Rehabilitation – heute und morgen

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Rehabilitation – heute und morgen
Ausgabe Nr. 22, Oktober 2013/ 03
Herausgeber:
SW!SS REHA
Vereinigung der Rehabilitationskliniken der Schweiz
Postfach, 5001 Aarau, Telefon 062 836 40 90
[email protected], www.swiss-reha.com
RÜCKBLICK
SW!SS REHA-Generalversammlung
Die führenden Rehabilitationskliniken der Schweiz
Überblicksreferat einem Ver­
gleich der Rehabilitationsan­
sätze in der West- und in der
Deutschschweiz sowie den da­
raus entstehenden möglichen
Forderungen für die Qualitäts­
strategie von SW!SS REHA. Als
Fazit empfahl Willy Oggier, dass SW!SS REHA
noch stärker die Federführung bei der Defini­
tion von REHA-spezifischen Qualitätskriterien
übernimmt – und dies gesamtschweizerisch.
Eine Forderung, die bei den Mitgliedern der
GV auf offene Ohren traf und vom Vorstand
bereits intensiv verfolgt wird.
Die diesjährige Generalversammlung vom
16. / 17. Mai fand in der Klinik Bethesda,
Tschugg, statt. Die Klinik Bethesda war damit
seit Gründung des Verbandes als einzige Klinik
bereits zum zweiten Mal eine kompetente und
herzliche Gastgeberin.
Im Mittelpunkt der gut besuchten GV standen
die beiden Referate von Markus Moser sowie Wil­
ly Oggier. Markus Moser, seines Zeichens juristi­
scher Berater im Gesundheitswesen, präsentierte eine
von SW!SS REHA in Auftrag gegebene Analyse zur
Kostengutsprache bei stationärer Rehabilitation. Willy
Oggier, Gesundheitsökonom, widmete sich in seinem
AKTUELL
Rehabilitation – heute und morgen
«Ich wusste nicht viel über Rehabilitation. Bis zu dem Moment, nachdem mein
Mann einen Schlaganfall erlitten hatte, und wir nicht wussten, ob er jemals
wieder der ‹Alte› wird! Ich war unendlich froh und überrascht, wie viele professionelle Hände sofort zupackten und alles in die Wege leiteten, um meinem
Mann nach dem Akutspital mit einer Rehabilitation zu helfen. Heute ist vom
schweren Vorfall kaum etwas zurückgeblieben. Dank der Rehabilitation ist
mein Mann wieder der aktive Familienvater zu Hause und der geschätzte Mitarbeiter in seiner Firma!»
So oder ähnlich klingen viele Aussagen über die Rehabilitation. Sie zeigen dreierlei auf. Erstens: Die Bedeutung der Rehabilitation ist sowohl einer breiten
Öffentlichkeit, aber auch vielen Entscheidungsträgern in Politik und Verwaltung zu wenig bekannt. Zweitens: Der Moment, in dem man mit der Rehabilitation in Kontakt kommt, trifft einen oftmals unerwartet und meist in einer
sehr schwierigen Situation. Auf der anderen Seite sind alle Betroffenen überrascht und glücklich über die umfassende, schnelle und professionelle Hilfe,
die ihnen in der jeweiligen Krisensituation zuteil wird. Drittens: Die Leistungen
der Schweizer Rehabilitation gehören zu den führenden in der Welt. Ihre hohe
Qualität ermöglicht es vielen Betroffenen, sich den Umständen entsprechend
wieder rasch und nachhaltig in das gewohnte Lebens- und Arbeitsumfeld zu
integrieren. Die Rehabilitation schafft mit ihrer Arbeit nicht zu unterschätzende Lebensqualität und einen enormen volkswirtschaftlichen Mehrwert.
Dieser Aspekt ist in der heutigen Diskussion zu wenig bekannt und darin liegt
auch die Gefahr für jeden von uns sowie für das Funktionieren unseres gesamten Gesundheitswesens. Denn in der heutigen Diskussion über die Zukunft und
Weiterentwicklung des Schweizer Gesundheitswesens, in der Diskussion um
Ressourcen und Finanzierungsmodelle, wird die Bedeutung der Rehabilitation
allzu oft vernachlässigt. Wenn wir alle aber auch morgen noch die Gewissheit
haben wollen, dass uns oder unseren Liebsten im allerschlimmsten Moment
rasch und professionell geholfen wird, dann müssen wir mehr über die politischen und gesetzlichen Regelungen für eine hochqualitative Rehabilitation
sprechen. Und: Wir müssen viel mehr berücksichtigen, dass unser Gesundheitswesen nur funktionstüchtig bleibt, wenn alle drei Bereiche – akutsomatische Behandlung – Rehabilitation – Langzeitpflege – Hand in Hand arbeiten
können.
Um das dafür notwendige Wissen zu vermitteln, hat SW!SS REHA eine ­Broschüre
unter dem Titel «Rehabilitation – heute und morgen» verfasst, die alle aktuellen Informationen über die Bedeutung der Rehabilitation in unserem Lande
darstellt sowie die zukünftigen Aufgaben und mögliche Lösungen skizziert.
Broschüre bestellen
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Die Broschüre kann in allen drei Landessprachen bestellt
werden bei: SW!SS REHA, Postfach, CH-5001 Aarau,
Telefon: 062 836 40 90, Fax: 062 836 40 91,
[email protected]
Die führenden Rehabilitationskliniken der Schweiz
aarReha Schinznach, 5116 Schinznach-Bad • Berner Klinik Montana, 3963 Crans-Montana • Berner Reha Zentrum AG, 3625 Heiligenschwendi • Clinica di Riabilitazione di Novaggio, 6986 Novaggio • Clinica vd Centro di
Riabilitazione Brissago, 6614 Brissago • Clinique romande de réadaptation, 1950 Sion • Institution de Lavigny, centre de neuroréhabilitation, 1175 Lavigny • Rehaklinik Zihlschlacht AG, 8588 Zihlschlacht • Klinik Barmelweid AG, 5017 Barmelweid • Klinik BETHESDA Tschugg, 3233 Tschugg • Klinik St. Katharinental Spital Thurgau AG, 8253 Diessenhofen • Kliniken Valens, 7317 Valens • Reha Rheinfelden, 4310 Rheinfelden • RehaClinic
Baden, 5401 Baden • RehaClinic Bad Zurzach, 5330 Bad Zurzach • RehaClinic Braunwald, 8784 Braunwald • RehaClinic Glarus, 8750 Glarus • Rehaklinik Bellikon, 5454 Bellikon • Rehazentrum Leukerbad, 3954 Leukerbad •
Rheinburg-Klinik AG, 9428 Walzenhausen • Salina Rehaklinik, 4310 Rheinfelden • Schweizer Paraplegiker-Zentrum, 6207 Nottwil • Zürcher Höhenklinik Davos, 7272 Davos Clavadel • Zürcher Höhenklinik Wald, 8636 Wald
EDITORIAL
Rehabilitation –
heute und morgen
Für SW!SS REHA und ihre Mitgliedskliniken in der
ganzen Schweiz steht das Patientenwohl im Zentrum!
Wir setzen uns mit all unseren Kräften und unserem
Wissen für eine qualitativ hochstehende und nachhal­
tige Rehabilitation ein. Daher sind wir zum einen stetig
darum bemüht, die Qualitätsstandards in unseren Kli­
niken weiter auszubauen. Zum anderen setzen wir uns
intensiv und proaktiv mit den Herausforderungen ausei­
nander, die in den kommenden Jahren auf das Schweizer
Gesundheitswesen und speziell auf die Rehabilitation
und die Patienten zukommen. Denn auch hier gilt: Nur
wer sich rechtzeitig mit der Zukunft auseinandersetzt,
kann rechtzeitig die besten Lösungen für das Wohl der
Patienten in den kommenden Jahren erarbeiten. In un­
serer neuen Broschüre «Rehabilitation – heute und mor­
gen» skizzieren wir die aktuelle Bedeutung der Rehabili­
tation im heutigen Gesundheitswesen, die kommenden
Herausforderungen sowie mögliche Lösungswege. Möge
die Politik uns rechtzeitig erhören!
Um unseren Patientinnen und
Patienten eine nachhaltige und
effiziente Behandlung anbieten
zu können, bedarf es aber auch
entsprechender gesetzgeberischer und politischer Rah­
menbedingungen. Diese werden immer wieder durch
politische Querschläger gefährdet, die einem kurzfris­
tigen Denken entspringen. Die Idee des Bundesrates,
den REHA-Tourismus per Gesetz zu fördern, ist ein Bei­
spiel dafür. Wer seiner Bevölkerung eine hochstehende
und nachhaltige Gesundheitsversorgung zur Verfügung
stellen will, der darf diese nicht kurzfristigen ökono­
mischen Gesichtspunkten opfern!
Dr. med. Fabio M. Conti, Präsident SW!SS REHA
Clinica Hildebrand Centro di riabilitazione Brissago
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HINTERGRUND
Bundesrätliche Förderung des Patiententourismus: Kurzsichtig und gefährlich!
Gleiche Leistung zu tieferen Preisen! Wer würde
da nicht ins Jubeln kommen. Bundesrat Berset
scheint die Zauberformel für diese ökonomische
Meisterleistung im Gesundheitsbereich gefunden zu haben: Im Herbst will der Bundesrat eine
Änderung des Krankenversicherungsgesetzes
in die Vernehmlassung schicken, die es ermöglichen soll, dass Schweizer sich im Ausland behandeln lassen können (siehe NZZ am Sonntag,
14.7.13). Dies mit dem vermeintlichen Versprechen, die Behandlung wäre gleich gut wie in der
Schweiz, aber wesentlich günstiger. Ein kurzsichtiges, illusorisches und gefährliches Unterfangen, wie Erfahrungen und ein vertiefender
Blick am Beispiel der Rehabilitation verdeutlichen!
Seit vielen Jahren versuchen die Krankenversicherer, den
Schweizer Patienten z.B. eine Rehabilitation im benach­
barten Ausland schmackhaft zu machen. Rehabilitation
bei Kaffee und Schwarzwäldertorte zu kostengünstigen
Preisen, lautet der Lockruf.
Worum geht es?
Aufgrund des Territorialitätsprinzips in der Schweiz gilt,
dass die obligatorische Grundversicherung Leistungen,
die im Ausland erbracht werden, im Wesentlichen nur bei
Notfällen übernehmen muss (KVV Art. 36). Das heisst:
Es gibt keine regulären Arztbesuche im Ausland, keine
planbaren Operationen im Ausland und auch keinen Be­
zug von Medikamenten im Ausland.
Gleichzeitig ist es in den Regionen Basel und St. Gallen für
Pilotversuche aufgeweicht worden. Wer dort wohnt, kann
im deutschen Lörrach beziehungsweise im Fürstentum
Liechtenstein ins Spital oder in die Rehabilitationsklinik
gehen und die Kosten dafür über die Grundversicherung
abrechnen. Umgekehrt können sich Deutsche und Liech­
tensteiner in der Schweiz behandeln lassen. Der Basler Pi­
lotversuch läuft seit 2007 und wurde bis 2014 verlängert.
«Patienten-Outsourcing»
erweist sich als Misserfolg!
Doch die Erfolge dieses «Patienten-Outsourcings» sind
bescheiden. Das gilt vor allem für das Projekt «Basel», in
dem sich Schweizer Patienten im deutschen Lörrach be­
handeln lassen können. Die Gründe: Zum einen schätzen
Patienten während ihrer Behandlung die gewohnte, nahe
Umgebung, die auch die notwendigen Sozialkontakte er­
möglicht. Eine Reise über die Grenze für den Spitalbesuch
wird weniger oft geplant als der rasche Abstecher für ei­
Die Schweizer Versicherten
«schätzen
die hohe Qualität und
»
die grosse Vertrauenswürdigkeit
der Schweizer Spitäler.
nen Spitalbesuch in der Umgebung. Zum anderen schät­
zen die Schweizer Versicherten die hohe Qualität und die
grosse Vertrauenswürdigkeit der Schweizer Spitäler, für
die sie ihre Prämien bezahlen.
Ein Weg in die Sackgasse
Die Gründe, warum die geplante Gesetzesänderung je­
doch in die Sackgasse führt, sind noch weit vielfältiger
und gravierender:
1.Bedeutung des nahtlosen Patientenpfades: Für eine
schnelle, nachhaltige und damit auch volkswirtschaft­
lich sinnvolle Heilung nimmt die Führung des Pati­
entenpfades eine immer zentrale Bedeutung ein: Vom
Akutspital in die Rehabilitation und wieder in die ge­
wohnten Verhältnisse bedarf es einer lückenlosen Ab­
sprache zwischen allen Beteiligten. Ein Beispiel: Die
Präsenz der Rehabilitationsspezialisten im Akutspital.
Die Spezialisten bemühen sich, eine hürdenlose Kon­
tinuität der Behandlung mit hochstehender Qualität
zu garantieren. Dafür ist die enge Zusammenarbeit auf
konzeptueller und organisatorischer Ebene zwischen
Die intensivere Betreuung hat
«zumeist
eine höhere Qualität
der Behandlung und damit eine
schnellere und nachhaltigere
Wiedereingliederung zur Folge.
»
den in der Betreuung involvierten Partnern in einem
wohnnahen Netzwerk wesentlich. Eine Auslandsreha­
bilitation unterbricht diesen notwendigen, nahtlosen
Patientenpfad.
2.Kostenvergleich heisst Leistungsvergleich: Tatsächlich
sind die Kosten, z.B für eine Rehabilitation im Ausland,
oftmals günstiger. Wenn die Kosten verglichen werden,
müssen aber auch die Leistungen verglichen werden.
Vergleiche von Leistungen z.B. in Schweizer Rehabilita­
tionskliniken mit denjenigen von ausländischen zeigen,
dass oftmals das Betreuungsangebot in Schweizer Kli­
niken wesentlich höher ist. Die intensivere Betreuung
hat zumeist eine höhere Qualität der Behandlung und
damit eine schnellere und nachhaltigere Wiederein­
gliederung zur Folge. Die dadurch eingesparten volks­
wirtschaftlichen Kosten sind immens und machen die
höheren Behandlungskosten in der Schweiz plausibel.
3.Viele Schweizer Kliniken würden gerne Behandlungs­
preise wie im Ausland verrechnen können. Doch
dazu müssten statt Schweizer Löhne die Löhne wie
im Ausland gezahlt werden. Es ist interessant, dass
sich ein Sozialdemokrat hier als «Lohndrücker» stark­
macht. Ebenso müssten die hiesigen Medikamenten­
preise, die zumeist Schweizer Regulatorien unterlie­
gen, dem ausländischen Niveau angeglichen werden.
Vorschlag Berset gefährdet
«dasDer
Patientenwohl und das Schweizer
Gesundheitssystem. »
4.Ein funktionierendes Gesundheitssystem braucht den
Patientenmix: Die Erfahrungen zeigen, dass es vor al­
lem «leichte» Fälle sind, die theoretisch dafür präde­
stiniert sind, im Ausland behandelt zu werden. Was
passiert jedoch, wenn die «leichten» und damit zumeist
kostengünstigen Fälle im Ausland behandelt werden,
die schweren, komplexen und kostenintensiven Fäl­
le in der Schweiz bleiben? Zum Ersten geht wichtiges
Behandlungs-Know-how verloren. Zum Zweiten gerät
die Kostenstruktur in den Spitälern in Schieflage.
Der Vorschlag Berset gefährdet
das Patientenwohl und das Schweizer
Gesundheitssystem
Das Fazit der bundesrätlichen Idee zur Änderung des
Krankenversicherungsgesetzes: Die schnelle und nach­
haltige Rehabilitation sowie Re-Integration des Patienten
sowie die hochstehende Qualität des Schweizer Gesund­
heitssystems werden zugunsten kurzfristiger Kostenbe­
trachtung geopfert. Aus Sicht des prämienzahlenden Pa­
tienten sowie aus volkswirtschaftlicher Sicht ist dies nicht
zu akzeptieren.
Dr. Fabio Mario Conti, Präsident SW!SS REHA –
Vereinigung der führenden Rehabilitationskliniken
der Schweiz
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K U R Z FA S S U N G
Bundesrat Berset möchte mit seinem Vorstoss die Kostenträger finanziell dadurch entlasten, dass kostengünstigere medizinische Leistungen im Ausland gekauft werden. Es geht um die Grundversicherten,
die bei jeder Gelegenheit ihre Zufriedenheit mit Schweizer Spitälern
äussern. Gerade sie sollen animiert werden, ins Ausland zu gehen
(mit Rabattpolitik?), um sich behandeln zu lassen. Was die Rehabilitation betrifft, haben die Basler Versuche in diese Richtung ernüchternde Resultate erbracht: Es war und ist ein Misserfolg. Wieso? Heute
nimmt die Führung des Patientenpfades eine zentrale Bedeutung ein:
vom Akutspital in die Rehabilitation und wieder in die gewohnten
Verhältnisse. Ein Beispiel: die Präsenz der Rehabilitationsspezialisten
im Akutspital. Die Spezialisten bemühen sich, eine hürdenlose Kontinuität der Behandlung mit hochstehender Qualität zu garantieren.
Dafür ist die enge Zusammenarbeit auf konzeptueller und organisatorischer Ebene zwischen den involvierten Partnern in einem wohnnahen Netzwerk wesentlich.