Wir wollen die Ausbildung zur Altenpflege erhalten, weil wir den

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Wir wollen die Ausbildung zur Altenpflege erhalten, weil wir den
April 2016
Wir wollen die Ausbildung zur Altenpflege
erhalten, weil wir den Beruf
der Altenpflege erhalten wollen.
Unsere Position in der aktuellen Diskussion
des Pflegeberufegesetzes
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Termine
Editorial
Interne Termine im April 2016
06.04.
Tagung der Pflegedienstleitungen Westsachsen und Thüringen
in der NL Borna, Brauhausstraße 1
12.04.
Tagung der Pflegedienstleitungen ambulante Pflege Ostsachsen/
Berlin und Sachsen-Anhalt in Berlin **
13.04.
Tagung der Praxisanleiter aller Niederlassungen in Leipzig *
18.04.
Tagung der Qualitätsbeauftragten in Berlin **
21.04.
Tagung der Niederlassungsleitungen in Berlin **
26.04.
Tagung der verantwortlichen Pflegefachkräfte der Intensiv
pflege in Leipzig *
Impressum
Herausgeber
advita Pflegedienst GmbH
Kantstraße 151
10623 Berlin
Tel 030 4372730
Fax 030 437273114
[email protected]
Redaktion
Dr. Matthias Faensen
Milada Tupová-Faensen
Peter Fischer
Uli Schuppach
[email protected]
Fotos
advita Pflegedienst GmbH
Gestaltung
Petra Bott, Hanady Gamgoum
V. i. S. d. P.
Dr. Matthias Faensen
Seminare und Fortbildungen der advita Akademie
04.04.
»Kinästhetik Schnuppertag« in Leipzig *
04./05.04. »Deeskalation in schwierigen Pflegesituationen« in Berlin **
06.04.
»Beschäftigungsangebote bei schwerer Demenz« in Berlin **
06.04.
»Sterbebegleitung bei Demenz« im advita Haus Neumarktschule,
Neumarkt 51, Meißen
07./08.04. »Deeskalation in schwierigen Pflegesituationen« in Leipzig *
11./12.04. Grundkurs »Führung und Verantwortung« (Gruppe 2) in Berlin **
11./12.04. »advita Basiskurs« (2016-01 Block 2) in Leipzig *
14.04.
»Entbürokratisierung der Pflegedokumentation« in Leipzig *
14.04.
»Atmen und Bewegen für Rücken, Schultern und Nacken« in
Weinböhla ***
14./15.04. »Aufbaukurs Führung und Verantwortung bei advita«
(Gruppe 3) in Berlin **
18./19.04. »Kinästhetik Grundkurs« (2016-01 Block 1) in Leipzig *
25.04.
»Pflegerische Besonderheiten im Umgang mit Schmerzpatienten«
in Leipzig *
27.04.
»Prophylaxen – theoretischer Hintergrund« in Weinböhla ***
28.04.
»Portkatheterversorgung« in Leipzig *
* advita Haus Klangwerk, Leipzig-Stötteritz, Melscher Straße 7
** advita Zentrale in Berlin, Kantstraße 151
*** advita Haus Weinböhla, Dresdner Straße 93
Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
aus steuerrechtlichen Gründen mussten wir die Modalitäten zur Aufladung
der Bonuskarte umstellen und den Start der Einführung verschieben.
Diese Verzögerung bitten wir zu entschuldigen. Mit der Umstellung wird die
Bonuskarte seit Februar jeweils für den laufenden Monat aufgeladen.
Wir wünschen weiterhin viel Spaß mit Ihrer advita-Bonuskarte!
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
diese Ausgabe unseres advita Journals widmet sich
der sogenannten »generalistischen Ausbildung«.
Damit ist die Zusammenlegung der Ausbildungen
in der Altenpflege, der Krankenpflege und der
Kinderkrankenpflege zu einem einheitlichen Ausbildungsgang gemeint. Auf den folgenden Seiten
finden Sie viele Informationen und auch die Meinungen der einschlägigen Verbände in der
Altenpflege. Seit vielen Jahren wurde über dieses
Thema diskutiert, zweimal stand das Vorhaben
in einer Koalitionsvereinbarung der Regierungskoalitionen, jetzt soll der Gesetzgeber es umsetzen.
Wir meinen: Der Tag, an dem das geschieht, wird
ein schwarzer Tag für die Altenpflege sein.
Warum wir das meinen? Weil die Argumente der
Befürworter nicht zutreffen und weil die Altenpflege sich sehr gut entwickelt hat; auch die Ausbildung zur Altenpflege. Die Zahl der Ausbildungsplätze ist in den letzten Jahren stark angewachsen,
das Interesse an dem Beruf ist deutlich gestiegen –
ebenso das Ansehen des Berufes in der Öffentlichkeit.
Wohl müssen die Arbeitsbedingungen verbessert
werden, wohl müssen die Personalrelationen in den
Heimen erhöht werden, wohl muss die Vergütung
der Leistungen durch die Pflege- und Krankenkassen
verbessert werden, damit wir höhere Löhne
zahlen können. Das alles ist richtig. Wer sich aber
den Beruf der Altenpflege anschaut, wird gar keinen
Grund sehen, etwas am Beruf und an der Ausbildung zu ändern oder gar beides abzuschaffen.
Das Hauptargument für die generalistische Ausbildung ist die Hoffnung, dass bisherige Krankenschwestern und Altenpflegerinnen, wenn sie die
gleiche Berufsbezeichnung haben, auch das gleiche
Gehalt beziehen werden. Was für eine naive Illusion!
Schon heute zahlen wir in der ambulanten Pflege
Krankenschwestern und Altenpflegerinnen das
gleiche Gehalt. Denn die Höhe des Gehaltes hängt
nicht von deren Beruf ab, sondern von den
Verträgen, die wir mit den Pflege- und Krankenkassen
und den Sozialämtern schließen. Nicht Krankenschwestern und Altenpflegerinnen erhalten unterschiedliche Gehälter, sondern Krankenhäuser und
Pflegeeinrichtungen haben unterschiedliche Verträge,
die ihnen die unterschiedlichen Gehaltszahlungen
aufzwingen. Eine Folge der Zusammenlegung der
Ausbildungen wird sein, dass eine Auszubildende
nur noch wenige Wochen im Jahr im Ausbildungsbetrieb arbeiten wird. Stattdessen wird sie über
diverse Stationen rotieren müssen. Und nirgends
wird sie sich richtig einleben, die Arbeitsabläufe
wirklich kennenlernen und Vertrauensbeziehungen
zu erfahrenen Kolleginnen aufbauen können.
Bei uns hat etwa die Hälfte der Auszubildenden
vorher als sogenannte »Pflegehilfskräfte« gearbeitet. Wir schätzen diese Auszubildenden sehr.
Sie kennen ihre Berufspraxis bereits, ihre Entscheidung zur weiteren Qualifizierung ist eine überlegte,
auf Erfahrung fußende Zukunftsentscheidung.
Sie nehmen die Ausbildung ernst und sind später
engagierte Fachkräfte in unseren Einrichtungen.
Werden sie die Ausbildung beginnen, wenn sie
davon ausgehen müssen, dass sie die meiste Zeit
gar nicht in ihrem Betrieb sein werden, in dem sie
schließlich all die Jahre zufrieden waren und sich
zu Hause fühlen? Kleinere Pflegeeinrichtungen
werden sich den organisatorischen Aufwand, der
zukünftig mit der Ausbildung und den vielen Stationen für die Praxiseinsätze verbunden sein wird,
nicht leisten können und schlichtweg aufhören, auszubilden. Das wird die Ausbildungskapazitäten
in den Einrichtungen, insbesondere in der ambulanten
Altenpflege, reduzieren.
Wir fürchten, dass nicht nur die Ausbildung, sondern mit ihr auch der Beruf der Altenpflege verschwinden wird. Und damit all die Besonderheiten,
Qualifikationen und Einstellungen, die für die
Altenpflege, und das heißt, für die Menschen, die
auf die Altenpflege angewiesen sind, so wichtig, so
unentbehrlich sind.
Wir hoffen, dass die Argumente der Vielen, die
sich für den Erhalt der Altenpflege einsetzen,
die politischen Entscheidungsträger am Ende doch
noch überzeugen werden.
Ihr Dr. Matthias Faensen
im Namen der Geschäftsführung
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Ausbildungsreform
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Die Auszubildenden von heute sind die Fachkräfte von morgen!
Durch die Einführung der sozialen Pflegeversicherung kam es ab 1995 zu einem Anstieg des Bedarfs
an qualifiziertem Pflegepersonal. Einhergehend mit
der Zunahme älterer und pflegebedürftiger Menschen und demenziellen Erkrankungen veränderten
sich auch die Anforderungen an die Altenpflege.
Am 1. August 2003 trat das Altenpflegegesetz
(AltPflG) in Kraft. Dadurch wurde die Altenpflegeausbildung für alle Bundesländer einheitlich
geregelt. Ziel war es, dem Beruf ein klareres Profil
zu geben, ein einheitliches Ausbildungsniveau zu
erzielen und das Berufsbild attraktiver zu gestalten.
In dieser Ausgabe unseres advita Journals beschäftigen wir uns mit dem Thema Ausbildung und
insbesondere mit der durch die Bundesregierung
geplanten generalistischen Ausbildung.
Zunächst werfen wir mal einen Blick zurück.
In den Nachkriegs- und Wirtschaftswunderjahren
waren Altenpflegeheime knapp, die Zahl alter und
behinderter Menschen stieg. Frühere Strukturen in
Familien, die bisher ihre Familienangehörigen
pflegten, existierten nicht mehr. Krankenpflegepersonal stand auch nicht genügend zur Verfügung.
Entsprechend suchte man jetzt vor allem weibliche
Arbeitskräfte für die Pflege alter Menschen. Es
herrschte damals die Vorstellung, dass Frauen eine
Naturbegabung zur Pflege hätten, folglich hielt man
eine spezielle Ausbildung nicht für notwendig.
Obgleich bereits Florence Nightingale 1860 eine
Pflegeschule gründete und deutlich machte, dass
Pflege neben handwerklichen Fähigkeiten auch
theoretisches Wissen erfordert. Noch heute wird
ihr Geburtstag, der 12. Mai, als internationaler Tag
der Pflegenden zelebriert.
Erste Voraussetzungen für den Altenpflegeberuf
wurden in Deutschland erst Ende der 50er Jahre
geschaffen. Einige konfessionelle Einrichtungen
begannen damit, für ihre Altenpflegerinnen
betriebsinterne Schulungen durchzuführen. Die
Lehrgangsdauer betrug seinerzeit wenige Wochen
bis maximal sechs Monate.
Die Ausbildung zum Altenpfleger und zum Altenpflegehelfer wurde erstmals 1969 durch Allgemeine
Prüfungsordnungen (APO) auf Landesebene geregelt. Die Schaffung eines Berufsbildes für diesen
sozialpflegerisch orientierten Beruf wurde damit
vorangebracht.
Nach Gründung des Deutschen Verbandes für
Altenpflege (DBVA) in den 70er Jahren wurde der
Ausbildungsgang in fast allen Bundesländern auf
zwei Jahre erweitert.
In den 80er Jahren formulierte der DBVA das Berufsbild für staatlich anerkannte Altenpfleger/-innen.
Hierbei floss das Berufsverständnis der Altenpflege
– eine Mischung aus Lebensbegleitung, medizinischer Betreuung, Hauswirtschaft, Hotelservice
und individueller Kundenbetreuung – mit ein.
Ende der 90er Jahre kam es bundesweit zur Durchsetzung der dreijährigen Altenpflegeausbildung und
dazu, dass Altenpflegekräfte wie Gesundheits- und
Krankenpflegekräfte medizinische Behandlungspflege im Arztauftrag durchführen.
Der Ausbildungsberuf zum Altenpfleger heute
Die Ausbildung in der Altenpflege ist bundesweit
einheitlich durch das genannte Gesetz geregelt und
zielt darauf ab, Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten zu vermitteln, die zur selbstständigen und
eigenverantwortlichen Pflege einschließlich
Beratung, Begleitung und Betreuung der älteren
Menschen erforderlich sind. Die Ziele sind im
Altenpflegegesetz aufgezählt. Die Ausbildung dauert
danach drei Jahre. Sie kann jedoch auch in Teilzeitform durchgeführt werden und dauert in diesem
Fall vier Jahre.
Die Ausbildung umfasst theoretischen und praktischen Unterricht in einer Altenpflegeschule sowie
die praktische Ausbildung in einem Heim, einer
stationären Pflegeeinrichtung oder in einer ambulanten Pflegeeinrichtung (ambulanter Pflegedienst).
Unterricht und praktische Ausbildung wechseln sich
meist in mehrwöchigen Blöcken ab, wobei der
Anteil an der praktischen Ausbildung überwiegt.
Kenntnisse und Fähigkeiten aus einer anderen
abgeschlossenen Ausbildung, insbesondere in der
Pflege, können angerechnet werden. Auf Antrag
kann die Dauer der Ausbildung in der Altenpflege
verkürzt werden. Es gibt außerdem die Möglichkeit,
eine Berufsfachausbildung als Altenpfleger/-in mit
einem Hochschulstudium zu kombinieren.
Zahlen und Fakten
Die Zahl der Auszubildenden in der Altenpflege ist
in den letzten Jahren stetig angestiegen. Auch die
Zahl der Beschäftigten insgesamt ist seit 2000 weiter
angestiegen. Trotzdem stellt sich die Frage, ob wir
den Bedarf an Fachkräften für unsere Branche in
Zukunft, auch in Hinblick auf die generalistische
Ausbildung, decken können. Laut Arbeitsmarktbericht (Dez. 2015) der Bundesagentur für Arbeit
registrierte die Branche Pflege und Soziales im
Oktober 2015 ein Plus von 93.000 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigen. Im Vergleich zu
anderen Branchen der absolut größte Wert im
Vergleich zum Vorjahr.
»Jede siebte neue sozialversicherungspflichtige
Beschäftigung ist im letzten Jahr im Bereich Pflege
und Soziales entstanden. Damit ist diese Branche
Jobmotor Nummer eins in Deutschland«, erklärte
Rainer Brüderle, Präsident des bpa Arbeitgeberverbandes in einer Pressemitteilung des Verbandes
vom 11. Januar 2016. Und weiter: »In der Pflege
entstehen die sichersten Arbeitsplätze der nächsten
Jahrzehnte. Es steht also besser um die Berufsaussichten im Pflege- und Sozialbereich als es von
vielen Seiten oft suggeriert wird, wenn hier einerseits immer mehr Jobs entstehen und sich andererseits immer mehr Menschen für genau diesen Beruf
entscheiden.«
Reform der Pflegeberufe
Trotz der eigentlich positiven Zahlen seit einigen
Jahren wird weiterhin über die Reform der Pflegeberufe diskutiert. Hierbei haben sich verschiedene
Gruppen herauskristallisiert:
Die Befürworter der generalistischen Ausbildung,
die eine Zusammenlegung der drei Ausbildungsberufe präferieren (Altenpfleger/-in, Gesundheitsund Krankenpfleger/-in und Gesundheits- und
Kinderkrankenpfleger/-in).
Die Gruppe derer, die einer integrierten Pflegeausbildung – gemeinsame Grundausbildung von
(1,5–2 Jahren) und anschließender Spezialisierung
mit entsprechendem Abschluss – den Vorzug geben.
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Ausbildungsreform
Und diejenigen, die den enormen Kosten- und
Reformaufwand für verfehlt halten und lieber direkt
in die Gewinnung von Fachkräften investieren und
die Durchlässigkeit erhöhen würden, indem mehr
Altenpflegekräfte auch in Krankenhäusern und
Krankenpflegekräfte in Pflegeheimen eingesetzt
werden.
Einig sind sich dabei alle: Es sind gemeinsame
Anstrengungen notwendig, damit der Pflegeberuf
an Attraktivität gewinnt und somit der Fachkräftemangel in der Pflege abgebaut wird.
Die Reform hin zu einer generalistischen Ausbildung
in der Pflege hat derzeit die Nase vorn.
Was ist die generalistische Pflegeausbildung?
Blicken wir noch mal auf das Ziel, das mit dem am
1. August 2003 in Kraft getretenen Altenpflegegesetz (AltPflG) avisiert war, zurück: Ziel war es, dem
Beruf ein klareres Profil zu geben, ein einheitliches Ausbildungsniveau zu erzielen und das
Berufsbild attraktiver zu gestalten.
Wenn man sich nur die Zuwächse der Altenpflegeberufe ansieht, ohne die steigende Zahl der Pflegebedürftigen und den damit verbunden Fachkräftebedarf dagegen zu rechnen, könnte man sagen, das
Ziel, das man sich damals gesetzt hat, wurde
durchaus erreicht.
Das Kabinett hat am 13. Januar 2016 ein Pflegeberufsreformgesetz verabschiedet, das eine einheitliche Ausbildung für alle Pflegebereiche vorsieht.
Warum eine Reform?
Die Bundesregierung hält aufgrund der demografischen Entwicklungen (Frachkräftemangel, sinkende
Schulabgängerzahlen) sowie der sich verändernden
pflegerischen Anforderungen und den damit
verbundenen steigenden Anforderungen an die
Ausbildung eine Anpassung bzw. Reform der
Ausbildung in den Pflegeberufen für notwendig.
Sie definiert dabei drei Reform-Ziele:
1. Steigern der Attraktivität der Ausbildung
2. Steigern der Einsatzflexibilität und Mobilität
3. Erhöhen der Ausbildungsqualität
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Die im AltPflG und im KrPflG geregelten Ausbildungen werden zusammengeführt. Dadurch soll ein
transparentes und durchlässiges Aus- und Weiterbildungssystem geschaffen werden. Bestehende
Ausbildungsstrukturen dienen als Basis für den
neuen Ausbildungsberuf »Pflegefachfrau/Pflegefachmann«. Mit Einführung einer gemeinsamen und
einheitlichen Finanzierung wird die Ausbildung für
Auszubildende kostenfrei. Schulgeld würde dann in
keinem Bundesland mehr erhoben.
Wie sieht die praktische Umsetzung aus?
Die neue Pflegeausbildung ist eine dreijährige Fachkraftausbildung mit Unterricht an Pflegeschulen
sowie praktischer Ausbildung. Bei der praktischen
Ausbildung können die Auszubildenden einen Schwerpunkt wie beispielsweise Altenpflege wählen, der
auch auf dem Abschlusszeugnis als »Vertiefungseinsatz« ausgewiesen wird. Die Ausbildung ist, wie
bisher auch, in Teilzeit möglich und dauert dann
vier Jahre.
Grundsätzlich ist der Ausbildungsbetrieb (Träger der
Ausbildung) für die gesamte praktische Ausbildung
inkl. Praxisanleitung verantwortlich. Wobei der
Mindestumfang der Praxisanleitung mit 10 % der
Ausbildungszeit des jeweiligen praktischen Einsatzes erstmals verbindlich vorgegeben ist. Für die
neue Ausbildung benötigt man einen mittleren
Schulabschluss oder eine zehnjährige allgemeine
Schulbildung. Möglich ist die Ausbildung auch für
diejenigen, die einen Hauptschulabschluss haben,
wenn sie über weitere Qualifikationen verfügen
(z. B. erfolgreich abgeschlossene einjährige Ausbildung in der Pflegeassistenz).
Am 1. Januar 2019 könnte der erste Jahrgang des
neuen Ausbildungsberufs frühestens starten. Denn
nach der Verabschiedung des Pflegeberufsreformgesetzes brauchen Pflegeschulen und Ausbildungsbetriebe hinreichend Zeit, um sich auf die neue
Ausbildung einzustellen. Auch Musterrahmenausbildungs- und -lehrpläne müssen noch erarbeitet
werden.
Stefan Brümmer, Bereichsleiter Berlin, Brandenburg,
Sachsen-Anhalt
Gerrit Buchhorn, Leiter Personal
Marie-Luise Mangelsdorf, Leiterin advita Akademie
Positionen von Berufsverbänden –
Was für und gegen die Generalistik spricht
Bewerberzahl
wird
einbrechen
DBVA
Deutscher Berufsverband für Altenpflege e. V.
Der DBVA argumentiert auf der Ebene der
Qualität und Attraktivität der Ausbildung. Drei
hochqualifizierte Fachberufe in gleicher Zeit zu
einem Beruf auszubilden, ist ohne Kompetenzverlust nicht möglich, sagt der DBVA. Es werden
nach drei Jahren nicht nur schlechter Ausgebildete, sondern wahrscheinlich auch weniger
Berufsanfänger, insbesondere in der Altenpflege,
zur Verfügung stehen. Die Konsequenzen für die
ohnehin schon schwierige Personalsituation sind
abzusehen, argumentiert der DBVA.
Ziel
muss sein, die
Pflegeausbildung
weiterzuentwickeln
DBfK
Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe
Positiver Impuls zur Weiterentwicklung und
Modernisierung der Pflegeausbildung. Die
Ausbildung regelhaft auch an Hochschulen als
zweiten Berufszugang zu eröffnen, ist eine
wichtige Weichenstellung angesichts der
gestiegenen Anforderungen an die pflegerische
Versorgung und ein Schritt hin zur Normalität
in den anderen EU-Staaten. Ziel der Gesetzesreform muss sein, die Pflegeausbildung weiterzuentwickeln, damit die Absolventen auf die
qualitativen Anforderungen des Berufes gut
vorbereitet werden und den Beruf möglichst
lange ausüben können und wollen, so die
Argumentationslinie des DBfK.
Schlimmste
Befürchtungen
werden wahr
VDAB
Verband Deutscher
Alten- und Behindertenhilfe e. V.
Das Ziel der generalistischen Pflegeausbildung
sei eine höhere Attraktivität und ein moderneres
Berufsbild – aufgegeben werden jahrzehntelang
gewachsene und hochspezialisierte Berufe.
Die Opfer sind die Pflegebedürftigen, die Spezialkenntnisse für eine individuelle Versorgung in
Zukunft mehr denn je brauchen, und die Pflegeeinrichtungen, denen ein zusätzlicher Engpass
bei den Fachkräften gepaart mit erhöhter Bürokratie zugemutet wird, so die Sicht des VDAB.
Gesamtkompetenz
der Pflegenden
dringend nötig
DPV
Deutscher Pflegeverband e. V.
Der Deutsche Pflegeverband begrüßt den Entwurf zur Ausbildungsreform. Insbesondere im
Hinblick auf die zunehmende Multimorbidität
älterer Menschen in Altenpflegeheimen und
Patienten mit eingeschränkter Alltagskompetenz
in Krankenhäusern ist eine Gesamtkompetenz
der Pflegenden dringend erforderlich. Krankenpfleger müssen immer mehr Kenntnisse im
Umgang mit Demenzkranken mitbringen,
Altenpfleger dagegen benötigen mehr medizinisch-pflegerisches Know-how.
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Interview
generalistische Pflegeausbildung
Die Position unseres Verbandes,
dem Bundesverband privater Anbieter
sozialer Dienste e. V. (bpa)
Interview mit dem Bundesgeschäftsführer Bernd Tews zur geplanten
generalistischen Pflegeausbildung
Ein wesentliches Argument der Befürworter der
generalistischen Ausbildung sind die Gehaltsunterschiede zwischen Kranken- und Altenpflege. Sehen
Sie eine Chance, dass sich die Gehälter der Altenpflege an die der Krankenpflege angleichen werden, wenn es eine einheitliche Ausbildung gibt?
Bernd Tews, Bundesgeschäftsführer des bpa
Seit vielen Jahren wird über eine neue Ausrichtung
der Pflegeberufe gesprochen. Nun berät der
Gesetzgeber über eine generalistische Ausbildung
der Pflegeberufe. Was ist die Position des bpa zur
generalistischen Pflegeausbildung?
Die Generalistik als Zusammenführung dreier
Pflegeberufe zu einem – bei gleicher Ausbildungsdauer – ist der Anfang von fehlender Spezialisierung
und gleichzeitig das Ende der Altenpflege. Fachwissen und -kompetenzen werden flachem Breitenwissen geopfert – das gilt natürlich auch für die Kranken- und besonders für die Kinderkrankenpflege.
Leidtragende werden schließlich die Pflegebedürftigen, die Einrichtungen und die Pflegekräfte sein.
Wer sich zukünftig für die Altenpflege entscheidet,
soll die Inhalte der zwei anderen Berufe miterlernen
und ist am Ende obendrein für seinen Wunschberuf
nicht ausreichend qualifiziert. Den zukünftigen
Fachkräften fehlt das notwendige Fachwissen und
die Praxiserfahrung. Sie sind auf ihre Aufgaben nach
der Ausbildung nicht annährend so gut wie heute
vorbereitet. Im Gegenteil: Sie sind überfordert und
müssen sich auf eigene Kosten nachqualifizieren.
Die Vertreter dieser Hypothese tun so, als wäre die
Berufsbezeichnung für die Gehaltsunterschiede
verantwortlich. Richtig ist, dass in der Altenpflege
Krankenpflegekräfte und Altenpflegekräfte gleichwertig entlohnt werden. Richtig ist auch, dass es ein
Gehaltsgefälle zwischen den Krankenhäusern, die
besser zahlen, und der Altenpflege gibt. Das liegt an
den Kostenträgern in der Altenhilfe, den Pflegekassen und an den Sozialhilfeträgern. Insbesondere
die am Verhandlungstisch sitzenden Sozialhilfeträger, die Kommunen, Städte und Länder sehen sich
regelmäßig außerstande, höhere Pflegesätze zu
vereinbaren, denn die Pflegeversicherung übernimmt, anders als die Krankenversicherung, nur
einen Teil der Pflegekosten. Folglich werden die
Pflegebedürftigen und die Sozialhilfeträger den
Löwenanteil tragen müssen. In der Krankenversicherung zahlt alles die Krankenversicherung. Dort
gibt es kaum Widerstände bei der Berücksichtigung
besserer Gehälter.
Wenn hier eine Angleichung gewünscht ist, ist der
Gesetzgeber in der Pflicht. Er muss die Kostenträger
per Gesetz zur Gleichbehandlung zwingen. Mit der
Ausbildung hat das überhaupt nichts zu tun.
Die aktuellen Ausbildungs- und Beschäftigungszahlen für die Pflegeberufe (Altenpflege) liegen uns
vor. Sie zeigen einen ständigen Anstieg, auch der
Zahl der Auszubildenden. Welche Auswirkungen
könnte Ihrer Meinung nach die generalistische
Ausbildung darauf haben?
In den letzten Jahren sind die Ausbildungsplatzzahlen in der Altenpflege stetig zweistellig angestie-
gen. Nicht zuletzt durch die Ausbildungs- und
Qualifizierungsoffensive konnte die Zahl der Ausbildungseintritte in die Altenpflegeausbildung allein in
den Jahren 2012/2013 von 23.418 auf 26.740 Eintritte
in den Jahren 2013/2014 angehoben werden. Diese
positiven Entwicklungen werden durch die generalistische Ausbildung aufs Spiel gesetzt: Nach einer
Expertise der Hans-Weinberger-Akademie werden
über 50.000 Ausbildungsplätze verloren gehen.
Weder die Kranken- noch die Kinderkrankenpflege
ist in der Lage, ausreichend Ausbildungskapazitäten
für die zukünftigen Praxiseinsätze der Auszubildenden aus der bisherigen Altenpflege zur Verfügung
zu stellen. Die Altenpflegeeinrichtungen sollen die
volle Verantwortung und die komplizierte Koordination für eine Ausbildung mit diversen Praxisorten
übernehmen. Gleichzeitig wird die Praxisdauer im
Ausbildungsbetrieb bis auf die Hälfte reduziert.
Umlageverfahren und Ausbildungssystem werden
für kleinere Einrichtungen und Dienste eine kaum
überwindbare Hürde darstellen. Eindeutig ist daher,
dass die Zahl der Ausbildungsplätze und der Ausbildungsbetriebe deutlich zurückgehen wird.
Aus dem/der Altenpfleger/-in, der/dem Krankenschwester/-pfleger und der/dem Kinderkrankenschwester/-pfleger soll ein Beruf werden. Aus drei
mach einen Beruf. Was wird Ihrer Meinung nach
die Folge für die Versorgungsqualität sein?
Das hohe Niveau der Versorgungsqualität wird
deutlich sinken. Die Inhalte aller drei Ausbildungsberufe unterscheiden sich, und die Altenpflege wird
zum Anhängsel der Krankenpflege. Die erforderlichen Kenntnisse über die Gerontologie, Geriatrie
und Gerontopsychiatrie treten ebenso in den
Hintergrund wie die Erfahrungen im Umgang mit
Demenzkranken, Leistungen und Konzepte oder
Versorgungsformen der Pflegeversicherung. Die
Altenpflege und die Kinderkrankenpflege werden
der EU-Richtlinie, welche die internationale Anerkennung der Krankenpflege sichert, unterworfen.
Krankenschwestern wiederum sind besonders für
die Akutpflege, die Behandlungspflege und die
Unterstützung der Ärzte qualifiziert. Wird die
Ausbildung wie geplant an deren Ausbildungsinhalten ausgerichtet, können Schwerpunkte der Altenpflege wie die Betreuung, die Pflegeplanung, die
Betreuung demenziell Erkrankter oder die sozialpflegerischen Aufgaben nicht mehr gesetzt werden.
Zukünftige Pflegefachkräfte sind weder theoretisch
noch praktisch auf die Altenpflege und die Versorgung dieser wachsenden Gruppe richtig vorbereitet.
Um Fachkräfte zu gewinnen, muss der Beruf
attraktiv sein. Trauen Sie der Generalistik eine
Attraktivitätssteigerung des Pflegeberufes zu?
Wird die Tätigkeit in der Altenpflege nun attraktiver?
Die Zusammenlegung der Berufe soll die Pflegeausbildung attraktiver machen. Belege für diese These
gibt es nicht. Im Gegenteil: Zwei internationale
Studien bestätigen den Mangel an Fachkräften in der
der Altenpflege in Ländern mit Generalistik. Zudem
belegen Umfragen, dass insbesondere Auszubildende
in der Altenpflege und der Kinderkrankenpflege
sich zu nahezu 90 Prozent gezielt für diesen Beruf
entscheiden und über ein Drittel die Ausbildung
bei Generalistik nicht mehr antreten würde. Wenn
die Auszubildenden sich die fehlende Spezialisierung
erst nach der Ausbildung und auf eigene Kosten
aneignen können, ist das kontraproduktiv und hemmt
die Attraktivität der neuen Ausbildung. Zudem
ändert eine Ausbildungsreform allein nichts daran,
dass unter anderem zu wenig Personal für zu viele
pflegebedürftige Menschen zuständig ist, dass kaum
Zeit für zwischenmenschliche Kontakte zwischen
Pflegekraft und zu Pflegenden bleibt oder dass die
Pflegevergütung unangemessen ist. Hier liegen
die eigentlichen Herausforderungen. In der Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive, an der
neben den Ministerien und den Kranken- sowie Pflegekassen alle wesentlichen Akteure beteiligt waren,
bestand darüber auch Einigkeit.
Herr Tews, wir danken Ihnen für das Gespräch.
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10
Intensivpflege
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Wachkoma
Teil 3
Die Facio-Orale Trakt-Therapie nach Coombes
Die Facio-Orale Trakt-Therapie (F.O.T.T.) nach
Coombes basiert auf der Basis des Bobath-Konzeptes.
Probleme des Patienten
Unsere Wachkoma-Patienten sind in ihren willkürlichen Bewegungen stark eingeschränkt. Dadurch
sind die Voraussetzungen für normales Spüren und
Bewegen nicht gegeben. Es treten häufig Probleme
bei der Atmung, beim mimischen Ausdruck sowie
bei der Kiefer- und Mundöffnung auf. Daraus folgt
eine starke Beeinträchtigung beim Schlucken, eine
willkürliche Stimmbildung; Sprechen, Essen und
Trinken sind nicht oder sehr erschwert möglich.
Die anhaltenden Probleme verändern den Tonus
und die Bewegungsfähigkeit. Dadurch wird die
Schulter-, Nacken- und Kopfposition beeinträchtigt,
was wiederum Auswirkungen auf die Kiefer- und
Zungenbeweglichkeit hat. Daraus ergeben sich
Zahnveränderungen, die den Mundschluss verhindern kann. Die Folge daraus ist eine Mundatmung
und das Austrocknen der Mundschleimhaut.
Pflegerische Therapie
Die Anwendung findet zwei- bis fünfmal wöchentlich statt. Es wird hier versucht, einen physiologischen Reiz zu setzen und eine Verbesserung der
Funktionen zu erreichen.
Bereiche, in denen wir tätig werden können und
erwünschte Ziele:
>Nahrungsaufnahme
>nonverbale Kommunikation
>Mundhygiene
>Vertiefen der Atmung
>Verbesserung des Speichelschluckens
>gute Spürerfahrungen und taktile Reize im
Facio-Oralen Trakt geben
>Erarbeitung von Hilfen zur Durchführung einer
strukturierten Mundhygiene
Es ist während der Therapie vom normalen Zustand
auszugehen. Normale Bewegungsabläufe sind zu
beobachten und Abweichungen sind wahrzunehmen.
Alle Pflegekräfte, die an der Versorgung beteiligt
sind, sollten Selbsterfahrungen sammeln, um für
sich herauszufinden, was unangenehm und angenehm ist. So kann das eigene Handeln beurteilt und
eingeschätzt werden. »Mache nichts am Patienten,
was Dir selber unangenehm ist!«
Fragen in der Selbsterfahrung:
>Wie möchte ich selbst im Gesicht, Mund und Hals
berührt werden?
>Gibt es hilfreiche Lagerungspositionen?
>Wie möchte ich selbst gelagert werden?
>Was empfinde ich als hilfreich, wenn mir die Möglichkeit genommen wird, mein Gesicht
selbstständig zu berühren?
>Welche taktile Unterstützung hilft mir beim
Schlucken?
>Welche Hilfen möchte ich, wenn mein Mund voll
mit Speichel ist und ich diesen nicht schlucken
kann?
>Wie soll der Speichel aus meinem Mund entfernt
werden?
>Welche Unterstützung möchte ich bei einem
Hustenanfall?
>Wie möchte ich, dass meine Zähne geputzt werden und meine Mundpflege durchgeführt
wird?
Trachealkanülenmanagement in der F.O.T.T.
Der Vorteil des Vorhandenseins der Trachealkanüle
ist der, dass das Sekret und Speisen im Fall der
Aspiration abgesaugt werden können und die Folge
einer Aspirationspneumonie verhindert bzw. die
Gefahr minimiert wird. Grundsätzlich ist die Trachealkanüle Segen und Fluch zur gleichen Zeit.
Mit der richtigen Kanüle für den Patienten ist eine
gute Anwendung der Facio-Oralen Trakt Therapie
möglich. Folglich sollte der Hals-Nasen-Ohrenarzt in
Absprache mit dem versorgenden Home CareUnternehmen bzw. dem vor Ort tätigen Medizinprodukteberater die Kanüle an den Patienten und die
Maßnahmen in der Therapie anpassen. Durchaus ist
es auch möglich, mehrere Kanülen zu nutzen und
diese je nach Anforderungen der Therapie oder des
Alltags zu wechseln.
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Durchführung
Das Berühren und die Versorgung unserer Patienten
im Gesicht wird mit zwei Händen durchgeführt. Die
erste Hand gibt Kontakt und die zweite Hand führt
die Bewegungen aus.
Es ist wichtig, alle Bewegungen ruhig, langsam und
gleichmäßig durchzuführen.
Der Kieferkontrollgriff
Durch die fehlende Rumpf- und Kopfkontrolle hat
der Patient keinen stabilen Unterkiefer. Der Kieferkontrollgriff wirkt stabilisierend.
Kontrollgriff bei korrekter
Kopfhaltung (Hemiplegie rechts)
Kontrollgriff bei unkontrollierter
Kopfhaltung (Hemiplegie rechts)
Quelle: http://www.alter-nativ.net/wDeutsch/images/referate/
presbyphagie-01.gif
Die Mundstimulation
Der Mund wird in vier Quadranten eingeteilt,
welche nacheinander stimuliert werden.
Während der Behandlung wird der Kiefer durch den
Kieferkontrollgriff stabilisiert und ein Mundschluss,
wenn er nicht selbständig durch den Patienten
ausgeführt werden kann, passiv ausgeübt.
Das Vorgehen
1. Kontaktaufnahme mit Einbeziehung der Hände
und der Initialberührung
2. Der Patient soll beide Hände spüren, damit ihm
Sicherheit durch das Umschließen der Hände
vermittelt wird.
3. Beginnend an der Stirn und Augenbrauen wird
langsam zur Wange des Patienten getastet.
4. Beide Seiten des Gesichtes werden bearbeitet.
5. Der Zeigefinger des Patienten wird in das bereit stehende Wasser oder die Flüssigkeit getaucht.
Somit spürt der Patient, was ihn erwartet.
Temperatur und Beschaffenheit der Flüssigkeit
werden vermittelt.
6. Der eigene befeuchtete kleine Finger wird
Richtung Mund geführt.
7.Langsam wird damit über die Lippen gestrichen und dadurch Vertrauen aufgebaut.
8. Wenn die Bereitschaft des Patienten vorhanden
ist und dieser die Berührung im Mund zulässt,
massieren wir dreimal die Wangentasche. Diesen Vorgang wiederholen wir auf beiden
Seiten des Mundes mehrfach.
9. Der Mund wird geschlossen und die Reaktion des Patienten abgewartet. Der Schluckvorgang
wird beobachtet, ob ggf. ein Absaugen notwen dig wird. Anschließend ist die Durchführung der Anwendung beendet.
10.Der Mund wird wieder geöffnet und durch lang-
sames Bewegen wird sich zur Zunge des Patienten
vorgearbeitet, um dort die Stimulation fort- und
eine Mundpflege durchzuführen.
11.Zum Schluss wird der Gaumen fest berührt und der Mund wieder geschlossen.
Der Patient bestimmt die Länge der Anwendung.
Es ist ihm erlaubt, die Anwendung jederzeit zu
unterbrechen. Aus diesem Grund ist eine genaue
Patientenbeobachtung zwingend notwendig.
Jegliche äußere Störfaktoren sind für die Zeit der
Anwendung zu vermeiden oder zu minimieren.
Die Mundhygiene sollte in gleicher Reihenfolge
stattfinden. Zusätzlich wird die Zahnbürste unter
Einsatz eines leichten Druckes von hinten nach
vorne geführt, vom Zahnfleisch zum Zahn und über
die äußeren Flächen. Jeder Quadrant des Mundes
nacheinander. Danach wird der Mund mit der
Stabilisation des Kieferkontrollgriffes langsam unter
festem Druck abgetupft.
André Kaps,
Fachbereich Intensivpflege
12
DEMENZ
13
Menschen mit Demenz auf Augenhöhe
begegnen – Umgang mit aggresivem Verhalten
»Das is’ ne alte Sau, rotz nich’ so rum!«
»Die dort kann nich’ alleene fressen, guck wie faul die is’.«
»Bleibe sitz’n, hörste, setz dich endlich off dein’ Arsch!«
Aggressive Gefühle und aggressives Verhalten
zeigen sich oft bei dementen Menschen.
Neben der kognitiven Desorientierung verändern
sich auch das Erleben, das Befinden, die Stimmung
und die Gefühle. Wir müssen die Person in ihrer
Ganzheit wahr- und ernstnehmen.
Ich möchte an den letzten Bericht anschließen, der
da endete: »Können Sie sich einfühlen?«
Was machen wir, wenn Menschen mit Demenz ihre
Mitmenschen derart beschimpfen? Können wir uns
auch in diesen Situationen einfühlen, sie verstehen,
wenn sie ein Verhalten zeigen, welches nicht den
Normen entspricht?
Zugegeben, dieses »auffällige« Verhalten ist manchmal schwer nachzuvollziehen. Hier gelangen wir oft
schnell an unsere Grenzen.
Aggressivität bei Demenz kann viele Ursachen haben.
Eine der möglichen Ursachen ist die Krankheit
selbst. Diese Menschen spüren, dass sie viele ihrer
Fähigkeiten verlieren, ihnen viel genommen wird. In
der ersten Phase der Demenz hadern sie mit ihrem
Schicksal. Der Sinn des Lebens, der rote Faden geht
langsam verloren. Zukunftspläne müssen verabschiedet werden. Träume können nicht mehr erfüllt
werden. Das Leben verändert sich. Ein Umzug in
eine Einrichtung hat hierauf auch immense Auswirkungen. Das macht Angst, hilflos, wütend und
aggressiv. Hilflosigkeit macht sich breit, wenn das
soziale Netz reißt, altbekannte Rituale nicht mehr
gelebt werden können, Fähigkeiten abhandenkommen, selbst wenn Toiletten nicht mehr gefunden
werden oder das eigene Zimmer, weil alles neu und
fremd ist oder der Weg dahin einfach in Vergessenheit geraten ist oder auch nur die Orientierung
fehlt, selbst wenn man wie gewohnt nicht mehr die
Ruhe findet, die sonst immer so wichtig war. Ist es
dann verwunderlich, wenn Menschen mit Demenz
aus Zorn und Hilflosigkeit über ihr eigenes Schicksal
anderen gegenüber aggressiv werden, sprichwörtlich »aus der Haut fahren« oder um sich schlagen?
Jeder, der ihnen in den Weg kommt, wird für die
Situation verantwortlich gemacht. Hier ist es
wichtig zu wissen, dass wir nicht persönlich für
deren Wut und Aggressivität verantwortlich gemacht werden.
In diesem Fall müssen wir uns diese »Gewalttätigkeiten« von ihnen verbitten. Klare Regeln benennen, Grenzen aufzeigen, Respekt verlangen. Natürlich ist eine kongruente Sprache für diese Menschen
sehr wichtig. Pflegende, die hier Angst zeigen,
haben in ihrer Arbeit keinen Erfolg.
Hilfe können wir in diesem Fall anbieten, indem wir
diese Person liebevoll begleiten und ihr Zeit geben.
Es ist aber auch hier genauso wichtig, die Gefühle
hinter dem Zorn zu benennen und zu thematisieren.
Eine weitere Ursache für aggressives Verhalten
kann in dem Wesen des Menschen selbst liegen.
Wenn ein Mensch ein Leben lang seine Umwelt als
schlecht empfand und diese beschimpfte, wird er
dies auch mit Wahrscheinlichkeit in seiner Demenz
beibehalten. Hier gilt es ebenfalls, klare Regeln
einzuführen, Grenzen aufzuzeigen, Respekt zu
verlangen. Frau M. reagiert auf jeden, der sie
anschaut: »Was guckst’n so?« Dabei legt sie ihre
Stirn in Falten, ihre Augen werden kleiner, ihre
Stimme wird härter. Ihre Mitmenschen reagieren oft
nicht auf ihre Worte, dann setzt sie noch folgende
Worte nach: »Guck nicht so blöd!« und streckt ihre
Zunge raus. Es kann sein, dass sich in dieser Situation ein altes Gefühl (DDR- Vergangenheit, »sich
beobachtet fühlen«) mit der aktuellen Situation
vermischt. Das macht durchaus unsicher und auch
wütend. Nicht zu wissen, was der andere über mich
denkt, an mir sieht und entdeckt. Vielleicht meine
möglichen Fehler oder Unzulänglichkeiten?
Eine hohe Körperspannung oder Erregung können
ebenfalls Ursachen für Aggressionen sein.
Herr R. sitzt gemeinsam mit allen Tagesgästen am
Tisch und will sein Mittagessen einnehmen. Im
Raum sitzen alle Tagesgäste, die Mitarbeiter sorgen
für das leibliche Wohl der Gäste. Es ist ein reges
Treiben zu sehen. Neben Gesprächen und dem
Klappern des Geschirrs betreten immer wieder neue
Menschen den Raum. Herr R. nimmt jedoch das
Besteck nicht zur Hand, sondern starrt auf seinen
Teller und spricht stattdessen ununterbrochen leise
vor sich hin. Er wird zunehmend unruhig, rutscht
auf seinem Stuhl hin und her. Ab und zu hört man
ihn ganz leise sagen: »Ich muss weg, ich muss
gehen, ich will was essen, das hier ist kalt.«
Es ist deutlich zu sehen, dass die Anspannung in
Herrn R. steigt. Herr R. wird angehalten, sein
Besteck zu nehmen und zu essen. Daraufhin steht
er ruckartig und energisch auf. Der Stuhl wird nach
hinten geschleudert. Er gibt seinem Teller einen
Stoß, so dass dieser über den Tisch schleudert.
Herr R. will den Raum verlassen. Herr R. ist nach
dieser Situation nicht mehr bereit, seine Mahlzeit
einzunehmen.
Was Herr R. dringend braucht, ist absolute Ruhe
beim Essen und viel Zeit. Wir müssen Menschen
mit Demenz, die ein erhöhtes Ruhebedürfnis haben,
dieses auch gewähren. Viele können eine Überflutung an Reizen nicht mehr verarbeiten. Entweder
stumpfen diese Menschen irgendwann ab oder sie
ziehen sich zurück in ihre »eigene Welt«.
Natürlich müssen wir uns in diese Person, die so
heftig reagiert, einfühlen. Eine Chance, die möglichen
Gründe für diese Reaktionen herauszufinden, finden
wir, wenn wir auf unsere eigene Resonanz hören.
In der Resonanz schwingt etwas zwischen den beteiligten Menschen hin und her. Spiegelneuronen
im Gehirn befähigen uns, uns in andere Menschen
einzufühlen und hineinzuversetzen, mit ihnen
mitzuschwingen. Wir nennen es auch »empathisches Einfühlen«. Wir empfinden Freude und
auch Schmerz der Anderen mit, bekommen so eine
Ahnung von dem, was in unserem Gegenüber
vorgeht. Diese Resonanzen geben uns wertvolle
Hinweise auf mögliche Sehnsüchte, Wünsche
und Bedürfnisse. Wir gehen ständig in Resonanz,
nehmen dies aber nicht immer bewusst wahr.
Wir kennen alle die Situation, wenn ein Kind mit
seinem Händchen das Bügeleisen berührt.
Wir sagen sofort »Au« und empfinden seinen
Schmerz. In unserem Beruf handeln wir oft intuitiv.
Wir betreten einen Raum und geben spontan eine
Umarmung, oder wir setzen uns kurz zu einem
dementen Menschen, um Kontakt aufzunehmen,
oder bieten ein Glas Wasser an oder auch eine
Decke, um ein kleines Stück Wärme und Geborgenheit zu vermitteln. Dies alles und noch viel mehr
passiert oft automatisch und ohne viele Worte.
14
DEMENZ
Veranstaltungen
Volles Haus in Radeberg –
Tag der offenen Tür im bunten Riegel
Wir nehmen etwas wahr und unsere Resonanz und
Intuition lässt uns handeln, ohne dass wir viel
überlegen und nachdenken müssen.
Wenden wir uns noch einmal den oben beschriebenen Äußerungen zu. Wie gehen wir vor, was können
wir erkennen? Wir spüren während des Geschehens
in uns hinein, welche Gefühle, Stimmungen oder
auch körperliche Regungen in uns aufkommen. Wir
könnten uns fragen: Was spüre ich, wenn ich diese
Worte höre? Wie klingt dieser Satz in mir nach?
Kommt bei mir Wut oder vielleicht auch Ekel an?
Welches innere Bild entsteht in mir? Das, was wir
dann fühlen, ist unsere Resonanz.
Die Bewohner sitzen gemeinsam am Tisch und
essen zu Abend, so wie jeden Abend. Frau S. muss
niesen. Sie niest, ohne die Hand vor den Mund zu
halten, quer über den Tisch. Frau B.: »Das is’ ne alte
Sau, rotz nich’ so rum!« Eine Pflegerin reicht Frau S.
ein Taschentuch, diese wischt damit den Tisch
sauber. Ihren Mund reinigte sie bereits mit ihrem
Handrücken. Frau B. schimpfte weiter. Wenn wir
uns jetzt in Frau B. einfühlen, empfinden wir
vielleicht Ekel und auch eine Wut. Dann kann es
durchaus sein, dass sich Frau B. ekelt. Die Wut
könnte daher rühren, dass das Niesverhalten von
Frau B. sich dem der Frau S. ähnelt. Es ist durchaus
möglich, dass die Wut gar nicht auf Frau S. gerichtet
ist, sondern auf sich selbst. Frau B. nimmt dieses
eigene Verhalten nur unbewusst wahr. Das Reaktionsvermögen von Frau B., ihre Hand vor den Mund
zu nehmen, wenn sie niesen muss, ist verlangsamt.
Sie niest also auch, ohne die Hand vor den Mund zu
halten. Diese Situation ist es ihr immer sehr peinlich. Passiert dies aber einer anderen Person,
projiziert sie ihr »Fehlverhalten« auf diese Person
und lenkt somit von sich ab. Mir passiert das nicht.
Ich weiß, was sich gehört.
Angst und Wut kommt bei den Betroffenen auf,
wenn sie miterleben, dass einer Person das Essen
gereicht werden muss oder andere mit den
Fingern essen.
Die Menschen spüren, dass ihnen Fertigkeiten und
Fähigkeiten entgleiten und das macht wütend auf
sich selbst. Jeder einzelne demente Mensch erlebt
sich und seine Umwelt anders und reagiert auch
dementsprechend. Demzufolge müssen wir auf
jeden Menschen mit Demenz individuell eingehen
und ihn unterstützen. Es gibt keine Handlungsrezepte. Viele Mitarbeiter wünschen sich welche, weil sie
sich hilflos und überfordert fühlen. Was passiert,
wenn wir nach »Schema F« agieren? Das persönliche Erleben und die individuellen Bedürfnisse der
Betroffenen nehmen wir dann nicht mehr wahr. Die
Menschen mit Demenz ziehen sich zurück in ihre
Innenwelt. Wir bekommen kaum noch Zugang zu
ihnen und deren Fähigkeiten, bis sie den Kontakt
zur Außenwelt verlieren.
Um dem vorzugreifen, müssen wir also unsere
Fähigkeiten, unsere Empathie und Intuition nutzen,
um uns einzufühlen und nachzuspüren. Bei einer
fortschreitenden Demenz, wenn die Worte gänzlich
versiegt sind, müssen wir vielmehr ausprobieren.
Manchmal gestaltet sich dieses Ausprobieren
schwierig. Sollten wir mit unseren Impulsen falsch
liegen, zeigen es uns die Betroffen auf ihre eigene
Art und Weise, manchmal auch unverblümt. In so
einem Fall geht man aus der Situation heraus, holt
tief Luft und nimmt seinen Gegenüber auf ein
Neues wahr.
Vertrauen Sie auf Ihre Intuition, auf Ihre Fähigkeit,
sich einzufühlen und gehen Sie in Resonanz mit
sich und Ihren Anvertrauten. Denn wer in der
Arbeit mit dementen Menschen auf seine Intuition
hört, arbeitet mit dem Herzen, spürt, was in diesem
Moment wichtig und angebracht ist.
Es gibt nichts Schöneres in unserem Beruf, als in Augen zu schauen, die wir durch eine kleine Geste
zum Leuchten und Strahlen bringen.
Gabriela Prömmel,
Leiterin der sozialen Betreuung im Haus Klangwerk
in Leipzig, Demenzbeauftragte
Am Samstag, den 12. März 2016, um 10 Uhr öffneten
sich die Tore des advita Hauses Radeberg, um einen
bunten, informativen und unterhaltsamen Tag mit
interessierten Radebergern zu verbringen. Trotz des
nasskalten Wetters fanden sich bereits ab 9.45 Uhr
zahlreiche Interessierte am advita Haus Radeberg
ein, um die Wohneinheiten, die Tagespflege und das
Haus in seiner ganzen Pracht zu bestaunen. Viele
zeigten großes Interesse und ließen sich noch vor
Ort von Frau Winter zu allen Möglichkeiten beraten. Die Besichtigungen der Musterwohnungen
wurden von begeistertem Staunen und vielerlei
Komplimenten begleitet. Das Team um Niederlassungsleiter Herrn Friedrichs zeigte sich als perfekter
Gastgeber, hieß jedermann und -frau willkommen,
beantwortete geduldig Fragen und führte die
Interessenten durchs Haus und über das Gelände. Die Kollegen hatten eine große Auswahl an
Kuchen, Grillspezialitäten und anderen Leckereien
vorbereitet. Selbst in Freital wurden extra Torten
für die Veranstaltung gebacken, auf die sich die
Besucher nach absolviertem Rundgang durchs Haus
mit Freude und großem Appetit stürzten. Viele
kamen mit der ganzen Familie, auch der speziell für
die kleinen Gäste des Tages eingerichtete Beschäftigungsraum in der Tagespflege wurde rund um die
Uhr genutzt: Hier wurde gemalt und gebastelt
– Langeweile kam bei niemandem auf!
Ein herzliches Dankeschön an alle Kollegen, die
dazu beigetragen haben, das Event erfolgreich und
unterhaltsam zu gestalten!
Alina Broddack, Marketing Managerin
15
16
Qualitätsmanagement
Messe
Qualitätsprüfungen
Am 2. und 3. März wurde die Tagespflege im
advita Haus Klangwerk in Leipzig erstmals nach der
Eröffnung im Mai vergangenen Jahres durch den
Medizinischen Dienst überprüft. Im Rahmen der
Qualitätsprüfung wurden neun Gäste in die Prüfung
einbezogen. Die Tagespflege dokumentiert aus-
schließlich nach dem Strukturmodell (soDoku).
Im Rahmen der Qualitätsprüfung wurden seitens der
Gutachter keine Empfehlungen ausgesprochen.
Das Team der Tagespflege absolviert somit die erste
Prüfung mit Bravour.
Revisionen der (Pflege-) Dokumente – Aktualisierung
der Expertenstandards
Die bisher veröffentlichten national gültigen Expertenstandards werden spätestens nach fünf Jahren
durch das Deutsche Netzwerk für Qualitätsentwicklung (DNQP) aktualisiert. Hierbei fließen die aktuell
am besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse in die Überarbeitung mit ein. Zuletzt wurde
der Expertenstandard »Pflege von Menschen mit
chronischen Wunden« aktualisiert. Jeder Träger in
der Pflege ist per Gesetz verpflichtet, nach den
gültigen Expertenstandards zu arbeiten und diese
auf eigene Standards herunterzubrechen. Somit
haben auch wir den advita Expertenstandard
chronische Wunden aktualisiert. Auch im Expertenstandard zur Dekubitusprophylaxe gibt es eine
Änderung hinsichtlich der Stadien eines Dekubitus.
Kannte man bisher vier Stadien, unterscheidet die
Aktualisierung nun sechs verschiedene Stadien
eines Dekubitus. Über die inhaltlichen Änderungen
der beiden Expertenstandards werden wir Sie in den
kommenden Tagungen und internen Fortbildung in
den Einrichtungen informieren. Zeitgleich mit der
inhaltlichen Änderung der Expertenstandards haben
wir die unten aufgeführten Expertenstandards an
das Strukturmodell (soDoku) angepasst. Da Assessmentinstrumente nicht mehr zwingend erforderlich
sind, mussten wir den Abschnitt der Dokumentation und Risikoerfassung in allen Standards überarbeiten. Der Expertenstandard Ernährungsmanagement
wird im Herbst diesen Jahres ebenfalls durch das
DNQP aktualisiert. Im Anschluss werden wir auch
diesen advita Expertenstandard zusammen mit Frau
Wonschik anpassen und Ihnen dann zur Verfügung
stellen. Zeitgleich rechnen wir mit der Veröffentlichung des Expertenstandards zur Förderung der
Mobilität. Dieser Expertenstandard wird erstmalig
nicht aus Osnabrück vom DNQP kommen.
Dokument
Revision/Datum
Expertenstandard Dekubitusprophylaxe
04/01.04.16
Expertenstandard Förderung der
Harnkontinenz
04/01.04.16
Expertenstandard Sturzprophylaxe
05/01.04.16
Expertenstandard Schmerzmanagement in
der Pflege bei chronischen Schmerzen
01/01.04.16
Expertenstandard Schmerzmanagement in
der Pflege bei akuten Schmerzen
05/01.04.16
Expertenstandard chronische Wunden
02/01.04.16
Auch im Bereich des Fachbereichs Ernährung wurde ein
Dokument revidiert. Neu ist hierbei die Quellenangabe
bei glutenhaltigem Getreide sowie bei Schalenfrüchten:
Kennzeichnung von Zusatzstoffen und
Allergenen auf Speiseplänen
01/02.03.16
Quelle
advita Hauptverzeichnis\
QM\2. Qualitätsmanagement\2. Pflegestandards\
2.1.Expertenstandards
advita Hauptverzeichnis/QM/
2. Qualitätsmanagement/
6. Verpflegungshandbuch/
2.HACCP-Konzept/2.2 Richtlinien und Arbeitshilfen
Die Charta der Rechte
hilfe- und pflegebedürftiger
Menschen
Wer das aktuelle advita Pflegeleitbild oder auch die
Pflegekonzepte aufmerksam liest, dem fällt auf, dass
dort die »Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen« als Grundlage des pflegerischen
Handelns bestimmt ist. Doch was ist die Charta
eigentlich? Wo früher die fördernde Prozesspflege
nach Monika Krohwinkel mit ihren AEDLs stand,
bilden nun die acht Artikel der Pflege-Charta die
Basis unseres Verständnisses von individueller und
ganzheitlicher Pflege und Betreuung.
Menschen mit Hilfe- und Pflegebedarf haben die
gleichen Rechte, wie alle anderen Menschen auch.
Obgleich Krankheiten oder Behinderungen den
Alltag der Menschen beeinflussen, ist das oberste
Ziel der Pflege und Betreuung den Menschen in
seiner Selbstbestimmung und seiner Lebensqualität
zu unterstützen. Die Pflege-Charta bekräftigt diese
Maxime und formuliert diese und weitere Rechte
hilfe- und pflegebedürftiger Menschen. Die acht
Artikel beschreiben zum Beispiel ganz konkret das
Recht auf Selbstbestimmung, auf Privatheit, auf
Teilhabe am sozialen Leben und auf ein Sterben in
Würde. Die Charta ist von rund 200 Vertreterinnen
und Vertretern aus allen Bereichen der Pflege und
der Selbsthilfe erarbeitet worden. Die Charta geht
zurück auf die Arbeiten des »Runden Tisches
Pflege«. Dieser wurde von 2003–2005 vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend und dem damaligen Bundesministerium für
Gesundheit und Soziale Sicherung einberufen, um
die Lebenssituation hilfe- und pflegebedürftiger
Menschen in Deutschland zu verbessern.
Die Pflege-Charta finden Sie zum Nachlesen oder
Ausdrucken auf dem Hauptverzeichnis: QM\1.
Organisation und Führung\1. Unternehmens- und
Pflegeleitbild\1.2. Pflegeleitbild.
Die Pflege-Charta soll den Mitarbeitern der advita
Pflegedienst GmbH eine pflegerische und betreuerische Richtschnur im Umgang mit den zu versorgenden Menschen bieten. Die formulierten Rechte
sollen aber auch in der täglichen Pflegeroutine zur
Diskussion anregen und eine Kultur der Achtsamkeit vor dem Anderen fördern.
Marie-Luise Mangelsdorf,
Leiterin advita Qualitätsmanagement
17
10. Thüringer Pflegetag in Jena
Am 2. März 2016 waren wir mit unserem Messestand auf
dem 10. Thüringer Pflegetag und 1. Hebammentag im
historischen Volkshaus in Jena vertreten.
Der diesjährige Pflegetag stellte die Interaktion zwischen
den Gesundheitsfachberufen in den Mittelpunkt. Neben
den fachlichen Sessions fanden auch praktische Workshops in den Bereichen Pflege und Geburtshilfe statt.
Geburtshilfe deswegen, da die FH Jena seit dem WS 2015
erstmalig Geburtshilfe und Hebammenkunde als Bachelorstudiengang anbietet.
Ebenso wurden aktuelle Entwicklungen in der Hospizarbeit und Palliative Care vorgestellt und diskutiert.
Hierbei ging es um das am 8. Dezember 2015 in Kraft
getretene Hospiz und Palliativgesetz (HPG), das u. a.
regelt, dass Palliativversorgung Bestandteil der Regelversorgung in der GKV wird und auch den weiteren Ausbau
der SAPV (spezialisierten ambulanten Palliativversorgung)
in ländlichen Gebieten.
An unserem advita Stand fanden rege Beratungen rund
um das Thema Pflege, sowie das Leistungsangebot von
advita in und um Jena bzw. Thüringen statt. Neben der
Vorstellung des allgemeinen Angebotes wurde auch das
Konzept der Wohngemeinschaft interessiert hinterfragt.
Franziska Mann,
Bereichsleitung Thüringen
18
Guten Appetit!
Freude am gesunden Essen
Nationalsozialismus bis Nachkriegs zeit und Wirtschaftswunder (1933–1959)
Die Geschichte der Ernährung – Teil 2
1933
1940
Willkommen zum zweiten Teil unserer Trilogie!
In dieser Ausgabe des advita Journals begeben wir
uns auf eine Reise durch eine der wohl bestürzendsten Zeiten der europäischen Geschichte, der
Zeit des Nationalsozialismus sowie der daraus
resultierenden Konsequenzen.
Nach Einbruch der Wirtschaft im Jahr 1929 war die
deutsche Bevölkerung vor allem eines: Überdrüssig.
Genug Arbeitslosigkeit, genug Hunger, genug Elend.
Die zunächst vielversprechend klingenden Gelöbnisse der NSDAP trafen genau den Nerv der Zeit.
Diese und andere komplexe Geschehnisse führten
zu einer Machtergreifung im Jahre 1933. Viele
Wähler sahen sich bestätigt, als sie die Effekte der
neuen Regierung wahrnahmen: Mehr Arbeit, mehr
Unterstützung, Einrichtung von Wohlfahrtsorganisationen, viel weniger Hunger. Die empfundene
Sympathie entwickelte sich schnell zu einer verherrlichten Ideologie, die vom Regime ausgerufenen
propagandistischen Aussagen wurden vom Großteil
der Bevölkerung nicht hinterfragt und oftmals noch
bejubelt.
Die von langer Hand geplanten kriegerischen
Aktivitäten verhinderten eine massive Nahrungsmittelknappheit, wie sie im Ersten Weltkrieg erlebt
wurde. Ein sehr hoher Selbstversorgungsgrad,
aufgefüllte Lebensmittellager und eine frühzeitige
Rationierung führten dazu, dass es an Grundnahrungsmitteln lange Zeit nicht fehlte. »Luxusgüter«
wie Fleisch, Milch und Butter waren als erste nur
noch über die berühmt-berüchtigten Lebensmittel-
karten erhältlich. Bei der Einteilung bevorzugt
wurden immer schwer arbeitende Personen sowie
Frauen und Kinder. Kartoffeln, Getreide und Hülsenfrüchte waren über Jahre hinweg die Hauptnahrungsmittel der Deutschen. Dies geschah auch unter
bewusster Ausbeutung der besetzten Gebiete, dort
nahm man der Bevölkerung alles weg, was dem
deutschen Volk nützlich sein konnte. Mit Initiativen
wie »Kampf dem Verderb« oder »Eintopfsonntag«
wurde unter Beibehaltung des Zusammengehörigkeitsgefühls eine Schonung der Ressourcen erreicht.
Ein berühmtes Beispiel für den regionalen Ersatz
durch Alternativprodukte ist der sogenannte
»Muckefuck«. Da Bohnenkaffee in Deutschland
nicht anbaubar war oder ist, hat man seiner Kreativität freien Lauf gelassen und einen meist dünnen
Ersatzkaffee aus Getreide oder Eicheln gezaubert.
Bis heute ist das inzwischen als Kinder-, Malz- oder
Landkaffee bekannte Getränk erhältlich. Leider
reichten die Nahrungsmittel trotz aller Bemühungen
nicht aus. Man musste sogar so weit gehen, Gänseblümchen zum »wichtigen Gemüse« zu erklären.
Zum Ende des Zweiten Weltkrieges bis ca. 1949 in
der Nachkriegszeit litten die Deutschen zunächst,
wie ein Vierteljahrhundert zuvor, an Hunger und
Elend. Die wenigen regionalen Güter, die es gab,
reichten bei Weitem nicht aus, um die Bevölkerung
zu ernähren. So kostete im Jahr 1947 ein Kilo
Kartoffeln sogar bis zu umgerechnet 50 €. Also
waren die Besatzungsmächte gefragt! Ohne die
bekannten CARE-Pakete hätte die Versorgung in
1950
1960
1900
Deutschland sich erst viel später normalisiert.
Viele Uneinigkeiten und politische Hintergründe
führten im Jahr 1949 zur Teilung Deutschlands in
Ost und West. Diese Entzweiung sollte 40 Jahre
andauern, eine sowohl politisch, wirtschaftlich,
gesellschaftlich als auch kulinarisch sehr prägende
Zeit. Den Höhepunkt des Ost-West-Konflikts stellt
der später erfolgte Mauerbau dar.
Die Ernährung in Ost- und Westdeutschland
von ca. 1950–1960:
Ostdeutschland
Die Küche der DDR unterlag vor allem pommerschen, schlesischen und sowjetischen Einflüssen,
ein sehr bekanntes Beispiel ist die Soljanka.
Die vor allem regionalen oder aus den Partnergemeinschaften importierten Lebensmittel werden
abwechslungsreich zu verschiedenen DDR-Klassikern
verarbeitet.
Insgesamt ist der Obst- und Gemüsekonsum eher
gering und beschränkt sich vor allem auf regionale
und saisonale Sorten wie Äpfel, exotische Früchte
sind eher selten erhältlich.
Westdeutschland
Die Küche der BRD unterlag zum einen dem schnellen wirtschaftlichen Wandel sowie zum anderen
den Einflüssen des (amerikanischen) Fast-Foods.
Nach Jahren der Entbehrungen werden die wiedergewonnenen Möglichkeiten vollkommen ausge-
nutzt. Hier gilt: Mehr ist Mehr!
Der Obstkonsum steigt innerhalb von 5 Jahren
beträchtlich, allgemein werden Südfrüchte wie
Bananen und Orangen bevorzugt. Die Banane wird
sogar zum inoffiziellen Symbol des westdeutschen
Wirtschaftswunders und der Handelsfreiheit.
Der Bierkonsum hat sich in beiden Teilen Deutschlands innerhalb von ca. zehn Jahren beinahe verdreifacht. Die um 1960 konsumierten ca. 100 Liter pro
Person und Jahr werden auch heute noch in etwa
diesem Maße verzehrt.
Doch es gab nicht nur Unterschiede zwischen Ost
und West. Teilweise waren nur die Bezeichnungen
anders und die Rezepturen an die Möglichkeiten
angepasst, im Prinzip hat sich trotz der Teilung aber
eine relativ einheitliche Küche durchgesetzt:
Ketwurst (Ost) = Hot-Dog (West)
Grilletta (Ost) = Hamburger (West)
Krusta (Ost) = Pizza (West)
Broiler (Ost) = Brathähnchen (West)
Karlsbader Schnitten (Ost) = Toast Hawaii (West)
In der nächsten Ausgabe des advita Journals wird
die Zeit der Wohlstandsgesellschaft bis zur Gegenwart (1960–2016) behandelt.
Allen Lesern einen schönen und aprilwetterfreien
April!
Ihre Juliane Wonschik, Fachbereich Ernährung
19
Coming Soon – Demnächst bei advita
20
Wernigerode –Mietvertrag für das advita Haus Wernigerode unterschrieben
Das ehemalige Finanzamt an der Gustav-Petri-Straße in Wernigerode wird zu einer altersgerechten Wohnanlage, zu einem advita Haus umgebaut. Das Finanzamt wurde in den Jahren 1994 und 1995 erbaut, steht
seit einiger Zeit leer und verfügt über rund 5500 m² Nutzfläche. Dieselbe private Investorengruppe aus
Meißen, die bereits das advita Schloss Gröba in Riesa und das advita Haus Am Speicher in Großenhain aus
Bestandsgebäuden errichtet hat, wird auch in Wernigerode unser Partner. Den Umbau plant das Architekturbüro Dr. Fürll & Dr. Hannemann, die neben den bereits genannten advita Häusern auch für den Umbau
der advita Neumarktschule in Meißen verantwortlich waren.
Rund 120 Menschen werden ab Anfang 2017 in dem ehemalige Finanzamt in zentraler Lage in der Wernigeröder Innenstadt in den Ein- und Zwei-Raumwohnungen und zwei Wohngemeinschaften wohnen und bei
Bedarf die Tagespflege mit der Speisenversorgung für das ganze Haus besuchen.
Zschopau
Noch ist das advita Haus Zschopau eine große Baustelle, aber die Niederlassung ist mit ihren Büros bereits
Ende März eingezogen. Einige Büroräume sind rechtzeitig fertiggeworden und zusätzlich wurden zwei von
den 20 Wohnungen, die in der früheren Sporthalle sehr schön eingerichtet wurden, von den Mitarbeitern
»besetzt«. Frau Simone Mach, die Niederlassungsleiterin, kann aufatmen: Alles hat geklappt und alle haben
mit angepackt. Am 30. April/1. Mai 2016 findet jetzt ein Tag der Offenen Tür statt, zu dem die vielen Interessenten eingeladen werden, die sich bereits als potentielle Mieter haben vormerken lassen. Und natürlich
auch unsere Kooperationspartner, die Presse und jeder andere Neugierige, der einen Blick in die umgebaute
und von Grund auf sanierte ehemalige Gewerbeschule werfen will. Wenn alles so gelingt wie geplant,
können Anfang Juni die ersten Bewohner einziehen und wir die Tagespflege eröffnen.