten, um welchen Hut es sich handelt? Ist er fest oder weich? Wer trägt ihn und wofür? Bewegen Hutslalom: Ein Kind bringt einen Hut auf dem Kopf an das Ende der Hut-Slalomstrecke, das nächste Kind holt ihn wieder zurück usw. 26 Rechnen Wie viele Murmeln befinden sich unter diesem Hut, wenn ich [alle laut im Chor] „Eine, Zwei, Drei, …“ Murmeln darunter schiebe? So kann man gemeinsam das Zählen üben. Für ältere Kinder können weitere Rechenaufgaben veranschaulicht werden. EPIZ | ErzieherInnen Global | Identität und Vielfalt | Alle(s) unter einem Hut G+ MEIN HUT IST ANDERS ALS DEIN HUT Eine vom Kind selbst bzw. mit Hilfe der ErzieherInnen oder Eltern gebastelte Kopfbedekkung eignet sich hervorragend, um eine bestimmte Identität zum Ausdruck zu bringen, sich von anderen abzugrenzen und die Identitäten der anderen wahrzunehmen. Sowohl Ich- Kompetenzen als auch Sozialkompetenzen (Empathievermögen, Kooperationsbereitschaft) und Sachkompetenzen (Kreativität, Basteltechniken, Wissen über die Herkunft von Hüten) können während des Bastelns und in nachfolgenden Spielen gefördert werden. Die Auswahl der Materialien, Techniken und Modelle entscheidet maßgeblich über das Ziel: Jedes Kind soll sich wohl fühlen unter seinem Hut! Lassen Sie den Kindern ausreichend Zeit, damit die Kopfbedeckung zu einem persönlichen Unikat werden kann! So können die selbst gebastelten Kunstwerke als Utensilien für nachfolgende Spiele, Rollenspiele und Lieder verwendet werden. Sobald die Hüte fertig sind, kommen sie zum Trocknen und Bestaunen ins „Hutmuseum“ – ein geeigneter Ort in Sichthöhe der Kinder. Hier geben wir Ihnen als Anregung drei Beispiele selbst gebastelter Kopfbedeckungen. Zylinder Material Korpus Wellpappe oder Tonkarton, starkes Klebeband, Schere, Maßband für den Kopfumfang Dekoration Stoff- und Lederreste Der Korpus des Zylinders besteht aus drei Teilen aus Wellpappe oder Tonkarton: Ein Rechteck ([Höhe] x [Kopfumfang + 4 cm]) an beiden kurzen Seiten gleichmäßig mit Einschnitten versehen, so dass sich die beiden Enden zu einem Zylinder ineinander schieben lassen. Die Nahtstelle mit starkem Klebeband von innen und außen fixieren. Der kreisförmige Zylinderdeckel (Durchmesser: [Kopfumfang + 2 cm]) wird rundherum gezackt (2 cm, s. Abb.), die Zacken umgeknickt. Die Zylinderkrempe ist ein Kreis (Durchmesser [Kopfumfang + 6 cm]) mit einem Loch (Durchmesser: [Kopfumfang - 2 cm]). Der innere Rand wird gezackt (2 cm, s. Abb.), die Zacken umgeknickt. An der oberen und unteren Innenseite des Zylinders doppelseitiges Klebeband anbringen. Der Deckel wird in den Zylinder geschoben und mit starkem Klebeband fixiert. Ebenso wird die Krempe am anderen Ende fixiert. Sobald der Korpus fertig ist, kann der Zylinder nach Belieben dekoriert werden, z.B. mit Stoff- oder Lederresten beklebt werden. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt! 27 G+ EPIZ | ErzieherInnen Global | Identität und Vielfalt | Alle(s) unter einem Hut Bunt bedruckter Malerhut Material Korpus Zeitungspapier, Hefter Dekoration Wasserfarben, Pinsel, Moosgummi, fester Karton, alte Teesiebe, alte Zahnbürsten Der Korpus ist in wenigen Minuten fertig. Fixieren Sie die Enden mit einer Heftklammer! Bereiten Sie vielfältige Schablonen aus festem Karton vor: mit einem Teesieb und einer alten Zahnbürste zaubert man die Figuren auf den Hut. Bereiten Sie Stempel aus Moosgummi vor. Tarnkappe Material Korpus Luftballons, Zeitungspapier, Kleister (Tapeten- oder Kartoffelkleister) Dekoration Wasserfarben, Federn, Blätter, Wollreste, Klebstoff Der Korpus der Tarnkappe entsteht aus mehreren Schichten Zeitungspapier und Kleister um einen kopfgroßen Luftballon. Sobald der Kleister getrocknet ist (Achtung: kann bis zu drei Tage dauern!), geht es los: Die Kappen können bemalt und z.B. mit Wollresten oder Federn beklebt werden. Drei Ideen von Tausenden… Wie wäre es mit einem sechseckigen Fantasiehut? Aus einer alten Schultüte kann ein Hut eines schönen Burgfräuleins oder eines Zauberers werden! Und wer hätte nicht gerne einen feinen Kentucky-Derby aus Hasendraht und Stoffresten oder einen Drachenhut aus Pappmachée? Die folgenden Bücher geben Anregungen zum Basteln und Bedrucken der Kunstwerke: Christa Söder-Wagenhäuser. Lustige Hüte und Perücken. Niederhausen, Falken, 1991. Ingrid Moras. Zauberhaftes aus Hüten und Tüten. Christopherus Verlag, Freiburg, 1994. Martha Steinmeyer. Punkt, Punkt, Klecks & Strich. Mit Farben malen, drucken, pusten. Für Kinder ab 4. Christopherus Verlag, 1998. Margot Weiss. Mit Kindern basteln. Drucktechniken. Englisch Verlag, 1990. Ray Gibson. Papiermaschee. Ravensburger Buchverlag, 1995. Fergg, Monika. Filzen für Einsteiger. Augustus-Verlag, 1998. ICH STEHE HIER MIT MEINEM HUT Dieses Lied soll zum einen das Selbstbewusstsein der Kinder stärken, zum anderen die Wahrnehmung anderer Kinder schulen. Außerdem lernen die Kinder die Bedeutung von drei Redewendungen rund um den Hut kennen. Mitmachen Alle Kinder stehen mit ihrem (selbst gebastelten) Hut im Kreis. 28 G+ EPIZ | ErzieherInnen Global | Identität und Vielfalt | Alle(s) unter einem Hut Ich stehe hier mit meinem Hut (Mitmachlied) Ich stehe hier mit meinem Hut Schau mich an Steht der mir nicht gut? Auch du stehst hier mit deinem Hut Und auch der steht dir so richtig gut! Mit beiden Händen an den Hut zeigen Ein Kind aus der Gruppe fest anschauen Auf die eigene Schulter klopfen Den Nachbarn bewundernd anschauen Dem Nachbarn ermutigend auf die Schulter klopfen 1. „Hut ab“ das heißt du hast was gut gemacht! Respekt, das hätt’ ich nicht gedacht! Elegant vor dem Nachbarn „den Hut ziehen“ 2. Ich bin heute „Auf der Hut“ Ich bin vorsichtig und wach und ich habe Mut! Leicht ducken und wach nach links und rechts schauen 3. „Das ist ein alter Hut!“: Weise lächeln und mit der Hand abwinken. Das kenn’ ich schon, das kenn ich gut! ICH BIN DU UND DU BIST ICH! Wie ist es wohl, jemand anderes zu sein? Die eigene Identität über einen Zeitraum aufzugeben und sich in eine andere hinein zu versetzen, kann viel Spaß machen, erfordert aber auch Mut, Fantasie und Empathievermögen. Ziel des Spieles ist es, sich in eine andere Person hinein zu denken, um dadurch die eigene sowie die Identität des Anderen besser kennen zu lernen. Die besondere Bedeutung von Kopfbedeckungen findet sich oft in Märchen und Geschichten. Was wäre zum Beispiel die Geschichte vom Räuber Hotzenplotz ohne das „Verkleiden“ von Kasperl und Seppel? Die beiden Helden tauschen mit Kasperlmütze und Seppelhut ihre Identität und bringen so den bösen Räuber Hotzenplotz hinter Gitter, befördern den Zauberer Petrosilius Zwackelmann anstelle der schönen Fee Amaryllis in den Unkenteich und die Großmutter bekommt ihre heißgeliebte Kaffeemühle wieder. Mit dem Erzählen dieser Geschichte am Vortag könnte die Verwandlung im Morgenkreis eröffnet werden. Otfried Preußler. Der Räuber Hotzenplotz, Thienemann Verlag, 1962, ISBN 3522105907 29 G+ EPIZ | ErzieherInnen Global | Identität und Vielfalt | Alle(s) unter einem Hut Einstieg: Die Geschichte von Otfried Preußlers Hotzenplotz mit der Verwechslung von Kasperl und Seppel liefert den Rahmen für das Spiel mit den Identitäten. So wie Kasperl und Seppel in der Geschichte sollen auch die Kinder für einen bestimmten Zeitraum in die Rolle eines anderen Kindes schlüpfen. Die selbst angefertigten Kopfbedeckungen kommen nun zum Einsatz. Um sich leichter in die Rolle des Hutbesitzers einzufinden, empfiehlt sich ein Ritual. Zwei Textstellen bieten einen guten Anlass für den Identitätswechsel: 1. Kasperl wird Seppel und Seppel wird Kasperl Wer weiß noch, wie sich Kasperl und Seppel „verkleidet“ haben, bevor sie sich auf die Suche nach Räuber Hotzenplotz machen? Sie tauschten ihre Hüte! Zwei Vorschläge für ein Ritual zum Hüte tauschen: · Alle Kinder stehen im Kreis und legen ihre Hüte vor sich ab. Sobald eine Melodie einsetzt, fassen sie sich an den Händen und gehen im Kreis, bis die Musik aussetzt. Der Hut, der vor dem jeweiligen Kind liegt, hat seinen neuen Besitzer gefunden! · Jeweils zwei Kinder, die etwas über einander wissen, stehen sich gegenüber, die Gruppe im Kreis um die beiden herum. Die beiden sagen zusammen einen Zauberspruch (z.B. „Ich bin du und du bist ich!“), die ganze Gruppe antwortet „Hokus Pokus – so sei es!“ und die beiden Kinder tauschen ihre Hüte. Das Ritual wiederholt sich, bis alle Kinder einen neuen Hut auf haben. Bei ungerader Anzahl kann es auch einen Dreiertausch geben. 2. Des Hutes Besitzer stelle sich ein! Wer weiß noch, wie Seppel in das Schloss des bösen Zauberers Petrosilius Zwackelmann kam? Er wurde von dem Zauberer herbeigehext, weil Kasperl Seppels Hut im Schlossgarten gelassen hatte! Zeichnen Sie mit Zauberkreide einen „Magischen Kreis“ (1 m) auf Papier. Die Kinder stehen im Kreis um den Magischen Kreis herum. Der Hut eines Kindes wird in die Mitte gelegt. Nacheinander zaubert die ganze Gruppe gemeinsam ein Kind nach dem anderen zu dem jeweiligen Hut hin (vgl. Otfried Preußlers Hotzenplotz, Kapitel „Des Hutes Besitzer“, Abb. S. 85). Zwackelmanns Zauberspruch Herbei, herbei, Wo er auch sei! Des Hutes Besitzer Er stelle sich ein: Wo der Hut ist, Da soll er auch selber sein! Hokus Pokus – so sei es! 30 Die Kinder versuchen, sich für eine halbe Stunde mit den jeweils anderen Namen anzusprechen und sich Spiele zu suchen, die die HutbesitzerInnen gern spielen. Anschließend kommen die Kinder zur Obstmahlzeit zusammen und setzen sich auf die jeweiligen Plätze. Sie überlegen, welches Obst die HutbesitzerInnen gern essen und probieren davon. Nach der Mahlzeit werden die Hüte nach einem „Ausstiegsritual“ wieder zurück getauscht. Dazu stellen sich alle Kinder wieder um den magischen Zauberkreis und legen ihre Hüte dort hinein. Jedes Kind tritt einzeln vor und spricht: „Ich bin ich“ – Die anderen Kinder: „Hokus Pokus – So sei es!“. Das Kind im Kreis: „Ich bin wieder ... (Name des Kindes)“. Die anderen EPIZ | ErzieherInnen Global | Identität und Vielfalt | Alle(s) unter einem Hut G+ Kinder: „Hokus Pokus – So sei es“ Sobald jede wieder „sie selbst“ ist, können wieder die eigenen Hüte aufgesetzt werden. Ins Gespräch kommen Die Erfahrungen der Kinder sollten gemeinsam besprochen werden. Wie war es eigentlich, eine Zeit lang jemand anderes zu sein? Was hat den Kindern gefallen, was war nicht so gut? Freuen sie sich, jetzt wieder SIE SELBST zu sein? Was ist an dem eigenen Ich gut? Es geht in dieser Runde genauso darum, die anderen Kinder wie auch die eigene Identität bewusst wertzuschätzen. STOFF AUF DEM KOPF – KOPFTÜCHER UND TURBANE Kopftücher und Turbane sind Kopfbedeckungen mit jahrtausendealter Geschichte, die es in verschiedenen Gegenden der Welt und unzähligen Ausführungen gibt. Sie werden aus religiösen Gründen, zum Schutz vor Sonne und Wind, Hitze und Kälte, vor Verletzungen und bösen Geistern oder als dekoratives Element getragen. Abhängig von Material, Dicke und Farben des Stoffes lassen sich geniale Verkleidungen, modische Accessoires und Schutzelemente zaubern. Die Kinder sollen die Vielfalt der Kopfbedeckungen entdecken, die in unserer Gesellschaft und in anderen Ländern anzutreffen sind. Sehen, Fühlen und Beschreiben Zeigen Sie Ihren Kindern die Vielfalt der verschiedenen Kopftücher (unterschiedliche Stoffe, Farben, Größen). Wie fühlt sich der Stoff an? Ist er warm? Ist er weich oder rau? Ist er eher warm oder kühl? Finden Sie gemeinsam Wörter, um zu beschreiben, wie die Stoffe aussehen und wie sie sich anfühlen. Hier können die sprachlichen Grundfertigkeiten der Kinder bewusst geübt werden. Was ist denn das für ein Kopftuch? Zeigen Sie Ihren Kindern die Bilder und Skizzen der verschiedenen Kopftücher und Turbane, die Sie in der Mitte der Broschüre finden. Welche Kopfbedeckungen kennen sie? Was wissen sie darüber? Welche gefällt ihnen besonders gut? Bedrucken Wenn Sie unbedruckte Stoffe haben, lassen Sie die Kinder ihr eigenes Kopftuch gestalten! Hier können die Kinder mit Mustern und Symbolen, Buchstaben und Figuren experimentieren. Material: abgesteppte Meterware, Stofffarbe, von den Kindern selbst gefertigte Schablonen oder Stempel Einwickeln Probieren Sie verschiedene Wickeltechniken von Kopftüchern und Turbanen mit den Kindern zusammen aus. Lassen Sie Raum für eigene Kreationen von Kopfbedeckungen! Vielleicht findet sich unter den Eltern ein(e) Spezialist(in)?! Material: Stoffe verschiedener Materialien, Größen und Farben, Handtücher, Schals, Weiterführende Informationen: Turbane der Welt. URL http://www.meissoun.ch/turban.htm Kopftücher im Islam. URL http://www.kopftuch.info/ 31 G+ EPIZ | ErzieherInnen Global | Identität und Vielfalt | Alle(s) unter einem Hut Umdichten: Mein Kopftuch ist voll Blumen Wie wär’s mit einer neuen Textfassung des Klassikers „Mein Hut, der hat drei Ecken“? Mein Kopftuch ist voll Blumen Mein Kopftuch ist voll Blumen, voll Blumen, das ist schön. Und wär’n da nicht die Blumen, dann hätte ich´s nicht geseh’n. Zum Mitmachen: MEIN KOPFTUCH BLUMEN NICHT GESEHEN mit dem Zeigefinger auf die Brust tippen mit der flachen Hand auf den Kopf tippen an einem „Blumenstrauß“ schnuppern den Kopf schütteln die Hände vor die Augen halten Bei jedem Durchgang wird ein Wort durch die passende Geste ersetzt, bis alle fünf Worte nur noch durch Gesten symbolisiert werden. Mehrsprachigkeit im Kindergarten: My hat it has three corners (B3, B5) Der Einbezug der Muttersprachen mehrsprachiger Kinder in die Arbeit fördert die Entwicklung des Kindes in seiner Ganzheit und trägt so zur Identitätsentwicklung bei. Dies bietet einen guten Anlass, mit den Eltern ins Gespräch zu kommen und so Familien- und Kindergarten-Alltag sinnvoll zu verbinden 32 G+ EPIZ | ErzieherInnen Global | Identität und Vielfalt | Alle(s) unter einem Hut Englisch My hat, it has three corners, Three corners has my hat, And had it not three corners, It would not be my hat. Portugiesisch O meu chapéu tem três bicos Tem três bicos o meu chapéu Se não tivesse três bicos Não seria o meu chapéu! Niederländisch mijn hoed die heeft vier deuken vier deuken heeft mijn hoed en had hij niet vier deuken dan was het niet mijn hoed Schwedisch Min hatt, den har tre kanter Tre kanter har min hatt Och har den ej tre kanter Så är det ej min hatt. Weiterführende Lektüre und Praxisanregungen: · Silvia Hüsler-Vogt. Tres tristes tigres … Drei traurige Tiger … . Zaubersprüche, Geschichte, Verse, Lieder und Spiele für die mehrsprachige Kinder(garten)-Gruppe. Lambertus, 1997. · Horst Schwarz. Märchen aus 16 Ländern zum Mitmachen, Vorlesen, Erzählen, Singen. Beltz, 2005. · Verband binationaler Familien und Partnerschaften iaf e.V. (Hrsg). Kompetent mehrsprachig. Brandes & Apsel, 2004. · Verband binationaler Familien und Partnerschaften iaf e.V. (Hrsg). Vielfalt ist unser Reichtum. Warum Heterogenität eine Chance für die Bildung unserer Kinder ist. Brandes & Apsel, 2004. HUTEXPERIMENTE: DER VERRÜCKTE RASSELKOPF Mit diesem Experiment sollen die Kinder die schützenden Eigenschaften eines Fahrradhelms erfahren. Im Verlauf der Vorbereitungen werden Erfahrungen mit dem Wiegen und Messen von Gegenständen, mit Geräuschen von verschiedenen Materialien sowie der kreativen Gestaltung gemacht. Rasselköpfe – Material Luftballons, Zeitungspapier, Tapetenkleister, verschiedene Füllmaterialien (Sand, Erde, Kiesel, Reis, Mehl, etc.), Trichter Vorbereitung Wiegen Sie zusammen mit den Kindern 500g der verschiedenen Füllmaterialien ab und befüllen Sie die Luftballons mit Hilfe des Trichters. Der befüllte Ballon wird auf Kopfgröße aufgeblasen. Die Ballons werden mit Tapetenkleister und Zeitungspapier beklebt und so nach drei Tagen Trockenzeit zu rasselnden Musikinstrumenten. Die „Köpfe“ können mit Gesichtern bemalt werden, bevor der Versuch startet. Wer weiß noch, welches Material in welchem Rasselkopf steckt? Durchführung Die fertigen Rasselköpfe werden nacheinander mit verschiedenen Hüten, Helmen, Kopftüchern, Turbanen etc. aus gleicher Höhe auf den Betonboden fallen gelassen. Welcher Kopf überlebt den Sturz auf den Betonboden? 33 G+ EPIZ | ErzieherInnen Global | Identität und Vielfalt | Alle(s) unter einem Hut Im Anschluss ins Gespräch kommen Wieso tragen wir beim Fahrradfahren einen Fahrradhelm? Was kann passieren, wenn der Kopf nicht geschützt ist? HUTEXPERIMENTE: EL SOMBRERO – DER SCHATTENMACHER (spanisch: la sombra – der Schatten) Warum setzen wir eigentlich einen Hut auf, wenn die Sonne vom Himmel brennt und auch, wenn es im Winter kalt ist? Wie kann ein Hut zugleich wärmen und kühlen? Mit diesem Experiment können die Kinder beobachten, was ein Hut in der prallen Sonne bewirken kann und wie nützlich eine warme Mütze sein kann. Material: Sommer: 2 Teller mit Eiswürfeln, Speiseeis oder Schokolade, Sombrero oder anderer Sonnenhut Winter: 2 kleine Töpfe mit heißen Pellkartoffeln oder heißem Milchreis, wärmende Wollmütze Durchführung: Sommer: Legen Sie Eis oder Schokolade auf zwei kleine Teller und stellen sie diese, einmal unbedeckt und einmal mit dem Sonnenhut bedeckt in die Sonne. Die Kinder können zusehen, wie schnell Eis und Schokolade schmelzen. Wenn alles geschmolzen ist, schauen sie unter den Sonnenhut! Aha - hier ist noch etwas übrig! Winter: Für das Kälte-Experiment wird ein kleiner Topf mit warmen Speisen ohne und ein anderer, verpackt in einer warmen Mütze auf den Tisch gestellt. Welcher Topf ist nach einer halben Stunde noch warm? Die Experimente kann man auch zum Thema Regenwetter ausbauen. Dazu brauchen Sie Wasser abweisende und -durchlässige Kopfbedeckungen und Mehl. Mal schauen, unter welchem Hut das Mehl trocken bleibt! Ins Gespräch kommen Wieso tragen wir im Sommer einen Sonnenhut? Was kann passieren, wenn man sich nicht gegen die Sonne schützt? Welt erkunden Warum tragen BäuerInnen in Mexiko den Sombrero? Wieso ist er so groß? Wie ist das Wetter in Mexiko? Gibt es dort genügend Wasser? Der Sombrero bietet einen guten Einstieg, in eine Region tiefer und mit allen Sinnen einzutauchen. 34 G+ GLOBALES LERNEN DIE KARTOFFEL IST EINE PERUANERIN, DIE SICH ÜBERALL ZU HAUSE FÜHLT G+ EPIZ | ErzieherInnen Global | Globales Lernen | Die Kartoffel Dieser Praxisbaustein präsentiert ein Projekt, mit dem Globales Lernen schon mit kleinen Kindern und nach den Leitlinien des Berliner Bildungsprogramms umgesetzt werden kann. In der dritten Ebene des Bildungsverständnisses geht es um das Welterleben und Welterkunden der Kinder. Es wird also eine Welt entdeckt, die zwar bei dem Erfahrungswissen der Kinder ansetzt, aber beständig erweitert wird. Die kindliche Neugier fordert geradezu heraus, hinter die alltäglichen Dinge zu schauen. Wir haben als Beispiel die Kartoffel gewählt. Kartoffeln gehören nahezu für alle Kinder der Welt zu einem bekannten Nahrungsmittel. Kartoffeln werden auf der ganzen Welt angebaut. Doch das war nicht immer so. Ursprünglich aus den Anden kommend, haben sie sich im Laufe der letzten 500 Jahre rasant über die Welt verbreitet. Sie sind ein eindrückliches Beispiel für Globalisierung, mit negativen wie positiven Konsequenzen. Ausgehend von der Kartoffel erweitern die Kinder einerseits ihren Horizont hinsichtlich eines bekannten Nahrungsmittels, aber sie entdecken darüber auch das Inkareich, die historischen Verbindungen zwischen Europa und Südamerika und erleben in kleinen persönlichen Geschichten den Alltag und die Lebenssituation von Kindern aus einem anderen Teil der Welt, dem Ursprungsland der Kartoffel: Peru. Sie lernen, sich in die peruanischen Kinder hinein zu versetzen und erproben so den Wechsel von Perspektiven. Durch die Vielfalt an Methoden und Themen, die entlang der so alltäglichen und unscheinbaren Kartoffel eröffnet werden, lernen die Kinder genauer hin zu schauen. Die Fragestellungen entlang der Kartoffel wecken die Neugier auf andere Produkte ... Woher kommen Tomaten, Bananen, Gameboys? Die Beschäftigung mit diesen alltäglichen Dingen kann das Bewusstsein von Kindern für die Zusammenhänge der Einen Welt entscheidend erweitern. Globales Lernen trägt auch dazu bei, in frühen Jahren die Begegnung mit scheinbar Fremdem emotional und kognitiv positiv zu prägen und beugt somit fremdenfeindlichen Tendenzen vor. Die im Folgenden vorgeschlagenen Übungen und Spiele stammen aus der langjährigen Praxis von Susana Fernández zum Thema „Kartoffel“, die sie mit Kindern verschiedenen Alters durchgeführt hat und die stets große Begeisterung hervorgerufen haben. Auch in diesem Projekt ist es uns wichtig, dass die Familien in das Projekt einbezogen werden. Dazu finden Sie hier eine vorbereitete Elterninformation. 36 EPIZ | ErzieherInnen Global | Globales Lernen | Elterninformation G+ ELTERNINFORMATION (Diese sollte ggf. in die Sprachen der Eltern übersetzt werden.) Liebe Eltern, im Kindergarten beschäftigen wir uns derzeit mit der Kartoffel. Die Kartoffel ist ein wichtiges Nahrungsmittel für unsere Kinder. Sie kam vor fast 500 Jahren aus den Anden in Südamerika nach Europa und wird heute überall auf der Welt auf unterschiedlichste Weise angebaut und zubereitet. Die Kinder erfahren etwas über die Geschichte der Kartoffel und über den Alltag von Kindern im modernen Peru. Sie lernen die Pflanze kennen, experimentieren und gestalten mit ihr. Falls Sie selbst etwas zum Thema beitragen möchten, laden wir Sie dazu herzlich ein. Bitte sprechen Sie uns an! Zu Hause können Sie die „Kartoffel-im-Glas“ mit Ihrem Kind vorbereiten. Anleitung für die Kartoffel im Glas: 1 kleine Bio-Kartoffel (gespritzte Kartoffel keimen manchmal nicht!) 1 Glas mit dem Namen Ihres Kindes 4 Zahnstocher Die Zahnstocher werden so in die Kartoffel gesteckt, dass sie stehen kann. Dann wird die Kartoffel in ein Glas gestellt. Mit Wasser füllen bis es die Kartoffel zur Hälfte bedeckt. Das Glas mit der Kartoffel wird dann an einen hellen und warmen Ort gestellt. Nach zwei bis drei Wochen sprießen kleine Wurzeln aus der Kartoffel. Bitte schicken Sie die Kartoffel dann mit in den Kindergarten (spätestens am / / ) Zum Abschlussfest / Kochnachmittag am / / laden wir Sie und Ihr Kind ganz herzlich ein. Wir würden uns freuen, wenn Sie ein für Ihre Familie typisches Kartoffelgericht zum Probieren mitbringen könnten. Über weitere Anregungen freuen wir uns! Liebe Eltern, im Kindergarten beschäftigen wir uns derzeit mit der Kartoffel. Die Kartoffel ist ein wichtiges Nahrungsmittel für unsere Kinder. Sie kam vor fast 500 Jahren aus den Anden in Südamerika nach Europa und wird heute überall auf der Welt auf unterschiedlichste Weise angebaut und zubereitet. Die Kinder erfahren etwas über die Geschichte der Kartoffel und über den Alltag von Kindern im modernen Peru. Sie lernen die Pflanze kennen, experimentieren und gestalten mit ihr. Falls Sie selbst etwas zum Thema beitragen möchten, laden wir Sie dazu herzlich ein. Bitte sprechen Sie uns an! Zu Hause können Sie die „Kartoffel-im-Glas“ mit Ihrem Kind vorbereiten. Anleitung für die Kartoffel im Glas: 1 kleine Bio-Kartoffel (gespritzte Kartoffel keimen manchmal nicht!) 1 Glas mit dem Namen Ihres Kindes 4 Zahnstocher Die Zahnstocher werden so in die Kartoffel gesteckt, dass sie stehen kann. Dann wird die Kartoffel in ein Glas gestellt. Mit Wasser füllen bis es die Kartoffel zur Hälfte bedeckt. Das Glas mit der Kartoffel wird dann an einen hellen und warmen Ort gestellt. Nach zwei bis drei Wochen sprießen kleine Wurzeln aus der Kartoffel. Bitte schicken Sie die Kartoffel dann mit in den Kindergarten (spätestens am / / ) Zum Abschlussfest / Kochnachmittag am / / laden wir Sie und Ihr Kind ganz herzlich ein. Wir würden uns freuen, wenn Sie ein für Ihre Familie typisches Kartoffelgericht zum Probieren mitbringen könnten. Über weitere Anregungen freuen wir uns! G+ EPIZ | ErzieherInnen Global | Globales Lernen | Die Kartoffel DIE LEGENDE DER KARTOFFEL Mit dieser Einheit werden die Kinder auf das Thema eingestimmt. Sie erfahren, wo die Kartoffel herkommt und wie Apu, der Berggeist der Inka, den Menschen die Kartoffel bringt. Sie lernen gleichzeitig, welche Produkte ursprünglich noch aus den Anden kommen. Anleitung: Es läuft Andenmusik im Hintergrund. Die Kinder sitzen im Kreis und in der Mitte werden kleine Schalen mit Quinoa (erhältlich in Bioläden, Reformhäusern und großen Supermärkten), Maiskörnern, Erdnüssen, Bohnen, sowie ein Korb mit bunten Kartoffeln, Chuño (haltbar gemachte Kartoffel der Andenregion, online zu bestellen unter www.erlesene-kartoffeln.de, 250 g kosten ca. 3,90 €) und Tomaten aufgestellt. Die Schalen werden herumgereicht, damit die Kinder den Inhalt der Schalen bzw. des Korbes erkennen können. In einer kleinen Diskussion werden die Kinder gefragt, welche Produkte sie kennen und mögen, ob sie wissen, welche davon in Deutschland wachsen oder ob sie wissen, woher die Produkte kommen. Auf einer großen Kinderweltkarte wird gezeigt wo Peru, das Land der Sonnenkinder, der Inkas, liegt. Dann wird die Legende aus der Inkazeit (13. bis 16. Jahrhundert) vorgelesen. Das Geschenk des Berggeistes Eine alte Legende erzählt, dass die Menschen, die auf der Hochebene lebten, Macht über alle anderen Völker der Andenregion ausübten. Sie kontrollierten die Verteilung von Quinoa. So gaben sie absichtlich den Männern, Frauen und Kindern der anderen Völker wenig zu essen, damit diese Hunger hatten. Diese Menschen waren sich ihrer Abhängigkeit bewusst und eines Tages kletterten sie auf den Gipfel des heiligen Berges, um den Berggeist Apu um Hilfe anzuflehen. Der Berggeist Apu sandte seinen Boten, den mächtigen Kondor, um ihnen dunkle und weiche Samen zu überbringen, die, nachdem sie angepflanzt waren, als hübsche Stauden mit rosa- und lilafarbenen Blüten wuchsen. Nach kurzer Zeit bedeckten diese Pflanzen das kahle und kalte Land und die hungernden Menschen freuten sich sehr auf die baldige Ernte. Die Herrscher, Menschen der Hochebene, hatten dies heimlich beobachtet und geschehen lassen, mit der bösen Absicht, später, wenn die Früchte reif wären, die gesamte Ernte zu stehlen. Als die Stauden gelb und ihre Früchte reif waren, kamen sie und mähten die Felder nieder. Sie nahmen alle Stauden mit ihren reifen Beeren mit und glaubten, eine gute Beute gemacht zu haben. Aber sie irrten sich: Als sie die Beeren verzehrten, wurden sie alle krank. Die armen Menschen aber waren bestürzt, als sie die leeren Felder entdeckten. Sie waren kurz vor dem Verhungern und hatten die Ernte herbeigesehnt. Erneut baten sie den Apu um Hilfe. Seine Stimme aus dem Inneren des Berges gab ihnen die Anweisung, in der Erde der Äcker nach den Wurzelknollen der gestohlenen Pflanzen zu suchen. Mamapacha, eure Muttererde, hat sie dort versteckt, um sie vor den bösen Menschen zu schützen. Die Menschen befolgten die Anweisung: Als sie die Erde durchwühlten, fanden sie die großen und saftigen Knollen, die sie heimlich ernteten und für ihr Volk in dunklen Kammern aufbewahrten. Jeden Tag kochten und aßen sie eine Portion dieser Knollen und bald wurden Männer, Frauen und Kinder gesund und kräftig. 38 EPIZ | ErzieherInnen Global | Globales Lernen | Die Kartoffel G+ Als sie wieder von den Menschen der Hochebene angegriffen wurden, kämpften sie mit aller Kraft und die Herrscher waren bald besiegt und die Überlebenden unter ihnen flohen. Sie wagten nie wieder einen neuen Angriff. Seitdem bauen die Andenmenschen diese Knolle an, die sie in ihrer Sprache Quechua „Papa“ nennen. Bilder von der Legende malen Die Körper der Figuren können die Kinder mit halbierten Kartoffeln auf Pappe drucken und Arme, Beine und Köpfe sowie typische Kleidung der Andenmenschen mit Stiften oder Tusche anmalen. DIE KARTOFFELPFLANZE Mit der Kartoffelpflanze machen die Kinder einen kleinen Ausflug in die Botanik. Sie untersuchen eine Kartoffelpflanze und halten die Informationen in einem Bild fest. Wie sieht die Kartoffelpflanze eigentlich aus (siehe Kopiervorlage S. 38)? Zuerst raten die Kinder, wie die Kartoffel wächst. Anschließend können Bilder oder noch besser echte Kartoffelpflanzen angeschaut und untersucht werden. Die essbaren Teile werden braun ausgemalt, die giftigen grün. Welchen Teil der Kartoffelpflanze kann man essen? · Die Blätter? · Die Beeren? · Die Knollen? Welcher Teil der Kartoffelpflanze ist giftig? · Die Knollen? · Die Beeren? · Die Blätter? · Die Stängel? Welcher Teil der Pflanze dient als Samen? · Die Beeren? · Die Knollen? Wann können die Kartoffeln geerntet werden? · Wenn die Blüte verwelkt? · Wenn die Staude vergilbt? Warum dürfen grün gewordene Kartoffeln nicht mehr gegessen werden? · Weil sie unreif sind? · Weil sie Solanin – das grüne Gift enthalten? · Weil sie schlecht für die Zähne sind? 39 G+ EPIZ | ErzieherInnen Global | Kopiervorlage – Kartoffelpflanze EPIZ | ErzieherInnen Global | Globales Lernen | Die Kartoffel G+ DIE-KARTOFFEL-GEHT-AUF-REISEN Die Kartoffel ist ein sehr anschauliches Beispiel für die Globalisierung. Ursprünglich in den Anden angebaut, wurde sie von spanischen Kolonisatoren nach Europa gebracht und dort verbreitet. Heute ist die Kartoffel überall präsent. Sie wurde in die jeweilige Küche eingefügt und wird nun als Grundnahrungsmittel oder Gemüse mit verschiedenen Beilagen und Saucen gegessen. Das Spiel vermittelt wichtige Aspekte von Geografie und Geschichte. Material: · Eine große Kinderweltkarte, die auf den Boden gelegt wird. (Wir empfehlen: Schlaufuchs „Meine erste Weltkarte“ vom Gondrom Verlag GmbH, ISBN: 3811221779, Preis: 4,95 €) · Bilder aus Pappe oder entsprechendes Spielzeug: Chasqui (So nannte man bei den Inkas die Staffelläufer, die in 24 Stunden Nachrichten über 400 km weit transportieren konnten), Schiff, Flugzeug, Kutsche, Zug und Lastwagen, die zur Seite gelegt werden. · Sechs Kartoffeln, die mit kleinen Hüten aus Pappe verkleidet werden (untere Seite der Kartoffeln abschneiden, damit sie stehen können, Bastelvorlagen für die Kronen und Hüte finden Sie im Mittelteil des Hefts) · Die erste Kartoffel trägt eine Inkakrone. Sie wird auf der Landkarte in den Grenzen Perus platziert. Die Knolle heißt dort „Papa“. · Die zweite Kartoffel trägt einen Conquistador-Helm, den die spanischen Eroberer trugen. Sie wird auch in Peru aufgestellt. · Die dritte Kartoffel trägt eine spanische Krone. Die Knolle heißt dort „Patata“ (eigentlich Süßkartoffel). · Die vierte Kartoffel trägt eine Mitra, die traditionelle Kopfbedeckung der Bischöfe und wird in Italien platziert. Die Knolle hieß dort „Tartufolo“ (Trüffel). Heute wird sie ebenfalls „Patata“ genannt„. · Die fünfte Kartoffel trägt einen Hut wie Friedrich der Große. Sie wird auf der Karte nach Deutschland gestellt. Die Knolle wird dort „Kartoffel“ genannt. · Die sechste Kartoffel trägt eine Kindermütze. Die Reise beginnt. Schon vor mehr als 10.000 Jahren gab es in den Anden wilde Kartoffeln. Zwischen dem 13. und 16. Jahrhundert lag dort das Reich der Inkas. Die Inkas sahen sich als Nachkommen des Sonnengotts Inti. Der Einfluss dieses Königreichs erstreckte sich vom heutigen Ecuador bis nach Chile und Argentinien. Die Hauptstadt war Cuzco im Hochgebirge des heutigen Peru. Im Jahre 1533 eroberten die spanischen Conquistadores (Eroberer) unter Francisco Pizarro das Reich der Inkas. Sie töteten die Inka-Könige Atahualpa und Huascar und viele der BewohnerInnen, zerstörten ihre Siedlungen und raubten alles, was ihnen wertvoll erschien, insbesondere große Mengen Gold. Den Wert schätzt man heute auf 25 bis 45 Millionen Euro. Auch die Nutzpflanzen der Inkas wurden von ihnen geraubt. Fragestellung: Wie brachten die spanischen Eroberer die Kartoffel nach Europa? Mit dem Flugzeug etwa? Die Kinder suchen aus den Pappkarten mit den Bildern das geeignete Transportmittel aus. Die Kartoffel reiste mit dem Schiff, mit einer spanischen Karavelle. Das Bild wird neben die Kartoffel mit dem Helm gelegt. Die Conquistadores brachten die Kartoffel dem spanischen König. 41 G+ EPIZ | ErzieherInnen Global | Globales Lernen | Die Kartoffel Der spanische König schickte dem Papst in Rom zur Genesung einige dieser unbekannten Knollen. Fragestellung: Womit? Mit dem Zug? Gab es Züge zu dieser Zeit? Wie haben die Menschen damals Waren transportiert? – Mit der Kutsche. Nachdem der Papst wieder gesund geworden war, schickte er die Kartoffeln vielen europäischen Herrschern und so auch an den preußischen König Friedrich II. Fragestellung: Wer war dieser König? Welche Rolle spielte er für Deutschland? Warum wird er „Kartoffelkönig“ genannt? In Preußen herrschten im 18. Jahrhundert immer wieder große Hungersnöte. Friedrich II. wollte deshalb die Kartoffel als Nahrungsmittel verbreiten, denn sie hat einen doppelt so hohen Nährwert wie das Getreide. 1756 startete er eine Kampagne und verteilte Kartoffeln in ganz Preußen gratis. Doch die Leute waren misstrauisch. Sie hatten die grünen Früchte gegessen und sich schwere Vergiftungen zugezogen. Der König von Preußen erließ den „Kartoffelbefehl“ und schickte Soldaten durchs Land, um zu überprüfen, ob auch wirklich alle Kartoffeln anbauten. Außerdem demonstrierte er auf Versuchsfeldern, dass Kartoffeln auch auf kargem Sandboden wuchsen und ließ diese streng bewachen. Die Bauern schlichen sich nachts an die Felder heran, um zu sehen, was auf diesen Felder Wertvolles wuchs. Auf seinen Reisen durchs Land ließ er sich überall demonstrativ Kartoffeln servieren und überzeugte so die Leute. Ein wirksames Mittel gegen die Hungersnöte war gefunden und der König wurde von nun an auch Kartoffelkönig genannt. Durch diesen König wurde die Kartoffel in Preußen als gesundes Essen verbreitet. Ende des 19. Jahrhunderts aßen die Menschen ca. ein Kilo Kartoffeln pro Tag, heute sind es nur noch 200 g. An dieser Stelle kann das Spiel in eine kleine mathematische Übung übergehen. Die Kartoffeln werden dazu mittels einer Küchenwaage gemeinsam abgewogen. Beide Mengen werden zum Vergleich nebeneinander gelegt und die Kartoffeln der beiden Häufchen gemeinsam gezählt. Die Unterschiede zwischen Gramm und Kilogramm können verdeutlicht werden. Es kann sich aber auch eine Diskussion anschließen, was wir statt Kartoffeln heute alles essen und in welchen Speisen sich überall Kartoffeln verstecken. DIE KARTOFFEL-CHASQUIS – EIN SPIEL FÜR DRAUSSEN Die Chasquis waren Staffelläufer. Sie dienten als Postboten im Inkareich. Material: 2 Kartoffeln, 2 Inkakronen aus Pappe, 2 Stirnbänder. Die Kinder werden in zwei Gruppen geteilt. Jede Gruppe bekommt eine Kartoffel. Ein Kind aus jeder Gruppe spielt je einen der zwei letzten Inka-Herrscher des Inkareiches: Huascar und Atahualpa. Sie warten am Startpunkt des Staffellaufs. Die Hälfte der Kinder einer Gruppe steht am Ziel des Staffellaufs in einer Reihe parallel zur Laufrichtung, die andere Hälfte wartet am Start, ebenfalls in einer Reihe parallel zur Laufrichtung. Das erste Kind läuft mit der Kartoffel in der Hand und überreicht sie dem ersten Kind am Ziel. Dieses läuft zurück und überreicht die Kartoffel dem zweiten Kind am Anfang. Das Spiel ist zu Ende, wenn eine der Gruppen mit dem letzten Läufer ans Ziel kommt und dem Inka-König die Kartoffel überreicht. 42 G+ EPIZ | ErzieherInnen Global | Globales Lernen | Die Kartoffel ES WAR EINMAL ... DER KARTOFFELSONG Durch den folgenden Sprechgesang wiederholen die Kinder, was sie über Herkunft und Geschichte der Kartoffel gelernt haben: die Herkunft der Kartoffel aus dem Inkareich und den Name der Kartoffel auf Quechua und Spanisch. Durch das Weiterreichen der Kartoffeln werden die Koordination und das Rhythmusgefühl gefördert. Anleitung: Die Kinder sitzen im Kreis auf dem Boden. Jedes Kind hat eine Kartoffel in der rechten Hand. Die linke Hand halten sie auf dem Rücken. Die Kartoffel wird bei jedem Takt nach rechts weiter gereicht. Am Ende des Liedes sollte jedes Kind nur eine Kartoffel in der Hand haben. Dieses Spiel kann man auch im Stehen durchführen. Die Kinder stehen im Kreis. Die linke Hand dient als Schale, in die die Kinder mit der rechten Hand die Kartoffel legen. Weitere Strophen können gemeinsam mit den Kindern gedichtet werden. Der Kartoffelsong Papa Patata Sprechgesang Es war einmal Ein weites Königreich Der König war der Inka Sie bauten dunkle Knollen an. Papa, Patata, Kartoffel hieß es dann (2x) 43 G+ EPIZ | ErzieherInnen Global | Globales Lernen | Die Kartoffel DER KARTOFFELTANZ Ein weiteres lustiges Spiel, um das Körpergefühl zu schulen ist der Kartoffeltanz. Statt eines Luftballons versuchen die Kinder, eine Kartoffel während des Tanzens zwischen ihren Köpfen zu balancieren. KARTOFFELN PFLANZEN UND ERNTEN Rätsel: Was ist das? Will man viele von mir haben muss man mich vergraben. Die Kinder bringen ihre gekeimte „Kartoffel im Glas“ von zu Hause mit (siehe Elterninformation). Gemeinsam schauen sich die Kinder die Kartoffeln an. Die Lichtkeime, die deswegen so heißen, weil sie nur entstehen, wenn die Kartoffel Licht ausgesetzt ist, bilden später die Seitentriebe. Die Kartoffel ist keine Wurzel, sondern eine Verdickung der Seitentriebe. Die mitgebrachten Kartoffeln können dann nach einem peruanischen Ritual in ein Blumenbeet eingepflanzt werden. Jede Kartoffel bringt im Durchschnitt 12 bis 15 neue Kartoffeln hervor. Kartoffelanbau in Peru ... das muss gefeiert werden Rituale sind wichtig für die peruanischen Bauern. Sie danken der Mutter Erde beim Einpflanzen und bei der Ernte mit Musik, Getränken und Blumen. Eine große Menge von Chicha (Getränk aus Mais) wird während der Zeremonien konsumiert. Die speziellen Chichas waren die Grundlage für die sozialen und religiösen Riten während großer Anlässe und Feste wie die Riten für die Sonne, die Mutter Erde, die Gräber und die Gottheiten. Kartoffelfest in Peru Kartoffelernte in Peru Anleitung: Es läuft Andenmusik. Die Kinder verkleiden sich als Anden-Bauern, mit Ponchos (Tücher und Decken um die Schultern) und Wollmützen. Die Mädchen tragen Hüte und Tragetücher, in denen sie die Kartoffelsamen tragen. · Jeder Junge trägt einen Schaufel und gräbt ein Loch in die Erde. Er bleibt davor stehen. · Jedes Mädchen trägt eine Kartoffel und bunte Blüten in ihrem Tuch, steckt sie in das Loch und tanzt davor. · Jeder Junge bedeckt die Kartoffel mit Erde. · Danach bewässert jedes Mädchen die bedeckte Kartoffel. · Es bildet sich eine Runde. Es wird mit Chicha, Maisgetränk (alternativ Blaubeersaft oder roter Tee) gefeiert und getanzt. Hintergrund: Die Kartoffel wird, weil sie so anpassungsfähig und unempfindlich ist, überall auf der Welt angebaut. Während in Deutschland der Anbau von Kartoffeln abnimmt, steigt er insbesondere in Afrika, Asien und Südamerika. 44 Das Einpflanzen kann man zum Anlass nehmen, um über Anbaubedingungen in verschiedenen Ländern zu berichten. An dieser Stelle können Sie auch Eltern oder Großeltern einbeziehen, die schon einmal beim Kartoffelanbau mitgeholfen haben. Es bietet sich auch eine Exkursion zu einem Kartoffelbauern in der Nähe an. Kartoffelernte in Deutschland G+ EPIZ | ErzieherInnen Global | Globales Lernen | Die Kartoffel ALLTAG VON KINDERN IN PERU Shipibo Dorf Huanchaco [Guantschako] Lima Colca Tal [Kolka Tal] Peru ist mit 1,29 Millionen Quadratkilometern fast vier Mal so groß wie Deutschland. Etwa die Hälfte der Gesamtfläche ist bewaldet. Der höchste Berg ist der Nevado Huascaran mit 6768 Metern. Drei große Naturräume gliedern das Land: die Küstenzone (Costa), das Gebirgsland (Sierra) und das Amazonas-Tiefland (Selva). Peru ist eines der artenreichsten Länder der Welt. In Peru leben ca. 28 Millionen EinwohnerInnen. Mehr als 70 % von ihnen leben in der Stadt. Die Unterschiede zwischen Stadt und Land sind riesig. Zwischen absoluter Armut und großem Reichtum gibt es alles. Insbesondere die ländliche Bevölkerung lebt unter äußerst schwierigen Bedingungen. Ein Drittel der Bevölkerung ist jünger als 15 Jahre. Etwa die Hälfte der Bevölkerung ist indigen. Der größte Teil gehört zu den Völkern der Quechuas und der Aymaras. Beide haben eine eigene Sprache gleichen Namens. Quechua ist neben Spanisch Amtssprache in Peru. Die wichtigsten landwirtschaftlichen Erzeugnisse sind: Kaffee, Baumwolle, Zuckerrohr, Weizen und Kartoffeln. Von wirtschaftlicher Bedeutung sind auch Fischerei und Bergbau. In Peru gibt es große Mengen an Bodenschätzen, wie Erdgas, Erdöl, Silber, Gold und andere. Die indigene Bevölkerung muss immer wieder darum kämpfen, durch den fortschreitenden Bergbau nicht aus ihrem Wohnraum vertrieben zu werden. Im Folgenden finden Sie vier Geschichten von peruanischen Kindern mit Fotos. Die Kinder kommen aus den verschiedenen Regionen Perus: Soraja aus dem Colca-Tal in den Anden, der Sierra Carlos aus Huanchaco von der Costa, Pedro aus der Hauptstadt Perus Lima und Jarina aus einem Schipibo-Dorf im Urwald, der Selva. Fotos, Mützen und Hüte werden in die Mitte gelegt und jedes Kind darf sich einen Gegenstand nehmen. Die Kinder, die eine Mütze oder ein Hut gewählt haben, spielen die Rolle eines Kindes. Die Kinder, die die Fotos gewählt haben, halten sie hoch, wenn ihre Geschichte erzählt wird. Die Geschichten werden vorgelesen. Das Kind, das die Mütze aufhat setzt sich in die Mitte und stellt das peruanische Kind dar. Es darf die vorgelesene Geschichte noch um einen Satz ergänzen. Alle Kinder suchen zuerst Gemeinsamkeiten und dann Unterschiede zu ihrem Leben. alternativ: Die Geschichten werden in kleinen Gruppen vorgelesen und die Fotos verteilt. Die Kinder sollen sich die Details der Geschichten merken und in der Lage sein, sie widerzugeben. Zum Schluss kommen alle Kinder zusammen. Jede Kindergruppe spielt den anderen ihre Geschichte vor. 45 G+ EPIZ | ErzieherInnen Global | Globales Lernen | Die Kartoffel Soraja, das Mädchen aus der Anden-Region Ich heiße Soraja Mamani. Ich bin 7 Jahre alt. Ich wohne am Rand eines Dorfes namens Maka, im Colca-Tal. Meine Muttersprache ist Quechua. Ich lerne auch Spanisch in der Schule. Ich habe zwei große Schwestern und einen Bruder. Neben unserem Haus aus Lehm und Stroh haben wir ein kleines Feld, auf dem mein Vater mit meinem Opa Kartoffeln anbaut. Bei uns wachsen auch Kakteen, deren Früchte meine Mutter am Straßenrand verkauft. Meine Familie besitzt eine große Herde Lamas und einen Esel. Ich habe ein eigenes Lama. Es heißt „Blanca“ („Die Weiße“). Wir haben auch einen Stall mit Meerschweinchen, die wir essen. Sie heißen in meiner Sprache „Kujes“. 46 Carlos, der Junge von der Küste Ich heiße Carlos Inga und bin 7 Jahre alt. Ich wohne in einem Fischerdorf namens Huanchaco. Ich habe einen kleinen Bruder. Unser Haus liegt wenige Meter vom Strand entfernt. Ich bade gerne im Meer. Ich esse am liebsten „Causa Limena“, aus Kartoffeln, Avocado und Tomaten. Ich lerne seit einem Jahr Wellenreiten. Mein Vater hat mir ein Surfbrett aus Schilf gebaut. Ich habe auch eins aus Kunststoff, aber das ist nicht so schön. Wenn ich mal groß bin, möchte ich Fischer sein, wie mein Vater. Meine Mutter arbeitet zu Hause. Sie hat eine Werkstatt zusammen mit anderen Frauen. Sie nähen bunte Wandteppiche aus Stoffresten. Man nennt sie „Arpilleras“. EPIZ | ErzieherInnen Global | Globales Lernen | Die Kartoffel G+ Pedro, der Junge aus der Stadt Ich heiße Pedro Pizarro und bin 8 Jahre alt. Ich wohne in Lima, der Hauptstadt Perus. Wir haben eine Wohnung. Sie ist in der 3. Etage. Meine Muttersprache ist Spanisch, aber ich lerne auch Englisch in der Schule. Meine Mutter arbeitet als Lehrerin in meiner Schule. Ich spiele gerne Fußball und gehe oft mit meinem Vater zum Fußballstadion. Mein Vater ist Fußballtrainer. Ich habe einen berühmten Onkel. Er heißt Claudio Pizarro. Er spielt jetzt für Bayern-München. Jarina, das Mädchen aus dem Urwald Ich heiße Jarina Sheca und bin 7 Jahre alt. Ich wohne am Fluss, in einem Schipibo-Dorf. Ich habe zwei Schwestern und zwei Brüder. Meine Muttersprache ist Schipibo. Aber ich lerne auch Spanisch in der Schule. Mein Haus hat ein Dach aus Palmenblättern. Nachts schlafe ich in einer Hängematte. Ich träume von Flussdelfinen, die in unserem Fluss leben. Ich esse gerne Fisch mit gekochten Bananen und Yucca. Ich sammle gerne bunte Samen und Vogelfedern und bastle damit schöne Ketten. Meine Mutter bemalt Gefäße und kleine Figuren aus Ton. Mein Vater ist Medizinmann. Er kann Krankheiten mit Kräutern heilen. 47 G+ EPIZ | ErzieherInnen Global | Globales Lernen | Die Kartoffel DIE KARTOFFEL IST EINE KÜNSTLERIN Material: Ein paar mittelgroße Kartoffeln, 1 spitzes Messer, 1 Bleistift, 1 Pinsel, Vorlage aus Pappe, Küchenkrepp, Stofffarbe, T-Shirts oder Stoffbeutel Die Kartoffelstempel können nur am selben Tag benutzt werden. Anleitung: Die Kartoffel wird in zwei Teile geschnitten. Mit einem Bleistift wird die gewünschte Form auf die Schnittfläche aufgemalt. Mit dem Messer wird die Fläche um die Form herum weggeschnitten. Die Figur soll dabei stehen bleiben. Alternativ können kleine Ausstechförmchen in die Kartoffel gedrückt werden. Textil-Farbe wird auf den Stempel aufgetragen. Ein erster Probedruck auf einem alten Papier ist immer sinnvoll. Wenn mit einer anderen Farbe gestempelt werden soll, dann muss der Stempel abgetrocknet und eine neue Farbe aufgetragen werden. Es ist sinnvoll, mit den hellen Farben zu beginnen. Beim Textildruck muss die Farbe noch durch Bügeln von links fixiert werden. Mustererklärung: Der höchste Gipfel einer Gegend spielt eine wichtige Rolle in der Mythologie der AndenbewohnerInnen. Er wird heute noch verehrt. Dort befinden sich die Wohnstätten der verstorbenen Ahnen und der Sitz hoher Gottheiten (wie Apu). Die Berge werden auch selbst als lebendige Wesen angesehen. entsprechende Vorlagen: 48 Gebirge mit Terrassen Parzelliertes Feld (sochta suyo: sechs Einheiten des Gemeinschaftslandes) Stilisierte Sonne Trapez-Tore Feld mit Furchen Chakana, Kreuz der Anden EPIZ | ErzieherInnen Global | Globales Lernen | Die Kartoffel G+ MIT KARTOFFELN EXPERIMENTIEREN Die Kinder stehen um einen Tisch herum. Auf dem Tisch stehen Schalen unterschiedlicher Farben mit Pulvern: Kartoffelstärke, trockenes Kartoffelpüree, Puderzucker und Salz. Außerdem liegen in einen Korb ganze Kartoffeln und auf einem Teller geschälte Kartoffeln. Experiment Nr. 1: Stärke erkennen Material: Mehrere dünne Kartoffelscheiben mit Schale hängen auf Kinderaugenhöhe mit Wäscheklammern befestigt an einer Leine am Fenster. Anleitung: Die Kinder beobachten die Kartoffelscheiben im Gegenlicht. Was sehen sie? Die dunkleren Stellen sind Stärkedepots. Was ist Stärke? Pflanzen speichern ihre überschüssige Energie als Stärke. Jetzt dürfen die Kinder die Kartoffelscheiben zwischen Daumen und Zeigefinger reiben. Es tritt Saft aus. Dann sollen sie beide Finger gegeneinander reiben. Die andere Hand tut dasselbe zum Vergleich. Es sind kleine Körner zu spüren. Das ist die Stärke. Stärke ist ein Nährstoff. Experiment Nr. 2: Kleister aus Stärke herstellen Material: Becherglas, Glasstab, Wasserbad, Heizplatte, Kartoffelstärke, destilliertes Wasser Anleitung: Die Kartoffelstärke wird mit dem Wasser mit Hilfe des Glasstabes gut vermischt. Anschließend wird unter Rühren die leicht dickflüssige Masse im kochenden Wasserbad erwärmt, bis die Masse beginnt, am Glasstab festzukleben. Der Kleber ist sofort einsatzfähig und kann auch gleich ausprobiert werden. KARTOFFELN SIND ALLESKÖNNER – KOCHEN MIT KARTOFFELN Die Kindergruppe wird in mehrere Koch-Gruppen geteilt. Nun werden verschiedene Gerichte zubereitet, z.B. Pellkartoffeln mit Quark oder Salzkartoffeln. Die Kinder sollen versuchen, einen Unterschied heraus zu schmecken. Zwei weitere Gruppen können Kartoffelpüree zubereiten, eine Gruppe mit Fertigpulver, die andere Gruppe mit Kartoffeln. Ist hier ein Unterschied zu schmecken? Für den Nachtisch kann eine Gruppe Schokopudding aus der Stärke zubereiten. Das Kochen kann auch als gemeinsames Abschlussfest für die Kinder und ihre Familien gefeiert werden. Es wäre schön, wenn die Eltern unterschiedliche Kartoffelgerichte mitbringen oder gemeinsam mit den Kindern kochen und essen. Wenn die Möglichkeit besteht, kann das Essen auch am Lagerfeuer stattfinden. In der Glut bereiten sich köstliche, in Alufolie gewickelte Backkartoffeln ganz von selbst zu. Für das Abschlussfest können überall im Kindergarten Papp-Kartoffeln hängen, auf die in den unterschiedlichen Sprachen (vor allem denen der Eltern) Kartoffel steht. Hier ein paar erste Anregungen: potato Englisch, pomme de terre Französisch, cartof Rumänisch, krompir Serbisch, kulka Sorbisch, patata, papa Spanisch, kentang Indo49 nesisch, patates Türkisch, ziemniak Polnisch, kartofel Russisch, brambor Tschechisch, kiazi Kiswahili … G+ EPIZ | ErzieherInnen Global | Globales Lernen | Die Kartoffel Schokopudding aus Kartoffelmehl Zutaten: Zubereitung (Zubereitungszeit: 15 Minuten) 75 g Vollrohrzucker 3 EL Speisestärke (aus Kartoffeln) 1 Msp. Meersalz 75g Kakaopulver (ungezuckert) 1/2 l Milch 1 Prise Zimt Zucker, Stärke, Salz und Kakao im Kochtopf vermischen. Milch einrühren und mit dem Schneebesen gut durchrühren. Topf auf die Herdplatte stellen und bei mittlerer Hitze unter ständigem Rühren aufkochen lassen. Pudding vom Herd nehmen, mit Zimt abschmekken und in kleine Schüsseln verteilen oder in eine große mit kaltem Wasser ausgespülte Schüssel geben, erkalten lassen und auf einen Teller stürzen. Causa Limeña (Peruanisches Rezept) Zutaten (für 10 kleine Portionen): Zubereitung: 2 kg Kartoffeln 4 Eier 2 Hühnchenbrüste 2 Avocados 4 Limetten 1 kleines Glas Mayonnaise 10 schwarze Oliven 10 Kirschtomaten Man kocht getrennt die ungeschälten Kartoffeln sowie die Eier und die Hühnchenbrust. Die gekochten Kartoffeln werden – noch warm – geschält und mit einer Kartoffelpresse zerdrückt. Die pürierten Kartoffeln mit dem Saft zweier Limetten, etwas Mayonnaise, Salz und Pfeffer abschmecken und zu einem festen Teig kneten. Ein Teil der Masse wird wie ein Tortenboden in eine Auflaufform gedrückt. Darauf wird das zerkleinerte und mit Mayonnaise angerührte Hühnchen verteilt. Darauf kommt wieder eine Schicht Kartoffelbrei, dann eine Schicht Avocadoscheiben und mit Limettensaft, Salz und Pfeffer abgeschmeckt. Zuletzt mit einer Schicht Kartoffelbrei abdecken. Im Kühlschrank kaltstellen und die Torte stürzen. Mit halbierten Kirschtomaten, Oliven und Eistücken garnieren. Fertig ist die Causa Limena! Kartoffelpuffer Die Kartoffeln werden in eine Schüssel gerieben. Der so entstandene Brei wird mit der Hand ausgedrückt und das überschüssige Wasser weg gegossen. Dann werden Salz, Pfeffer und Eier untergemischt. In einer beschichteten Pfanne wird das Öl erhitzt und die Puffer von beiden Seiten gelb bis hellbraun backen. Pommes frites Für Pommes frites werden am besten große, lange Kartoffeln geschält und in Stäbchen geschnitten. Diese werden entweder in der Fritteuse frittiert oder kurz (ein bis zwei Minuten) mit einem Sieb in heißes Öl getaucht und anschließend auf Backpapier im Ofen nachgebacken, bis sie golden aussehen. 50 G+ Angebote Im EPIZ gibt es eine ca. 4000 didaktische Materialien umfassende Mediothek, wo Sie sich kostenfrei weiterführende Materialien (Bücher, Spiele, Filme, Musik, Fotos …) zu Peru und anderen Ländern und Themen ausleihen können. Darüber hinaus bietet das EPIZ Veranstaltungen, die von ReferentInnen aus aller Welt durchgeführt werden können. Diese können im EPIZ oder in Ihrer Einrichtung stattfinden. Schillerstraße 59 – 10627 Berlin – Tel.: 6926418 [email protected] – www.epiz-berlin.de Als Material empfehlen wir: „Eine Brücke nach Peru. Kinder im Andenhochland“ von Floeth / Franger / meister / Meister, herausgegeben von misereor 1999. ISBN: 3-88916-191-X. Es enthält viele großformatige Bilder, die den Alltag zweier Kinder im Anden-Hochland illustrieren. Das Material kann im EPIZ ausgeliehen werden. Weiterführende Links http://www.cipotato.org/publications/books/potato_treasure_andes_online/16_planting_rite.asp Fotos zu den Anbauriten in den Anden http://193.171.252.18/www.kidsweb.at/kartoffel/ Sie finden im österreichischen Kidsweb neben der Geschichte des Kartoffelkönigs auch ein Quiz zur Kartoffel und Bilder von den Entwicklungsstufen der Pflanze. http://www.grundschule-hettenleidelheim.de/projekte/kartoffeln/kartoffelbuch01.htm Hier können Sie die Ergebnisse eines Kartoffelprojekts der Grundschule Hettenleidelheim mit vielen weiteren Anregungen nachlesen. Die 1993 gegründete Jugend- und Familienstiftung Berlin berät und fördert Träger von Jugend- und Familienprojekten in Berlin und gibt der Stadt neue Impulse. Diese Broschüre wurde von der Jugend- und Familienstiftung finanziert. Wir bedanken uns. 51 Die Reihe G+ bietet Unterrichtsmaterialien für die berufliche Bildung, die motivieren sollen, sich mit Globalisierung konstruktiv auseinander zu setzen, komplexe Prozesse, wie Wertschöpfungsketten und Migration zu verstehen und diese im Berufsleben positiv zu gestalten. Den eigenen Beruf aus einer neuen Perspektive sehen. Globale Bezüge herstellen. Zusammenhänge erkennen. Verantwortungs- und Vorurteilsbewusst Handeln. Die BERUFE GLOBAL Umwelt schonen. Sozialstandards einhalten. Die eigene Zukunftsfähigkeit sichern. GESUNDHEIT Die Hefte der Reihe orientieren sich an Rahmenlehrplänen und Ausbildungsverordnungen. Sie sind berufsrelevant und für den schnellen Einsatz didaktisch aufbereitet. Alle Materialien sind erfolgreich getestet und gemeinsam mit ExpertInnen aus der Branche erarbeitet. Unter www.epiz-berlin.de/moodle finden Sie weitere Materialien und didaktisch aufbereitete E-Learning-Module.