Lennox Lewis - WordPress.com
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2 Sport „Ich war ein Löwe. Gefährlich“ Und die Klitschkos kämpfen langweilig „wie Doktoren“. Box-Legende LENNOX 118 stern 13/2012 LE OX LEWIS über die Krise des Schwergewichts 2 Sport mir nicht die Finger verletzten wollte. Die Hände sind das Wichtigste für einen Boxer. Mit Wunden durfte ich nicht in den Ring. Sie waren der Letzte, der Vitali Klitschko bezwingen konnte, 2003 war das. Heute dominiert er mit seinem Bruder Wladimir das Schwergewichtsboxen. Hätten Sie das für möglich gehalten? Ich habe es befürchtet. Weil es schon lange keine frischen Talente mehr gibt. Die Klitschkos arbeiten hart. Wenn jemand sagt, sie seien keine guten Boxer, muss ich widersprechen. Ihr Problem ist, sie haben kein Flair. Was meinen Sie damit? Von ALEXANDRA KRAFT (Text) und CHARLES OMMANNEY (Fotos) gelt. Die Narben sind von den Zähnen meiner Gegner, die ich eingeschlagen habe. ennox Lewis trägt ein braunes Wollkäppi, ein dickes Flanellhemd und fett gepolsterte Kopfhörer – dabei ist es 30 Grad warm. Er schlendert betont cool heran, bei jedem Schritt wackelt der 46-Jährige lässig mit Becken und Kopf. So, wie er früher in den Ring einmarschierte. Er war ein kühler, mutiger Kämpfer, er schlug die großen Schlachten. Besiegte Mike Tyson und Evander Holyfield. Rang Vitali Klitschko in einem blutigen Kampf nieder. In jenen Tagen reckte immer ein Helfer hinter Lewis die Weltmeistergürtel in die Luft. Heute trägt ihm seine Frau Violet seinen Kaffeebecher hinterher, quer durch den Flamingo Park in Miami Beach. Mit wem haben Sie sich angelegt? L Was ist mit Ihren Händen passiert? Warum? Sie sind voller Narben. Wo kommen die her? Die habe ich nicht vom Boxen. Sondern von Schlägereien. Als Kind habe ich mich immer geprü120 stern 13/2012 Ich wurde von den anderen Jungen ständig provoziert. Als Kind zog ich mit meiner Mutter aus England nach Kanada. Für die Kinder dort hatte ich einen furchtbaren Dialekt. Wenn sie mich verbesserten, endete das in Schlägereien. Oh Mann, ich hatte dauernd Ärger. Aber offensichtlich waren Sie talentiert? Ja, als ich zum Boxen kam, kapierte ich, dass meine Fäuste gefährliche Waffen sind. Ich habe mir eingeredet, dass ich vorsichtig sein muss. Wie Bruce Lee. Lewis streckt die Hände vor, schließt die Augen und schnauft dreimal. Bleib ruhig, ich bin gefährlich. Bleib ruhig, ich bin gefährlich. Sehen Sie, so habe ich das gemacht. Alles eine Frage der Selbstbeherrschung (lacht). Ich habe meine Zweifel, ob das wirklich geholfen hat. Sie haben recht. Mit den Schlägereien habe ich aufgehört, weil ich Lennox Lewis, 46, wurde während seiner Profikarriere, zwischen 1989 und 2003, mehrfach Weltmeister im Schwergewicht. Von 44 Kämpfen verlor er nur zwei, er gilt noch heute als einer der besten Boxer aller Zeiten Ich komme aus der Ali-Schule. Wo die Show und die großen Sprüchen wichtig sind. Da provoziert man ständig. Haut ein Ding nach dem anderen raus, tänzelt durch den Ring. Heute sehen wir nur das: Lennox Lewis steht gemächlich auf, schlägt vier-, fünfmal gelangweilt in die Luft. Dann setzt er sich. Irgendwann kommt der Schiedsrichter und bricht den Kampf ab. Das ist langweilig. Die Gegner der Klitschkos werden auch nicht besser. Sondern schlechter. Wissen Sie, dieser ... Na, wie hießen die letzten noch mal? Dereck Chisora, der gegen Vitali nach Punkten verlor? Und JeanMarc Mormeck, der von Wladimir in der vierten Runde k. o. geschlagen wurde? Ja, genau. Die wären bei mir nicht mal Sparringspartner gewesen. Es geht schließlich um die Weltmeisterschaft im Schwergewicht. Keiner kannte die Typen. Aber die Klitschkos tun immer so, als seien ihre Gegner die gefährlichsten der Welt. Aber die Klitschkos können nur gegen die boxen, die es gibt. Wenn die starken Kämpfer fehlen, ist das nicht ihre Schuld. Auf dem Markt ist derzeit in der Tat nichts. Eigentlich müssten sie warten, bis sich ein starker Gegner entwickelt. Aber ihnen läuft die Zeit weg. Nur: So, wie sie es jetzt machen, schaden die Klitschkos dem Schwergewichtsboxen. ➔ 2 Sport vorn, reißt den Mund auf und brüllt los: Wohahaa. So habe ich gekämpft. Ich war ein Löwe. Gefährlich. Die Klitschkos kämpfen wie Doktoren. Sehr kontrolliert. Ist es Zeit für Ihr Comeback? Für 100 Millionen komme ich wieder. Dafür würde ich meinen Pyjama ausziehen und ins Gym gehen. Gegen wen würden Sie gern noch mal antreten? Aber die Einschaltquoten sind sehr gut. In Deutschland. Sonst nirgends. Deutschland lässt dieses Theater zu. Ich verstehe nicht, warum ihr euch das antut. Gutes Boxen hat mehr verdient. Wenn der beste Boxer der Welt gesucht wird, muss das in einem epischen Fight entschieden werden. Nicht in diesem Zirkus. 21. Juni 2003: Der Kampf zwischen Lennox Lewis und Vitali Klitschko wird nach der 6. Runde abgebrochen – Klitschko war zu schwer am linken Auge verletzt Sie wurden selbst oft für Ihren langweiligen Kampfstil kritisiert. Haben Sie mal ein Tier kämpfen sehen? Diesmal springt Lewis plötzlich auf, schmeißt die Hände nach 122 stern 13/2012 Er hat während einer Pressekonferenz versucht, mir ins Bein zu beißen. Ein echter Schock. Weil ich dachte, er sei Vegetarier. (lacht) Ernsthaft: Ich war zutiefst enttäuscht von ihm. Wir sind Gladiatoren. Beißen – das machen nur Tiere. Warum ist Tyson durchgedreht und Sie nicht? Sie hatten beide eine schwierige Kindheit. Wenn jeder die beiden Boxer im Ring kennt und beide schon etwas geleistet haben. Du kannst deinen Ruhm nicht auf einem Kampf gegen einen Niemand begründen. Die Klitschkos und ihre Gegner machen sich nur die Taschen voll. Die Amerikaner mögen ihren Boxstil nicht. Wir kommen aus den goldenen, historischen Zeiten. Mit Ali, Tyson und mir. Unsere Kämpfe gingen in die Geschichte ein. Die Leute fielen reihenweise um. Das waren Emotionen pur. Der Punch der Klitschkos reicht nicht mal, um ihre schwachen Gegner umzuhauen. Tyson war deutlich verrückter als die Klitschkos ... Warum? Was wäre Ihrer Meinung nach würdig? Sind die Klitschkos deshalb in den USA so erfolglos? Mike Tyson war der Letzte, den ich wirklich schlagen wollte. Er drohte, meine Kinder zu fressen. Der Sieg gegen ihn war mir eine Herzensangelegenheit. Das Ende meiner Ära war, als ich Klitschko geschlagen habe. Da war ich nicht mal in Topform. Ich habe aufgehört, als es keine Gegner mehr für mich gab. Tyson war der Letzte, den ich schlagen wollte. Er drohte, meine Kinder zu fressen “ Ich war ein wütender Junge, der immer Ärger machte. Ich war gefährlich. Aber ich hatte eine Mutter, die mich liebte. Die hatte Tyson nicht. Meine gab mir Halt und hielt mich von Gefahren und Verlockungen fern. Es tut mir leid, was Mike passierte. Er wurde schamlos ausgenutzt. Hatte die falschen Freunde, die ihn erst mit Geld bewarfen und dann fallen ließen. Da ist er durchgedreht. gewichtler traditionell herkamen, locken sie Basketball, Football, Tennis, sogar Golf. Überall kannst du viel Geld verdienen, dazu bekommt man manchmal eine TopAusbildung. Und muss sich dafür nicht jahrelang das Gesicht einschlagen lassen. Sind die Männer zu weich? Boxen trennt die Jungs von den Männern. Schauen Sie sich doch David Haye an. Der jammert nach seiner Niederlage gegen Wladimir über einen blauen Zeh. Das war wirklich peinlich. Vitali Klitschko ist 40 Jahre alt. Sein Bruder bald 36. Wie geht es weiter, wenn die beiden abtreten? Ich weiß es nicht. Ich sehe derzeit keinen Nachfolger. Ich hoffe trotzdem auf eine neue Ära. Der Neuaufbau wird aber Jahre dauern. Wenn Ihnen das Schwergewicht so am Herzen liegt, warum arbeiten Sie nicht als Trainer? Wer mich als Trainer haben will, muss sehr talentiert sein. Ich habe so viel zu geben. Ich habe alles im Kopf, bin ein guter Analytiker. Ich weiß genau, wie man ein großer Boxer wird. Wenn der Richtige kommt, mache ich das. Was fasziniert Sie am Boxen? Muhammad Ali war mein Held. Ich wollte in seine Fußstapfen treten. Heute kann ich sagen: Meine sind definitiv größer. Ich habe sie alle geschlagen. Meine Ära ist komplett. Haben Sie Kontakt zu Muhammad Ali? Ja, natürlich. Ich war bei seinem 70. Geburtstag. Früher, als er noch sprechen konnte, haben wir regelmäßig telefoniert. Wie fühlen Sie sich, wenn Sie ihn so krank sehen? Die spektakulären Fighter sind also weg. Hat das Schwergewicht überhaupt eine Überlebenschance? Es macht mich sehr, sehr traurig, was aus diesem großartigen Boxer geworden ist. Im Moment ist die Gewichtsklasse tot. Es ist eine Katastrophe, dass die Welt dem Kampf zwischen Floyd Mayweather und Manny Pacquiao im Weltergewicht entgegenfiebert. Bei Ali vermutet man, die vielen Schläge gegen den Kopf seien der Auslöser für seine Parkinson-Krankheit. Gucken Sie manchmal auf Ihre Hände um zu sehen, ob die zittern? Wo sind die guten Schwergewichtler geblieben? Heute haben die Jungen zu viel Auswahl. In den USA, wo Schwer- Natürlich mache ich das. Aber ich versuche auch, nicht daran zu denken. Ich will Optimist sein. Und schauen Sie: Ali überlebt sie doch 2 alle. Trotz seiner Krankheit.