Haftung - Ennepe-Ruhr

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Haftung - Ennepe-Ruhr
Fortbildung
Fachtagung Ennepe – Ruhr - Kreis
am 23. November 2010
Thema:
Haftungsfragen der
Verfahrensbeteiligten bei Stürzen
im Heim und häuslichen Umfeld
06.01.2011
Rechtsfragen
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Herzliche Grüße aus Berlin!
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Rechtsfragen
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Rechtsanwältin Sybille M. Meier
Fachanwältin für Medizinrecht
Fachanwältin für Sozialrecht
[email protected]
1982 Rechtsanwaltszulassung Berlin
1985 Tätigkeitsschwerpunkte: Betreuungsrecht,
Medizinrecht, Sozialrecht
2004 Vorstand - Vormundschaftsgerichtstag
2007 Fachanwältin für Medizinrecht
2009 Zulassungsausschuss Fachanwalt für
Medizinrecht bei der RAK Berlin
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Rechtsfragen
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Übersicht
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Literatur
Einleitung in das Thema
Wichtige Rechtsprechung
„Hausaufgaben“ der Akteure“
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Rechtsfragen
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Literatur I
I.
Kommentare:
Bauer/Klie/Rink, HK – BUR, Betreuungs- und Unterbringungsrecht
Prof. Dr. Jurgeleit (Hrsg.), Betreungsrecht 2. Auflage 2010
II. Bücher:
DNQP (Hrsg.), Expertenstandard Sturzprophylaxe
Höfert, Von Fall zu Fall – Pflege im Recht, Rechtsfragen in der Pflege von A – Z
Böhme, Rechtshandbuch für Pflegeeinrichtungen von A - Z
Garms- Homolova/Niehörster, Pflegedokumentation
Kreuels, Die Fixierung von A – Z, ein Stationsleitfaden
Hoffmann/Klie, Unterbringung und unterbringungsähnliche Maßnahmen in
Betreuungsrecht und –praxis 2004
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Rechtsfragen
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Literatur II
III. Aufsätze:
Icks/Becker/Kunstmann, Sturzprävention bei Senioren, eine interdisziplinäre Aufgabe,
Deutsches Ärzteblatt 2005, A 2150ff
Prof. Dr. Rohlfing, Zur Haftung des Pflegeheimträgers bei sturzbedingten
Verletzungen von Heimbewohnern, BtPrax 2006, 94
Klie, Mobilität und Sicherheit für Menschen mit Demenz, BtMan 2008, 13ff
Großkopf, Die Beweislast im Haftungsprozess gegen Krankenpflegepersonal und
Ärzte, PflR 1998, 258
Roßbruch, Die Pflegedokumentation aus haftungsrechtlicher Sicht, PflR 1998, 126
Prof. Dr. Brosey, Psychiatrische Patientenverfügung nach dem 3.
Betreuungsrechtsänderungsgesetz
IV. Internetadressen:
http://www.justiz.rlp.de/justiz
http://www.justiz.nrw.de
http://www.vincentz.net/altenheim
http: www.uni-duesseldorf.deM/WWIAWMF/II/053-004.htm(Deutsche
Gesellschaft für Allgemeinmedizin, DEGAM, Leitlinie Nr. 4: Ältere Sturzpatienten)
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Rechtsfragen
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Einleitung
• Keine exakten Zahlen zur Häufigkeit von Stürzen
vorhanden, nur Schätzungen
• 30 Prozent der zuhause lebenden Personen über 65 Jahre
stürzen mindestens einmal jährlich; von den über 80Jährigen mehr als 40 Prozent
• Pflegeheimbewohner haben ein besonders hohes
Sturzrisiko
• Sturzrisiko steigt mit wachsendem Alter und Morbidität;
Frauen sind häufiger als Männer betroffen
• Sturz = allgemeines Lebensrisiko mit wachsendem Alter
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Rechtsfragen
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Häuslicher Bereich
Die Zahl der zuhause versorgten älteren Menschen
nimmt zu. Die absolute Zahl der Stürze und
Frakturen im häuslichen Bereich liegt höher als in
den stationären Pflegebereichen. Gleichwohl
konnte auch im häuslichen Bereich durch
Präventionsprogramme eine Senkung der Sturzund Frakturraten erreicht werden. (Quelle:
Expertenstandard Sturzprophylaxe in der Pflege,
Seite 35)
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Sonderfall Hüftfraktur
• Krankenhausstatistik 1998: 120 000 Fälle von
Hüftfrakturen durch Stürze
• Allein dieser Frakturtyp steigt laut Daten des
statistischen Bundesamtes jährlich um 4 Prozent
• 50 Prozent der Patienten erlangen ursprüngliche
Beweglichkeit nicht mehr zurück
• Geschätzte Kosten der rein medizinischen
Behandlung von Hüftfrakturen jährlich ca. 1
Milliarde Euro, nicht eingerechnet pflegerische
Langzeitkosten und Folgekosten (Pflege durch
Angehörige)
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Statistik zu § 1906 Abs. 4 BGB
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Zahlen 2008
• 91.823 Genehmigungen FEM 2008
• 96 092 Genehmigungen FEM 2009 (!!!!)
• Mentalität Deutschland/Großbritannien
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Ausgangspunkt
• Aberglaube: größte Sicherheit für betreute,
sturzgefährdete Person wäre eine 24stündige rund-um-die-Uhr Fixierung
• Sturzvermeidung ist eine interdisziplinäre
Aufgabe!
• Freiheitsentziehende Maßnahme letztes
Mittel der Wahl
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Rechtsquellen
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SGB V, XI
BGB
StGB
HeimG
HeimPersV
Rahmenverträge nach § 75 SGB XI
Qualitätsvereinbarung nach § 80 SGB XI
GG
AltPflG
Berufsordnung für die Gesundheitsberufe und Krankenpflege
(Landesrecht)
• BtMG
• InfektionsschutzG
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Haftung
Strafrechtliche Haftung
Zivilrechtliche Haftung
Staat
Bürger
Bürger
Bürger
Schadensersatz
Strafe
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Strafrecht
Freiheitsberaubung, § 239 StGB
(1) Wer einen Menschen einsperrt oder auf andere Weise der Freiheit beraubt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) Auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren ist zu erkennen,
wenn der Täter
1. das Opfer länger als eine Woche der Freiheit beraubt oder
2.
durch die Tat oder eine während der Tat begangene Handlung eine
schwere Gesundheitsschädigung des Opfers verursacht.
(4) Verursacht der Täter durch die Tat oder eine während der Tat begangene Handlung
den Tod des Opfers, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
(5) In minder schweren Fällen des Absatzes 3 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten
bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 4 auf
Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.
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Schwedische Gardinen
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Sybille M.Rechtsfragen
Meier - Unterbringung
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Zivilrecht
Deliktische Haftung
§ 823 Abs. 1 BGB: Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper,
die Gesundheit, die Freiheit oder das Eigentum oder ein sonstiges Recht
eines anderen verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
§823 Abs. 2 BGB: Verletzung eines Schutzgesetzes
§ 831 BGB: Haftung für Verrichtungsgehilfen
Vertragliche Haftung
§ 280 BGB:Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so
kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen.
§ 278 BGB: Verantwortlichkeit für Dritte
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Schadensersatz = Geld zahlen
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Rechtsfragen
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Rechtsfragen
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Spannungsfeld
Art. 1, 2 GG
• Menschenwürde des
Bewohners
• Freiheit der Person
• Entscheidungsfreiheit
• Selbstbestimmung
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§ 2 Abs. 1 HeimG
• Vertragliche
Verpflichtung des
Einrichtungsträgers
Gesundheit und
Unversehrtheit des
Bewohners zu schützen
• Obhutspflichten
• Verkehrssicherungspflicht
en
Rechtsfragen
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Rechtsfragen
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Legitimation unterbringungsähnlicher Maßnahmen
• Nur in den seltensten Fällen wird bei Maßnahmen, die
unterbringungsähnliche Maßnahme darstellen, in
Pflegeheimen eine richterliche Genehmigung eingeholt.
Insofern muss von einer hohen Dunkelziffer nicht
genehmigter unterbringungsähnlicher Maßnahmen
ausgegangen werden. Zumeist berufen sich Mitarbeiter in
Pflegeheimen auf eine angeblich vorliegende Einwilligung
oder die Erforderlichkeit von Schutzmaßnahmen. Nach
Studien muss davon ausgegangen werden, dass täglich
etwa 350.000 - 400.000 Menschen in Pflegeheimen von
Unterbringung ähnliche Maßnahme betroffen sind (Klie
BtPrax 1998,50-53).
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Einwilligungsfähigkeit
Einwilligungsfähig ist, wer mit natürlichem Willen eine freiwillige
und ernsthafte Zustimmung geben kann. Dazu muss er Wert und
Bedeutung des betroffenen Freiheitsrechts sowie die Folgen und
Risiken seiner Zustimmung erkennen und bei seiner Entscheidung
eventuelle Alternativen einbeziehen und sein Handeln danach
bestimmen können. Dies ist jeweils im Einzelfall unter
Berücksichtigung des aktuellen Krankheitsbildes zu entscheiden.
Dabei sind strenge Anforderungen zu stellen. Fragwürdige oder fiktive
Einwilligungen reichen nicht aus.
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Sybille M.Rechtsfragen
Meier - Unterbringung
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BGH
• Pflicht zur Fixierung ?
• Drittwirkung von Grundrechten im
Haftungsrecht
• Sorgfaltsmaßstab: „state of the art“
• Beweislastumkehr bei unterlassener
Fixierung
• Prüfung von Alternativen zur Fixierung
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Haftungskreise
Sturz im
voll beherrschbaren
Gefahrenbereich
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Sturz im
Privatbereich
(Zimmer des
Heimbewohners)
Rechtsfragen
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Wichtige Rechtsprechung I
Ein Heimträger ist weder dazu verpflichtet, einen Bewohner auch außerhalb des
Heimgeländes lückenlos zu überwachen, noch dazu, den Bewohner notfalls mit
Zwangsmaßnahmen am Verlassen des Geländes zu hindern. (LG Paderborn, PflR
2003, 297)
Die Entscheidung über eine Fixierung steht dem Betreuer zu. Die
Entscheidung über die Erforderlichkeit einer Fixierung verlangt dabei
die sorgfältige Abwägung sämtlicher Umstände des jeweiligen
Einzelfalles und hat die Freiheitsrechte eines alten und kranken
Menschen ebenso zu berücksichtigen wie seinen Anspruch auf Schutz
des Lebens und seiner körperlichen Unversehrtheit. Pflegeheime haben
dabei grundsätzlich die Entscheidung eines gesetzlichen Betreuers zu
respektieren. (OLG Koblenz, PflR 2002, 379 = FamRZ 2002, 1359)
Bei der Frage, inwieweit ein Heimträger für den Sturz eines Bewohners
haftet, ist das Sicherheitsgebot gegen die Freiheitsrechte des
Bewohners abzuwägen. (LG Limburg, PflR 2004, 174)
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Wichtige Rechtsprechung II
Zwar erwachsen dem Heimträger aus dem jeweiligen
Heimvertrag besondere Obhutspflichten zum Schutz der
körperlichen Unversehrtheit der ihr anvertrauten
Heimbewohner, diese Pflichten sind allerdings begrenzt auf die
in Pflegeheimen üblichen Maßnahmen, die mit einem
vernünftigen finanziellen und personellen Aufwand realisierbar
sind (BGH, BtMan 2005, 109 = NJW 2005, 1937)
Der Grundsatz, dass die Träger von Pflegeeinrichtungen ihre
Leistungen nach dem allgemein anerkannten Stand medizinischpflegerischer
Erkenntnisse und nach dem jeweils allgemein
anerkannten Stand fachlicher Erkenntnisse zu erbringen haben,
ist auch bei der Frage zu beachten, wie sie auf eine
hervorgetretene Sturzgefährdung von Heimbewohnern zu
reagieren haben (BGH, FamRZ 2005, 1560 = NJW 2005, 2613).
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OLG Koblenz, Urteil vom 21.3.2002 - 5 U 1648/01
•
Ohne konkreten Anhalt für eine Gefährdung ist ein Altenheim nicht
verpflichtet, beim Vormundschaftsgericht die Fixierung eines geistig
verwirrten und gehbehinderten Heimbewohners in seinem Rollstuhl zu
beantragen. Maßgeblich sind insoweit die Erkenntnisse, die vor dem
Schadensereignis gewonnen werden konnten.
•
Hat der Betreuer des Altenheimbewohners in Kenntnis aller
maßgeblichen Umstände einen Antrag auf Fixierung des Betreuten aus
vertretbaren Erwägungen abgelehnt, ist die Leitung des Altenheims im
Regelfall gehalten, diese Entscheidung zu respektieren.
Was sich dem medizinischen Dienst der im Schadensfall
eintrittspflichtigen Krankenkasse an Sicherungsmaßnahmen nicht
aufdrängt, muss sich bei unverändertem Befund auch der Leitung eines
Altenheims nicht aufdrängen.
Dass der zuständige Vormundschaftsrichter die Fixierung von
Heimbewohnern auf entsprechenden Antrag „immer" anordnet, ist nicht
entscheidungserheblich. Maßgeblich ist allein, wie er nach Auffassung des
Regressgerichts im konkreten Fall über einen derartigen Antrag hätte
entscheiden müssen.
•
•
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Rechtsfragen
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Landgericht Zweibrücken, Beschluss vom
7.6.2006 – 3 S 343/06, BtPrax 2006, 154
Die Pflichten eines Pflegeheims zur Sicherung sturzgefährdeter
Heimbewohner sind begrenzt auf die in solchen Heimen üblichen
Maßnahmen, die mit einem vernünftigen finanziellen und personellen
Aufwand realisierbar sind. Maßstab sind die Erforderlichkeit und die
Zumutbarkeit für die Heimbewohner und das Pflegepersonal.
Solange keine konkrete Zustimmung des Betreuers zu einer
weitergehenden Fixierung vorliegt, muss angesichts der Würde des
Patienten (Art. 1 GG) und dessen allgemeinen Freiheitsrechts (Art. 2
GG) die Abwägung mit den Sicherheitserfordernissen dazu führen, die
zur Gefahrenabwehr geeignete, den Patienten aber am wenigsten
beeinträchtigende Fixierungsmaßnahme anzuwenden (Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit).
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Rechtsfragen
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BGH, Urteil vom 14. Juli 2005 - III ZR 391/04
Der Grundsatz, daß die Träger von Pflegeeinrichtungen ihre Leistungen
nach dem allgemein anerkannten Stand medizinisch-pflegerischer
Erkenntnisse bzw. - soweit Heimverträge betroffen sind, für die das
zum 1. Januar 2002 in Kraft getretene Heimgesetz i.d.F. vom
5. November 2001 (BGBl. I S. 2970) gilt - nach dem jeweils allgemein
anerkannten Stand fachlicher Erkenntnisse zu erbringen haben, ist
auch bei der Frage zu beachten, wie sie auf eine hervorgetretene
Sturzgefährdung von Heimbewohnern zu reagieren haben (im Anschluss
an das Senatsurteil vom 28. April 2005 - III ZR 399/04 – NJW 2005,
1937).
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Rechtsfragen
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Voll beherrschbarer
Gefahrenbereich
Beweislastumkehr nach § 282 BGB bei der Verletzung eines
Bewohners eines Seniorenheims im so genannten „voll
beherrschbaren Gefahrenbereich“
z.B. OLG München, Urteil vom 23.2.2006 – 8 U 4897/05,
FamRZ 2006, 1676ff:
Zur Vermeidung von Unfällen ist ein Heimträger verpflichtet,
bei in einer sogenannten geschützten Abteilung
untergebrachten Patienten in der Dusche Temparaturregler
bzw. Temparaturbegrenzer einzubauen
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Rechtsfragen
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LG Landau, Urteil vom 27.09.2002, 1 S 85/02
Beweislastumkehr nach § 282 BGB bei der
Verletzung eines Bewohners eines
Seniorenheims im so genannten „voll
beherrschbaren Gefahrenbereich“
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Rechtsfragen
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OLG Zweibrücken, Urteil vom 1.6.2006 – 4 U 68/05
Kommt eine Patientin eines Altenpflegeheims, die auf Grund
verschiedener Erkrankungen ein „fast maximales
Sturzrisiko“ aufweist, am Ende von einer
Mobilisierungsmaßnahme in ihrem Zimmer in Gegenwart
einer Pflegerin zu Fall, hat die Pflegerin auch dann den
Sturz fahrlässig verursacht, wenn sie die Patientin nur für
einen „kurzen Moment aus den Augen gelassen“ hat.
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Rechtsfragen
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Vorgehen des Heimes in Einzelfällen
Bei drohenden gesundheitlichen Schäden:
• Verweigerung der Nahrungs- und Getränkeaufnahme
• Weigerung, lebenswichtige Medikamente einzunehmen
• Planloses Umherirren ohne Beachtung des Straßenverkehrs oder ohne
notwendige Kleidung
• Sturzgefahr durch Alkohol, Medikamente, Gebrechen
Verständigung des Betreuers/Bevollmächtigten. Besteht keine Betreuung,
Anordnung nach § 1846 BGB ersuchen bzw. Betreuungsanregung
• Vorgehen nach PsychKG/Unterbringungsgesetz bei akuten Gefahren
• Ggfs. Nothilfe, Notwehr, berechtigt auch zur Fixierung
• Polizei nach öffentlichem Recht
• Fixierung/UB Genehmigungspflicht bei über drei Tagen Dauer, Art. 104 GG
Beachtung der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit
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Dokumentation als Haftungsprophylaxe
Rechtsgrundlage:
• Vertragliche Nebenpflicht zum Heimvertrag
• § 4 KrPflG
• §15 MBO-Ä
Drei Funktionen:
• Gedächtnisstütze
• Qualitätssicherung
• Beweissicherung
Mangelhafte Dokumentation führt im Einzelfall zu Beweiserleichterungen
zugunsten des Patienten bis hin zur Beweislastumkehr
Literaturempfehlung: Musterdokumentation für die ambulante Pflege vom
Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit des Landes
Rheinland - Pfalz
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Dokumentation
Eine Pflegedokumentation muss für einen Dritten (Richter) erkennen
lassen, wer, was, wann, wie und warum getan hat!
Grundsatz der Vollständigkeit hinsichtlich aller pflegerisch und
medizinisch relevanten Wahrnehmungen, insb. atypische Verläufe.
Pflegeanamnese, Pflegediagnostik, Pflegetherapie sowie sonstige
Behandlungsmaßnahmen unter Angabe der genauen Uhrzeit und des
zeitlichen Ablaufs sind zeitnah zu dokumentieren mit dem Ziel eines
lückenlosen Bildes über den Gesundheitszustand des Patienten.
Bei ärztlichen Anordnungen: Eintragung durch Arzt und Abzeichnung mit
seinem Handzeichen! Anordnung nicht mündlich, sondern per Fax
vornehmen und beim nächsten Besuch abzeichnen lassen.
ACHTUNG: was nicht dokumentiert wurde, fand nicht statt!
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Qualität bei der Umsetzung
von FeM
Abwägen von Bedürfnissen und Bedarfen unter Beteiligung
aller wichtigen Akteure durch interdisziplinäre Beratungen
(Fallkonferenzen)
Externe: RichterInnen, ÄrztInnen, Bezugspersonen
Management, MitarbeiterIn
BewohnerIn, BetreuerIn
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Alternativen zu FeM
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Einsatz von Schutzhosen, Hüftprotektoren,
Einsatz von geteilten Bettgittern mit der Möglichkeit, das Bett zu
verlassen
Einsatz von Bettalarmsystemen, Bettsensoren, Einsatz von
absenkbaren Betten
Neurologische und psychiatrische Untersuchung; Optimierung der
(psycho-) pharmakologischen Therapie
Gewährleistung ausreichender Flüssigkeitsversorgung
Musiktherapie, Bewegungstherapie
Verwendung von Personensuchsystemen
Physiotherapie, ggf. gezieltes Muskelkraft- und Balancetraining
Sturzprophylaxe, Sturzpräventionsprogramme, die zum Teil von den
Krankenkassen im Rahmen von Modellprojekten finanziert werden
Maßnahmen zur Qualifikation des Pflegepersonals im Umgang mit
problematischem Verhalten von Heimbewohnern
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Rechtsfragen
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Akteur Betreuer
• Entscheidung nach § 1906 Abs. 4 BGB unter Berücksichtigung
rechtlicher Vorgaben: Wunschbefolgungspflicht und Beachtung des
Wohls der betreuten Person, § 1901 Abs. 2 und 3 BGB
• Organisierung einer qualifizierten ärztlichen Betreuung
• Umsetzung von Angeboten zur Minimierung von Sturzfolgen
(Schuhwerk, Kleidung, Sehhilfen, Antirutschsocken, Hüftprotektoren,
Beseitigung von häuslichen Gefahrenquellen: schlechte Beleuchtung,
Bodenbelag, fehlende Handläufe bzw. Rutschmatten im Bad,
Stolperfallen)
• Beratung durch gerontopsychiatrisch erfahrenen Arzt
• Wahrnehmung von Beratungsangeboten der Krankenkasse
• Hüftprotektoren (LSG NRW, Urteil vom 31.5.2007 – L 16 (5,2) KR
70/00; BSG B 3 KR 11/07 R: Hüftprotektoren unterliegen der
Eigenvorsorge der Versicherten
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Rechtsfragen
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Akteur Betreuer
• § 1901aAbs. 1 BGB sieht die Verbindlichkeit von
Patientenverfügungen vor
• Der Betreuer hat dem Willen des betreuten
Ausdruck und Geltung zu verschaffen
• Eine Verfügung, die im eigenverantwortlichen
Zustand verfasst wurde, besitzt bindende Wirkung
für den Betreuer/Bevollmächtigten. Lässt die
Verfügung erkennen, dass der Betroffene die für
ihn gefährliche Situation erwog, ist der Wunsch
des Betreuten zu respektieren.
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Rechtsfragen
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Akteur Richter
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•
Beachten der Verfahrensgarantien des Betreuten im
Rahmen des anhängigen Genehmigungsverfahrens nach §
1906 Abs. 4 BGB:
Amtsermittlungsgrundsatz (Befragung von
Heimmitarbeitern, Dritten und Angehörigen
Bestellen eines geeigneten Verfahrenspflegers
Bestellen eines geeigneten Sachverständigen
Anhörung des Betreuten
Ggfs. Aufsicht des Betreuers, §§ 1908i, 1837 BGB
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Arzt I
Pflichten aus dem Behandlungsvertrag:
• Anamnese
• Untersuchung
• Diagnose
• Indikation
• Aufklärung
• nach erteilter Einwilligung des Patienten oder
dessen Vertreter Behandlung
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Rechtsfragen
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Arzt II
• Erfassung des Sturzrisikos des Betreuten bei hausärztlicher
Betreuung (u.a. Geh- und Zähltest)
• Überprüfung der Medikation, Vermeidung der Verordnung
von Benzodiazepinen (Beers – Kriterien)
• Beratung über Trainingsprogramme zur Erhöhung von
Kraft und Balance
• Überprüfung der Sehkraft
• Verordnung von Hüftprotektoren (Verringerung von
Hüftfrakturen um 40 Prozent)
• Erörterung des Patientenwillens mit dem
Betreuer/Bevollmächtigten, § 1901b Abs. 1 BGB
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Rechtsfragen
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Angehörige, Dritte
• Gelegenheit zur Äußerung nach §§ 315
Abs. 1, 4; 320 FamFG
• Einbringen von Beobachtungen
• Kenntnis von Wertentscheidungen des
Betreuten
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Rechtsfragen
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Heim
• Bei Heimaufnahme: Frage nach Patientenverfügung;
Anregung zur Abfassung einer Patientenverfügung
• Kenntnis des MDK – Gutachtens
• Beobachten des betreuten Heimbewohners
• Redufix
• Anregung freiheitsentziehender Maßnahmen beim
Betreuungsgericht
• Äußerungsrecht nach §§ 315 Abs. 4 Nr. 3; 320 FamFG
• Beantragen aufsichtlicher Schritte gegen den
Betreuer/Bevollmächtigten nach § 1908i, 1837 Abs. 2
BGB
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Rechtsfragen
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Heimbewohner
• Äußerung und Respektierung seiner verbal
oder nonverbal geäußerten Wünsche unter
Beachtung der Wohlschranke
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Rechtsfragen
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Es gibt viel zu tun, also packen wir es an!
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Rechtsfragen
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Vielen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit!
06.01.2011
Rechtsfragen
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Kontakte
Sybille M. Meier
Fachanwältin für Medizinrecht, Fachanwältin für Sozialrecht,
Rechtsanwältin
Neue Grünstr. 18, 10179 Berlin
Tel.: 030 – 263 955 - 0, Fax: 030 – 263 955 - 10
Email: [email protected]
Homepage: www.legalskills.de
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Rechtsfragen
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