Lyrikprogramm 2011
Transcrição
Lyrikprogramm 2011
Lyrikprogramm 2011 Mariensaal des Schlosses Hetzendorf, 1120 Wien, Hetzendorfer Straße 77-79 Samstag, 1. Oktober 2011, 19.30 Uhr Einleitende Worte (Gerhard 2011) ..........................................................................................2 Hälfte Heinz 2011, Trude Marzik ...........................................................................................3 Wia mei Liab is (S. 47).......................................................................................................3 Erinnerung an die Mitzi (S. 69)...........................................................................................3 A klaner Gspaß (S. 51) .......................................................................................................3 Liebe 73 (S. 59) ..................................................................................................................4 Nix dauert ewig (S. 71).......................................................................................................4 Der Untermieter Sedlacek (S. 34) .......................................................................................4 Am Hochzeitstag (S. 100)...................................................................................................5 Ein Strohwitwer schreibt (S. 31) .........................................................................................5 Ohne Männer (S. 36) ..........................................................................................................5 Frauenleben (S. 78).............................................................................................................6 Die alte Dame (S. 57) .........................................................................................................6 Die Zeit (S. 111).................................................................................................................7 Hälfte Gerhard 2011, Christine Nöstlinger..............................................................................8 Glane Greiss-Soi Gedaunkn (I, S. 11) .................................................................................8 I was genau (II, S. 51).........................................................................................................8 A blede Gschicht (I, S. 23)..................................................................................................9 Ana aus bruck (II, S. 19).....................................................................................................9 D Mutta weids Madl ei (I, S. 21).......................................................................................10 Guade gründe (II, S. 56) ...................................................................................................10 I mechdad so gean (I, S. 36)..............................................................................................11 Wos wüs denn no? (II, S. 45)............................................................................................11 S schene Gfüh vum schenan Glik (I, S. 40) .......................................................................11 Des muasd eatrogn (II, S. 59)............................................................................................12 Schlechd und echd ungerechd (I, S. 62) ............................................................................13 Ka eisichd (II, S. 87).........................................................................................................13 Zweiter Teil 2011: Roth, Eugen............................................................................................14 ZUM GELEIT ..................................................................................................................14 DIE BIBEL.......................................................................................................................14 DIE ANTIKE ...................................................................................................................16 DIE GERMANEN............................................................................................................18 MITTELALTER...............................................................................................................19 DIE NEUZEIT .................................................................................................................21 Draufgaben 2011 ..................................................................................................................24 Einleitende Worte (Gerhard 2011) Guten Abend, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir zwei – das sind: mein Freund Heinz Glaser und ich – wollen Ihnen diesmal mit Gedichten die symbiotischen und antagonistischen Aspekte der femininen und maskulinen Sozialanthropologie näherbringen, oder – komprimiert gesagt – was zwischen Frauen und Männern los ist. Im ersten Teil tut das Trude Marzik für Damen und Herren sowie für Frauen und Männer, Christine Nöstlinger dann für Frauen und Männer sowie für Weiber und Mannsbilder. Im zweiten Teil zeigt Ihnen Eugen Roth, daß sich von der Bibel bis zur Neuzeit eigentlich nicht arg viel geändert hat. Noch eine Anmerkung zur Sprache der Gedichte: Dialekt wird oft mit Heiterkeit gleichgesetzt, Hochdeutsch mit Ernst. Vorsicht. Manche Dialektgedichte sind so raffiniert, daß ein Lachen nur den Auftakt zu einer Verzweiflung bildet, wogegen das Hochdeutsch im zweiten Teil durchaus nicht ernst genommen werden will. Mein Freund Heinz praktiziert im ersten Teil Schönbrunnerdeutsch, wogegen ich – seit mehr als 50 Jahren im Exil – mich an ein Wienerisch der "entern Gründ" zu erinnern versuche. Erlauben Sie uns noch eine Bemerkung in eigener Sache: Wir widmen diesen Abend unserem Freund Rudolf Oezelt, der durch 6 Jahrzehnte diese Programme gemeinsam mit uns beiden gestaltet hat. Altersbedingt kann er leider weder selbst mitwirken, noch als Zuhörer anwesend sein. Wir vermissen ihn. Das war's schon. Wir wünschen Ihnen gute Unterhaltung. 2 Hälfte Heinz 2011, Trude Marzik Und aa die Busserln hätt i längst vergessen, wann net die klane Schwalben gwesen wär. I siech s' direkt vua mir, i hör s' no zwitschern, Parallelgedichte, Zsolnay Wien 1973, ISBN wia s' gflogn is ober uns so hin und her. 3-552-02531-6 Die Mitzi is verheirat und hat Kinder, vielleicht a ganze Schar. Lebt waaß Gott wo. Wia mei Liab is (S. 47) Und ohne Schwalbendreckfleck in mein Mei Liab is wiar a Vogel: Sackel Von Zeit zu Zeit fliagt s' furt, wär von der ganzen Liabschaft nix mehr da. woandershin. Do net für lang, denn ohne Nest, da wird ihr bang. A klaner Gspaß (S. 51) Und 's Hamfliagn, des tuat guat. Gestern, zeitlich in der Fruah, find i in mein Bett ka Ruah, Mei Liab is wia die Blatteln hab schlecht gschlafen in der Nacht am Bam. Die welken hin, und will schaun, was d' Roserl macht. wann's herbstelt, falln s' schö langsam a. I klopf an bei ihrer Tür, lm Fruajahr san s' dann wieder da und sie steht so liab vua mir, in ganz an frischen Grün. hat nix an, na, wißts ja eh, wia ma sagt, im Negligee. Mei Liab is wia der Schatten, Mir wird glei, i waaß net wia, der ewig kummt und geht. und es schnackeln mir die Knia. Die finstre Nacht, die deckt ihm zua; ,,Weg mit d' Händ! Drah di zur Wand!" dann siecht man' wieder in der Fruah, sagt s'. ,,I bin no net im Gwand!" wann d' Sunn am Himmel steht. Und i drah mi mit an langen Gsicht zur Wand. Erinnerung an die Mitzi (S. 69) Es war September. Sie hat Mitzi ghaßen. Und Sunntag war's, des waaß i no genau. Da san ma nachmittag im Garten gsessen, beim Heurigen. Die Zwetschken warn scho blau. Die Schwalben habn sich hergricht für die Reise, und ane laßt im Fliagen gar was falln. I hab vur lauter Jungsein und Verliabtsein den Fleck net ausputzt aus der neuchen Schaln. Jetzt geht s' hin zu ihrn Lawua, und i stell mir alles vua, wia sa si so waschen tuat... Mir is direkt gar net guat. Und dann nimmt s' die Nylonwäsch, knistern tuat die Kombinäsch ... Langsam ziagt sa si dann an, Strümpf und Schucherln kummen dran… Wia sa si die Haar toupiert, spür i, daß mir besser wird. ,,Weg mit d' Händ! Drah di zur Wand!" sagt sie. ,,Du verdruckst mir 's Gwand!" Und i drah mi mit mein großen Schmerz zur Wand. Seitdem san leicht a Dutzend Jahr vergangen. Die Zwetschken san bestimmt scho Powidl wurn. Der Wein von damals, der is heute Essig. Und d' Mitzi hab i aus die Augn verlurn. Wia s' ausgschaut hat? I kann mi net erinnern. A'busselt hab i s' fleißig, des steht fest. Und ,,Mitzi" war ihr Namen. Oder Antschi? A Zwetschkenbam, a Bank, a Schwalbennest. ,,Roserl", sag i, ,,sei ka Kind! Gib mir nur a Busserl gschwind! Schließlich schaut uns kaner zua — und dann gib i dir a Ruah!" ,,Bis d' mi heiratst!" sagt sie knapp. ,,Vorher spielt si gar nix ab! 3 Und nur der Ventilator surrt. Sie stehn net auf, sie gehn net furt. Der Kellner bringt a frisches Wasser. Bild dir nur kan Blödsinn einl Weg die Händ! lch bleibe rein!" Und i sag zu ihr: ,,Na guat! Alsdern schickst mi wieder furt!" Traurig wiar a matte Fliegn schleich i abi über d' Stiagn. Fragts die Roserl, die kann no viel besser lüagn ... Das g' wisse Alter, Zsolnay Wien 1979, ISBN 3-552-03122-7 Der Untermieter Sedlacek (S. 34) Der Sedlacek, ein alter Freund von mir, is noch a fescher Mann, nur meistens stier. Er hat's zu keiner eignen Wohnung bracht. ,,Was brauch i sowas?" sagt er nur und lacht. ,,1 hab mein Kasten, Sessel, Tisch und Bett. I wohn möbliert, und mehr verlang i net. Die Novotny hat gern an Mann im Haus, und wann s' mi braucht. dann hilf ich ihr halt aus." ,,Herr Sedlacek, das Wasser tropft, der Ausguß is total verstopft. Die Uhr ghört auf'zogn, san S' so guat! Wie gfallt lhnen mein neucher Huat? Der Besen braucht an andern Stiel. Der Sessel is no recht stabil. Gehn S', tan S' ihn streichen, habn S' net Zeit? Das Messer hat ka rechte Schneid. Die Wäsch muß in die Wäscherei 's is auch von lhnen was dabei. Und bei der alten Vyskocil bleiben S' ja net stehn, die redt zuviel! Jetzt san S' so guat, und putzen no des B'steck! Sie san a braver Mensch, Herr Sedlacek! Und ohne lhnen siech i mi net draus! Man braucht als Frau halt doch an Mann im Haus!" Liebe 73 (S. 59) ,,Wann i an Parkplatz find, dann kumm i auf d' Nacht, gleich nach'n Gschäft, zu dir! Ziag dir was Schönes an, du waaßt ja: i gfreu mi drauf, daß i di gspür! Richtst halt a bissel was zum Essen, und stell den Gumpoldskirchner kalt! Wann i an Parkplatz find, dann kumm i. Wann i kan find, dann laß ma's halt. Wann i an Schilling find im Börsel, dann ruaf i di natürlich an. Des is do aa ganz schön, du waaßt ja: die Liebe, so per Telefon! Dann stellst des Essen vom Rechaud weg, der Gumpoldskirchner halt' si schon. Schliafst wieder in dein Barchentschlafrock, und ziagst die alten Patschen an. I sag dir ans: tua mi net penzen! So is die Zeit! Mir san modern! Was soll i ohne Parkplatz machen?" ,,Waaßt was, mei Liaber? Hab mi gern!" Nix dauert ewig (S. 71) Acht Jahr san s' mitanander gangen. Sie habn si gern ghabt no im Mai, im Sommer aa, den haaßen, langen. Und dann im Herbst. da war's vorbei. Der Sedlacek, die Ruhe in Person, entwickelt bald a stille Aggression. Er denkt: ,,Am besten geh ich schleunig fort, sonst gibt's am End a Unglück, gibt's an Mord." Er denkt: ,,A Wohnung gibt ma net leicht auf, da nimmt ma schließlich mancherlei in Kauf!" Drum hat er s' gheirat, das war gar net dumm. Der Sedlacek, der draht den Spieß jetzt um: ,,Aloisia, das Wasser kocht! A Beinfleisch hätt ich gern auf d'Nacht! Die frischen Söckeln habn a Loch i glaub, Aloisia, du laßt nach! Wia kann des sein? Was solln s' jetzt machen? Sie stehn und wissen si kan Rat. Solln s' wanen? Oder drüber lachen? Die Liab is furt. Es is drum schad. Sie habn's ja gwußt, nix dauert ewig. Ma kennt si guat, ma wird si fad. Die größte Liab wird amal schäbig. Sie want halt doch. Und tuat ihm lad. lm Tschecherl — sie wird immer blasser — da sitzen s' lang. Sie sagn ka Wurt. 4 Daß alles Reden gar nix nutzt! Wird Zeit, daß d' amal Fenster putzt! Bring mir an orndlichen Kaffee, und wann i dann ins Wirtshaus geh, bürscht mir den Rock aus, aber gschwind! Mach's Fenster zu, es geht a Wind! Wo bleibt denn der Kaffee so lang? Mir scheint, hast wieder tratscht am Gang! Aloisia, machst du am End a Gsicht? Du mußt doch schaun auf mich, das is dei Pflicht. Du hast es selber wolln, mach dir nix draus, jetzt hast als Frau halt doch an Herrn im Haus!" Ein Strohwitwer schreibt (S. 31) Jetzt bist schon vierzehn Tag lang furt. Wie ist das Wetter? Geht's Dir guat? Du hast gsagt: ,,Schreib!" Also, ich schreib. Bei uns is' haaß. Was i so treib? Um sechse aufstehn, waaßt ja eh, dann geh i gschwind auf an Kaffee, weil nämlich die Kaffeemaschin, die is seit letzten Montag hin. Der Haushalt is ka Hexerei. Wie kocht man eigentlich ein Ei? lch wüßt gern, was ich falsch dran mach: Es wird net waach, so lang ich's koch! Der Hansi hat net fressen wolln. Hätt i die Söckeln begeln solln? Die Goldfisch schwimmen hin und her. Die Wohnung ohne Dich is leer. Kultur mit Schlag, Kremayr & Scheriau, Wien 1992, ISBN 3-218-00503-5 Am Hochzeitstag (S. 100) (Nach der Melodie von "An Elise") Mi'n Schreiben tuar i mir's recht hart. Man findt so schwer das rechte Wort. lch hoff, Du bist bald wieder da. Lach mi net aus, Du gehst mir å. Die Abwasch is schon voller Gschirr. Wanst früher kommst, telegraphier, daß i Di abhol von der Bahn. Es grüßt und küßt Dich sehr Dein Mann. Heut is unser Hochzeitstag. Es wird Zeit, daß i dir sag: Meistens liegst mir schwer im Magn, oft tät i di gern derschlagn. Heut is unser Hochzeitstag. 's Lebn mit dir war nix wia Plag. Manchmal frag i mi im Zurn: Was is aus uns zwaa nur wurn? Ohne Männer (S. 36) Ohne Männer kein Vergnügen, keine Lust und kein Pläsier, ohne Männer keine Wonne, denn sie sind der Schöpfung Zier. Ohne Männer keine Falschheit. Eifersucht und Niedertracht, ohne Männer keine Hochzeit und auch keine Hochzeitsnacht. Keppeln tuast scho in der Fruah, nix is recht. nix traust mir zua. Waaßt no, wia mir g'heirat ham? ,,Hauptsach is, wir halten z'samm!" hast du damals gsagt zu mir. Du hast nix ghabt, i war stier. Aber aa die schlechte Zeit habn wir übertaucht zu zweit. Ohne Männer keinen Hausfreund der Gedanke ist ein Graus ohne Männer tät man sitzen mutterseelnallanig z'Haus. Ohne Männer auswärts speisen rat ich ernstlich keiner Frau. Ohne Männer muß man nämlich selber zahln im Restaurant! Heut is unser Hochzeitstag. Es wird Zeit, daß i dir sag: Ohne di, so kummt mir ma, gingert i mir in Verlua. Heut is unser Hochzeitstag. Du waaßt eh, daß i di mag. Zwar möcht i di oft derschlagn. Nur - ohne di könnts mi begrabn. Ohne Männer ka Erfindung, ka Musik und auch kein Buch. Ohne Männer gäb's kan Harem Das g' wisse Alter, Zsolnay Wien 1979, ISBN 3-552-03122-7 5 und es gäb auch kan Eunuch. Ohne Männer gingert keine mit ihrn Taschel hin und her, ohne Männer wärn die Häuser, die gewissen, alle leer. Das g' wisse Alter, Zsolnay Wien 1979, ISBN 3-552-03122-7 Die alte Dame (S. 57) Die alte Dame, die Löckchen wie Schnee man trifft sie nachmittags im Café, und manchmal in Baden, sogar beim Roulette, doch immer mit Haltung, gepflegt und adrett. Das Zünglein ist spitz, das Gehör ist schon schlecht, die Zähne sind falsch, die Brillantboutons echt. Sie tritt meist gepaart auf, noch öfter zu drein die alte Dame ist ungern allein. Ohne Männer gäb's kein Busserl, nicht einmal ein Rendezvous. Ohne Männer könnt man schlafen ungestört in aller Ruh. Ohne Männer keinen Vater, keinen Sohn und keinen Sex. Ohne Männer gäb es niemals einen Ödipuskomplex. Ohne Männer wär das Leben biologisch ungesund. Ohne Männer wärn wir Frauen sagn die Männer - ganz am Hund. Ohne Männer kannst im Auto ungetadelt umkutschiern. Ohne Männer muaßt die Kraxen dann auch selber repariern. Die Wohnung ist eigentlich viel zu groß, doch mit der Anna, da geht's tadellos. Freilich, wenn die einmal nicht mehr wär, nicht auszudenken! Das wär ein Malheur. Die ist ins Haus kommen, beinah als Kind; ob sich so schnell ein Ersatz für sie findt? Selber den Haushalt? Wie andre Fraun? Wo sie doch nie noch - ihr Mann tät schön schaun! Es wär auch peinlich, zum Beispiel beim Jour. Ohne Männer, da verlierert unsereins ja bald den Schwung. Ohne Männer keine Kämpfe um die Gleichberechtigung. Ohne Männer keine Mondfahrt. Mathematik und Physik. Ohne Männer gäb's kan Helden und es gäb auch keinen Krieg. Jedes Jahr fahrt sie nach lschl zur Kur, und dann nach Salzburg. Zur Festspielzeit, klar. Salzburg ist auch nicht mehr das, was es war. Ohne Männer mußt net denken: ,,Was ich morgen wieder koch?" Ohne Männer wär's bequemer, aber lieb sind sie ja doch. Ohne Männer gäb's kein Streiten um das dumme Wirtschaftsgeld. Ohne 's Ripplerte vom Adam wärn wir gar nicht auf der Welt. Längst ist ihr Mann schon unter der Erd. Hat auch zu Lebzeiten niemals gestört. Gott hab ihn selig. Ein Sektionsrat widmet sein ganzes Leben dem Staat. Er hat sein Amt g'habt und sie ihrn Salon. Jetzt hat er Frieden und sie die Pension. Hübsch eine hohe, sie lebt sorgenfrei. Nächstes Jahr reist sie gar in die Türkei, und dann nach Grado. Sie kommt nicht zur Ruh. Manchmal nur fragt sie sich selber: Wozu? Am Anfang war die Kuchlkredenz, Zsolnay Wien 2000, ISBN 3-552-04983-5 Frauenleben (S. 78) Vom ersten die Tochter, vom zweiten den Sohn, vom dritten die Wohnung und die Witwenpension Was ist schon dabei, wenn man älter wird, Zsolnay Wien 1993 6 Manchmal auf Besuch der Bua. Is recht anghängt, nimmer klaa. Meistens sitzt ma zhaus allaa. Unberufen, ma is gsund. Vielleicht kauft ma si an Hund. Denn die Freund san aa scho weit. Es is Zeit... Die Zeit (S. 111) Zimmer, Kuchl, Kabinett, Gitterbett nebn Ehebett, Basilisk im Kindertram, und vurn Fenster Lindenbam. Die Bassena draußt am Gang, unten Straßensängergsang. Sparverein bein Wirt am Eck. Brotgeruch. Im Haus der Bäck. Brand. Justizpalast. Warum? Gmischte Klass. Die Buam san dumm. Krampusangst und Christkindfreud. Kinderzeit. Wohnung mitten in der Stadt. Groß und hoch. Sogar mit Bad. Eignes Zimmer. Aufklappbett. Büacher lesen früh und spät. Mittelschul. Mit viel Latein. Einmarsch. Deutschland. Schulfrei. Fein. Zöpf abschneiden. Dauerwelln. Sich mit hohe Absätz quäln. Tanzschul. Abendkleid aus Taft. Große Kinoleidenschaft. Burgtheater, Stehparterre. Uniformen, Militär. D'meisten Buam san aa scho weit. Mädchenzeit. Schlechte Zeiten, alls verlurn. Neucher Anfang. Ganz von vurn. Nachkriegsheirat, Ehestand, Kinderwagn aus zweiter Hand, Fahnenstoff fürs Umstandsklad, Sonderaufruf Marmelad, Zigaretten nur im Schleich, und wer gschickt is, der wird reich. Endlich Arbeit, endlich Ruah. Und im Wagerl liegt a Bua. Einheitsmöbel, billigs Holz. Auf Kredit. Und trotzdem stolz. Klanes Leben, große Freud. Schöne Zeit. Krokotaschen, d'Haar wern grau, Nerz und Opernabonnement. Auto, Kühlschrank, Waschmaschin. Wo fliagn ma im Urlaub hin? Landhaus, Brüller - lupenrein. Und bein Fernsehn schlaft ma ein. Weches Kreuz. Jeds Jahr zur Kur. 7 und ned bled. Mia san ned schiach und ned grantig. A feula wiad aundan sama ned. I Nöstlinger, Christine: Iba D Mama und d Oma, de gaunz oaman fraun. de manan, Jugend und Volk, Wien, 3. das ma bessa drau san Auflage 1988, ISBN 3-224-1 auf launge Sichd. 6638-X Sie sogn, II Nöstlinger, Christine: Iba i soi do net wanan de gaunz oaman mauna. und fro sei Jugend und Volk, Wien dasin los bin, 1987, ISBN 3-224-1 6632-0 den Wicht. I wan do net Glane Greiss-Soi um den Deppn. Den winsch i Gedaunkn (I, S. 11) zum Deife hi! Mei Mama I wan, hasd Nowak Marie. weuli Mei Oma hasd a bisl a Aungst hob Nowak Marie. um de neiche Nowak Marie Nowak Marie. has i! I wü ned, Und des Kind, wosi das des so weidarend, jezn griagn wea, Nowak Marie wiad haßn: auf Nowak Marie Nowak Marie. auf Nowak Marie! S kunt natirlich Es gibd do ned nua a Bua wean. Schufdn auf da Wöd. Meglich Es gibt do a Mauna warat des scho. mid Sö und mid Göd Oba Männa und mid Hian hods bei uns und mid Heaz no nia gem, und mid Gfü! und i glaub, Und so an wü i des bleibd a so. fiad neiche Marie! Das mia olle drei Owa a Nowak kan Mau haum, griagd so an kan fiad Oma, do nie! kan fiad Mama, und a kan fia mi, I was genau (II, S. 51) das uns olle drei I was oiweu sizn haum losn, genau kapia i das mi mei Lebdog laung nie! de frau Mia san net aundascht hint wiad aundan. und vuan Mia san ned graung Hälfte Gerhard 2011, Christine Nöstlinger 8 betriagd und a kaneule is de wos nigs wia liagd. I was genau das dera frau ned umd ware liebe ged weus ka heaz hod und nua aum guidn schded. I was genau das ma de frau a hakl ins greiz eine haud und si scho lengsd noch an vü reichan umschaud. I was genau dasi vun dera frau nua vakaufd und varodn wea. Do des nuzd ma do ibahaubd nigs mea. Soli mi vun ia trenna und in mei unglik renna? I was do genau dasi one dera frau aun brochana sö krepia und des schdangad si do wegn dem luada goa ned dafia! A blede Gschicht (I, S. 23) D Gabi hobi vom Edi. Vum Fredi is de Marie. Kaun sei, de zwa haum mi gean ghobd, do vum Heiratn de Red woa nie. Dem Michi sei Vatan hasd Meier. Dem sei Frau schaud drauf, dasa zoid. Weu de schreim des o vun da Schdeia. De zwa haum a Bozn Gehoid. Nua fiad Kati hobi leida kan Vati. Des muas no da Richta klean, wöchana von de drei Hean auf mei Kati paßt. Vund Augn hea, vund graun, tät'sn Hansi gleichschaun. Obad Oawaschl san mea nochn Dokta Rautaschl. Und ihre Hend und di klan Zend erinan mi imma aunan Buam von da Wimma. Bled is nua s Muttamoi auf ihra Schdian. Weu unsa Hausmasda hod a so ans aum Hian. Und vum Hausmasda hobi nigs gsogd, wias mi gfrogd haum bei Gericht. Jezn is des a blede Gschicht! Weu waun de drei Kindsväta des gneisn und si eanare Pappna zareisn, bini im Eck und kriag an Dreck. Und de Fürsorgerin schreid mi daun wieda au, worum i ma goa nigs damerkn kau? Ana aus bruck (II, S. 19) I won in wien owa i bin aus bruck. Duat ghea i hi und duathi mechti zruck. I hakl mi bled vun frua bis schbed, i ruachl und schboa und dram davo 9 dasima bis ibas joa a flekl grund daschboa. A flekl grund in bruck weu vun duat kum i hea und duathi mecht i zruck. Do daun braucht frau a neichs kladl unds madl muas otreim losn und schwesda schded min kind auf da schdroßn und da bruada schbüd schdos und rentn vun da schwigaoidn is a ned gros undn buam sei maschin is ole bodlaung hin. Da mensch soi hüfreich sein. Owa i bin do ka schboaschwein, des jeda dea si traud auf scherm zahaud! I won in wien owa i bin aus bruck. Duat ghea i hi und duathi mecht i zruck. I hakl mi bled vun frua bis schbed. I ruachl und schboa und hob nix wia schuidn und plog und dram davo, a wauna bled is, muass hean und so tuan, ois was ohne eam valuan. D Mutta weids Madl ei S lem vun ana Frau (I, S. 21) is opfern A Frau und Plog. muas imma wos duan Worum des so is, sunst is a aundare Frog, isd Famülie valuan. A Frau, de wos ohne Oabeid de wos ma si afoch ned schdöd, wo hugd weu dei Manung dazua und mid kana Wimpa ned zöd. ned zugd, dasi bis ibas joa mei gaunze famülie daschlog. waun ian Mau des Hemdknepfe föd, is gauns umasunst auf da Wöd. Unds Kostgöd ned weat, wos griagd! A Frau, de ins Romanbiachl schaud, waunsi ia Mau, de oame Haud, s Hemdknepfe söba aunad ghead hamdrad. Weu de is ka Ea fia unsa Geschlecht! A Frau muassi imma a Oabeid wissn, sunst is ia Famülie toteu beschissn. A Frau muas fian Mau und de Kinda lem und denan ia Krofd und ia Ausdaua gem. A Frau deaf si ned um si söba schean. A Frau deaf si ned gengan Haushoid wean. Ihre Täg und ihre Nächt, de ghean ia ned. Und aufn Mau, Guade gründe (II, S. 56) Na na na, es wü ma ned eine ind bian! Hodn de waunsinsfrau ibahaubd ka hian? I man echd si schnobd ma iba und schbind. Baud si auf und sogd afoch: I wü a kind! Des is ned zum vaschde! A kind vun mia! Drads jezn duach, de drudschn, oda wia? Wohea hodsn auf amoi so a blede schnobside? Do kunt am do diregd da lezde hamua vage! 10 Wos wüs mi denn so hianrißig bled eiteun? Soli neman kindawagl vaschimpen und vafeun? Soli aum end no an baums s flaschl gem und togeitogaus unta vaschißane windeln lem? Soli epa no ind schui zua frau lera renna und mi fia eididschde fensdascheim depad brenna? Soli mi ums erschde bußl vun an glan wapla schean und aum end no so depat wia mei vata wean? Des doschngöd schdreichn und wadschn austeun? Wegn ana leaschdö an leahean in oasch einegreun? Mi vatrotld aufschbün ois uaoida scheam? Nigs ausgem, nua ruachln zum weida vaeam? Ois vata bisd in nui-koma-pepi a bozn oasch mid uan und bisd kana hosd scho gegn deine baumsn valuan. Ka mensch auf dera wöd, nedamoi mei eigane frau, kaun valaunga, dasis lem vu mia und an unschuidign kind vasau. I mechdad so gean (I, S. 36) I mechdad so gean davau renna vun eam. Sei hinigs Gschau nimma segn. Seine bledn Schbrich nimma hean. I mechdad so gean: nigs wia davau renna vun eam. I mog eam nimma riachn, den schiachn Hund. I kunt scho narrisch wean, heari eam nua de Tia aufschbean. I mog eam net gschbian den Offn, den schdian. Und wauna so bled ind Gegend schaud, griag i a echde Ganslhaud den Bugl owe bis zud Knia. Das mia amoi gheirad haum, unsa Hez ghobt haum zaum, ka Stund ohne dem aundan sei haum kenna und nia mea uns trenna haum woin, das mia dea Kerl gfoin hod kenna, vazeih i eam nia! Ich mechdad so gean davau renna vun eam. Sei hinigs Gschau nimma segn. Seine bledn Schbrich nimma hean. I mechdad so gean: Nigs wia davau renna vun eam. Und wauni net scho wieda schwaunga wa, daun dadat is a, daun dadat is a! Wos wüs denn no? (II, S. 45) I hobma mid ia was augfaungd obwois zuzld hod und ghadschd is und hobs gheirad weus schwaunga wuan ist vu mia. Dabei wori lengsd scho in a gauns aundare valiabd. Wos wüs denn no? I bin wegn ia daham auszogn und schtandapeda mid ia einzogn auf zimma kuchl weus ned und ned an rua gem hod Dabei hedis daham bei meina mutta weidaus bessa ghobd. 11 Wos wüs denn no? I hob wegn ia mei hokn aufgem und ma wos weid solidares gsuachd weus in anadua nua auf sichaheid aus is im lem. Dabei woas ma schwa a schisalgreisla, a nodiga, z wean. Wos wüs denn no? I bin wegn ia ausn ehebet auße weud gnäfrau neman schnoachatn mau ned einschlofn kau und migren griagd. Dabei ist des lotabet drin im kabinet hoat und vü z kuaz fia meine hagsn. Wos wüs denn no? I moch wegn ia jeds wochenend an bahoatn pfusch obwolis im greiz hob und a gean amoi mei rua hed. Dabei hobi mas rauchn unds saufn und huan e schon lengst toteu ogwend. Wos wüs denn no? Gean solis haum? Sois mi do gern haum! S schene Gfüh vum schenan Glik (I, S. 40) Maunchsmoi hods mi scho gschdiad, oba brav hobis imma wieda probiad. Seine Hemada hobi bigld. Sei Hundsviech hobi gschdrigld. Beim Hamkumma, de Schlapfn, bis zua Tia hobi eams brochd. Und vum Wiatn Zigaretten ghoid hobi eam, mitn in da Nochd. Hundat Untagattinga hobi eam gflikd, zwa duzend Pullovan hobi eam gschdrigd. Seine vahadschdn Schuach hobi puzd und sein Schnuaboart, wauns eulig woa, hobi gschduzt. Im vaschdobfdn Scheißheisl hobi gschdiad, damidasi den Inschdalader daschboad. Amoid Wochn hobi sei Renradl gschmiad und mid seina Schdeiaerklerung hobi mi aum Finanzaumt vaiad. Im Bett hobi nia ned Mandaln gmochd, und hoda a aundare in Oasch zwigd, hobi nua glochd. Maunchsmoi hods mi scho gschdiad, oba brav hobis imma wieda probiad und woat no heit auf des schene Gfüh vum schenan Glik, des wos ma vaschbrochn haum fiad aufopfernde Tätigkeit aun an geliebtn Ehemann. Des muasd eatrogn (II, S. 59) One das mid ana wimpa zugd sogds ma i heds seid zwanzg joa nua untadrugd. Sogd ma ins gsichd eine: jezn is schlus und si kumd mid mia ins reine. I dengad imma nua aun mi und hedad nigs iba fiad kinda und si. Waunimi ned endan dua sogds ma sönruig schdedsasi fia si nimma davua. I dadad nigs wia ausschdalian und bei jedm schaß sofuat de geduid valian. 12 I lagad auf da feun haud und eawoatad ma daß si auf olas schaud. I lebad mei eigans lem und dadad ned mea wia seifzad a bazl kosdgöd heagem. Imma miaßadsasi noch mein wün richdn und aum eagsdn leidads unta meine weibagschichtn. Si schufd bis tiaf ind nochd und i dep meakad ned wos fia mi ollas mochd. Und waunsasi umbringad und schdeabad dadad mi nua intresian wosi vun ia olas eabad. Wos wüsd do scho drauf sogn? Des muasd afoch eatrogn und deafsd ned vü klogn. De oame frau endad si gwis waun da wexl wida vuriba is. Schlechd und echd ungerechd (I, S. 62) A Mau deaf ruig waumpad sei, es redt eam kana ind Fettn drei. A blada Mau is a schdatlicha Hea und jedazeid guad fian Geschlechdsvakea. A Mau deaf ruig glozad sei, ohne Hoa is sei Zeid no laung ned vuabei. A Glodzn, de zeigd vun guada Bodenz und unhamlich hocha Sexual-Frequenz. A Mau deaf schdinkn noch Schweis und an drum Zinkn ois Nosn haum. Und schiefe Zend. Und feichde Hend. Und Ölefauntnoawaschl. Ea kaun baud sei wira Müchflaschl. Und a grezata Ausschlog auf sein Hian is diregd a Zia fia sei Denkaschdian. Mid seine Abbuaddeklbrozn deafa si den daun grozn. Fia an richdign Mau schbüd des ollas ka Roin. Oba mia Fraun soin auf uns schaun. Fia uns foids Äußare ins Gwichd. Fia uns is Schenheid Pflichd. Des is schlechd und echd ungerechd! Oba sogsd des an Mau, grinsda di nua bled au, und de Fraun de so san, wias soin de woin des a ned hean, weu de haum kan Grund zum Aufbegean. Und duasdi zaum mid de Fraun, ded gleiche Aunsichd haum, sogn olle voi Freid: De schiachn Uhudln haum an Neid! De Zeid, wo si de Leid, endan wean, is leida no weid! Ka eisichd (II, S. 87) Zerschd hod mi d mama imma aum badschhandal gfiad und i hob dera frau auf jeds wuat brav bariad. Im kindagoatn nocha hobi da dant ia gnutn gschbiad 13 und mi gla gmochd und dugd und bugd und ned vü griad. Daun bini bei ana frau lera jedn dog fost grebiad weu des wora frau de wos leichd de geduid valiad. Heanochn hod mi a madl auglochd und fazad und vafiad und i hobs gheirad one zwissn wos ma do no bliad. Fufzg joa laung hods mi kanüfed und maltrediad und hod gsogd dasma goa nix aundas gebiad. Jezn hod mi mei dochda in des oitasheim do eiquadiad wo mi a pflegarin den gaunzn dog laung nua segiad. Uaoid bini wuan und zidrig und wech und sea miad und depat wiri bin weris no in da gruam ned kapian daß aungeblich de mauna san de wos de wöd regian. Zweiter Teil 2011: Roth, Eugen Die Frau in der Weltgeschichte. Sanssouci, München 2006, ISBN 978-3-7254-1415-4 ZUM GELEIT DIE BIBEL (G) Wenn wer was von Geschichte hört, Fühlt er sich innerlich gestört, Denn er denkt gleich an all die Qualen Mühsam erlernter Jahreszahlen Jedoch hier dreht sich's um die Frau — Da nimmt man's besser nicht genau. Auf Zahlen kann man da verzichten, Die Frau macht schließlich nur Geschichten Geschichte machen dann die Männer — Doch weiß ja längst der wahre Kenner: Triebkraft der Taten, die auf Erden Dann männlich und historisch werden, Ist das Hysterisch-Unbeschreibliche, Das jeder kennt: das Ewig-Weibliche! Was ich schon damit leicht bewiese, Daß heute noch im Paradiese Der erste Mann, der Adam, säße Und nur erlaubtes Fallobst äße, Den Apfel ließe unberührt — Hätt nicht die Eva ihn verführt. (H) Zur Eva nämlich sprach die Schlange: "Weib, ich begreife nicht, wie lange Läufst du hier splitternackt herum? Ziehst dich nicht an, ziehst dich nicht um?" Des Satans sicherste Methode Bleibt: zu verführen durch die Mode. Hier sehen wir die tiefern Gründe Für jene unglückselige Sünde, Die jenes erste Weib verderbt Und die sich wachsend fortgeerbt, (G) Als damals Gott gab den Befehl Dem Erzhausmeister Gabriel, Die beiden, die sich schlecht betragen, Gleich aus dem Paradies zu jagen, Da zeigte Eva wenig Reue, So sehr war sie erpicht aufs Neue. (H) Das allererste Menschenpaar — Noch ohne Schwiegermütter zwar — War arg geplagt von Nöten schon: Der Kain war ein mißratner Sohn — Ein jeder weiß das mit dem Abel — Die Landwirtschaft ging miserabel, Die Schneiderinnen warn nicht schick, Die Eva wurde alt und dick. Der Adam hänselte sie drum, Weil sie aus seiner Rippe krumm Gebastelt war, zwar sehr schnell fertig, Doch dafür auch recht minderwertig. Sie freilich, in dem Punkt nicht faul, Ließ auch spazierengehn ihr Maul: "Beweis doch, daß dich Gott geschaffen, An Ende stammst du doch vom Affen! Die Wissenschaft bringt's schon noch raus Dann ist's mit deinem Dünkel aus!" (G) Verfolgen wir die Bibel weiter, So stimmt es uns durchaus nicht heiter, Zu sehn, was unsre Erz-Urväter Doch warn für schlimme Missetäter. Grad was die Sittlichkeit betrifft, Liest man in unsrer Heiligen Schrift So viele höchst verruchte Sünden, Daß, wenn sie nicht just dorten stünden, Das Buch käm schleunig untern Schutz Des Zensors gegen Schund und Schmutz. (H) Hier sei erwähnt auch, wie blamabel Es ausging mit dem Turm zu Babel! Die Sache mit der Sprachverwirrung Ist zweifelsohne eine Irrung Der späteren Historienschreiber: Es waren bloß die Mörtelweiber, Die schrien und schimpften durcheinand, Bis keiner rnehr sein Wort verstand. (G) Als Israel noch in Ägypten, Manch Unrecht auch die Fraun verübten. 14 Zwar, noch zur Zeit der Nofretete, War man dort ziemlich etepetete, Doch schon das Weib des Potiphar Benahm sich ziemlich schauderbar. Der keusche Josef war nicht dumm, Der wußte sicher schon, warum In seiner doppelten Bedrängnis Er sich entschied für das Gefängnis. (H) Hingegen hat der kleine Moses Erfreut sich eines günstigern Loses, Weil er, grad als die Lage kritisch Und alle Welt antisemitisch, In einen Binsenkorb gebettet Von Pharaos Tochter ward gerettet. Wohltun, so meint man, bringe Zinsen — Doch diesmal ging es in die Binsen. Denn Moses tat den Pharaonen Ihr Rettungswerk mit Undank lohnen. Sie hätten — um es kurz zu fassen Das Knäblein besser schwimmen lassen. Moses erwähn ich nicht deshalb Nicht in bezug aufs goldne Kalb, Wo er mit wütendem Protest Verbot das erste Künstlerfest. Nein, ich erwähn ihn in behuf Der Zehn Gebote, die er schuf, Davon uns zweifellos das sechste In dem Zusammenhang das nächste, Es heißt: "Du sollst nicht ehebrechen!" (G) Gleich sehn wir das Exempel da Bei David und der Bathseba. Er stand auf seines Daches Zinnen Und schaute mit vergnügten Sinnen, Doch gänzlich harmlos in die Gegend — Bis plötzlich, sündhaft ihn erregend, Ein nacktes Weib herüberschimmert Und sich sein Zustand so verschlimmert, Daß er mit seinem späten Feuer Sich stürzt in wüste Abenteuer. Er schrieb dann jenen Uriasbrief, Doch später reute es ihn tief, Als sie, gedacht als Zeitvertreib, Jahrzehnte blieb sein Eheweib. (H) Was nützt dem Mann die schönste Kraft, Wenn er nicht zugleich tugendhaft? Als Feldherr und als Kriegsminister Im Kampfe gegen die Philister Wär Simson heute noch am Ruder, Hätt er Delilan nicht, dem Luder, Mit einem Leichtsinn, daß uns schaudert, Sein Staatsgeheimnis ausgeplaudert. Ein Mann, bis über beide Ohren Verliebt, bleibt nie ganz ungeschoren, Doch bei barbarischen Barbieren Wie hier, muß er den Kopf verlieren. (G) Aus diesen Proben man erkennt Das Weib im Alten Testament. Zum Glücke kann uns mehr erfreuen, Was uns berichtet wird im Neuen. (H) Zwar war die kleine Salome Ein Luder auch vom Kopf zur Zeh. Johannes ward ein Mann des Todes, Weil um den Lustgreis, den Herodes, So lange sie herumscharwenzelt, Bis sie sich ihren Wunsch ertänzelt. Bei einer Tänzerin gebt acht, Weil leicht sie Männer kopflos macht! Hingegen lobenswert ist jene Bekannte Marie Magdalene. Wie liegt doch so ein süßer Sinn ln einer schönen Büßerin! (G) Sankt Paul schrieb einen ganzen Winter Den längsten Brief an die Korinther, Um unter anderm zu verkünden, Daß zur Vermeidung ärgerer Sünden Es neben sonstigem Angenehmen Doch klüger sei, ein Weib zu nehmen. Der Brief fand sicher viele Leser, Desgleichen der an die Epheser, Worin er noch den Unsinn glaubt, Es sei der Mann des Weibes Haupt. Drum schrieb er, voller Größenwahn: "Weib, sei dem Manne untertan!" Schon damals stand. nebst manchem 15 Schiefen, Viel Richtiges in den Hirtenbriefen. DIE ANTIKE (H) Man sieht an all den Marmortrümmern, Wie reich an schönen Frauenzimmern Gewesen sein muß die Antike: Sei's nun Athene oder Nike, Oft fehlt der Kopf zwar den Gestalten Worauf es ankommt, blieb erhalten. Es bleibe nun dahingestellt, Ob damals, in der alten Welt, Vor nahezu dreitausend Jahren, Die Weiber wirklich schöner waren Sowohl persönlich wie auch rassisch, Mit einem Worte: einfach klassisch — Ob nicht vielmehr die armen Griechen Beim Anblick der lebendigen Schiechen Sich flüchteten in ihrer Qual Ins steingewordene ldeal — Wir Armen jedenfalles sehnen Uns nach dem Glücke der Hellenen. (G) Nun, man erzählt wohl nicht viel Neus, Berichtet man vom Vater Zeus, Wie der die Hera hat betrogen Und wie er überall rumgezogen. (H) Nicht Zeus allein hat damals freilich Benommen sich so unverzeihlich; Die Götter, Göttinnen, Heroen — Wie haben all die Sinnenfrohen Der Liebe ohne Maß gehuldigt Und mit dem Mythos sich entschuldigt! Wenn Götter nicht mehr lieben dürfen Vergnügt und frei von Selbstvorwürfen, Was soll dann, fern von Aphrodite, Erlaubt sein uns auf dem Gebiete? (G) In Liebesdingen mehr als toll Trieb es natürlich der Apoll, Der Schwester, Artemis, hingegen War an den Männern nichts gelegen. Sie badete im Mondenscheine Mit ihren Frauen ganz alleine. Aktäon, der, was er nicht sollte, Mal auch was Nettes sehen wollte, Schlich eines Nachts heran recht nah, War ganz verwirrt, was er da sah An Busen, Beinen, Hinterteilen, Und er versäumte, zu enteilen. Die Göttin dreht' sich barsch herum: >Was kraucht denn dort im Busch herum?< Und schon ward für sein frevles Pirschen Verwandelt er in einen Hirschen. So was pflegt heut nur zu geschehen Den Männern, wenn sie nichts gesehen. (H) Noch weniger ist mit Fraun zu spaßen, Wenn sie ergreift der Wahn der Massen. Mänaden, die vor Wollust beißen, Am liebsten gleich den Mann zerreißen, Scheint es in unserm nüchternen Leben Nur äußerst selten mehr zu geben, Obwohl sie uns viel lieber wären Als beispielsweise die Megären, Nach denen niemand trägt Verlangen, Weil sie, den Kopf voll giftiger Schlangen, Selbst für den Fall, daß sie uns küßten, Uns unsympathisch bleiben müßten. (G) Viel lieber lauschen wir dem Märchen Von jenen reizenden Hetärchen, Die, in der Liebe höchst erfahren, Den Griechen wahre Engel waren — Nicht mit den Mädchen zu vergleichen, Die nachts bei uns durch Straßen streichen, Die >Süßer Bubi< zu uns sagen Und sich dann recht gemein betragen —; Nein, jenen, die die alten Weisen In Worten höchsten Lobes preisen Und die in jeder Hinsicht prima, Wie Phryne, Lais, Diotima. Sie waren reizend, klug und willig — Doch höchstwahrscheinlich auch nicht billig. (H) In der Antike auch beginnen Die ersten Frauenrechtlerinnen. Es schwuren, keinen Mann zu schonen, Die kriegerischen Amazonen. 16 Eins leuchtet uns dabei nicht ein: Sie sollen hübsch gewesen sein Hat doch das weibliche Geschlecht Sofern es hübsch ist, immer recht! (G) Von allem, was aus Adams Rippe Abstammt, das schlimmste war Xanthippe, Die Sokrates, dem Philosophen, Die Welt gemacht zum Höllenofen. Nur war vielleicht die Frau Professer In Wirklichkeit doch etwas besser Als ihr so reichlich schlechter Ruf. Man denke, welche Qual es schuf, Vermählt zu sein, ganz mild einmal Gesagt, rnit einem Original! Vielleicht war sie sogar ganz häuslich? Doch Sokrates benahm sich gräuslich, Ging unrasiert und schlecht gewaschen, Mit ausgerissenen Manteltaschen, Natürlich immer voller Bücher Und ohne frische Taschentücher In staubigen Stiefeln ins Kolleg, Und jede Hausfrau wird begreifen: Xanthippe hatt' ein Recht zu keifen. (H) Doch nicht nur, wenn das Weib abscheulich, Auch Schönheit wirkt oft unerfreulich; Des zum Beweise nenn ich da Euch gleich die schöne Helena. Herr Paris hat für sich den Ruhm, Als erster Gent im Altertum Bewiesen aller Welt zu haben, Daß Mannesehre, Geistesgaben, Charakter, höhere Gesinnung Zwecklos für eines Weibs Gewinnung, Wenn solche Operetten-Helden Wie Paris ihren Anspruch melden. Geht es uns nicht schon auf die Nerven, Daß Göttinnen sich unterwerfen Dem Urteil dieses arroganten Hanswursten, den sie gar nicht kannten? Ja, daß sie direkt aus dem Himmel Herkamen zu dem Hirtenlümmel? Sie hätten vorher wissen können: Wem wird er schon den Apfel gönnen Als dieser hübschen, hohlen Puppe, Der Tugend wie auch Weisheit schnuppe! Doch daß dann wegen dieses Laffen Die ganze Welt griff zu den Waffen, Nur weil dem alten Menelaus Der Schuft sein Weibchen spannte aus, Das ist uns heut ganz unbegreiflich! Heut überlegt man Kriege reiflich. (G) Und was, nur wegen Helena, Auch nach dem Kriege noch geschah! Sie selbst, die angerührt den Leim, Fuhr, rnir nichts, dir nichts, wieder heim. Doch der Odysseus beispielsweise War noch zehn Jahre auf der Reise Rund um die ganze Odyssee, Bis er kam zur Penelope. (H) Es weiß Homer von seinem Helden Manch Abenteuer zu vermelden. Es bleibt uns ziemlich unverständlich, Warum nicht bei Kalypso endlich Geblieben dieser Einfaltspinsel Auf jener wunderschönen Insel! Daß er nicht lange im Bezirke Der bösen Zauberhexe Kirke Verweilt, das nenn ich klug gehandelt, Weil Männer sie in Schweine wandelt, Was allerdings bei einiger List Für Weiber gar kein Kunststück ist. (G) Doch weniger lobenswert ist dies, Daß er Nausikaa sitzenließ, Zu der er müd und krank und lahm Und völlig abgerissen kam. Sie hat ihn liebevoll bemuttert, Herausstaffiert und durchgefuttert. Er hat geschmaust nur und erzählt, Statt daß er sich mit ihr vermählt. — Und, als er sich herausgefressen, Sie schnell verlassen urd vergessen. Er kam daheim grad recht zur Feier Der frechen, flegelhaften Freier. Die hat Odysseus glatt erschossen Und glücklich dann sein Weib umschlossen, (H) Recht schlecht es später auch erging Herrn Gyges mit dem Zauberring. Es war auch etwas Oberfaules, 17 Daß ihn der König, der Kandaules, Bewog im Anflug toller Laune, Daß er sein Eheweib bestaune. Nun war der gute Gyges zwar Kraft seines Ringes unsichtbar, So daß er ungeniert ganz nah Die Königin sich ausziehn sah. Doch sei's, daß sie ihn doch erblickt, Sei's, daß er heimlich sie gezwickt, Sie merkte, daß ein Mann im Zimmer, Und Gyges machte es noch schlimmer Indem er plötzlich sagte laut: >Ich hab ja gar nicht hingeschaut!< Worauf sie zischte: >Schurke, lüg es, Jetzt kenn ich dich, du bist der Gyges!< Sie gab ihm andern Tags die Wahl, Zu töten ihren Herrn Gemahl, Wo nicht, den Tod selbst zu erleiden Nun, das war einfach zu entscheiden. Er hat Kandaules umgebracht Und seitdem jahrlang, Nacht für Nacht, Geschlafen bei der Königin Und schaute wirklich nicht mehr hin! (G) Wir wenden unsern Redestrom Nun weiter, in das alte Rom. In Rom warn Frauen anfangs rar, Denn jenes erste Zwillingspaar, Von dem die Stadt, so sagt man, stamme, Hatt eine Wölfin nur zu Amme. Drum mußte man durch Raub gewinnen Die nötigen Sabinerinnen. (H) Rom stand in voller Jugendkraft, Solang das Weib dort tugendhaft. Doch diese Kraft muß bald erlahmen, Wenn aus den Frauen werden Damen, Die sinnlos sich die Zeit vertreiben, Romane lesen, Briefchen schreiben, Fast jeden Tag im Zirkus sitzen Und sonst dergleichen Kinkerlitzen, Nachts ausgehn, dann bis Mittag schlafen Dafür den Mann zum Arbeitssklaven Erniedrigen; der soll es zahlen, Wie sie sich schmücken und bemalen. (G) Die Männer freut's noch, diese Deppen, Wenn ihre Fraun sie gründlich neppen, Den ganzen Tag die Stadt durchlaufen Und teures Glump zusammenkaufen, Dann beim Konditor Schlagrahm schlecken Und flirten mir dem dümmsten Gecken. Die Hausfrau, die zu sparen trachtet, Die kocht und wäscht, wird nicht geachtet, Nur die, die jung, hübsch, elegant, Wird von den Männern anerkannt. Kurzum, in Rom, wie überall, Kam eines Tages der Verfall. (H) Wie sehr der Frauen gute Sitten ln Rom im Lauf der Zeit gelitten, Man unschwer aus den Versen sieht Des Martial, Horaz, Ovid; Auch Juvenal, Terenz, Tibull Beweisen, daß Moral gleich Null. (G) In der Gesellschaft konnt man hören Nur mehr von Schneidern und Frisören. Doch nicht allein der Lippenstift — Es herrschten bald auch Dolch und Gift, Womit die Damen Tag und Nacht Sich gegenseitig umgebracht. Doch mach ich hier mit Grausen Schluß Es steht ja so im Tacitus, Dem römischen Historienschreiber, Der, ohnehin kein Freund der Weiber, Haarklein und lesenswert uns schildert, Wie Rom zur Kaiserzeit verwildert. DIE GERMANEN (H) Bei Tacitus, wo wir die Sünden Der Römerin verzeichnet finden, Steht aber auch, zu unserm Heil, Wie damals, ganz im Gegenteil, Gewandelt auf der Tugend Bahnen Germaninnen und auch Germanen. (G) Erst schreibt er lang von Speer und Schilden, Und wie sie leben wie die Wilden. Am meisten hat ihn das gepackt: Die Frauen gehen dort halb nackt, Und wenn man auch so manches sehe, Sei trotzdem heilig ihre Ehe. Kein Zirkus, Kino und dergleichen, 18 Kein Flirten, Blinzeln, heimlich Zeichen, Kein Billet-doux von Frau zu Mann (dies schon, weil niemand schreiben kann)Im alten Deutschland überhaupt Nichts außer Heirat war erlaubt. (H) Auch Mitgift gab es leider nicht, Im Gegenteil, des Mannes Pflicht War es noch Anno dazumalen, Für seine Frau was zu bezahlen. Doch oft geschah's, daß voller Scham Ein Mann nach Haus vom Würfeln kam: >Von morgen ab gehörst du leider Dem Teut, dem Lederhosenschneider!< Worauf sie sprach, getreu und bieder: "Vielleicht gewinnst du mich bald wieder! " (G) Noch wäre manches nachzutragen Von Götter- und von Heldensagen. Der Vater Wotan war beim Bau Der Götterburg nicht allzu schlau. Fafner und Fasolt, diesen Riesen wollt er den Arbeitslohn vermiesen. Den Zorn zu löschen, hat zuletzt Er seinen Ring daran gesetzt. Damit auf Freia, seine Nichte, Das ungeschlachte Paar verzichte. (H) Hingegen an besagtem Ring Noch fürder manches Unheil hing: Siegfried, nicht nur ein blonder Held, Nein, auch ein Mann mit sehr viel Geld, Kam eines Tages frisch und munter Zu dem bekannten König Gunther, Und er verliebte fest und fester Sich in Krimhilde, dessen Schwester. Im Norden herrschte wo die wilde Und starke Königin Brunhilde, Die nun der Siegfried seinerseits, Da sie für ihn ganz ohne Reiz, Dem König Gunther zugebracht. Doch in der ersten Liebesnacht, Sofern man das so nennen kann, Schlug sie erbärmlich ihren Mann. Der traut sich nicht mehr in die Klappe, Bis Siegfried kam in seiner Kappe Und sie an Gunthers Statt verdrosch. Draus wurde Haß, der nie mehr losch. Und als gar sonntags die Gemahlin Krimhild verhöhnte die Rivalin, Hat das Brundhild nicht mehr vertragen. Sie wandte heimlich sich an Hagen, Der dann, wie allgemein bekannt, Den Siegfried durch und durch gerannt Nach jenem Wettlauf an den Brunnen. (G) Krimhild ging später zu den Hunnen, Vermählte sich mit König Etzel, Und jeder kennt dann das Gemetzel, Genannt >der Nibelungen Not<, Man schlug sie kurzweg alle tot. Seitdem trifft man, was auch kein Wunder, Nicht oft mehr richtige Burgunder. MITTELALTER (H) Wir sehn: die Vorzeit, sie war grau Auch in Beziehung auf die Frau. Viel reicher blühte die Erotik Dann später in der Zeit der Gotik, Doch gab's im Mittelalter auch Für Frauen manchen üblen Brauch. Zum Beispiel war es ziemlich bitter: Wenn in den Krieg zog so ein Ritter Und traute nicht ganz seinem Weibe, Ob sie inzwischen treu auch bleibe, So sperrte er sie einfach zu, Zog dann ins Feld voll Seelenruh. (G) Trotzdem: Manch Mädchen meint sogar, Daß es recht schön zu leben war Als Ritterfräulein, hoch zu Roß, Und jeden Tag auf einem Schloß! Wer etwas ahnt von Hygiene, Sich nie nach Ritterburgen sehne! Zentralheizung, elektrisch Licht Und Gas kennt man dortselbsten nicht; Wem das noch nicht genügt, der geh, Falls er den Mut hat, aufs WC, Beziehungsweise jene Stätte, Die heute diesen Namen hätte. 19 Ja, wird man mir entgegenhalten: Der Minnesänger Lichtgestalten?! Wolfram von Eschenbach, beginne! Ja. aber nur von reiner Minne! Und machte so ein Troubadour Der Liebsten ernsthaft dann die Kur, Mußt er hinauf an einem Strick Und ward im nächsten Augenblick Vom Vater etwa, der anstatt Der Tochter ihn erlauert hatt, Mit kaltem, höflichem Bedauern Herabgeworfen von den Mauern. Der Tochter aber auf der Stelle Gab jener eine mächtige Schelle Und hatt noch Eisenhandschuh an — Das hat vielleicht nicht weh getan? lndes der arme junge Ritter Lag unten tot bei seiner Zither, Mußt' ewig nun ums Schloß gespensterln Zur Strafe für verbotnes Fensterln. Die schwer zu bügeln, weil sie schuppig — Das Leben, kurz, war rauh und ruppig. (H) Bei uns setzt heut ein junger Mann An Liebe nicht mehr so viel dran. Er pfeift ihr von der Straße munter, Sie pfeift drauf — oder sie kommt runter. Daß eine Frau so frei gewesen, Wie wir es von Johanna lesen, War damals einfach unerhört Und alle Welt war tief empört. So mancher, der ihr sonst gewogen, Sprach: >Daß sie Hosen angezogen, Das geht zu weit, das ist zu stark!< Und drum verbrannten sie Jeanne d'Arc. (G) Und war das lustig für die Frauen Dies ritterliche Sich-Verhauen? Wenn ewig Mann, Sohn, Bruder, Schwager Dalag auf seinem Hirschfell-Lager, Und ständig irgend so ein Tropf Ankam mit einem Loch im Kopf? (H) War's lustig, wenn es solchen Schlingeln Einfiel, die Burg nachts zu umzingeln, Faul mondelang herumzulungern Und sie dann einfach auszuhungern? (G) War nun kein Feldkrieg grade offen, Sah man die Ritter meist besoffen Am flackernden Kamine hocken Und greulich fluchen und tarocken. Die Frau mußt ihre Zeit benutzen, Und Tag und Nacht die Waffen putzen, Die Lederkoller und Gamaschen. Die Panzerhemden mußt sie waschen, (H) Und wenn der Gatte schließlich gar Der grimme Ritter Blaubart war, Der, wenn sie nicht den Schlüssel brachte, Aus ihr sofort Schlachtschüssel machte, Muß ich schon sagen: Tut mir leid, Ich bin nicht für die Ritterzeit. Nun meint vielleicht so manche Frau, Der Blaubart war gar nicht so blau, Das Ganze sei ja bloß ein Märchen: So find ich darin auch ein Härchen. Auf weitre Märchen ich verzichte: Wir treiben hier ja Weltgeschichte! Belustigt tut heut manche Gans Von der Jungfrau von Orleans; (G) Und man versteht's, wenn man die Welt Von damals sich vor Augen stellt. Denkt nur an Faust mit seinem Gretchen — Was war das für ein armes Mädchen! Um ihn zu sehn, mußt sie ins Gärtlein Der hilfsbereiten Martha Schwertlein. Na, und was taten sie da schon? Sie redeten von Religion, Denn Liebe hatte zu den Zeiten Noch ungeahnte Schwierigkeiten. Heut geht das ohne List und Mord, Man fährt zum Wochenende fort, Ist aufgeklärt nach allen Kanten Pfeift auf die Eltem, die Verwandten. (H) Erwähnt sei hier noch imrnerhin Elsa mit ihrem Lohengrin. Es ist zuviel verlangt von Frauen, 20 Daß sie voll höchstem Gottvertrauen Sich einem fremden Mann vermählen Und ihn nicht lang mit Fragen quälen. War er auch ritterlich galant, Sie hatte immerhin Brabant Und lief zum Schlusse doch Gefahr, Daß er ein Heiratsschwindler war. (H) Noch mächtiger wird der Unterrock Nun im Verlaufe des Barock, Und sinnverwirrend lebensfroh Herrscht er erst recht im Rokoko. Das Weib, sonst Herrin kaum im Haus, Wächst sich zur Weiberherrschaft aus. (G) Doch, um nicht nur aus deutschen Gauen Heranzuziehen hier die Frauen, Verflechte ich noch dem Berichte Die äußerst spannende Geschichte Des bösen Mohren von Venedig, Othello, der, solang er ledig, Als Admiral war äußerst tüchtig. Doch Jago macht' ihn eifersüchtig, So daß er von Desdémona Sich schauerlich betrogen sah. Ein Taschentuch hat's ihm verbürgt; Voreilig hat er sie erwürgt. Bricht lang verhaltner Frauengroll Sich endlich Bahn, wird's grauenvoll. Die »Bluthochzeit« verzeihn wir nie Der Katharina Medici, Der's fast gelang, die Hugenotten In Frankreich völlig auszurotten. DIE NEUZEIT (H) Was man in unsern Büchern dreist Als sogenannte Neuzeit preist, Ist auch schon wieder lange her — Fünfhundert Jahre ungefähr. Schon damals hat die Frau, wie heut, Das Mittelalter arg gescheut; Auch Frau Europa träumte nur Von Schönheit und Verjüngungskur. Sie braute drum sich einen Saft Aus humanistisch-klassischen Kräutern Und trank ihn, ohne ihn zu läutern. Und bald, nach einigem Magendrücken, Schien die Verjüngungskur zu glücken. Europa stand im vollen Glanze Der Neugeburt, der Renaissance. (G) Doch war, man kann das leicht erwischen, Halt noch manch giftiges Kraut dazwischen, Und grad die Renaissancefrauen Betrachten wir darum mit Grauen, Weil manches Unheil sie gestiftet Und ihre Männer oft vergiftet, Die ihrerseits auch, roh und kalt, Statt Liebe brauchten nur Gewalt. (G) In Rußland ist es ja schon immer, Ob mit, ob ohne Frauenzimmer, Wüst zugegangen, und uns dienen Zum Beispiel auch zwei Katherinen. Die erste, die dann späterhin Emporstieg bis zur Kaiserin, Entstammt aus Livland oder wo. Ihr erster Mann war dumm und roh Als bald darauf die Russen kamen Und alles, auch die Weiber, nahmen. Kam sie dem Petern gleich, dem Großen, Gefährlich nahe an die Hosen. Zuerst regierten sie zu zweit, Dann sie allein noch kurze Zeit, Man muß gestehen, ganz untadelig. Die zweite Katharina— adelig! — Tat viel für Kunst, Kultur und Handel —, Doch scheußlich war ihr Lebenswandel. Unheimlich war der Männer Zahl, Die heimlich waren ihr Gemahl. Die Herrlichkeit blieb oft nur kurz, Auch Orlow endete durch Sturz, Viel länger als so mancher Brünstling Hielt Graf Potemkin sich als Günstling, Der allerdings als Mann und Zar Wohl auch kein Impotemkin war. (H) Inmitten der Kathrinen steht Die russische Elisabeth. Als Zarin gut, jedoch persönlich Sehr sinnlich, eitel und gewöhnlich. Sie hatte, wie es damals Brauch, Liebhaber massenweise auch; 21 Zum Beispiel brachts ein Hirtenknabe Durch ihre Gunst zum Marschallstabe, Den er in süßen Schäferstunden Gewiß in ihrem Bett gefunden, Wodurch man widerlegt, es gäbe Nur in Tornistern Marschallstäbe. (G) Noch wäre zu erwähnen da Östreichs Marie Theresia Mit ihrem Prinzgemahl, dem Fränzchen, Der, als ein rechtes Lämmerschwänzchen, Auch, als er später Kaiser hieß, Der Frau fast alles überließ: Regieren, Haushalt führen, siegen, Erst recht natürlich Kinder kriegen, Und nur daß sechzehn sie bekam, Beweist den Anteil, den er nahm. (H) Gewiß mag man bei Sonnenkönigen In puncto Frauen viel beschönigen, Doch bei Louis quinze war's schließlich nur Frau Fisch noch, alias Pompadour Und, beinahe schlimmer noch als die, Die abgefeimte Dubarry, Zwei echte Rokoko-Kokotten, Die voll kostspieliger Marotten Dem König zwar das Dasein würzten, Doch Frankreich tief in Schulden stürzten. Ein Weib, das sehr viel Geld verpraßt, Ist viel geliebt und viel gehaßt, Denn einerseits das Volk bedrückend, Ist es doch andrerseits entzückend, Und mancher wünscht von Zeit zu Zeit Ein bißchen Sittenlosigkeit, Wenn auch vielleicht nicht so en gros, Wie's damals war im Rokoko. (G) Die Fraun im neunzehnten Jahrhundert, Die man geliebt, gehaßt, bewundert, Sind uns ja schon so nah gerückt, Daß kein historischer Abstand glückt. (H) Das gilt gewiß in jeder Richtung. Zum Beispiel diene uns die Dichtung: Wenn auch Herr Johann Wolfgang Goethe Uns manchen Stoff zur Forschung böte, Er bringt uns in Gewissensnot; Obzwar schon hundert Jahre tot, Scheint's uns doch oft, als wär's erst gestern, Und drum fällt es uns schwer zu lästern. Zwar daß er, klassisch stark verpflichtet, Hermann und Dorothee gedichtet, Das mag man ungestraft erwähnen. Doch ungern leuchten wir hinein In die Affäre Frau von Stein, Wo sich die Welt den Kopf zerbricht: Hat er nun oder hat er nicht? (G) Man merkt, die Neuzeit schafft Verdruß, Drum kommen langsam wir zum Schluß. Wir sahn, wie lüstern und intim Es war im ancien régime. Als das Empire dann kam zum Sieg, Trug sich die Damenwelt antik, Moralisch ziemlich ungefestigt Ging sie, von Kleidern kaum belästigt. Doch mit dem Gürtel, mit dem Schleier Macht' schnell ein End das Biedermeier. Doch sieh! Aus dieser stickigen Luft Kommt auch der Freiheit neuer Duft: Es brachte der Kaffeegenuß Den weiblichen Zusammenschluß. Debatten gab es, wüst und scharf, Was der Mann muß, soll, kann und darf, Und es entstand mit einem Schlage Die fürchterliche Frauenfrage. (H) Die Neuzeit neue Sorgen schuf: Die Frau drang ein in den Beruf, Und sie erprobte ihre Kraft In Politik und Wissenschaft. Nichts gibt's, worum sie sich nicht kümmert, Schon wird das Vaterbild zertrümmert, Auch brachte es die Frau im Sport Von Weltrekord zu Weltrekord — Dürft da zu sagen sich erdreisten Ein Mann, daß Frauen nicht viel leisten? Es ist in unsrer Zeit das Schöne: Die Welt hat nicht nur große Söhne! Nicht ungenannt die Töchter bleiben 22 (man muß die Hymnen halt neu schreiben!). Verzichten will nicht andererseits Die Frau auf ihren Weiberreiz, Der mehr denn je die trübe Quelle Der wilden Sex- und Pornowelle. Verzichten will nicht andererseits Die Frau auf ihren Weiberreiz, Der mehr denn je die trübe Quelle Der wilden Sex- und Pornowelle. Eins gilt auch jetzt noch in der Welt: Die schönen Frauen kosten Geld. Und nördlich, südlich, westlich, östlich lst Kostenloses selten köstlich. Nur wünschen darf der Mann natürlich Gebührenfrei - nicht ungebührlich! Und jeder denkt da oft und gerne An Filmstars, Operettensterne, An Girls, an Schönheitsköniginnen Und wird vor Sehnsucht fast von Sinnen. (G) Hier naht zum Schluß der Moralist, Der für uns Arme tröstlich ist, Und taucht mit Worten, süß wie Honig, Höchst gründlich in die Weltenchronik. >Schaut<, spricht er, >in die Zeit zurück: Wem brachten Frauen wirklich Glück? Millionen Männer, ja Milliarden, Darunter Könige, Helden, Barden, Soldaten, Bürger, Bauern, Knechte, Sind dem verderblichen Geschlechte Durch die Jahrtausende verfallen. Jenun, was blieb von ihnen allen? Die Liebesglut, die sie durchlodert, Ist eitel jetzt und staubvermodert. Drum, wer historisch es betrachtet, Das Weib nur fürchtet und verachtet!< (H) Und trotzdem rat ich: Lebt und liebt, Es ist das Schönste, was es gibt 23 Draufgaben 2011 H Es nahm sich ein Mann aus dem Sauerland ‘ne Gattin – die ständig sich schlauer fand. Bald denkt er im Stillen: „Ich könnte sie killen ...!“ Ihr Bildnis trägt nun einen Trauerrand. G Vom Kaplan hört Frau Fromm in der Rhön eine Ehe zu dritt sei obszön. Die Idee ist der Frommen nie von selber gekommen – heute sagt sie, sie findet es schön. H Es lehnt eine Dame aus Bonn sich gerne weit übern Balkonn. Die Brust auf der Brüstung führt meist zur Entrüstung, doch hat man auch etwas davonn. G Ein Bauernmädel aus Kals das wusch sich zum Sonntag den Hals bis zum Ansatz vom Busen – denn tiefer zu schmusen erlaubt sie dem Freund keinesfalls. H Ein feuriger Herr aus Tirol tat so manches, wobei er frivol tat. Die Dame rief: „Nein, was sind Sie für’n Schwein!“, obwohl es ihr eigentlich wohl tat. G Ein älteres Weibsbild aus Füssen war mächtig versessen aufs Küssen. Sie hat einen Jungen zum Küssen gedungen. Nun wird er sie küssen wohl müssen. (H) Ein alter Professer (G) und ein Prokurist (H) erzählten von Frauen und Männern viel Mist. (G) Zum Prokuristen sagt dann der Professer: "Bevor´s uns verhaun, verschwind´ma jetzt besser!" (H) Es hat sie dann niemand vermißt. 24