Work-Life-Balance als Herausforderung
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Work-Life-Balance als Herausforderung
842 Forschung & Lehre 11|11 BURNOUT Work-Life-Balance als Herausforderung Burnout im Topmanagement In einer Studie, in der mehr als 250 Topmanager und Topmanagerinnen sowie deren Lebenspartner befragt wurden, konnten vier Managertypen im Umgang mit der Work-Life-Balance zehnte stark Burnout gefährdet ist identifiziert werden (Stock/Bauer (Stock-Homburg/Bauer 2008). 2011). Diese Typen unterscheiden sich dahingehend, wie mit arbeitsbezogenen Kosten Anforderungen (z.B. Work-Life-BalanHält man sich die jüngsten öffentlichen ce feindliche Unternehmenskultur bzw. Debatten über Topmanagerprivilegien selbst auferlegter Leistungsdruck) und und -gehälter vor Augen, könnte man Ressourcen (z.B. persönliche Fähigkeisich die Frage stellen, warum wir uns ten, Handlungsspielraum) umgegangen überhaupt mit der Work-Life-Balance wird (s. Abbildung). von Topmanagern auseinandersetzen Der intrinsisch motivierte Kompensollten. Fallen entsprechende Maßnahsator verfügt über eine gute Work-Lifemen nicht vielmehr in die Kategorie Balance. Hohe arbeitsbezogene Anfor„sozial-romantische Veranstaltung“, die derungen können durch entsprechende man sich insbesondere auf den obersten Ressourcen kompensiert werden. Der gleichgültige Professionelle hat glei»Studien zeigen, dass jeder zehnte chermaßen geringe ardeutsche Manager stark Burnout beitsbezogene Anforderungen wie Ressourcen. gefährdet ist.« Es wird versucht, die Minimalanforderungen Unternehmensebenen nicht leisten will zu erfüllen. Die Work-Life-Balance ist und kann? Ein fataler Trugschluss: Akallerdings nur mäßig ausgeprägt, da dietuellen Schätzungen zufolge können die ser Managertyp nicht in der Lage ist zu Kosten für den Ausfall eines Topmanadelegieren. Es herrscht also eine relativ gers bis in den zweistelligen Millionenhohe Geschäftigkeit, diese allerdings bereich gehen. Neben direkten Kosten mit bescheidenem Ergebnis. für Fehlentscheidungen oder entgangeDer gelassene Selbstmanager verfügt ne strategische Chancen (z. B. neue Geüber die beste Work-Life-Balance im schäftsmodelle) sind Kosten für AbfinVergleich zu den übrigen drei Managerdungen aufgrund des gesundheitlich betypen. Hohe persönliche Ressourcen erdingten Ausstiegs von Topmanagern möglichen diesem Manager, mit dem und der Nachbesetzung zu nennen. Altäglichen Leistungsdruck relativ gelassen lein für die Neubesetzung im obersten umzugehen. Dementsprechend sind ArManagement belaufen sich die Kosten beitsfreude und Erfüllung durch die Aufauf rund 2,5 Jahresgehälter. Neben diegabe überdurchschnittlich ausgeprägt. sen direkten Kosten sind die indirekten Der extern getriebene ArbeitssüchtiKosten, bedingt durch Führungsfehler, ge befindet sich in einer schwierigen Sinicht zu unterschätzen. Wir haben es tuation, da die hohen arbeitsbezogenen hier also auch mit einem ökonomisch Anforderungen nicht über Ressourcen relevanten Phänomen zu tun! kompensiert werden können. Die | R U T H S T O C K - H O M B U R G | In den obersten Unternehmensebenen sind die Arbeitsbelastung und der Leistungsdruck besonders hoch. Wenn ein Topmanager an Burnout erkrankt, entstehen den Unternehmen direkte und indirekte Ausfallkosten. Wie können beide Seiten vorbeugen? eit nunmehr zwei Jahrzehnten wurden zahlreiche Belege dafür vorgelegt, dass sowohl die Persönlichkeit als auch die Verhaltensweisen von Topmanagern den stärksten Einfluss auf den Erfolg von Unternehmen haben. Ein gravierendes Beispiel war der Apple-Gründer Steve Jobs; der Aktienkurs des Unternehmens bewegte sich quasi parallel zu dessen Gesundheitszustand. Allerdings hat das Managerdasein auch Schattenseiten: Arbeitstage mit zwischen 14 und 18 Stunden, mehrfach wöchentliche Reisetätigkeit über größere Zeitzonen hinweg, ständige Erreichbarkeit, regelmäßiges Arbeiten an Abenden und Wochenenden, wenig Urlaub sowie Zeit- und Kostendruck gehören bei vielen Topmanagern und Topmanagerinnen zur Tagesordnung. Oder anders ausgedrückt: Dies sind die wichtigsten Work-Life-Balance Killer eines Managers. Und dass diese hohen psychischen und physischen Belastungen nicht ohne Folge bleiben, liegt auf der Hand. Topmanager, die an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gebracht werden, begehen häufiger Managementfehler, treffen eher sub-optimale Entscheidungen und sind weniger loyal gegenüber ihrem Unternehmen. Erste Studien zeigen, dass jeder dritte deutsche Manager an Workaholismus leidet und jeder S AUTORIN Professor Dr. Ruth StockHomburg lehrt Marketing und Personalmanagement an der Technischen Universität Darmstadt. 843 11|11 Forschung & Lehre www.zew.de hoch Der gelassene Selbstmanager Der intrinsisch motivierte Kompensator Jetzt erschienen: Seminarprogramm 2011/2012 Seminarpro gramm 2012 2011 – Juni September niedrig Arbeitsbezogene Ressourcen Abbildung : Typologie von Managern im Umgang mit ihrer Work-Life-Balance Der gleichgültige Professionelle niedrig Der extrinsisch motivierte Arbeitssüchtige hoch Arbeitsbezogene Anforderungen Work-Life-Balance ist am schlechtesten ausgeprägt. beiter trauen, diese Angebote zu nutzen – der Grund: Angst vor negativen Karrierefolgen! Strukturelle Maßnahmen Prävention sind daher lediglich die halbe Miete auf Eine wichtige Frage bezieht sich nun dem Weg zu einer funktionierenden darauf, was Unternehmen und Manager Work-Life-Balance von Topmanagern, tun können, um die Work-Life-Balance was auch Unternehmen nach und nach im Topmanagement zu verbessern. erkennen. So traute sich die Vodafone Zahlreiche Unternehmen, wie beispielsDeutschland GmbH in einer Initiative weise Procter & Gamble und IBM, hazur Verbesserung der Work-Life-Balanben Gesundheitsförderungs- und -vorce Kultur an die „weichen Faktoren“ – sorgeprogramme. Merck lässt seine Kultur und Führung – heran. Neben der Topführungskräfte regelmäßig gesundUnternehmenskultur ist dies insbesonheitlich durchchecken. Für angehende dere der konstruktive Umgang mit der weibliche Top-Führungskräfte bieten Work-Life-Balance der Mitarbeiter im Unternehmen wie BASF und Daimler Rahmen der Mitarbeiterführung. zudem umfassende MentorenprogramEs gibt allerdings eine Reihe von me an, um diese besser innerhalb des Maßnahmen, die Topmanager selbst ergreifen können »Weniger als 50 Prozent der Mitarbeiter (Kreiner/Hollensbee/ Sheep 2009; in US-amerikanischen Unternehmen Stock 2010). Beitrauen sich, Hilfsangebote zu nutzen.« spielsweise können andere MenUnternehmens zu vernetzen. Mit erfahschen (Assistenten, Familienangehörige renen Mentoren werden zwar nicht usw.) als Unterstützung herangezogen ausschließlich, aber zumindest in gewiswerden. Darüber hinaus können Techsem Umfang Herausforderungen um die nologien genutzt werden, um mehr Work-Life-Balance besprochen. Die räumliche Flexibilität während der Armeisten Unternehmen konzentrieren beit zu haben. Wichtig ist auch, konsesich auf „harte Faktoren“, und zwar quent Auszeiten bzw. Zeiten für private durch Maßnahmen wie GesundheitsDinge zu definieren. Weiterhin ist es checks, Mentoring, Seminare zum hilfreich, wenn gegenüber dem berufliSelbstmanagement, interne bzw. dem chen und privaten Umfeld gewisse ErUnternehmen assoziierte Kinderbetreuwartungen kommuniziert werden, z.B. ungsangebote und Sabbaticals. hinsichtlich der persönlichen ErreichAllerdings zeigen jüngere Studien in barkeit oder der Inhalte, mit denen ein US-amerikanischen Unternehmen, dass Manager behelligt werden sollte. sich weniger als 50 Prozent der Mitar- Als einziges deutsches Wirtschaftsforschungsinstitut verfügt das ZEW über einen eigenen Weiterbildungsbereich. Er ermöglicht dem Institut, die wissenschaftliche Forschungsarbeit praxisnah nach außen zu vermitteln. In dem neu erschienen Seminarprogramm 2011/2012 reicht das Themenspektrum von Ökonometrie über Finanzmarktanalyse und -management bis hin zu Unternehmensführung und Organisation. Wie in den letzten Jahren werden bewährte Klassiker wie „Digitale Literatur und Urheberrecht“ oder das Qualifizierungsprogramm Ökonometrie angeboten. Neu im Programm sind Expertenseminare zum Thema „Internationaler Mitarbeitereinsatz in Wissenschaft und Forschung“ oder „Dynamic Programming: Theory, Numeric Implementation, and Applications“ Das Weiterbildungsangebot des ZEW umfasst außerdem Qualifizierungsmaßnahmen in deutscher und englischer Sprache, die speziell nach den individuellen Bedürfnissen von Unternehmen und Institutionen entwickelt werden. Mehr Informationen: www.zew.de/weiterbildung Kontakt: Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH (ZEW) L 7, 1 · 68161 Mannheim Frau Vera Pauli Telefon: 0621/1235-124 Telefax: 0621/1235-125 E-Mail: [email protected]