Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren

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Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren
Karlsruhe
Berufsakademie Karlsruhe
Lehren aus der Finanzkrise
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
Eine vergleichende Analyse für deutsche Großbanken in
der Finanzkrise
Betreuender Hochschullehrer:
Prof. Dr. Steffen Rasch
Studentische Teammitglieder:
Katja Diefenbacher
Melanie Hans
Ying-Cai Wang
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
Eine vergleichende Analyse für deutsche Großbanken in der Finanzkrise
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
2
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
Inhalt
1
Einleitung
4
2
Zum Stand der Krise und der Diskussion
7
2.1
Chronologie der deutschen Großbanken in der Finanzkrise
7
2.2
Stand der Forschung
9
2.3
Stand der politischen Diskussion
3
4
10
Großbank ohne Rettungsbedarf: Deutsche Bank AG
12
3.1
Geschäftsstruktur
3.1.1 Charakteristische Merkmale der Deutschen Bank AG
3.1.2 Geschäftsbereiche der Deutschen Bank AG
3.1.3 Kundenstruktur im Konzern der Deutschen Bank AG
12
12
12
14
3.2
Eigenkapitalausstattung
3.2.1 Entwicklung der Kernkapitalquote
3.2.2 Handelsergebnis der Deutschen Bank AG
15
15
16
3.3
Liquidität
3.3.1 Liquiditätsmanagement in der Deutschen Bank AG
3.3.2 Liquiditätsdisposition
3.3.3 Beteiligungen
18
18
18
19
3.4
Risikoaktiva
3.4.1 Risikoaktiva im Zeitverlauf
3.4.2 Volumen außerbilanzieller Zweckgesellschaften
3.4.3 ABS-Bestand
3.4.4 Abschreibungen
20
20
22
22
24
Großbank im Rettungspaket: Commerzbank AG
26
4.1
Geschäftsstruktur
4.1.1 Charakteristische Merkmale der Commerzbank AG
4.1.2 Geschäftsbereiche der Commerzbank AG
26
26
28
4.2
Eigenkapitalausstattung
4.2.1 Entwicklung der Kernkapitalquote
4.2.2 Übernahme der Dresdner Bank AG
31
31
32
4.3
Liquidität
4.3.1 Liquiditätsmanagement in der Commerzbank AG
4.3.2 Liquiditätsdisposition
4.3.3 Beteiligung Dresdner Bank AG
34
34
35
36
4.4
Risikoaktiva
4.4.1 Risikoaktiva im Zeitverlauf
4.4.2 Volumen außerbilanzieller Zweckgesellschaften
37
37
38
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
3
4.4.3 ABS-Bestand
4.4.4 Abschreibungen
38
39
5
6
Vergleichende Analyse der kritischen Erfolgsfaktoren
41
5.1
Geschäftsstruktur
41
5.2
Eigenkapital
43
5.3
Liquidität
45
5.4
Risikoaktiva
47
5.5
Staatsbeteiligung bei der Commerzbank AG
49
Fazit und Lehren hinsichtlich deutscher Großbanken
51
Abkürzungsverzeichnis
54
Abbildungsverzeichnis
55
Tabellenverzeichnis
56
Literatur
57
Anhang
62
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
4
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
1
Einleitung
Die globale Finanzkrise wird vor allem als Bankenkrise wahrgenommen. Der
Ausgangspunkt „Subprime“ ist Teil des Commercial Bankings, und die globale
Verbreitung fand über die CDS als Derivategeschäft im Rahmen des Investment Bankings
statt. Es war der Zusammenbruch einer Bank, Lehman Bros., der den Kulminationspunkt
der Krise markiert, und der mit dem branchenweiten Untergang des Investment Bankings
für den größten Strukturbruch an den Finanzmärkten in den letzten 80 Jahren steht.
Ansatzpunkt für die hier vorgelegte Studie ist unter dem Leitthema „Lehren aus der
Finanzkrise“ daher die Analyse der Banken als der Hauptbetroffenen. Auch in Deutschland
ist die Finanzkrise in der öffentlichen Wahrnehmung vor allem als spektakuläre
Schieflagen von Kreditinstituten (IKB, SachsenLB, HRE) manifest. Gleichwohl sind die
übrigen am Finanzmarktgeschehen Beteiligten, die Anleger, und infolge der Krise enorm
gewichtiger geworden der Staat und die Notenbanken in bisher unvorstellbarem Ausmaße
engagiert. Lehren bezüglich der Banken sind daher nicht nur durch diese selbst zu ziehen,
sondern auch durch die am sich verflüchtigenden Eigenkapital beteiligten Anteilseigner
und die zuständigen Aufsichts- und Regulierungsinstitutionen.
Insbesondere erscheint es für den Staat als essentiell, im Hinblick auf die Banken zum
einen die Lehren aus bisherigen Fehlern zu ziehen, um die exorbitanten Mittel zur Rettung
des Sektors zielgenau einzusetzen. Allein die Rechtfertigung gegenüber dem auf
kommende Jahrzehnte belasteten Steuerzahler ist hierfür Grund genug. Zum anderen
sollten Rettungsmaßnahmen prioritär auf diejenigen Banken konzentriert werden, die
damit auch für künftige Krisen überlebensfähig aufgestellt werden. Notwendig wäre also
eine Segregation der Kreditinstitute, die rettungswürdig sind. Dabei wäre vorab jedoch zu
klären, ob überhaupt Rettungsfähigkeit gegeben ist. Es mangelt derzeit jedoch - sowohl im
Hinblick auf die Rettungswürdigkeit als auch auf die Rettungsfähigkeit - im politischen
Bereich an einer klaren Zielsetzung und Vision für die zukünftige Bankenlandschaft, im
wissenschaftlichen Bereich zugleich an einer Identifizierung kritischer Erfolgsfaktoren.
Ziel der vorliegenden Studie ist es, diese kritischen Erfolgsfaktoren zu identifizieren, die
für die Großbanken in Deutschland das Überleben in der Finanzkrise determinieren.
Daraus sollen die Lehren für die künftige strategische und operative Ausrichtung der
international aufgestellten Kreditinstitute gezogen werden. Zugleich soll bezüglich der
bereitgestellten Rettungsmittel eine belastbare Bedarfsanalyse und damit eine zielgenaue
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
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Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
Verwendung ermöglicht werden. Sollten sich diejenigen institutsbezogenen Merkmale
identifizieren lassen, auf Grund derer ein Rettungsbedarf nicht erst entstehen brauchte,
wäre hier ein Ansatz für die künftige Aufstellung von Banken gegenüber systemischen
Krisen gegeben.
Die Studie fokussiert auf diejenigen bankbezogenen Merkmale, die wesentlich mit den
Erscheinungsmerkmalen der Finanzkrise korrespondieren. Die Krise manifestiert sich vor
allem im Verschwinden des Investment Bankings als Geschäftsmodell, in dramatischen
Kursverlusten mit Aufzehrung des Eigenkapitals, in extremen Liquiditätsengpässen durch
Austrocknen des Geldmarktes und in der Unverkäuflichkeit großer Volumina von
ursprünglich im Subprime-Kontext generierten strukturierten Produkten. Die vorliegende
Studie legt daher den Schwerpunkt auf die Analyse der zu diesen Faktoren der Krise
gehörenden
Kenngrößen
von
Kreditinstituten,
also
der
Geschäftsstruktur,
der
Eigenmittelausstattung, den Refinanzierungsstrategien und der Zusammensetzung der
Risikoaktiva. Zur Identifizierung der kritischen Erfolgsfaktoren werden daraus folgende
Hypothesen formuliert:
(H.1) Eine Fokussierung der Geschäftsstrategie auf das Investment Banking führt zum
Untergang des Instituts in der bisherigen Form oder zur Inanspruchnahme
staatlicher Rettungsmaßnahmen.
(H.2) Eine höhere Eigenmittelquote senkt die Notwendigkeit der Inanspruchnahme
staatlicher Mittel.
(H.3) Eine Fokussierung der Refinanzierungsstrategie auf den Geldmarkt führt zur
Inanspruchnahme staatlicher Mittel.
(H.4) Ein erhöhter Anteil an den Eigenanlagen aus dem Segment strukturierter Produkte
mit Subprime-Ursprung führt c.p. eher zur Inanspruchnahme staatlicher Mittel.
Eine alle Institute einbeziehende Untersuchung scheitert derzeit an der Datenlage. Insofern
wurde hier der Weg einer vergleichenden Fallstudie beschritten, bei der die beiden größten
Vertreter des Marktsegments herangezogen wurden. Die Deutsche Bank AG und die
Commerzbank AG eigneten sich aus mehreren Gründen für diese Untersuchung: Im
Gegensatz zu den stark von der Krise getroffenen Landesbanken werden die beiden
ausgewählten Häuser an der Börse notiert. Auch wenn im Zuge der Krise psychologisch
geprägte Kursschwankungen auftreten, ist hierdurch ein objektivierter Bewertungsmaßstab
vorhanden, der Rückschlüsse auf die Lage der Bank gewähren könnte. Ferner ist durch die
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
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Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
Verpflichtung zu ad hoc-Mitteilungen i. S. d. § 15 WpHG eher bei den börsennotierten
Kreditinstituten mit zeitnahen krisenrelevanten Informationen zu rechnen. Zudem war den
Autoren dieser Studie sowohl in der Deutschen Bank wie auch in der Commerzbank der
Zugang zu internen Information aus erster Hand möglich. Der entscheidende Engpass der
Informationslage sollte daher für die beiden ausgewählten Untersuchungsobjekte am
wenigsten restriktiv wirken.
Im Gang der Untersuchung werden im zweiten Kapitel zunächst die für die analysierten
Banken maßgeblichen Ereignisse chronologisch festgehalten. Daran schließt sich der Stand
der wissenschaftlichen Diskussion an, wobei sich der Stand der Forschung noch ganz am
Anfang befindet. Die für das Thema wichtige politische Diskussion wird gesondert
skizziert.
Das dritte Kapitel behandelt die vermuteten Erfolgsfaktoren in der Finanzkrise als
Fallstudie für die Deutsche Bank. Im vierten Kapitel wird dieselbe Struktur für den Fall der
Commerzbank verwendet, ergänzt um den Aspekt des Einstiegs des Staates als Aktionär.
Die in diesen Kapiteln verwendeten Daten beziehen sich auf das Zahlenmaterial der beiden
Konzerne. Hierbei wurden schwerpunktmäßig die Daten aus den Jahren 2006 bis 2008
verwendet, da die Rechnungslegung bei der Deutschen Bank in 2007 von US-GAAP auf
IFRS umgestellt wurde und somit eine Vergleichbarkeit nur bis in das Geschäftsjahr 2006
möglich ist. Aufgrund der aktuell eingeschränkten Informationslage für das gesamte
Geschäftsjahr 2008 wurden größtenteils die Daten, die bis zum 30.09.2008 zur Verfügung
standen, herangezogen.
Die vergleichende Analyse des fünften Kapitels testet dann auf die eingangs formulierten
Hypothesen bezüglich der kritischen Erfolgsfaktoren. Es findet keine Bilanzprüfung und
keine Bilanzanalyse im klassischen Sinne statt, da das Untersuchungsziel hier ein anderes
ist. In methodischer Anlehnung an die Bilanzstrukturanalyse im Rahmen des
Risikomanagements richtet sich der Fokus auf die wesentlichen, ohne Informationsverlust
auch teilweise aggregierten, Größen.
Im abschließenden Fazit wird auf dem jetzt bekannten Stand der Krise aus den Ergebnissen
dieser Studie versucht, im Hinblick auf die deutschen Großbanken vorläufige wesentliche
Lehren zu ziehen. Diese können auch als Handreichung an die Vergabestellen der staatlich
bereitgestellten
Mittel
verstanden
werden,
um
Segregationskriterien
bezüglich
rettungsfähiger und rettungswürdiger Banken zu entwickeln.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
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Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
2
Zum Stand der Krise und der Diskussion
2.1
Chronologie der deutschen Großbanken in der Finanzkrise
Für die beiden in Fallstudien untersuchten Großbanken sollen zunächst die wesentlichen
Ereignisse im Verlauf der bisherigen Finanzkrise gezeigt werden. Zur Vorbereitung der
späteren vergleichenden Analyse und zur Einordnung in die globale Entwicklung wurde
nachfolgend eine synchronoptische Darstellung gewählt.
Datum
Juli 2007
26.08.2007
11.07.2008
08.02.2008
17.02.2008
16.03.2008
29.04.2008
31.08.2008
07.09.2008
15.09.2008
16.09.2008
21.09.2008
Deutsche Bank AG Meilensteine der Finanzkrise
Commerzbank AG
in der Finanzkrise
in der Finanzkrise
Die IKB wird in einer
dramatischen Rettungsaktion
von der KfW und weiteren
Banken gestützt.
Die SachsenLB wird in einer
dramatischen Rettungsaktion
von der LBBW übernommen.
US-Hypothekenfinanzierer IndyMac bricht zusammen.
Die WestLB wird in letzter
Minute durch Anteilseigner mit
Bürgschaften und
Kapitalerhöhung über 5 Mrd. €
gerettet.
Die britische Regierung
verstaatlicht Northern Rock.
Bear Stearns durch Übernahme
von JPMorganChase gerettet.
DB meldet erstmals
seit 2003 einen
Verlust (1.Quartal
2008: 141 Mio. €)
CB einigt sich mit
der Allianz auf die
Übernahme der
Dresdner Bank.
Verstaatlichung von Freddie
Mac und Fannie Mae.
Insolvenz von Lehman Bros.;
Merrill Lynch begibt sich unter
das Dach der BoA; HBOS wird
von Lloyds TSB übernommen.
AIG wird durch Fed gerettet.
Goldman Sachs und Morgan
Stanley geben ihren Status als
Investment Banks auf.
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Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
25.09.2008
JPMorganChase übernimmt
Washington Mutual (größte
Bank-Pleite der US-Geschichte).
Die HRE wird in einer
dramatischen Aktion durch eine
Bundesbürgschaft vorläufig
gerettet; Island verstaatlich
Glitnir Bank; Großbritannien
verstaatlicht Bradford&Bingley;
Frankreich und Belgien retten
Dexia.
Garantieversprechen der
Bundeskanzlerin für alle
Einlagen in Deutschland.
Die Bundesregierung beschließt
das „Rettungspaket“ für die
Banken (480 Mrd. €).
29.09.2008
05.10.2008
20.10.2008
03.11.2008
28.11.2008
Bayern rettet die Bayern LB mit
einem Paket über 30 Mrd. €.
08.01.2009
05.02.2009
19.02.2009
CB nimmt eine
stille Einlage des
Bundes (8,2 Mrd.
€) in Anspruch.
CB zieht die
Übernahme der
Dresdner Bank
zum Januar 2009
vor.
Teilverstaatlichung
der CB (25%)
durch Einstieg des
Bundes (10 Mrd.
€).
DB verkündet
Rekordverlust von
3,9 Mrd.€ für 2008.
Mit der „Lex HRE“ wird die
Möglichkeit einer zwangsweisen
Verstaatlichung deutscher
Banken geschaffen.
Tabelle 1: Chronologie der Finanzkrise für die analysierten Großbanken
(eigene Darstellung; Daten entnommen aus FAZ, jeweils vom nachfolgenden Datum)
Berücksichtigt wurde der Informationsstand bis zum Ablauf des 01.03.2009.
Bevor diese Chronik ohne absehbares Ende fortgesetzt wird, sollte über Ziel, Konzept und
Mittel staatlicher Rettungsmaßnahmen nachgedacht werden. In jedem Einzelfall muss dann
auf Rettungsfähigkeit und Rettungswürdigkeit geprüft werden.
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Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
2.2
Stand der Forschung
In der empirischen Forschung fehlen aus nahe liegenden Gründen bislang Studien zur
Performance von Banken in der Finanzkrise. Soweit aktuelle Daten vorliegen, ist die
Zeitreihe angesichts des Ausbruchs der Krise im Sommer 2007 und dramatisch verschärft
seit September 2008 für belastbare Aussagen zu kurz. Die überraschende und sich massiv
beschleunigende Verschlechterung zunächst der Lage in der Kreditwirtschaft und dann
binnen Wochen auch in der Realwirtschaft ist gerade ein Charakteristikum der jetzigen
Finanzkrise.
Angesichts
der
damit
verbundenen
Strukturbrüche
erscheint
eine
Zeitreihenanalyse zumindest vorerst kaum aussagefähig.
Eine modellgestützte Analyse der Finanzkrise ist u. E. derzeit noch verfrüht. Es ist gerade
im Risikomanagement das Versagen der gängigen Modelle, das ein prägendes Element
dieser Finanzkrise darstellt. Die Globalisierung der Subprime-Problematik wurde durch
das Medium der CDS getragen, bei denen implizit eine optimierte Diversifikation der
verbrieften Forderungen unterstellt ist. Die faktisch hohen positiven Korrelationen
zwischen allen einbezogenen Subprime-Hypotheken wurden massiv unterschätzt.
Auch der bei den meisten Kreditinstituten vor der Finanzkrise schon etablierte Ansatz des
Value-at-Risk in der Risikosteuerung steht in der Rückschau grundsätzlich in Frage. Die
Wahl eines 99%-Konfidenzniveaus erzeugte eine trügerische Sicherheit, denn die
eingetretenen Verlustfälle waren selbst für mit exorbitanten fat tails modifizierte
Wahrscheinlichkeitsverteilungen außerhalb aller realistischer Erwartungen. In Frage
gestellt ist auch grundsätzlich die Verwendbarkeit historischer Volatilitäten. Deren
Aussagekraft ist vom Ansatz her auf im Grundmuster unveränderte und damit sich
wiederholende Entwicklungen beschränkt. Die globale Finanzkrise ist aber durch säkulare
Strukturbrüche und damit historisch bisher nicht abgebildete Verläufe gekennzeichnet.
Der völlige Rückzug von Kreditinstituten aus dem Interbankenmarkt bei gleichzeitigem
Horten von Liquidität spiegelt eine totale Risikoaversion wider. Die totale Risikoaversion
ist hier konstitutives Merkmal und führt z. T. dazu, dass Kreditinstitute teuer eingeworbene
Refinanzierungsmittel zu weitaus niedrigeren Sätzen bei der Zentralbank vorhalten. Diese
negative Fristentransformation bei einer normalen Zinsstruktur ist auch mit der klassischen
Theorie rationaler Erwartungsbildung nicht vereinbar.
Für den hier gewählten Ansatz der Identifizierung kritischer Erfolgsfaktoren zwecks
Prüfung auf Rettungsfähigkeit und Rettungswürdigkeit geben die klassischen Ansätze an
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
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Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
dieser Stelle u. E. noch keinen Einstieg her. Es wird hier deshalb der Versuch
unternommen, einen grundsätzlich neuen Ansatz zu wählen.
2.3
Stand der politischen Diskussion
Die Diskussion auf politischer Ebene fokussiert kurzfristig auf die Frage von
Staatsbeteiligungen an Banken und längerfristig auf die Verschärfung der Regulierung.
Der Einstieg des Staates hat etwa in den USA und Großbritannien zu Fällen vollständiger
Verstaatlichung (Fannie Mae, Freddie Mac; Northern Rock) oder zu maßgeblichen
Beteiligungen (Citigroup; RBS, Lloyds TSB) geführt. Auf Island wurden alle vier großen
Banken vollständig verstaatlicht. In Deutschland ist im auf die HRE zugeschnittenen
Gesetz die Zwangsabfindung von Aktionären der umstrittenste Punkt. In der Debatte fehlt
es allerdings an einer ordnungspolitischen Grundsatzdiskussion.
Hinsichtlich des Einstiegs des Staates als Aktionär bleibt auch die Überlegung außer acht,
ob öffentliche Hilfsmaßnahmen nicht das gegenteilige Signal des Beabsichtigten erzeugen.
Die Notwendigkeit staatlichen Flankenschutzes dürfte gerade nicht das Vertrauen in die
betroffene
Adresse
wiederherstellen,
das
erforderlich
ist,
um
vor
allem die
misstrauensbedingte Blockade im Interbankenhandel zu überwinden. Erst wenn die
Emissionsfähigkeit eines Kreditinstitutes ohne staatliche Krücken wiederhergestellt ist,
zeigt dies das Vertrauen, das dem Haus vom Markt entgegengebracht wird. Die Lösung der
Krise ist nahe - anders als im Tenor der öffentlichen Meinung - nicht mit dem Einstieg
sondern mit dem Ausstieg des Staates.
Im Visier einer verschärften Regulierung finden sich insbesondere die Rating-Agenturen
und das Segment der Hedge Funds. Die Relevanz der Ratings wurde auf aktueller Basis
aber gar nicht geprüft. Nach den massiven Fehleinschätzungen der Agenturen im Laufe der
Finanzkrise dürfte das Gewicht dieser Ratings in der Entscheidungsfindung von Investoren
gering geworden sein. Eine verbesserte Aufsicht über die Agenturen liefe vom Effekt her
weitgehend ins Leere.
Bei Hedge Funds ist die Transparenz nach wie vor relativ gering. Eine Mitschuld an der
Finanzkrise konnte diesem Segment aber bislang nicht nachgewiesen werden. In
Börsenkrisen scheint es ein gängiger Reflex zu sein, Investoren mit aggressiven Strategien
pauschal die Verantwortung anzulasten. So wurden etwa die Portfolio Insurer zu den
Schuldigen für den großen Crash 1987 erklärt. Diese (Vor-)Verurteilung hielt einer
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
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Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
kritischen Überprüfung nicht stand.1 Stichhaltiges Beweismaterial hat die Anklage gegen
die Hedge Funds jetzt auch nicht vorgelegt. Es ist deshalb vorläufig davon auszugehen,
dass eine Regulierung der Hedge Funds am Problem der Finanzkrise vorbei geht.
In der Medienlandschaft beherrschen eher moralische Aspekte die Diskussion.
Insbesondere die Frage von Bonuszahlungen in Banken ist stark emotional besetzt. Jenseits
der - meist wenig differenzierten - Argumentation ist aus dieser Thematik allerdings kein
Lösungsansatz in der Finanzkrise zu erwarten. Die in der Öffentlichkeit ebenfalls stark
polarisierende Frage einer staatlichen Rettungsaktion beim drohenden Scheitern von
Übernahmen (Continental/Schäffler) bietet eher einen Ansatzpunkt. Im Hinblick auf die
wahrscheinliche Konsolidierung unter den Landesbanken gewinnt dieser Aspekt weit
reichende Bedeutung. Unsere Studie bezieht hier den Fall Commerzbank/Dresdner Bank
ein.
Die ganz grundlegende Frage, ob und welche Banken überhaupt gerettet werden sollen
oder können, wird bisher kaum thematisiert. Für Deutschland ist die HRE ungeachtet eines
immer neuen gigantischen Mittelbedarfs (120 Mrd. € Anfang März 2009) kurzerhand
politisch für „systemrelevant“ erklärt worden. In den USA ist dieser Weg bereits mit der
Insolvenz von Lehman Bros. am 15.09.2009 aufgegeben worden. Fatalerweise war wenige
Monate zuvor Bear Stearns gerettet worden, so dass das Vertrauen in Konzept, Überblick
und Handlungsfähigkeit von Aufsicht und Zentralbank bis heute nachhaltig erschüttert
wurde. Die US-Administration beabsichtigt nunmehr, die 20 größten Banken einem
„Stresstest“ zu unterziehen. Die Ergebnisse sollen im Juni 2009 vorliegen. Geprüft werden
soll auf Rettungsfähigkeit und damit vermutlich auch auf Rettungswürdigkeit der
wichtigsten Banken. Mit diesem Grundansatz analysiert die hier vorgelegte Studie
deutsche Großbanken.
1
Siehe Rasch (1993), S. 287ff.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
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Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
3
Großbank ohne Rettungsbedarf: Deutsche Bank AG
3.1
Geschäftsstruktur
3.1.1 Charakteristische Merkmale der Deutschen Bank AG
Zu Beginn der Analyse sollen zunächst einige prägnante Punkte zu den Charakteristika der
Deutschen Bank AG genannt werden.
Der Geschäftsbericht 2007 weist für die Deutsche Bank eine Bilanzsumme in Höhe von
1.924.257 Mio. € aus, und dieser Summe stehen Kreditforderungen im Betrag von 198.892
Mio. € gegenüber. Dies zeigt, dass das klassische Kreditgeschäft also nur circa 10,30% der
Bilanzsumme ausmacht. Diese Relation lässt sich seit 2006 auf ungefähr gleich hohem
Niveau beobachten, nimmt aber gegen Ende 2008 auf 11% zu.
Darüber hinaus haben die finanziellen Vermögenswerte „zum fair Value bewertet“ und die
finanziellen Vermögenswerte „Available for Sale“ einen relativen Anteil an der
Bilanzsumme von 73,80%. 2
Dementsprechend lässt dies die Hypothese zu, dass die Deutsche Bank AG keine
Commercial Bank darstellt, deren primäres Geschäft sich auf Einlagen und Kredite von
Kunden stützt.
3.1.2 Geschäftsbereiche der Deutschen Bank AG
Weiterführend soll die Deutsche Bank AG in ihre Konzernbereiche aufgegliedert werden.
Corporate and
Investment Bank
Corporate
Investments
Private Clients and
Asset Management
Corporate Banking &
Securities
Asset and Wealth
Management
Global Transaction
Banking
Private and Business
Clients
Abb. 1: Übersicht über die Konzernbereiche der Deutschen Bank 3
2
3
Vgl. Geschäftsbericht 2007.
Eigene Darstellung, vgl. Geschäftsbericht 2007 der Deutschen Bank AG.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
13
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
Die drei Hauptkonzernbereiche umfassen das Corporate and Investment Banking, die
Corporate Investments und die Private Clients and Asset Management.
Das
erste
Segment
enthält
zum
einen
das
Unternehmenskundengeschäft
und
Kapitalmarktgeschäfte im Bereich Corporate Banking and Securities. Dazu gehören
Investment Banking Aktivitäten wie Emissionen, Wertpapierverkauf und auch der
Eigenhandel. Der zweite Bereich des Global Transaction Bankings umfasst das
Zahlungsverkehrsgeschäft für Finanzdienstleister wie auch andere Unternehmen.
Im nächsten Konzernbereich, den Corporate Investments, sind die Beteiligungen der
Deutschen Bank AG und das eigene Immobilienvermögen eingegliedert.
Der Bereich Private Clients and Asset Management umfasst einerseits die Private and
Business Clients mit Privatkunden und kleinen bis mittleren Unternehmen und zum
anderen die vermögenden Privatkunden und Familien im Asset and Wealth Management,
welches als eine Art Vermögensverwaltung definiert werden kann.
Im Folgenden soll Tabelle 2 nun einen Überblick über die Summe der erzielten Ergebnisse
der Deutschen Bank AG in ihren jeweiligen Segmenten aufzeigen.
Hierbei ist eine signifikante Änderung in der Ertragsstruktur der Deutschen Bank AG zu
bemerken.
Ergebnis vor Steuern
2006
Ergebnis vor Steuern
2007
Ergebnis vor Steuern
2008
6.083
5.147
-7.371
361
1.299
1.194
Private Clients and Asset
Management
1.935
2.059
420
Gesamt
8.379
8.505
-5.757
in Mio. €
Corporate and Investment
Bank
Corporate Investments
Tab. 2: Ergebnis vor Steuern nach Segmenten der Deutschen Bank AG
4
Das Investmentgeschäft stellte über die Jahre 2006 und 2007 den größten Ergebnisbeitrag
dar, was als prioritär agierende Investment Bank als üblich betrachtet werden kann. Im
Berichtsjahr 2008, in dem sich die Turbulenzen an den internationalen Kapitalmärkten
zuspitzte, scheint die Deutsche Bank AG stark betroffen, da das Primärgeschäft infolge der
4
Eigene Darstellung, vgl. Financial Data Supplement der Deutschen Bank AG und die Geschäftsberichte der
Jahre 2007 und 2006.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
14
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
Finanzkrise sogar starke negative Auswirkungen auf die Gewinn- und Verlustrechnung
hat, die selbst durch das Privat- und Firmenkundengeschäft nicht mehr kompensiert
werden können.
Die annähernde Verdreifachung der Erträge Corporate Investments von dem Jahr 2006 auf
das Jahr 2007 folgte aus dem Verkauf einiger Industriebeteiligungen, der Sale and Lease
Back Methode auf das Geschäftsgebäude der Deutschen Bank AG an der Wall Street 60,
Dividendenerträge aus einer Beteiligungen an der Hua Xia Bank und der Bilanzierung des
Goodwill der Deutsche Interhotel Holding GmbH & Co. KG. 5
3.1.3 Kundenstruktur im Konzern der Deutschen Bank
In diesem Gliederungspunkt soll ein Einblick zur Kundenstruktur der Deutschen Bank AG
gegeben werden.
Dazu wird zunächst ein Überblick über die bestehende Anzahl an Konten in den
Segmenten der Bank gegeben und dazu im Vergleich die jeweiligen Erträge dieser
Konzernbereiche gegenübergestellt.
Wie die folgende Tabelle zeigt, ist der mögliche zu generierende Ertrag im Segment
Corporate and Investment Bank am größten. Es kann als weiteres Indiz dafür gelten, dass
sich die Deutsche Bank AG auf das Investmentgeschäft stützt.
Corporate and
Private and Business
Investment Bank
Clients
Anzahl der Konten
Asset and Wealth
Management
Jahr 2006
54.200
14.100.000
2.622.300
Jahr 2007
56.900
13.800.000
3.020.400
Erträge (in €)
Jahr 2006
18.802 Mio.
5.149 Mio.
4.166 Mio.
Jahr 2007
19.092 Mio.
5.755 Mio.
4.374 Mio.
Ertrag je Konto (in € / Konto)
Jahr 2006
346.900
365
1.588
Jahr 2007
335.536
417
1.448
Tab. 3: Anzahl der Konten und Erträge in den Konzernbereichen der Deutschen Bank 6
5
6
Vgl. Geschäftsbericht 2007 der Deutschen Bank AG: S .14 ff.
Eigene Darstellung, vgl. Geschäftsbericht des Jahres 2007 der Deutschen Bank AG.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
15
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
Das Segment, in dem die geringste Kontenanzahl besteht, bietet den meisten Ertrag.
Ebenso kann festgestellt werden, dass bei einem höheren durchschnittlichen Ertrag, der
sich pro Konto erzielen lässt, auch mehr Vermögen vorhanden ist, mit welchem sich die
Bank refinanzieren kann. Das unterstreicht die zu Beginn beschriebenen Tätigkeitsbereiche
in den einzelnen Konzernbereichen.
Im Asset and Wealth Management sind die sehr vermögenden Privatkunden untergebracht,
bei einem Ertrag je Konto im Jahr 2007 von 1.448,00 €, verglichen mit dem Ertrag je
Konto der Private and Business Clients im Jahr 2007 von 417,00 €.
Dies
zeigt,
dass
das
Asset
and
Wealth
Management
eine
günstigere
Refinanzierungsmöglichkeit bietet, als es im Segment Private and Business Clients
möglich ist.
Auf den Konzernbereich Corporate Investments konnte an dieser Stelle nicht eingegangen
werden, da bedingt durch fehlende Kunden keine Kontenaufstellungen zugrunde liegen
und dieser Bereich als Nebengeschäft der Bank klassifiziert werden kann.
In Bezug zur eingangs formulierten Hypothese lässt sich zusammenfassen, dass die
Deutsche Bank AG primär im Investment Banking agiert, jedoch auch im
Privatkundengeschäft Präsenz zeigt.
3.2
Eigenkapitalausstattung
3.2.1 Entwicklung der Kernkapitalquote
Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der Eigenkapitalausstattung der Deutschen Bank AG.
Zu Beginn soll deswegen die Entwicklung der Kernkapitalquote im Zeitverlauf vom ersten
Quartal 2006 bis zum vierten Quartal 2008 in der nachfolgenden Abbildung
veranschaulicht werden. Ebenso gilt es zu erwähnen, dass sich die Kernkapitalquote aus
der Division von Kernkapital und Risikoaktiva ergibt.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
16
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
Abb. 2: Tier 1 Kernkapitalquote der Deutschen Bank AG im Zeitverlauf 7
Als erstes lässt sich erkennen, dass die Bank eine Kernkapitalquote mit über 8 % aufweist,
die auch über den betrachteten Zeitraum stets konstant gehalten wurde. Dies ist auf die
stetige Zunahme von Kernkapital und Risikoaktiva zurück zuführen.
Die Graphik zeigt jedoch deutlich, dass seit dem Jahr 2008 ein starker Anstieg der
Kernkapitalquote erfolgt ist, der durch das stärkere Wachstum an Kernkapital
hervorgerufen wurde. Dies ist im ersten Quartal maßgeblich durch die Umstellung von
Basel I auf Basel II verursacht. Darüber hinaus erfolgte im dritten Quartal 2008 eine
Eigenkapitalerhöhung um 2,2 Mrd. €. Zusätzlich hat sich die Anzahl der ausgegebenen
Stammaktien von 530,4 Mio. Stück im Jahr 2007, auf 570,9 Mio. Stück zum dritten
Quartal 2008 erhöht. 8
Daran anknüpfend soll auf das Handelsergebnis eingegangen werden, da dies noch zu
Eigenkapitalaufzehrungen führen könnte.
3.2.2 Handelsergebnis der Deutschen Bank AG
In der folgenden Tabelle sind die nicht berücksichtigten Gewinne und Verluste der
Deutschen Bank AG im Überblick dargestellt. Dies bedeutet, dass diese noch keine
Berücksichtigung in der Gewinn- und Verlustrechnung fanden.
7
Eigene Darstellung, vgl. Quartalsberichte der Deutschen Bank AG.
Vgl. Zwischenbericht 2008, Erläuterungen, Angaben zur Bilanz, ausgegebene und ausstehende
Stammaktien.
8
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
17
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
In Mio. €
3Q2008 2Q2008 1Q2008 4Q2007 3Q2007 2Q2007 1Q2007 4Q2006
Nicht in der GuV
-3.083
-3.116
-2.157
1.133
2.330
3.401
2.923
2.403
berücksichtigte
Gewinne/Verluste
(–), nach Steuern
Tabelle 4: Unberücksichtigte Gewinne und Verluste der Deutschen Bank AG 9
Dies lässt die Vermutung zu, dass die Deutsche Bank AG noch einige unberücksichtigte
Positionen ausweist, die dann bei Realisation durch die Gewinn- und Verlustrechnung zu
Eigenkapitalaufzehrung führen könnten.
Im ersten Quartal hat die Deutsche Bank AG den stärksten Anstieg bei den nicht
realisierten Gewinnen und Verlusten, wie auch bei den kumulierten Segmentergebnissen.
Hier wurde bereits im ersten Quartal 2008 ein negatives Ergebnis erzielt.
in Mio. €
3Q2008
2Q2008
1Q2008
Corporate and Investment Bank
Ergebnis vor Steuern
-1.889
-1.381
-1.354
Corporate Investments
Ergebnis vor Steuern
1.230
1.036
492
Private Clients and Asset Management
Ergebnis vor Steuern
kumuliert
1.193
955
679
534
637
-183
Tabelle 5: Segmentergebnisse der Deutschen Bank AG 10
Besonders das vierte Quartal 2008 bringt aufgrund der berücksichtigten Abschreibungen in
der Gewinn- und Verlustrechnung Eigenkapitalverzehr mit sich.
Demnach zeigt sich, dass die Deutsche Bank AG frühzeitig Verluste realisiert hat, wie im
ersten Quartal 2008, dennoch aber eine große Position an noch nicht berücksichtigten
Verlusten besteht, die in Zukunft noch zu Belastungen führen könnten.
9
Eigene Darstellung, vgl. Geschäfts- und Quartalsberichte der Deutschen Bank AG.
Eigene Darstellung, in Anlehnung an die Quartalsberichte der Deutschen Bank AG.
10
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
18
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
3.3
Liquidität
3.3.1. Liquiditätsmanagement in der Deutschen Bank AG
Das Liquiditätsmanagement hat die Aufgabe die Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens zu
gewährleisten.
Die Deutsche Bank AG bedient sich dabei dem operativen, taktischen und strategischen
Liquiditätsmanagement.
Das operative Management kann als kurzfristig, bis 18 Monate, betrachtet werden. Das
taktische Geschäft befasst sich mit den vorhandenen Vermögenswerten (Aktiva) und
unbesicherten Finanzierungsquellen, und das strategische Liquiditätsmanagement erstellt
einen Fristenplan sämtlicher Aktiva und Passiva.
Im Übrigen ist das Liquiditätsmanagement der Deutschen Bank AG unter dem Namen
Treasury eingegliedert.
Des weiteren werden regelmäßig Stresstest und Szenarioanalysen durchgeführt, um die
Liquiditätsdisposition zu überprüfen.
3.3.2
Liquiditätsdisposition
In diesem Abschnitt soll nun Bezug auf die eingangs formulierte Hypothese einer
notwendigen Inanspruchnahme staatlicher Mittel bei starker Stützung der Refinanzierung
auf den Geldmarkt im Zusammenhang mit der Deutschen Bank AG untersucht werden.
Bei der Analyse der Bilanz ist auffällig, dass sich die verzinslichen Einlagen bei
Kreditinstituten seit 2007 bis zum dritten Quartal 2008 um 89,49 % von 21.615 Mio. € auf
40.960 Mio. € erhöht haben.
Darüber hinaus kann festgestellt werden, dass sich die Einlagen auf der Passivseite der
Bilanz über den Zeitraum der Jahre 2006 bis heute auf einem Niveau zwischen 400.000
Mio. und 450.000 Mio. bewegen.
Zusätzlich weisen die langfristigen Verbindlichkeiten und kurzfristigen Geldaufnahmen
keine Veränderungen auf, welche auf Liquiditätsprobleme schließen lassen. Des weiteren
ist die Position der kurzfristigen Geldaufnahmen mit 46.525 Mio. € in Bezug zur
Bilanzsumme mit ungefähr 2,26 % relativ gering.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
19
Ebenso gibt es bei der Kapitalflussrechnung keine Anzeichen von Liquiditätsproblemen.
Zusammenführend lässt sich behaupten, dass die Deutsche Bank AG nicht abhängig vom
Geldmarkt ist und dieser nur eine geringe Refinanzierungsquelle darstellt. Auch die
gestiegenen Einlagen bei Fremdinstituten belegen, dass es keine Liquiditätsengpässe gab,
jedoch im Zuge der Finanzkrise auf der Liquiditätsdisposition ein starker Fokus liegt und
mit den geänderten Bedingungen der Postbank-Übernahme für weiter anhaltende
schwierige Zeiten Mittel gegeben sind.
3.3.3 Beteiligungen
Der anhaltende Konsolidierungstrend unter den Banken hinterlässt nunmehr auch bei der
Deutschen Bank AG seine Spuren.
Seit September 2008 besteht ein reges Interesse der Deutschen Bank AG an der Postbank
AG. Mit ihren 14,5 Mio. Privatkunden bietet diese eine große Chance und einen Zugewinn
zu den bereits bestehenden 14 Mio. Privat- und Geschäftskunden der Deutschen Bank AG.
Gerade durch den bestrebten Ausbau des Privatkundengeschäfts seitens der Deutschen
Bank AG lassen sich hier größere Kooperationen mit dem Institut Deutsche Bank
erwarten.
Nach dem neu vereinbarten Kontrakt gestaltet sich die rechtliche Komponente wie folgt:
Die Deutsche Bank hält aktuell 25 % plus eine Aktie an der Postbank, auch Sperrminorität
genannt, und hat eine Pflichtumtauschanleihe in Höhe von 27,4 % und eine weitere
Kaufoption auf die Postbankaktien von 12,1 %. Der Rest der Postbank-Aktien von ca. 35
% befindet sich in Streubesitz.
Diese Transaktion mit einem Barwert von 4,9 Mrd. € ist bereits mit 3,1 Mrd. € großenteils
vollzogen. Für 22,9 % der Anteile hat die Deutsche Bank auch mit eigenen Aktien bezahlt,
womit die Post mit 8 % an der Deutschen Bank als größter Aktionär beteiligt ist. Dies
bedeutet, dass der Bund nun auch indirekt mit circa 2,5 % bei der Deutschen Bank AG
investiert ist. 11
11
Vgl. Handelsblatt vom 14.01.2009 und 15.01.2009.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
20
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
Der weitere Anteil von zunächst 22,9 % bis zur Sperrminorität ist wohl durch Zukäufe
seitens der Deutschen Bank AG, bedingt durch niedrige Aktienkurse, erfolgt. 12
In Bezug zur Liquiditätssituation der Deutschen Bank AG zeigt sich auch hier, dass die
wirtschaftliche Situation Anlass zu neuer Vertragsgestaltung war. Deshalb hat die
Deutsche Bank AG die Übernahme teilweise mit eigenen Aktien bezahlt, um sich vor zu
hohen Mittelabflüssen zu bewahren.
Abschließend ist aufgrund der aktuellen Wirtschaftslage die Übernahme der Postbank
erheblich erschwert worden, da dies auch immer mit einem Abfluss an liquiden Mitteln
verbunden ist. Weitere Transaktionen zwischen den Instituten bleiben abzuwarten.
3.4
Risikoaktiva
3.4.1 Risikoaktiva im Zeitverlauf
Die folgende Abbildung zeigt die Höhe der Risikoaktiva der Deutschen Bank AG seit
Anfang 2007 im Vergleich zum entsprechenden Handelsbestand an Wertpapieren, der in
der Bilanz unter den „zum Fair Value bewerteten Vermögenswerten“ ausgewiesen wird.
Abbildung 3: Risikoaktiva und Wertpapierbestand im Zeitverlauf der Deutschen Bank AG 13
12
13
Vgl. FAZ vom 26.02.2009 Nr. 48, S. 17.
Eigene Darstellung in Anlehnung an die Quartalsberichte der Deutschen Bank AG.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
21
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
Die risikotragenden Aktiva der Deutschen Bank AG setzen sich aus Kreditrisiken,
Marktrisiken und operationellen Risiken zusammen. Kreditrisiken entstehen im
Zusammenhang mit Transaktionen, aus denen sich tatsächliche, eventuelle oder künftige
Ansprüche gegenüber einem Geschäftspartner, wie z.B. einem Kreditnehmer, ergeben. 14
Als Marktrisiko kann das Änderungsrisiko von Aktien-, Wechselkursen und Zinsen
verstanden werden. Operationelle Risiken sind solche, die bei der Geschäftsabwicklung
durch Mitarbeiter, Technik, Infrastruktur, Vertragsdokumentation u.ä. verursacht werden
können. Bei der Ermittlung der Risikoaktiva werden die Bilanzpositionen auf der
Aktivseite nur anteilig, ihrem Risiko entsprechend angerechnet, so dass ihr tatsächlicher
Wert um einiges höher liegt. Die Wertpapiere in der obigen Graphik, die nur einen relativ
geringen Anteil davon darstellen, zeigen dies schon auffällig.
Außerdem verdeutlicht die Abbildung, dass zunächst seit dem Jahr 2006 ein starker
Anstieg an Risikopositionen erfolgt ist, mit einem Höchststand im vierten Quartal 2007
und einem darauf folgenden starken Abbau. Der Anstieg an Risikoaktiva ist u. a. auf die
ebenso steigende Anzahl an Wertpapierbeständen bzw. den zum Fair Value bewerteten
Vermögenswerten seit dem Jahr 2006 bis zum Ende des dritten Quartals 2007
zurückzuführen. Dies zeigt auch die starke Zunahme an Marktrisiken von 11.600 Mio. €
im vierten Quartal 2006 um 86,60 % auf 21.646 Mio. € im vierten Quartal 2008. Der
Anstieg der Marktrisiken impliziert, dass die Märkte zunehmend unter Druck geraten.
Die ausgeprägte Abnahme der Risikopositionen zu Beginn des ersten Quartals 2008 lässt
sich größtenteils auf die Umstellung der Bewertung anrechnungspflichtiger Risikoaktiva
von Basel I auf Basel II zurückführen.
Die
kontinuierliche
Senkung
des
Wertpapierbestandes,
wie
obige
Abbildung
veranschaulicht, lässt die Vermutung zu, dass die Deutsche Bank AG konstant versucht
ihre Risiken zu reduzieren, sich dies aber nicht in voller Höhe auf die Risikoaktiva
auswirkt. Das kann mehrere Gründe haben: Zum einen die Ratinganpassungen und eine
somit einhergehende Bonitätsverschlechterung, was eine Erhöhung des Risikos bedeutet,
und zum anderen ist eine erschwerte Absetzbarkeit an den Kapitalmärkten eine
Erklärungsmöglichkeit.
14
Vgl. Risikobericht, Risiken, im Geschäftsbericht der Deutsche Bank AG 2007.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
22
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
Jedoch gelang es der Bank im Vergleich zur stetig gestiegenen Bilanzsumme den Anteil an
Risikoaktiva an der Bilanzsumme von 17,38 % im vierten Quartal 2006 auf 15,50 % im
dritten Quartal 2008 zu reduzieren.
3.4.2 Volumen außerbilanzieller Zweckgesellschaften
Zur Durchführung der Geschäftsaktivitäten bedient sich die Deutsche Bank AG unter
anderem außerbilanzieller Zweckgesellschaften. 15
Der Gesamtbestand an Volumina von konsolidierten Zweckgesellschaften betrug Ende des
dritten Quartals 109.578 Mio. €, verglichen mit 111.525 Mio. € zum Ende des zweiten
Quartals 2008. Die hiermit verbundenen Risiken werden durch entsprechende
Eigenkapitalunterlegung abgesichert.
Das Risiko von nicht konsolidierten Zweckgesellschaften hingegen muss durch
Liquiditätsfazilitäten, Wertpapierpensionsgeschäfte und Garantien abgesichert werden. Die
Risikopositionen betrugen zum 30.06.2008 36,6 Mrd. € zu 31,8 Mrd. € zum 30.09.2008.
Auch hier zeigt sich ein Abbau von Risikopositionen mit der einhergehenden Finanzkrise.
3.4.3 ABS-Bestand
In Bezug auf die Hauptgeschäftstätigkeit der Deutschen Bank AG befinden sich die ABSBestände im Konzernbereich Corporate and Investment Bank und sind darin dem Bereich
Corporate Banking and Securities zugeordnet.
Der zunehmende Handel mit Kreditrisiken ist auch bei der Deutschen Bank AG zu
verzeichnen, so dass die nachfolgende Tabelle die Risikopositionen im Kredithandel seit
2007 aufschlüsselt. Dabei ist unter Nettorisikoposition derjenige theoretische Verlust zu
verstehen, der bei einem Komplettausfall der Wertpapiere ohne Verwertungsgewinn, aber
unter Berücksichtigung von Absicherungsgeschäften entstehen könnte.
15
Vgl. Zwischenbericht zum 30. September 2008 Konzernbereich CIB.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
23
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
in Mio. €
CDO: SubprimeRisikopositionen (netto)
CDO: sonstige Risikopositionen
/Alt-A (netto)
RMBS: Risikopositionen durch
US-amerikanische
Wohnungsbaukredite (netto)
(Alt-A, Subprime, Sonstige)
RMBS: Risikopositionen durch
europäische Originate-toDistribute
Wohnungsbaukredite (netto)
CMBS: Commercial RealEstate-Risikopositionen zum
Fair Value
Monoliner: Risikopositionen
bezüglich US-amerikanischen
Wohnungsbaukrediten (netto)
(Super Senior, Alt-A, Subprime)
Monoliner: Risikopositionen
bezüglich sonstiger
Vermögenswerte (netto)
Leveraged-FinanceRisikopositionen zum
Fair Value
Gesamt
31.12.2007
31.03.2008
30.06.2008
30.09.2008
1.243
941
1010
764
161
127
176
125
3.611
1.719
1.461
1.129
n.a.
n.a.
1.831
405
16.607
14.422
10.681
8.387
1.103
1.869
1.309
1.790
1.200
1.900
2.200
3.200
36.214
33.147
21.877
11.882
60.139
54.125
40.545
27.682
Tabelle 6: Wesentliche Risikopositionen an den Kreditmärkten der Deutschen Bank AG 16
Bei den genannten Risikopositionen kann der Anteil der Wertpapiere im Zusammenhang
mit Subprime aufgrund unterschiedlicher Ausweise in Brutto- und Nettopositionen nicht
definitiv bestimmt werden. Nach relativer Zuordnung lag er jedoch während des
betrachteten Zeitraums ungefähr zwischen 800 Mio. und 1,4 Mrd. €, was im Vergleich zur
Gesamtsumme relativ gering ist. Der Schwerpunkt liegt hier im Geschäft mit CDOs.
Neben den ABS-Strukturen auf Basis von privaten Wohnungsbaukrediten (Residential
Mortgage-Backed Securities, RMBS) ist ein beträchtlicher Anteil der Risikopositionen im
Bereich gewerblicher Immobilienkredite (Commercial Mortgage-Backed Securities,
CMBS) investiert. Jedoch wurden diese seit 2007 um 47,32 % auf 9,359 Mio. € abgebaut.
16
Eigene Darstellung, in Anlehnung an die Quartalsberichte der Deutschen Bank AG.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
24
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
Eine weitere Gruppe sind Risikopositionen gegenüber Monolinern, welche die verbrieften
Finanzinstrumente
im
Kredithandel
absichern,
und
deren
teilweise
Bonitätsverschlechterungen auch zu Marktwertanpassungen führen.
Der Großteil der Risikopositionen befindet sich im Leveraged-Finance-Bereich, der im
Bezug zu Krediten und Kreditzusagen für Unternehmensübernahmen steht. Es ist zu
berücksichtigen,
dass
diese
Positionen
nicht
direkt
mit
den
ABS-Strukturen
zusammenhängen, aber aufgrund ihrer großen Bedeutung trotzdem aufgenommen wurden.
Auch bei den Leveraged-Finance-Risikopositionen lässt sich ein starker Rückgang
verzeichnen.
Besonders die Gesamtsumme zeigt deutlich, dass die Deutsche Bank AG seit den ersten
Kreditproblemen in den USA in 2007 ihre Bestände an Risikopositionen aus dem
Kredithandel um die Hälfte verringert hat. Zum dritten Quartal 2008 betrug der Anteil
dieser Positionen im Vergleich zur Bilanzsumme nur 1,3%.
Als Analyse des Risikos der Deutschen Bank AG kann festgestellt werden, dass die Bank
frühzeitig die Marktveränderungen erkannt hat und mit einem wirkungsvollen Abbau an
Risiken begonnen hat. Noch im dritten Quartal 2008 wurden mit Hinblick auf drohende
Verschlechterungen der Märkte die Risikopositionen im europäischen Hypothekenmarkt
der Länder Spanien mit 70 Mio. € ganz heraus genommen und Großbritannien um 978
Mio. € minimiert auf 312 Mio. Ebenso wurden bereits beim Eingehen eines Risikos
entsprechende Hedges und sonstige Risikoabsicherungen gebildet. Somit sind auch hier
Auswirkungen der Finanzmarktkrise unabwendbar, jedoch nicht existenzbedrohlich.
3.4.4 Abschreibungen
Im Rahmen der Finanzkrise ist das Ergebnis des Konzernbereichs Corporate & Investment
Bank stark durch negative Marktwertveränderungen belastet worden. Seit Mitte 2007
wurden insgesamt 9,3 Mrd. € an Wertpapieren abgeschrieben, und zusätzlich sind noch im
vierten Quartal 2008 Handelsverluste in Höhe von 4,8 Mrd. € realisiert worden. Darüber
hinaus wurden insgesamt 6,5 Mrd. € an unrealisierten Marktwertanpassungen, größtenteils
für Vermögensgegenstände der Klasse „Available for Sale“, erfolgsneutral im passiven
Bilanzposten
„Nicht
in
der
Gewinn-und-Verlust-Rechnung
berücksichtigte
Gewinne/Verluste, nach Steuern“ verbucht (siehe bei Eigenkapital, Handelsergebnisse).
Diese, der Neubewertungsrücklage entsprechende, Position hatte am 30.06.2007 eine Höhe
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
25
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
von 3,4 Mrd. €, die bis zum 30.09.2008 auf 3,1 Mrd. € gesunken ist.
17
Da der Großteil des
ABS-Bestandes jedoch erfolgswirksam die Gewinn- und Verlustrechnung belastet hat,
zeigt die nachfolgende Abbildung die kumulierten Abschreibungen seit Mitte 2007.
Abbildung 4: Abschreibungen der Deutschen Bank AG im Überblick
18
Der Großteil der Abschreibungen fand im Jahr 2008 statt, so dass allein im
Hypothekengeschäft mit RMBS, CMBS und Monolinern 5,3 Mrd. € wertberichtigt worden
sind. Im dritten Quartal 2007 waren in diesem Bereich vorher schon Abschreibungen in
Höhe von 1,6 Mrd. € vorgenommen worden. Diese sind auch als Gesamtwert des Jahres
2007 zu klassifizieren, da im vierten Quartal 2007 im CDO- und RMBS-Bereich insgesamt
positive Ergebnisse nach Berücksichtigung von Gewinnen aus Absicherungsgeschäften
erzielt werden konnten.
19
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Deutsche Bank bereits einige Risikopositionen
abbauen konnte und sich die Bestandsminderungen zum einen aus Abschreibungen, aber
auch aus Verkäufen ergeben. Darüber hinaus sind einige Verluste bisher erfolgsneutral
gewesen, die sich jedoch zukünftig noch negativ auswirken werden.
Jedoch ist ersichtlich, dass der Großteil an Problempapieren bereits berücksichtigt ist und
somit die Deutsche Bank AG bestrebt sein könnte ihren Jahresabschluss 2009 von
Verlusten möglichst frei zu halten, mittels Berücksichtigung im Jahre 2008.
17
http://www.deutsche-bank.de/presse/de/content/presse_informationen_2009_4366.htm?month=1
Eigene Darstellung vgl. Quartalsberichte der Deutschen Bank AG.
19
Vgl. Geschäftsbericht 2007, Lagebericht, Segmentergebnisse Konzernbereich CIB, Corporate Banking &
Securities.
18
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
26
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
4
Großbank im Rettungspaket: Commerzbank AG
Am 3. November 2008 wurde von der Commerzbank AG bekannt gegeben, dass sie die
Staatshilfen des im Rahmen der Finanzmarktkrise von der Bundesregierung aufgestellten
Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) in Form einer stillen Einlage in Höhe von
8,2 Mrd. € in Anspruch nehmen werde. Zusätzlich wurde ihr als Option eine Garantie für
Schuldverschreibungen über 15 Mrd. € eingeräumt. 20
Am 8. Januar 2009 wurde von der Commerzbank AG schließlich die Entscheidung
getroffen, weitere zehn Mrd. € Eigenkapital vom Bund anzunehmen. Diese zehn Mrd. €
setzen sich aus einer weiteren stillen Einlage in Höhe von 8,2 Mrd. € sowie aus der
Emission und dem Verkauf von rund 295 Mio. neuen Aktien an den Bund zusammen.
Durch diese Transaktion befinden sich zum jetzigen Zeitpunkt 25% plus eine Aktie des
Commerzbank-Konzerns im Besitz des Bundes. Die stille Einlage von insgesamt 16,4 Mrd.
€ wird mit einem Kupon von 9 % p. a. verzinst. Sollte die Commerzbank ab dem Jahr 2011
eine Dividendenzahlung an ihre Aktionäre leisten, so steigt der Zinssatz für je 4,4 Mio. €
Bardividende um 0,01 %punkte. Auch für die Garantie für Schuldverschreibungen werden
der
Commerzbank
neben
einer
Bereitstellungsgebühr,
je
nach
Laufzeit
und
Inanspruchnahme der Garantien unterschiedliche Zinssätze berechnet. 21
Im Folgenden werden die eingangs erläuterten bankbezogenen Merkmale, die wesentlich
mit den Erscheinungsmerkmalen der Finanzkrise korrespondieren, für den Commerzbank –
Konzern analysiert.
4.1
Geschäftsstruktur
4.1.1 Charakteristische Merkmale der Commerzbank AG
Betrachtet werden in diesem Abschnitt charakteristische Merkmale des CommerzbankKonzerns. In der nachfolgenden Tabelle werden signifikante Aktivpositionen der Bilanz
aufgeführt, die darstellen sollen, in welchen Geschäftsbereichen die Commerzbank AG am
stärksten tätig ist.
20
21
Vgl. Pressemitteilung der Commerzbank AG vom 03. November 2008
Vgl. Pressemitteilung der Commerzbank AG vom 03. November 2008
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
27
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
31.12.2007
Anteil an BS
31.12.2006
Anteil an BS
in Mio €
in %
in Mio €
in %
Kredite an Kunden
282.792
45,87
286.664
47,13
Handelsaktiva
97.559
15,82
85.527
14,06
Finanzanlagen
132.192
21,44
135.291
22,24
Bilanzsumme
616.500
608.278
Tabelle 7: Charakteristische Merkmale der Aktiva des Commerzbank-Konzerns 22
Mit einem Anteil von 45,87% an der Bilanzsumme im Jahr 2007 wird bereits an dieser
Stelle deutlich, dass das Kerngeschäft des Commerzbank – Konzerns aus der Vergabe von
Krediten besteht. Dieser Bereich des so genannten Commercial Bankings stellt somit eine
tragende Säule in der Geschäftsstruktur der Commerzbank dar. Zwei weitere
Aktivpositionen – die Handelsaktiva und die Finanzanlagen – zeigen jedoch mit einem
Anteil von insgesamt 37,26% im Jahr 2007, dass auch der Bereich des Investment
Bankings einen nicht unwesentlichen Teil im Geschäftsmodell der Commerzbank
einnimmt.
31.12.2007
Anteil an BS
31.12.2006
Anteil an BS
in Mio. €
in %
in Mio. €
in %
Verb. ggü. Kunden
159.187
25,28
141.214
23,21
Bilanzsumme
616.500
608.278
Tabelle 8: Verbindlichkeiten gegenüber Kunden der Commerzbank AG 23
Die in der Tabelle dargestellten Verbindlichkeiten gegenüber Kunden setzen sich „aus
Spareinlagen, täglich fälligen Geldern und Termineinlagen einschließlich Sparbriefen
zusammen.“
24
Ein Anteil von 25,28% an der Bilanzsumme in 2007 zeigt, dass die
Commerzbank auch im Einlagengeschäft, welches wiederum zum Bereich des Commercial
Bankings gehört, stark tätig ist.
22
23
24
Eigendarstellung, in Anlehnung an den Geschäftsbericht 2007 der Commerzbank AG: S. 140.
Eigendarstellung, in Anlehnung an den Geschäftsbericht 2007 der Commerzbank AG: S. 190.
Geschäftsbericht 2007 der Commerzbank AG: S. 190.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
28
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
4.1.2
Geschäftsbereiche der Commerzbank AG
Im Laufe des Jahres 2008 wurden in der Struktur des Commerzbank-Konzerns diverse
Änderungen vorgenommen. Zum einen wurden die Aktivitäten in der Region Mittel- und
Osteuropa im Zuge der wachsenden Bedeutung für die Geschäftstätigkeiten der
Commerzbank AG neu geordnet. 25 Bis Ende 2007 organisatorisch dem Segment
„Mittelstandsbank“ zugehörig, wurde der Bereich „Mittel- und Osteuropa“ zu einem
eigenständigen Segment ausgegliedert. Zum anderen wurde aufgrund der Neuorganisation
im Rahmen der Integration der Dresdner Bank das Segment „Public Finance und Treasury“
in das Segment „Corporates & Markets“ integriert. 26 Durch diese Änderungen weist der
Commerzbank-Konzern seit Juli 2008 die in der Abbildung dargestellte Struktur auf.
Segmente
P&GKunden
Mittelstandsbank
Mittel- und
Osteuropa
Corporates &
Markets
Commercial
Real Estate
Asset
Management
Corporate
Banking
BRE Bank
Corporates &
Markets
Commerz
Real AG
Private
Banking
Financial
Institutions
Bank Forum
Public Finance
Euro Hypo
AG
P- & Gkunden
Group
Treasury
Retail Kreditgeschäft
Comdirect
Bank AG
Abbildung 5: Struktur des Commerzbank-Konzerns seit Juli 2008 27
Mit einem Volumen von rund 54 Mrd. € im Bereich Retail Kreditgeschäft zum
Jahresultimo 2007 ist die Commerzbank einer der größten Privatkunden-Finanzierer in
25
Vgl. Zwischenbericht der Commerzbank AG zum 31.03.2008: S. 7.
Vgl. Zwischenbericht der Commerzbank AG zum 30.09.2008: S. 8.
27
Eigendarstellung, in Anlehnung an den Geschäftsbericht 2007 sowie den Zwischenbericht der
Commerzbank AG zum 30.09.2008: S. 8.
26
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
29
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
Deutschland. Dieses Volumen besteht zu 80 % (43 Mrd. €) aus Immobilienfinanzierungen,
was maßgeblich auf den Eurohypo-Teilkonzern zurückzuführen ist. Im Rahmen der
Integration der Eurohypo AG wurde deren Immobilienfinanzierungsgeschäft mit P&GKunden dem Segment Privat- und Geschäftskunden des Commerzbank-Konzerns zugeteilt.
28
Im Bereich Private Banking wurden in 2007 über 25.000 Privatkunden mit einem
Vermögen von rund 28 Mrd. € betreut. 29 Zudem stieg das in der cominvest Asset
Management GmbH verwaltete Vermögen bis Ende 2007 auf über 63 Mrd. €.
30
Die
beschriebenen Bereiche gehören – wie in der Abbildung dargestellt – dem Segment Privatund Geschäftskunden an.
Mit insgesamt ca. 5,5 Mio. Kunden (über 66 % aller Kunden des gesamten Konzerns) zum
31.12.2007 und einem positiven Ergebnisbeitrag in 2007 von rund 16 % am
Gesamtergebnis stellt das Segment Privat- und Geschäftskunden einen wichtigen Aspekt in
der Geschäftsstruktur des Commerzbank – Konzerns dar. Mit Blick auf die Relation
`Kundenzahl – Ergebnisbeitrag` wird jedoch deutlich, dass dieses Segment in Anbetracht
der sehr hohen Kundenzahl zu einem eher geringen Anteil am Gesamtergebnis beiträgt.
in Mio. €
Ergebnis vor
Ergebnis vor
Ergebnis vor
Steuern in 2008
Steuern in 2007
Steuern in 2006
Privat- und Geschäftskunden
551
401
Mittelstandsbank
868
980
Mittel- und Osteuropa
304
272
-122
814
-75
901
-424
447
457
11
480
346
-403
2505
2396
Corporates & Markets (inkl. -1713
Public Finance und Treasury)
Commercial Real Estate
Sonstige und Konsolidierung
Gesamt
Tabelle 9: Ergebnis vor Steuern nach Segmenten
31
28
Vgl. Geschäftsbericht 2007 der Commerzbank AG: S. 54ff.
Vgl. Geschäftsbericht 2007 der Commerzbank AG: S. 57.
30
Vgl. Geschäftsbericht 2007 der Commerzbank AG: S. 60.
31
Eigendarstellung, in Anlehnung an den Geschäftsbericht 2007 sowie vorläufiger Jahresabschluss 2008 der
Commerzbank AG.
29
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
30
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
Hingegen wirkt das Segment Mittelstandsbank mit einem Ergebnisbeitrag von über 39 %
im Jahr 2007 als mit Abstand „größter Werttreiber des Konzerns“.
32
Das Engagement in
diesem Segment wurde in den letzten Jahren kontinuierlich ausgebaut.
Das Segment Mittel- und Osteuropa wird aus den Tochtergesellschaften BRE Bank und
Bank Forum gebildet, die in ihren Regionen sowohl im Retail- als auch im
Firmenkundengeschäft tätig sind.
Im Segment Corporates & Markets (exkl. Public Finance und Treasury) sind die
kundenorientierten Marktaktivitäten sowie die Geschäftsbeziehungen der Commerzbank
zu multinationalen Konzernen zusammengefasst. Im Laufe des Jahres 2007 wurde vom
Konzern die Entscheidung getroffen, die Eigenhandelsaktivitäten stark zu reduzieren und
sich auf ein kundenbezogenes Geschäftskonzept zu konzentrieren, um dem sich
anbahnenden schwierigen Marktumfeld Rechnung zu tragen. 33 Durch die Verschmelzung
der Essen Hyp auf die Eurohypo im Jahr 2007 und der damit verbundenen vollständigen
Integration in den Konzern wurde die Gewichtung der Staatsfinanzierung im
Commerzbank-Konzern wesentlich erhöht. Diese trägt durch die Neuorganisation seit
Mitte 2008 zum Ergebnis des Segments C&M bei.
Auch das Segment Commercial Real Estate wurde vom Kauf der Eurohypo AG stark
beeinflusst. Sie ist mit einem Neugeschäft in Höhe von 36,8 Mrd. € in 2007 für den
Bereich der gewerblichen Immobilienfinanzierungen zuständig. Daneben ist die Commerz
Real AG mit einem verwalteten Vermögen von 44 Mrd. € im Bereich CRE Asset
Management tätig, in dem z.B. offenen Immobilienfonds verwaltet werden.
Der Commerzbank – Konzern weist in seiner Geschäftstruktur eine starke Diversifikation
auf. Als Kerngeschäft sind die Segmente P&G-Kunden und Mittelstandsbank zu nennen.
Sie erzielten auch im von der Finanzkrise geprägten Jahr 2008 gute Ergebnisse. Das
Segment Mittel- und Osteuropa gewinnt kontinuierlich an Bedeutung. Die Segmente C&M
und Commercial Real Estate sorgen letztendlich für eine weitere Streuung der
Geschäftstätigkeiten des Konzerns.
Die Commerzbank AG kann weder als reine Commercial Bank, noch als reine Investment
Bank gesehen werden. Vielmehr stellt ihr Geschäftsmodell eine Mischung dar, in der der
32
33
Geschäftsbericht 2007 der Commerzbank AG: S. 64.
Vgl. Geschäftsbericht 2007 der Commerzbank AG: S. 71.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
31
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
Bereich des Commercial Bankings eine übergeordnete Rolle im Vergleich zum Investment
Banking einnimmt.
4.2
Eigenkapitalausstattung
4.2.1 Entwicklung der Kernkapitalquote
Abbildung 2 stellt die Entwicklung der Kernkapitalquote des Commerzbank-Konzerns seit
dem dritten Quartal 2005 dar. Dieser Zeitpunkt wurde gewählt, da er – ausgenommen vom
starken Anstieg im vierten Quartal 2008 – die letzte signifikante Veränderung der
Kernkapitalquote aufweist.
Entwicklung der Kernkapitalquote
12
10,1
10
in %
8
8,1
6,7
6,4
6,4
6,5
6,7
6,8
6,9
6,6
6,9
7,5
7,4
7,6
6
4
2
0
Q3
Q4
Q1
Q2
Q3
Q4
Q1
Q2
Q3
Q4
Q1
Q2
Q3
Q4
2005 2005 2006 2006 2006 2006 2007 2007 2007 2007 2008 2008 2008 2008
Kernkapitalquote
Abbildung 6: Entwicklung der Kernkapitalquote (inkl. Marktrisikoposition)
34
Die starke Schwankung der Quote vom dritten Quartal 2005 bis zum ersten Quartal 2006
ist durch den Kauf und die Integration der Eurohypo AG zu erklären. Im Zuge dieser
Übernahme fand im November 2005 eine Kapitalerhöhung statt, die ausschlaggebend für
den starken Anstieg der Quote ist. 35 Durch die erstmalige Einbeziehung des EurohypoTeilkonzerns in den Geschäftsabschluss der Commerzbank zum 31.03.2006 und dem damit
verbundenen signifikanten Anstieg der Risikoaktiva (nähere Erläuterungen in Kap. 4.4)
sank die Kernkapitalquote auf 6,4%. Sie erreichte somit in etwa das Niveau vor dem Kauf
34
Eigendarstellung, in Anlehnung an die betroffenen Quartalsberichte und Geschäftsberichte sowie ein
Analystenhandout Q3 2008.
35
Vgl. Geschäftsbericht 2005 der Commerzbank AG: S. 8.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
32
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
der Eurohypo. Die These, dass der Kauf der Eurohypo zu einer nachhaltigen Schwächung
der Kernkapitalquote geführt habe, kann an dieser Stelle also entkräftet werden, da die
vorangegangene Kapitalerhöhung einen nahezu ausreichenden Puffer bot. Die Differenz
von 0,3 Prozentpunkten wurde innerhalb von drei Quartalen wieder vollständig aufgebaut.
Im weiteren Verlauf entwickelte sich die Kernkapitalquote recht stabil mit einer steigenden
Tendenz. Auffällig ist der vergleichsweise starke Anstieg vom dritten Quartal 2007 bis
zum ersten Quartal 2008 um 0,9 Prozentpunkte. In diesem Zeitraum gelang es dem
Konzern durch eine Verringerung der Risikoaktiva, trotz sinkenden Kernkapitals die
Kernkapitalquote zu erhöhen. 36 Diese Tendenz konnte jedoch nicht beibehalten werden.
Auch die im Zuge der Dresdner Bank-Übernahme erfolgte Kapitalerhöhung im dritten
Quartal 2008 führte zu keiner nennenswerten Erhöhung der Kernkapitalquote. Der darauf
folgende exorbitante Anstieg im letzten Quartal ist auf die stille Einlage des Sonderfonds
Finanzmarktstabilisierung in Höhe von 8,2 Mrd. € zurückzuführen.
Eine alleinige Betrachtung der Kernkapitalquote des Commerzbank-Konzerns lässt nicht
darauf schließen, dass es bei der Inanspruchnahme der ersten Staatshilfe in Zusammenhang
mit der Eigenkapitalausstattung um das Überleben der Commerzbank ging. Ohne die stille
Einlage von 8,2 Mrd. € hätte die Kernkapitalquote zum 31.12.2008 ca. 6,4 % betragen. 37 In
Anbetracht des schwierigen Marktumfelds kann man jedoch sagen, dass ein solches
Niveau nicht genügend Sicherheit geboten hätte. Folglich lässt sich an dieser Stelle die
Vermutung aufstellen, dass es sich vielmehr um eine Vorsichtsmaßnahme handelte, die die
Kapitalbasis des Konzerns stärken sollte. Die zweite stille Einlage in Höhe von 8,2 Mrd. €
sowie die Teilverstaatlichung des Commerzbank-Konzerns ist möglicherweise darauf
zurückzuführen, dass die Kernkapitalquote im ersten Quartal 2009 weiterhin unter Druck
geriet und das Niveau von 10,1 % zum 31.12.2008 nicht gehalten werden konnte. Zu dieser
Tatsache dürfte maßgeblich die Übernahme der Dresdner Bank AG geführt haben.
4.2.2
Übernahme der Dresdner Bank
Ende August 2008 gab die Commerzbank AG die Übernahme der Dresdner Bank AG
bekannt. Dies führte zu einer regen öffentlichen Diskussion darüber, ob solch ein Projekt
in einem so schwierigen Marktumfeld zu bewältigen sei.
36
37
Vgl. Geschäftsbericht 2007 und Zwischenberichte 2008 der Commerzbank AG.
Bei einem Kernkapital von 14,3 Mrd. (ohne 8,2 Mrd. Staatshilfe) und Risikoaktiva i. H. v. 221,8 Mrd.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
33
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
Um in den anhaltend turbulenten Finanzmärkten frühzeitig eine uneingeschränkte
Handlungsfähigkeit herzustellen, 38 wurden schließlich am 27. November 2008 die
Komplettübernahme von der zweiten Jahreshälfte 2009 auf Januar 2009 vorgezogen und
die Transaktionsdetails neu verhandelt. Zum einen zahlte die Commerzbank für den
100prozentigen Anteil an der Dresdner Bank 3,25 Mrd. € in bar. Zudem erhielt die Allianz
AG im Rahmen einer Kapitalerhöhung 163,5 Mio. neuen Commerzbank-Aktien gegen
Sacheinlage sowie die „mit 700 Mio. € bewertete cominvest“. 39
Nach einem Verlust von rund 6,3 Mrd. € im Geschäftsjahr 2009 sank die Kernkapitalquote
der Dresdner Bank AG zum 31.12.2008 auf knapp 4 %. 40 Die von der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht vorgeschriebene Untergrenze von 4 % könnte in einem
aktuell sehr nervösen Marktumfeld schnell unterschritten werden. Wäre die Dresdner Bank
ein eigenständiges Kreditinstitut, so wäre sie also aktuell einem noch höheren Risiko
ausgesetzt. Laut eines Artikels der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 27. Februar 2009
soll die Kernkapitalquote des Commerzbank-Konzerns nach der Übernahme der Dresdner
Bank rund 10 % betragen. Darin enthalten seien die Kapitalhilfe des SoFFin, eine stille
Einlage der Allianz SE, die ein Volumen in Höhe von 750 Mio. € umfasst 41 sowie die
Abnahme von verbrieften Wertpapieren durch die Allianz.
Die Tatsache, dass die Kernkapitalquote des Commerzbank-Konzerns ohne die gerade
genannten Hilfen ca. 7 % betragen würde 42 zeigt, dass der Konzern nach der Übernahme
auch ohne Staatshilfen lebensfähig wäre. In Anbetracht des aktuellen schwierigen
Marktumfelds würde eine Quote von 7 % jedoch keinen ausreichenden Risikopuffer
darstellen und den internationalen Standards nicht mehr entsprechen.
Durch die Übernahme der Dresdner Bank AG wurde die Kapitalbasis des CommerzbankKonzerns stark geschwächt. Sieht man die Inanspruchnahme der Staatshilfe und die
Teilverstaatlichung der Commerzbank als Folge einer zu geringen Kernkapitalquote, so ist
eine zwingende Notwendigkeit jedoch zu verneinen. Vielmehr wäre dann die
Inanspruchnahme als Sicherheitsmaßnahme zu sehen, um die Kernkapitalquote des
Konzerns auch nach der Übernahme der Dresdner Bank bei einer weiteren Zuspitzung der
Krise auf einem wettbewerbsfähigen Niveau zu halten.
38
Vgl. Pressemitteilung der Commerzbank AG vom 27. November 2008.
Pressemitteilung der Commerzbank AG vom 27. November 2008.
40
Vgl. http://www.ftd.de/unternehmen/finanzdienstleister/:Nach-6-3-Milliarden-Verlust-Blessing-verteidigtDresdner-Kauf/479717.html.
41
Vgl. Pressemitteilung der Commerzbank AG vom 08.01.2009.
42
Vgl. http://www.faz.net/d/invest/meldung.aspx?id=98411577.
39
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
34
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
4.3
Liquidität
4.3.1 Liquiditätsmanagement in der Commerzbank AG
Im Rahmen der Liquiditätssteuerung und des Liquiditätsrisikomanagements baut die
Commerzbank auf zwei interne Modelle. Zum einen ist dies das so genannte Available Net
Liquidity Concept, welches „die Ermittlung des zukünftigen Refinanzierungsbedarfs auf
Basis der in der Zukunft kumulierten verfügbaren Liquidität“
43
ermöglicht. Zum anderen
dient das so genannte Stable Funding Concept zur Ermittlung des strukturellen
Liquiditätsbedarfs für das Kerngeschäft der Bank. Zudem werden in diesem Konzept die
nicht innerhalb eines Jahres liquidierbaren Aktivpositionen den Passivmitteln, die der Bank
noch länger als ein Jahr zur Verfügung stehen, gegenübergestellt. Als Basis dienen hierbei
die Liquiditätsanforderungen des so genannten Grundsatzes II, seit Januar 2008 der
Standardansatz der Liquiditätsverordnung. 44
in 2007
Liquiditätskennziffer im CB – Konzern
1,1 – 1,25
in 2008
1,06 – 1,21
(nach Grundsatz II / Liquiditätsverordnung)
Tabelle 10: Liquiditätskennziffern in den Jahren 2007, 2008 45
Tabelle 10 verdeutlicht, dass sich die Liquiditätskennziffer im Commerzbank – Konzern in
den Geschäftsjahren 2007 und 2008 stets über der vom Grundsatz II / Standardansatz der
Liquiditätsverordnung geforderten Kennziffer von 1,0 bewegte. 46 Diese Kennziffer ergibt
sich aus dem Verhältnis vom Volumen der verfügbaren Zahlungsmittel zum Volumen der
abrufbaren Zahlungsverpflichtungen. Der Zielkorridor für die Liquiditätskennziffer der
Commerzbank AG liegt nach eigenen Angaben zwischen 1,08 und 1,15. 47 Eine negative
Abweichung aus diesem Zielkorridor von 0,2 als Ursache einer Inanspruchnahme von
Staatshilfen zu klassifizieren, wäre an dieser Stelle allerdings verfrüht und spekulativ.
Einer solchen Annahme steht zudem ein im Rahmen verschiedener Stressszenarien
entwickelter Notfallplan des Konzerns entgegen, durch den bei Eintreten eines Stressfalles
43
Geschäftsbericht 2006 der Commerzbank AG: S. 90.
Vgl. Geschäftsbericht 2007 der Commerzbank AG: S. 95.
45
Eigendarstellung, in Anlehnung an die Geschäfts- und Zwischenberichte 2007, 2008 der Commerzbank
AG.
46
Vgl. Geschäftsbericht 2007 der Commerzbank AG: S. 82.
47
Vgl. Zwischenbericht zum 31.03.2008 der Commerzbank AG: S. 10.
44
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
35
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
ein schnell umsetzbarer Aktivabbau einsetzen soll. 48 Ob jedoch ein schneller Abbau von
Aktivpositionen in einem von der Finanzkrise geprägten Marktumfeld als umsetzbar gelten
kann, lässt Platz für Kritik.
4.3.2
Im
Liquiditätsdisposition
Laufe
des
Jahres
2008
passte
die
Commerzbank
ihre
geplanten
Finanzierungsmaßnahmen mehrfach an. So wurde der Refinanzierungsplan von ca. 25
Mrd. € zum 30.06.2008 für den gesamten Konzern in mehreren Schritten auf einen Bedarf
von 17 Mrd. € zum 31.12.2008 reduziert. Grund für diese Anpassung waren der starke
Anstieg der Kundeneinlagen (siehe folgende Abbildung) sowie die Reduzierung in der
Neugeschäftsplanung im Bereich der Staatsfinanzierung. 49
Anstieg bei Einlagen
120
in Mrd. €
100
80
72,6
78,4
81,1
Q3 2007
Q4 2007
87,1
88,6
Q1 2008
Q2 2008
96,9
101,1
Q3 2008
Q4 2008
60
40
20
0
Q2 2007
Einlagen in Mrd. €
Abbildung 7: Entwicklung der Einlagen des Commerzbank-Konzerns
50
Bis zum Ende des zweiten Quartals war der Commerzbank-Konzern nach eigener Aussage
dank
der
aufgrund
seiner
Geschäftsstruktur
vergleichsweise
vielfältigen
Refinanzierungsmöglichkeiten vom unsicheren Marktumfeld kaum betroffen. 51 Durch das
48
Vgl. Zwischenbericht zum 30.06.2008 der Commerzbank AG: S. 18f.
Vgl. Zwischenbericht zum 30.06.2008 der Commerzbank AG: S. 10, Zwischenbericht zum 30.09.2008 der
Commerzbank AG: S. 11, Telefonkonferenz vom 18.02.09: S. 14.
50
Eigendarstellung, in Anlehnung an das Analysten Handout zum 3. Quartal 2008.
51
Vgl. Zwischenbericht zum 30.06.2008 der Commerzbank AG: S. 10.
49
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
36
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
Zuspitzen der Krise im dritten Quartal und die daraus resultierenden Schwierigkeiten,
Neuemissionen von Pfandbriefen und unbesicherten Anleihen am Kapitalmarkt zu
platzieren, könnte es in Anbetracht der Tatsache, dass rund zwei Drittel des Kapitalbedarfs
des Konzerns durch Covered Bonds gedeckt werden sollten, 52 in den folgenden Quartalen
2008 zu einem Liquiditätsengpass gekommen sein. Dieser Vermutung stehen jedoch die
Liquiditätskennziffern
entgegen,
die
keinen
nachhaltigen
Beweis
eines
akuten
Liquiditätsproblems bieten. Der stetige Anstieg von Kundeneinlagen und die Einleitung
des bereits beschriebenen Notfallplans in Form eines Aktivabbaus, die ein weiteres Indiz
für einen Liquiditätsengpass darstellt, kompensierten zudem den Wegfall der
Refinanzierungsmöglichkeit am Interbankenmarkt. 53
4.3.3
Beteiligung Dresdner Bank
Im Rahmen der Kapitalerhöhung zur Teilfinanzierung der Übernahme der Dresdner Bank
AG platzierte die Commerzbank AG am 08.09.2008 65,4 Mio. neue Aktien. Mit einem
Platzierungspreis von 17,00 € pro Aktie erzielte sie damit einen Erlös von rund 1,1 Mrd. €.
54
Die anfangs einzige geplante Barkomponente der Übernahme in Höhe von 1,565 Mrd. €
wurde somit zu ca. 70 % durch die Kapitalerhöhung finanziert. Eine nach der alten
Planung durchgeführte Übernahme hätte so zu einem Nettoabfluss an liquiden Mitteln in
Höhe von 465 Mio. € geführt. Durch das Vorziehen der Komplettübernahme der Dresdner
Bank AG zum Januar 2009 und den damit verbundenen neuen Transaktionsdetails entstand
jedoch eine zusätzliche Barkomponente in Höhe von 1,65 Mrd. €. 55 Mit Blick auf das
unsichere Marktumfeld und den erschwerten Refinanzierungsbedingungen über den
Interbankenmarkt erscheint ein Abfluss liquider Mittel in Höhe von ca. 2,1 Mrd. € neben
dem durch die Kapitalerhöhung finanzierten Anteil von 1,1 Mrd. € als erheblicher
Risikofaktor, der unter Umständen zu einem Liquiditätsengpass geführt haben könnte.
52
Vgl. Zwischenbericht zum 30.06.2008 der Commerzbank AG: S.10.
Vgl. Zwischenbericht zum 30.09.2008 der Commerzbank AG: S.23.
54
Pressemitteilung vom 8. September 2008 der Commerzbank AG.
55
Pressemitteilung vom 27. November 2008 der Commerzbank AG.
53
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
37
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
4.4
Risikoaktiva
4.4.1 Risikoaktiva im Zeitverlauf
Abbildung 4 zeigt den Verlauf der risikotragenden Aktiva des Commerzbank-Konzerns.
Auffällig ist an dieser Stelle der signifikante Anstieg vom vierten Quartal 2005 zum ersten
Quartal 2006 um rund 81,2 Mrd. €. Im Verlauf des Geschäftsjahres 2005 ergaben sich
keine wesentlichen Veränderungen der risikotragenden Aktiva, weshalb auf eine Analyse
dieses Zeitraums verzichtet wird. Grund für den starken Anstieg von 2005 auf 2006 war
der bereits erläuterte erstmalige Einbezug des Eurohypo-Teilkonzerns in den
Konzernabschluss der Commerzbank zum 31.03.2006. 56 Dies hatte eine Zunahme der
Forderungen an Kunden um 92,5 % sowie einen Anstieg des Beteiligungs- und
Wertpapierbestandes um 57,9 % zur Folge. 57
Risikotragende Aktiva
300
in Mrd. Euro
250
200
150
100
50
0
Q4
Q1
Q2
2005 2006 2006
Q3
Q4
Q1
2006 2006 2007
Q2
Q3
Q4
2007 2007 2007
Q1
Q2
Q3
2008 2008 2008
Risikotragende Aktia
Abbildung 8: Risikotragende Aktiva des Commerzbank-Konzerns im Zeitverlauf
58
Die vom dritten Quartal 2007 bis zum ersten Quartal 2008 sinkende Tendenz ist auf die
Absicht des Konzerns zurückzuführen, im Rahmen von Anzeichen einer Finanzkrise
risikobelastete Bilanzpositionen kontinuierlich abzubauen.59 Der darauf folgende leichte
Anstieg ist durch mehrere Entwicklungen zu erklären: Zum einen wurde der Abbau durch
56
Vgl. Geschäftsbericht 2006 der Commerzbank AG: S. 128.
Vgl. Zwischenbericht zum 31.03.2006 der Commerzbank AG: S. 8.
58
Eigendarstellung, in Anlehnung an alle Zwischenberichte ab Q4 2005.
59
Zwischenberichte Q1,Q2,Q3 2008: jeweils S. 3 + Q1: S. 7.
57
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
38
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
die erhöhte Illiquidität verschiedener Risikopositionen am Sekundärmarkt erschwert.60
Zum anderen führten sowohl die zunehmend schlechtere Bonität der Kreditnehmer als
auch die Tatsache, dass verschiedene Positionen im Laufe der Finanzkrise teilweise
mehrmals in ihrem Rating herabgestuft wurden und somit ein erhöhtes Risiko aufwiesen,
zu einer Zunahme der risikotragenden Aktiva. In dem in Abbildung 4 dargestellten
Zeitraum stieg der prozentuale Anteil der Risikoaktiva an der Bilanzsumme von 33,65 %
per 31.12.2005 auf 38,47 % zum 30.09.2008. Es ist also zu erkennen, dass es dem Konzern
nicht gelang, die Bilanz im Verlauf der Krise durch den Abbau risikotragender Aktiva
nachhaltig zu entlasten. Auffällig ist an dieser Stelle, dass die Neubewertungsrücklage des
Commerzbank-Konzerns innerhalb des Jahres 2008 von 900 Mio. € auf -2200 Mio. € sank.
Die GuV des Konzerns wurde trotz eines starken Wertverfalls um ca. 3,1 Mrd. € entlastet.
4.4.2
Volumen außerbilanzieller Zweckgesellschaften
In den Geschäftsberichten des Commerzbank-Konzerns gibt es keine Ausführungen zu den
Volumina außerbilanzieller Zweckgesellschaften, so dass eine Analyse nicht möglich ist.
4.4.3
ABS-Bestand
Laut Geschäftsbericht 2006 plante der Commerzbank-Konzern, mit einer verstärkten
Nutzung des „aktiven Kredithandels sowie des Sekundärmarkts […] die Vorteile einer
größeren Diversifikation gezielt zu nutzen“. 61 Die Risiken von Asset Backed Securities,
die durch diese Planung an Bedeutung gewannen, wurden zu diesem Zeitpunkt also noch
nicht erkannt und weitere Positionen im Geschäftsjahr 2007 aufgebaut.
in Mrd. €
31.12.2007
Q1 2008
Q2 2008
Q3 2008
ABS-Bestand (inkl. Subprime;
14,2
13,4
13,2
13,8
1,4
1,4
1,3
1,4
zu Marktwerten)
Subprime-Bestand (zu
Nominalwerten)
Tabelle 11: Entwicklung des ABS-Bestandes der Commerzbank 62
60
Vgl. Zwischenbericht zum 30.09.2008 der Commerzbank AG: S. 27.
Geschäftsbericht 2006 der Commerzbank AG: S. 96.
62
Eigendarstellung, in Anlehnung an den Geschäftsbericht 2007 sowie sämtliche Zwischenberichte 2008 der
Commerzbank AG.
61
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
39
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
Der starke Rückgang des ABS – Bestandes (inkl. Subprime) von 14,2 Mrd. € auf 13,4 Mrd.
€ resultierte lediglich zu 244 Mio. € aus Abschreibungen und zu 34 Mio. € aus der
Zuführung zur Risikovorsorge. 63 Bei einer Neubewertungsrücklage von ca. 300 Mio. €
64
bedeutet dies, dass der restliche Anteil von rund 222 Mio. € im ersten Quartal vom
Commerzbank-Konzern über den Sekundärmarkt abgebaut werden konnte. Ein weiterer
Abbau war auf Grund der immer schwierigeren Marktverhältnisse nicht möglich, so dass
der Rückgang um 200 Mio. € vom ersten zum zweiten Quartal 2008 ausschließlich auf
Abschreibungen und Zuführungen zur Risikovorsorge zurückzuführen ist. Der darauf
folgende Anstieg des Volumens im dritten Quartal ist ausschließlich durch den Anstieg des
US-Dollars verursacht. Ansonsten hätte sich ein Rückgang um ca. 200 Mio. € ergeben. 65
4.4.4 Abschreibungen
Abschreibungen auf Subprime - Bestände
1200
1000
in Mio. Euro
800
600
154
Q3 2008
134
Q2 2008
109
Q1 2008
Q4 2007
248
400
Q3 2007
Q2 2007
200
291
0
44
Abbildung 9: Abschreibungen der Commerzbank auf Subprime-Bestände 66
63
Vgl. Zwischenbericht zum 30.09.2008: S. 23.
Errechnet aus Q2 2008: S. 20 und Tabelle aus Q3 2008: S. 23.
65
Vgl. Zwischenbericht zum 30.09.2008 der Commerzbank AG: S. 23.
66
Eigendarstellung, in Anlehnung an den Geschäftsbericht 2007 sowie sämtliche Zwischenberichte ab Q3
2007 der Commerzbank AG.
64
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
40
Die Abbildung verdeutlicht, dass per 30.09.2008 bereits ein Großteil (980 Mio. €; ca. 70
%) des Subprime-Bestandes abgeschrieben wurden. Das verbleibende Volumen in Höhe
von 420 Mio. € stellt ein vergleichsweise geringes Risiko für den Konzern dar, da es
lediglich 3 % des gesamten ABS-Bestandes ausmacht.
Ein wesentlich höheres Risiko geht von dem ABS – Bestand in Höhe von rund 13,4 Mrd. €
aus, der zum 30.09.2008 nicht dem Subprime – Bereich zugeordnet ist. In diesem Bestand
könnte es im Zuge einer nahezu weltweiten Rezession und dadurch bedingten Ausfällen in
den folgenden Quartalen zu erheblichen Ertragsbelastungen für den Konzern gekommen
sein.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
41
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
5
Vergleichende Analyse der kritischen Erfolgsfaktoren
Die bisherige Untersuchung beschränkte sich auf die isolierte Betrachtung der beiden
Kreditinstitute. Dabei ist deutlich geworden, in welcher Ausprägung die gewählten
kritischen Erfolgsfaktoren auf beiden Seiten vorliegen.
Nun sollten sich aufgrund der Tatsache, dass die Deutsche Bank bis zum jetzigen
Zeitpunkt keine staatliche Unterstützung in Anspruch genommen hat, die Commerzbank
hingegen schon, durch einen direkten Vergleich beider Banken die Gründe dafür ableiten
lassen. Dementsprechend werden die vorangehenden Ergebnisse zusammengeführt, und es
wird versucht, die jeweilige Bedeutung der einzelnen Faktoren für die aktuelle Situation
der Banken zu bestimmen. Darauf aufbauend können dann die eingangs aufgestellten
Hypothesen überprüft und mit Hinblick auf die Stabilität in systemischen Krisen angepasst
werden.
5.1
Geschäftsstruktur
Als erster Vergleichspunkt dient die strukturelle Aufstellung der Geschäftsfelder bei
beiden Banken, die sich anhand der organisatorischen Einteilung in Konzernbereiche, der
Zusammensetzung
der
Bilanzen
und
der
Ergebnisbeiträge
der
einzelnen
Geschäftssegmente erkennen lässt.
Die Deutsche Bank agiert schwerpunktmäßig im Investment Banking und erzielte bis 2007
mit ca. 75 % ihrer Aktiva in diesem Bereich rund 60-70 % ihres Ergebnisses vor Steuern.
Aufgrund der seit 2008 stark gesunkenen Erträge aus der Investment Banking-Sparte und
den damit verbundenen Verlusten im Segmentergebnis werden die übrigen Ergebnisse des
Privat- und Firmenkundengeschäfts aufgezehrt. 67
Im Gegensatz dazu weist die Commerzbank eine größere Diversifikation in ihrer
Geschäftsstruktur auf, unter denen das Investment Banking mit einem Aktiva-Anteil von
30-40 % und einem ungefähr gleich hohen durchschnittlichen Ergebnisbeitrag in den
Jahren bis 2007 eine weniger dominante Rolle spielt. 68
Trotzdem zeigen sich sowohl bei der Deutschen Bank als auch bei der Commerzbank
erhebliche negative Einflüsse der Finanzkrise auf das Konzernergebnis im Jahr 2008.
67
68
Vgl. in Kapitel 3.
Vgl. in Kapitel 4.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
42
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
Durch die diversifizierte Verteilung der Ergebnisbeiträge bei der Commerzbank wäre
jedoch zu erwarten gewesen, dass sich hier größere Kompensationsmöglichkeiten für die
entstandenen Ausfälle des Segments „Corporates & Markets“ im Vergleich zur Deutschen
Bank ergeben würden. An dieser Stelle ist jedoch ausschlaggebend, dass die
Commerzbank
zusätzlich
noch
in
den
aktuell
verlustreichen
Geschäftsfeldern
Staatsfinanzierung und Hypothekenbankgeschäft engagiert ist. Daraus ergaben sich weitere
negative Ergebnisbeiträge, u. a. im Segment Commercial Real Estate 69, die gerade noch
durch das Privat- und Firmenkunden kompensiert werden konnten und so zu einem
Konzernüberschuss von 3 Mio. € im Gesamtjahr 2008 führten. Im Gegensatz dazu schloss
die Deutsche Bank trotz positive Ergebnisse in den Segmenten Corporate Investments und
Private Clients and Asset Management das Geschäftsjahr 2008 mit einem Verlust von 3,9
Mrd. € ab.
Schlussfolgernd bedeutet dies, dass eine Diversifikation der Geschäftsstruktur, im
Gegensatz zur Fokussierung auf das Investment Banking, zu einer Stabilisierung der
Konzernergebnisse des Kreditinstituts beiträgt.
Jedoch muss die in diesem Zusammenhang aufgestellte Hypothese, dass die
schwerpunktmäßige Ausrichtung auf das Investment Banking zur Krisenanfälligkeit eines
Kreditinstitutes führt, differenzierter betrachtet werden.
Wie sich am Beispiel der untersuchten Banken zeigt, ist es entscheidend, in welchem
Ausmaß ein Kreditinstitut im Investment Banking involviert ist und ob es ausreichend
alternative Geschäftsfelder besitzt, die den segmentspezifischen Ergebniseinbruch
kompensieren können. Dies könnte einer der Gründe für die problematische Situation
reiner Investmentbanken sein, wozu an dieser Stelle nicht die Deutsche Bank gezählt wird.
Zusätzlich muss in weiterer Hinsicht eingeschränkt werden, dass die entstehenden Verluste
des
Investment
Bankings,
selbst
bei
mangelnder Unterstützung
durch
andere
Geschäftsbereiche, nicht direkt zum Untergang des Kreditinstituts führen. Denn primär
wird die Eigenkapitalausstattung beeinflusst, die vor allem bankenaufsichtsrechtlichen
Vorgaben genügen muss.
Letztlich kann die Hypothese dahingehend widerlegt werden, dass eine Fokussierung auf
das Investment Banking im Kontext einer ausgleichenden Geschäftsstruktur nicht zum
69 Vgl. Kapitel 4.1.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
43
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
Untergang eines Kreditinstitutes führt. Inwiefern dies bei reinen Investmentbanken ohne
weitere Geschäftsfelder entscheidend ist, lässt sich im Rahmen dieser Arbeit nicht prüfen.
5.2
Eigenkapital
Aufgrund der bankenaufsichtsrechtlichen Vorgaben konzentriert sich die Analyse der
Eigenkapitalsituation beider Kreditinstitute auf die jeweiligen Kernkapitalquoten (Tier I),
die in der folgenden Abbildung dargestellt sind.
%
12,0
10,3
8,5
8,7
8,4
8,8
8,6
6,7
6,9
6,9
6,6
6,9
4Q2006
1Q2007
2Q2007
3Q2007
4Q2007
10,0
9,2
9,3
7,5
7,4
7,6
1Q2008
2Q2008
3Q2008
10,1
8,0
6,0
4,0
2,0
0,0
Commerzbank AG
4Q2008
Deutsche Bank AG
Abbildung 10: Verlauf der Kernkapitalquoten von Commerzbank und Deutscher Bank
Es zeigt sich deutlich, dass die Kernkapitalquote der Commerzbank jeweils auf einem
niedrigeren Niveau als bei der Deutschen Bank lag. Im Zuge stetiger Zunahmen gelang es
jedoch beiden Banken im vierten Quartal 2008 eine Kernkapitalquote von jeweils 10,1%
zu erreichen. Beide Kreditinstitute profitierten vom positiven Einfluss der Umstellung von
Basel I auf Basel II Anfang 2008 und konnten durch eine Kapitalerhöhung im dritten
Quartal 2008 zusätzliche Eigenmittel generieren, wobei die Deutsche Bank 2,2 Mrd. € und
die Commerzbank 1,1 Mrd. € erzielten. Die Commerzbank konnte dagegen nur aufgrund
der stillen Staatsbeteiligung Ende 2008 in Höhe von 8,2 Mrd. € die bis dahin anhaltende
Differenz zur Deutschen Bank ausgleichen und so eine Kernkapitalquote von 10,1%
erlangen.
Die in der Vergangenheit dauerhaft höhere Kernkapitalquote der Deutschen Bank ist zum
Großteil auf die Höhe ihrer Risikoaktiva zurückzuführen. In Relation zur Bilanzsumme
von rund 2.000 Mrd. € stellen die Risikoaktiva einen Anteil von ungefähr 15 % dar. Bei
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
44
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
der Commerzbank jedoch bilden die Risikoaktiva ungefähr 35 % der Bilanzsumme von
rund 600 Mrd. €. Trotz der höheren Kernkapitalquote der Deutschen Bank ist auch die
relative Höhe ihres Kernkapitals vergleichsweise niedrig. Sie bewegt sich zwischen 1,3 %
und 1,6 % im Vergleich zur Bilanzsumme, wohingegen sich bei der Commerzbank die
Relation von Kernkapital zur Bilanzsumme im Bereich von 2,3 % bis 2,6 % befindet.
Daraus folgt, dass die Deutsche Bank relativ gesehen weniger Risikoaktiva zu tragen hat
und dafür auch verhältnismäßig weniger Kernkapital aufbringen muss. Bei der Ermittlung
der Risikoaktiva werden die risikotragenden Bilanzpositionen und auch außerbilanziellen
Posten des Kreditinstitutes entsprechend ihrem Risikogehalt angerechnet. Folglich scheint
die Commerzbank risikohaltigere aktivische Vermögenswerte zu besitzen bzw. diese in
geringerem Ausmaß als die Deutsche Bank durch Absicherungen auszugleichen. Daher
erzielte sie mit ihrem prozentual zur Bilanzsumme eigentlich höheren Kernkapital
trotzdem eine niedrigere Kernkapitalquote.
Bei der Betrachtung des Zeitraums vor der Inanspruchnahme der staatlichen Mittel durch
die Commerzbank weist diese im dritten Quartal 2008 eine Kernkapitalquote von 7,6 % im
Vergleich zu 10,3 % bei der Deutschen Bank auf. Somit kann an dieser Stelle die anfangs
aufgestellte Hypothese, dass eine höhere Kernkapitalquote die Notwendigkeit staatlicher
Hilfe senkt, überprüft werden.
Aufgrund der bankenaufsichtsrechtlichen Vorgaben für eine Unterlegung der Risikoaktiva
mit einer angemessenen Höhe an haftendem Eigenkapital sind die Banken zu einer
Unterlegung durch mindestens 4 % Kernkapital verpflichtet. Je niedriger die tatsächliche
Kernkapitalquote ist, desto größer ist die Gefahr diese Marke zu unterschreiten. Dies kann
beispielsweise durch eine Erhöhung der Risikobewertung in den Risikoaktiva eintreten
oder durch starke Verluste, die das Kernkapital verringern können. Die Commerzbank
konnte durch die in Anspruch genommene Staatsbeteiligung eine Steigerung ihrer
Kernkapitalquote erreichen und damit einen gewissen Sicherheitspuffer zur 4%-Marke
schaffen. Wie bereits dargestellt, scheint dies in Zusammenhang mit der Übernahme der
Dresdner Bank eher eine Vorsichtsmaßnahme gewesen zu sein, um im aktuellen
Marktumfeld wettbewerbsfähig zu bleiben. Andersherum hätte eine wesentlich höhere
Kernkapitalquote in derselben Situation womöglich nicht zu diesem Schritt geführt.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
45
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
Daher lässt sich bestätigen, dass eine Kernkapitalquote in angemessener Höhe die
Notwendigkeit
staatlicher
Unterstützung
verringert,
da
die
Hauptwirkung
der
Staatsbeteiligung eine Verbesserung der Eigenkapitalsituation beabsichtigt. Inwiefern die
angemessene Höhe als kritischer Erfolgsfaktor zu quantifizieren wäre, bleibt weiterhin
offen. Denn ob die nun erreichten Kernkapitalquoten beider Banken von 10,1 % für die
weitere Wirtschaftsentwicklung ausreichen, wird sich erst in Zukunft zeigen.
5.3
Liquidität
Im Folgenden soll nun die Liquiditätssituation beider Banken verglichen werden. Da
jedoch der vorhandene Datenbestand zu diesem Thema nicht übereinstimmt, wird der
Schwerpunkt auf die Bilanzpositionen als Bestandsgrößen und die jeweiligen
Veränderungen laut Kapitalflussrechnung gelegt.
Als erstes zeigt die unten stehende Tabelle die Höhe der zahlungswirksamen Cash Flows
aus den einzelnen Aktivitäten im Jahresvergleich (in Mio. €)..
Deutsche Bank
Cash Flow aus operativer Geschäftstätigkeit
Cash Flow aus Investitionstätigkeit
Cash Flow aus Finanzierungstätigkeit
Veränderungen des Zahlungsmittelbestands
30.09.2008
31.12.2007
31.12.2006
14.634
- 2.612
3.166
15.188
16.790
- 4.388
- 3.369
9.033
11.164
- 3.470
- 3.252
4.442
Commerzbank
Cash Flow aus operativer Geschäftstätigkeit
Cash Flow aus Investitionstätigkeit
Cash Flow aus Finanzierungstätigkeit
Veränderungen des Zahlungsmittelbestands
30.09.2008
31.12.2007
31.12.2006
31.12.2005
- 11.769
9.805
1.019
- 945
- 2.674
2.681
- 811
- 810
36.641
- 45.632
6.333
- 2.661
16.767
-13.545
481
3740
Tabelle 12: Kapitalflussrechnung Deutsche Bank und Commerzbank im Vergleich 70
Die Deutsche Bank weist eine stabile Entwicklung ihrer Cash Flows jeweils zum
Vorjahresniveau auf. Dabei spiegeln sich zum 30.09.08 einerseits die Kapitalerhöhung von
2,2 Mrd. € und andererseits die Emission von zusätzlichem Hybridkapital in Höhe von
70
Vgl. Kapitel 3.2 und 4.2.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
46
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
insgesamt 3,4 Mrd. € im Cash Flow aus Finanzierungstätigkeit wider, der so zu einer
positiven Erhöhung der Liquidität führte.
Für die Commerzbank lässt sich feststellen, dass die Entwicklung aller Cash Flows
ziemlich unregelmäßig verlief. Das Jahr 2006 war von der Konsolidierung der Eurohypo
geprägt und weist daher außergewöhnlich hohe Veränderungen der Bilanzpositionen auf,
die sich in den jeweiligen Cash Flow Positionen niederschlagen. Auffällig ist jedoch, dass
der Cash Flow aus operativer Geschäftstätigkeit in den darauf folgenden Jahren immer
negativer geworden ist, größtenteils bedingt durch eine stetige Verringerung der
verbrieften Verbindlichkeiten. Dieser Cash Drain setzt sich bis in die Veränderungen des
Zahlungsmittelbestandes fort, obwohl teilweise die Cash Flows aus Investitions- und
Finanzierungstätigkeit durch geringere Auszahlungen für den Erwerb von Finanzanlagen
und über eine Kapitalerhöhung von 1,1 Mrd. € eine gegenläufige Wirkung hatten. Jedoch
spiegelt sich hier nicht wirklich ein Liquiditätsengpass wider, was auch durch die
Liquiditätskennzahlen oberhalb von 1,0 bestätigt wird. Der Zahlungsmittelbestand nimmt
zwar leicht ab, weist aber immer noch einen positiven Wert in Höhe von über 5 Mrd. €
zum 30.09.2008 auf.
Des weiteren soll auch die Aufstellung beider Banken im Bereich der Refinanzierung
betrachtet werden. Die Deutsche Bank hatte zum 31.12.2007 21 % ihrer Bilanzsumme über
Einlagen finanziert, 7 % über vorrangige und nachrangige Schuldverschreibungen und
ungefähr 5 % durch kurzfristige Interbankenrefinanzierung. Darüber hinaus stellen
beispielsweise Verbindlichkeiten
aus
übertragenen
Zentralbankeinlagen
und
aus
Wertpapierpensionsgeschäften einen Anteil von rund 14 % dar. Zum selben Zeitpunkt
tragen bei der Commerzbank Kundeneinlagen zu 29 % bei, Schuldverschreibungen bzw.
eigene Emissionen inklusive Nachrangkapital zu 30 % und Verbindlichkeiten gegenüber
Kreditinstituten zu rund 20 %. Unter den letzten beiden Punkten befinden sich in Relation
zur Bilanzsumme insgesamt rund 26 % an kurzfristigen Refinanzierungen, davon bei den
Schuldverschreibungen 9 % mit Restlaufzeiten unter einem Jahr und bei den
Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten 6 % täglich fällige Positionen sowie weitere
11 % mit Restlaufzeiten von unter einem Jahr.
Der Vergleich zeigt, dass beide Banken eine diversifizierte Struktur ihrer Refinanzierung
aufweisen. Jedoch ist die Commerzbank in größerem Maße von kurzfristigen
Finanzierungen über den Interbankenmarkt abhängig und bezieht zusätzlich einen relativ
großen Teil durch emittierte Papiere am Kapitalmarkt. Daher wäre es möglich, dass sie in
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
47
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
stärkerem Maße von den Vertrauensproblemen am Geld- und Kapitalmarkt beeinflusst
wurde als die Deutsche Bank.
Die aufgestellte Hypothese, dass eine Fokussierung der Refinanzierungsstrategie eines
Kreditinstitutes auf den Geldmarkt zur Inanspruchnahme staatlicher Mittel führt, kann
nicht vollständig widerlegt werden. Schlimmstenfalls würde durch eine vollkommene
Fokussierung bzw. Abhängigkeit vom Interbankenmarkt und den damit verbundenen
Refinanzierungsschwierigkeiten
im
Verlauf
der
Finanzkrise
ein
enormer
Liquiditätsengpass entstehen, der evtl. nur durch die staatliche Unterstützung behoben
werden könnte. Dieses Szenario trifft jedoch nicht auf die Commerzbank zu, da die
Refinanzierungsstruktur trotz eines großen Anteils an geld- und kapitalmarktnaher
Finanzierung eine Diversifikation im Rahmen von Kundeneinlagen aufweist. Zudem
zeigen die Liquiditätskennzahlen keine problematische Situation in diesem Bereich.
5.4
Risikoaktiva
Der letzte zu untersuchende Punkt waren die Risikoaktiva der beiden Kreditinstitute, aus
denen die folgende Tabelle eine selektive Übersicht der Positionen im Kredithandel zeigt.
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die genannten Bestände nur einen Teil des
Gesamtportfolios darstellen, da z.B. bei der Commerzbank von insgesamt 13,8 Mrd. €
ABS-Strukturen knapp die Hälfte durch Staatsgarantien gesichert sind. Bei der Deutschen
Bank lag keine vergleichbare Aussage zur Gesamthöhe ihres ABS-Portfolios vor.
in Mio. €
Subprime-/ Alt-A CDO
Subprime-/Alt-A RMBS
CMBS
Deutsche Bank
Bestand
kumulierte
30.09.08
Abschreibungen
(2Q2007-3Q2008)
1.563
2.657
3.947
11.386
1.290
Commerzbank
Bestand
kumulierte
30.09.08
Abschreibungen
(2Q2007-3Q2008)
34
368
239
498
1.740
0
5.852
837
n.a.
Monoliner
11.882
3.226
3.300
Leveraged Finance
Tabelle 13: Bestände und kumulierte Abschreibungen ausgewählter Risikoaktiva
(Commerzbank zu Marktwerten, Deutsche Bank zu Bruttorisikopositionen)
0
0
Es zeigt sich, dass bei beiden Banken der Anteil der aufgeführten Positionen in Relation
zur Bilanzsumme mit ungefähr 2 % vergleichbar ist. Der Großteil des Bestandes der
Deutschen Bank befindet sich in Commercial Mortgage Backed Securities (CMBS), also
ABS-Strukturen mit gewerblicher Hypothekendeckung, und im Leveraged Finance
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
48
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
Bereich
bzw.
in
Krediten
für
Unternehmensübernahmen.
Trotz
des
direkten
Zusammenhangs der ABS-Produkte im oberen Teil der Tabelle zur Finanzkrise war die
Belastung durch Abschreibungen im Leveraged Finance Bereich noch größer. Bei der
Commerzbank ist die Schwerpunktverteilung der Bestände ähnlich, jedoch sind im Jahr
2008 keine Abschreibungen für CMBS und auch Leveraged Finance Kredite nötig
gewesen.
Um die Bedeutung des Wertpapierbestands für die Situation beider Banken einschätzen zu
können, sind vor allem die Auswirkungen auf die Konzernergebnisse relevant. Die
Gesamtbelastungen der Deutschen Bank von Mitte 2007 bis zum dritten Quartal 2008 sind
von erfolgswirksamen Marktwertberichtigungen in Höhe von 8,5 Mrd. € geprägt, welche
fast ausschließlich auf die in der obigen Tabelle genannten Positionen zurückzuführen
sind. Darüber hinaus wurde die Risikovorsorge im Segment Corporate and Investment
Bank um 1,4 Mrd. € erhöht, und im dritten Quartal 2008 wurden Handelsverluste von rund
1,3 Mrd. € realisiert. Weitere Wertanpassungen von insgesamt 6,5 Mrd. € seit dem zweiten
Quartal 2007 wurden direkt im Eigenkapital verbucht, so dass diese erst bei Veräußerung
der Vermögenswerte in der Zukunft erfolgswirksam werden.
Die negativen Auswirkungen auf die Gewinn- und Verlustrechnung der Commerzbank
beliefen sich im gleichen Zeitraum auf 2,5 Mrd. € inklusive Handelsverluste und
Zuführungen zur Risikovorsorge. Davon ist aber nur ein Anteil in Höhe von 0,9 Mrd. € den
genannten Subprime-/Alt-A-Beständen zuzuschreiben, so dass der Rest in anderen
Wertpapieren, z.B. 0,6 Mrd. € in Zusammenhang mit Lehman Brothers und IslandPapieren,
begründet
ist.
Zusätzlich
wurden
auch
bei
der
Commerzbank
Marktwertberichtigungen in Höhe von insgesamt 3,1 Mrd. € in die erfolgsneutrale
Neubewertungsrücklage im Eigenkapital eingestellt.
Trotz des enormen Unterschieds in der Höhe der absoluten Belastung beider Banken ist
diese in Relation zur jeweiligen Bilanzsumme mit weniger als 1 % ungefähr gleich hoch.
Jedoch sind die Wertberichtigungen der Deutschen Bank größtenteils auf Positionen aus
dem Kredithandel zurückzuführen, was sich bei der Commerzbank nicht bestätigt. Darüber
hinaus ist noch festzuhalten, dass beide Banken seit 2007 im ABS-Bereich einen
deutlichen Abbau der Bestände anstreben, teilweise durch Wertberichtungen, aber auch
durch Veräußerungen.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
49
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
Die dazugehörige Hypothese, dass ein hohes Engagement in strukturierten Produkten mit
Subprime-Ursprung zur Inanspruchnahme von staatlichen Mitteln führt, lässt sich nur
schwer überprüfen. Beide Kreditinstitute sind durch Abschreibungen von abgewerteten
Vermögensgegenständen betroffen, die sich negativ auf das Konzernergebnis und die
Eigenkapitalsituation auswirken. Im Zusammenhang mit den aufsichtsrechtlichen
Vorgaben zur Eigenkapitalausstattung sind an dieser Stelle Unterschreitungen möglich, die
dann zu Gegenmaßnahmen wie beispielsweise einem verstärkten Abbau von Risikoaktiva
führen können. Da dies im derzeitigen Umfeld verhältnismäßig schwierig ist, kann es
theoretisch allein durch den Einfluss der Abschreibungen zu problematischen Situationen
für die Banken kommen.
Das Beispiel der Deutschen Bank zeigt, dass dieser Gefahr durch eine solide
Eigenkapitalsituation vorgebeugt werden kann, so dass trotz des Konzernverlustes eine
hohe Kernkapitalquote erhalten bleibt. Die Commerzbank hingegen weist für das
Geschäftsjahr 2008 trotz negativer Ergebnisse aus dem Handel und den Finanzanlagen ein
positives Konzernergebnis von 3 Mio. € aus. Damit ist es nicht zu einer Minderung des
Kernkapitals gekommen, so dass sich die oben genannte Hypothese partiell ablehnen lässt.
Jedoch könnte mit Hinblick auf weiteren Abschreibungsbedarf, auch im Rahmen der
Übernahme der Dresdner Bank, die staatliche Eigenkapitalerhöhung aus Vorsichtsgründen
in Anspruch genommen worden sein.
Da die Wertberichtigungen bei der Commerzbank zu einem großen Teil auch durch andere
Wertpapiere als den Subprimebestand ausgelöst wurden und zusätzlich das ABS-Portfolio
insgesamt keinen großen Anteil an der Bilanzsumme darstellt, sollte die Hypothese auf alle
Risikoaktiva ausgeweitet werden. Damit wäre der negative Einfluss von Vermögenswerten
mit einem insgesamt hohen Abschreibungspotential auf die Eigenkapitalausstattung und
die damit verbundenen Rekapitalisierungsmaßnahmen nicht auszuschließen.
5.5
Staatsbeteiligung bei der Commerzbank AG
Im Anschluss an die Analyse der ausgewählten kritischen Erfolgsfaktoren bei beiden
Banken lässt sich nun ein Ergebnis für die Situation der Commerzbank feststellen.
Die seit Mitte 2007 entstandenen erfolgswirksamen Belastungen sind größtenteils auf den
vorhandenen
Bestand
an
Risikoaktiva
zurückzuführen.
Dabei
wurden
die
Wertberichtigungen nicht nur durch Subprime-Papiere, sondern auch durch andere
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
50
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
Vermögenswerte ausgelöst. Die dadurch resultierenden negativen Ergebnisbeiträge der
Segmente Corporates & Markets und Commercial Real Estate konnten jedoch aufgrund
der diversifizierten Aufstellung der Geschäftsstruktur der Commerzbank weitestgehend
kompensiert werden. Damit ist keine direkte Minderung des Kernkapitals eingetreten,
sodass es bei Betrachtung der Commerzbank alleine keinen überlebensnotwendigen Bedarf
für eine staatliche Unterstützung gegeben hat. Im Rahmen der Übernahme der Dresdner
Bank
und
dem
derzeitigen
Marktumfeld
könnte
es
sich
jedoch
um
eine
Vorsichtsmaßnahme gehandelt haben, um für die Kernkapitalquote einen krisenadäquaten
Puffer zur bankenaufsichtsrechtlichen Vorgabe von 4 % zu schaffen. Die dazugehörige
Bedeutung der Situation der Dresdner Bank muss an dieser Stelle offen bleiben.
Darüber hinaus lässt die Analyse vermuten, dass die Staatsbeteiligung zwar hauptsächlich
zur Sicherung der Eigenkapitalausstattung in Anspruch genommen wurde, aber dass ein
weiterer möglicher Grund in der Refinanzierungssituation gelegen haben könnte. Die
Refinanzierung der Commerzbank stützt sich zu einem wesentlichen Anteil auf den
Interbankenmarkt und die Emission von Schuldtiteln, wovon insgesamt ungefähr die
Hälfte der Positionen kurzfristige Laufzeiten aufweisen. Darüber hinaus zeigt die
Kapitalflussrechnung, dass seit 2007 die Cash Flows aus operativer Geschäftstätigkeit
negativ sind. Zu einem großen Teil ist dies durch einen stetigen Abbau der verbrieften
Verbindlichkeiten
bedingt.
Vermutlich
sind
hier
fällige
Schuldverschreibungen
zurückgezahlt worden, wofür jedoch keine neuen Mittel gleicher Höhe wieder
aufgenommen wurden. Anhand der Liquiditätskennzahlen wird aber bestätigt, dass es sich
eindeutig nicht um einen Liquiditätsengpass handelt. Aufgrund der geld- und
kapitalmarktnahen Refinanzierung könnte es sich dabei eher ein mögliches, aber erst
zukünftig drohendes Refinanzierungsproblem gehandelt haben. Aufgrund der dann
folgenden staatliche Unterstützung von insgesamt 18,2 Mrd. € sind der Commerzbank
sowohl Eigenmittel als auch neue Liquidität zur Verfügung gestellt worden, so dass die
Refinanzierungsproblematik an dieser Stelle behoben scheint.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
51
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
6
Fazit und Lehren hinsichtlich deutscher Großbanken
Die hier vorgelegte Studie sucht nach vorläufigen Lehren im Hinblick auf die
Rettungsfähigkeit und die Rettungswürdigkeit von Banken in der Finanzkrise. Ziel war die
Identifizierung der kritischen Erfolgsfaktoren, mit denen die Widerstandskraft der Bank in
der bisherigen Krise (und damit die Rettungsfähigkeit) sowie die Widerstandskraft in
künftigen Krisen (und damit die Rettungswürdigkeit) geprüft werden können. Bedingt
durch die noch dünne Informationslage wurde die Untersuchung auf die vergleichende
Analyse der beiden als exemplarisch für die Problematik geltenden Institute unter den
deutschen Großbanken beschränkt.
Die Ermittlung der entscheidenden Einflussgrößen erfolgte über die Identifizierung von
Charakteristika der Finanzkrise. Dazu wurden der Untergang der Investmentbanken, die
Unterkapitalisierung
von
Kreditinstituten,
der
Kollaps
des
Geldmarktes
als
Refinanzierungsquelle sowie der dramatische Kursverlust in strukturierten Produkten
betrachtet. Im Hinblick auf diese Bedrohungspotentiale wurden die Kriterien
Geschäftsstruktur, Eigenmittelausstattung, Refinanzierungsstrategie und Struktur der
Risikoaktiva herangezogen. Die vergleichende Analyse führte zu folgenden Ergebnissen:
1.
Die Hypothese, dass das Geschäftsmodell einer Investmentbank die
Krisenanfälligkeit erhöht, muss hier abgelehnt werden. Der säkulare Untergang
der Branche kann nicht als zwangsläufige Konsequenz eines Systemfehlers
interpretiert werden. Eine Diversifikation der Geschäftsfelder brachte per se
noch keinen wesentlichen Vorteil, da globale Vernetzung und Abstrahleffekte
auf primär nicht betroffene Segmente zum Gleichlauf defizitärer Entwicklungen
führten. Im Einzelfall ist nicht das Geschäftsmodell als solches, sondern die
adäqute Eigenkapitalausstattung entscheidend.
2.
Die Hypothese, dass eine höhere Eigenkapitalausstattung für das Kreditinstitut
eine geringere Krisenanfälligkeit bedeutet, ist hier nicht zu verwerfen. Eine
(Stand heute) krisenadäquate Eigenmittelunterlegung war gegeben oder konnte
noch durch Kapitalerhöhung über den Markt dargestellt werden. Das Problem
war weniger passivseitig verankert, als aktivseitig in der Exposition in
Risikoaktiva
(relativ
Rekapitalisierung
Krisenabwehr
war
zur
Bilanzsumme).
nach
unseren
erforderlich,
sondern
Die
Erkenntnissen
diente
der
staatlich
bisher
gestützte
nicht
Vollendung
zur
eines
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
52
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
Fusionsvorhabens. Mithin wurde ein unternehmerisches Risiko durch
öffentliche Hilfen aufgefangen, nicht jedoch eine kriseninduzierte Bedrohung.
3.
Die Hypothese, dass eine überwiegend auf den Geldmarkt gestützte
Refinanzierungsstrategie zur Rettungsbedürftigkeit des Instituts führt, kann hier
teilweise
abgelehnt
werden.
Der
Zusammenbruch
eines
kompletten
Marktsegmentes führt zum Wegbrechen einer tragenden Säule, aber noch nicht
zum Einsturz des gesamten Gebäudes (der Liquiditätsdisposition). Bedrohlich
wird die Situation erst durch Überlasten einer anderen Säule, hier der starken
Abhängigkeit bei der längerfristigen Mittelaufnahme vom Kapitalmarkt. Zudem
war der Liquiditätsengpass potentiell durch einen schon vor der Krise
strategisch begonnenen „cash drain“ angelegt. Es bleibt festzuhalten, dass die
Liquiditätsknappheit nach den uns vorliegenden Erkenntnissen nicht das Niveau
einer Insolvenzgefahr erreicht hat. Die Substitution des Interbankenhandels
durch die EZB kann hier eher als vertrauensbildende Maßnahme, weniger als
branchentechnisch existenznotwendiger Eingriff gesehen werden.
4.
Die Hypothese, dass das Halten strukturierter Produkte in den Eigenanlagen zur
Inanspruchnahme staatlicher Mittel führt, ist hier abzulehnen. Der Anteil der
Subprime-induzierten Titel im Eigenbestand bewegte sich stets in einem
unkritischen
Rahmen.
Auch
der
aus
diesen
Posten
entstehende
Abschreibungsbedarf war ohne „Rettungsmaßnahmen“ darstellbar. Die
Gewichtigkeit dieser „toxischen“ Papiere wird nach unserer Analyse in der
öffentlichen Wahrnehmung daher überschätzt. Die Übernahme solcher Titel
durch eine „Bad Bank“ ginge insofern am Bedarf vorbei. Existenzbedrohende
Ausmaße können erst über Abstrahleffekte auf andere Instrumente entstehen.
Die Notwendigkeit des „Deleveraging“ erzeugt Abgabedruck und damit
Kursverfall in primär mit der Finanzkrise zunächst nicht verbundenen
Segmenten. Das Problem besteht daher nicht in den strukturierten Produkten
selbst, sondern in einer Refinanzierungsstruktur mit hohem Leverage,
verbunden mit dem Zwang zu marktbezogener Bewertung.
Der Ansatz unserer Studie lässt breiten Raum für den Ausbau künftiger Forschung. Eine
ähnliche Vorgehensweise wie hier gezeigt wäre für die vergleichende Betrachtung im
öffentlich-rechtlichen Kreditsektor denkbar. Aus eingangs unserer Studie beschriebenen
Gründen war eine belastbare Analyse noch nicht darstellbar.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
53
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
Die Rettungsfähigkeit eines Kreditinstitutes ist aber der erste Schritt, der zu prüfen ist. Als
letzlich entscheidendes Kriterium hat sich hier die Eigenkapitalausstattung (relativ zu den
gewichteten Risikoaktiva) gezeigt. Sprengt der Hilfsbedarf dann die Grenzen des
Tragbaren, muss die Bank als rettungslos verloren eingestuft werden und letztlich (so oder
so!) in die Insolvenz gehen. Die Rettungsfähigkeit muss auf einen langen Horizont
definiert werden. Kriterium wäre die Prognose, ob benötigtes Eigenkapital dauerhaft
wieder ohne staatliche Hilfe über den Kapitalmarkt aufgenommen werden kann.
Auch wenn Rettungsfähigkeit rechnerisch gegeben ist, muss noch auf Rettungswürdigkeit
geprüft werden. Unkalkulierbare Leverage-Finanzierungen dürfen genauso wenig honoriert
werden wie fahrlässige oder gar vorsätzliche Intransparenz bezüglich gehaltener
Risikoaktiva, etwa durch Auslagerung in Zweckgesellschaften. Eine bedingungslose
Bestandsgarantie der öffentlichen Hand für jede einzelne Bank bliebe ein fataler Fehlanreiz
für alle künftige Gesamtbanksteuerung.
Die vorläufigen Lehren aus der Finanzkrise (bezüglich der deutschen Großbanken) lauten
daher: Entscheidendes Kriterium ist ein größerer Eigenkapitalpuffer mit Bezug auf die
Risikoaktiva; Diese gehören vollständig in der Bilanz ausgewiesen, nicht ausgelagert.
Liquiditätsversorgung ist nicht das eigentliche Problem, und Liquiditätshilfen lösen das
Problem folglich nicht. Die Reduzierung des Geschäftsfeldes Investment Banking oder der
Bestände an strukturierten Produkten ist für die Krisenbewältigung nebensächlich. Auch
die Übertragung solcher „toxischen“ Papiere auf eine „Bad Bank“ ist daher kein
zielführender Ansatz. Kurzfristig wäre die wirksamste Rettungsmaßnahme gegen den
fortschreitenden
Abwärtsspirale
Eigenkapitalverzehr
von
die
Abschreibungsbedarf
Entschärfung
und
des
induzierten
mark-to-market.
Notverkäufen
Die
muss
durchbrochen werden. Eine höhere Eigenkapitalausstattung bleibt das Fernziel künftiger
Krisenfestigkeit, der Weg dahin darf aber nicht über ein brachiales Deleveraging führen.
Bevor also weitere staatliche Mittel in bislang nicht vorstellbarer Größenordnung ohne
konzeptionell stringente Kriterien im virulent werdenden Einzelfall zur Verfügung gestellt
werden, sollte sowohl die akute Hilfsbedürftigkeit als auch die künftige Krisenfestigkeit
des betroffenen Kreditinstituts geprüft werden. Diese Prüfung ist schon dem im Ergebnis
auf Jahrzehnte belasteten Steuerzahler geschuldet. Aber auch die Strategiefindung der
Aufsichtsinstitutionen hängt wesentlich davon ab. Hier ist Eilbedürftigkeit gegeben. Der
vorliegende Beitrag versucht einen ersten Lösungsansatz zu zeigen.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
54
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
Abkürzungsverzeichnis
ABS
Asset Backed Securities
AIG
American International Group
AG
Aktiengesellschaft
BoA
Bank of America
BS
Bilanzsumme
CB
Commerzbank AG
CDO
Collaterized Debt Obligation
C&M
Corporates and Markets
CMBS
Commercial Mortgage Backed Securities
c. p.
ceteris paribus
CRE
Commercial Real Estate
DB
Deutsche Bank AG
GuV
Gewinn- und Verlustrechnung
HBOS
Halifax Bank of Scotland
HRE
Hypo Real Estate AG
IFRS
International Financial Reporting Standard
IKB
Industriekreditbank AG
KfW
Kreditanstalt für Wiederaufbau
n.a.
nicht angegeben
n/n
nicht angegeben wegen negativer Prozentsätze
P & G-Kunden
Privat- und Geschäftskunden
Q
Quartal
RBS
Royal Bank of Scotland
RMBS
Residential Mortgage Backed Securities
SoFFin
Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung
US-GAAP
US General Accepted Accountance Principles
WPHG
Wertpapierhandelsgesetz
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
55
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1:
Übersicht über die Konzernbereiche der Deutschen Bank
12
Abbildung 2:
Tier 1-Kernkapitalquote der Deutschen Bank AG im Zeitverlauf
16
Abbildung 3:
20
Abbildung 4:
Risikoaktiva und Wertpapierbestand der Deutschen Bank im
Zeitverlauf
Abschreibungen der Deutschen Bank AG seit 2007
Abbildung 5:
Struktur des Commerzbank-Konzerns seit Juli 2008
28
Abbildung 6:
Entwicklung der Kernkapitalquote der Commerzbank AG (inkl.
31
25
Marktrisikoposition)
Abbildung 7:
Entwicklung der Einlagen des Commerzbank-Konzerns
35
Abbildung 8:
Risikotragende Aktiva des Commerzbank-Konzerns im Zeitverlauf
37
Abbildung 9:
Abschreibungen der Commerzbank auf Subprime-Bestände
40
Abbildung 10: Verlauf der Kernkapitalquoten der Deutschen Bank und der
Commerzbank
43
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
56
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Chronologie der Finanzkrise für die analysierten Großbanken
8
Tabelle 2: Ergebnis vor Steuern nach Segmenten der Deutschen Bank AG
13
Tabelle 3: Anzahl der Konten und Erträge in den Konzernbereichen der
Deutschen Bank
14
Tabelle 4: Unberücksichtigte Gewinne und Verluste der Deutschen Bank
17
Tabelle 5: Segmentergebnisse der Deutschen Bank AG
17
Tabelle 6: Wesentliche Risikopositionen an den Kreditmärkten der Deutschen
Bank AG
23
Tabelle 7: Charakteristische Merkmale der Aktiva des Commerzbank-Konzerns
27
Tabelle 8: Verbindlichkeiten gegenüber Kunden der Commerzbank AG
27
Tabelle 9: Ergebnis vor Steuern nach Segmenten der Commerzbank AG
29
Tabelle 10: Liquiditätskennziffern der Commerzbank AG in den Jahren 2007, 2008
34
Tabelle 11: Entwicklung des ABS-Bestandes der Commerzbank AG
38
Tabelle 12: Kapitalflussrechnung der Deutschen Bank und der Commerzbank
im Vergleich
45
Tabelle 13: Bestände und kumulierte Abschreibungen ausgewählter Risikoaktiva
der Deutschen Bank und der Commerzbank
47
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
57
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
Literaturverzeichnis
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URL: https://www.commerzbank.de/media/aktionaere/service/archive/konzern/2007/
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Commerzbank, Zwischenbericht zum 30.06.2007 der Commerzbank AG
URL: https://www.commerzbank.de/media/aktionaere/service/archive/konzern/2007/
zb070809/zb070809_de.pdf
Commerzbank, Zwischenbericht zum 30.09.2007 der Commerzbank AG
URL: https://www.commerzbank.de/media/aktionaere/service/archive/konzern/2007/
zb071106/zb_071106_de.pdf
Commerzbank, Geschäftsbericht 2007 der Commerzbank AG
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Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
58
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/Zwib_31032008_3.pdf
Commerzbank, Zwischenbericht zum 30.06.2008 der Commerzbank AG
URL: https://www.commerzbank.de/media/de/aktionaere/service/archive/konzern/2008/
Zwib_30062008_3.pdf
Commerzbank, Zwischenbericht zum 30.09.2008 der Commerzbank AG
URL: http://www.commerzbank.de/media/aktionaere/service/archive/konzern/2008/
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Commerzbank, Konzernabschluss der Commerzbank zum 31.12.2008. Verkürzte
untestierte Fassung
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Deutsche Bank, Geschäftsbericht 2006 der Deutschen Bank AG
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Deutsche Bank, Zwischenbericht zum 31. März 2006
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Deutsche Bank, Zwischenbericht zum 30. Juni 2006
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Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
59
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Deutsche Bank, Zwischenbericht zum 31. März 2007
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Deutsche Bank, Zwischenbericht zum 30. Juni 2007
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Deutsche Bank, Zwischenbericht zum 30. September 2007
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Deutsche Bank, Zwischenbericht zum 31. März 2008
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(Zugriff am 05.01.2009 20:23 MEZ)
Deutsche Bank, Zwischenbericht zum 30. Juni 2008
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(Zugriff am 05.01.2009 20:27 MEZ)
Deutsche Bank, Zwischenbericht zum 30. September 2008
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Deutsche Bank, Financial Data Supplement 4Q2008
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Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
60
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(Zugriff am 22.02.2009 12:54 MEZ)
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Vergleichsinformationen für 2006“; URL:http://www.deutsche-bank.de/ir/de/download/
Transition_Report_DE_2006_IFRS.pdf
Deutsche Bank, Deutsche Bank und Deutsche Post schließen Postbank-Transaktion ab
URL: http://www.deutsche-bank.de/presse/de/content/presse_informationen_4380.htm
(Zugriff am 28.02.2009 12:13 MEZ)
Deutsche Bank, Deutsche Bank und Deutsche Post passen die Struktur des PostbankBeteiligungsvertrags an
URL:
http://www.deutsche-bank.de/presse/de/content/presse_informationen_4292.htm?month=3
(Zugriff am 28.02.2009 12:16 MEZ)
Deutsche Bank, Deutsche Bank: Verluste nach Steuern von 3,9 Mrd Euro im Jahr 2008
URL:
http://www.deutsche-bank.de/presse/de/content/presse_informationen_4366.htm?month=2
(Zugriff am 05.02.2009 13:44 MEZ)
Deutsche Bank, Deutsche Post verkauft Aktienpaket der Postbank in Höhe von 29,75
Prozent an Deutsche Bank - Wachstumsorientierte Transaktion
URL:
http://www.deutschebank.de/presse/de/downloads/Deutsche_PostPostbank12092008dt.pdf
(Zugriff am 28.02.2009 13:01 MEZ)
F.A.Z. Electronic Media GmbH (2001 – 2009)
URL: http://www.faz.net/d/invest/meldung.aspx?id=98411577 (Zugriff am 26.02.2009,
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Frankfurter Allgemeine Zeitung, Deutsche Bank hat Sperrminorität an der Postbank
(2009): S. 17 vom 26.02.2009
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
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Financial Times Deutschland,
URL: http://www.ftd.de/unternehmen/finanzdienstleister/:Nach-6-3-Milliarden-VerlustBlessing-verteidigt-Dresdner-Kauf/479717.html (Zugriff am 26.02.2009, 16:50 MEZ)
Handelsblatt, Post akzeptiert auch Aktien
URL: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/banken-versicherungen/post-akzeptiertauch-aktien;2126931 (Zugriff am 28.02.2009 12:31 MEZ)
Handelsblatt, Einigung über neue Details des Postbank-Deals
URL: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/banken-versicherungen/einigung-ueberneue-details-des-postbank-deals;2126240;0 (Zugriff am 28.02.2009 12:52 MEZ)
Rasch, St. (1993): Crashs – Naturkatastrophen an den Finanzmärkten? In: ZEW
Wirtschaftsanalysen 1 Nr. 3/1993, S. 269-305.
Strutz, Eric: Commerzbank - Präsentation zur Telefonkonferenz Vorläufige Zahlen 2008,
Frankfurt, 18.02.2009;
URL: http://www.commerzbank.de/media/aktionaere/vortrag/2009/
090218_Presse_Telefonkonferenz_Q408_FINAL.pdf
Kreditwesengesetz (KWG), URL: http://www.gesetze-im-internet.de/kredwg/index.html
Solvabiltätsverordnung
(SolvV),
URL:
http://www.gesetze-iminternet.de/solvv/index.html
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
62
Rettungswürdig, rettungsfähig oder rettungslos verloren?
Anhang
Anhang 1:
Deutsche Bank - Konzernbilanz (Teil 1)
Anhang 2:
Deutsche Bank - Konzernbilanz (Teil )
Anhang 3:
Deutsche Bank - Konzernkapitalflussrechnung
Anhang 4:
Deutsche Bank - Unterlegung der Konzernrisikoaktiva
Anhang 5:
Deutsche Bank - Ergebnisse der Konzernbereiche
Anhang 6:
Commerzbank - Konzernbilanz
Anhang 7:
Commerzbank - Konzern Gewinn- und Verlustrechnung
Deutsche Bank - Konzern Gewinn- und Verlustrechnung
Anhang 8:
Commerzbank - Konzernkapitalflussrechnung
Anhang 9:
Commerzbank - Unterlegung der Konzernrisikoaktiva
Anhang 10:
Commerzbank - Ergebnisse der Konzernsegmente
Anhang 11:
Abschreibungen der Deutschen Bank AG und der Commerzbank AG
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009

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