Gesunde Kinder – gesunde Zukunft - AOK

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Gesunde Kinder – gesunde Zukunft - AOK
Das AOK-Forum für Politik, Praxis und Wissenschaft
Spezial 6/2007
SPEZIAL
AOK-INITIATIVE
Gesunde Kinder – gesunde Zukunft
+++ Ziele, Konzepte, Hintergründe
Inhalt
STATEMENT
STARTSCHUSS
»Die Lösung liegt in der Prävention«
Kinder sind unsere Zukunft
von Ursula von der Leyen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
von Martin Wabitsch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13
THEATERSTÜCK
ÜBERBLICK
Möhren, Kinder, Sensationen
Fit fürs Leben
von Ulrich P. Schäfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4
von Jörg Trinogga . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15
AOK-PROJEKTE
INITIATIVE VON AOK, stern UND RTL
»Wir machen Kinder stark fürs Leben«
Interview mit Hans Jürgen Ahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6
AOK-stern-STUDIE I
Prävention im Plattenbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Gesundes lernen und lehren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Ohne Rauch geht’s auch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Eltern auf der Schulbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16
16
17
17
»Kinder brauchen Regeln und Rituale«
Interview mit Ulrike Ravens-Sieberer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
REPORTAGE
Tolle Tipps vom Tiger
von Peter Hirte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
stern-REPORTAGE
18
Familienalltag in Deutschland
von Ingrid Eißele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8
STATEMENT
»Ein Musterbeispiel für gute Zusammenarbeit«
von Berthold Koletzko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
AOK-stern-STUDIE II
18
Gesund groß werden
von Wolfgang Settertobulte, Ulrike Ravens-Sieberer
und Nora Wille . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
KOOPERATION
Keine Chance der Chancenlosigkeit
von Carsten Direske . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20
AOK-ANGEBOTE
Generation Big Mac
STATEMENT
von Sibylle Becker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13
»Wir brauchen Netzwerke für sozial Benachteiligte«
von Elisabeth Pott . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20
Webtipps
Die AOK-Landkarte der Settingprojekte. . . . . . . . . . . . . . . 21
■ www.papilio.de
Internet
AOK-Projekte
■ www.aok-bv.de
■
AOK-Bundesverband
AOK-Website zur Initiative
»Gesunde Kinder – gesunde Zukunft«
■ www.bewegungskindergarten-rlp.de
KIGGS-Studie des Robert-Koch-Instituts (RKI)
■ www.besmart.info
Qualitätssiegel für bewegungsfreundliche
Kindergärten, AOK Rheinland-Pfalz
■ www.bzga.de
Nichtraucherwettbewerb für Schulen
»Be Smart, Don’t Start«, AOK-Bundesverband
■ www.sciencekids.de
Bundeszentrale für gesundheitliche
Aufklärung (BZgA)
■ www.gesund-macht-Schule.de
■ www.kindergesundheit.de
Bewegungsprojekt an Schulen,
AOK Rheinland/Hamburg
Kinder und Wissenschaftler forschen
gemeinsam für mehr Gesundheit an der
Schule, AOK Baden-Württemberg
www.aok.de/kids
■ www.kiggs.de
Stifung Kindergesundheit e.V.
Wissenschaftliches Institut der Ärzte
Deutschlands (WIAD)
■ www.wir-in-mv.de
Projekt für Bewegung und Ernährung im
Kindergarten
Projekt zur Gewaltprävention bei Jugendlichen und für mehr Fitness an Schulen,
AOK Mecklenburg-Vorpommern
■ www.aok-henrietta.de
■ www.vernetzungsstelle-berlin.de
■ www.tigerkids.de
■ www.wiad.de
Förderung der sozial-emotionalen
Kompetenz im Kindergarten, AOK Hessen
gleichheit.de
Kindermusical »Henrietta in Fructonia«,
AOK Brandenburg
Gesundheitsfördernde Schulverpflegung,
AOK Berlin
Website der Plattform »Gesundheitsförderung bei sozial Benachteiligten«
■ www.fitnesslandkarte.de
■ www.schuleninbewegung.de
■ www.gesundheitliche-chancen-
■ www.bmfsfj.de
Bundesministerium für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend
■ www.ernaehrung-und-bewegung.de
Fitnesstest an Schulen mit dem Wissenschaftlichen Institut der Ärzte Deutschlands, AOK Niedersachsen
Förderung des Schulsports,
AOK Rheinland/Hamburg
■ www.walkingbus.de
Bewegungsprojekt für Vorschulkinder,
AOK Brandenburg
Plattform Ernährung und Bewegung (peb)
Bewegungsprojekt für den gemeinsamen
Schulweg, AOK Westfalen-Lippe
■ www.projekte-spektakel.de
■ www.lions-quest.de
Agentur für Kinderprojekte
Lehrerfortbildung zur Förderung der
Lebenskompetenzen bei Kindern,
AOK Schleswig-Holstein
■ www.stern.de/gesundekinder
■ www.pfiffikusdurchbewegungsfluss.de
■
www.aok.de
Informationen zu weiteren AOK-Projekten
finden Sie auf den Seiten der jeweiligen
Landes-AOK.
Website des stern
Spezial ist eine Verlagsbeilage von G+G
Impressum: Gesundheit und Gesellschaft,
Kortrijker Straße 1, 53177 Bonn. G+G erscheint im
KomPart-Verlag (www.kompart.de).
Redaktion: Otmar Müller
Art Direction: Beatrice Hofmann
Grafik: Britta Paulich
Stand: Mai 2007
Verantwortlich:
Geschäftsbereich Markt des
AOK-Bundesverbandes,
Rainer Dittrich
VORWORT
Kinder sind
unsere Zukunft
Übergewicht, Bewegungsmangel und seelische Probleme
sind in Deutschland ein wachsendes Problem. Deshalb
ist es umso wichtiger, dass sich Institutionen wie die
AOK langfristig und nachhaltig für die Gesundheit
unserer Kinder einsetzen. Von Ursula von der Leyen
Foto: BMFSJ, Titelbild: plainpicture/fancy
F
ragt man werdende Eltern, ob sie sich einen Jungen
oder ein Mädchen wünschen, lautet die Antwort
oft: Egal, Hauptsache gesund! Später, im Alltag
mit Kindern, gerät diese Hauptsache leider oft
wieder aus dem Blick. Glücklicherweise gehören heute in
unserem Land einige der schlimmsten Gesundheitsgefahren
für Kinder der Vergangenheit an. Dank besserer Vorsorge
und medizinischer Behandlungsmöglichkeiten sind viele
Krankheiten, Mangelerscheinungen und Entwicklungsstörungen auf dem Rückzug.
Doch es gibt auch neue Trends und Zahlen, die aufhorchen lassen: Mittlerweile wiegt jedes zehnte Kind in
Deutschland zu viel; jedes zwanzigste hat starkes, krankhaftes Übergewicht und wird ein Leben lang an dieser
Last zu tragen haben. Immer mehr Kinder können sich
nicht so bewegen, wie es für Kinder ihrer Altersstufe normal
wäre. Sie haben Probleme, zu hüpfen, zu balancieren oder
einfach keine Ausdauer.
Doch es geht nicht allein um das körperliche Wohlbefinden der Kinder. Schon die alten Römer wussten: Ein
gesunder Geist und ein gesunder Körper gehören zusammen. Eine gesunde körperliche Entwicklung hat einen
großen Einfluss darauf, welche sozialen und geistigen
Fähigkeiten unsere Kinder entwickeln und ob sie zu
selbstbewussten, zufriedenen und verantwortungsbewussten
Menschen heranwachsen. Die Verantwortung für einen
Gesundheit und Gesellschaft SPEZIAL 6/07, 10. Jahrgang
gesunden Start ins Leben ist nicht nur Sache der Eltern. Ich
freue mich daher sehr, dass sich für dieses Ziel in unserem
Land – häufig auf ehrenamtlicher und unentgeltlicher
Basis – auch zahlreiche Initiativen, Vereine und Einrichtungen stark machen. Sie leisten damit nicht nur
einen wichtigen Beitrag für eine gesunde Entwicklung
der Kinder und Jugendlichen, sondern letztlich für die
gesamte Gesellschaft.
Ich begrüße es deshalb sehr, dass der AOK-Bundesverband im Jahr 2007 das Thema »Kindergesundheit« zu
einem Schwerpunkt gemacht hat. Mit Hilfe der Medienpartner kann es gelingen, in der Öffentlichkeit ein stärkeres
Bewusstsein für Bewegung und richtige Ernährung von
Kindern und Jugendlichen zu verankern. Denn Kinder
sind unsere Zukunft.
Mit herzlichen Grüßen
Ursula von der Leyen
Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
3
ÜBERBLICK
Fit fürs Leben
Die Fitness von Kindern nimmt ab, das Gewicht legt zu. Höchste Zeit, etwas
dagegen zu tun: Die AOK startet gemeinsam mit den Medienpartnern stern und RTL
die Initiative »Gesunde Kinder – gesunde Zukunft«. Von Ulrich P. Schäfer
K
inder sind unsere Zukunft. Das scheint in unserer Das Risiko chronischer Krankheiten wächst. Andere Zahlen
Gesellschaft allgemein anerkannt zu sein. Aber was zeichnen auch kein optimistischeres Bild: 15 Prozent der Kinder
tun wir, um unseren Kindern diese Zukunft zu und Jugendlichen in Deutschland sind übergewichtig, hat das
sichern? Sie vor Krankheiten zu schützen? Ihnen Robert-Koch-Institut festgestellt. Sechs Prozent sind sogar
Freude an der Bewegung und am gesunden Essen zu vermit- stark übergewichtig. Bei übergewichtigen Jugendlichen wird
teln? Nicht nur Dr. Hans Jürgen Ahrens, Vorstandsvorsitzender zunehmend der Diabetes Typ II diagnostiziert, der eigentlich
des AOK-Bundesverbandes, meint: »Noch viel zu wenig.« als Alters-Diabetes bekannt ist. Ein Drittel der Kinder und
Deshalb hat die Gesundheitskasse die Initiative »Gesunde Kin- Jugendlichen zwischen sechs und 18 Jahren kann nicht
der – gesunde Zukunft« gestartet. »Wir
schwimmen, mehr als die Hälfte haben
engagieren uns für das Wertvollste in unHaltungsschäden. Und immer mehr KinAllzu oft werden aus
serem Land«, betont Ahrens.
der klagen über die Folgen psychischer BeDas Problem ist seit Langem bekannt:
lastungen. Bereits 15 Prozent der Kinder
dicken Kindern auch
Die Fitness der Kinder und Jugendlichen
gelten als verhaltensauffällig. Gewalt an
dicke Erwachsene.
in Deutschland lässt immer mehr nach.
den Schulen ist kein neues Problem, aber
Sie ist nach einer Studie der AOK, des
Ausmaß und Intensität nehmen zu. Auch
Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) und des zu Alkohol und Zigaretten greifen die Kinder immer früher.
Wissenschaftlichen Instituts der Ärzte Deutschlands (WIAD) Das Einstiegsalter für das Rauchen liegt heute zwischen elf
seit 2001 deutlich messbar zurückgegangen. Die Studie, an und zwölf Jahren.
der mittlerweile fast eine Million Schüler und Schülerinnen
Fehlernährung und Bewegungsmangel erhöhen für Kinder
teilgenommen haben, stellt außerdem fest: Die Kluft zwischen und Jugendliche die Wahrscheinlichkeit, dass sie in späteren
den Kindern und Jugendlichen, die fit sind, und ihren Jahren an chronischen Krankheiten wie Diabetes leiden werden
unsportlichen Altersgenossen wird immer größer. Der Schul- oder Probleme mit Herz, Kreislauf und Gelenken bekommen.
sport könnte hier zu entscheidenden Verbesserungen führen. Dass ein Drittel der Kosten unseres Gesundheitswesens nach
Aber jede vierte Sportstunde an Deutschlands Schulen fällt Schätzungen von Experten durch falsche Ernährung mitheute aus.
bedingt ist, sei nur am Rande vermerkt.
Ein zunehmendes Problem
Übergewicht
Übergewicht
Übergewicht steigt mit dem Alter
17,0%
15,0%
Adipositas
Übergewicht
8,5%
9,0%
Adipositas
Adipositas
6,4%
2,8%
3- bis 6-Jährige
4
7- bis 10-Jährige
14- bis 17-Jährige
Bereits bei 3- bis 6-Jährigen hat fast
jedes zehnte Kind Übergewicht, bei den
14 bis 17-Jährigen ist es jeder sechste. Ein
höheres Risiko für Übergewicht besteht
bei Kindern aus sozial benachteiligten
Familien und bei Kindern, deren Eltern
selbst übergewichtig sind. Das ist eines
der Ergebnisse der KiGGS-Studie des
Robert-Koch-Instituts. Unterschiede
zwischen Mädchen und Jungen waren
nicht feststellbar.
Quelle: Robert-Koch-Institut
Gesundheit und Gesellschaft SPEZIAL 6/07, 10. Jahrgang
Die AOK sieht sich in der Pflicht, diese Probleme anzupacken. Wenn sie in diesem Jahr die Initiative »Gesunde
Kinder – gesunde Zukunft« startet, betritt die Gesundheitskasse kein Neuland: Sie blickt auf eine langjährige Erfahrung
im Bereich der Gesundheitsförderung für Kinder und Jugendliche zurück. Diese Präventionsarbeit beugt Schädigungen
vor und hilft denen, die schon übergewichtig sind oder andere
Risikofaktoren entwickelt haben. So bieten alle AOKs ihren
Versicherten das AOK-Familienprogramm, eine kontinuierliche Beratung und Betreuung vom Kinderwunsch bis zur
Einschulung. Am »AOK-Baby-Telefon« können junge Eltern
verständliche Informationen von Ärzten und Krankenschwestern zu Kinderkrankheiten und empfohlenen Vorsorgeuntersuchungen bekommen.
PowerKids haben ihr Gewicht im Griff. Für übergewichtige
Kinder ab acht Jahren bietet die Gesundheitskasse zusammen
mit der Stiftung Kindergesundheit das Programm »PowerKids« an. Schon fast 50.000 Kinder haben teilgenommen. In
zwölf Wochen werden die Kinder hier trainiert, weniger fett
zu essen und sich mehr zu bewegen. Viele AOKs begleiten das
Programm mit Kursen vor Ort. Die wissenschaftliche Evaluation zeigt: Das Training hat Erfolg.
In vielen Projekten initiieren die AOKs gesundheitsförderliche Strukturen in Schulen, Kindergärten und Kindertagesstätten. Mit dem Angebot »Fit sein macht Schule« zum
Beispiel wendet sich die Gesundheitskasse bundesweit an
Schüler zwischen sechs und 18 Jahren. Die AOKs unterstützen
Kultusbehörden und Schulen bei der Gestaltung attraktiver
Schulsportangebote, um die Fitness der Kinder zu erhöhen.
Das Spektrum der Aktivitäten umfasst außerdem so unterschiedliche Maßnahmen wie gesundes Schulessen oder die
Ausbildung von Schülern zu Streitschlichtern.
Andere Angebote vor Ort fördern die Bewegung im Kleinkind- und Schulalter durch Kurse (»Abenteuer Bewegung«,
»Felix Fit«), helfen beim Stressabbau im Kindesalter oder beugen
Haltungsschäden vor. Beim »Schulranzen-TÜV« beispielsweise werden die Ranzen der Grundschüler gewogen. Wer
nicht mehr als zehn Prozent seines Gewichts auf dem Rücken
trägt, bekommt die begehrte Plakette.
Foto: AOK Bundesverband
Kampf gegen die Impfmüdigkeit. Weil die meisten Infek-
tionskrankheiten als nahezu ausgerottet gelten, zögern viele
Eltern, ihre Kinder vor gefährlichen Krankheiten wie Masern
vorbeugend zu schützen. Wegen dieser neuen Impfmüdigkeit
kann es zu einem massenhaften Auftreten der Masern wie im
April 2006 im Ruhrgebiet kommen. Im Rahmen der Initiative »Gesunde Kinder – gesunde Zukunft« hat der AOKBundesverband deshalb Anfang des Jahres eine Entscheidungshilfe zur Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln
Gesundheit und Gesellschaft SPEZIAL 6/07, 10. Jahrgang
erstellt. Die AOK betritt mit dieser Broschüre Neuland, denn
eine solche Entscheidungshilfe gab es bisher in Deutschland
nicht. Die Broschüre orientiert sich am Beispiel des
australischen »National Centre for Immunisation Research
and Surveillance« und setzt bei der Information der Eltern
darauf, durch Argumente zu überzeugen, anstatt mit Appellen
zu überreden.
Neben solchen ernsthaften Informationen gibt es natürlich auch AOK-Aktivitäten, bei denen der Spaß im Vordergrund
steht. Die erfolgreiche Aktion »Ohne Kids läuft nix!« zum
Thema Fußball, im WM-Jahr unterstützt durch Stürmerstar
Lukas Podolski, wurde auch 2007 fortgesetzt. Höhepunkt war
das bundesweite Fußball-Turnier »AOK-Superkick« am 17.
Juni in Frankfurt. Hier trafen Jungen und Mädchen aus ganz
Deutschland zusammen, um die Freude am Sport zu teilen und
friedlich das beste D-Jugend-Fußballteam zu ermitteln. Und
auch der bundesweite AOK-Familientag am selben Wochenende stand ganz im Zeichen der Fitness. Ein Parcours mit
Bewegungsübungen und Spielen zeigte Eltern und Kindern,
wie leicht sich Fitness und Spaß verbinden lassen.
5
Dr. Ulrich P. Schäfer arbeitet im Geschäftsbereich Markt des
AOK-Bundesverbandes.
»Wir machen Kinder stark fürs Leben«
Dr. Hans Jürgen Ahrens
ist Vorstandsvorsitzender des
AOK-Bundesverbandes
Warum hat die AOK die Initiative »Gesunde
Kinder – gesunde Zukunft« gestartet?
Unsere Kinder werden immer unsportlicher und leben häufig ungesund. Wir
können nicht zusehen, wie so schon in
jungen Jahren die Grundlagen für
schwerwiegende chronische Krankheiten
wie Diabetes, Gelenkerkrankungen und
Herz-Kreislauf-Probleme gelegt werden.
6
Mit dieser Initiative wollen wir die Kinder in unserem Land stark fürs Leben
machen und ihnen so die Chance geben,
dass sie gesund aufwachsen.
Was ist das Besondere an dieser Initiative?
Die AOK arbeitet in der Gesundheitsförderung schon seit vielen Jahren mit
Eltern, Lehrern und Erzieherinnen intensiv und kontinuierlich zusammen.
Unsere Projekte sind wissenschaftlich
evaluiert und darauf angelegt, nachhaltige Wirkung zu erzielen. Die Initiative
»Gesunde Kinder – gesunde Zukunft«
bündelt alle diese Aktivitäten für die
kommenden Jahre. Neue Angebote
kommen hinzu, bereits bewährte
landesweite Projekte wie »Henrietta in
Fructonia« und »TigerKids« bieten wir
jetzt in ganz Deutschland an.
Warum engagieren Sie sich persönlich so
stark für diese Initiative?
Ich lenke die Geschicke des AOKBundesverbandes nun schon seit mehr
als einem Jahrzehnt und diskutiere
genau so lange mit den Gesundheitspolitikern aller Fraktionen über das
Wohl und Wehe unseres Gesundheitswesens. Diese streiten sich zwar leidenschaftlich über die Details der verschiedenen Finanzierungsmodelle, ringen
um strukturelle Veränderungen und
politische Positionen. Aber die wirklich großen Probleme unserer Gesellschaft und die Lebensqualität der Menschen geraten dabei immer weiter aus
dem Blickfeld. Mit der AOK-Initiative
»Gesunde Kinder – gesunde Zukunft«
wollen wir zeigen, wofür sich eigentlich
die ganze Gesellschaft engagieren sollte. ■
Gesundheit und Gesellschaft SPEZIAL 6/07, 10. Jahrgang
Fotos: plainpicture/Hexx; AOK-Mediendienst
Das Motto der Initiative »Gesunde Kinder – gesunde Zukunft« könnte auch lauten: Bewährtes ausbauen und Lücken
schließen. Wissenslücken zum Beispiel. Den Auftakt der Initiative bildete deshalb eine Untersuchung zur Gesundheit der
Kinder und Jugendlichen. Professor Klaus Hurrelmann von
der Universität Bielefeld und sein Team beschreiben auf der
Grundlage der groß angelegten Kinder- und Jugendgesundheitsstudie des Robert-Koch-Instituts (KiGGS), welche Faktoren ein gesundes Leben in der Familie fördern und welche
es eher bremsen (siehe Interview Seite 7 und Beitrag Seite 10).
Der stern schilderte auf der Grundlage dieser wissenschaftlichen Studie in einer Reportage (siehe Beitrag Seite 8) das
Problem und wie man es lösen kann; auch der Fernsehsender
RTL berichtete.
TigerKids in 2.000 Kindergärten. In Bayern hat sich das Programm »TigerKids« bereits bewährt, das Professor Berthold
Koletzko (siehe Reportage Seite 18) von der Kinderklinik der
Universität München gemeinsam mit weiteren Experten entwickelt hat. Es wird in den nächsten drei Jahren von den AOKs
in 2.000 Kindergärten eingesetzt. Das Programm zielt auf mehr
Bewegung und gesündere Ernährung. Es richtet sich an Kinder,
Eltern und Erzieherinnen.
Doch die Initiative »Gesunde Kinder – gesunde Zukunft«
ist auch offen für die Zusammenarbeit mit anderen. So unterstützt die AOK etwa die Aktion der Arbeitsgemeinschaft
»Seitenstark« gegen Mobbing in der Schule. Und wenn das
Theaterstück »Henrietta in Fructonia« der AOK Brandenburg im Herbst unter dem Motto »Möhren, Kinder, Sensationen« auf Tournee geht (siehe Beitrag Seite 15), bekommen auch
örtliche Vereine und Initiativen die Gelegenheit, sich in kleinen
Pavillons rund um das zentrale Zirkuszelt der Öffentlichkeit zu
präsentieren. Ergänzt wird die Aktion durch Veranstaltungen,
etwa Diskussionen mit Politikern und Pädagogen oder anderen
Experten.
»Gesunde Kinder – gesunde Zukunft« ist als langfristige,
nachhaltige Initiative angelegt. Dr. Hans Jürgen Ahrens verspricht deshalb: »›Gesunde Kinder – gesunde Zukunft‹ wird
das überragende Thema in der Präventionsarbeit der Gesundheitskasse für die nächsten Jahre sein.« ■
Professor Dr. Ulrike Ravens-Sieberer
ist Direktorin des WHO-Kooperationszentrums für Kindergesundheitsförderung an der Universität
Bielefeld, Fakultät für
Gesundheitswissenschaften
AOK-stern-STUDIE I
»Kinder brauchen Regeln und Rituale«
Im Auftrag von AOK und stern hat die Uni Bielefeld eine bundesweit einzigartige Studie realisiert. Das
Ziel: Herausfinden, wie Eltern die Gesundheit ihrer Kinder konkret fördern können. Die Ergebnisse sind
beeindruckend und trotzdem leicht umzusetzen, findet Studienleiterin Ulrike Ravens-Sieberer.
Studien zum Thema Kindergesundheit gibt
es schon wie Sand am Meer. Brauchte
man wirklich noch eine weitere?
Natürlich gab es in der jüngeren Vergangenheit mehrere Studien – aber was wir
im Rahmen der AOK-stern-Studie gemacht haben, hat es so vorher noch nicht
gegeben. Große Survey-Untersuchungen
produzieren zwar wichtige statistische Ergebnisse, die für Wissenschaft, Politik
und Fachöffentlichkeit interessant sind.
Für »Otto Normalverbraucher« bringen
solche Studien aber wenig. Eine Familie
bekommt durch eine rein statistische Studie keine konkrete Verhaltensanleitung,
die sie zu Hause umsetzen kann. Unser
Ziel war es, den empirischen Ergebnissen
aus großen Studien ein Gesicht zu geben. Es ging uns darum, das präventive
Potenzial der Familien zu untersuchen
und daraus ganz konkrete Handlungsempfehlungen zu formulieren, die den
Familien etwas nutzen.
Gibt es Ergebnisse aus der Studie, die Sie
selbst überrascht haben?
Überraschend war, dass auch in Familien
mit mehreren Risikofaktoren relativ einfache Maßnahmen reichen, um die Kinder gesund aufwachsen zu lassen. Es hat
mich beeindruckt, wie es den Familien
gelungen ist, ungünstige Grundbedingungen zu entschärfen und ihre Kinder
vor negativen Einflüssen zu schützen.
Foto: privat
Was muss man sich unter Risikofaktoren
konkret vorstellen?
Wissenschaftliche Studien haben nachgewiesen, dass bestimmte Bedingungen
im Lebensumfeld des Kindes einen
Gesundheit und Gesellschaft SPEZIAL 6/07, 10. Jahrgang
direkt negativen Einfluss auf seine
Gesundheit haben – das äußert sich
dann beispielsweise durch Übergewicht
oder auch psychische Probleme. Solche
negativen Bedingungen nennt man
Risikofaktoren. Dazu gehört etwa ein
niedriger sozioökonomischer Status der
»Wir wollten mit Hilfe
der Studie einfache Tipps
für Eltern formulieren«
Eltern, beispielsweise verursacht durch
Arbeitslosigkeit. Eine schlechte Wohngegend oder ein Migrationshintergrund
sind weitere mögliche Risikofaktoren.
Demgegenüber stehen die Schutzfaktoren, die das Kind stärken und es vor den
negativen Einflüssen schützen können.
Was können Eltern konkret tun, um ihre
Kinder gesünder aufwachsen zu lassen?
Der wichtigste Schutzfaktor für ein
Kind ist ein gutes Familienklima. Dazu
gehören beispielsweise gemeinsame
Mahlzeiten – und zwar am Tisch, und
nicht vor dem Fernseher –, feste Tagesabläufe und Rituale sowie klare Regeln,
an die sich nicht nur die Kinder, sondern auch die Eltern halten müssen.
Außerdem sollte jedes Kind mindestens
einmal am Tag die ungeteilte Aufmerksamkeit der Eltern bekommen. Wichtig
ist dabei die Zeit, die man als Familie
gemeinsam miteinander verbringt. Was
man genau in dieser Zeit macht – ob
reden, spielen oder Sport – ist gar nicht
so sehr von Bedeutung. Eltern vergessen
auch oft, dass sie ihren Kindern als Vorbilder dienen, und je mehr sie ihre eigene
Gesundheit fördern und auch auf ihr
Wohlbefinden achten, desto leichter ist
es für die Kinder, das zu übernehmen.
Wenn das Elternhaus eine so große Rolle
spielt, machen Settingansätze in Schulen
und Kindergärten dann überhaupt Sinn?
Unsere Studie zeigt den Eltern Möglichkeiten, die gesunde Entwicklung ihrer
Kinder mit einfachen Mitteln zu fördern.
Der Einfluss der Eltern ist also extrem
wichtig. Aber es ist eben nicht der einzige
Einfluss. Kinder verbringen einen großen
Teil des Tages in der Schule oder im Kindergarten. Deswegen ist und bleibt es
absolut notwendig, dass sich alle Institutionen, die mit Kindern arbeiten,
maximal um die Gesundheitsförderung
bemühen. Gerade, wenn man auch
sozial benachteiligte Familien erreichen
möchte, sind Settingansätze in Kindergärten und Schulen am sinnvollsten. ■
AOK-Broschüre zur Studie
Zu den Ergebnissen
der Studie gibt es bei
der AOK die Broschüre
»Familienalltag leicht
gemacht«. Die
Gesundheitskasse
stellt hier ganz kompakt die wichtigsten
Tipps zusammen, mit
denen Eltern auf einfache Weise etwas
dafür tun können,
dass ihre Kinder
gesund aufwachsen.
7
stern-REPORTAGE
Familienalltag in Deutschland
Die von AOK und stern in Auftrag gegebene Studie »Gesunde Kinder. Was Eltern für ihren
Nachwuchs tun können« hat einen ganz speziellen Fokus: Es geht um das tägliche Familienleben und
die Frage, was Eltern für die Gesundheit ihrer Kinder tun können. Von stern-Reporterin Ingrid Eißele
Routinen und Rituale – wie das gemeinsame Mittagessen bei Familie Jesper – sind für Kinder wichtig.
8
Wie können Eltern dafür sorgen, dass ihre Kinder zu seelisch
stabilen und glücklichen Menschen heranwachsen? Wie verhindern, dass sie zu dick werden, dass sie Verhaltensstörungen
entwickeln? Aus ihren Beobachtungen destillierten die Forscher lebensnahe Empfehlungen, mit denen Eltern ihre Kinder
fit machen können für die vielfältigen Herausforderungen des
Alltags.
Dass gute Ratschläge bitter nötig sind, belegt eine gerade
veröffentlichte Studie des Robert-Koch-Instituts: KiGGS, so
die Abkürzung für den sogenannten Kinder- und Jugendgesundheitssurvey, ist die größte Untersuchung, die es in
Deutschland je über die Gesundheit des Nachwuchses gegeben
hat. Drei Jahre lang begutachteten Wissenschaftler fast
18.000 Kinder aus 167 Orten – Neugeborene, Kindergartenkinder und Schüler bis zum Alter von 17 Jahren.
Die größte Untersuchung zur Kindergesundheit. Bei 15
Prozent aller Kinder gibt es laut KiGGS Hinweise auf »psychische Auffälligkeiten«, bei 7- bis 10-jährigen Jungen ist sogar
mindestens jeder Fünfte betroffen. In jeder Grundschulklasse,
das zeigt die ergänzende Bella-Studie, sitzen demnach im
Schnitt fünf Kinder, die durch Aggressivität auffallen oder bei
denen der Verdacht auf Depressionen oder Ängste besteht. Die
Wissenschaftler beobachten eine »neue Morbidität«, Kinder
erkrankten immer häufiger an chronischen
und psychischen Krankheiten.
Was können Eltern tun, um ihre Söhne
und Töchter psychisch zu stärken? Familien
mit gesunden und ausgeglichenen Kindern, das belegt die Studie von AOK und
stern, sind kein Zufall. Sie halten sich an
bestimmte Regeln.
So hat Annette Geerling festgelegt, wie
die Familie miteinander umgehen soll.
Tochter Clara hat die Regeln mitsamt
Konsequenzen auf ein Blatt Papier geschrieben: »Andere ärgern – Süßigkeiten
abgeben.« »Anderen etwas kaputt machen
– wieder aufbauen.« Die Kinder »wissen
genau, woran sie sind, ich muss nicht über
jede kleine Sache neu diskutieren«, sagt
die Mutter.
Gesundheit und Gesellschaft SPEZIAL 6/07, 10. Jahrgang
Foto: Edgar Rodtmann
A
nfangs hat Annette Geerling ihren Kindern viel
durchgehen lassen. Als ihr Mann vor anderthalb Jahren an einer 500 Kilometer entfernten Uniklinik zu
arbeiten begann, als die Mutter sich plötzlich allein
um Clara, Julius und Henriette kümmern musste, neben den
wöchentlich 15 Stunden in der eigenen Praxis. Die Kinder durften ihr Abendbrot vor dem Fernseher essen. Folge: »Der Joghurt
landete auf dem Sofa, die Kinder waren durcheinander und
aggressiv, wenn ich den Fernseher ausmachte.« Seitdem gibt es
ein Fernsehlimit – dreimal pro Woche eine halbe Stunde.
Wie wichtig feste Regeln für die gesunde Entwicklung von
Kindern sind, ergab eine Untersuchung, die von der AOK und
dem Magazin stern in Auftrag gegeben wurde – als Auftakt für
die Initiative »Gesunde Kinder – gesunde Zukunft«. Über
Monate haben Forscher des WHO-Kooperationszentrums für
Kinder- und Jugendgesundheitsförderung der Universität Bielefeld und der »Gesellschaft für angewandte Sozialforschung«
wissenschaftliche Arbeiten ausgewertet und Expertenerkenntnisse am Alltagsleben von 30 Familien überprüft. Sie ließen die
Probanden detaillierte Tagebücher führen, fragten nach Speiseplan und Verhaltensregeln, Fernsehkonsum, Freizeitsport,
Schule. Sie sahen den Familien beim Essen und beim Streiten
zu, sie schauten Eltern beim Kochen über die Schulter und
inspizierten die Kinderzimmer.
Für Johanna Butenuth aus Leipzig ist die gemeinsame Bewegung mit der ganzen Familie selbstverständlich.
Regeln und auch Rituale sind für Kinder
wichtig, weil sie ihnen Verlässlichkeit garantieren und »sie sich in einem sicheren
Rahmen besser orientieren und entwickeln
können«, sagt der Hamburger Kinderpsychiater Michael Schulte-Markwort.
Familie Jesper hat viel Alltagsroutine.
Der Tag von Tina Jesper zum Beispiel läuft
stets nach dem gleichen Muster ab. Um
6:15 Uhr weckt sie ihre Töchter. Da ist
Jens Jesper, Vermessungsingenieur bei einem Hamburger Bauunternehmen, schon auf der Autobahn. Um 6:30 Uhr gibt es
Frühstück - Cornflakes oder Butterbrot mit Waldfruchtmarmelade. »Ohne Frühstück geht keiner aus dem Haus«, sagt Tina
Jesper. Dafür nehmen sich Mutter und Töchter eine halbe
Stunde Zeit. Noch mehr Zeit haben sie fürs Mittagessen. »Bei
Tisch haben die Kinder Zeit zum Erzählen.« Ab halb drei erledigen Sara und Eva ihre Hausaufgaben. Später treffen sie Freunde, Eva geht zum Lerntraining oder zum Tanzkurs. Die Kinder
haben Pflichten: Tisch decken und die Kaninchen füttern. Um
18:30 Uhr gibt es Abendbrot, und um 20 Uhr ist Schlafenszeit.
Fotos: Edgar Rodtmann
Klare Regeln erleichtern auch bei
Familie Geerling das Miteinander.
Der Alltag sieht jedoch in vielen Familien anders aus: Heimkommen, essen, sich aufs Sofa werfen und zappen. Welche
Folgen dieser Lebensstil für die Kinder hat, konnte KiGGS
nun zeigen. Fast zwei Millionen Jungen und Mädchen bringen
zu viel auf die Waage – 50 Prozent mehr als in den 90er
Jahren. Der Anteil der krankhaft fettleibigen (adipösen) Jugendlichen hat sich sogar verdreifacht. Und allzu oft werden
aus dicken Kindern auch dicke Erwachsene, mit einem deutlich gesteigerten Risiko für Bluthochdruck, Arteriosklerose
und Diabetes.
Gesundheit und Gesellschaft SPEZIAL 6/07, 10. Jahrgang
Fast 96 Prozent der 11- bis 17-Jährigen hocken täglich vor
dem Bildschirm. Besonders ausdauernd sind Jungen zwischen
14 und 17 Jahren: Fast 40 Prozent von ihnen bringen es auf
fünf Stunden täglich vor dem Fernseher, am Computer oder
der Spielkonsole. Gleichaltrige Mädchen telefonieren lieber –
jedes sechste drei Stunden täglich! Dabei ist Bewegung in der
Jugend noch wichtiger als in jeder anderen Lebensphase, sagt
der Karlsruher Sportwissenschaftler Klaus Bös. Sie hält nicht
nur fit, sondern hilft beim Lernen.
Am Wochenende gehen Johanna Butenuth und Helge
Steinbeck aus Leipzig gern mit ihrer Tochter Marie Radfahren.
Das Auto haben sie abgeschafft, so dass der Logopäde Steinbeck auch in der Woche alle Wege mit dem Fahrrad zurücklegen muss. Und damit einer Empfehlung der Wissenschaft
folgt. Eltern, die auf sich selbst achten, die Sport treiben und
sich auch mal Auszeiten gönnen, sind glaubhafter, wenn sie
den Nachwuchs auf Trab bringen wollen.
Die Familie aus Leipzig lebt viele der Empfehlungen der Forscher, ohne es zu ahnen. Zum Beispiel den Rat, regelmäßig
gemeinsam zu essen. Da gibt es mal Rote-Bete-Suppe mit
Joghurt, Kartoffelrösti mit Apfelmus oder Kartoffelauflauf mit
Möhren. Selbst Fischsuppe löffelt die siebenjährige Marie ohne
Protest, bis kein Zwiebelchen mehr auf dem Grund zu sehen
ist. Nachmittags, wenn Marie vom Hort nach Hause kommt,
setzen sich Mutter und Tochter zu Kakao und Kuchen zusammen. Zeit zum Erzählen. Ohne Fernsehen, ohne Termine. Johanna Butenuth kann sich dann allein ihrer Tochter widmen.
Doch können nicht alle Eltern den ganzen Tag bei ihren
Kindern sein. Besonders berufstätigen Frauen und Männern
bleibt oft nur wenig Zeit für ihr Kind. Darüber müssen sich
die Eltern nicht allzu sehr sorgen, so ergab die aktuelle Untersuchung. Für die emotionale Entwicklung ist nicht die Dauer
des Zusammenseins entscheidend. Vielmehr sollten die Kleinen einmal täglich die ungeteilte Aufmerksamkeit ihrer Eltern
erfahren, auch wenn es nur eine halbe Stunde dauert. Eine
Zehnjährige aus der Studie klagte zum Beispiel, dass ihre
Mutter zwar jeden Nachmittag zu Hause, aber stets mit Einkaufen, Putzen, Kochen beschäftigt sei. »Ich hätte gern mehr
Zeit mit ihr«, so die Tochter, »egal, wann«. ■
Ingrid Eißele ist Mitarbeiterin beim Magazin stern.
9
AOK-stern-STUDIE II
Gesund groß werden
Was beeinträchtigt die Gesundheit von Kindern? Und was können Eltern tun, um ihre Kinder vor
Risiken zu schützen? Diesen Fragen ist die Universität Bielefeld mit einer Studie im Auftrag von AOK
und stern nachgegangen. Von Wolfgang Settertobulte, Ulrike Ravens-Sieberer und Nora Wille
D
ie Lebens- und Umweltbedingungen in den westlichen Industrieländern beeinträchtigen immer mehr
die Gesundheit unserer Kinder. Die Folge: Gesundheitsstörungen mit chronischem Verlauf wie beispielsweise Übergewicht, psychosomatische Krankheiten und
psychische Auffälligkeiten nehmen seit Jahren deutlich zu.
Große Querschnitt-Studien wie die jüngst veröffentlichte
KiGGS-Studie des Robert-Koch-Instituts und die Bella-Studie
belegen diese Entwicklung anhand statistischer Daten. Andere
Studien konnten verschiedene Risikofaktoren für ein gesundes
Aufwachsen von Kindern herausarbeiten. Dazu gehört etwa
ein niedriger Bildungsstatus der Eltern, oft in Verbindung mit
geringem Einkommen. Aber auch ein Migrationshintergrund,
häufige Konflikte in der Familie oder die Trennung der Eltern
haben sich als Risikofaktoren erwiesen, die einen direkten Einfluss auf die Gesundheit von Kindern haben können.
Statistische Studien bieten einen guten Überblick über die
durchschnittliche Gesamtsituation oder auch über mögliche
spezifische Risiken. Ihre Ergebnisse bilden die Grundlage für
gesundheitspolitische Strategien der Prävention und Gesund-
heitsförderung. Solche Studien sagen allerdings wenig aus über
die gelebte komplexe Realität der Kinder und ihrer Familien.
Die jetzt vorliegende Studie »Gesunde Kinder: Was Eltern
für ihren Nachwuchs tun können« im Auftrag des AOKBundesverbandes und des stern soll hingegen die familiäre
Realität illustrieren und die jeweils vorliegenden Risiko-, vor
allem aber geeignete Schutzfaktoren näher untersuchen. Ziel
der Studie ist es, den empirischen Ergebnissen anderer Studien
»ein Gesicht zu geben«. Es soll am Einzelfall gezeigt werden,
welche gesundheitlichen Risikokonstellationen in Familien
zusammentreffen und welche Lösungen diese Familien praktizieren, um die Gesundheit ihrer Kinder dennoch zu fördern.
Der Fokus liegt dabei auf den Bereichen Ernährung, Bewegung und psychische Gesundheit.
30 Familien unter der Lupe. Da das Vorliegen der meisten
Risikofaktoren nicht einfach zu ändern ist (etwa niedriger
sozioökonomischer Status, Ein-Eltern-Familien), hat das präventive Potenzial innerhalb der Familie eine wesentliche
Bedeutung. Daher konzentrierte sich die Studie vor allem auf
solche Familien, bei denen die
Schutzfaktoren gezielt ausbauen
Kinder trotz eines vorhandenen
hohen Risikopotenzials weder
Übergewicht haben noch psychisch auffällig sind.
familiäre
familiäre
Der AOK-Bundesverband
Ressourcen
Risiken
hat die Studie bei der Uni Bielesoziale
personale
soziale
biologische
feld (WHO-KooperationszenRessourcen
Ressourcen
Risiken
Risiken
trum für Kindergesundheit)
gemeinsam mit dem stern in
Auftrag gegeben, um neue Erkenntnisse für die PrimärSchutzfaktoren
Risikofaktoren
prävention im Bereich der Kindergesundheit zu erhalten.
Primäres Ziel der Studie war es,
für Familien lebensnahe Vorpsychische Gesundheit,
schläge zu formulieren, die ein
Wohlbefinden
gesundes Aufwachsen des Kindes fördern.
Die negativen Auswirkungen schwer veränderbarer Risikofaktoren lassen sich durch verschiedene SchutzDie Studie berücksichtigte
faktoren neutralisieren. Durch gezieltes Ausbauen dieser Schutzfaktoren im familiären Bereich können
bei
der Auswahl der Familien
Eltern aktiv für ein gesundes Aufwachsen ihres Kindes sorgen.
Quelle: Uni Bielefeld, www.bella-studie.de
Erkenntnisse aus verschiedenen
10
Gesundheit und Gesellschaft SPEZIAL 6/07, 10. Jahrgang
anderen Studien über relevante Risikofaktoren. Es wurden
30 Familien untersucht, bei denen unveränderliche bzw. nur
sehr schlecht veränderbare Risikofaktoren vorlagen. Die Forscher suchten einerseits Familien aus, bei denen das vorliegende
Risiko auch tatsächlich mit einem negativen Ergebnis hinsichtlich Ernährung, Bewegung und Psyche der Kinder einherging
und andererseits solche, bei denen – obwohl relevante Risikofaktoren vorlagen – das Ergebnis positiv war. Die Erkenntnisse
der Studie ergeben sich aus dem Vergleich dieser Familien.
Empfehlungen zum gesunden Aufwachsen der Kinder. Alle
untersuchten Familien wurden bei einem Besuch zu Hause
intensiv befragt. Als Grundlage für dieses Interview führten
die Eltern zuvor eine Woche lang über ihr Familienleben
Protokoll. Während des Interviewbesuchs gab es zusätzlich
eine teilnehmende Alltags-Beobachtung. Aus diesen Interviews,
Protokollen und Beobachtungen ließen sich verschiedene
positive Strategien für die Bereiche Ernährung, Bewegung
und Psyche identifizieren. Diese Schutzfaktoren bilden die
Grundlage für die Empfehlungen zum gesunden Aufwachsen
der Kinder.
Ein wichtiges Ergebnis der Studie ist, dass die Qualität der
Nahrung selbst für den Ernährungszustand der Kinder keine
wesentliche Rolle spielt. Ob hochwertige Biokost oder preiswerte Discounterware – ausschlaggebend sind allein die Essgewohnheiten. Hier konnten verschiedene Schutzfaktoren aus
dem Alltag der Familien herausgearbeitet werden: Eltern mit
normalgewichtigen Kindern verhandeln mit den Kindern die
Regeln für die Mahlzeiten. Diese Kinder bekommen Süßigkeiten nur rationiert und zu bestimmten Zeiten. Das Frühstück
AOK-stern-Studie:
Empfehlungen für Familien
1.
2.
Gemeinsame Mahlzeiten zelebrieren
Regelmäßige Tagesabläufe gestalten,
Routinen und Rituale finden
3. Soziale Kontakte aufbauen und pflegen
4. Jedem Kind täglich eine gewisse Zeit ungeteilte
Foto: wdv
Aufmerksamkeit schenken
5. Gemeinsame Bewegungsmöglichkeiten schaffen
6. Regeln aushandeln und miteinander reden
7. Kinder zur Verantwortung und Selbständigkeit erziehen
8. Vorbild sein und Kinder vor Sucht und Drogen schützen
9. Gesunde Kinder brauchen gesunde Eltern.
Fördern Sie Ihre eigene Gesundheit!
Gesundheit und Gesellschaft SPEZIAL 6/07, 10. Jahrgang
gilt in diesen Familien als wichtiger Start in den Tag, mindestens
eine Mahlzeit am Tag wird gemeinsam eingenommen und
dient dazu, dass möglichst die ganze Familie sich sieht und
miteinander spricht. Während gegessen wird, laufen weder
Fernseher noch Radio. Tischsitten spielen eine wichtige Rolle
und unterstreichen die Bedeutung der gemeinsamen Mahlzeit. Dabei wird Wert auf eine angenehme Atmosphäre gelegt
und Streit vermieden.
Als Grund für ein negatives Ergebnis im Bereich Bewegung
gilt die mangelnde Motivation der Kinder, sich sportlich
zu betätigen. Symptomatisch für diese Kinder ist maximal
eine Gelegenheit wöchentlich, bei der sich das Kind in der
Freizeit freiwillig so anstrengt, dass es ins Schwitzen kommt.
In den untersuchten Familien finden sich vor allem dann
bewegungsfreudige Kinder, wenn die Eltern selbst körperlich
aktiv und somit eindeutige Vorbilder im Bewegungsverhalten
sind. Als weiteren wirksamen familiären Schutzfaktor identifiziert die Studie gemeinsame körperliche Aktivitäten von
Kindern und Eltern. Dies macht den Kindern Freude und
wirkt sich positiv auf das Familienklima aus. In den untersuchten Familien lässt sich auch ein klarer Zusammenhang
zwischen einer Einschränkung des Medienkonsums einschließlich Videospielen und mehr Gelegenheiten zur spielerischen Bewegung nachweisen. Außerdem zeigt sich, dass
sportlicher Wettbewerb Fortschritte für die Kinder spürbar
11
macht und sie motiviert – positive Strategien, die für jede
Familie leicht umsetzbar sind.
Familien, die in Wohngebieten
mit wenig Bewegungsraum
und erhöhtem Sicherheitsrisiko
für eigenständiges Spielen der
Kinder leben – etwa durch viel
Straßenverkehr –, können stattdessen nach Bewegungsmöglichkeiten für die ganze Familie
suchen. Hilfreich können dabei auch gemeinsame Aktivitäten mit anderen Familien sein.
Geregelter Tagesablauf. Auch
und gemeinsame Tätigkeiten müssen – wie die Erfahrungen
aus den Familien zeigen – nicht unbedingt sehr viel Zeit in
Anspruch nehmen. Entscheidend für den Erfolg dieser
Schutzfaktoren sind vielmehr die Regelmäßigkeit und die
Intensität.
Als vorteilhaft erweisen sich in den teilnehmenden Familien
auch klare Regeln, die zwischen Kindern und Eltern ausgehandelt werden und für die ganze Familie transparent sind.
Wichtig ist, dass diese Regeln konsequent durchgesetzt werden,
so dass für die Kinder klare Verhaltensmaßstäbe existieren.
Die Bedeutung der Transparenz wird hierbei häufig deutlich:
In Familien mit positivem Ergebnis werden bereits mit kleinen
Kindern verschiedene Probleme, Zusammenhänge oder Erfordernisse besprochen. Einige Familien geben sich die Regel,
Konflikte immer zeitnah zu klären. Viele Familien legen
besonderen Wert auf die allmähliche Erlangung von Selbstständigkeit in Bezug auf die Tages- und Aufgabenplanung, die
die Kinder durch eigene Erfahrung erlangen sollten. Mit zunehmendem Alter übernehmen Kinder selbst Verantwortung
für ihre Angelegenheiten und treffen dabei eigene Entscheidungen. Eingegriffen wird in diesen Familien nur, wenn etwas
schief geht oder Hilfe notwendig ist.
Die Studie »Gesunde Kinder: Was Eltern für ihren Nachwuchs tun können« im Auftrag von AOK und stern zeigt sehr
deutlich: Mit familiären Schutzfaktoren lassen sich die negativen
Auswirkungen vorhandener Risikofaktoren neutralisieren.
Die Empfehlungen der Studie sind für Familien nachvollziehbar und lassen sich leicht umsetzen – um ein gesundes Aufwachsen der Kinder optimal zu fördern. ■
Dr. Wolfgang Settertobulte, Professor Dr. Ulrike Ravens-Sieberer und
Dipl.-Psych. Nora Wille von der Uni Bielefeld, dem WHO Kooperationszentrum für Kindergesundheit und der Gesellschaft für angewandte
Sozialforschung haben die Studie realisiert und ausgewertet.
12
Gesundheit und Gesellschaft SPEZIAL 6/07, 10. Jahrgang
Fotos: Olaf Hermann
im Hinblick auf eine positive
Lebenseinstellung, eine realistische Selbsteinschätzung und
ein gesundes Selbstwertgefühl
der Kinder zeigen sich in der
Studie die Eltern als Modelle für ihre Kinder. In den einbezogenen Familien mit gesunden Kindern ließ sich beobachten,
dass geregelte Tagesabläufe und Routinen gute Gelegenheiten
bieten, intensive Zeit miteinander zu verbringen. Dies wirkt
sich positiv auf das Wohlbefinden der Kinder aus und erleichtert wiederum den Eltern die Gestaltung des Alltags. Tägliche
Rituale, etwa beim Zubettgehen oder beim Essen, nutzen die
Eltern als Gelegenheit, den Kindern ungeteilte Aufmerksamkeit und Zuneigung zu geben. Diese für eine positive emotionale Befindlichkeit von Kindern notwendige regelmäßige, ungeteilte Aufmerksamkeit, körperliche Nähe sowie Gespräche
AOK-ANGEBOTE
Generation Big Mac
PC und TV statt Sport und Spiel – immer mehr Kinder sind Bewegungsmuffel, essen ungesund und
leiden an Übergewicht. So werden die Kinder von heute zu den chronisch Kranken von morgen.
Die AOK setzt deshalb auf Information und Präventionsangebote. Von Sibylle Becker
K
Foto: privat
leine Kinder erobern die Welt durch Bewegung: Sie
lernen Begriffe über Be-Greifen, versuchen sich im
aufrechten Gang, klettern über Hindernisse und
erproben ihre Geschicklichkeit. Bewegung formt ihr
Weltbild und ist zugleich Ausdruck ihrer Vitalität und Lebensfreude. Doch viele Eltern bangen um die Sicherheit ihrer Kinder
und schränken sie ein. Schlimmer noch, geben sie ihnen doch
ein schlechtes Vorbild, indem sie sich hauptsächlich vor dem
Fernseher entspannen. Mangelnde Spielflächen im Freien tun
das ihre. Kommen dann noch zu viel Schokolade und Besuche
im Fast-Food-Restaurant hinzu, gerät die Energiebilanz aus
dem Lot – der Grundstein für Übergewicht ist gelegt. Und
mehr Gewicht hemmt wieder die Bewegung.
In zu vielen Familien ist dies bereits Wirklichkeit – mit langfristigen Konsequenzen. Die Qualität des Lebens unserer Kinder
nimmt ab, und die kommende Generation wird immer früher
mit gesundheitlichen Problemen konfrontiert sein. Denn Übergewicht ist verantwortlich für Bluthochdruck, Herz-KreislaufErkrankungen, Diabetes und vorzeitigen Gelenkverschleiß.
Für die Kranken- und Rentenkassen verursachen diese
Krankheiten hohe Folgekosten. Grund genug für die AOK,
gegenzusteuern. Je früher, desto besser. Denn mit vorbeugenden
Maßnahmen im frühkindlichen Alter lässt sich die Gesundheit
gut und vor allem nachhaltig beeinflussen. Ist ein höheres Übergewicht erst einmal entstanden, verursacht dies zumeist – von
langfristigen gesundheitlichen Folgen einmal abgesehen – eine
verringerte Lebensqualität und soziale Diskriminierung. Und ist
nur schwer wieder loszuwerden.
Kompetenzen von Kindern und Eltern stärken. Die AOK
setzt deshalb auf vorbeugende Information und gute Beratung:
Junge Eltern bekommen wichtige Infos über Print-Medien,
Elternbriefe und Vortragsveranstaltungen. Für Familien mit
konkreten Fragen gibt es die telefonische Beratung. Und auch
in elektronischen Ratgeber-Foren können sie in den direkten
Dialog mit Gesundheitsexperten treten. Viele AOKs bieten
darüber hinaus gezielte Einzelberatung an, etwa zur
Ernährung in der Schwangerschaft, zum Übergang vom Stillen
zur Breikost oder zu einer ausgewogenen Ernährung im Kleinkindalter. Und natürlich hält die Gesundheitskasse Kurse vor,
die auch über eine ausgewogene Ernährung von Babys und
Kindern informieren.
Gesundheit und Gesellschaft SPEZIAL 6/07, 10. Jahrgang
Junge Eltern können mit ihren Kindern auch an AOK-Kursen
zur Bewegungsförderung teilnehmen. Ein wohl einzigartiges
Beispiel dafür ist »Jolinchens Bewegungskiste«: Eltern testen
gemeinsam mit ihren zwei- bis dreijährigen Kindern alltagsnahe Anregungen für Spiele, die den Kindern positive Bewegungserlebnisse vermitteln und Grundlagen für dauerhaft
aktives Bewegungsverhalten schaffen. Das Konzept wurde von
der Gesundheitskasse gemeinsam mit dem Bundesverband
Neue Erziehung und weiteren Experten entwickelt und entspricht – wie die anderen AOK-Angebote – den Anforderungen
der Spitzenverbände der Krankenkassen an qualitätsgesicherte
Präventionsangebote.
»Die Lösung liegt in der Prävention«
Die aktuelle Studie des Robert-KochInstituts belegt: 15 Prozent der Kinder
und Jugendlichen in Deutschland sind
übergewichtig, 6,3 Prozent sogar adipös
(fettleibig). Eine Adipositas im Kindesund Jugendalter bedeutet aber nicht
nur eine erheblich geminderte Lebensqualität (gestörtes Selbstbild, vermindertes Selbstvertrauen und soziale
Diskriminierung), sondern verursacht
langfristig durch Folgeerkrankungen
immense Kosten für die Krankenkassen.
Die Lösung des sich verschärfenden Problems der Adipositas im Kindesund Jugendalter könnte in umfassenden Maßnahmen zur Prävention liegen.
Dabei sind alle Ärzte, aber auch die Eltern, Lehrer, Vertreter der Kommunen,
der Medien und der Nahrungsmittelindustrie sowie Politiker aufgefordert,
ihren Beitrag zu leisten. Dadurch sollen die Lebensbedingungen der Kinder
in unserem Land verbessert sowie ein gesundes Ernährungs- und
Bewegungsverhalten ermöglicht werden.
Darüber hinaus ist für die mit verhaltenstherapeutischen Maßnahmen nicht
behandelbaren Patienten unter Umständen eine frühzeitige medikamentöse Therapie der Adipositas bzw. ihrer Folgeerkrankungen notwendig, um
die Gewichtsentwicklung zu bremsen und Organschäden zu vermeiden.
Professor Dr. Martin Wabitsch von der interdisziplinären Adipositasambulanz
der Universitätsklinik Ulm ist Mitglied des Expertenbeirats der »Plattform
Ernährung und Bewegung (peb)«.
13
Der Kurs »Abenteuer Bewegung« will Kindern bis zum Alter signifikante Effekte in den Bereichen Fitness, Risikofaktoren,
von maximal fünf Jahren positive Bewegungserfahrungen ver- Wohlbefinden und gewichtsbezogene Lebensqualität. Ein
mitteln. In kreativen Bewegungsspielen mit Alltagsmaterialien Drittel der Kinder ist einem Sportverein beigetreten und dort
werden Eltern bei der Förderung einer gesunden Entwicklung auch ein Jahr nach Kursende noch aktiv. Die Hälfte der Kinihrer Kinder unterstützt. So lassen sich Sicherheit, Selbstver- der hat eine neue Sportart begonnen.
trauen und Fantasie im Umgang mit Spiel- und BewegungsPräventionsarbeit braucht Gesamtstrategie. Diese Erfolge
möglichkeiten stärken und motorische Fähigkeiten verbessern.
Für Kinder, die bereits erste Gewichtsprobleme haben, bie- sind ermutigend. Sie können jedoch nicht darüber hinwegtet die AOK das Selbsttrainingsprogramm »PowerKids« an. täuschen, dass sich mit Kursen nicht alle Kinder erreichen lasDas Abnehmprogramm richtet sich an Kinder von acht bis sen. Denn Kursangebote setzen eine Eigeninitiative der Familie
voraus, die sich aktiv um die Kursteilzwölf Jahren und basiert auf einer DVD
nahme bemühen muss. Gerade sozial
mit Wochentipps für drei Monate, einem
benachteiligte Familien nehmen diese
Begleitbuch, einem LebensmittelPrävention ist eine
Möglichkeit oft nicht wahr. Deshalb
lexikon und spielerischen Materialien
Aufgabe für die ganze
bietet die AOK neben Kursen auch Setwie einem Kartenspiel zu ErnährungsGesellschaft – nicht nur
ting-Projekte an, wo Kinder auf jeden
fragen. Fast 50.000 Kinder haben das
für die Krankenkassen.
Fall erreicht werden – direkt in KinderProgramm »PowerKids« bisher durchgärten und Schulen (siehe Landkarte auf
laufen. 93 Prozent der Kinder geben
der Rückseite). Nur so profitieren auch
nach einer Zwischenbilanz an, ihr Essverhalten umgestellt zu haben. 71 Prozent treiben mehr Freizeit- Kinder aus sozial benachteiligten Familien von den Angeboten
sport, und 81 Prozent haben zwischen ein und sieben Kilo der Gesundheitskasse.
Die Krankenkassen dürfen allerdings mit ihren Präventionsabgenommen. In vielen AOKs helfen Ernährungsfachkräfte
der AOKs den Kindern und ihren Eltern mit Begleitkursen, angeboten nicht alleingelassen werden. Bund, Länder und
Kommunen müssen Verantwortung übernehmen: für einen
das Programm durchzuhalten.
Seit 2006 gibt es mit »Go!Kids« ein ergänzendes Kursangebot leichteren Zugang zu gesunden Nahrungsmitteln, für ehrlichere
zur Ernährung und Bewegung für »PowerKids«-Nutzer. Auf- Lebensmittelwerbung und für mehr Sport- und Spielmöglichbauend auf der Idee eines Strategie-Spiels mit Belohnungs- keiten für unsere Kinder. Denn Präventionsarbeit ist eine
modulen, werden Kinder in dem von der AOK mit der Uni- gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die AOK setzt sich deshalb
versität Bayreuth entwickelten Programm zu einem aktiven Frei- für eine politische Gesamtstrategie für Prävention ein, an der
zeitverhalten animiert. So werden motorische Fähigkeiten sich alle gesellschaftlichen Kräfte beteiligen. ■
verbessert und psychosoziale Gesundheitsressourcen wie etwa
ein positives Selbst- und Körperbild gestärkt. Die Evaluation Sibylle Becker ist Referatsleiterin in der Abteilung Prävention
des Programms im Rahmen einer kontrollierten Studie zeigte beim AOK-Bundesverband.
Fitnesslevel steigt durch AOK-Projekte
t-Wert
Das Wissenschaftliche Institut der Ärzte
Deutschlands (WIAD) hat zusammen mit der
AOK und dem Deutschen Olympischen Sportbund im Rahmen einer Studie mit fast einer
Million Schülern ein sinkendes Fitnessniveau
nachgewiesen. Anhand einfacher Tests in sieben verschiedenen Disziplinen, unter anderem
Laufen, Springen oder Werfen, ermittelte das
WIAD einen altersklassengerechten Fitnessnormwert (t-Wert). Unsere Grafik zeigt: Durch
Intervention mit dem Projekt »Schulen in Bewegung« der AOK Rheinland/Hamburg ließ
sich der negative Trend stoppen. Der Fitnesswert
stieg in den teilnehmenden Schulen innerhalb
von zwei Interventionsjahren signifikant an.
Fitness steigt an »Schulen in Bewegung«
51
50
49
48
Realschule
47
Gymnasium
Gesamtschule
46
45
44
43
Hauptschule
2004 2005 2006
2004 2005 2006
2004 2005 2006
2004 2005 2006
Jahr
Quelle: WIAD 2007
14
Gesundheit und Gesellschaft SPEZIAL 6/07, 10. Jahrgang
THEATERSTÜCK
Möhren, Kinder, Sensationen
Das Zirkus-Theaterstück »Henrietta in Fructonia« der AOK Brandenburg geht auf Deutschlandtour.
Meggie Möhre und ihre Freunde zeigen in diesem kindgerechten Musical Grundschulkindern auf
spielerische Weise, wie man sich gesund ernährt und mit Spaß bewegt. Von Jörg Trinogga
W
enn es um Themen wie gesunde Ernährung und Bewegung geht, ist schnell der
erhobene Zeigefinger im
Spiel. Das ist für Kinder vor allem eins:
langweilig. Das Musical »Henrietta in
Fructonia« beweist, dass es auch anders
geht. Das 45-minütige Zirkus-Theaterstück ist bereits seit drei Jahren erfolgreiches Herzstück der Brandenburger
AOK-Schulkampagne zu den Themen
Bewegung, Ernährung und mentale
Fitness. Im Rahmen der AOK-Initiative
»Gesunde Kinder – gesunde Zukunft«
geht Henrietta jetzt sogar unter dem
Motto »Möhren, Kinder, Sensationen«
auf Deutschlandtournee.
Theaterstück verzaubert. Kindgerecht
59.000 Kinder in 160
Aufführungen – das
AOK-Musical ist ein Hit.
zwischen Kindern, Eltern und Lehrern.
Dieser kann mit Hilfe didaktischer Begleitmaterialien, leckerer Rezepte und
toller Sport- und Spielideen zu Hause
und im Unterricht fortgeführt werden.
Zur erlebnisorientierten Vertiefung im
Unterricht gibt es in Brandenburg umfangreiches Material, unter anderem die
Broschüre »5 Sterne fürs Frühstücken«,
die kindgerechte Ernährungspyramide
als Poster, das Begleitheft »So macht
Essen Spaß« sowie eine Henrietta-Hörspiel-CD mit Liedern und Texten.
Zusätzlich bieten Sport- und Ernährungswissenschaftler eine individuelle Beratung am AOK-Gesundheitstelefon an.
Prävention als Spaßtermin. Die Kon-
zeption der Präventionskampagne der
AOK Brandenburg basiert auf den Erfahrungen von Pädagogen, Ernährungsberatern, Sportlehrern und Schauspielern, die seit Jahren in der Kinder- und
Jugendarbeit tätig sind. Darüber hinaus
bietet die Gesundheitskasse Lehrerfortbildungen an, in denen die Erfahrungen
aus den Theatervorführungen weiter
gegeben werden. In Workshops zur Zirkuspädagogik mit Kindern klopfen
Fachleute die Theorieansätze auf ihre
Praxistauglichkeit ab.
Gemeinsam mit dem Veranstaltungspartner »Projekte und Spektakel« aus
Köln geht die AOK ganz neue Wege:
Ziel der ungewöhnlichen Präventionskampagne ist es, ein kindgerechtes
Theaterstück aufzuführen, das von den
Kindern nicht als Pflicht-, sondern als
Spaßtermin gesehen wird. Und das
Konzept geht auf: In den vergangenen
drei Jahren konnten allein in Brandenburg 59.000 Grundschüler in rund 160
Aufführungen das Musical »Henrietta«
sehen. Für die im August startende
Deutschlandtournee werden rund
60.000 Kinder erwartet. ■
Jörg Trinogga ist Pressesprecher der AOK
Brandenburg.
Fotos: AOK Brandenburg; AOK-Bundesverband
und spielerisch vermitteln der Zauberer
Banano Banini, die Möhren werfende
Meggie oder der Kochlöffel Thelonius
Sahneklecks Quassel, welche Lebensmittel für Kinder besonders gut sind.
Weitere Helden des Stücks: die Zirkusakrobaten Zitrone, Kiwi und Paprika, die
Kraftmenschen Michel Milchini und
Bodo Brotono sowie der Reime liebende
Zirkusdirektor Herobaldus Zwack. Gemeinsam zeigen sie der müden Henrietta
– und dem Kinderpublikum –, dass gesunde Ernährung schmecken und Sich
bewegen großen Spaß machen kann.
Und dass Toleranz, geistige Stärke und
Selbstbewusstsein wichtig für die Entwicklung und das eigene Wohlbefinden
sind.
Nach der Vorstellung erleben die
Kinder die Theaterfiguren hautnah: Die
Schauspieler beantworten Fragen und
vertiefen die Inhalte, zum Beispiel mit
der Ernährungspyramide. So legen sie
den Grundstein für den weiteren Dialog
Gesundheit und Gesellschaft SPEZIAL 6/07, 10. Jahrgang
15
AOK-PROJEKTE
Prävention im Plattenbau
Sozial Benachteiligte nutzen oft nicht die vorhandenen Möglichkeiten zur Gesundheitsvorsorge. Die
AOK Thüringen unterstützt in Jena ein Stadtteilprojekt, das sich speziell an diese Zielgruppe wendet.
I
m Plattenbaugebiet Winzerla am
Rande von Jena leben besonders
viele sozial benachteiligte Familien.
Der Stadtteil ist gekennzeichnet
durch eine hohe Konzentration an alleinerziehenden Müttern, Sozialhilfeempfängern, Senioren, und arbeitslosen
Jugendlichen. Gesundheitsfördernde Angebote werden hier nur selten aus eigener
Initiative wahrgenommen.
Dies ist das Ergebnis einer Stadtteilanalyse der Fachhochschule Jena aus
dem Jahr 2003. Die wissenschaftliche
Studie verdeutlichte den Bedarf an sozialraumorientierten Präventionsangeboten,
die sich an den speziellen Bedürfnissen
der Stadtteilbewohner orientieren. Als
Konsequenz startete 2004 in JenaWinzerla das »Gesundheitsförderungs-
projekt für sozial Benachteiligte«. Träger
ist die Landesvereinigung für Gesundheitsförderung Thüringen e.V. in Kooperation mit der AOK Thüringen,
dem Stadtteilbüro Jena-Winzerla und
der Vernetzungsgruppe »Kinder- und
Jugendarbeit«.
Erklärtes Ziel des Projektes ist es,
soziales Engagement und die Begegnung
zwischen den Generationen im Stadtteil
zu fördern und dabei Gesundheit zum
öffentlichen Thema zu machen. Bereits
im Jahr 2005 starteten die ersten Aktionen. Die Angebote richten sich nicht
nur an Schüler und Jugendliche, sondern auch an Kindertagesstätten sowie
Vereine, Projekte und Initiativen der
Kinder- und Jugendarbeit. So entwickelte
der Jugendclub »Hugo« in Zusammen-
arbeit mit dem örtlichen Jugendamt
unterschiedliche Angebote zur Gesundheitsförderung. Dazu gehört etwa die
Aktion der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung »Gut drauf – bewegen, entspannen, essen!«, die ein gesundheitsgerechtes Verhalten in den
jugendlichen Lebensalltag integrieren
will.
Ebenfalls im Angebot: die Aufklärungsaktion über Kinder- und Jugend-Vorsorgeuntersuchungen »Ich geh
zur U! Und Du?« für junge Familien.
Speziell für junge Mütter bietet das Projekt außerdem einen Kochkurs zur gesunden und preiswerten Ernährung. ■
Jürgen Frühauf ist Pressesprecher der AOK
Thüringen.
Gesundes lernen und lehren
Ob neue Raumgestaltung oder der richtige Rhythmus von Unterricht und Pausen – das Projekt
»gesund leben lernen« der AOK Niedersachsen zeigt, dass sich an Schulen noch manches verbessern lässt.
D
ie Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen und die
Landesvereinigungen für Gesundheit in Niedersachsen,
Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz
starteten das Kooperationsprojekt »gesund leben lernen« im Juni 2003.
Zentrales Ziel: gesundheits- und persönlichkeitsfördernde Arbeits- und Lernbedingungen zu schaffen und dadurch
Schulen zu einer gesunden Lebenswelt
für Lehrer und Schüler zu entwickeln.
Denn Lernen und Lehren lassen sich in
der Praxis gesünder gestalten, wenn bereits im Vorfeld von organisatorischen
oder verwaltungstechnischen Entscheidungen in der Schule an die Gesundheitsvorsorge gedacht wird. Etwa bei der
Gestaltung von Klassenzimmern oder
16
Aufenthaltsräumen, aber auch wenn es
um einen anderen Rhythmus von Unterricht und Pausen geht.
Nach dem Ende der dreijährigen
Modellphase beschlossen die gesetzlichen Krankenkassen in Niedersachsen,
gemeinsam mit dem Gemeindeunfallversicherungsverband die gute Zusammenarbeit aus der Projektphase weiterzuführen. Die Landesvereinigung für
Gesundheit wird dies in koordinierender
Funktion unterstützen. Langfristige Perspektive ist die landesweite Verankerung
von Gesundheitsmanagement in niedersächsischen Schulen.
Speziell qualifizierte Fachkräfte der
AOK betreuen und beraten die 35 im
Jahr 2006 neu in das Projekt aufgenommenen Schulen. Die Gesundheitskasse
baut in den Schulen eine Projektstruktur
für schulisches Gesundheitsmanagement
auf. Präventionskräfte der AOK leiten
einen Steuerkreis »Gesundheit« und
betreuen diesen über ein ganzes Jahr.
Außerdem unterstützt die AOK die
Schulen bei Befragungen von Lehrern
und Schülern, der Erstellung eines Projektplans, der Organisation von Schülerund Elternbeteiligung oder bei Presseund Öffentlichkeitsarbeit. Zusätzlich
sind für die Schulen insgesamt vier Fortbildungsveranstaltungen geplant. Durch
Ausschreibungen sollen weitere Schulen
für die Teilnahme am Projekt im nächsten Schuljahr motiviert werden. ■
Martina Walther ist Gesundheitsmanagerin
im Bereich Prävention der AOK Niedersachsen.
Gesundheit und Gesellschaft SPEZIAL 6/07, 10. Jahrgang
Ohne Rauch geht’s auch
Nichtrauchen kann cool sein. Der vom AOK-Bundesverband geförderte Wettbewerb »Be Smart –
Don’t Start« bringt das »Nein« zum Nikotin als spielerischen Wettbewerb ins Klassenzimmer.
J
unge Menschen von den Vorteilen
des Nichtrauchens zu überzeugen
– das ist das Ziel des Wettbewerbs
»Be Smart – Don’t start«. Das
vom AOK-Bundesverband geförderte
Nichtraucher-Projekt richtet sich in
diesem Schuljahr zum zehnten Mal an
Schulklassen der sechsten bis achten
Jahrgangsstufen. Ziel ist es, dass teilnehmende Schüler während der Dauer des
Wettbewerbes sechs Monate lang nicht
mit dem Rauchen anfangen. Mitmachen
kann eine Klasse, wenn sich mindestens
90 Prozent der Schüler in einer Abstimmung dafür entscheiden.
Klassen, die ein halbes Jahr lang
rauchfrei geblieben sind, nehmen an
einer Lotterie teil, bei der Geld- und
Sachpreise verlost werden. Der Haupt-
preis ist eine Klassenreise. Wenn allerdings mehr als zehn Prozent der Schüler
im Wettbewerbszeitraum zu rauchen angefangen haben, scheidet die Klasse aus.
Das von der Gesundheitskasse unterstützte Projekt »Be Smart – Don’t Start«
ist ein gelungenes Beispiel für schulische
Gesundheitsförderung vor Ort: Der
Wettbewerb thematisiert das Nichtrauchen in der Klasse. Das Setting Schule
sorgt dafür, dass sich auch sozial benachteiligte Schüler erreichen lassen.
Lehrer erhalten nach der Klassenanmeldung eine CD-ROM mit Unterrichtsvorschlägen, für die Schüler gibt es
unter anderem ein Quiz, ein Poster und
die Vorlage für einen Klassenvertrag.
Durch den spielerischen Wettbewerb
lernen die Jugendlichen, dass der Ver-
zicht aufs Rauchen attraktiv sein kann
und die gemeinschaftliche Übernahme
von Verantwortung für die eigene Gesundheit belohnt wird. »Be Smart –
Don’t Start« wird in 19 europäischen
Staaten durchgeführt. In Deutschland
werden im internationalen Vergleich die
meisten Klassen angemeldet. 1997 startete der Wettbewerb bundesweit mit
462 teilnehmenden Klassen, für das
Schuljahr 2006/2007 wurden über
12.000 Klassen angemeldet. Das Projekt erreicht also allein in diesem Schuljahr rund 310.000 Schüler, das entspricht etwa 9,1 Prozent aller Schüler in
den Jahrgangsstufen sechs bis acht. ■
Udo Barske ist Pressesprecher des
AOK-Bundesverbandes.
Eltern auf der Schulbank
Die Elternschule der AOK Rheinland-Pfalz bietet praktische Tipps für einen gesünderen
Familienalltag. Eltern können sich nicht nur informieren, sondern auch richtiges Verhalten einüben.
W
enn es um die Gesundheit
ihrer Kinder geht, sind viele
Eltern verunsichert. Was ist
das Beste für mein Kind?
Wie bleibt es gesund und wie fördert
man seine Entwicklung?
Das Projekt »Elternschule – für eine
gesunde Familie« beantwortet diese und
weitere Fragen – und gibt praktische
Tipps für einen gesünderen Familienalltag. Die Aktionen der Elternschule
werden vorwiegend in Kindertagesstätten oder in Familienbildungsstätten
angeboten. Eltern aller Bildungs- und
Sozialschichten werden unterstützt, gesunde Verhaltensmodelle zu entwickeln
und zu leben. Denn nach wie vor gilt:
Viele Kinder bewegen sich zu wenig, verbringen zu viel Zeit vor Fernseher und
Gesundheit und Gesellschaft SPEZIAL 6/07, 10. Jahrgang
Computer, ernähren sich falsch, können
sich nicht richtig konzentrieren oder
leiden unter verzögerter Sprachentwicklung.
Die Elternschule bietet praxisorientierte Informationsveranstaltungen,
Elterntrainings sowie gemeinsame
Spiel- oder Kochaktionen für Eltern
und Kinder. Flankiert wird das Angebot
der Gesundheitskasse durch Fortbildungsveranstaltungen für Erzieherinnen
in Kindertagesstätten.
Das Projekt behandelt dabei vorrangig
Themen wie gesundes Ernährungsund Bewegungsverhalten sowie die
seelisch-emotionale Entwicklung von
Kindern. Außerdem geht es um Sprachentwicklung, Verhaltensauffälligkeiten
oder den Medienkonsum der Kinder.
Die Eltern können sich bei den Experten
informieren, eigene Erfahrungen miteinander austauschen und richtiges
Verhalten einüben.
Im Rahmen des Projektes kooperieren
seit 2004 die AOK Rheinland-Pfalz,
Novartis Pharma, die Landeszentrale für
Gesundheitsförderung in RheinlandPfalz, zwei Landesministerien und die
regionale Presse. Nach dem Großraum
Mainz mit rund 90 Veranstaltungsterminen im Schuljahr 2005/2006 wird
das Projekt aktuell im Großraum Trier
(2006/2007) erfolgreich umgesetzt. Die
Ausweitung auf eine dritte Region ist für
Ende 2007 geplant. ■
Klaus Wilms leitet das Referat Gesundheitsförderung der AOK Rheinland-Pfalz.
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REPORTAGE
Tolle Tipps vom Tiger
Einmal die Woche kommt der Tiger mit dem Holzzug in den Kindergarten St. Elisabeth. Im
Gepäck: viel Wissen und allerlei Spielideen. Die Kinder lernen dann ganz kindgerecht, warum
Milch so wertvoll ist – und was passiert, wenn man zu viel Fett isst. Von Peter Hirte
»Ein Musterbeispiel für gute Zusammenarbeit«
Die Stiftung Kindergesundheit
möchte – unter anderem mit Hilfe
verschiedener Projektkooperationen – dazu beitragen, dass Kinder
gesund aufwachsen können. Mit
TigerKids etwa wollen wir bereits
im Kindergarten das Ernährungsverhalten der Kinder positiv beeinflussen. Das Projekt läuft seit 2004
in Bayern sehr erfolgreich und ist ein Musterbeispiel für eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern. Deshalb freue
ich mich, dass mit Hilfe der AOK jetzt in mindestens 2000 Kindergärten in ganz Deutschland aus Kindern TigerKids werden können.
Professor Berthold Koletzko lehrt an der Universität München und ist
Vorstandsvorsitzender der Stiftung Kindergesundheit.
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Gesundheit und Gesellschaft SPEZIAL 6/07, 10. Jahrgang
Fotos: privat; Olaf Hermann
E
s gibt, grob gerechnet, zwei Arten, eine Schokoladen- beschreibt, weiß man, dass das TigerKids-Projekt bei ihr in
tafel zu essen. Man kann die Verpackung mit dem den richtigen Händen ist. Da passt die Philosophie, die von
Daumen aufreißen und direkt von der Tafel ab- Verboten wenig hält, von Neugier dagegen viel und vom
beißen, in der zivilisierteren Variante Riegel für Riegel bewussten Genuss.
hastig abbrechen, in den Mund schieben und möglichst
Die Philosophie des bewussten Genusses. Einmal in der
schnell runterschlucken. Schlups – und weg.
Es geht auch so: »Wir haben die Tafel ausgepackt, in kleine Woche ist TigerKids-Tag im Kindergarten St. Elisabeth in
Stückchen zerteilt und an alle verteilt. Dann haben wir uns Mailing, einem Vorort von Ingolstadt. Die TigerKids-Gruppe
die Stückchen angesehen, welche Farbe sie haben und welche formiert sich dann zu einer Zug-Polonaise in die Turnhalle.
Form. Danach haben wir daran gerochen und versucht, den Da warten schon der Tiger und der kleine Holzzug. Den
Geruch zu beschreiben. Dann hat jeder ein Stückchen auf die Tiger nimmt Helga Stiepel auf den Schoß und krault ihn ein
wenig im Nacken. Das sieht dann so aus, als
Zunge gelegt und erst vorsichtig an
würde er beim Sprechen den Kopf bewegen.
den Gaumen gedrückt und gemerkt,
2.000 Kindergärten
Natürlich ist allen Anwesenden klar, dass der
wie es langsam flüssig wurde, und
machen mit beim
Tiger nicht wirklich sprechen kann, sondern
dann mit der Zunge im Mund verteilt.
TigerKids-Programm.
sich der Stimme der Erzieherin bedient.
Und zum Schluss, aber das war dann
Wäre auch zu schade, wenn er sich nicht
schon eine Weile später, haben wir uns
alle gewundert, wie lange man noch die Schokolade äußern könnte, er weiß nämlich so ziemlich alles über gesunde
schmeckt, obwohl es doch nur so ein kleines Stückchen war.« Ernährung.
Aber die Kinder können da durchaus mithalten. Warum
Wann soll der Mensch lernen zu genießen, wenn nicht im
Kindergarten? Helga Stiepel bringt es den Kindern bei. Wie Milch so wertvoll ist, weshalb man mit Salz vorsichtig umsie so den Verzehr von zirka vier Gramm Schokolade gehen sollte und was passiert, wenn man zu viel Fett isst. Obst
die beiden Paprika, die acht Kirschtomaten und die Zwiebel.
Fürs Zwiebelschneiden hat sich Alexander geopfert. Er
schwört darauf, dass die Augen nicht tränen, wenn man sich
den Mund mit Wasser füllt. Und schafft es sogar, mit geblähten
Wangen die Zwiebel zu Ende zu schneiden, ohne lachen zu
müssen. Mit Petersilie, Kräutern, Gemüsebrühe, Pfeffer und
Salz schmecken die Kinder ab.
und Gemüse, Lebensmittel aus Getreide, Wasser und Saftschorlen, das wissen alle, gehören in die ersten Wagen des Zuges.
Davon darf man so viel essen und trinken, wie man nur kann,
gerne mehrmals täglich. Fleisch, Milchprodukte und Eier aus
den Wagen dahinter sollte man nicht in rauen Mengen verzehren. »Man braucht auch Fisch«, ergänzt Janina. Im letzten
Wagen lagern außer dem Fett auch die Süßigkeiten. Sollte
man davon viel essen? Da schnellen alle Arme in Abwehrhaltung ausgestreckt nach vorn und wie aus einem Munde
schallt es: »Nein!« Vielleicht werden hier Reflexe geschult, die
den Kindern in ein paar Jahren noch von großem Nutzen sein
können, wenn sie im Supermarkt vor dem Regal mit der
Schokolade stehen.
Die Wissensvermittlung wird immer wieder unterbrochen
von Bewegungseinheiten. Ganz am Anfang haben sich alle zur
Melodie des TigerKids-Lieds bewegt und jetzt laufen, hüpfen,
kriechen die Kinder durch die kleine Turnhalle, bis die Musik
gestoppt wird. Dann kommt es darauf an, schnell die Lebensmittel zu finden, die im Raum verteilt sind.
Fotos: Olaf Hermann
Viel Raum für Kreativität. Der Phantasie der Erzieherinnen
sind im Rahmen von TigerKids keine Grenzen gesetzt. Darauf
legt Evelyn Milz-Fleißner, Ernährungsberaterin der AOKDirektion Ingolstadt, großen Wert. Die AOK stiftet den Holzzug für die Lebensmittel-Attrappen und die Tiger-Handpuppe.
Hinzu kommen Springseile, Leitfäden für die Erzieherinnen,
Elternbriefe und andere Materialien der Stiftung Kindergesundheit, die Professor Berthold Koletzko zusammen mit
einem Expertenteam erarbeitet hat. Die AOK schult die Erzieherinnen in zweitägigen Workshops anhand der Leitfäden,
dennoch bleibt beim Einsatz der Materialien viel Raum zum
Gestalten.
Zum Beispiel zum gemeinsamen Kochen. Da ist sie wieder,
die Philosophie, die nichts durch Verbote interessant und
wichtig macht, sondern unmerklich die Gewichte verschiebt:
Hauptbestandteil der Nudelpfanne ist Gemüse, mit magerem
Fleisch als Beilage. Und genossen wird auch, nicht geschlungen.
Es gibt Servietten für alle, Janina zündet Kerzen an, und bevor
es losgeht, wird ein Tischgebet gesprochen und die freundliche Aufforderung »Jeder esse, was er kann, nur nicht seinen
Nebenmann.« Vorher sind, nach gründlichem Händewaschen, alle Zutaten klein geschnitten worden, die Zucchini,
Gesundheit und Gesellschaft SPEZIAL 6/07, 10. Jahrgang
Der Tiger schafft Bewegung. TigerKids verbindet gesunde
Ernährung und mehr Bewegung. Da wird in beiden Bereichen viel ausprobiert. Dass Kinder ungern essen, was sie
nicht kennen, wissen alle Eltern. Die Psychologen haben sogar
einen Begriff dafür: die »Neophobie«. Aber Bewegung? Muss
man die wirklich Dreijährigen erst beibringen? Helga Stiepel
nickt. Frühere Generationen lernten beim fröhlichen Spiel
über Stock und Stein einfach durch Ausprobieren zu balancieren, zu hüpfen, zu klettern und zu laufen. Heute haben viele
Eltern Angst, ihre Kinder draußen alleine spielen zu lassen
und die gemeinsame Bewegung mit der ganzen Familie
kommt häufig zu kurz. Der Kindergarten muss deshalb
Bewegungsanreize schaffen, damit die Kinder motorische
Fertigkeiten überhaupt entwickeln können.
In Bayern hat sich TigerKids bewährt. Nach der Pilotphase
legte der Anteil der Kindergärten mit mehr als einer Stunde
Bewegung täglich von zwölf Prozent auf 43 Prozent zu,
berichtet Dr. Dagmar Czermak-Loges, Referentin für
Ernährung bei der Zentrale der AOK Bayern. 2.000 Kindergärten und Kindertagesstätten werden deshalb bundesweit
vom Herbst an in das TigerKids-Programm einbezogen. Sibylle
Becker vom AOK-Bundesverband: »Je früher wir mit der
Präventionsarbeit bei Kindern ansetzen, desto größere Wirkung kann sie entfalten.« ■
Peter Hirte schreibt regelmäßig für »Gesundheit und Gesellschaft«.
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KOOPERATION
Keine Chance der Chancenlosigkeit
Die Gesundheit hängt auch vom sozialen Status ab. Der Kooperationsverbund
»Gesundheitsförderung bei sozial Benachteiligten« fokussiert das Thema und stellt
Beispiele guter Praxis vor, um Qualitätsentwicklung zu unterstützen. Von Carsten Direske
D
Foto: BZgA
as Kooperations-Projekt »Gesundheitsförderung bei sozial
Benachteiligten« gibt es seit
2003. Die Internetplattform
zur gesundheitlichen Chancengleichheit
bietet umfangreiche Informationen zur
Gesundheitsförderung von Menschen in
schwierigen Lebenslagen.
42 Institutionen – darunter der AOKBundesverband sowie weitere Krankenkassen(verbände), Ärzteorganisationen
und Wohlfahrtsverbände – kooperieren,
um die Transparenz im Bereich der
Gesundheitsförderung für sozial benachteiligte Zielgruppen zu erhöhen und die
Arbeit der Akteure besser miteinander zu
vernetzen. Herzstück der Internet-Plattform: eine online recherchierbare, bundesweite Datenbank für gesundheitsfördernde Projekte und Angebote. Der
Erfahrungsaustausch soll auf diese Weise
erleichtert werden.
Beispiele guter Praxis. Die Datenbank stellt Beispiele guter Praxis (sogenannte Good-Practice-Projekte) der
soziallagenbezogenen Gesundheitsförderung ausführlich vor. Durch Identifizierung und Veröffentlichung von
Bereichen, in denen Projekte der Gesundheitsförderung herausragende Arbeit leisten, werden diese Beispiele guter
Praxis zur Nachahmung empfohlen.
»Schutzengel« in Flensburg ist ein solches »Good-Practice«-Projekt: Junge
Familien und alleinerziehende Mütter
werden auf vielfältige Weise unterstützt.
Zu den Angeboten gehören Familienhebammen, die junge Mütter bis zu einem Jahr nach der Geburt begleiten,
und ein Elterntreffpunkt. »Schutzengel«
ist in ganz Flensburg mit stadtteilorientierten Angeboten tätig. Neben den
Gesundheit und Gesellschaft SPEZIAL 6/07, 10. Jahrgang
Hebammen beraten und begleiten Mitarbeiter der heilpädagogischen Frühförderung die Familien. Das Ministerium
für Soziales, Gesundheit, Familie und
Senioren in Kiel hat »Schutzengel« zu
einem Leitprojekt erklärt. Das Modell aus
Flensburg soll – angepasst an die jeweiligen örtlichen Verhältnisse – auf ganz
Schleswig-Holstein ausgeweitet werden.
Die durch den Kooperationsverbund
geförderte Qualitätsentwicklung hat
noch weitere Effekte: Das ebenfalls als
»Gute Praxis« anerkannte Hamburger
Familienprojekt »Adebar« bekam im
vergangenen Jahr den Deutschen Präventionspreis verliehen. In diesem Jahr
sind die Berliner »Kiezdetektive« als
weiteres Good-Practice-Projekt unter
den zwölf Nominierten für diesen Preis.
Um landesspezifische Gegebenheiten
zu berücksichtigen, hat der Kooperationsverbund inzwischen in allen 16
Bundesländern »Regionale Knoten« als
Kontaktstellen eingerichtet. Diese sind
organisatorisch an Landesvereinigungen
für Gesundheit oder vergleichbare Einrichtungen angebunden und fördern
die regionale Zusammenarbeit.
Carsten Direske ist Pressesprecher des Vereins
»Gesundheit Berlin e.V. «, bei dem die Geschäftsstelle des Kooperationsverbundes angesiedelt ist.
»Wir brauchen Netzwerke für sozial Benachteiligte«
Wissenschaftlichen Studien zufolge gibt es einen engen Zusammenhang zwischen sozialer Schicht und gesundheitlichen Chancen. Bereits im Kindes- und Jugendalter zeigt sich
bei sozial Benachteiligten eine höhere Sterblichkeit, Krankheits- und Unfallhäufigkeit. Im weiteren Lebenslauf sind
Zigarettenrauchen, ungesunde Ernährung oder Bewegungsmangel in dieser Bevölkerungsgruppe stärker ausgeprägt.
Chronische Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen
treten im mittleren Erwachsenenalter bei Menschen in
schwierigen Lebenslagen im Vergleich zu besser gestellten
Gruppen zwei- bis dreimal häufiger auf.
Um sozial Benachteiligte in ihren Lebenswelten wie Kindergarten, Schule oder Arbeitsplatz nachhaltig zu erreichen, sind Netzwerke der Gesundheitsförderung auf Bundes-,
Landes- und kommunaler Ebene nötig. Für die Umsetzung hat die Bundeszentrale für
gesundheitliche Aufklärung den Kooperationsverbund »Gesundheitsförderung bei sozial
Benachteiligten« mit über 40 Partnern initiiert, an dem sich Krankenkassen, Wohlfahrtsverbände, Landesministerien, Ärzteorganisationen, die Landesvereinigungen und die
Bundesvereinigung für Gesundheit und weitere Akteure beteiligen.
Dieses Engagement der Institutionen ist wichtig und unverzichtbar. Aber für eine nachhaltig erfolgreiche Bekämpfung sozialer Ungleichheit braucht es mehr – gesundheitliche
Chancengleichheit muss zum gesellschaftlichen Leitbild werden.
Professor Dr. Elisabeth Pott, Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
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Gesunde Kinder – gesunde Zukunft
Ob Kindergarten, Schule oder Verein: Die AOK fördert in Settingprojekten
jedes Jahr die Gesundheit von einer Million Kindern. Dabei kooperiert die
Gesundheitskasse mit den verschiedensten Projektpartnern.
AOK Bremen/Bremerhaven
AOK Niedersachsen
Fitnesslandkarte
Das Projekt führt erstmals in einem
Bundesland flächendeckend für die
Schuljahrgänge eins bis zehn den
Bewegungs-Check-Up durch. Anhand
der Daten lässt sich nachweisen, in
welchem Alter Jungen und Mädchen
mit regelmäßigem Sport aufhören.
Bewegungskindergarten
Die AOK Bremen/Bremerhaven fördert
in Kooperation mit dem Bremer Turnverband, dem Landessportbund und der
Unfallkasse Bremen Kindergärten, die
mit einem Sportverein aus dem Stadtteil
mindestens vier Bewegungsstunden pro
Woche anbieten.
AOK Rheinland/Hamburg
AOK Westfalen-Lippe
Walking Bus
Statt mit dem Auto oder dem Bus gehen
hier die Kinder als gemeinsame Gruppe,
als »Walking Bus«, zur Schule. Eltern
führen die Gruppe als »Busfahrer« auf
einer klar definierten Strecke mit fixen
Haltestellen zur Schule.
Gesund macht Schule
Lehrer erhalten wahlweise zu den Themen
Ernährung, Bewegung, Entspannung,
Sexualerziehung oder Sucht eine didaktische Arbeitsmappe zur Unterrichtsgestaltung. »Paten-Ärzte« können angefordert werden und unterstützen bei
Elternabenden oder im Unterricht.
AOK Hessen
papilio
Programm in Kindergärten zur Förderung
der sozial-emotionalen Kompetenz. Papilio
basiert auf entwicklungspsychologischen
Erkenntnissen. Mit Hilfe des Projekts soll
der Entwicklung von Sucht und Gewaltverhalten vorgebeugt werden.
AOK Saarland
Die 7 Bausteine der Fitness
In Kooperation mit dem saarländischen
Turnerbund entwickelte Fortbildung für
Grundschullehrer. Die Lehrer erhalten
Beispiele für eine Stundengestaltung, um
die Bewegungskoordination der Schüler zu
verbessern. Eine begleitende Ernährungsberatung ergänzt das Angebot.
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AOK Rheinland-Pfalz
AOK Baden Württemberg
Aktionsbündnis Bewegungskindergarten
Ziel des Aktionsbündnisses ist die Verleihung eines Qualitätssiegels »Bewegungskindergarten Rheinland-Pfalz« an Kindergärten, die dem Thema Bewegung einen
zentralen Stellenwert in ihrer Konzeption
einräumen. Die Kindergärten werden zuvor
beraten und betreut.
ScienceKids
Im SummerScienceCamp entwickeln
Schulkinder gemeinsam mit Wissenschaftlern Unterrichtsthemen aus dem
Bereich »Gesundheitsförderung« und
fertigen daraus eine Lernbox. Diese lässt
sich etwa an Projekttagen an Schulen
einsetzen.
Gesundheit und Gesellschaft SPEZIAL 6/07, 10. Jahrgang
AOK Schleswig-Holstein
Lions-Quest: Erwachsen werden
Dreitägige Lehrerfortbildung, bei der
Unterrichtsmodule zur Förderung der
Lebenskompetenzen von Schülern
zwischen 10 und 15 Jahren vermittelt
werden. Damit soll der Prozess zu einer
gesundheitsfördernden Schule eingeleitet werden.
Beispiele für das Engagement der AOK
in Settingprojekten
AOK Mecklenburg-Vorpommern
Wir in Mecklenburg-Vorpommern
Wettbewerbsprojekt für Schulen, wissenschaftlich begleitet von der Uni Greifswald. Kinder und Jugendliche sollen sich
altersgerecht mit Fragen zur Gewaltprävention und zur Fitness auseinandersetzen.
AOK Berlin
Vernetzungsstelle Schulverpflegung
Im Rahmen des Modellprojektes
entwickeln die Kooperationspartner eine
gesundheitsfördernde und qualitativ
hochwertige schulische Gemeinschaftsverpflegung und erproben diese exemplarisch an Berliner Ganztagsschulen.
Pfiffikus durch Bewegungsfluss
Von der Universität Potsdam entwickeltes Bewegungskonzept speziell für
Kinder im Vorschulalter. Ziel ist es, die
physische Entwicklung der Kinder durch
gezielte motorische Übungen optimal
zu fördern.
AOK Sachsen-Anhalt
Nice
Prävention von Essstörungen bei Mädchen zwischen 13 und 16. Die Mädchen
lernen, Stress zu bewältigen sowie eigene
Stärken und Schwächen zu erkennen und
zu akzeptieren. Sie werden informiert
über bestehende Hilfsangebote für
Kinder in schwierigen Situationen.
AOK Sachsen
PowerKids in Bewegung
Stark übergewichtige Kinder von 11 bis 13
lernen gemeinsam mit den Eltern, ihr
Essverhalten zu ändern und sich – vor
allem mit viel Spaß – mehr zu bewegen.
So werden Eigenverantwortung und
Selbstvertrauen gestärkt.
AOK Bayern
AOK Thüringen
Fit sein macht Schule
Fitnesstest an Schulen, mit dem individuelle motorische Defizite entdeckt und die
entsprechenden Schüler gezielt gefördert
werden können. Testwiederholungen
nach einem und nach zwei Jahren sind
obligatorisch und überprüfen den Erfolg
der Intervention.
Wir lassen uns nicht manipulieren
Mit dem Projekt wird die Medienkompetenz Jugendlicher erhöht. Die Schüler
setzen sich u. a. mit Tabak- und Alkoholwerbung auseinander. In Schulprojektwochen erarbeiten die Jugendlichen
einen suchtpräventiven Medienbeitrag.
Fotos: Olaf Hermann; AOK ScienceKids; Bildagentur-online; mediaskill OHG - Bildmaschine; Bilder wie Worte; © Achim Werner, Westend61; © Wilhelm Mierendorf
AOK Brandenburg

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