Change Control – Umgang mit Änderungen bei - GMP

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Change Control – Umgang mit Änderungen bei - GMP
LOGFILE 25 / Juni 2016
Maas & Peither AG – GMP-Verlag
Change Control –
Umgang mit Änderungen bei klinischen Prüfpräparaten
von Kerstin Kruithoff-Ley
Veränderungen begleiten uns ein Leben lang. Sie erfordern unsere Fähigkeit, mit ihnen umzugehen und sie positiv zu nutzen, um erfolgreich zu sein. Die Herstellung klinischer Prüfpräparate
ist fast immer komplexer als die Herstellung von Marktprodukten und ist selten Routine. Flexible
Verfahren sind somit notwendig, um Herstellung und Prüfung dem jeweiligen und zunehmenden Wissenstand anzupassen. Braucht R&D demzufolge überhaupt eine formalisierte Änderungskontrolle?
Was ist eine Änderung? Und was unterscheidet eine Änderung von einer
Abweichung?
Eine Änderung ist eine geplante und gewollte Abwandlung wie z. B. die Erweiterung, der Austausch, die Herausnahme, das Hinzufügen oder die Optimierung von Anforderungen, Vorschriften, Spezifikationen, Geräten, Einsatzstoffen, Methoden, Prozessen und Parametern. Dabei
erfolgt die Abwandlung prospektiv (vorausschauend) und hat einen bleibenden (längerfristigen
bis permanenten) Charakter.
Im Gegensatz dazu ist die Abweichung unerwünscht und erscheint ungeplant und retrospektiv.
Erwartungen der Behörden und GMP-Grundsätze
Der gesamte EU-GMP-Leitfaden gilt grundsätzlich auch für die Herstellung von klinischen
Prüfpräparaten. Zusätzlich sind im Annex 13 die GMP-Besonderheiten klinischer Prüfpräparate
zusammengestellt. Dabei ist eine Erleichterung der Änderungskontrolle nicht vorgesehen.
Zudem muss die Entwicklung eines Arzneimittels lückenlos nachgewiesen und nachvollziehbar
sein. Das gilt auch im Hinblick auf die qualitativen Unterschiede zwischen Prüfpräparaten, die in
verschiedenen klinischen Prüfungen eingesetzt wurden. Jede Änderung steht dabei im Zusammenhang mit der Beurteilung der klinischen Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des später zur
Zulassung gebrachten Marktprodukts.
Die klinischen Prüfpräparate selbst unterliegen zwar nicht der Zulassungspflicht. Aber sowohl
der Sponsor einer Studie als auch die Sachkundige Person haben sicherzustellen, dass die Herstellung und Prüfung der Prüfpräparate den Genehmigungsunterlagen für die jeweilige klinische
Prüfung entsprechen. Dabei darf die Sachkundige Person eine Charge nur dann freigeben, wenn
zuvor die Chargendokumentation geprüft wurde. Und diese muss alle Abweichungen und ge-
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plant durchgeführten Änderungen und alle daraus resultierenden Überprüfungen und Untersuchungen enthalten.
Die Gesundheit des Patienten hat oberste Priorität. Der Patient darf keiner Gefahr wegen unzureichender Sicherheit, Qualität oder Wirksamkeit des Prüfpräparats ausgesetzt werden. Deshalb
müssen Änderungen gerade bei klinischen Prüfpräparaten besonders sorgfältig untersucht und
bewertet werden.
Auslöser und Motive für Änderungen
Die Herstellung und Prüfung von klinischen Prüfpräparaten kann von einer Reihe von Änderungen betroffen sein. Änderungen können sich auf das Ausgangsmaterial, die Produktkomponenten, den Prozess, die Ausrüstung, die Räumlichkeiten, die Produktauswahl, die Lieferanten und
Dienstleistungsunternehmen, die Produktionsmethode, die Testmethode, die Spezifikation, die
Chargengröße, die Lagerung und den Transport beziehen. (Und selbst diese lange Liste ist noch
nicht vollständig.) Die möglichen Auslöser für die Änderungen sind ebenso vielfältig. Sie können
intern (z. B. durch Erfahrungen aus der Entwicklung, Prozessoptimierung, betriebswirtschaftliche
Gesichtspunkte wie Kostenreduktion oder auch strategische Überlegungen wie ein Lieferantenwechsel) motiviert oder auch extern (z. B. Änderung der Wirkstoffspezifikation durch den Lieferanten) verursacht sein.
Verfahren
Einen Überblick über den Ablauf einer Änderungskontrolle liefert Abbildung 1.
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Abbildung 1 Ablauf Änderungskontrolle
Änderungsantrag und Bewertung
Wenn ein Änderungsvorhaben besteht, muss dieses zunächst im Änderungsantrag schriftlich
dokumentiert werden. Jeder Mitarbeiter mit Sachkenntnis kann ein solches Änderungsverfahren
einleiten. Zur Antragstellung stehen entweder Formblätter zur Verfügung oder die Beteiligten
verwenden eine GMP-gerecht validierte Datenbank. Um die Hemmschwelle für das Ausfüllen des
Änderungsantrags zu reduzieren, sollte die Dokumentationsvorlage übersichtlich und selbsterklärend aufgebaut sein.
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Der Änderungsantrag sollte folgende Inhalte enthalten:
 Beschreibung der Änderung (allgemein verständlich und vollständig)
 Begründung (Auslöser der Änderung, Alternativen zur Änderung, Konsequenzen, falls die
Änderung nicht umgesetzt wird)
 Kosten-Nutzen-Bewertung einschließlich Bewertung der Qualitätsrelevanz
 Endtermin
 Hinweise / Vorschläge des Antragstellers zur Umsetzung (z. B. umzusetzende Maßnahmen
vor und nach der Umsetzung der Änderung)
 Anlagen zur Unterstützung der Bewertung des Antrags
Die weitere Bearbeitung der Änderungsanträge erfolgt dann durch eine zentrale Funktionseinheit innerhalb der Qualitätssicherung. Da die Änderungskontrolle gemäß EU-GMP-Leitfaden ein
wesentliches Element des Pharmazeutischen Qualitätssystems darstellt, ist es nur folgerichtig, die
Verantwortung für die Kontrolle des Prozesses der Qualitätssicherung zu übertragen.
Änderungen müssen hinsichtlich ihrer Auswirkungen grundsätzlich kritisch hinterfragt werden.
Dabei geht es immer einerseits darum, ob diese qualitätsrelevant sind und andererseits darum,
ob sie genehmigungspflichtig seitens der Bundesoberbehörde sind oder die Behörde zumindest
informiert werden muss. Der Aufwand für Änderungskontrollverfahren sollte dabei mit dem
Grad des Risikos der Änderung korrespondieren. Eine Klassifizierung der Änderung (z. B. geringfügig, wesentlich, kritisch) ermöglicht eine gezielte Steuerung des jeweiligen Bearbeitungsaufwandes. Die Bewertung erfolgt mit Hilfe der Prinzipien des Qualitätsrisikomanagements.
Die anschließende Bewertung geplanter Änderungen erfolgt dann entweder durch ein spezielles
Änderungsgremium (Change Control Komitee), in dem Verantwortungsträger verschiedener
Funktionsbereiche sich in regelmäßigen Abständen treffen. Alternativ können die Verantwortlichen einen Änderungsantrag auch mittels Umlaufverfahren bewerten. Zu den verantwortlichen
Personen wie LQK, LH und QA gehören je nach Änderungsvorhaben auch die Zulassung, der
Vertrieb / Einkauf, die IT und sonstige Fachverantwortliche. Häufig binden die Firmen auch die
Sachkundige Person in die Bewertung des Änderungsantrags ein. Auf alle Fälle muss diese die
Änderung bei der Entscheidung über die Freigabe der Charge(n) berücksichtigen und sicherstellen, dass die Bewertungen der die Charge betreffenden Änderung abgeschlossen sind. Gleichzeitig ist zu gewährleisten, dass die Änderung im Product Specification File ordnungsgemäß wiedergegeben ist und zur Freigabe vorliegt.
Nachverfolgung der Änderung
Im Rahmen der Prozesskontrolle ist zu prüfen, ob durch die Änderung das festgelegte Änderungsziel erreicht wurde und kein nachteiliger Effekt auf die Arzneimittelqualität eingetreten
ist. Denkbar sind dabei Maßnahmen wie Kontrolle der Chargendokumentation (insbesondere
Auswertungen von Inprozess- und Qualitätskontrollergebnissen), Stabilitätsuntersuchungen,
Auswertung von Trendanalysen oder auch der Management Review.
So kann verifiziert werden, dass die Änderung erfolgreich umgesetzt wurde und der Prozess
unter Kontrolle ist. Andernfalls ist das Risiko der Änderung neu zu bewerten und es sind weitere
Maßnahmen zu ergreifen. Falls erforderlich kann die Änderung erweitert oder umgekehrt ggf.
sogar zurückgenommen werden.
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Zusammenfassung
Auch klinische Prüfpräparate unterliegen einer formalisierten Änderungskontrolle.
Eine Änderung ist eine geplante und gewollte Abwandlung mit bleibendem Charakter und
erfolgt prospektiv. Oberste Priorität hat die Gesundheit der Patienten und klinische Prüfpräparate müssen auch nach Umsetzung einer Änderung geeignet sein für den vorgesehenen Gebrauch.
Die Herstellung und Prüfung muss – auch nach einer Änderung – in Übereinstimmung mit der
Genehmigung der klinischen Prüfung sowie dem Product Specification File erfolgen. Bei der
Chargenfreigabe hat die Sachkundige Person geplant durchgeführte Änderungen zu berücksichtigen.
Verantwortliche Funktionsträger bewerten intern oder extern ausgelöste Änderungsvorhaben in
Bezug auf Qualität, Kritikalität und regulatorische Relevanz einschließlich einer etwaigen Genehmigungspflicht durch die zuständige Behörde. Das Änderungsvorhaben wird vollständig und
nachvollziehbar dokumentiert.
Im Rahmen der abschließenden Prozesskontrolle ist zu prüfen, ob das Änderungsziel erreicht
wurde und zu verifizieren, dass kein nachteiliger Effekt auf die Arzneimittelqualität festzustellen
ist.
Autorin:
Kerstin Kruithoff-Ley
cirQum – Dr. Stephanie Blum
Frankfurt (Germany)
E-Mail: [email protected]
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