Medienkunst in NRW: Bestand | Erhalt - imai
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Medienkunst in NRW: Bestand | Erhalt - imai
Medienkunst in NRW: Bestand | Erhalt | Präsentation 23. Oktober 2008 INHALT 1__Tagungsprogramm 2__Abstracts der Tagungsbeiträge 3__Kurzbiografien der Referenten 4__Interviewreihe zum Thema Medienkunst in NRW mit Dr. Doris Krystof, Sonja Benzner und Dr. Sylvia Martin Information zum Workshop „Medienkunst erhalten“ mit Dipl.-Rest. Andreas Weisser am 6. Februar 2009 im imai – inter media art institute Faltblatt der Tagung Leporello des imai – inter media art institute Partner und Förderer der Tagung sind: Medienkunst in NRW: Bestand | Erhalt | Präsentation 23. Oktober 2008 Tagungsprogramm 09:00 - 09:30 // Registrierung 09:30 – 11:00 1 Medienkunst in NRW: Eine Bestandsaufnahme Begrüßung Sandra Thomas, Leiterin des imai – inter media art institute Medienkunstland Nordrhein-Westfalen Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff, Staatssekretär für Kultur des Landes NordrheinWestfalen Keynote: Medienkunst braucht Geschichte(n) und Archive! Prof. Dr. Oliver Grau, Leiter des Departments für Bildwissenschaften, DonauUniversität Krems Bitte nicht stören! Im letzten Schrank da ruht die (Video)Kunst Dr. Sylvia Martin, stellvertretende Direktorin der Kunstmuseen Krefeld 11:00 – 11:30 // Kaffeepause 11:30 – 12:30 2 Erhaltung und Präsentation als Herausforderung: Zwei Praxisbeispiele Die Wiederaufführung von Christof Kohlhöfers „1001 Nacht“: Zwischen Märchen und Realität Antje Janssen, Leiterin der Restaurierung, Kunstmuseum Bonn „Der Schwimmer“ von Studio Azzurro: Eine Fallstudie Dr. Tiziana Caianiello, Wss. Mitarbeiterin am imai, Stipendiatin der Gerda Henkel Stiftung 12:30 – 13:30 // Mittagessen Medienkunst in NRW: Bestand | Erhalt | Präsentation 23. Oktober 2008 13:30 – 15:00 3 Strategien der Restaurierung: Zwischen Bewahrung und Re-Interpretation Die Sammlung historischer Geräte von AktiveArchive als Basis für die werkgetreue Rekonstruktion von Medieninstallationen Prof. Johannes Gfeller, Projektleiter AktiveArchive, Hochschule der Künste Bern Überblick über Erhaltungsstrategien der Medienkunst Gaby Wijers, Konservatorin und Kuratorin der Sammlung des Netherlands Media Art Institute, Amsterdam Medienkunst und die Grenzen der etablierten Restaurierungsethik Dr. Cornelia Weyer, Leiterin des Restaurierungszentrums der Landeshauptstadt Düsseldorf – Schenkung Henkel Diskussion 15:00 – 15:30 // Kaffeepause 15:30 – 17:00 4 Podiumsdiskussion & Ausblick: Handlungsvorschläge für NRW Dr. Doris Krystof, Kuratorin, K21, Düsseldorf Ulrich Lang, Dipl.-Restaurator, Expertengruppe el_media, Verband der Restauratoren Jochen Saueracker, Künstler und langjähriger Assistent von Nam June Paik, Düsseldorf Stadtrat Jörg Stüdemann, Vorsitzender des Kulturausschusses des Städtetages NRW, Dortmund Dr. Barbara Könches, Fachbereichsleiterin Bildende Kunst/Medienkunst, Kunststiftung NRW, Düsseldorf Moderation: Dr. Ingrid Stoppa-Sehlbach, Leiterin des Referats Bildende Kunst, Film, Museen und kulturelle Infrastruktur, Kulturabteilung Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen Medienkunst in NRW: Bestand | Erhalt | Präsentation 23. Oktober 2008 Abstracts der Tagungsbeiträge Prof. Dr. Oliver Grau, Leiter des Departments für Bildwissenschaften, DonauUniversität Krems Medienkunst braucht Geschichte(n) und Archive! Trotz gut besuchter Festivals auf der ganzen Welt, internationaler Forschung, zahlreichen Artikeln, Konferenzen und datenbankgestützter Dokumentation ist die Medienkunst noch nicht in unserer Gesellschaft angekommen: Sie wird weder systematisch durch Museen und Archive gesammelt, noch von der universitären Kunstgeschichte angemessen berücksichtigt und ist für Kunstinteressierte und Forscher, die nicht aus der nordwestlichen Hemisphäre kommen, nur schwer zugänglich. Auf eine in der Kunstgeschichte beispiellose Art und Weise unterliegt Medienkunst der ephemeren Natur der Speichermedien und der permanenten Entwicklung der Technologien, so dass Werke, die vor weniger als zehn Jahren geschaffen wurden, heute in der Regel nicht mehr gezeigt werden können. Wollen wir dieses Erbe nicht vollständig verlieren, müssen wir umgehend Maßnahmen zu ihrem Erhalt einleiten. handeln und die notwendigen Medienkunst in NRW: Bestand | Erhalt | Präsentation 23. Oktober 2008 Sylvia Martin, stellvertretende Direktorin der Kunstmuseen Krefeld Bitte nicht stören! Im letzten Schrank da ruht die (Video)Kunst Die Videosammlung der Kunstmuseen Krefeld Fast dreißig Jahre hat die Videosammlung der Kunstmuseen Krefeld unberührt in einem Schrank im Keller gelegen. 1979 wurden einige der Bänder aus diesem Konvolut in der Ausstellung Wahrnehmungen Aufzeichnungen Mitteilungen im Museum Haus Lange gezeigt. Direkt im Anschluss waren 1979/80 nahezu alle Videoarbeiten letztmalig in einem Wochenprogramm im Kaiser Wilhelm Museum zu sehen. Bei ihrer ‚Wiederentdeckung’ im Jahr 2007 riefen sowohl die völlig antiquierten Trägerformate (1/2 Zoll-Open-Reel-Videobänder und U-matic-Videokassetten) als auch die Namen der Künstler, die auf den Bandhüllen zu lesen waren, Erstaunen hervor. Ein zentraler Motor für den Aufbau der Videosammlung der Kunstmuseen Krefeld war Gerry Schum (1938-1973) gewesen. Mit seiner Partnerin Ursula Wevers kam er um 1970 mit Film- und Videomaterial und der dazugehörigen technischen Gerätschaft in das Kaiser Wilhelm Museum. Paul Wember, der damalige Direktor, stand dieser neuen künstlerischen Ausdrucksform positiv gegenüber. Neben den beiden von Schum selbst produzierten Fernsehausstellungen - Fernsehausstellung I, LAND ART und Fernsehausstellung II, IDENTIFICATIONS – gelangten anschließend Arbeiten von John Baldessari, Klaus Rinke, Peter Roehr, Ulrich Rückriem und Franz Erhard Walther in die Sammlung. 1979 erweiterte Gerhard Storck diesen Bestand um zentrale Arbeiten von beispielsweise Vito Acconci, Peter Campus, Bruce Nauman, Nam June Paik, Richard Serra oder Keith Sonnier. Auf diesen Wegen bildete sich eine bedeutende Sammlung von frühen amerikanischen und deutschen Videoarbeiten, die die videographischen Möglichkeiten im Zeitalter der Minimal und Concept Art, der Prozesskunst und der Performance Art exemplarisch vorführen. Medienkunst in NRW: Bestand | Erhalt | Präsentation 23. Oktober 2008 In den Publikationen der Kunstmuseen Krefeld war dieser Bestand nicht berücksichtig worden, obwohl er im Inventarverzeichnis ordnungsgemäß aufgeführt ist. Zudem konnte man 2007 die Videoarbeiten aufgrund ihrer antiquierten Formate mit den vorhandenen Abspielgeräten nicht unmittelbar ansehen. Neben der konservatorischen Aufarbeitung galt es daher, die Sammlung wissenschaftlich zu erschließen und in ihren historischen Kontext einzuordnen. Ein langer Prozess wurde angeschoben, bei dem immer wieder neue, zum Teil überraschende Fragen auf das mit dem Projekt befasste Team zu kamen: Fragen nach der ursprünglichen Bildqualität, nach dem Prozedere der Konservierung, nach der Finanzierung oder nach dem Abspielformat. In der Ausstellung Video déjà vu? Die Anfänge der Videokunst im Spiegel der Sammlung ist das (vorläufige) Resultat dieses Prozesses bis zum 21. September 2008 im Museum Haus Lange in Krefeld zu sehen. Medienkunst in NRW: Bestand | Erhalt | Präsentation 23. Oktober 2008 Antje Janssen, Leiterin der Restaurierung, Kunstmuseum Bonn Die Wiederaufführung von Christof Kohlhöfers 1001 Nacht: Zwischen Märchen und Realität Die Installation besteht aus drei Dia-Karussellen mit je 80 Dias und einer Audio– Kassette mit Musik aus vier verschiedenen Musikstücken (Dauer: 30 min). Bei der Installation handelt es sich um eine Dreifachprojektion mit Musik, wobei die Musik – technisch und inhaltlich – im direkten Zusammenhang mit den dazugehörigen Diaprojektionen steht. Die originale Audio–Kassette enthält neben der Musik ein tongebendes Signal, welches ursprünglich die drei Dia-Projektoren steuerte. Dabei wurde die Kassette auf dem Gerät UHER Report 124 abgespielt. Das UHER Gerät und Steuergeräte sind nicht mehr vorhanden. Die Dia–Installation läuft innerhalb der Ausstellung 1001 Nacht, die in der Zeit vom 29. Mai bis zum 03. August 2008 frühe Diaserien und Filme aus der Sammlung des Kunstmuseums Bonn zeigt. Der zuständige Kurator, Dr. Christoph Schreier, machte zur Bedingung, dass in der Ausstellung „wirkliche Dias“ zu sehen und zu hören sind und keine „stumme“ Projektion vom Rechner vorgeführt wird. Durch die Wärme- und Lichtquelle des Projektors fände bei einer Projektion eine starke Degradation des originalen Dias statt. Daher geht es bei der Wiederaufführung der Installation einerseits darum, die verschiedenen Möglichkeiten der Diaduplizierung hinsichtlich der Qualität, der Dauerhaftigkeit und der Kosten zu vergleichen. Andererseits muss eine Möglichkeit gefunden werden, die drei DiaProjektoren zu steuern und in den vom Künstler genau vorgegebenen Intervallen an die Musik zu koppeln. Medienkunst in NRW: Bestand | Erhalt | Präsentation 23. Oktober 2008 Im Vortrag werden die Kosten für die verschiedenen Dia-Kopier- / bzw. ScanVerfahren aufgezeigt und die Qualitätsunterschiede anhand von analogen Diaprojektionen verdeutlicht. Ebenfalls vorgestellt wird das Computerprogramm, welches als Steuerung der drei Projektoren eingesetzt wurde. Verschiedene Fragestellungen/ Probleme werden offen dargestellt und können anschließend diskutiert werden. An der Dia-Installation im Kunstmuseum ist fast nichts mehr original, dennoch „funktioniert“ die Installation im wochenlangen Ausstellungsbetrieb: Rechtfertigt hier der Zweck die Mittel? Medienkunst in NRW: Bestand | Erhalt | Präsentation 23. Oktober 2008 Dr. Tiziana Caianiello, Wiss. Mitarbeiterin am imai als Stipendiatin der Gerda Henkel Stiftung Der Schwimmer von Studio Azzurro: Eine Fallstudie Das imai – inter media art institute hat zwei Medienkunstinstallationen erforscht, restauriert und re-inszeniert: das im Jahr 1984 entstandene Videoenvironment Il Nuotatore (Der Schwimmer) der italienischen Künstlergruppe Studio Azzurro und die Mixed-Media-Installation In Situ (1986) des amerikanischen Medienkünstlers Gary Hill. Diese zwei CASE STUDIES werden im Rahmen des Forschungsprojektes Konkretionen des Flüchtigen. Zur Erhaltung und Re-Inszenierung von Medienkunstinstallationen theoretisch ausgewertet. Der Vortrag wird die Fragestellung der ersten Fallstudie und die Zwischenergebnisse des Forschungsprojektes präsentieren. In dem Videoenvironment von Studio Azzurro zieht ein Schwimmer pausenlos seine Bahnen. Dabei scheint er die Rahmen von zwölf nebeneinander stehenden Monitoren zu durchbrechen. Auf einem zusätzlichen Monitor sind bewegte und zum Teil verzerrte Bilder einer Uhr zu sehen. Ein blaues Licht sättigt das Ambiente und verleiht der Installation die Atmosphäre einer Unterwasserwelt. Die visuellen Eindrücke werden durch den Ton ergänzt. Die Arbeit hat sich mit der Zeit sehr stark verändert. Die erste Inszenierung von Der Schwimmer im Palazzo Fortuny in Venedig (1984) war sehr aufwendig und wies theatralische Züge auf. Die folgenden Präsentationen waren im Vergleich dazu reduzierter. Auch die Datenträger und Abspielgeräte entsprachen nicht mehr den ursprünglichen Speichermedien. Die Videos wurden auf neue Datenträger übertragen und neue Systeme für die Synchronisation der zwölf Videos des Schwimmers wurden erprobt. Medienkunst in NRW: Bestand | Erhalt | Präsentation 23. Oktober 2008 In Bezug auf die Erhaltung und Präsentation des Schwimmers stellen sich also die folgenden Fragen: Welche Form der Präsentation ist ausschlaggebend für eine ReInstallation der Arbeit? Wie hat sich die Wirkung des Videoenvironment durch den Wechsel von Speichermedien verändert? Welche Rolle spielen die Röhrenmonitore für die Authentizität des Werkes und dürfen sie in Zukunft durch Flachbildschirme ersetzt werden? Inwieweit darf bzw. soll Der Schwimmer bei jeder neuen Präsentation re-interpretiert werden? Die Ausführungen über diese Fragestellung werden einen Übergang zum Themenblock über Erhaltungsstrategien und Restaurierungsethik schaffen. Medienkunst in NRW: Bestand | Erhalt | Präsentation 23. Oktober 2008 Prof. Johannes Gfeller, Projektleiter AktiveArchive, Hochschule der Künste Bern Die Sammlung historischer Geräte von AktiveArchive: Basis für die werkgetreue Rekonstruktion von Medieninstallationen Es ist nie einfach, den Zeitpunkt zu bestimmen, zu dem unmittelbare Gegenwart auf die Zeitachse aufgereiht wird, die wir Geschichte nennen. Dan Graham und andere Exponenten der frühen Videokunst haben diesen Übergang in den 70er Jahren mittels Delay zwischen zwei Bandmaschinen sozusagen mikrotemporal vorgeführt und damit in einen künstlerischen Kontext gestellt. Das Experiment anschaulich nachzustellen, ist nur mit den Geräten möglich, die in dieser Zeit in Gebrauch waren – mit der Konfektionierung des Videobandes in Kassetten geht die erste, haptische Phase des Mediums bereits verloren. Wir vermögen Videobänder bzw. ihre migrierten Inhalte aufgrund ihrer wenngleich nicht immer leichten Verfügbarkeit noch in ein historisches Kontinuum von früher oder später einzuordnen, aber der Faden zur frühen Installation droht vollends zu reißen: Weil wir sie kaum mehr in ihrem ursprünglichen apparatischen Kontext zu sehen kriegen. Diesen Kontext in Erinnerung zu rufen ist eines der Ziele, das wir mit dem Anlegen eines historischen Gerätepools im Rahmen der AktivenArchive an der HKB verfolgt haben. Er ist sozusagen multifunktional auf einer diachronen Achse geordnet – es gehören dazu über dreißig untereinander nicht kompatible Bandformate, wohl ein Dutzend scheibenförmige Formate und allerhand Peripheriegeräte seit Mitte der sechziger Jahre. Wir sammeln Kameras für Closed-Circuit Installationen, aber auch zu dem Zweck, bei der Ausbildung zur Bänderrestaurierung eine Referenz zu haben, was denn plausible Tonwerte und Bildqualitäten waren, damit wir trotz technisch bedingten Verlusten ein hohes Maß an Signalintegrität behalten. In der analogen Medienkunst einer der sinnvollen Ersatztermini für den schwierig gewordenen Originalitätsbegriff. Medienkunst in NRW: Bestand | Erhalt | Präsentation 23. Oktober 2008 Für die Rekonstruktion von Medieninstallationen steht die andere große Gruppe an Mediengeräten aus unserer Gebrauchssammlung im Vordergrund: es sind die Bildträger dieses bis anhin nahen Verwandten der Television: Monitore, Fernseher, Projektoren. Die Bänder sind nämlich reine Informationsträger, die wenig Information zur Materialität des reproduzierten Bildes bieten. In der historischen Perspektive eröffnet sich bei der Rückwandlung eines Signals in ein optisches Bild ein Reichtum an Eigenheiten, der aktuell nun wortwörtlich zu verflachen droht. Indem man die Bilder ihrem auch skulpturalen Rahmen entreißt und in neue Seitenverhältnisse umsiedelt, werden sie tendenziell obdachlos und verlieren ihre Identität, die nicht selten in der Verzahnung von Inhalt und materieller Bedingtheit lag: das Ergebnis sind „homeless works“. Medienkunst in NRW: Bestand | Erhalt | Präsentation 23. Oktober 2008 Gaby Wijers, Konservatorin und Kuratorin der Sammlung des Netherlands Media Art Institute, Amsterdam Überblick über Erhaltungsstrategien der Medienkunst Die Verwendung kurzlebiger Materialien oder schnell veraltender Medientechnologien ist nicht ohne Einfluss auf die Materialbeständigkeit der Werke. Dieses Veralten der physischen Speicherformate sowie der Wiedergabegeräte ist die dringlichste Herausforderung bei der Erhaltung elektronischer Kunst. Es wird einen Überblick über internationale Projekte, Ansätze und Strategien der Erhaltung gegeben sowie Ausblicke für die Erhaltung von Medienkunst. Medienkunst in NRW: Bestand | Erhalt | Präsentation 23. Oktober 2008 Dr. Cornelia Weyer, Leiterin des Restaurierungszentrums der Landeshauptstadt Düsseldorf – Schenkung Henkel Medienkunst und die Grenzen der etablierten Restaurierungsethik Restaurierungsethische Leitsätze geraten ins Wanken, wenn sich die Kunst neu erfindet. Dieses seit den Anfängen der modernen Restaurierung immer wieder beobachtete Phänomen bestätigt sich heute nicht zuletzt auch im Umgang mit Installationen, insbesondere denen, die mediale Komponenten enthalten. Denn mit dem einmaligen, materiell greifbaren Werk entgleitet dem Restaurator das Restaurierungsobjekt, das Materialgebilde, das sich, sofern nur die bewährten, codierten Regeln eingehalten werden, sachgerecht pflegen und instand setzen lässt. Zugleich stellt sich die Frage nach der Authentizität von Arbeiten, die in enger gestalterischer und inhaltlicher Abhängigkeit vom räumlichen Umfeld, von Ereignissen oder von der Interaktion mit dem Betrachter Gestalt annehmen. In diesem Beitrag soll eine Antwort auf die Frage gesucht werden, wie zeitgenössische Medienkunst dennoch verantwortungsvoll restauriert werden kann. Er versteht sich als Anregung restaurierungsethischen Leitsätze. zur Überarbeitung der etablierten Medienkunst in NRW: Bestand | Erhalt | Präsentation 23. Oktober 2008 Kurzbiografien der Referenten Tiziana Caianiello (geboren in Neapel) studierte Geisteswissenschaften mit Schwerpunkt Kunstgeschichte an der Universität „Federico II.“ in Neapel. Sie promovierte an der Universität zu Köln mit der Doktorarbeit „Der Lichtraum (Hommage à Fontana) und das Creamcheese im museum kunst palast: Zur Musealisierung der Düsseldorfer Kunstszene der 1960er Jahre“ (Bielefeld 2005). 2004–2006 war sie als wissenschaftliche Volontärin am Museum Kurhaus Kleve tätig. Seit 2007 ist sie Stipendiatin der Gerda Henkel Stiftung und führt das Forschungsprojekt „Konkretionen des Flüchtigen: Zur Problematik der Erhaltung und Re-Inszenierung von Medienkunstinstallationen“ am imai – inter media art institute durch. Sie ist Mitglied vom International Network for the Conservation of Contemporary Art (INCCA) und Gründungsmitglied der Regionalgruppe INCCA-Italy. Johannes Gfeller, 1956 mit dem Schraubenzieher in der Hand geboren, dem Lötkolben aufgewachsen und mit der Fotografie groß geworden, 1975 das erste Videoband eingefädelt, seit 1978 mit der Videoproduktion verbunden. Studium der Kunstgeschichte, Philosophie und allgemeinen Sprachwissenschaft in Bern. 1983– 2001 Selbständiger werbend im Bereich Fachfotografie, Video und Ausstellungstechnik. 1988–2002 Dozent für Videokunst an der Schule für Gestaltung Bern und Biel/Bienne (SfGB-B). Seit 2001 Professor an der Hochschule der Künste Bern (HKB), Fachbereich Konservierung und Restaurierung. Leitung des Projekts AktiveArchive. Medienkunst in NRW: Bestand | Erhalt | Präsentation 23. Oktober 2008 Oliver Grau ist Inhaber der ersten Professur für Bildwissenschaften im deutschen Sprachraum und Leiter des Departments an der Donau-Universität Krems. Nach dem Studium in Hamburg, Siena, London und Berlin und der Promotion lehrte Grau an der Humboldt-Universität zu Berlin, verbrachte Gastaufenthalte an verschiedenen Forschungslabs in Japan und den USA und war nach der Habilitation 2003 als Vertretungsprofessor an verschiedenen internationalen Universitäten tätig. Grau ist Gründungsdirektor der kulturwissenschaftlichen Kongressreihe „Refresh! First International Conference on the Histories of Media Art, Science, and Technology“, Banff 2005, die mit „re:place“ 2007 im Haus der Kulturen in Berlin und „re:live“ 2009 in Melbourne Fortsetzung findet. Seine Forschungsschwerpunkte konzentrieren sich auf die Geschichte von Medienkunst, Immersion und Emotionen sowie auf die Geschichte, Idee und Kultur von Telepresence und Artificial Life. Grau leitete das Projekt „Immersive Kunst“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft, dessen Team seit 1998 die erste internationale Datenbank für Virtuelle Kunst (www.virtualart.at) entwickelte. Sie wird nun an der Donau-Universität Krems weiterentwickelt. Antje Janssen war 1989–2005 für verschiedene Restaurierungsateliers, Museen, Versicherungen und die Sammlung des Bundes mit Schwerpunkt Konservierung und Restaurierung moderner und zeitgenössischer Kunst als freiberufliche Restauratorin tätig. Seit 2005 leitet sie die Restaurierung im Kunstmuseum Bonn, wo sie u.a. für die Erarbeitung von Konzepten zur Erfassung, Erhaltung, Lagerung und Digitalisierung der Videosammlung zuständig ist. Sie ist seit 1993 ordentliches Mitglied im Verband der Restauratoren (VDR) und gehört zur Expertengruppe „elektrische und elektronische Medien“ (el_media) innerhalb der Fachgruppe „Moderne Kunst – Kulturgut der Moderne“ im VDR. Seit 2007 hat sie einen Kooperationsvertrag mit dem Institut für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaften Fachhochschule Köln zur Ausbildung und Prüfung von DiplomandInnen. der Medienkunst in NRW: Bestand | Erhalt | Präsentation 23. Oktober 2008 Barbara Könches, geboren 1966 in Düsseldorf, Studien: Wirtschaftswissenschaften, Kunstgeschichte, Technikgeschichte und Philosophie in Trier und Karlsruhe. 2000 Promotion in Philosophie, 2000–2006 Kuratorin am ZKM ⎥ Zentrum für Kunst und Medientechnologie, Karlsruhe, während dieser Zeit Leiterin des Internationalen Medienkunstpreises (ZKM in Kooperation mit dem Südwestrundfunk, Baden-Baden), Leiterin der Videosammlung, Projektleitung der Reihe „Kunst und Philosophie“, Programmleitung für den Projektraum, stellvertretende Leiterin des Medienmuseums. Vortragsreisen in Europa und Asien. Seit 2007 Fachbereichsleiterin Bildende Kunst/Medienkunst der Kunststiftung NRW. Arbeitsschwerpunkte: Ästhetik und Ethik, Medientheorie, zeitgenössische Kunst. Doris Krystof, Studium der Kunstgeschichte, Literaturwissenschaft und Geschichte in Freiburg/B. und Köln, Dissertation über Hendrick Goltzius und den Einfluss der antiken Rhetorik auf die Druckgraphik des niederländischen Manierismus. Seit 1993 im Bereich der modernen und zeitgenössischen Kunst tätig (wissenschaftliche Mitarbeit an der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, Kuratorin der Kunsthalle Wien). Seit 2001 Kuratorin für Sammlung und Wechselausstellungen am K21 Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf. Zahlreiche Ausstellungen und Veröffentlichungen zur modernen und zeitgenössischen Kunst mit Schwerpunkt auf Video/Film, Fragen der Inszenierung und literarisch-theatralen Verfahren in der bildenden Kunst. Medienkunst in NRW: Bestand | Erhalt | Präsentation 23. Oktober 2008 Ulrich Lang (geb. 1968) schloss das Studium der Restaurierung in Berlin mit einer Diplomarbeit über Kinetische Kunst von Gerhard von Graevenitz ab. Seit 2001 leitet er die Restaurierung am Museum für Moderne Kunst, MMK Frankfurt/Main. Ulrich Lang ist Mitbegründer und Leiter der Expertengruppe el_media innerhalb des Verbandes der Restauratoren (VDR). Er war Kooperationspartner in dem EU Projekt „Inside Installations: Preservation and Presentation of Installation Art“. Publikationen: “Motion as Material. The Kinetik Art of Gerhard von Graevenitz”, in: ICOM-CC Modern Materials, München 2002; “Volatile Memory”, in: Preservation of Electronic Records: New Knowledge and Decision-making, Postprints, Canadian Conservation Institute, Ottawa 2005. Sylvia Martin (geb. 1964) ist seit 2005 stellvertretende Direktorin der Kunstmuseen Krefeld. Sie promovierte in Kunstgeschichte an der Universität Köln, absolvierte ein Volontariat am Kunstmuseum Düsseldorf und arbeitete als Kuratorin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Kunstmuseum sowie am museum kunst palast in Düsseldorf. Publikationen im Bereich der Kunst des 20./21. Jahrhunderts, u. a. Video déjà vu? Die Anfänge der Videokunst im Spiegel der Sammlung (2008), Der große Wurf. Faltungen in der Gegenwartskunst (2008), Video-Art (2006), Ceal Floyer. Construction (2007). Medienkunst in NRW: Bestand | Erhalt | Präsentation 23. Oktober 2008 Jochen Saueracker wurde 1957 in Essen an der Ruhr geboren. 1976–1980 studierte er Physik an der Ruhr Universität Bochum und 1981–1987 Bildhauerei an der Kunstakademie Düsseldorf bei Tony Cragg, Günther Uecker und Nam June Paik (Abschluss als Meisterschüler bei Günther Uecker). Ab 1983 war er freier Mitarbeiter im Atelier von Nam June Paik. Er war u.a. für Paiks Installationen auf der „documenta 9“ Kassel 1987, „Video Skulptur“ Köln 1989, „Biennale Venedig“ 1993 verantwortlich. Seit 1999 berät er institutionelle und private Sammlungen im Bereich der Videokunst, deren Restaurierung und Konservierung. 1994–2007 arbeitete er bei der Wanderausstellung “Videoskulptur in Deutschland seit 1963" der ifa-Galerie Stuttgart mit. Jorg Stüdemann (geb. 1956) ist Stadtrat und Beigeordneter für Kultur, Sport, Freizeit der Stadt Dortmund. Er studierte Germanistik und Sozialwissenschaften an der Ruhruniversität Bochum. 1984–1987 war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Germanistischen Institut derselben Universität. 1987–1992 arbeitete er bei der Initiative Zentrum Zeche Carl e.V. in Essen. 1992–1994 leitete er das Film- und Kulturzentrum Pentacon in Dresden und baute das Medienkulturzentrum für sächsische Film- und Medienwirtschaft auf. 1994–2000 war er Beigeordneter für Kultur, Jugend und Sport der Stadt Dresden. Er ist seit 2007 Vorsitzender des Kulturausschusses des Städtetages NRW. Medienkunst in NRW: Bestand | Erhalt | Präsentation 23. Oktober 2008 Cornelia Weyer, Gemälderestauratorin und Kunsthistorikerin, ist seit 1992 Leiterin des Restaurierungszentrums der Landeshauptstadt Düsseldorf / Schenkung Henkel. Ihre Ausbildung und ihr Studium erfolgten in Zürich, München und Marburg. Sie promovierte an der Universität Zürich mit einer Dissertation über die Anfänge der Gemälderestaurierung Gemälderestaurierung („Arbeitsweisen um 1800", und München Anschauungen 1988). 1987–1992 in der war sie Gemälderestauratorin am Germanischen Nationalmuseum Nürnberg. 1990–1996 koordinierte sie die ICOM-CC Arbeitsgruppe Theorie and Geschichte der Restaurierung. Sie beteiligte sich an den europäischen Forschungsprojekten „Modern Art – Who Cares“, „INCCA“ (International Network for the Conservation of Contemporary Art) und „Inside Installations“ und ist Mitglied des INCCA Steering Committee. Lehraufträge an verschiedenen Hochschulen zu Themen der Kunsttechnologie, Restaurierungsethik und Restaurierungsgeschichte. Gaby Wijers ist Koordinatorin der Sammlung sowie des Bereiches „Konservierung und technische Entwicklung“ am Netherlands Media Art Institute, Montevideo/TBA Amsterdam. Teilnahme an verschiedenen internationalen Projekten im Umfeld der Dokumentation und Konservierung von Medienkunst, u.a. des Projektes „Preservation of Video Art“ sowie Teilnahme an den EU-Projekten „Inside Installations“, „OASIS“ und „Gama“. Ausgewählte Publikationen: „The Sustainability of Video Art: Preservation of Dutch Video Art Collections”, hrsg. von Gaby Wijers, Evert Rodrigo, Ramon Coehlo, Foundation for the Conservation of Modern Art: Amsterdam 2003; Gaby Wijers, “Control and Preservation of Videotapes: An introduction to the handling, storage and conservation of analogue and digital videotapes”, NL version Cr no. 1, 2002. Seit 2005 betreut Gaby Wijers den OnlineNewsletter “Monitoring Media Art Preservation”. Sie ist Gastdozentin an der Universität Amsterdam, MA „Preservation and Presentation of the Moving Image“. Medienkunst in NRW: Bestand | Erhalt | Präsentation 23. Oktober 2008 „Videoinstallationen sind Aufführungskünste, die immer wieder neu auf einen Raum, eine Situation abgestimmt - im Grunde inszeniert - werden“ Interview mit Dr. Doris Krystof, Kuratorin, K21 Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen von Darija Šimunović , im Auftrag von imai – inter media art institute Frau Krystof, Sie sind seit 2001 Kuratorin der Sammlung und der Wechselausstellungen an der K21. Bereits 2000 kuratierten Sie die Ausstellung „Ich ist etwas Anderes“ mit, für die die Kunstsammlung NRW erstmalig Videoarbeiten erwarb. Die Ausstellung „Ich ist etwas Anderes. Kunst am Ende des 20. Jahrhunderts“, die Armin Zweite, Reinhard Spieler und ich gemeinsam kuratiert haben, widmete sich dem Thema Identität, Subjektverständnis, Veränderung des Selbstportraits am Ende des 20. Jahrhunderts. Sie war der Beitrag der Kunstsammlung NRW zu „Global Art Rheinland 2000“, einem regionalen Großprojekt zum Millenniumswechsel, das die Kunststiftung NRW angeregt hatte. Nachträglich kann man diese Ausstellung beinahe als Einschnitt in die Geschichte der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, die ankaufspolitisch immer einen etwas konservativeren Ansatz verfolgte, betrachten. Mit dieser Ausstellung sind jedenfalls zum ersten Mal in großem Stil Film- und Videoarbeiten im Haus am Grabbeplatz gezeigt worden. Es wurden einige Ankäufe getätigt: insgesamt fast 70 Einkanalvideos aus unlimitierten Editionen gelangten in die Sammlung. Wir stellten damals fest, dass die Leihgebühren für die Bänder bei einer viermonatigen Ausstellungslaufzeit teurer wären als wenn wir die Videos ankauften. Bei diesem ersten Videokunsterwerb war also mehr Pragmatismus als Programmatik im Spiel, dennoch gelangte dieses inhaltlich homogene und doch repräsentative Konvolut an Videos zum Thema Identität in die Kunstsammlung NRW: einige frühe Tapes von Bruce Nauman oder Vito Acconci, aber auch von Gilbert & George, Marcel Odenbach, bis hin zu jüngeren Positionen wie Pipilotti Rist. Wird Medienkunst in K21 gezielt gesammelt? Nein, es wird nicht nach Medien gezielt gesammelt. Als um 2000 erste Konzepte für K21 als Dependance der Kunstsammlung NRW erarbeitet wurden, gab es auf der Seite der Politik wohl Überlegungen, aus dem Ständehaus eine Institution für Neue Medien zu machen, etwa nach dem Vorbild des ZKM in Karlsruhe. Die Politik des Landes orientierte sich damals, als Wolfgang Clement Ministerpräsident war, stark an der Idee der „Neuen Medien“. Es war aber ziemlich schnell klar, dass dies gar nicht so gut zur Mentalität der Kunstsammlung NRW passen würde, und dass ein offenerer Kunstbegriff, der zeitgenössische Kunst in ihren unterschiedlichsten Ausprägungen zu erfassen vermag, tragfähiger wäre. Insofern ist K21 gegenüber jeglichem Medienhype immer ziemlich resistent gewesen. Sie wählen also formatunabhängig Arbeiten im Kontext der zeitgenössischen Kunst aus, und diese finden je nach Thema Eingang in die Sammlung? Ich halte es für zentral, die unterschiedlichen Gattungen gleichwertig zu behandeln. Im Bestandskatalog von K21, der im Jahr 2005 erstellt wurde, sind die angekauften Einkanalvideos genauso behandelt wie jedes andere Kunstwerk in der Sammlung. Reinhard Muchas „Deutschlandgerät“ beansprucht den gleichen Rang im Katalog wie das Einkanalband „Art must be beautiful“ von Marina Abramovic. Das mag jetzt als Detail erscheinen, aber es war eine bewusste kunsthistorische Entscheidung, so zu verfahren, und stellt vielleicht - im Sinne des Mediums Video schon eine kleine kunstpolitische Tat dar. Oft werden Videotapes stiefmütterlich in Listen abgehandelt, aber kaum werkmonografisch beschrieben. Sie erwähnten die Erstellung eines Bestandskatalogs der Sammlung. Das führt uns zu meiner zweiten Frage, zu der Inventarisierung. Sofern Sie in diesen Bereich involviert sind – wissen Sie, ob ein Datenbankprogramm zur Erfassung der Sammlung verwendet wird? Ja. Die Kunstsammlung benutzt seit Langem ein Datenbankprogramm, seit Anfang der 90er Jahre schon. Von 1996 bis 1997 wurde dann die speziell auf dieses Haus zugeschnittene Archivdatenbank MuseumPlus entwickelt, die inzwischen relativ verbreitet ist. Damit werden Videoarbeiten genauso wie alles andere erfasst. Waren Sie in die Erfassung von Hintergrundinformationen zu den einzelnen Arbeiten für die Datenbank involviert? Wenn ja, ging es dabei um die Auflistung einzelner Bestandteile von, beispielsweise, Installationen oder wurden auch weitere Inormationen berücksichtigt? Eingehende Beschreibungen aller Arbeiten, Ausstellungsverzeichnisse und Bibliografien werden auch in der Datenbank erfasst. Die Texte sind auch öffentlich einsehbar, denn sie bilden die Grundlage der Werktexte, die im Bestandskatalog „Sammlung 2005“ publiziert wurden. Darin haben wir jedes einzelne Werk abgebildet, beschrieben und kommentiert. Ein Aspekt wäre auch, den Präsentationskontext der Arbeiten zu dokumentieren, um bei Fragen der Restaurierung darauf zurückgreifen zu können. Führen Sie manchmal gezielt Künstlerinterviews, um diese Fragen zu klären? Gab es solche Situationen? Ja, solche Situationen gibt es immer wieder. Glücklicherweise erreichen wir die meisten KünstlerInnen noch persönlich und können als Museum für zeitgenössische Kunst schon so etwas wie Quellenforschung betreiben. In der Ausstellung mit Eija-Liisa Ahtila beispielsweise, die in diesem Sommer stattfand, haben wir in Zusammenarbeit mit der Künstlerin deren in der Sammlung befindliche Dreikanalvideoinstallation „The House“ aufgebaut, aber in ziemlich veränderter Form als bisher. Eija-Liisa Ahtila selbst hat die mit dem Ankauf erworbenen Installationsanweisungen komplett revidiert und die Arbeit gewissermaßen für die Ausstellung neu konzipiert, wobei etliche Details erst während des Aufbaus der Ausstellung entwickelt wurden. Damit hat sie uns klar gemacht, was schon seit längerem mein Verdacht war: Videoinstallationen sind Aufführungskünste, die immer wieder neu auf einen Raum, eine Situation abgestimmt – im Grunde inszeniert – werden. Auf welche Weise dokumentieren Sie diesen Austausch mit den Künstlern? Finden diese Angaben zu den verschiedenen Versionen der Arbeiten Eingang in die MuseumPlusDatenbank? Wenn wir uns anschicken, solche relativ komplexen kinematografischen Installationen aufzuführen, müssen wir uns immer wieder von Neuem fragen, wie genau das zu geschehen hat. Unablässig ist dabei, sich immer wieder ein „Backup“ bei den KünstlerInnen abzuholen. Die getroffenen Entscheidungen Kommen wir zu dem viel beachteten Projekt „40 Jahre Videokunst“, an dem auch K21 teilnahm. Wie ist diese Kooperation entstanden? Dieses Projekt kam durch einen Anstoß von Wulf Herzogenrath zustande, der 2002 die damals gerade erst gegründ ündeten Bundeskulturstiftung von der Notwendigkeit einer Projektförderung zum Erhalt und der Verbreitung von Videokunst in Deutschland überzeugen konnte. Herzogenrath begab sich dann auf die Suche nach Kooperationspartnern, natürlich war das ZKM dabei, aber auch ganz ‚normale’ Kunstmuseen wie das Lenbachhaus in München, das Museum für Bildende Künste in Leipzig und das damals ebenfalls gerade gegründete Düsseldorfer Museum für zeitgenössische Kunst, K21 Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen. Erklärtes Ziel waren Bestandsicherung, Festlegung der Formate, ggf. Restaurierung, Digitalisierung und Verbreitung von Videokunst in Deutschland. Foto: Darija Šimunović müssen natürlich dokumentiert werden. Dazu gehört auch, die unterschiedlichen und sich rasend schnell verändernden Leistungen der technischen Geräte in Augenschein zu nehmen und zu verzeichnen. Optimalerweise legt man diese Informationen auch in der Datenbank ab. Oder man verweist dort auf vielschichtigere Beobachtungen und Untersuchungen, wie sie die neuere kunstwissenschaftliche Forschung hervorbringt. Über Ahtilas „The House“ hat etwa Anne-Kathrin Auel in ihrer Magisterarbeit an der Gesamthochschule Kassel viel Material zusammengetragen. Am Kunsthistorischen Institut der Universität Köln leitet Ursula Frohne zurzeit das äußerst spannende Projekt „Offscreen/ Onscreen“, das den Zusammenhang zwischen kinematografischen Installationen und ästhetischer Erfahrung erforscht. Mit diesem durch die DFG geförderten Projekt unterhalten wir einen engen Austausch. Wir bewegen uns im Museum also mitunter direkt aus der Produktion in die Wissenschaft hinein. Es ist mir als Kuratorin sehr wichtig, diese Verbindung zu pflegen. DORIS KRYSTOF Studium der Kunstgeschichte, Literaturwissenschaft und Geschichte, Kuratorin für die Sammlung und Wechselausstellungen an K21 Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf. Zahlreiche Ausstellungen und Veröffentlichungen zur Kunst der Gegenwart. Das ZKM und die Kunstsammlung NRW übernahmen dann gemeinsam die Projektleitung. Ich war unter anderem als Jurymitglied in die Auswahl der Bänder für die DVDStudienedition involviert, die im Rahmen des Projektes herausgegeben wurde. Die darin enthaltenen 59 Bänder geben einen exemplarischen Überblick über Videokunst in Deutschland von 1963 bis 2003. Sämtliche Bänder liegen damit in einer restaurierten und digitalisierten Fassung vor. Die Studienedition „vierzigjahrevideokunst.de“ ist übrigens in K21 an drei Arbeitsplätzen im Videoraum permanent installiert und einsehbar. Waren Sie in den Entscheidungsprozess über die Restaurierung involviert? Nein, das war ich nicht. Dazu wäre ich ehrlich gesagt auch gar nicht in der Lage. Ich war an der Jury-Auswahl der Videos für die Studienedition und an der Planung des Projekts beteiligt, und habe dann im Frühjahr 2006 die zum Projekt gehörige Ausstellung in K21 realisiert. Die Entscheidungsprozesse bei der Restaurierung habe ich allenfalls nachvollzogen. Zum Glück hatten wir das ZKM zur Seite, wo es ein „Labor für antiquierte Videosysteme“ und andere Spezialforschungsgebiete zu Video und Film gibt. als die Präsentation auf einem Monitor, aber es hat uns und auch den Künstler sofort überzeugt, dass diese Version auch möglich ist. Die Fragen der Präsentation beschäftigen Sie aber... Ja, diese beschäftigen mich im kuratorischen Alltag tatsächlich am meisten. Wie gehen Sie mit Arbeiten um, wenn Sie das Format der Präsentation ändern? Unter Umständen kann dadurch der Charakter der Arbeit beeinflusst werden. Ich stimme Ihnen zu. Aber Videoarbeiten verändern ständig ihren Charakter durch neue Techniken, veränderte Raumkonstellationen und andere Kontextwechsel. Da entsteht ein neuer, dynamischer Werkbegriff. Ich nenne ein Beispiel: In der K21-Ausstellung „40jahrevideokunst.de“, die die 1 9 80er Jahre in den Fokus genommen hat, war unter anderem eine Arbeit von Dieter Kiessling zu sehen. Eine kleine lakonische Video-Etüde aus dem Jahr 1982 mit dem Titel „Vorhänge“, noch aus Kiesslings Studentenzeit in Münster. Formatfüllend ist zu sehen, wie sich in einer sehr großen, durch Vorhänge in mehrere Raumsegmente abgetrennten Turnhalle ein Vorhang nach dem anderen hebt, so dass immer wieder ein neuer, wiederum von einem Vorhang abgetrennter Raum erscheint, sich öffnet und so fort. Die Vorhänge, die von einem leise surrenden Elektromotor gehoben werden, bewegen sich gleichmäßig und langsam. Nach ungefähr zwei Minuten ist der Film zu Ende und beginnt von vorn. Dieses Tape aus dem Jahr 1982 war bislang immer auf einem Monitor gezeigt worden. Für die Ausstellung im Jahr 2006 haben wir uns etwas Neues ausgedacht. Wir projizierten die Arbeit großformatig, ca. 3 x 4 m, direkt auf die Wand. Das war technisch kein Problem und wir konnten das Video sogar in einer relativ hellen Situation mit einem sehr lichtstarken Beamer zeigen. So ergab sich ein ganz anderer Effekt – als ob die Wand selbst sich öffnete, und dahinter war wieder ein Raum, und so weiter. Das war natürlich etwas signifikant anderes Auch durch die Digitalisierung des Materials kann das visuelle Erlebnis beeinträchtigt werden... Das ist zweifellos richtig. Aber ist der Prozess der Digitalisierung umkehrbar? Wir haben das bei dem Sprung von Vinyl auf CD erlebt, da war auch zuerst ein großes Klagen. Alles schien flacher geworden zu sein, Töne und Bilder waren ja nur gerechnet, was für Verluste! Aber Wahrnehmungskonventionen unterliegen nun einmal historischem Wandel. Andererseits hat es unheimlich viele Vorteile, mit digitalen Medien zu arbeiten. Ich denke nicht, dass es da ein Zurück gibt. -Interview vom 10.09.2008 im Ständehaus, K21 Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf. Medienkunst in NRW: Bestand | Erhalt | Präsentation 23. Oktober 2008 Dokumentation und Erhalt von Medienkunst am Ludwig Forum für Internationale Kunst in Aachen Interview mit Sonja Benzner, Bibliothekarin, Ludwig Forum für Internationale Kunst von Darija Šimunović, im Auftrag von imai – inter media art institute Frau Benzner, wie kam das Medienkunstarchiv des Ludwig Forums in Ihre Obhut? Wir verfügen über eine Sammlung von mehreren hundert Video- und Filmbändern. Als wir im Jahr 1991 aus der Neuen Galerie in das Ludwig Forum in der Jülicher Straße umzogen, entstand die Idee, diesen Bestand für interessierte Museumsbesucher zugänglich zu machen. Die Bibliothek schien dafür der geeignete Ort. Zunächst begann ich mit der Sichtung und Inventarisierung der Arbeiten. Es stellte sich aber schnell heraus, dass die Sammlung nur teilweise zugänglich gemacht werden konnte, weil einzelne Videobänder und Filme bereits altersbedingte Beschädigungen aufwiesen. Während verschiedene Videobänder zunächst noch zu wissenschaftlichen Zwecken zur Sichtung freigegeben wurden, blieben die Filmdosen verschlossen – bis auf einige Arbeiten von Andy Warhol, die einmal im Ludwig Forum öffentlich vorgeführt wurden. Bereits 1992 machten wir uns die ersten Gedanken über eine Digitalisierung der Videobänder der Sammlung. Ein Mitarbeiter des Andy Warhol Archivs in Pittsburgh besichtigte damals unser Archiv und machte uns darauf aufmerksam, dass die Lagerbedingungen nicht optimal gelöst sind und deshalb mit weiteren Schäden zu rechnen sein würde. Es existierte also ein Bestand an Film- und Videoarbeiten, die nicht im Zuge der Ankäufe inventarisiert wurden. Handelt es sich um Bänder der Ludwigschen Sammlung? Unser Haus lebt von der Sammlung Ludwig. Der Leiter der Vorgängereinrichtung Neue Galerie Sammlung Ludwig und Gründungsdirektor des Ludwig Forums Wolfgang Becker konnte nicht über städtische Ankaufsmittel verfügen. Für die Ankäufe von Medienkunst griff er auf die Mittel des Vereins der Freunde der Neuen Galerie zurück, die ihm dafür zur Verfügung gestellt wurden. Im Zusammenhang mit den Ausstellungen der Neuen Galerie begleitete Wolfgang Becker Peter Ludwig auf einigen Auslandsreisen und erwarb hierbei zahlreiche Filme und Videobänder internationaler Künstler. Dieser Bereich war immer von der Sammlung Ludwig getrennt und wurde als Eigentum der Stadt Aachen nicht im Inventar der Sammlung Ludwig erfasst. Dies ist vielleicht einer der Gründe, weshalb das Medienkunstarchiv lange Zeit nicht wirklich restauratorisch betreut wurde. Es stand immer etwas abseits, auch wenn wir uns seiner Bedeutung bewusst waren. In welcher Form wurde schließlich das Medienkunstarchiv inventarisiert? Wurde eine digitale Erfassung vorgenommen? Die einzelnen Arbeiten sind in einfacher Form inventarisiert worden. Die angekauften Videos und Filme wurden nach Zugang aufgestellt, und die durchlaufende Nummerierung entspricht der Aufstellung im Archiv. Die vergebenen Inventarnummern wurden zusammen mit den wichtigsten formalen Angaben, wie Künstlername, Filmtitel, Länge, Format, Entstehungsjahr usw. in einer Liste erfasst. Die Geschichte der Sammlung wurde leider nicht ausreichend dokumentiert und manche Angaben vermissen wir schmerzlich. Zum Teil kann nicht mehr rekonstruiert werden, wo die Arbeiten erworben wurden. Während der Planung der nächsten Konservierungsmaßnahme stellten wir kürzlich fest, dass uns einzelne Arbeiten nur in Fragmenten vorliegen. Wir können die Bänder nicht kontextualisieren und nachvollziehen, warum die Künstler, unter anderen Michael Snow, Keith Sonnier, Andy Warhol, diese Ausschnitte aus ihren Filmarbeiten herausgaben. fürchtenden Qualitätsverlustes dagegen. Die Technik war damals noch nicht ausgereift, und das Risiko erschien uns zu groß. Erst im Jahr 2004 wurden dreißig Bänder im U-matic-Format, auf die Initiative unseres Direktors Harald Kunde hin, digitalisiert und in der Ausstellung „video et cogito“ öffentlich präsentiert. Wer war für die Auswahl der zu digitalisierenden Videos im Haus zuständig? Es war ein komplexer Prozess, der in Zusammenarbeit mit Wolfgang Becker erfolgte, der als Einziger die Arbeiten wirklich gesehen hat und den Kontext der Ankäufe dokumentieren konnte. Bei der Auswahl der zu digitalisierenden Arbeiten stand die Frage des Erhaltes im Vordergrund. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit. Wir versuchen gemeinsam mit der Leitung des Hauses dem Verfall der Videobänder und Filme weiterhin wirksam entgegen zu treten. Wie gehen Sie mit den Informationen um, die Sie über die Video- und Filmsammlung zusammentragen? Wann erfolgte die Digitalisierung des Videobestandes? War der Beginn im Rahmen der Ausstellung „video et cogito“? Eine erste Initiative ergriffen wir, wie gesagt, bereits Anfang der 1990er Jahre. Eine Aachener Firma bot uns die Übertragung unserer U-matic-Bänder auf das damals gängige VHS-Format an. Wir entschieden uns aber aufgrund des durch die Übertragung zu be- Foto: Darija Šimunovi ć Vorerst sammeln wir alles, was wir in Erfahrung bringen können, ganz konventionell in Ordnern und Dateien. Die elektronische Erschließung in Form einer eigenen Datenbank oder im Rahmen unseres Bibliothekskatalogs ist angedacht. SONJA BENZNER Studium des Bibliothekswesens an Öffentlichen Bibliotheken, Fachhochschule Köln. Seit 1991 Bibliothekarin im Ludwig Forum für Internationale Kunst, Aachen. Seit 2007 Mitglied im Vorstand der Arbeitsgemeinschaft der Kunst- und Museumsbibliotheken (AKMB). Wie verlief der Prozess der Digitalisierung? Da hier differenzierte Spezialkenntnisse und eine technische Ausrüstung erforderlich sind, über die wir im Haus nicht verfügen, haben wir die Firma 235 Media in Köln mit der Digitalisierung beauftragt. Alle restauratorischen Arbeiten an den Bändern, die Bandreinigung etc. wurden von dem Videorestaurator Andreas Weisser durchgeführt. Vereinbart wurde eine Speicherung der Daten auf DigibetaVideokassetten als Masterband sowie Herstellung von DVDs als Vorführ- und Sichtungskopien. Leider verfügen wir über kein Abspielgerät für Digibeta-Kassetten, so dass wir im Falle einer Beschädigung der Vorführkopien darauf angewiesen sind, die Kassetten zur Erstellung von DVD-Kopien aus dem Haus zu geben. Wie reagieren die von Ihnen bisher kontaktierten Künstler auf den Vorschlag, ihre Arbeiten zu digitalisieren? Sehr unterschiedlich. Takahiko Iimura möchte beispielsweise das Resultat der Digitalisierung vorgelegt bekommen, bevor er die Genehmigung erteilt, die digitalisierte Version der Arbeit in das Archiv einzustellen bzw. sie öffentlich vorzuführen. Manche Künstler weisen darauf hin, dass die Arbeiten bereits digitalisiert worden sind und man sie käuflich erwerben kann. Das gilt für einige unserer Filme. Es ist teilweise kostengünstiger, die im Handel erhältlichen DVDs zu erwerben, als unsere Kopien auf alten Trägermedien restaurieren zu lassen. Ein anderes Beispiel wäre der israelische Künstler Michael Druks, den wir bezüglich einer Leihanfrage vom Felix-Nussbaum-Haus in Osnabrück kontaktierten. Er reagierte sehr positiv und erteilte uns seine Erlaubnis zur Digitalisierung einer Videoarbeit, um sie in der Ausstellung zeigen zu können. Haben Sie für die Digitalisierung des Bandes von Michael Druks ein externes Unternehmen herangezogen? Ja. Das können wir, wie gesagt, nicht hier im Haus leisten. Wir haben diesmal die Westdeutsche Programmentwicklungsgesellschaft aus Köln beauftragt, eine Tochtergesellschaft des WDR, die auch für die Digitalisierung des gesamten WDR-Archivs zuständig ist. Das Band von Michael Druks enthält eine Performanceaufnahme aus der Neuen Galerie in Aachen. Das Bild wurde nicht vom Künstler verfremdet und bearbeitet, so dass wir relativ einfach unterscheiden konnten, an welchen Stellen das Band zeitbedingte Beschädigungen aufwies. An diesen Stellen wurden minimale Ausgleiche vorgenommen. Der Charakter der ursprünglichen Videoaufnahme sollte bewahrt bleiben. Wir hatten leider keine Möglichkeit, den Künstler einzuladen und ihn in den Prozess der Digitalisierung zu involvieren, hoffen aber, dass ihn das Resultat zufrieden stellen wird. Kommunizieren Sie den Bedarf an Maßnahmen zum Erhalt der Video- und Filmsammlung, die Sie betreuen, hausintern weiter? Ja. Unter der Leitung unserer stellvertretenden Direktorin Dr. Annette Lagler planen wir noch in diesem Jahr die Erschließung der Filmsammlung – die Zustimmung der Künstler vorausgesetzt – und beabsichtigen im nächsten Jahr möglichst viele Videobänder bearbeiten zu lassen. Dafür hoffen wir auf Fördermittel des Landes Nordrhein-Westfalen. Um die Bedingungen der Entstehung der Arbeiten zu dokumentieren, planen wir, angeregt von Agathe Jarzcyk vom Projekt „AktiveArchive“ in Bern, Interviews mit den Künstlern durchzuführen. Haben Sie die bisher geführten Künstlerinterviews dokumentiert? Leider hatten wir bisher noch keine Zeit, das systematisch anzugehen. Aber wir werden sie sorgfältig dokumentieren und haben vor, die Aussagen der Künstler in eine Publikation einfließen zu lassen. Liegen Ihnen Künstleranweisungen zur Präsentation ihrer Arbeiten vor? Nein, eigentlich nicht. Die einzige Ausnahme ist der Film von Lothar Baumgarten „Der Ursprung der Nacht (A + B)“ aus den 70er Jahren. Die Arbeit wurde auf zwei 16mm-Rollen gefilmt und der Künstler wünscht sich eine übergangslose Vorführung der beiden Filmabschnitte. Man benötigt also zwei Projektoren für die Präsentation. Sehen Sie an dieser Stelle einen Bedarf, das Archiv weiter aufzuarbeiten? Denken Sie, dass im Falle einer Erweiterung der Sammlung der Umgang mit Neuzugängen von Medienkunst festgelegt werden sollte? Ja, unser Archiv sollte in dieser Hinsicht noch aufgearbeitet werden. Ankäufe neuerer Werke der Medienkunst wären wünschenswert, damit die Sammlung nicht als historischer Block stehen bleibt. Aber zurzeit verfügen wir leider über keinerlei Ankaufsmittel. Sollten aber neue Arbeiten erworben werden, würden wir künftig, vor dem Hintergrund der jetzigen Erfahrung, die Angaben, die uns jetzt fehlen, systematisch erfassen. Gleichzeitig wünsche ich mir eine zentrale Datenbank, in der wenigstens die formalen Daten der Medienbestände nordrheinwestfälischer Museen (oder darüber hinaus) abgerufen werden könnten. Vielleicht nach dem Modell des Verbundkatalogs Film im KOBV (Kooperativer Bibliotheksverbund Berlin Brandenburg), der bereits Nachweise der Filmbestände aus elf Institutionen enthält. Es käme dann zu einem flüssigeren Austausch von Informationen, die sonst in den einzelnen Häusern schlummern. -Interview vom 08.09.2008 in der Bibliothek des Ludwig Forum für Internationale Kunst, Aachen. Medienkunst in NRW: Bestand | Erhalt | Präsentation 23. Oktober 2008 Darf man Filmaufnahmen auf einem Monitor zeigen? Konservierung und Präsentation von Film- und Videokunst. Ein Erfahrungsbericht Interview mit Dr. Sylvia Martin, Kuratorin, Kunstmuseen Krefeld von Darija Šimunović, im Auftrag von imai – inter media art institute Die Film- und Videosammlung der Kunstmuseen Krefeld wird aktuell in der Ausstellung „video déjà vu?“ präsentiert. Die größtenteils in den 1970er Jahren erworbenen Arbeiten waren sehr lange für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Frau Martin, wie entdeckten Sie diesen in Vergessenheit geratenen Teil der Sammlung wieder? Meine Vorgängerin Beate Ermacora hatte bereits einen Vorstoß in diese Richtung gewagt, aber aus zeitlichen Gründen nicht weiter verfolgt. Vor zwei Jahren besichtigte ich zusammen mit unserem Restaurator Sebastian Köhler den im Keller des Kaiser Wilhelm Museums archivierten Videobestand. Die Qualität der Sammlung, die einige klangvolle Künstlernamen der frühen Videokunst enthält, beeindruckte mich. Wir fanden alte Bänder im Halbzoll- und U-matic-Format vor, die leider nicht gesichtet werden konnten. Der Bestand weckte mein Interesse. Wurden Ankäufe dieses Bereiches der Museumssammlung dokumentiert und in einem Bestandsverzeichnis erfasst? Wir haben ein handschriftliches Inventarbuch, in dem alle Arbeiten der Sammlung erfasst sind. Hier sind auch Angaben über den Zeitpunkt des Erwerbs zu finden. Vor zwei Jahren wurde die gesamte Sammlung der Kunst- museen Krefeld auf das Archivierungsprogramm MuseumPlus umgestellt. Seitdem sind ungefähr 12.000 Datensätze in der Datenbank erfasst worden. Die Erfassungssysteme werden parallel geführt. Welche Informationen werden über die Videosammlung erfasst? MuseumPlus ist ein sehr umfangreiches System, das uns viele Möglichkeiten bietet. Neben den Basisdaten über die Arbeiten können wir beispielsweise Filme hinterlegen, und das werden wir zukünftig auch tun. Die Videosammlung ist in der Datenbank vollständig erfasst, aber wir möchten die Daten zu dem Bereich der frühen Videos überarbeiten. Insbesondere die Erkenntnisse, die im Zuge der Ausstellung „video déjà vu?“ erlangt wurden, sollen hier nachgetragen werden. Haben Sie die Videobänder für die Ausstellung restaurieren lassen? Nein, wir haben lediglich konservatorische Maßnahmen durchführen lassen. Die Bänder wurden gereinigt und auf Digital Betacam überspielt. Neben den ursprünglichen Formaten haben wir jetzt auch die Ergebnisse der Konservierung, die in die MuseumPlusDatenbank Eingang finden werden. Jedes Band bzw. jede Arbeit wird nach der Konservierung eine Zustandsbeschreibung erhalten. Die wenigen Einzelfälle digitaler Nachbearbeitung der Bänder werden auch darin erfasst. Werden die Arbeiten im Zuge der von Ihnen geschilderten Maßnahmen auch digital aufbewahrt? für die Mediensammlung in dem neu geordneten Kellerbereich errichten. Ich bin überzeugt, dass wir durch diese Maßnahme gut für die Zukunft vorgesorgt haben. Unser Restaurator Sebastian Köhler wird im regelmäßigen Turnus die konservierten Bänder untersuchen, so dass eine kontinuierliche Betreuung gewährleistet ist. Sie erwähnten die geplante Hinterlegung von Filmen in der MuseumPlus-Datenbank. Soll das digitale Bewegtbildmaterial auf diese Weise zusätzlich verfügbar gemacht werden? Foto: Darija Šimunović Wir haben die Arbeiten als Digital Betacam vorliegen. Darüber hinaus werden alle Filme auf einer Festplatte archiviert. Von der Festplatte erstellen wir Vorführkopien auf DVD. Das vereinfacht den weiteren Umgang mit dem Material. Während der Katalogproduktion nutzten wir die auf der Festplatte gespeicherten Daten, um Standbilder aus den Videos für die Publikation zu erstellen. Es ist vorteilhaft, das Bildmaterial für solche Zwecke nicht außer Haus geben zu müssen. SYLVIA MARTIN Promotion in Kunstgeschichte an der Universität Köln. Kuratorin und wissenschaftliche Mitarbeite- Unser Ziel ist zunächst die Nachbereitung der Datensätze zur Videosammlung durch die Zustandsbeschreibungen. In einem zweiten Schritt sollen Filme in der Datenbank hinterlegt werden, aber in diesem Bereich haben wir noch keine Erfahrung sammeln können und müssen uns entsprechend informieren. Wird im Haus die Entwicklung langfristiger Strategien für die Archivierung der Video- und Filmsammlung angestrebt? Ja. Das Kaiser Wilhelm Museum soll ab 2009 saniert werden. Unsere Sammlung wird in den Magazinen des Museums aufbewahrt. Das Museum Haus Lange und das Haus Esters sind ausschließlich Ausstellungshäuser. Im Zuge der Sanierung werden im Kellerbereich die Räume neu geordnet. Während des Zweiten Weltkrieges wurden zur Stabilisierung des Gebäudes Wände eingezogen. Diese Wände werden im Zuge der Sanierung abgerissen. Wir werden einen klimatisierten Archivraum rin am Kunstmuseum sowie am museum kunst palast in Düsseldorf. Veröffentlichungen im Bereich der Kunst des 20. Jahrhunderts. Seit 2005 stellvertretende Direktorin der Kunstmuseen Krefeld. Wie lange haben die Konservierungsarbeiten gedauert? Die Konservierung und Transformation der gesamten Sammlung, die 38 Arbeiten beinhaltet, dauerte ungefähr drei Monate. Die Arbeiten wurden fast dreißig Jahre lang nicht vorgeführt. Die einzelnen Bänder mussten mehrfach in der Reinigungsmaschine behandelt werden. Die Gesamtdaten wurden uns von dem beauftragten Unternehmen auf Digital Betacam und auf einer Festplatte übergeben, und es wurden DVD-Kopien der einzelnen Arbeiten erstellt. Wie entstand die Zusammenarbeit mit der Digitalisierungsfirma Wagner aus Ingelheim? Die Kontaktaufnahme erfolgte auf Empfehlung des Restaurierungszentrums in Düsseldorf. Wir wollten die Bänder konservieren, und nicht restaurieren lassen. Zwei Bänder in der Sammlung sind nach der Konservierung immer noch stark beschädigt, und wir können sie nicht vorführen. Derzeit informiere ich mich, welche Möglichkeiten wir haben, diese Bänder zu behandeln. Die Sammlung ist für uns digital verfügbar, aber wir haben keine Möglichkeit, restauratorische Maßnahmen an den Bändern hier im Haus vorzunehmen. Berücksichtigen Sie bei der Art der Präsentation den historischen Kontext, in dem die Arbeit ursprünglich präsentiert wurde? Hier war der Austausch mit Ursula Wevers bezüglich der Bildqualität und der Bildfarbgebung des Materials für uns sehr hilfreich. Die Fernsehausstellungen „Land Art“ und „Identifications“ von Gerry Schum wurden im 16 mm-Filmformat erstellt und direkt für das Medium Fernsehen umformatiert. Im Rahmen der Ausstellung wurde ich mit dieser sehr interessanten Problematik konfrontiert: Kann man Arbeiten aus den 1970er Jahren, die ursprünglich im Filmformat entstanden sind, in der Ausstellung auf einem Monitor vorführen? Ein weiteres Beispiel sind drei Filmaufnahmen von Richard Serra, die in der Ausstellung auf dem Monitor zu sehen sind. Sie sind von dem Galeristen Serras als Tape veräußert worden. Folglich kann man sie auch auf einem Monitor zeigen. Wie umfangreich waren die konservatorischen Maßnahmen? Zu diesen Fragen hatte ich einen sehr intensiven Austausch mit Ursula Wevers. Sie war in den 70er Jahren stark in die internationale Kunstszene involviert und die Partnerin von Gerry Schum. Bei unseren Entscheidungen waren ihre Hinweise und Erklärungen von wesentlicher Bedeutung, insbesondere zu den einzelnen Bildqualitäten in den Fernsehausstellungen „Land Art“ und „Identifications“. Manche Filme hatten bestimmte Problematiken, die bereits bei der ursprünglichen Aufnahme vorhanden waren. Ohne die wertvolle Unterstützung von Frau Wevers hätten wir nicht beurteilen können, dass diese „Makel“, zum Beispiel eine leichte Unschärfe, die ursprüngliche Bildqualität wiedergeben. Eine Ausnahme sind zwei Videos, bei denen der Anfang des Bandes stark beschädigt war. Die ersten Sekunden sind häufig problematisch, dadurch dass die Bänder vollständig bespielt wurden. Frau Wevers konnte uns glücklicherweise digitales Material zur Verfügung stellen, um bei einem oder zwei Videos den Anfang der Arbeiten neu zu schneiden. Sie hat ihre Arbeiten im Zuge der technischen Entwicklung kontinuierlich auf die jeweils aktuellen Formate übertragen. Daher verfügt sie über sehr gutes Material, auch in digitaler Form. Diese Eingriffe, die zum Erhalt der Arbeiten notwendig waren, wurden dokumentiert und in den Zustandsbeschreibungen der beiden Filme erfasst. Die entsprechenden Vermerke sind auch auf den DVD-Kopien bzw. auf der Festplatte zu finden, um den aktuellen Zustand für uns zu dokumentieren. Wie gehen Sie in diesem Kontext mit dem Begriff des Originals um? Unsere Film- und Videosammlung ruhte dreißig Jahre lang, und eine Erfassung der Zustandsbeschreibungen ist in dieser Zeit vernachlässigt worden. Das ist meines Erachtens nicht von Nachteil. In den späten 1980ern und in den 1990er Jahren war das Bewusstsein für das Ausgangsmaterial, das Original, bei reproduzierbaren Werken nicht sehr ausgeprägt. Das Bewusstsein für diese Problematik ist in den Museen erst in den letzten Jahren gewachsen. Jetzt machen wir das akribisch und halten alle Schritte fest. An den Kunstmuseen Krefeld ist eine personelle und finanzielle Infrastruktur für den Erhalt der Video- und Filmsammlung aufgebaut worden. Wie haben Sie diesen Prozess in Gang gebracht? Das Land Nordrhein-Westfalen unterstützte die Maßnahme der Konservierung der Videosammlung. Eine der Bedingungen der Antragstellung war, die Sammlung zugänglich zu machen. Das haben wir gerne im Rahmen der Ausstellung „video déjà vu?“ umgesetzt. Ich erachte die Unterstützung des Landes als sehr wichtig, weil die durchgeführten Maßnahmen eine andere Qualität haben, als wenn man diesen Prozess als Sammlungspflege nebenbei im Museumsalltag betreiben würde. -Interview vom 17.09.2008 im Museum Haus Lange, Krefeld. Der Erhalt von Videobändern: Schäden erkennen, Risiken vermeiden, Daten sichern Freitag, 06. Februar 2009 im imai - inter media art institute mit Dipl.-Rest. Andreas Weisser Teilnehmerzahl begrenzt Gebühr: 90 Euro S K R O W P O H In Museen und Archiven lagern oft unzählige audiovisuelle Datenträger in den unterschiedlichsten Formaten, die zunehmend von Zerfallserscheinungen bedroht sind. In einigen Fällen ist so dass eine wissenschaftliche Inventarisierung nicht erfolgen kann. Der eintägige Workshop vermittelt die Grundkenntnisse zum Umgang mit Videobändern. Er richtet sich an SammlungsmitarbeiterInnen (Kustoden, Kuratoren, Restauratoren, Techniker, Archivare), die in ihrem Haus mit der Erhaltung und Archivierung von audiovisuellen Datenträgern konfrontiert sind und sich die Grundlagen zu diesem Thema aneignen möchten. Im theoretischen Teil des Workshops sollen zunächst die unterschiedlichen Datenträger – U-matic-Bänder, Laserdiscs, VHS-Bänder etc. – anhand von Anschauungsexemplaren vorgestellt werden. Dies soll die Teilnehmenden in die Lage versetzen, die Trägermaterialien, ler Datenträger werden anschließend erläutert. Zum Umgang mit den verschiedenen Medien werden praktische, umsetzbare Hinweise vermittelt. Dazu gehören die richtige Lagerung in Bezug auf Klima, Raumlage, Verpackung und Kombination mit anderem Sammlungsgut sowie Abspielhinweise. Ein Ausblick auf die ethischen und technischen Ansprüche einer fachgerechten Datensicherung – z.B. durch Digitalisierungsmaßnahmen – beschließt den theoretischen Teil des Workshops. Im praktischen Teil wird anhand des Videosystems U-matic das typische Innenleben eines Videogeräts vorgestellt und einfache Techniken zur Reinigung des Geräts demonstriert. Gleichzeitig sollen die Teilnehmenden erlernen, wie man Kassetten zerlegt oder im Gerät feststeckende Kassetten ohne Beschädigung wieder entfernt. Anmeldung: am Info-Stand der Tagung, per Fax: 0211-892-6686 oder E-mail: [email protected]