Historische fränkische Weißweinsorten
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Historische fränkische Weißweinsorten
Josef Engelhart Sachgebiet Weinbau- und Qualitätsmanagement 16.04.14 Historische fränkische Weißweinsorten Das Projekt „Alte Weinberge“ läuft seit 1999 an der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in Veitshöchheim. Die wichtigsten Aufgaben waren von Anfang an die Sichtung und Sicherung der genetischen Ressourcen sowohl für alte Rebsorten wie auch für Klone der fränkischen Hauptrebsorten, insbesondere des Silvaners. Franken ist noch reich an alten Weinbergen, die älter als 50 Jahre sind. In den alten „Gemischten Sätzen“ fanden sich noch viele unbekannte Sorten und eine reiche genetische Vielfalt an Silvanertypen wie „Gelber -, Grüner-, Roter – und Blauer Silvaner. Der älteste Weinberg in Franken steht in Volkach-Rimbach, dieser „Alte Satz“ wurde 1846 gepflanzt. Daneben gibt es noch mehrere 100 jährige Gemischte Sätze, die glücklicherweise mittlerweile als Museumsweinberge touristisch genutzt werden und somit erhalten bleiben, wie z.B. der größte Pfahlweinberg mit fränkischer Kopferziehung in Ickelheim. Abb. 1 Pfahlweinberg Ickelheim Der wohl älteste Rebstock Deutschlands (ca. 350 Jahre alt) steht in Castell und ist eine „Agostenga“ oder „Grüne Seidentraube“ – eine weiße Kelter- und Tafeltraube. Abb. 2 Agostenga Neben Keltertraubensorten sind auch etliche alte Tafeltraubensorten gefunden worden, die in einem eigenen Sortiment in Würzburg erhalten werden. In dem Projekt des Bundesministeriums für Landwirtschaft und Ernährung „Erfassung rebengenetischer Ressourcen in Deutschland“ welches von Jung + Fischer 2007 bis 2009 1 Josef Engelhart Sachgebiet Weinbau- und Qualitätsmanagement 16.04.14 in Zusammenarbeit mit der Abteilung Weinbau der LWG durchgeführt wurde, sind 77 historische Rebsorten, davon 17 endemische, oft mittelalterliche Sorten in Franken registriert worden. Die alten fränkischen Rebsorten und Klone werden an der LWG in Veitshöchheim gesammelt und zunächst in eine Vorprüfung mit ca. 15 Stock pro Akzession aufgepflanzt. Die interessanten Typen vermehren wir auf 100 Stock und pflanzen sie in eine „Zwischenprüfung“ um die Weinqualität testen zu können. Daraus kann auch Vermehrungsmaterial für Praxisversuche entnommen werden. Viele historische Rebsorten reifen relativ spät und sind deshalb interessant für den Versuchsanbau in der aktuell zunehmenden Klimaerwärmung. Historische fränkische Weißweinsorten: Bukettrebe Sie ist wohl die jüngste unter den „Historischen fränkischen Weißweinsorten“ und wird 1864 zum ersten Mal schriftlich in Würzburg erwähnt. Gezüchtet von Sebastian Englert (1802 – 1880) in Randersacker aus einer Kreuzung von Grüner Silvaner x Blauer Trollinger. Sie wurde auch als Bouquettraube, Buket, Bukettriesling, Würzburger oder in der Pfalz und Rheinhessen als „Bocksbeutel“ bezeichnet. Wegen ihres starken Wuchses und des reichen Ertrages hat sie sich relativ schnell verbreitet und wurde bis 1950 angebaut. Auf Grund der späten Reife und den hohen Säuregehalten hat man sie bereits 1935 für den Anbau verboten und sie war in Franken fast ausgestorben. Der Klon Bukettrebe Wü 0401 reift kurz nach dem Riesling und bringt einen anregend fruchtigen Wein mit leicht grünen Aromen, die an Sauvignon blanc erinnern. Von dieser Sorte ist bereits der erste Praxisversuch gepflanzt worden. Die Sorte benötigt eine Riesling-Lage. Abb. 3: Bukettrebe Adelfränkisch Die Sorte Adel- oder Edelfränkisch war eine Qualitätssorte im Gemischten Satz mit ihrer hohen Zucker- und Säureleistung. Synonyme sind Weiß- oder Kleinfränkisch. Die Blattform ist ähnlich wie die vom Traminer, die Blätter sind sehr dick und erinnern beim Anfassen an Rindsleder. Sie reift kurz nach dem Silvaner und der körperreiche Wein hat frische fruchtige Aromen, die an Zitrusfrucht und grüner Apfel erinnern. Die Würzigkeit des Weines hat Ähnlichkeit mit der Sorte Güner Veltliner. Leider ist der Adelfränkisch nicht ertragssicher und verrieselt gerne bei schlechtem Blütewetter. Ein reinsortiger Anbau ist deshalb bisher nicht zu empfehlen. Er benötigt warme, windgeschützte Lagen. 2 Josef Engelhart Sachgebiet Weinbau- und Qualitätsmanagement 16.04.14 Abb. 4: Adelfränkisch Vogelfränkische Die Vogelfränkische ist eine verschollene Rebsorte, die beim BLE-Projekt 2009 wiederentdeckt wurde. In der Ampelographie nach „Carl Friedrich von Gok“ 1836 wird sie als „Korinthe“ abgebildet und beschrieben. Das typische zackige Blatt ist wie eine spitze Tüte geformt. Der Großteil der Beeren ist Jungfern-fruchtig und deshalb sehr kleinbeerig und kernlos. Wegen der Kernlosigkeit hat man die Beeren früher sicher getrocknet und als Korinthen verwendet. Die Reifezeit ist kurz nach Silvaner und die kleinen Beeren haben gewöhnlich hohe Öchslegrade und eine schmackhafte Säure. Der Verrieselungsgrad ist bei schlechtem Blütewetter sehr hoch, damit ist die Sorte leider nicht ertragssicher. Sie war früher ein Zucker- und Aromaspender im Gemischten Satz. Die Aromen erinnern an Riesling und Weißburgunder. Abb. 5: Vogelfränkische Weißer Lagler Im Steigerwald wurde die Sorte Weißer Lagler oder Weiße Schapatna gefunden. Die Sorte stammt aus der Steiermark und vom Neusiedlersee. Oft nur als „Lagler“ bezeichnet haben die Trauben einen interessanten fruchtig-würzigen Geschmack. Sie reifen kurz nach dem Silvaner und haben eine ansprechende Säure. Die Beeren sind relativ klein an lockeren bis gepackten und geschulterten Trauben. 3 Josef Engelhart Sachgebiet Weinbau- und Qualitätsmanagement 16.04.14 Abb. 6: Weißer Lagler Zusammenfassung und Ausblick: Neben den hier beschriebenen historischen fränkischen Rebsorten stehen noch weitere in unserer Sammlung, z.B. Kleinberger, Weißer Honigler, Silberweiß, Bukettsilvaner, Putzscheere und Geisdutte. Auch wenn manche Sorten für den aktuellen Weinbau nicht interessant erscheinen, werden sie an der LWG im Quartier der „Deutschen Genbank Reben“ für die Zukunft erhalten. Außer historische fränkische Sorten sammelten wir auch Klone von alten deutschen Sorten wie Weißer Heunisch, Roter und Weißer Elbling in alten fränkischen Weinbergen. Mit der Prüfung der alten fränkischen Landsorten stehen wir erst am Anfang und müssen mit den gefundenen Sorten noch Erfahrungen im An- und Ausbau sammeln. Praxisversuche helfen uns dabei weiter, um die ökologische Streubreite der Sorten zu testen. Die Sorten sind seit hunderten von Jahren an die Region angepasst und können sich auch heute mit einem individuellen Weingeschmack zu einer regionalen Spezialität entwickeln. Insbesondere bei Neupflanzungen vom „Alten Satz“ oder „Fränkischen Satz“, können die historischen Sorten in der Praxis für die Zukunft erhalten werden. 4