Asklepios Nordseeklinik Westerland GmbH (Belegärzte

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Asklepios Nordseeklinik Westerland GmbH (Belegärzte
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HAMBURG
RECHTSANWÄLTE
Dr. Horst Bonvie4
Sven Hennings4
Frank Schramm1, 4
Joachim Poetsch4
Christian Gerdts4
Dr. Wiebke Arnold4
Katharina Hampp
Dr. Jana Spieker
CausaConcilio Rechtsanwälte, Kaiser-Wilhelm-Straße 93, 20355 Hamburg
Per E-Mail: [email protected]
Asklepios Nordseeklinik Westerland/Sylt
Norderstraße 81
25980 Westerland/Sylt
Kaiser-Wilhelm-Straße 93
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Telefon 040/355372-0
Telefax 040/355372-19
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HAMBURG, 08.10.2013
Sekretariat:
Klaudia Konopka 040 355372-222
Fax 040/355372-55222
Asklepios Nordseeklinik Westerland GmbH (Belegärzte Gynäkologie /
Geburtshilfe)
RECHTSANWÄLTE UND NOTARE
Diethard Koch, bis 2003
Dr. Volker Staats, bis 2005
Dr. Hans-Jürgen Kickler1, 3
Frank Schramm1, 4
Dr. Paul Harneit4
Andreas Kühnelt6
Dr. Dirk Unrau5
Dr. Thomas Scharafat1, 3
Kharim-Oliver Elmasry2, 3
RECHTSANWÄLTE
Sehr geehrter Herr Hankeln,
in obiger Angelegenheit komme ich zurück auf Ihre telefonische Anfrage vom
04.10.2013.
Sie haben mir folgendes Anliegen geschildert:
In der Asklepios Nordseeklinik Westerland sind derzeit niedergelassene Vertragsärzte in der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe belegärztlich tätig.
Axel Riefling1
Stephan Gierthmühlen4
Dr. Steffen Kraus
Dr. Jörn W. Winterfeld6
Dr. Kai Stefan Peick4
Arne Bruns
Olaf Hoepner7
Dr. Sebastian Hollitzer
Dr. André Sosat
Bei den Gerichten
Deliusstraße 16, 24114 Kiel
Postfach 28 69, 24027 Kiel
Telefon 0431/6701-0
Telefax 0431/6701-599
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Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Erbrecht
Fachanwalt für Familienrecht
4 Fachanwalt für Medizinrecht
5 Fachanwalt für Steuerrecht
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Mediator
7
Tätigkeitsschwerpunkt
Bank- und Wertpapierrecht
2
Sie schilderten mir, dass die Kosten der Berufshaftpflichtversicherung jener
Vertragsärzte von der Klinik übernommen würden. Sie baten mich um rechtliche Würdigung, ob diese Kostenübernahme durch die Klinik mit gesetzlichen
Regelungen in Einklang zu bringen ist oder ob diese Kostenübernahme rechtlich unzulässig ist.
Hierzu nehmen wir wie folgt Stellung:
Nach diesseitiger Auffassung, die mein Partner Herr Rechtsanwalt Sven Hennings gestern auch gegenüber Herrn Christoph Hoffmann aus Ihrem Hause
auf dessen Nachfrage äußerte, ist die Übernahme der Kosten, die den Belegärzten für ihre Berufshaftpflichtversicherungen entstehen, durch die Klinik
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rechtlich unzulässig.
Hierbei ist zunächst die Stellung der Belegärzte zu berücksichtigen:
Gemäß § 18 Abs. 1 KHEntGG sind Belegärzte nicht im Krankenhaus angestellte Vertragsärzte, die berechtigt sind, ihre Patienten (Belegpatienten) im Krankenhaus unter Inanspruchnahme der hierfür bereitgestellten Dienste, Einrichtungen und Mittel stationär oder teilstationär zu behandeln, ohne hierfür vom Krankenhaus eine Vergütung zu erhalten.
Der Belegarzt rechnet die von ihm erbrachten stationären bzw. teilstationären Leistungen
unmittelbar gegenüber den Patienten bzw. den Kostenträgern ab und schließt mit dem Patienten insoweit im eigenen Namen einen ärztlichen Behandlungsvertrag.
Auf Grundlage dieses Behandlungsvertrages erzielt er sodann Einnahmen aus ärztlicher
Tätigkeit.
Die Ausgaben, die hierdurch entstehen, sind sodann grundsätzlich von dem Arzt als Unternehmer zu tragen. Dies gilt insbesondere für solche Kosten, die unmittelbar mit seiner ärztlichen Tätigkeit zusammenhängen.
Dies gilt insbesondere für Kosten einer Berufshaftpflichtversicherung. Gemäß § 21 Musterberufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte (MBO-Ä) sind die Ärztinnen
und Ärzte verpflichtet, sich hinreichend gegen Haftpflichtansprüche im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit zu versichern.
Die hierdurch entstehenden Kosten sind also dem insoweit verpflichteten Arzt zuzuordnen,
der insoweit die berufliche Tätigkeit ausübt, es sei denn es handelt sich um angestellte Ärzte.
Belegärzte sind jedoch keine angestellten Ärzte, wie sich eindeutig aus dem Wortlaut des §
18 Abs. 1 KHEntGG ergibt.
Die Kostenübernahme für die Berufshaftpflichtversicherung durch einen Dritten stellt somit
für einen Arzt einen wirtschaftlichen Vorteil dar. In diesem Fall übernimmt die Klinik, in der
der Belegarzt seine Patienten behandelt, die Kosten der Haftpflichtversicherung des Arztes.
Dieser wirtschaftliche Vorteil erfolgt sodann im Zusammenhang mit dem sicherlich bestehenden Belegarztvertrag und der damit einhergehenden Annahme, dass die stationär zu
versorgenden Patienten in der Asklepios Nordseeklinik Westerland von den Belegärzten behandelt werden.
Ein solcher wirtschaftlicher Vorteil – die Ersparnis der Kosten der Berufshaftpflichtversicherung -, der im Zusammenhang mit einer Zuweisung von Patienten in die Klinik steht, verstößt
gegen verschiedene rechtliche Vorschriften.
Gemäß § 31 Abs. 1 MBO-Ä gilt:
„Ärztinnen und Ärzten ist es nicht gestattet, für die Zuweisung von Patientinnen und
Patienten oder Untersuchungsmaterial oder für die Verordnung oder den Bezug von
Arznei- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten ein Entgelt oder andere Vorteile zu
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fordern, sich oder Dritten versprechen oder gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren.“
In berufsrechtlicher Hinsicht ist durch diese Vorschrift die Gewährung eines wirtschaftlichen
Vorteils – somit auch die Übernahme der Kosten einer Berufshaftpflichtversicherung – im
Zusammenhang mit der Zuweisung von Patientinnen und Patienten unzulässig. Hierbei wird
zu berücksichtigen sein, dass die Übernahme der Kosten durch die Klinik darauf zurückzuführen ist, dass hierdurch die Zuweisung von Patienten erwartet wird.
Ein Verstoß gegen § 31 Abs. 1 BO führt nicht nur zu möglichen berufsrechtlichen Schritten,
die durch die zuständige Ärztekammer Schleswig-Holstein veranlasst werden könnten, sondern auch dazu, dass in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht gemäß § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 31
MBO-Ä Unterlassungsansprüche von Konkurrenten oder auch von Seiten der Ärztekammer
geltend gemacht werden können. Darüber hinaus sind Schadensersatzansprüche denkbar.
Abgesehen von diesem berufsrechtlichen und damit einhergehend dem wettbewerbsrechtlichen Risiko ist auch für die Belegärzte eine darüber hinausgehende signifikante vertragsarztrechtliche Gefahr gegeben.
Diese ergibt sich aus der Regelung des § 73 Abs. 7 SGB V, die zum 01.01.2012 im Zuge
des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes in Kraft getreten ist. Diese Vorschrift hat die o.g. Regelung des § 31 Abs. 1 MBO-Ä in das Vertragsarztrecht übernommen und lautet:
„Es ist Vertragsärzten nicht gestattet, für die Zuweisung von Versicherten ein Entgelt
oder sonstige wirtschaftliche Vorteile sich versprechen oder sich gewähren zu lassen
oder selbst zu versprechen oder zu gewähren. § 128 Abs. 2 Satz 3 gilt entsprechend.“
§ 128 Abs. 2 Satz 3 SGB V, auf welchen § 73 Abs. 7 Satz 2 SGB V verweist, lautet:
„Unzulässige Zuwendungen im Sinne des Satzes 1 sind auch die unentgeltliche oder
verbilligte Überlassung von Geräten und Materialien und Durchführung von Schulungsmaßnahmen, die Gestellung von Räumlichkeiten oder Personal oder die Beteiligung an den Kosten hierfür sowie Einkünfte aus Beteiligungen am Unternehmen von
Leistungserbringern, die Vertragsärzte durch ihr Verordnungs- oder Zuweisungsverhalten selbst maßgeblich beeinflussen.“
Zwar ist nicht ausdrücklich geregelt, dass die Übernahme von Kosten einer Berufshaftpflichtversicherung unzulässig ist. Da jedoch in § 128 Abs. 2 Satz 3 SGB V das Wort „auch“ genannt wird, steht fest, dass diese Regelung nicht eine abschließende Aufzählung von Tatbeständen enthält, die lediglich zu einem Verstoß gegen § 128 Abs. 2 Satz 3 SGB V i.V.m. § 73
Abs. 7 SGB V führen.
Vielmehr handelt es sich um regelhaft genannte Beispiele. Vielmehr sind von dem Verbot
umfasst – und dies ergibt sich auch aus § 73 Abs. 7 Satz 1 SGB V – sämtliche wirtschaftliche Vorteile, die im Zusammenhang mit der Zuweisung von Patienten in Betracht kommen.
Hierunter fallen auch die Kosten der Berufshaftpflichtversicherung, die die Klinik in der Er-
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wartung übernimmt, dass die Belegärzte ihre Patienten in dieser Klinik stationär behandeln.
Der wirtschaftliche Vorteil liegt sodann in der Ersparnis dieser Kosten.
Ein Verstoß gegen § 73 Abs. 7 SGB V führt zu einer Verletzung vertragsärztlicher Pflichten.
Dies kann verschiedene Konsequenzen haben. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen,
dass sämtliche Honorarabrechnungen der Vertragsärzte rechtswidrig sein könnten und es zu
Rechnungskorrekturen kommt.
Mit Unterschrift seiner Honorarabrechnung erklärt der Vertragsarzt, dass er sämtliche abgerechneten Leistungen unter Beachtung der vertragsarztrechtlichen Vorschriften erbracht hat.
Bei einem Verstoß gegen § 73 Abs. 7 SGB V würde die mit der Unterschrift verbundene Garantieerklärung der Sammelabrechnung entfallen. Die Abrechnung wäre fehlerhaft und könnte nach pflichtgemäßem Ermessen der KV gekürzt werden.
Ein Verstoß gegen vertragsarztrechtliche Vorschriften kann zudem zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens führen.
Da es sich bei § 73 Abs. 7 SGB V nunmehr auch um eine elementare vertragsärztliche
Pflicht handelt, die sich nicht nur aus dem Bundesmantelvertrag ergibt, sondern ausdrücklich
Einzug in das Gesetz gefunden hat, kann ein dauerhafter Verstoß gegen diese Vorschrift
auch weitergehende zulassungsrechtliche Konsequenzen haben.
So sieht § 95 Abs. 6 Satz 1 SGB V vor:
„Die Zulassung ist zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr
vorliegen, der Vertragsarzt die vertragsarztrechtliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder
nicht mehr ausübt oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt.“
Hieraus ergibt sich, dass im Fall einer gröblichen Verletzung vertragsärztlicher Pflichten die
Zulassung zu entziehen ist.
Dies bedeutet, dass in diesem Fall der Zulassungsausschuss kein Ermessen ausüben kann,
sondern vielmehr verpflichtet ist, die Zulassung zu entziehen, wenn eine gröbliche Verletzung vertragsärztlicher Pflichten zu bejahen ist. Die Entgegennahme eines wirtschaftlichen
Vorteils durch die Klinik in Form der Übernahme der Kosten in der Berufshaftpflichtversicherung stellt somit eine Gefahr für die beteiligten Belegärzte dahingehend dar, dass diese Gefahr laufen, dass Ihnen die Zulassung auf Grundlage des § 95 Abs. 6 Satz 1 SGB V entzogen wird.
Aufgrund all der vorgenannten Risiken kann ich Ihnen und grundsätzlich auch den Vertragsärzten nicht empfehlen, die Kooperation in der von Ihnen geschilderten Form weiterzuführen.
Vielmehr empfehle ich, dass die belegärztliche Kooperation nur dann fortgeführt werden
kann mit den Belegärzten, sofern diese ihre Kosten der Berufshaftpflichtversicherung selbst
tragen.
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Abschließend möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass zwar zum jetzigen Zeitpunkt eine
strafrechtliche Sanktionierungsmöglichkeit wegen Bestechung und / oder eine Bestechlichkeit im Gesundheitswesen wegen der Entgegennahme eines wirtschaftlichen Vorteils freier
Zuweisung von Patienten nicht zu bejahen ist, sofern kein Nachteil für die Kostenträger entsteht,
Bekannt ist jedoch, dass der Gesetzgeber in der vergangenen Legislaturperiode einen Gesetzesentwurf in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht hat, der eben die Bestechung
und / oder Bestechlichkeit im Gesundheitswesen insbesondere im vertragsärztlichen Bereich
sanktionieren soll. Zwar ist dieses Gesetz vor der Bundestagswahl nicht verabschiedet worden. Da im Grundsatz jedoch parteiübergreifend Konsens bestand, dass eine solche Regelung verabschiedet werden soll, lediglich keine Klärung gefunden wurde, ob diese Vorschrift
in das SGB V oder in das StGB integriert werden sollte und ob möglicherweise auch die privatärztliche Leistungserbringung hiervon umfasst sein sollte, ist damit zu rechnen, dass im
Verlauf der jetzigen Legislaturperiode ein entsprechender Gesetzesentwurf verabschiedet
werden dürfte. Dann könnte das geschilderte Verhalten auch für alle Beteiligten – sowohl für
die Klinik als auch für die Belegärzte – strafrechtliche Konsequenzen haben.
Auch vor diesem Hintergrund empfehlen wir, die Kooperation mit den Belegärzten nur insoweit fortzusetzen, als dass diese die Kosten ihrer Berufshaftpflichtversicherung selbst übernehmen.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Angaben zunächst gedient zu haben, und stehe Ihnen für Rückfragen selbstverständlich gern zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Gerdts
Rechtsanwalt
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