Lyrikprogramm 2011

Transcrição

Lyrikprogramm 2011
Lyrikprogramm 2011
Mariensaal des Schlosses Hetzendorf, 1120 Wien, Hetzendorfer Straße 77-79
Samstag, 1. Oktober 2011, 19.30 Uhr
Einleitende Worte (Gerhard 2011) ..........................................................................................2
Hälfte Heinz 2011, Trude Marzik ...........................................................................................3
Wia mei Liab is (S. 47).......................................................................................................3
Erinnerung an die Mitzi (S. 69)...........................................................................................3
A klaner Gspaß (S. 51) .......................................................................................................3
Liebe 73 (S. 59) ..................................................................................................................4
Nix dauert ewig (S. 71).......................................................................................................4
Der Untermieter Sedlacek (S. 34) .......................................................................................4
Am Hochzeitstag (S. 100)...................................................................................................5
Ein Strohwitwer schreibt (S. 31) .........................................................................................5
Ohne Männer (S. 36) ..........................................................................................................5
Frauenleben (S. 78).............................................................................................................6
Die alte Dame (S. 57) .........................................................................................................6
Die Zeit (S. 111).................................................................................................................7
Hälfte Gerhard 2011, Christine Nöstlinger..............................................................................8
Glane Greiss-Soi Gedaunkn (I, S. 11) .................................................................................8
I was genau (II, S. 51).........................................................................................................8
A blede Gschicht (I, S. 23)..................................................................................................9
Ana aus bruck (II, S. 19).....................................................................................................9
D Mutta weids Madl ei (I, S. 21).......................................................................................10
Guade gründe (II, S. 56) ...................................................................................................10
I mechdad so gean (I, S. 36)..............................................................................................11
Wos wüs denn no? (II, S. 45)............................................................................................11
S schene Gfüh vum schenan Glik (I, S. 40) .......................................................................11
Des muasd eatrogn (II, S. 59)............................................................................................12
Schlechd und echd ungerechd (I, S. 62) ............................................................................13
Ka eisichd (II, S. 87).........................................................................................................13
Zweiter Teil 2011: Roth, Eugen............................................................................................14
ZUM GELEIT ..................................................................................................................14
DIE BIBEL.......................................................................................................................14
DIE ANTIKE ...................................................................................................................16
DIE GERMANEN............................................................................................................18
MITTELALTER...............................................................................................................19
DIE NEUZEIT .................................................................................................................21
Draufgaben 2011 ..................................................................................................................24
Einleitende Worte (Gerhard 2011)
Guten Abend, meine sehr geehrten Damen und Herren,
wir zwei – das sind: mein Freund Heinz Glaser und ich – wollen Ihnen diesmal mit Gedichten
die symbiotischen und antagonistischen Aspekte der femininen und maskulinen
Sozialanthropologie näherbringen, oder – komprimiert gesagt – was zwischen Frauen und
Männern los ist.
Im ersten Teil tut das Trude Marzik für Damen und Herren sowie für Frauen und Männer,
Christine Nöstlinger dann für Frauen und Männer sowie für Weiber und Mannsbilder. Im
zweiten Teil zeigt Ihnen Eugen Roth, daß sich von der Bibel bis zur Neuzeit eigentlich nicht
arg viel geändert hat.
Noch eine Anmerkung zur Sprache der Gedichte: Dialekt wird oft mit Heiterkeit
gleichgesetzt, Hochdeutsch mit Ernst. Vorsicht. Manche Dialektgedichte sind so raffiniert,
daß ein Lachen nur den Auftakt zu einer Verzweiflung bildet, wogegen das Hochdeutsch im
zweiten Teil durchaus nicht ernst genommen werden will.
Mein Freund Heinz praktiziert im ersten Teil Schönbrunnerdeutsch, wogegen ich – seit mehr
als 50 Jahren im Exil – mich an ein Wienerisch der "entern Gründ" zu erinnern versuche.
Erlauben Sie uns noch eine Bemerkung in eigener Sache: Wir widmen diesen Abend unserem
Freund Rudolf Oezelt, der durch 6 Jahrzehnte diese Programme gemeinsam mit uns beiden
gestaltet hat. Altersbedingt kann er leider weder selbst mitwirken, noch als Zuhörer anwesend
sein. Wir vermissen ihn.
Das war's schon. Wir wünschen Ihnen gute Unterhaltung.
2
Hälfte Heinz 2011, Trude
Marzik
Und aa die Busserln hätt i längst vergessen,
wann net die klane Schwalben gwesen wär.
I siech s' direkt vua mir, i hör s' no
zwitschern,
Parallelgedichte, Zsolnay Wien 1973, ISBN
wia s' gflogn is ober uns so hin und her.
3-552-02531-6
Die Mitzi is verheirat und hat Kinder,
vielleicht a ganze Schar. Lebt waaß Gott wo.
Wia mei Liab is (S. 47)
Und ohne Schwalbendreckfleck in mein
Mei Liab is wiar a Vogel:
Sackel
Von Zeit zu Zeit fliagt s' furt,
wär von der ganzen Liabschaft nix mehr da.
woandershin. Do net für lang,
denn ohne Nest, da wird ihr bang.
A klaner Gspaß (S. 51)
Und 's Hamfliagn, des tuat guat.
Gestern, zeitlich in der Fruah,
find i in mein Bett ka Ruah,
Mei Liab is wia die Blatteln
hab schlecht gschlafen in der Nacht
am Bam. Die welken hin,
und will schaun, was d' Roserl macht.
wann's herbstelt, falln s' schö langsam a.
I klopf an bei ihrer Tür,
lm Fruajahr san s' dann wieder da
und sie steht so liab vua mir,
in ganz an frischen Grün.
hat nix an, na, wißts ja eh,
wia ma sagt, im Negligee.
Mei Liab is wia der Schatten,
Mir wird glei, i waaß net wia,
der ewig kummt und geht.
und es schnackeln mir die Knia.
Die finstre Nacht, die deckt ihm zua;
,,Weg mit d' Händ! Drah di zur Wand!"
dann siecht man' wieder in der Fruah,
sagt s'. ,,I bin no net im Gwand!"
wann d' Sunn am Himmel steht.
Und i drah mi mit an langen
Gsicht zur Wand.
Erinnerung an die Mitzi (S. 69)
Es war September. Sie hat Mitzi ghaßen.
Und Sunntag war's, des waaß i no genau.
Da san ma nachmittag im Garten gsessen,
beim Heurigen. Die Zwetschken warn scho
blau.
Die Schwalben habn sich hergricht für die
Reise,
und ane laßt im Fliagen gar was falln.
I hab vur lauter Jungsein und Verliabtsein
den Fleck net ausputzt aus der neuchen
Schaln.
Jetzt geht s' hin zu ihrn Lawua,
und i stell mir alles vua,
wia sa si so waschen tuat...
Mir is direkt gar net guat.
Und dann nimmt s' die Nylonwäsch,
knistern tuat die Kombinäsch ...
Langsam ziagt sa si dann an,
Strümpf und Schucherln kummen dran…
Wia sa si die Haar toupiert,
spür i, daß mir besser wird.
,,Weg mit d' Händ! Drah di zur Wand!"
sagt sie. ,,Du verdruckst mir 's Gwand!"
Und i drah mi mit mein großen
Schmerz zur Wand.
Seitdem san leicht a Dutzend Jahr vergangen.
Die Zwetschken san bestimmt scho Powidl
wurn.
Der Wein von damals, der is heute Essig.
Und d' Mitzi hab i aus die Augn verlurn.
Wia s' ausgschaut hat? I kann mi net erinnern.
A'busselt hab i s' fleißig, des steht fest.
Und ,,Mitzi" war ihr Namen. Oder Antschi?
A Zwetschkenbam, a Bank, a Schwalbennest.
,,Roserl", sag i, ,,sei ka Kind!
Gib mir nur a Busserl gschwind!
Schließlich schaut uns kaner zua —
und dann gib i dir a Ruah!"
,,Bis d' mi heiratst!" sagt sie knapp.
,,Vorher spielt si gar nix ab!
3
Und nur der Ventilator surrt.
Sie stehn net auf, sie gehn net furt.
Der Kellner bringt a frisches Wasser.
Bild dir nur kan Blödsinn einl
Weg die Händ! lch bleibe rein!"
Und i sag zu ihr: ,,Na guat!
Alsdern schickst mi wieder furt!"
Traurig wiar a matte Fliegn
schleich i abi über d' Stiagn.
Fragts die Roserl, die kann no viel
besser lüagn ...
Das g' wisse Alter, Zsolnay Wien 1979,
ISBN 3-552-03122-7
Der Untermieter Sedlacek (S. 34)
Der Sedlacek, ein alter Freund von mir,
is noch a fescher Mann, nur meistens stier.
Er hat's zu keiner eignen Wohnung bracht.
,,Was brauch i sowas?" sagt er nur und lacht.
,,1 hab mein Kasten, Sessel, Tisch und Bett.
I wohn möbliert, und mehr verlang i net.
Die Novotny hat gern an Mann im Haus,
und wann s' mi braucht. dann hilf ich ihr halt
aus."
,,Herr Sedlacek, das Wasser tropft,
der Ausguß is total verstopft.
Die Uhr ghört auf'zogn, san S' so guat!
Wie gfallt lhnen mein neucher Huat?
Der Besen braucht an andern Stiel.
Der Sessel is no recht stabil.
Gehn S', tan S' ihn streichen, habn S' net
Zeit?
Das Messer hat ka rechte Schneid.
Die Wäsch muß in die Wäscherei 's is auch von lhnen was dabei.
Und bei der alten Vyskocil
bleiben S' ja net stehn, die redt zuviel!
Jetzt san S' so guat, und putzen no des
B'steck!
Sie san a braver Mensch, Herr Sedlacek!
Und ohne lhnen siech i mi net draus!
Man braucht als Frau halt doch an Mann im
Haus!"
Liebe 73 (S. 59)
,,Wann i an Parkplatz find, dann kumm i
auf d' Nacht, gleich nach'n Gschäft, zu dir!
Ziag dir was Schönes an, du waaßt ja:
i gfreu mi drauf, daß i di gspür!
Richtst halt a bissel was zum Essen,
und stell den Gumpoldskirchner kalt!
Wann i an Parkplatz find, dann kumm i.
Wann i kan find, dann laß ma's halt.
Wann i an Schilling find im Börsel,
dann ruaf i di natürlich an.
Des is do aa ganz schön, du waaßt ja:
die Liebe, so per Telefon!
Dann stellst des Essen vom Rechaud weg,
der Gumpoldskirchner halt' si schon.
Schliafst wieder in dein Barchentschlafrock,
und ziagst die alten Patschen an.
I sag dir ans: tua mi net penzen!
So is die Zeit! Mir san modern!
Was soll i ohne Parkplatz machen?"
,,Waaßt was, mei Liaber? Hab mi gern!"
Nix dauert ewig (S. 71)
Acht Jahr san s' mitanander gangen.
Sie habn si gern ghabt no im Mai,
im Sommer aa, den haaßen, langen.
Und dann im Herbst. da war's vorbei.
Der Sedlacek, die Ruhe in Person,
entwickelt bald a stille Aggression.
Er denkt: ,,Am besten geh ich schleunig fort,
sonst gibt's am End a Unglück, gibt's an
Mord."
Er denkt: ,,A Wohnung gibt ma net leicht auf,
da nimmt ma schließlich mancherlei in
Kauf!"
Drum hat er s' gheirat, das war gar net dumm.
Der Sedlacek, der draht den Spieß jetzt um:
,,Aloisia, das Wasser kocht!
A Beinfleisch hätt ich gern auf d'Nacht!
Die frischen Söckeln habn a Loch i glaub, Aloisia, du laßt nach!
Wia kann des sein? Was solln s' jetzt
machen?
Sie stehn und wissen si kan Rat.
Solln s' wanen? Oder drüber lachen?
Die Liab is furt. Es is drum schad.
Sie habn's ja gwußt, nix dauert ewig.
Ma kennt si guat, ma wird si fad.
Die größte Liab wird amal schäbig.
Sie want halt doch. Und tuat ihm lad.
lm Tschecherl — sie wird immer blasser —
da sitzen s' lang. Sie sagn ka Wurt.
4
Daß alles Reden gar nix nutzt!
Wird Zeit, daß d' amal Fenster putzt!
Bring mir an orndlichen Kaffee,
und wann i dann ins Wirtshaus geh,
bürscht mir den Rock aus, aber gschwind!
Mach's Fenster zu, es geht a Wind!
Wo bleibt denn der Kaffee so lang?
Mir scheint, hast wieder tratscht am Gang!
Aloisia, machst du am End a Gsicht?
Du mußt doch schaun auf mich, das is dei
Pflicht.
Du hast es selber wolln, mach dir nix draus,
jetzt hast als Frau halt doch an Herrn im
Haus!"
Ein Strohwitwer schreibt (S. 31)
Jetzt bist schon vierzehn Tag lang furt.
Wie ist das Wetter? Geht's Dir guat?
Du hast gsagt: ,,Schreib!" Also, ich schreib.
Bei uns is' haaß. Was i so treib?
Um sechse aufstehn, waaßt ja eh,
dann geh i gschwind auf an Kaffee,
weil nämlich die Kaffeemaschin,
die is seit letzten Montag hin.
Der Haushalt is ka Hexerei.
Wie kocht man eigentlich ein Ei?
lch wüßt gern, was ich falsch dran mach:
Es wird net waach, so lang ich's koch!
Der Hansi hat net fressen wolln.
Hätt i die Söckeln begeln solln?
Die Goldfisch schwimmen hin und her.
Die Wohnung ohne Dich is leer.
Kultur mit Schlag, Kremayr & Scheriau,
Wien 1992, ISBN 3-218-00503-5
Am Hochzeitstag (S. 100)
(Nach der Melodie von "An Elise")
Mi'n Schreiben tuar i mir's recht hart.
Man findt so schwer das rechte Wort.
lch hoff, Du bist bald wieder da.
Lach mi net aus, Du gehst mir å.
Die Abwasch is schon voller Gschirr.
Wanst früher kommst, telegraphier,
daß i Di abhol von der Bahn.
Es grüßt und küßt Dich sehr
Dein Mann.
Heut is unser Hochzeitstag.
Es wird Zeit, daß i dir sag:
Meistens liegst mir schwer im Magn,
oft tät i di gern derschlagn.
Heut is unser Hochzeitstag.
's Lebn mit dir war nix wia Plag.
Manchmal frag i mi im Zurn:
Was is aus uns zwaa nur wurn?
Ohne Männer (S. 36)
Ohne Männer kein Vergnügen,
keine Lust und kein Pläsier,
ohne Männer keine Wonne,
denn sie sind der Schöpfung Zier.
Ohne Männer keine Falschheit.
Eifersucht und Niedertracht,
ohne Männer keine Hochzeit
und auch keine Hochzeitsnacht.
Keppeln tuast scho in der Fruah,
nix is recht. nix traust mir zua.
Waaßt no, wia mir g'heirat ham?
,,Hauptsach is, wir halten z'samm!"
hast du damals gsagt zu mir.
Du hast nix ghabt, i war stier.
Aber aa die schlechte Zeit
habn wir übertaucht zu zweit.
Ohne Männer keinen Hausfreund der Gedanke ist ein Graus ohne Männer tät man sitzen
mutterseelnallanig z'Haus.
Ohne Männer auswärts speisen
rat ich ernstlich keiner Frau.
Ohne Männer muß man nämlich
selber zahln im Restaurant!
Heut is unser Hochzeitstag.
Es wird Zeit, daß i dir sag:
Ohne di, so kummt mir ma,
gingert i mir in Verlua.
Heut is unser Hochzeitstag.
Du waaßt eh, daß i di mag.
Zwar möcht i di oft derschlagn.
Nur - ohne di könnts mi begrabn.
Ohne Männer ka Erfindung,
ka Musik und auch kein Buch.
Ohne Männer gäb's kan Harem
Das g' wisse Alter, Zsolnay Wien 1979,
ISBN 3-552-03122-7
5
und es gäb auch kan Eunuch.
Ohne Männer gingert keine
mit ihrn Taschel hin und her,
ohne Männer wärn die Häuser,
die gewissen, alle leer.
Das g' wisse Alter, Zsolnay Wien 1979,
ISBN 3-552-03122-7
Die alte Dame (S. 57)
Die alte Dame, die Löckchen wie Schnee man trifft sie nachmittags im Café,
und manchmal in Baden, sogar beim
Roulette,
doch immer mit Haltung, gepflegt und adrett.
Das Zünglein ist spitz, das Gehör ist schon
schlecht,
die Zähne sind falsch, die Brillantboutons
echt.
Sie tritt meist gepaart auf, noch öfter zu drein
die alte Dame ist ungern allein.
Ohne Männer gäb's kein Busserl,
nicht einmal ein Rendezvous.
Ohne Männer könnt man schlafen
ungestört in aller Ruh.
Ohne Männer keinen Vater,
keinen Sohn und keinen Sex.
Ohne Männer gäb es niemals
einen Ödipuskomplex.
Ohne Männer wär das Leben
biologisch ungesund.
Ohne Männer wärn wir Frauen sagn die Männer - ganz am Hund.
Ohne Männer kannst im Auto
ungetadelt umkutschiern.
Ohne Männer muaßt die Kraxen
dann auch selber repariern.
Die Wohnung ist eigentlich viel zu groß,
doch mit der Anna, da geht's tadellos.
Freilich, wenn die einmal nicht mehr wär,
nicht auszudenken! Das wär ein Malheur.
Die ist ins Haus kommen, beinah als Kind;
ob sich so schnell ein Ersatz für sie findt?
Selber den Haushalt? Wie andre Fraun?
Wo sie doch nie noch - ihr Mann tät schön
schaun!
Es wär auch peinlich, zum Beispiel beim
Jour.
Ohne Männer, da verlierert
unsereins ja bald den Schwung.
Ohne Männer keine Kämpfe
um die Gleichberechtigung.
Ohne Männer keine Mondfahrt.
Mathematik und Physik.
Ohne Männer gäb's kan Helden
und es gäb auch keinen Krieg.
Jedes Jahr fahrt sie nach lschl zur Kur,
und dann nach Salzburg. Zur Festspielzeit,
klar.
Salzburg ist auch nicht mehr das, was es war.
Ohne Männer mußt net denken:
,,Was ich morgen wieder koch?"
Ohne Männer wär's bequemer,
aber lieb sind sie ja doch.
Ohne Männer gäb's kein Streiten
um das dumme Wirtschaftsgeld.
Ohne 's Ripplerte vom Adam
wärn wir gar nicht auf der Welt.
Längst ist ihr Mann schon unter der Erd.
Hat auch zu Lebzeiten niemals gestört.
Gott hab ihn selig. Ein Sektionsrat
widmet sein ganzes Leben dem Staat.
Er hat sein Amt g'habt und sie ihrn Salon.
Jetzt hat er Frieden und sie die Pension.
Hübsch eine hohe, sie lebt sorgenfrei.
Nächstes Jahr reist sie gar in die Türkei,
und dann nach Grado. Sie kommt nicht zur
Ruh.
Manchmal nur fragt sie sich selber: Wozu?
Am Anfang war die Kuchlkredenz,
Zsolnay Wien 2000, ISBN 3-552-04983-5
Frauenleben (S. 78)
Vom ersten die Tochter,
vom zweiten den Sohn,
vom dritten die Wohnung
und die Witwenpension
Was ist schon dabei, wenn man älter wird,
Zsolnay Wien 1993
6
Manchmal auf Besuch der Bua.
Is recht anghängt, nimmer klaa.
Meistens sitzt ma zhaus allaa.
Unberufen, ma is gsund.
Vielleicht kauft ma si an Hund.
Denn die Freund san aa scho weit.
Es is Zeit...
Die Zeit (S. 111)
Zimmer, Kuchl, Kabinett,
Gitterbett nebn Ehebett,
Basilisk im Kindertram,
und vurn Fenster Lindenbam.
Die Bassena draußt am Gang,
unten Straßensängergsang.
Sparverein bein Wirt am Eck.
Brotgeruch. Im Haus der Bäck.
Brand. Justizpalast. Warum?
Gmischte Klass. Die Buam san dumm.
Krampusangst und Christkindfreud.
Kinderzeit.
Wohnung mitten in der Stadt.
Groß und hoch. Sogar mit Bad.
Eignes Zimmer. Aufklappbett.
Büacher lesen früh und spät.
Mittelschul. Mit viel Latein.
Einmarsch. Deutschland. Schulfrei. Fein.
Zöpf abschneiden. Dauerwelln.
Sich mit hohe Absätz quäln.
Tanzschul. Abendkleid aus Taft.
Große Kinoleidenschaft.
Burgtheater, Stehparterre.
Uniformen, Militär.
D'meisten Buam san aa scho weit.
Mädchenzeit.
Schlechte Zeiten, alls verlurn.
Neucher Anfang. Ganz von vurn.
Nachkriegsheirat, Ehestand,
Kinderwagn aus zweiter Hand,
Fahnenstoff fürs Umstandsklad,
Sonderaufruf Marmelad,
Zigaretten nur im Schleich,
und wer gschickt is, der wird reich.
Endlich Arbeit, endlich Ruah.
Und im Wagerl liegt a Bua.
Einheitsmöbel, billigs Holz.
Auf Kredit. Und trotzdem stolz.
Klanes Leben, große Freud.
Schöne Zeit.
Krokotaschen, d'Haar wern grau,
Nerz und Opernabonnement.
Auto, Kühlschrank, Waschmaschin.
Wo fliagn ma im Urlaub hin?
Landhaus, Brüller - lupenrein.
Und bein Fernsehn schlaft ma ein.
Weches Kreuz. Jeds Jahr zur Kur.
7
und ned bled.
Mia san ned schiach
und ned grantig.
A feula
wiad aundan
sama ned.
I Nöstlinger, Christine: Iba D Mama und d Oma,
de gaunz oaman fraun.
de manan,
Jugend und Volk, Wien, 3. das ma bessa drau san
Auflage 1988, ISBN 3-224-1 auf launge Sichd.
6638-X
Sie sogn,
II Nöstlinger, Christine: Iba i soi do net wanan
de gaunz oaman mauna.
und fro sei
Jugend und Volk, Wien
dasin los bin,
1987, ISBN 3-224-1 6632-0 den Wicht.
I wan do net
Glane Greiss-Soi
um den Deppn.
Den winsch i
Gedaunkn (I, S. 11)
zum Deife hi!
Mei Mama
I wan,
hasd Nowak Marie.
weuli
Mei Oma hasd
a bisl a Aungst hob
Nowak Marie.
um de neiche
Nowak Marie
Nowak Marie.
has i!
I wü ned,
Und des Kind, wosi
das des so weidarend,
jezn griagn wea,
Nowak Marie
wiad haßn:
auf Nowak Marie
Nowak Marie.
auf Nowak Marie!
S kunt natirlich
Es gibd do ned nua
a Bua wean.
Schufdn auf da Wöd.
Meglich
Es gibt do a Mauna
warat des scho.
mid Sö und mid Göd
Oba Männa
und mid Hian
hods bei uns
und mid Heaz
no nia gem,
und mid Gfü!
und i glaub,
Und so an wü i
des bleibd a so.
fiad neiche Marie!
Das mia olle drei
Owa a Nowak
kan Mau haum,
griagd so an
kan fiad Oma,
do nie!
kan fiad Mama,
und a kan fia mi,
I was genau (II, S. 51)
das uns olle drei
I was
oiweu sizn haum losn,
genau
kapia i
das mi
mei Lebdog laung nie!
de frau
Mia san net aundascht
hint
wiad aundan.
und vuan
Mia san ned graung
Hälfte Gerhard
2011, Christine
Nöstlinger
8
betriagd
und a
kaneule is
de wos
nigs
wia liagd.
I was
genau
das dera
frau
ned
umd ware
liebe
ged
weus
ka heaz
hod
und nua
aum guidn
schded.
I was
genau
das ma
de frau
a hakl
ins greiz
eine haud
und si
scho lengsd
noch an
vü reichan
umschaud.
I was
genau
dasi vun
dera frau
nua
vakaufd
und varodn
wea.
Do des
nuzd ma
do ibahaubd
nigs mea.
Soli mi
vun ia
trenna
und
in mei unglik
renna?
I was do
genau
dasi one
dera frau
aun
brochana sö
krepia
und des
schdangad
si do
wegn
dem luada
goa ned
dafia!
A blede Gschicht (I,
S. 23)
D Gabi
hobi vom Edi.
Vum Fredi
is de Marie.
Kaun sei,
de zwa haum mi
gean ghobd,
do vum Heiratn
de Red
woa nie.
Dem Michi
sei Vatan
hasd Meier.
Dem sei Frau
schaud drauf,
dasa zoid.
Weu de schreim
des o
vun da Schdeia.
De zwa
haum a Bozn
Gehoid.
Nua fiad
Kati
hobi leida
kan Vati.
Des muas no
da Richta klean,
wöchana
von de drei Hean
auf mei Kati
paßt.
Vund Augn hea,
vund graun,
tät'sn Hansi gleichschaun.
Obad Oawaschl
san mea nochn
Dokta Rautaschl.
Und ihre Hend
und di klan Zend
erinan mi imma
aunan Buam von da Wimma.
Bled is nua
s Muttamoi
auf ihra Schdian.
Weu unsa Hausmasda
hod a so ans
aum Hian.
Und vum Hausmasda
hobi nigs gsogd,
wias mi gfrogd haum
bei Gericht.
Jezn is des
a blede Gschicht!
Weu waun
de drei Kindsväta
des gneisn
und si eanare
Pappna zareisn,
bini im Eck
und kriag an Dreck.
Und de Fürsorgerin
schreid mi
daun wieda au,
worum i ma goa nigs
damerkn kau?
Ana aus bruck (II, S.
19)
I won
in wien
owa i bin
aus bruck.
Duat
ghea i hi
und duathi
mechti zruck.
I hakl
mi bled
vun frua
bis schbed,
i ruachl
und schboa
und dram davo
9
dasima
bis ibas joa
a flekl grund
daschboa.
A flekl grund in bruck
weu vun duat kum i hea
und duathi mecht i zruck.
Do daun
braucht frau
a neichs kladl
unds madl
muas otreim losn
und schwesda
schded min kind
auf da schdroßn
und da bruada
schbüd schdos
und rentn vun da
schwigaoidn
is a ned gros
undn buam
sei maschin
is ole bodlaung
hin.
Da mensch
soi
hüfreich sein.
Owa i bin
do ka schboaschwein,
des jeda
dea si traud
auf scherm
zahaud!
I won
in wien
owa i bin
aus bruck.
Duat
ghea i hi
und duathi
mecht i zruck.
I hakl
mi bled
vun frua
bis schbed.
I ruachl
und schboa
und hob nix
wia schuidn
und plog
und dram davo,
a wauna bled is,
muass hean
und so tuan,
ois was
ohne eam
valuan.
D Mutta weids Madl ei S lem
vun ana Frau
(I, S. 21)
is opfern
A Frau
und Plog.
muas imma wos duan
Worum des so is,
sunst
is a aundare Frog,
isd Famülie valuan.
A Frau, de wos ohne Oabeid de wos ma si afoch
ned schdöd,
wo hugd
weu dei Manung dazua
und mid kana Wimpa
ned zöd.
ned zugd,
dasi
bis ibas joa
mei gaunze
famülie
daschlog.
waun ian Mau
des Hemdknepfe föd,
is gauns umasunst
auf da Wöd.
Unds Kostgöd ned weat,
wos griagd!
A Frau,
de ins Romanbiachl schaud,
waunsi ia Mau,
de oame Haud,
s Hemdknepfe söba aunad
ghead hamdrad.
Weu de is ka Ea
fia unsa Geschlecht!
A Frau
muassi imma a Oabeid wissn,
sunst is ia Famülie
toteu beschissn.
A Frau
muas fian Mau
und de Kinda lem
und denan
ia Krofd
und ia Ausdaua gem.
A Frau
deaf si ned
um si söba schean.
A Frau
deaf si ned
gengan Haushoid wean.
Ihre Täg
und ihre Nächt,
de ghean
ia ned.
Und aufn Mau,
Guade gründe (II, S.
56)
Na na na,
es wü ma
ned eine
ind bian!
Hodn de
waunsinsfrau
ibahaubd
ka hian?
I man echd
si schnobd
ma iba
und schbind.
Baud si auf
und sogd
afoch:
I wü a kind!
Des is ned
zum vaschde!
A kind
vun mia!
Drads jezn
duach,
de drudschn,
oda wia?
Wohea hodsn
auf amoi
so a blede
schnobside?
Do kunt am
do diregd
da lezde
hamua vage!
10
Wos wüs
mi denn
so hianrißig
bled eiteun?
Soli neman
kindawagl
vaschimpen
und vafeun?
Soli
aum end no
an baums
s flaschl gem
und togeitogaus
unta vaschißane
windeln lem?
Soli epa
no ind schui
zua frau lera
renna
und mi
fia eididschde
fensdascheim
depad brenna?
Soli mi
ums erschde bußl
vun an glan
wapla schean
und aum end
no so depat
wia mei vata
wean?
Des doschngöd
schdreichn
und wadschn
austeun?
Wegn ana
leaschdö
an leahean
in oasch
einegreun?
Mi vatrotld
aufschbün
ois uaoida
scheam?
Nigs ausgem,
nua ruachln
zum weida vaeam?
Ois vata bisd
in nui-koma-pepi
a bozn oasch
mid uan
und bisd kana
hosd scho
gegn deine
baumsn valuan.
Ka mensch
auf dera wöd,
nedamoi
mei eigane frau,
kaun valaunga,
dasis lem
vu mia
und an
unschuidign
kind
vasau.
I mechdad so gean (I,
S. 36)
I mechdad
so gean
davau renna
vun eam.
Sei hinigs Gschau
nimma segn.
Seine bledn Schbrich
nimma hean.
I mechdad so gean:
nigs wia
davau renna vun eam.
I mog eam
nimma riachn,
den schiachn
Hund.
I kunt
scho narrisch
wean,
heari eam nua
de Tia aufschbean.
I mog eam
net gschbian
den Offn,
den schdian.
Und wauna so bled
ind Gegend schaud,
griag i
a echde Ganslhaud
den Bugl owe
bis zud Knia.
Das mia
amoi gheirad haum,
unsa Hez
ghobt haum zaum,
ka Stund
ohne dem aundan
sei haum kenna
und nia mea
uns trenna haum woin,
das mia
dea Kerl gfoin
hod kenna,
vazeih i eam
nia!
Ich mechdad
so gean
davau renna
vun eam.
Sei hinigs Gschau
nimma segn.
Seine bledn Schbrich
nimma hean.
I mechdad so gean:
Nigs wia
davau renna vun eam.
Und wauni
net scho wieda
schwaunga wa,
daun dadat is a,
daun dadat is a!
Wos wüs denn no?
(II, S. 45)
I hobma mid ia
was augfaungd
obwois zuzld hod
und ghadschd is
und hobs gheirad
weus schwaunga
wuan ist vu mia.
Dabei wori lengsd
scho in a gauns
aundare valiabd.
Wos wüs denn no?
I bin wegn ia
daham auszogn
und schtandapeda
mid ia einzogn
auf zimma kuchl
weus ned und ned
an rua gem hod
Dabei hedis daham
bei meina mutta
weidaus bessa ghobd.
11
Wos wüs denn no?
I hob wegn ia
mei hokn aufgem
und ma wos weid
solidares gsuachd
weus in anadua
nua auf sichaheid
aus is im lem.
Dabei woas ma schwa
a schisalgreisla,
a nodiga, z wean.
Wos wüs denn no?
I bin wegn ia
ausn ehebet auße
weud gnäfrau neman
schnoachatn mau
ned einschlofn kau
und migren griagd.
Dabei ist des lotabet
drin im kabinet
hoat und vü z kuaz
fia meine hagsn.
Wos wüs denn no?
I moch wegn ia
jeds wochenend
an bahoatn pfusch
obwolis im greiz
hob und a gean
amoi mei rua hed.
Dabei hobi mas rauchn
unds saufn und huan
e schon lengst
toteu ogwend.
Wos wüs denn no?
Gean
solis
haum?
Sois
mi do
gern
haum!
S schene Gfüh vum
schenan Glik (I, S. 40)
Maunchsmoi
hods mi
scho gschdiad,
oba brav
hobis
imma wieda
probiad.
Seine Hemada
hobi bigld.
Sei Hundsviech
hobi gschdrigld.
Beim Hamkumma,
de Schlapfn,
bis zua Tia
hobi eams brochd.
Und vum Wiatn
Zigaretten ghoid
hobi eam,
mitn in da Nochd.
Hundat Untagattinga
hobi eam gflikd,
zwa duzend Pullovan
hobi eam gschdrigd.
Seine vahadschdn
Schuach
hobi puzd
und sein Schnuaboart,
wauns eulig woa,
hobi gschduzt.
Im vaschdobfdn
Scheißheisl
hobi gschdiad,
damidasi den
Inschdalader
daschboad.
Amoid Wochn
hobi sei Renradl
gschmiad
und mid seina
Schdeiaerklerung
hobi mi
aum Finanzaumt
vaiad.
Im Bett
hobi nia ned
Mandaln gmochd,
und hoda a aundare
in Oasch zwigd,
hobi nua glochd.
Maunchsmoi
hods mi
scho gschdiad,
oba brav
hobis
imma wieda
probiad
und woat
no heit
auf des schene Gfüh
vum schenan Glik,
des wos ma
vaschbrochn haum
fiad
aufopfernde Tätigkeit
aun an
geliebtn Ehemann.
Des muasd eatrogn
(II, S. 59)
One das
mid ana
wimpa zugd
sogds ma
i heds
seid zwanzg
joa
nua
untadrugd.
Sogd ma
ins gsichd
eine:
jezn
is schlus
und si kumd
mid mia
ins reine.
I dengad
imma nua
aun mi
und hedad
nigs iba
fiad kinda
und si.
Waunimi
ned endan
dua
sogds ma
sönruig
schdedsasi
fia si
nimma davua.
I dadad
nigs wia
ausschdalian
und bei
jedm schaß
sofuat
de geduid
valian.
12
I lagad
auf da
feun haud
und
eawoatad ma
daß si
auf olas
schaud.
I lebad
mei eigans
lem
und dadad
ned mea
wia seifzad
a bazl
kosdgöd
heagem.
Imma
miaßadsasi
noch mein
wün richdn
und aum
eagsdn
leidads
unta meine
weibagschichtn.
Si schufd
bis tiaf
ind nochd
und i dep
meakad ned
wos fia mi
ollas
mochd.
Und
waunsasi
umbringad
und schdeabad
dadad mi
nua
intresian
wosi
vun ia
olas eabad.
Wos wüsd do scho
drauf sogn?
Des muasd afoch
eatrogn
und deafsd ned vü
klogn.
De oame frau
endad si gwis
waun da wexl wida
vuriba is.
Schlechd und echd
ungerechd (I, S. 62)
A Mau
deaf ruig waumpad sei,
es redt eam kana
ind Fettn drei.
A blada Mau
is a schdatlicha Hea
und jedazeid guad
fian Geschlechdsvakea.
A Mau
deaf ruig glozad sei,
ohne Hoa
is sei Zeid
no laung ned vuabei.
A Glodzn,
de zeigd vun guada Bodenz
und unhamlich hocha
Sexual-Frequenz.
A Mau
deaf schdinkn
noch Schweis
und an drum Zinkn
ois Nosn haum.
Und schiefe Zend.
Und feichde Hend.
Und Ölefauntnoawaschl.
Ea kaun baud sei
wira Müchflaschl.
Und a grezata Ausschlog
auf sein Hian
is diregd a Zia
fia sei Denkaschdian.
Mid seine
Abbuaddeklbrozn
deafa si den
daun grozn.
Fia an richdign Mau
schbüd des ollas ka Roin.
Oba mia Fraun
soin
auf uns schaun.
Fia uns
foids Äußare ins Gwichd.
Fia uns
is Schenheid Pflichd.
Des is
schlechd
und echd
ungerechd!
Oba sogsd des
an Mau,
grinsda di nua
bled au,
und de Fraun
de so san,
wias soin
de woin
des a ned hean,
weu de haum kan Grund
zum Aufbegean.
Und duasdi zaum
mid de Fraun,
ded gleiche Aunsichd haum,
sogn olle voi Freid:
De schiachn Uhudln
haum an Neid!
De Zeid,
wo si de Leid,
endan wean,
is leida no weid!
Ka eisichd (II, S. 87)
Zerschd
hod mi d mama
imma
aum badschhandal
gfiad
und i hob
dera frau
auf jeds wuat
brav bariad.
Im kindagoatn
nocha
hobi da dant
ia gnutn gschbiad
13
und mi gla gmochd
und dugd und bugd
und ned vü griad.
Daun bini
bei ana frau lera
jedn dog fost
grebiad
weu des wora frau
de wos leichd
de geduid valiad.
Heanochn
hod mi a madl
auglochd
und fazad und vafiad
und i hobs gheirad
one zwissn
wos ma do no bliad.
Fufzg joa laung
hods mi kanüfed
und maltrediad
und hod gsogd
dasma goa nix aundas
gebiad.
Jezn hod mi
mei dochda
in des oitasheim do
eiquadiad
wo mi a pflegarin
den gaunzn dog laung
nua segiad.
Uaoid
bini wuan
und zidrig
und wech
und sea miad
und depat
wiri bin
weris no
in da gruam
ned kapian
daß aungeblich
de mauna san
de wos
de wöd regian.
Zweiter Teil 2011: Roth,
Eugen
Die Frau in der Weltgeschichte. Sanssouci,
München 2006, ISBN 978-3-7254-1415-4
ZUM GELEIT
DIE BIBEL
(G)
Wenn wer was von Geschichte hört,
Fühlt er sich innerlich gestört,
Denn er denkt gleich an all die Qualen
Mühsam erlernter Jahreszahlen
Jedoch hier dreht sich's um die Frau —
Da nimmt man's besser nicht genau.
Auf Zahlen kann man da verzichten,
Die Frau macht schließlich nur Geschichten Geschichte machen dann die Männer —
Doch weiß ja längst der wahre Kenner:
Triebkraft der Taten, die auf Erden
Dann männlich und historisch werden,
Ist das Hysterisch-Unbeschreibliche,
Das jeder kennt: das Ewig-Weibliche!
Was ich schon damit leicht bewiese,
Daß heute noch im Paradiese
Der erste Mann, der Adam, säße
Und nur erlaubtes Fallobst äße,
Den Apfel ließe unberührt —
Hätt nicht die Eva ihn verführt.
(H)
Zur Eva nämlich sprach die Schlange:
"Weib, ich begreife nicht, wie lange
Läufst du hier splitternackt herum?
Ziehst dich nicht an, ziehst dich nicht um?"
Des Satans sicherste Methode
Bleibt: zu verführen durch die Mode.
Hier sehen wir die tiefern Gründe
Für jene unglückselige Sünde,
Die jenes erste Weib verderbt
Und die sich wachsend fortgeerbt,
(G)
Als damals Gott gab den Befehl
Dem Erzhausmeister Gabriel,
Die beiden, die sich schlecht betragen,
Gleich aus dem Paradies zu jagen,
Da zeigte Eva wenig Reue,
So sehr war sie erpicht aufs Neue.
(H)
Das allererste Menschenpaar —
Noch ohne Schwiegermütter zwar —
War arg geplagt von Nöten schon:
Der Kain war ein mißratner Sohn —
Ein jeder weiß das mit dem Abel —
Die Landwirtschaft ging miserabel,
Die Schneiderinnen warn nicht schick,
Die Eva wurde alt und dick.
Der Adam hänselte sie drum,
Weil sie aus seiner Rippe krumm
Gebastelt war, zwar sehr schnell fertig,
Doch dafür auch recht minderwertig.
Sie freilich, in dem Punkt nicht faul,
Ließ auch spazierengehn ihr Maul:
"Beweis doch, daß dich Gott geschaffen,
An Ende stammst du doch vom Affen!
Die Wissenschaft bringt's schon noch raus Dann ist's mit deinem Dünkel aus!"
(G)
Verfolgen wir die Bibel weiter,
So stimmt es uns durchaus nicht heiter,
Zu sehn, was unsre Erz-Urväter
Doch warn für schlimme Missetäter.
Grad was die Sittlichkeit betrifft,
Liest man in unsrer Heiligen Schrift
So viele höchst verruchte Sünden,
Daß, wenn sie nicht just dorten stünden,
Das Buch käm schleunig untern Schutz
Des Zensors gegen Schund und Schmutz.
(H)
Hier sei erwähnt auch, wie blamabel
Es ausging mit dem Turm zu Babel!
Die Sache mit der Sprachverwirrung
Ist zweifelsohne eine Irrung
Der späteren Historienschreiber:
Es waren bloß die Mörtelweiber,
Die schrien und schimpften durcheinand,
Bis keiner rnehr sein Wort verstand.
(G)
Als Israel noch in Ägypten,
Manch Unrecht auch die Fraun verübten.
14
Zwar, noch zur Zeit der Nofretete,
War man dort ziemlich etepetete,
Doch schon das Weib des Potiphar
Benahm sich ziemlich schauderbar.
Der keusche Josef war nicht dumm,
Der wußte sicher schon, warum
In seiner doppelten Bedrängnis
Er sich entschied für das Gefängnis.
(H)
Hingegen hat der kleine Moses
Erfreut sich eines günstigern Loses,
Weil er, grad als die Lage kritisch
Und alle Welt antisemitisch,
In einen Binsenkorb gebettet
Von Pharaos Tochter ward gerettet.
Wohltun, so meint man, bringe Zinsen —
Doch diesmal ging es in die Binsen.
Denn Moses tat den Pharaonen
Ihr Rettungswerk mit Undank lohnen.
Sie hätten — um es kurz zu fassen Das Knäblein besser schwimmen lassen.
Moses erwähn ich nicht deshalb
Nicht in bezug aufs goldne Kalb,
Wo er mit wütendem Protest
Verbot das erste Künstlerfest.
Nein, ich erwähn ihn in behuf
Der Zehn Gebote, die er schuf,
Davon uns zweifellos das sechste
In dem Zusammenhang das nächste,
Es heißt: "Du sollst nicht ehebrechen!"
(G)
Gleich sehn wir das Exempel da
Bei David und der Bathseba.
Er stand auf seines Daches Zinnen
Und schaute mit vergnügten Sinnen,
Doch gänzlich harmlos in die Gegend —
Bis plötzlich, sündhaft ihn erregend,
Ein nacktes Weib herüberschimmert
Und sich sein Zustand so verschlimmert,
Daß er mit seinem späten Feuer
Sich stürzt in wüste Abenteuer.
Er schrieb dann jenen Uriasbrief,
Doch später reute es ihn tief,
Als sie, gedacht als Zeitvertreib,
Jahrzehnte blieb sein Eheweib.
(H)
Was nützt dem Mann die schönste Kraft,
Wenn er nicht zugleich tugendhaft?
Als Feldherr und als Kriegsminister
Im Kampfe gegen die Philister
Wär Simson heute noch am Ruder,
Hätt er Delilan nicht, dem Luder,
Mit einem Leichtsinn, daß uns schaudert,
Sein Staatsgeheimnis ausgeplaudert.
Ein Mann, bis über beide Ohren
Verliebt, bleibt nie ganz ungeschoren,
Doch bei barbarischen Barbieren
Wie hier, muß er den Kopf verlieren.
(G)
Aus diesen Proben man erkennt
Das Weib im Alten Testament.
Zum Glücke kann uns mehr erfreuen,
Was uns berichtet wird im Neuen.
(H)
Zwar war die kleine Salome
Ein Luder auch vom Kopf zur Zeh.
Johannes ward ein Mann des Todes,
Weil um den Lustgreis, den Herodes,
So lange sie herumscharwenzelt,
Bis sie sich ihren Wunsch ertänzelt.
Bei einer Tänzerin gebt acht,
Weil leicht sie Männer kopflos macht!
Hingegen lobenswert ist jene
Bekannte Marie Magdalene.
Wie liegt doch so ein süßer Sinn
ln einer schönen Büßerin!
(G)
Sankt Paul schrieb einen ganzen Winter
Den längsten Brief an die Korinther,
Um unter anderm zu verkünden,
Daß zur Vermeidung ärgerer Sünden
Es neben sonstigem Angenehmen
Doch klüger sei, ein Weib zu nehmen.
Der Brief fand sicher viele Leser,
Desgleichen der an die Epheser,
Worin er noch den Unsinn glaubt,
Es sei der Mann des Weibes Haupt.
Drum schrieb er, voller Größenwahn:
"Weib, sei dem Manne untertan!"
Schon damals stand. nebst manchem
15
Schiefen,
Viel Richtiges in den Hirtenbriefen.
DIE ANTIKE
(H)
Man sieht an all den Marmortrümmern,
Wie reich an schönen Frauenzimmern
Gewesen sein muß die Antike:
Sei's nun Athene oder Nike,
Oft fehlt der Kopf zwar den Gestalten Worauf es ankommt, blieb erhalten.
Es bleibe nun dahingestellt,
Ob damals, in der alten Welt,
Vor nahezu dreitausend Jahren,
Die Weiber wirklich schöner waren
Sowohl persönlich wie auch rassisch,
Mit einem Worte: einfach klassisch —
Ob nicht vielmehr die armen Griechen
Beim Anblick der lebendigen Schiechen
Sich flüchteten in ihrer Qual
Ins steingewordene ldeal —
Wir Armen jedenfalles sehnen
Uns nach dem Glücke der Hellenen.
(G)
Nun, man erzählt wohl nicht viel Neus,
Berichtet man vom Vater Zeus,
Wie der die Hera hat betrogen
Und wie er überall rumgezogen.
(H)
Nicht Zeus allein hat damals freilich
Benommen sich so unverzeihlich;
Die Götter, Göttinnen, Heroen —
Wie haben all die Sinnenfrohen
Der Liebe ohne Maß gehuldigt
Und mit dem Mythos sich entschuldigt!
Wenn Götter nicht mehr lieben dürfen
Vergnügt und frei von Selbstvorwürfen,
Was soll dann, fern von Aphrodite,
Erlaubt sein uns auf dem Gebiete?
(G)
In Liebesdingen mehr als toll
Trieb es natürlich der Apoll,
Der Schwester, Artemis, hingegen
War an den Männern nichts gelegen.
Sie badete im Mondenscheine
Mit ihren Frauen ganz alleine.
Aktäon, der, was er nicht sollte,
Mal auch was Nettes sehen wollte,
Schlich eines Nachts heran recht nah,
War ganz verwirrt, was er da sah
An Busen, Beinen, Hinterteilen,
Und er versäumte, zu enteilen.
Die Göttin dreht' sich barsch herum:
>Was kraucht denn dort im Busch herum?<
Und schon ward für sein frevles Pirschen
Verwandelt er in einen Hirschen.
So was pflegt heut nur zu geschehen
Den Männern, wenn sie nichts gesehen.
(H)
Noch weniger ist mit Fraun zu spaßen,
Wenn sie ergreift der Wahn der Massen.
Mänaden, die vor Wollust beißen,
Am liebsten gleich den Mann zerreißen,
Scheint es in unserm nüchternen Leben
Nur äußerst selten mehr zu geben,
Obwohl sie uns viel lieber wären
Als beispielsweise die Megären,
Nach denen niemand trägt Verlangen,
Weil sie, den Kopf voll giftiger Schlangen,
Selbst für den Fall, daß sie uns küßten,
Uns unsympathisch bleiben müßten.
(G)
Viel lieber lauschen wir dem Märchen
Von jenen reizenden Hetärchen,
Die, in der Liebe höchst erfahren,
Den Griechen wahre Engel waren —
Nicht mit den Mädchen zu vergleichen,
Die nachts bei uns durch Straßen streichen,
Die >Süßer Bubi< zu uns sagen
Und sich dann recht gemein betragen —;
Nein, jenen, die die alten Weisen
In Worten höchsten Lobes preisen
Und die in jeder Hinsicht prima,
Wie Phryne, Lais, Diotima.
Sie waren reizend, klug und willig —
Doch höchstwahrscheinlich auch nicht billig.
(H)
In der Antike auch beginnen
Die ersten Frauenrechtlerinnen.
Es schwuren, keinen Mann zu schonen,
Die kriegerischen Amazonen.
16
Eins leuchtet uns dabei nicht ein:
Sie sollen hübsch gewesen sein Hat doch das weibliche Geschlecht
Sofern es hübsch ist, immer recht!
(G)
Von allem, was aus Adams Rippe
Abstammt, das schlimmste war Xanthippe,
Die Sokrates, dem Philosophen,
Die Welt gemacht zum Höllenofen.
Nur war vielleicht die Frau Professer
In Wirklichkeit doch etwas besser
Als ihr so reichlich schlechter Ruf.
Man denke, welche Qual es schuf,
Vermählt zu sein, ganz mild einmal
Gesagt, rnit einem Original!
Vielleicht war sie sogar ganz häuslich?
Doch Sokrates benahm sich gräuslich,
Ging unrasiert und schlecht gewaschen,
Mit ausgerissenen Manteltaschen,
Natürlich immer voller Bücher
Und ohne frische Taschentücher
In staubigen Stiefeln ins Kolleg,
Und jede Hausfrau wird begreifen:
Xanthippe hatt' ein Recht zu keifen.
(H)
Doch nicht nur, wenn das Weib abscheulich,
Auch Schönheit wirkt oft unerfreulich;
Des zum Beweise nenn ich da
Euch gleich die schöne Helena.
Herr Paris hat für sich den Ruhm,
Als erster Gent im Altertum
Bewiesen aller Welt zu haben,
Daß Mannesehre, Geistesgaben,
Charakter, höhere Gesinnung
Zwecklos für eines Weibs Gewinnung,
Wenn solche Operetten-Helden
Wie Paris ihren Anspruch melden.
Geht es uns nicht schon auf die Nerven,
Daß Göttinnen sich unterwerfen
Dem Urteil dieses arroganten
Hanswursten, den sie gar nicht kannten?
Ja, daß sie direkt aus dem Himmel
Herkamen zu dem Hirtenlümmel?
Sie hätten vorher wissen können:
Wem wird er schon den Apfel gönnen
Als dieser hübschen, hohlen Puppe,
Der Tugend wie auch Weisheit schnuppe!
Doch daß dann wegen dieses Laffen
Die ganze Welt griff zu den Waffen,
Nur weil dem alten Menelaus
Der Schuft sein Weibchen spannte aus,
Das ist uns heut ganz unbegreiflich!
Heut überlegt man Kriege reiflich.
(G)
Und was, nur wegen Helena,
Auch nach dem Kriege noch geschah!
Sie selbst, die angerührt den Leim,
Fuhr, rnir nichts, dir nichts, wieder heim.
Doch der Odysseus beispielsweise
War noch zehn Jahre auf der Reise
Rund um die ganze Odyssee,
Bis er kam zur Penelope.
(H)
Es weiß Homer von seinem Helden
Manch Abenteuer zu vermelden.
Es bleibt uns ziemlich unverständlich,
Warum nicht bei Kalypso endlich
Geblieben dieser Einfaltspinsel
Auf jener wunderschönen Insel!
Daß er nicht lange im Bezirke
Der bösen Zauberhexe Kirke
Verweilt, das nenn ich klug gehandelt,
Weil Männer sie in Schweine wandelt,
Was allerdings bei einiger List
Für Weiber gar kein Kunststück ist.
(G)
Doch weniger lobenswert ist dies,
Daß er Nausikaa sitzenließ,
Zu der er müd und krank und lahm
Und völlig abgerissen kam.
Sie hat ihn liebevoll bemuttert,
Herausstaffiert und durchgefuttert.
Er hat geschmaust nur und erzählt,
Statt daß er sich mit ihr vermählt. —
Und, als er sich herausgefressen,
Sie schnell verlassen urd vergessen.
Er kam daheim grad recht zur Feier
Der frechen, flegelhaften Freier.
Die hat Odysseus glatt erschossen
Und glücklich dann sein Weib umschlossen,
(H)
Recht schlecht es später auch erging
Herrn Gyges mit dem Zauberring.
Es war auch etwas Oberfaules,
17
Daß ihn der König, der Kandaules,
Bewog im Anflug toller Laune,
Daß er sein Eheweib bestaune.
Nun war der gute Gyges zwar
Kraft seines Ringes unsichtbar,
So daß er ungeniert ganz nah
Die Königin sich ausziehn sah.
Doch sei's, daß sie ihn doch erblickt,
Sei's, daß er heimlich sie gezwickt,
Sie merkte, daß ein Mann im Zimmer,
Und Gyges machte es noch schlimmer
Indem er plötzlich sagte laut:
>Ich hab ja gar nicht hingeschaut!<
Worauf sie zischte: >Schurke, lüg es,
Jetzt kenn ich dich, du bist der Gyges!<
Sie gab ihm andern Tags die Wahl,
Zu töten ihren Herrn Gemahl,
Wo nicht, den Tod selbst zu erleiden Nun, das war einfach zu entscheiden.
Er hat Kandaules umgebracht
Und seitdem jahrlang, Nacht für Nacht,
Geschlafen bei der Königin Und schaute wirklich nicht mehr hin!
(G)
Wir wenden unsern Redestrom
Nun weiter, in das alte Rom.
In Rom warn Frauen anfangs rar,
Denn jenes erste Zwillingspaar,
Von dem die Stadt, so sagt man, stamme,
Hatt eine Wölfin nur zu Amme.
Drum mußte man durch Raub gewinnen
Die nötigen Sabinerinnen.
(H)
Rom stand in voller Jugendkraft,
Solang das Weib dort tugendhaft.
Doch diese Kraft muß bald erlahmen,
Wenn aus den Frauen werden Damen,
Die sinnlos sich die Zeit vertreiben,
Romane lesen, Briefchen schreiben,
Fast jeden Tag im Zirkus sitzen
Und sonst dergleichen Kinkerlitzen,
Nachts ausgehn, dann bis Mittag schlafen Dafür den Mann zum Arbeitssklaven
Erniedrigen; der soll es zahlen,
Wie sie sich schmücken und bemalen.
(G)
Die Männer freut's noch, diese Deppen,
Wenn ihre Fraun sie gründlich neppen,
Den ganzen Tag die Stadt durchlaufen
Und teures Glump zusammenkaufen,
Dann beim Konditor Schlagrahm schlecken
Und flirten mir dem dümmsten Gecken.
Die Hausfrau, die zu sparen trachtet,
Die kocht und wäscht, wird nicht geachtet,
Nur die, die jung, hübsch, elegant,
Wird von den Männern anerkannt.
Kurzum, in Rom, wie überall,
Kam eines Tages der Verfall.
(H)
Wie sehr der Frauen gute Sitten
ln Rom im Lauf der Zeit gelitten,
Man unschwer aus den Versen sieht
Des Martial, Horaz, Ovid;
Auch Juvenal, Terenz, Tibull
Beweisen, daß Moral gleich Null.
(G)
In der Gesellschaft konnt man hören
Nur mehr von Schneidern und Frisören.
Doch nicht allein der Lippenstift —
Es herrschten bald auch Dolch und Gift,
Womit die Damen Tag und Nacht
Sich gegenseitig umgebracht.
Doch mach ich hier mit Grausen Schluß Es steht ja so im Tacitus,
Dem römischen Historienschreiber,
Der, ohnehin kein Freund der Weiber,
Haarklein und lesenswert uns schildert,
Wie Rom zur Kaiserzeit verwildert.
DIE GERMANEN
(H)
Bei Tacitus, wo wir die Sünden
Der Römerin verzeichnet finden,
Steht aber auch, zu unserm Heil,
Wie damals, ganz im Gegenteil,
Gewandelt auf der Tugend Bahnen
Germaninnen und auch Germanen.
(G)
Erst schreibt er lang von Speer und Schilden,
Und wie sie leben wie die Wilden.
Am meisten hat ihn das gepackt:
Die Frauen gehen dort halb nackt,
Und wenn man auch so manches sehe,
Sei trotzdem heilig ihre Ehe.
Kein Zirkus, Kino und dergleichen,
18
Kein Flirten, Blinzeln, heimlich Zeichen,
Kein Billet-doux von Frau zu Mann
(dies schon, weil niemand schreiben kann)Im alten Deutschland überhaupt
Nichts außer Heirat war erlaubt.
(H)
Auch Mitgift gab es leider nicht,
Im Gegenteil, des Mannes Pflicht
War es noch Anno dazumalen,
Für seine Frau was zu bezahlen.
Doch oft geschah's, daß voller Scham
Ein Mann nach Haus vom Würfeln kam:
>Von morgen ab gehörst du leider
Dem Teut, dem Lederhosenschneider!<
Worauf sie sprach, getreu und bieder:
"Vielleicht gewinnst du mich bald wieder! "
(G)
Noch wäre manches nachzutragen
Von Götter- und von Heldensagen.
Der Vater Wotan war beim Bau
Der Götterburg nicht allzu schlau.
Fafner und Fasolt, diesen Riesen
wollt er den Arbeitslohn vermiesen.
Den Zorn zu löschen, hat zuletzt
Er seinen Ring daran gesetzt.
Damit auf Freia, seine Nichte,
Das ungeschlachte Paar verzichte.
(H)
Hingegen an besagtem Ring
Noch fürder manches Unheil hing:
Siegfried, nicht nur ein blonder Held,
Nein, auch ein Mann mit sehr viel Geld,
Kam eines Tages frisch und munter
Zu dem bekannten König Gunther,
Und er verliebte fest und fester
Sich in Krimhilde, dessen Schwester.
Im Norden herrschte wo die wilde
Und starke Königin Brunhilde,
Die nun der Siegfried seinerseits,
Da sie für ihn ganz ohne Reiz,
Dem König Gunther zugebracht.
Doch in der ersten Liebesnacht,
Sofern man das so nennen kann,
Schlug sie erbärmlich ihren Mann.
Der traut sich nicht mehr in die Klappe,
Bis Siegfried kam in seiner Kappe
Und sie an Gunthers Statt verdrosch.
Draus wurde Haß, der nie mehr losch.
Und als gar sonntags die Gemahlin
Krimhild verhöhnte die Rivalin,
Hat das Brundhild nicht mehr vertragen.
Sie wandte heimlich sich an Hagen,
Der dann, wie allgemein bekannt,
Den Siegfried durch und durch gerannt
Nach jenem Wettlauf an den Brunnen.
(G)
Krimhild ging später zu den Hunnen,
Vermählte sich mit König Etzel,
Und jeder kennt dann das Gemetzel,
Genannt >der Nibelungen Not<,
Man schlug sie kurzweg alle tot.
Seitdem trifft man, was auch kein Wunder,
Nicht oft mehr richtige Burgunder.
MITTELALTER
(H)
Wir sehn: die Vorzeit, sie war grau
Auch in Beziehung auf die Frau.
Viel reicher blühte die Erotik
Dann später in der Zeit der Gotik,
Doch gab's im Mittelalter auch
Für Frauen manchen üblen Brauch.
Zum Beispiel war es ziemlich bitter:
Wenn in den Krieg zog so ein Ritter
Und traute nicht ganz seinem Weibe,
Ob sie inzwischen treu auch bleibe,
So sperrte er sie einfach zu,
Zog dann ins Feld voll Seelenruh.
(G)
Trotzdem: Manch Mädchen meint sogar,
Daß es recht schön zu leben war
Als Ritterfräulein, hoch zu Roß,
Und jeden Tag auf einem Schloß!
Wer etwas ahnt von Hygiene,
Sich nie nach Ritterburgen sehne!
Zentralheizung, elektrisch Licht
Und Gas kennt man dortselbsten nicht;
Wem das noch nicht genügt, der geh,
Falls er den Mut hat, aufs WC,
Beziehungsweise jene Stätte,
Die heute diesen Namen hätte.
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Ja, wird man mir entgegenhalten:
Der Minnesänger Lichtgestalten?!
Wolfram von Eschenbach, beginne!
Ja. aber nur von reiner Minne!
Und machte so ein Troubadour
Der Liebsten ernsthaft dann die Kur,
Mußt er hinauf an einem Strick
Und ward im nächsten Augenblick
Vom Vater etwa, der anstatt
Der Tochter ihn erlauert hatt,
Mit kaltem, höflichem Bedauern
Herabgeworfen von den Mauern.
Der Tochter aber auf der Stelle
Gab jener eine mächtige Schelle
Und hatt noch Eisenhandschuh an —
Das hat vielleicht nicht weh getan?
lndes der arme junge Ritter
Lag unten tot bei seiner Zither,
Mußt' ewig nun ums Schloß gespensterln
Zur Strafe für verbotnes Fensterln.
Die schwer zu bügeln, weil sie schuppig —
Das Leben, kurz, war rauh und ruppig.
(H)
Bei uns setzt heut ein junger Mann
An Liebe nicht mehr so viel dran.
Er pfeift ihr von der Straße munter,
Sie pfeift drauf — oder sie kommt runter.
Daß eine Frau so frei gewesen,
Wie wir es von Johanna lesen,
War damals einfach unerhört
Und alle Welt war tief empört.
So mancher, der ihr sonst gewogen,
Sprach: >Daß sie Hosen angezogen,
Das geht zu weit, das ist zu stark!<
Und drum verbrannten sie Jeanne d'Arc.
(G)
Und war das lustig für die Frauen
Dies ritterliche Sich-Verhauen?
Wenn ewig Mann, Sohn, Bruder, Schwager
Dalag auf seinem Hirschfell-Lager,
Und ständig irgend so ein Tropf
Ankam mit einem Loch im Kopf?
(H)
War's lustig, wenn es solchen Schlingeln
Einfiel, die Burg nachts zu umzingeln,
Faul mondelang herumzulungern
Und sie dann einfach auszuhungern?
(G)
War nun kein Feldkrieg grade offen,
Sah man die Ritter meist besoffen
Am flackernden Kamine hocken
Und greulich fluchen und tarocken.
Die Frau mußt ihre Zeit benutzen,
Und Tag und Nacht die Waffen putzen,
Die Lederkoller und Gamaschen.
Die Panzerhemden mußt sie waschen,
(H)
Und wenn der Gatte schließlich gar
Der grimme Ritter Blaubart war,
Der, wenn sie nicht den Schlüssel brachte,
Aus ihr sofort Schlachtschüssel machte,
Muß ich schon sagen: Tut mir leid,
Ich bin nicht für die Ritterzeit.
Nun meint vielleicht so manche Frau,
Der Blaubart war gar nicht so blau,
Das Ganze sei ja bloß ein Märchen:
So find ich darin auch ein Härchen.
Auf weitre Märchen ich verzichte:
Wir treiben hier ja Weltgeschichte!
Belustigt tut heut manche Gans
Von der Jungfrau von Orleans;
(G)
Und man versteht's, wenn man die Welt
Von damals sich vor Augen stellt.
Denkt nur an Faust mit seinem Gretchen —
Was war das für ein armes Mädchen!
Um ihn zu sehn, mußt sie ins Gärtlein
Der hilfsbereiten Martha Schwertlein.
Na, und was taten sie da schon?
Sie redeten von Religion,
Denn Liebe hatte zu den Zeiten
Noch ungeahnte Schwierigkeiten.
Heut geht das ohne List und Mord,
Man fährt zum Wochenende fort,
Ist aufgeklärt nach allen Kanten Pfeift auf die Eltem, die Verwandten.
(H)
Erwähnt sei hier noch imrnerhin
Elsa mit ihrem Lohengrin.
Es ist zuviel verlangt von Frauen,
20
Daß sie voll höchstem Gottvertrauen
Sich einem fremden Mann vermählen
Und ihn nicht lang mit Fragen quälen.
War er auch ritterlich galant,
Sie hatte immerhin Brabant
Und lief zum Schlusse doch Gefahr,
Daß er ein Heiratsschwindler war.
(H)
Noch mächtiger wird der Unterrock
Nun im Verlaufe des Barock,
Und sinnverwirrend lebensfroh
Herrscht er erst recht im Rokoko.
Das Weib, sonst Herrin kaum im Haus,
Wächst sich zur Weiberherrschaft aus.
(G)
Doch, um nicht nur aus deutschen Gauen
Heranzuziehen hier die Frauen,
Verflechte ich noch dem Berichte
Die äußerst spannende Geschichte
Des bösen Mohren von Venedig,
Othello, der, solang er ledig,
Als Admiral war äußerst tüchtig.
Doch Jago macht' ihn eifersüchtig,
So daß er von Desdémona
Sich schauerlich betrogen sah.
Ein Taschentuch hat's ihm verbürgt;
Voreilig hat er sie erwürgt.
Bricht lang verhaltner Frauengroll
Sich endlich Bahn, wird's grauenvoll.
Die »Bluthochzeit« verzeihn wir nie
Der Katharina Medici,
Der's fast gelang, die Hugenotten
In Frankreich völlig auszurotten.
DIE NEUZEIT
(H)
Was man in unsern Büchern dreist
Als sogenannte Neuzeit preist,
Ist auch schon wieder lange her —
Fünfhundert Jahre ungefähr.
Schon damals hat die Frau, wie heut,
Das Mittelalter arg gescheut;
Auch Frau Europa träumte nur
Von Schönheit und Verjüngungskur.
Sie braute drum sich einen Saft
Aus humanistisch-klassischen Kräutern
Und trank ihn, ohne ihn zu läutern.
Und bald, nach einigem Magendrücken,
Schien die Verjüngungskur zu glücken.
Europa stand im vollen Glanze
Der Neugeburt, der Renaissance.
(G)
Doch war, man kann das leicht erwischen,
Halt noch manch giftiges Kraut dazwischen,
Und grad die Renaissancefrauen
Betrachten wir darum mit Grauen,
Weil manches Unheil sie gestiftet
Und ihre Männer oft vergiftet,
Die ihrerseits auch, roh und kalt,
Statt Liebe brauchten nur Gewalt.
(G)
In Rußland ist es ja schon immer,
Ob mit, ob ohne Frauenzimmer,
Wüst zugegangen, und uns dienen
Zum Beispiel auch zwei Katherinen.
Die erste, die dann späterhin
Emporstieg bis zur Kaiserin,
Entstammt aus Livland oder wo.
Ihr erster Mann war dumm und roh
Als bald darauf die Russen kamen
Und alles, auch die Weiber, nahmen.
Kam sie dem Petern gleich, dem Großen,
Gefährlich nahe an die Hosen.
Zuerst regierten sie zu zweit,
Dann sie allein noch kurze Zeit,
Man muß gestehen, ganz untadelig.
Die zweite Katharina— adelig! —
Tat viel für Kunst, Kultur und Handel —,
Doch scheußlich war ihr Lebenswandel.
Unheimlich war der Männer Zahl,
Die heimlich waren ihr Gemahl.
Die Herrlichkeit blieb oft nur kurz,
Auch Orlow endete durch Sturz,
Viel länger als so mancher Brünstling
Hielt Graf Potemkin sich als Günstling,
Der allerdings als Mann und Zar
Wohl auch kein Impotemkin war.
(H)
Inmitten der Kathrinen steht
Die russische Elisabeth.
Als Zarin gut, jedoch persönlich
Sehr sinnlich, eitel und gewöhnlich.
Sie hatte, wie es damals Brauch,
Liebhaber massenweise auch;
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Zum Beispiel brachts ein Hirtenknabe
Durch ihre Gunst zum Marschallstabe,
Den er in süßen Schäferstunden
Gewiß in ihrem Bett gefunden,
Wodurch man widerlegt, es gäbe
Nur in Tornistern Marschallstäbe.
(G)
Noch wäre zu erwähnen da
Östreichs Marie Theresia
Mit ihrem Prinzgemahl, dem Fränzchen,
Der, als ein rechtes Lämmerschwänzchen,
Auch, als er später Kaiser hieß,
Der Frau fast alles überließ:
Regieren, Haushalt führen, siegen,
Erst recht natürlich Kinder kriegen,
Und nur daß sechzehn sie bekam,
Beweist den Anteil, den er nahm.
(H)
Gewiß mag man bei Sonnenkönigen
In puncto Frauen viel beschönigen,
Doch bei Louis quinze war's schließlich nur
Frau Fisch noch, alias Pompadour
Und, beinahe schlimmer noch als die,
Die abgefeimte Dubarry,
Zwei echte Rokoko-Kokotten,
Die voll kostspieliger Marotten
Dem König zwar das Dasein würzten,
Doch Frankreich tief in Schulden stürzten.
Ein Weib, das sehr viel Geld verpraßt,
Ist viel geliebt und viel gehaßt,
Denn einerseits das Volk bedrückend,
Ist es doch andrerseits entzückend,
Und mancher wünscht von Zeit zu Zeit
Ein bißchen Sittenlosigkeit,
Wenn auch vielleicht nicht so en gros,
Wie's damals war im Rokoko.
(G)
Die Fraun im neunzehnten Jahrhundert,
Die man geliebt, gehaßt, bewundert,
Sind uns ja schon so nah gerückt,
Daß kein historischer Abstand glückt.
(H)
Das gilt gewiß in jeder Richtung.
Zum Beispiel diene uns die Dichtung:
Wenn auch Herr Johann Wolfgang Goethe
Uns manchen Stoff zur Forschung böte,
Er bringt uns in Gewissensnot;
Obzwar schon hundert Jahre tot,
Scheint's uns doch oft, als wär's erst gestern,
Und drum fällt es uns schwer zu lästern.
Zwar daß er, klassisch stark verpflichtet,
Hermann und Dorothee gedichtet,
Das mag man ungestraft erwähnen.
Doch ungern leuchten wir hinein
In die Affäre Frau von Stein,
Wo sich die Welt den Kopf zerbricht:
Hat er nun oder hat er nicht?
(G)
Man merkt, die Neuzeit schafft Verdruß,
Drum kommen langsam wir zum Schluß.
Wir sahn, wie lüstern und intim
Es war im ancien régime.
Als das Empire dann kam zum Sieg,
Trug sich die Damenwelt antik,
Moralisch ziemlich ungefestigt
Ging sie, von Kleidern kaum belästigt.
Doch mit dem Gürtel, mit dem Schleier
Macht' schnell ein End das Biedermeier.
Doch sieh! Aus dieser stickigen Luft
Kommt auch der Freiheit neuer Duft:
Es brachte der Kaffeegenuß
Den weiblichen Zusammenschluß.
Debatten gab es, wüst und scharf,
Was der Mann muß, soll, kann und darf,
Und es entstand mit einem Schlage
Die fürchterliche Frauenfrage.
(H)
Die Neuzeit neue Sorgen schuf:
Die Frau drang ein in den Beruf,
Und sie erprobte ihre Kraft
In Politik und Wissenschaft.
Nichts gibt's, worum sie sich nicht kümmert,
Schon wird das Vaterbild zertrümmert,
Auch brachte es die Frau im Sport
Von Weltrekord zu Weltrekord —
Dürft da zu sagen sich erdreisten
Ein Mann, daß Frauen nicht viel leisten?
Es ist in unsrer Zeit das Schöne:
Die Welt hat nicht nur große Söhne!
Nicht ungenannt die Töchter bleiben
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(man muß die Hymnen halt neu schreiben!).
Verzichten will nicht andererseits
Die Frau auf ihren Weiberreiz,
Der mehr denn je die trübe Quelle
Der wilden Sex- und Pornowelle.
Verzichten will nicht andererseits
Die Frau auf ihren Weiberreiz,
Der mehr denn je die trübe Quelle
Der wilden Sex- und Pornowelle.
Eins gilt auch jetzt noch in der Welt:
Die schönen Frauen kosten Geld.
Und nördlich, südlich, westlich, östlich
lst Kostenloses selten köstlich.
Nur wünschen darf der Mann natürlich
Gebührenfrei - nicht ungebührlich!
Und jeder denkt da oft und gerne
An Filmstars, Operettensterne,
An Girls, an Schönheitsköniginnen
Und wird vor Sehnsucht fast von Sinnen.
(G)
Hier naht zum Schluß der Moralist,
Der für uns Arme tröstlich ist,
Und taucht mit Worten, süß wie Honig,
Höchst gründlich in die Weltenchronik.
>Schaut<, spricht er, >in die Zeit zurück:
Wem brachten Frauen wirklich Glück?
Millionen Männer, ja Milliarden,
Darunter Könige, Helden, Barden,
Soldaten, Bürger, Bauern, Knechte,
Sind dem verderblichen Geschlechte
Durch die Jahrtausende verfallen.
Jenun, was blieb von ihnen allen?
Die Liebesglut, die sie durchlodert,
Ist eitel jetzt und staubvermodert.
Drum, wer historisch es betrachtet,
Das Weib nur fürchtet und verachtet!<
(H)
Und trotzdem rat ich: Lebt und liebt,
Es ist das Schönste, was es gibt
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Draufgaben 2011
H
Es nahm sich ein Mann aus dem Sauerland
‘ne Gattin – die ständig sich schlauer fand.
Bald denkt er im Stillen:
„Ich könnte sie killen ...!“
Ihr Bildnis trägt nun einen Trauerrand.
G
Vom Kaplan hört Frau Fromm in der Rhön
eine Ehe zu dritt sei obszön.
Die Idee ist der Frommen
nie von selber gekommen –
heute sagt sie, sie findet es schön.
H
Es lehnt eine Dame aus Bonn
sich gerne weit übern Balkonn.
Die Brust auf der Brüstung
führt meist zur Entrüstung,
doch hat man auch etwas davonn.
G
Ein Bauernmädel aus Kals
das wusch sich zum Sonntag den Hals
bis zum Ansatz vom Busen –
denn tiefer zu schmusen
erlaubt sie dem Freund keinesfalls.
H
Ein feuriger Herr aus Tirol tat
so manches, wobei er frivol tat.
Die Dame rief: „Nein,
was sind Sie für’n Schwein!“,
obwohl es ihr eigentlich wohl tat.
G
Ein älteres Weibsbild aus Füssen
war mächtig versessen aufs Küssen.
Sie hat einen Jungen
zum Küssen gedungen.
Nun wird er sie küssen wohl müssen.
(H) Ein alter Professer (G) und ein Prokurist
(H) erzählten von Frauen und Männern viel
Mist.
(G) Zum Prokuristen sagt dann der Professer:
"Bevor´s uns verhaun, verschwind´ma jetzt
besser!"
(H) Es hat sie dann niemand vermißt.
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