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Nachrichten Wiesbaden 27.11.2014
Durch neues Gesetz droht 67 Psychotherapeuten in
Wiesbaden das Aus - Auch Haus- und Kinderärzte betroffen
Von Christina Eickhorn
WIESBADEN - „Das ist keine Steuerung, das ist ein Kahlschlag“, sagt Alfred Krieger, der Präsident der
Landeskammer für Psychotherapie in Hessen. Was er meint, ist ein neues Gesetz, das die Existenz von rund 86
Praxen und 32 Fachärzten in Wiesbaden bedroht.
Symbolfoto: dpa
Betroffen sind vor allem die 168 niedergelassenen Psychotherapeuten. Tritt das sogenannte
Versorgungssicherungsgesetz in seiner jetzigen Form in Kraft, werden etwa 67 psychotherapeutische Praxen nach
ihrer Aufgabe nicht mehr wiederbesetzt. Und auch andere Fachbereiche sind betroffen: Bei den Hausärzten
stünden dann insgesamt 17, bei den Kinderärzten zwei Praxen vor dem Aus.
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Das Gesetz sieht vor, dass bei einer ärztlichen Überversorgung – die hauptsächlich in den Städten vorliegt –
Praxissitze abgebaut werden. Bei Hausärzten liegt die Verhältniszahl hier bei 1:1671. Also auf 1671 Einwohner darf
ein Allgemeinmediziner kommen. Alles darüber hinaus gilt als Überversorgung. Deshalb wird nun die
„Kann“-Regelung verschärft: Bisher ‚konnte‘ der Zulassungsausschuss es ablehnen, einen Vertragsarzt neu zu
besetzen, jetzt ‚soll‘ er so verfahren. Ziel sei die Schaffung von „zukunftsfesten Versorgungsstrukturen“
insbesondere auf dem Land, sagte Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) Anfang September vor dem
Bundestag.
Abbau trotz höheren Bedarfs
„Ich halte das für eine regelrechte Katastrophe“, sagt Krieger. Immerhin sei gerade bei den Psychotherapeuten der
Bedarf stark gestiegen. Und zwar um ganze 15 Prozent alleine in den vergangenen zwei Jahren. „Die Zahl der
niedergelassenen Therapeuten gerade jetzt zu minimieren, ist ein völlig falsches Signal“, sagt Krieger. Mit ‚gerade
jetzt‘ ist die Stigmatisierung gemeint, die lange Zeit mit einer Therapie einherging, und erst in den vergangenen
Jahren nachgelassen hat. „Die Gesundheit rein auf den Körper zu reduzieren, halte ich für falsch. Und solche
Gesetze verstärken diesen Eindruck noch“, sagt Krieger.
Nicht nur die hessische Landeskammer für Psychotherapie, sondern auch die Landesärztekammer Hessen übt
starke Kritik an dem geplanten Gesetz. „Angesichts des zunehmenden Ärztemangels und einer immer älter
werdenden Bevölkerung mit wachsendem Bedarf an ärztlichen Leistungen ist es völlig kontraproduktiv, wenn frei
werdende Arztsitze nicht mehr besetzt werden“, sagt Dr. Gottfried von Knoblauch zu Hatzbach. Außerdem frage
man sich, wieso unter diesen Voraussetzungen auch Wartezeiten diskutiert würden. Der Präsident der
Landesärztekammer spielt dabei auf eine weitere Klausel des geplanten Gesetzes an, nach der die
Kassenärztlichen Vereinigungen Termin-Servicestellen einrichten sollen, um zeitnahe Termine bei einem Facharzt
zu vermitteln. Hintergrund ist die Termingarantie, nach der Kassenpatienten nicht länger als vier Wochen auf einen
Termin warten sollen.
Wartezeit von zehneinhalb Wochen
Und lange Wartezeiten sind bereits jetzt ein Problem. In Wiesbaden beträgt die durchschnittliche Wartezeit für einen
Psychotherapeuten rund zehneinhalb Wochen. Das ergab eine Untersuchung der Bundeskammer der
Psychotherapeuten aus dem Jahr 2013. „Im Jahr komme ich mehrfach in die Situation, dass ich über einen
längeren Zeitraum keine Patienten mehr aufnehmen kann“, bestätigt der in Wiesbaden niedergelassene
Psychotherapeut Dominik Laubach. „Dieser Umstand wird sich durch das neue Gesetz natürlich noch verstärken“,
27.11.2014 10:32
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prophezeit Krieger.
Was bleibt, sei die Hoffnung auf eine Modifizierung der derzeitigen Gesetzesvorlage. Bereits der
Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen hat diesbezüglich konkrete
Empfehlungen ausgesprochen. „Wir haben dazu geraten, Praxen erst ab einem Versorgungsgrad von 200 Prozent,
dann aber zwingend aufzukaufen. Und dazu, dass Psychotherapeuten aus der Regelung zunächst komplett
ausgeschlossen werden“, sagt der Vorsitzende des Sachverständigenrates Gesundheit Prof. Dr. Ferdinand M.
Gerlach aus Frankfurt. Würde der Bund den Empfehlungen nachkommen, würden die 86 Wiesbadener Praxen
ihren Patienten erhalten bleiben.
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