Landwirte-Verbraucher-Partnerschaften – Erfolgreiche
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Landwirte-Verbraucher-Partnerschaften – Erfolgreiche
Landwirte-Verbraucher-Partnerschaften – Erfolgreiche Kommunikation von Werten ökologischer Lebensmittel Ein Handbuch Katrin Zander, Ulrich Hamm, Bernd Freyer, Katharina Gössinger, Monika Hametter, Simona Naspetti, Susanne Padel, Hanna Stolz, Matthias Stolze und Raffaele Zanoli Projektpartner Landwirte-Verbraucher-Partnerschaften – Erfolgreiche Kommunikation von Werten ökologischer Lebensmittel Ein Handbuch Katrin Zander, Ulrich Hamm, Bernd Freyer, Katharina Gössinger, Monika Hametter, Simona Naspetti, Susanne Padel, Hanna Stolz, Matthias Stolze und Raffaele Zanoli Impressum Landwirte-Verbraucher-Partnerschaften – Erfolgreiche Kommunikation von Werten ökologischer Lebensmittel Katrin Zander, Ulrich Hamm, Bernd Freyer, Katharina Gössinger, Monika Hametter, Simona Naspetti, Susanne Padel, Hanna Stolz, Matthias Stolze und Raffaele Zanoli Copyright: Fachgebiet Agrar- und Lebensmittelmarketing, Universität Kassel, Witzenhausen, Deutschland, 2010 Fotos: ©BLE, Bonn: Dominic Menzler Gestaltung: Claudia Kirchgraber, FiBL Druck: Verlag Die Werkstatt, Göttingen ISBN: 978-87-92499-10-3 Die Autoren danken den Mitgliedern des ‘CORE Organic Funding Body Network’ für die Finanzierung des CORE Organic Pilotprojekts ‘Farmer Consumer Partnerships’. (EU FP6 ERA-NET project, CORE Organic - Coordination of European Transnational Research in Organic Food and Farming). CORE Organic Pilot Project Farmer Consumer Partnerships Die folgenden Einrichtungen und Personen waren Partner in dem Projekt ʄʄ Partner 1 (Koordinator): Universität Kassel, ʄʄ Partner 4: Mediterranean Agronomic Institute Fachgebiet Agrar- und Lebensmittelmarketing. of Bari, Socioeconomic Research Area; Kontakt: Kontakt: Prof. Dr. Ulrich Hamm und Dr. Katrin Dr. Roberta Callieris, Via Ceglie 9, I-70010 Valen- Zander, Steinstraße 19, D-37213 Witzenhausen zano (Bari) ʄʄ Partner 2: Universität für Bodenkultur Wien, ʄʄ Partner 5: The Organic Research Centre, New- Department für nachhaltige Agrarsysteme, bury, Elm Farm (before University of Wales Ab- Institut für ökologischen Landbau. Kontakt: erystwyth, Institute of Rural Sciences); Kontakt: Prof. Dr. Bernd Freyer, Gregor Mendel Straße 33, Dr. Susanne Padel, Hamstead Marshall, New- A-1180 Wien bury, Berkshire RG20 0HR, UK ʄʄ Partner 3: Università Politecnica delle Marche, ʄʄ Partner 6: Forschungsinstitut für biologischen Ancona, Faculty of Engineering; Kontakt: Prof. Landbau, Fachgruppe Sozioökonomie; Kontakt: Dr. Raffaele Zanoli, Via Brecce Bianchi, I-60131 Dr. Matthias Stolze, Ackerstrasse, CH-5070 Frick Ancona Inhalt Kapitel Eins: Warum Sie dieses Handbuch lesen sollten! 1 Kapitel Zwei: Verbraucherpräferenzen und Zahlungsbereitschaft für Öko-Lebensmittel mit zusätzlichen „ethischen“ Werten 3 Kapitel Drei: Ethische Anliegen im ökologischen Lebensmittelsektor 10 Kapitel Vier: Zertifizierung, Kennzeichnung und Standardisierung von zusätzlichen „ethischen“ Eigenschaften von Öko-Lebensmitteln 26 Kapitel Fünf: Was Sie mitnehmen sollten! 30 1 Kapitel Eins Warum Sie dieses Handbuch lesen sollten! Durch die zunehmende Beliebtheit ökologischer c) das Ableiten von Schlussfolgerungen im Hin- Lebensmittel bei Verbrauchern steigt auch das An- blick auf Möglichkeiten der Produktdifferen- gebot und der Wettbewerb zwischen ökologischen zierung. Erzeugern nimmt zu. Viele Produkte werden mittlerweile unter Bedingungen erzeugt, die zwar noch Zum anderen haben wir landwirtschaft- den Minimalanforderungen der EU-Öko-Verord- liche Betriebe sowie kleinere und mittlere Unter- nung an die Produktion entsprechen, in denen aber nehmen untersucht, die Produkte mit zusätzli- die ursprünglichen Werte der ökologischen Bewe- chen, über die EU-Öko-Verordnung hinausge- gung kaum noch beachtet werden. Diese ursprüng- henden „ethischen“ Eigenschaften, so genannte lichen Werte bestehen z. B. in fairen Arbeitsbedin- „ÖkoPlus“-Produkte, anbieten. Viele dieser Werte gungen, in der Integration von benachteiligten sind in den IFOAM-Prinzipien festgehalten. Unsere Menschen, in besonders artgerechter Tierhaltung, Beispiele zeigen, wie Landwirte die IFOAM-Prinzi- oder in der Erhaltung von bäuerlichen Traditio- pien (siehe Kasten 1) auf ihre praktische Tätigkeit nen und den regionaltypischen Landschaften. In übertragen und wie sie die Kommunikation mit jüngster Zeit gibt es eine wachsende Gruppe von Kunden gestalten. Im Einzelnen ging es darum, Konsumenten, die sich eine Orientierung des Öko- a) den jeweiligen Ansatz, der über die EU-Öko-Ver- Landbaus an diesen weitergehenden „ethischen“ Kriterien wünscht und durchaus bereit ist für diese „Mehr-Werte“ zu zahlen. Diesem Handbuch liegen zwei verschiedene Ziele zugrunde: Zum einen war es unser Anliegen, ordnung hinausgeht, zu verstehen, b) die jeweiligen Produkte und Aktivitäten aufzuzeigen und c) die Kommunikation dessen, was wir „ÖkoPlus“ nennen, an Verbraucher zu beschreiben. die „ethischen“ Kriterien ökologischer Erzeugung zu identifizieren, die für Konsumenten von Interesse Dieses Handbuch gibt Erzeugern und Verarbeitern sind. Hintergedanke ist, dass eine positive Einstel- Hinweise, wie sie ihre Marketingstrategie auf den lung der Verbraucher und ihre zusätzliche Zahlungs- „ethischen Konsumenten“ abstimmen und ihre bereitschaft für „Mehr-Werte“ Grundvoraussetzung Kommunikation mit den Kunden verbessern kön- für die Entwicklung eines entsprechenden Markt- nen. segmentes ist. Die Unterziele waren im Einzelnen: a) die Identifizierung von Präferenzen für verschiedene Aspekte dieser „Mehr-Werte“, b) die Überprüfung der Zahlungsbereitschaft für diese zusätzlichen „ethischen“ Produkteigenschaften und 2 Kasten 1: IFOAM (International Federation of Organic Agricultural Movements) Das übergreifende Ziel der Vereinigung interna- und verbessern.“ Das Prinzip der Ökologie besagt, tionaler Öko-Landbauverbände (IFOAM) ist es die dass ökologische Landwirtschaft „auf lebendigen weltweite „ökologische Bewegung“ zu führen, zu ökologischen Systemen und Zyklen basiert, mit vereinigen und ihr in ihrer gesamten Vielfalt beizu- ihnen arbeitet, ihnen nacheifert und helfen soll, stehen. Zu den wichtigsten Anliegen gehören der sie aufrecht zu erhalten.“ Das Prinzip der Gerech- Aufbau einer globalen Plattform der Öko-Bewegung tigkeit zielt darauf ab, dass die ökologische Land- und die Entwicklung, Umsetzung und Kommunika- wirtschaft „auf Beziehungen aufbaut, die unter Be- tion der Prinzipien des ökologischen Landbaus. Im rücksichtigung gemeinsamer Umweltbedingungen Jahr 2005 hat die IFOAM einen Prozess angestoßen, und Lebenschancen Gerechtigkeit sicherstellen.“ um die grundlegenden Prinzipien des ökologischen Schließlich verlangt das Prinzip der Fürsorge eine Landbaus zu definieren. Als Ergebnis wurden die Wirtschaftsweise, die auf „eine vorbeugende und vier Prinzipien „Gesundheit“, „Ökologie“, „Gerech- verantwortungsvolle Art betrieben wird, um die tigkeit“ und „Fürsorge“ festgeschrieben. Gesundheit und das Wohlbefinden der gegenwärti- Dem Prinzip der Gesundheit folgend soll die ökologische Landwirtschaft „die Gesundheit von gen und zukünftigen Generationen sowie die Umwelt zu schützen.“ Böden, Pflanzen, Tieren, Menschen und des ganzen Planeten als untrennbare Einheit aufrecht erhalten Quelle: www.ifoam.org Im Anschluss an diese Einleitung werden die Ein- Berichten sind dem Literaturverzeichnis am Ende stellungen der Verbraucher hinsichtlich zusätzli- zu entnehmen. Wir haben aus Gründen der bes- cher ethischer Werte von Öko-Lebensmitteln un- seren Lesbarkeit darauf verzichtet, sämtliche wis- tersucht. Das daran anschließende dritte Kapitel senschaftliche Literatur, die bei der Erstellung der konzentriert sich auf die Sicht der Erzeuger und Studien berücksichtigt wurde, an den einzelnen Verarbeiter bzw. des Handels. Die ethischen Anlie- Stellen dieses Handbuchs jeweils detailliert aufzu- gen ökologischer Landwirte und Hersteller werden führen. mit der EU-Öko-Verordnung verglichen. Darüber hi- Das vorliegende Handbuch ist das Ergeb- naus enthält das Kapitel Beispiele für ökologische nis des CORE Organic Pilotprojektes „Farmer Con- Unternehmen, die „ethische“ Gedanken erfolgreich sumer Partnerships“ (FCP). Ziel des Projektes war in ihrer Unternehmenspolitik umsetzen. Kapitel 4 es, mit einem mehrstufigen Forschungsansatz viel beschäftigt sich mit der Zertifizierung, der Kenn- versprechende „ethische“ Werte zu identifizieren, zeichnung und der Notwendigkeit, klare Definitio- die über die EU-Öko-Standards hinausgehen. Sechs nen zu erarbeiten, um langfristig ein erfolgreiches Partnerinstitutionen aus fünf europäischen Staa- „ÖkoPlus“-Marktsegment aufzubauen. ten waren an diesem internationalen Forschungs- Die vier offiziellen Projektberichte mit projekt beteiligt und führten die Untersuchungen allen Ergebnissen, auf denen dieses Handbuch in ihren Ländern durch: Deutschland, Italien, Öster- aufbaut, sind im Internet über unsere Homepage reich, Schweiz und Großbritannien. in englischer Sprache verfügbar (http://fcp.coreportal.org/). Die genauen Links zu den jeweiligen 3 Kapitel Zwei Verbraucherpräferenzen und Zahlungsbereitschaft für ÖkoLebensmittel mit zusätzlichen „ethischen“ Werten Dieses Kapitel befasst sich mit den Einstellungen An Beispielen von Regionalvermarktungs- der Konsumenten zu ethischen „Mehr-Werten“ und „Fair Trade“-Produkten zeigt sich, dass Verbrau- von ökologischen Lebensmitteln. Ausgangspunkt cher von ökologischen Lebensmitteln durchaus ist die allgemeine Betrachtung des „Ethischen bereit sind einen Aufpreis für „ÖkoPlus“-Produkte Konsums“, um dann der Frage nachzugehen, wel- zu zahlen, wenn die besonderen Eigenschaften che speziellen „ethischen“ Attribute den Kunden richtig kommuniziert werden. Doch gerade daran wichtig sind. mangelt es noch in vielen Fällen. So werden fehlende Verbraucherinformation und unzureichende Ausgelöst durch die Globalisierung und die Anony- Kommunikation zu den wichtigsten Hemmnissen mität des Handels und den damit einhergehenden gezählt, wenn es darum geht „ÖkoPlus“-Produkte Veränderungen der Produktionsstrukturen setzen erfolgreich zu vermarkten. auch Teile der Öko-Branche zunehmend auf eine Öko- Bei kurzen Wertschöpfungsketten mit di- Massenproduktion. So wird auch der Wettbewerb rekten Erzeuger-Verbraucher-Beziehungen, wie z. B. innerhalb der Öko-Branche immer stärker über die in Hofläden, fällt die Vermittlung ethischer „Mehr- Preispolitik ausgetragen. „Ethische“ Aspekte, die die Werte“ relativ leicht (1). Im Gegensatz dazu sind die Anforderungen der EU-Öko-Verordnung übersteigen Herausforderungen für eine erfolgreiche Kommu- und die ursprünglich Grundlage des Öko-Landbaus nikation bei mehrstufigen Absatzwegen über viele gewesen sind, gehen damit zumindest bei einem Unternehmen hinweg (z. B. Landwirt, Landhändler, Teil des Öko-Angebots verloren. Andererseits gibt es Verarbeiter, Lebensmittelgroß- und -einzelhändler) auch Konsumenten, die Kritik an dieser Entwicklung zu Verbrauchern ungleich größer. Hier ist ein gründ- üben und – wie etliche Beispiele zeigen – durchaus liches Verständnis der speziellen Verbraucherwün- bereit sind, einen Mehrpreis für die „Mehr-Werte“ sche Voraussetzung für eine erfolgreiche Vermark- von solchen Öko-Produkten zu zahlen, die ihren tung von „ÖkoPlus“-Produkten. persönlichen ethischen und moralischen Grundsätzen entsprechen. Öko-Lebensmittel, die ethischen Verbraucherinteresse an zusätzlichen ethischen Kriterien folgen, die über den EU-Standards liegen, Eigenschaften von ökologischen Lebensmitteln werden als „ÖkoPlus“-Produkte bezeichnet. Es ist Im Allgemeinen haben Käufer von Bio-Produkten Ziel dieses Kapitels, aufzuzeigen, welche speziel- ein größeres Interesse an sozialen und ökolo- len „ethischen“ Produkteigenschaften Öko-Kunden gischen Aspekten als der durchschnittliche Kon- bevorzugen. Auf diese Produkteigenschaften muss sument (2, 3 ,4). Neben egoistischen Motiven für dann die Kommunikation der „ÖkoPlus“-Anbieter den Konsum ökologischer Lebensmittel, wie z. B. ausgerichtet werden, um sich im Wettbewerb mit Gesundheit und Geschmack, gibt es hinreichende anderen Öko-Anbietern zu behaupten. Belege für ethisch motiviertes Käuferverhalten. 4 Gründe können der Umweltschutz, die artgerechte gische, soziale und wirtschaftliche Nachhaltigkeit. Tierhaltung, die Stärkung regionaler Strukturen Diese drei Dimensionen können um kulturelle As- und das Wohlergehen der Erzeuger und Herstel- pekte und die Tiergerechtheit erweitert werden. ler von ökologischen Lebensmitteln sein (5, 6, 7, 8). Tabelle 1 gibt einen Überblick über die wichtigsten Der Kauf von Öko-Produkten ist somit eine Form ethischen Anliegen von Öko-Käufern, zusammen- „ethischen Konsums“, die sich auf gesellschaftliche gestellt auf der Grundlage einer umfangreichen Werte wie das Wohl aller Menschen, Tiere und der Literaturrecherche. Umwelt stützt. Die ethischen Anliegen der ÖkoKäufer lassen sich entsprechend der drei Säulen des Nachhaltigkeitskonzeptes einordnen: ökolo- Tabelle 1: Ethische Anliegen von Öko-Käufern Kategorien Anliegen Ökologisch > Nachhaltige Ressourcennutzung > Schutz der Ökosysteme > Erhalt der Artenvielfalt > Minimierung der Umweltverschmutzung Sozial > Soziale Verantwortung, Arbeit mit Behinderten > Lebensmittelqualität und -sicherheit, Gesundheit > Transparenz und Vertrauen Ökonomisch > Faire Preise für Landwirte > Faire Preise für Verbraucher, Erschwinglichkeit Andere > Traditionelle, handwerkliche, kulturelle und regionale Besonderheiten der Produktion > Artgerechte Tierhaltung Viele der ethischen Werte, die von Verbrauchern „zusätzliche ethische Produkteigenschaften“ oder mit ökologischer Landwirtschaft in Verbindung ge- „ÖkoPlus“-Eigenschaften. Diese zusätzlichen Werte bracht werden, sind Bestandteil der EU-Öko-Verord- entsprechen überwiegend der Philosophie der Pio- 1 nung 834/2007 (siehe Kapitel 3). Anliegen, die über niere aus den Anfängen des Öko-Landbaus. die EU-Verordnung hinausgehen, sind so genannte 1 Verordnung (EG) Nr. 834/2007 vom 28. Juni 2007 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91. Amtsblatt der Europäischen Union L 189/1 (20.7.2007). 5 Auf der Basis der Literaturrecherche und so viele Informationen zu den verschiedenen „ethi- einer zusätzlichen Erhebung zu „ethischen“ Argu- schen“ Produkteigenschaften einzuholen, wie sie menten, die bereits heute von Landwirten genutzt benötigen, um sich anschließend für ein Öko-Milch- werden, haben wir für unsere weitere Forschungs- Angebot zu entscheiden. Die „ÖkoPlus“-Produkte arbeit die folgenden Produkteigenschaften ausge- waren mit einem 20-prozentigen Preisaufschlag wählt: gegenüber dem Standard-Öko-Produkt versehen. ʄʄ artgerechte Tierhaltung, Da anzunehmen ist, dass die Teilnehmer als erstes ʄʄ regionale Produktion, Informationen zu solchen Produkteigenschaften ʄʄ faire Erzeugerpreise, abrufen, die für ihre Kaufentscheidung am wich- ʄʄ soziale Landwirtschaft, Integration benachtei- tigsten sind, wurden die Erstaufrufe der Informati- ligter Menschen, onen genau erfasst. ʄʄ soziale Kriterien der Produktion, wie z. B. Unter- Die Ergebnisse dieses Tests werden in stützung von Familienbetrieben oder gerechte Tabelle 2 wiedergegeben. Im Durchschnitt aller Arbeitsbedingungen Länder wurde „artgerechte Tierhaltung“ am häu- ʄʄ Schutz der Artenvielfalt und figsten als erste Produkteigenschaft abgerufen, ge- ʄʄ kulturelle Besonderheiten, wie z. B. Erhalt der folgt von „regionale Erzeugung“ und „faire Erzeu- Kulturlandschaft oder traditioneller Herstel- gerpreise“. An nächster Stelle kam der Kaufpreis. In lungsverfahren. den einzelnen Ländern gab es dabei verschiedene Schwerpunkte. Schweizer Teilnehmer bevorzugten Mittels einer Erhebung unter Käufern von „artgerechte Tierhaltung“ und „regionale Erzeu- Öko-Milch wurden in den fünf Untersuchungslän- gung“ sehr viel stärker als alle anderen Produkt- dern rund 1200 Verbraucher zu ihren Vorlieben und eigenschaften. Testpersonen in Italien wiederum Wünschen bezüglich zusätzlicher „ethischer“ Pro- legten größeren Wert auf „regionale Erzeugung“ dukteigenschaften von Öko-Lebensmitteln befragt. als auf „artgerechte Tierhaltung“ und suchten eher Für die computergestützte Untersuchung wurde nach Informationen zum „Kaufpreis“ als nach Infor- ein Programm verwendet, bei dem die Testperso- mationen zur Eigenschaft „faire Erzeugerpreise“. nen Informationen über zusätzliche Merkmale für einen Liter Milch abrufen konnten. Dabei unterschieden sich die sechs verschiedenen Milchangebote durch eine unterschiedliche Kombination verschiedener zusätzlicher „ethischer“ Merkmale. Eine siebte Milchpackung stellte ein Standard-ÖkoProdukt dar. Die Verbraucher wurden aufgefordert, 6 Tabelle 2: Anteil der jeweiligen Produktmerkmale an den Erstabrufen von Informationen (in %) Deutschland Großbritannien Italien Österreich Schweiz Artgerechte Tierhaltung 22,1 17,9 18,0 21,3 27,6 Regionale Erzeugung 22,9 17,1 21,9 19,2 25,1 Faire Preise für Landwirte 15,4 14,6 8,2 17,1 13,4 Produktpreis 11,3 14,6 20,6 13,8 6,7 Projekte für sozial Benachteiligte 7,9 9,6 9,4 9,6 4,6 Soziale Kriterien der Erzeugung 10,8 6,7 9,4 6,3 5,9 Erhalt der Artenvielfalt 5,8 9,6 6,9 5,0 9,2 Kulturelle Besonderheiten 7,9 10,0 5,6 7,9 7,5 Total 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 Ein anderer Indikator war der Anteil der Teilneh- als bei Gelegenheitskäufern. Nur 5,5 % entschie- mer, die wenigstens einmal Informationen zu der den sich im Durchschnitt für das preisgünstigste entsprechenden abgefragt Standard-Öko-Produkt. Lediglich 2,5 % der Intensiv- haben. Hier war die Reihenfolge fast identisch mit käufer wählten dieses Produkt, während sich 7,3 % der oben vorgestellten Reihenfolge der Erstabrufe. der Gelegenheitskäufer hierfür entschieden. Diese Nach der Informationssuche mussten die Testper- Ergebnisse zeigen, dass Intensivkäufer weniger sonen eine virtuelle Kaufentscheidung für ein Pro- preissensibel als Gelegenheitskäufer sind und dass dukt treffen. Ein interessantes Ergebnis war, dass die überwiegende Mehrheit der Teilnehmer eine nur rund 80 % der Testpersonen mindestens einmal zusätzliche Zahlungsbereitschaft für „ethische“ die Eigenschaft „Kaufpreis“ abfragten, bevor sie Produkteigenschaften von Öko-Produkten hat. Produkteigenschaft ihre virtuelle Kaufentscheidung trafen. Umgekehrt In allen fünf Ländern waren „artgerech- heißt das, dass sich 20 % der Befragten für eine te Tierhaltung“, „regionale Erzeugung“ und „fai- Milch entschieden, ohne überhaupt einmal Infor- re Erzeugerpreise“ die wichtigsten zusätzlichen mationen zum „Kaufpreis“ abzufragen. Dieser Pro- „ethischen“ Eigenschaften von ökologischen Le- zentsatz war bei regelmäßigen Öko-Käufern höher bensmitteln, wenngleich die Reihenfolge leicht 7 variierte. Diese Eigenschaften wurden im nächsten Hennen werden mit Liebe und Respekt gehalten“ Schritt der Untersuchung für die Gestaltung von waren bei einigen Teilnehmern der Diskussionen be- Eierpackungen eingesetzt. Eine Marketingagen- liebt, bei anderen weniger. Insbesondere Teilnehmer tur wurde mit der Entwicklung von Eierkartons in Deutschland und der Schweiz bevorzugten deut- beauftragt, die verschiedene Informationen zu lich sachlichere Argumente. „ethischen“ Produkteigenschaften wiedergeben In Hinblick auf die Produkteigenschaft sollten. In allen Ländern wurden dieselben Werbe- „regionale Erzeugung“ möchten die Verbraucher texte verwendet und in die jeweilige Landesspra- konkrete Angaben zum Herstellungsort oder sogar che übersetzt. In dieser Phase der Untersuchung zum Landwirt. Generell wurden lokale den regiona- wurden Gruppendiskussionen durchgeführt bei len Produkten und regionale Produkte solchen mit der jeweils ein Moderator eine Diskussionsrunde nationaler Herkunft vorgezogen. „Auf kurzen Trans- mit sechs bzw. zwölf Teilnehmern (Verbrauchern) portwegen und mit geringer Umweltbelastung“ ist leitete. Die Diskussionsrunden gaben Einblick in ein Beispiel für eine kurze und prägnante Aussage, ein breites Spektrum an Verbrauchermeinungen die von vielen Diskussionsteilnehmern begrüßt und Standpunkten zu den Werbetexten (10). wurde. Die in den Diskussionsrunden präsentier- Die „ÖkoPlus“ -Eigenschaft „faire Erzeuger- ten Werbetexte auf den Verpackungsetiketten der preise“ war im Zusammenhang mit der ökologi- Eier waren eher emotional angelegt und zielten schen Eierproduktion eher schwer vermittelbar. recht stark auf die Gefühlsebene der Verbraucher Die Verbindung mit dem „Fair Trade“-Gedanken, ab. In allen Ländern, außer Italien, lehnten die Teil- der Erzeuger in Entwicklungsländern unterstützt, nehmer diese Etiketten überwiegend ab, weil sie war nicht hilfreich. Eine verbreitete Meinung bei sich unter Druck gesetzt fühlten, „Gutes“ zu tun, den Verbrauchern war, dass die Situation europäi- indem sie „ÖkoPlus“-Eier kaufen. Insgesamt bevor- scher Landwirte nicht mit der armer Bauern in Ent- zugten die Teilnehmer Etiketten mit knappen und wicklungsländern vergleichbar sei. Die Diskussi- einfachen Aussagen über für sie relevante Aspekte onsteilnehmer verstanden nicht, warum heimische der Erzeugung. Eiererzeuger spezielle Unterstützung erhalten soll- Die Ergebnisse der Gruppendiskussionen ten. Dies zeigt, dass die Aussage „faire Erzeuger- zeigten, dass Argumente zur „artgerechten Tierhal- preise“ in Bezug auf europäische Landwirte nur tung“ am besten angenommen wurden, gefolgt von schwer zu vermitteln ist. Möglicherweise hängen „regionaler Erzeugung“ und „fairen Erzeugerprei- die Käuferreaktionen auf die Aussage „faire Erzeu- sen“. Die Argumente zur „artgerechten Tierhaltung“, gerpreise für unsere Bauern“ auch vom Produkt ab, wie z. B. „Die Hühner können im Freien herumlaufen“ denn es gibt einige gut funktionierende Beispiele wurden in allen Ländern begrüßt. Aussagen wie „Die für die Vermarktung von Milch (siehe Kapitel 3). 8 Im nächsten Schritt zur Untersuchung der britannien. Aus anderen Studien ist bekannt, dass Produkteigenschaften wurden in jedem Land mit „artgerechte Tierhaltung“ Verbrauchern in Italien 80 Konsumenten so genannte Kaufexperimente weniger wichtig ist als in anderen Ländern. durchgeführt. Das Ziel war, die Vorlieben der Ver- Die Eigenschaft „faire Erzeugerpreise“ er- braucher und ihre Zahlungsbereitschaft für einzel- höhte die Kaufwahrscheinlichkeit nur in der ne „ÖkoPlus“-Argumente in einem realitätsnahen Schweiz und in Deutschland. Die Unterschiede zwi- Versuchsaufbau zu testen. Es wurden wieder die schen den Ländern könnten auf die zum Zeitpunkt drei wichtigsten „ethischen“ Produkteigenschaf- der Untersuchung aktuelle Debatte über „faire“ ten „artgerechte Tierhaltung“, „regionale Erzeu- Milchpreise in Deutschland und der Schweiz zu- gung“ und „faire Erzeugerpreise“ untersucht (11). rückzuführen sein. Diese Ergebnisse scheinen dem Da die ursprüngliche, eher gefühlsbetonte Gestal- Ausgang der Gruppendiskussionen zu widerspre- tung der Verpackungsetiketten von den meisten chen, in denen die Texte über „faire Erzeugerprei- Diskussionsteilnehmern abgelehnt worden war, se“ überwiegend abgelehnt wurden. Bei genauerer wurden die Etiketten geändert und die Aussagen Betrachtung scheint die Erklärung hierfür in dem zu den „ÖkoPlus“-Eigenschaften in klare und sach- Umstand begründet, dass sachliche Aussagen zu liche Argumente gefasst. höheren Erzeugerpreisen die Verbraucher durch- Die Ergebnisse zeigen auch hier, dass die aus ansprechen, während die stärker gefühlsbe- Testpersonen im Allgemeinen „ÖkoPlus“-Produkte tonten Aussagen, die in den Diskussionsrunden ge- bevorzugten. Tabelle 3 veranschaulicht, dass in al- testet wurden, sich als ungeeignet herausstellten, len Ländern das Argument „regionale Erzeugung“ die Idee der „fairen Erzeugerpreise“ für Eier zu ver- die Kaufwahrscheinlichkeit eines Produktes er- mitteln. Verbraucher möchten nicht das Gefühl be- höhte. Lediglich in Österreich wurden in gleichem kommen „unmoralisch“ zu handeln, wenn sie nicht Maße Eier aus „inländischer Produktion“ ohne ge- das „ethische“ Produkt kaufen. nauere Herkunftsangabe bevorzugt. Die ansonsten überraschend geringe Bevorzugung von Eiern aus „inländischer Erzeugung“ ist möglicherweise darauf zurückzuführen, dass Verbraucher dies schlicht voraussetzen, so dass „aus inländische Erzeugung“ nicht als zusätzlicher „ethischer“ Wert angesehen wurde. Durch Tierhaltungsstandards, die die EUVerordnung übertreffen, wurde der Kauf eines Produktes in Deutschland, Österreich und der Schweiz wahrscheinlicher, nicht jedoch in Italien und Groß- 9 Tabelle 3: Produkteigenschaften, die zu einer erhöhten Kaufwahrscheinlichkeit für Öko-Eier führen Deutschland Großbritannien Italien Österreich Schweiz X X X X X Aus der eigenen Region Aus nationaler Erzeugung X Höhere Tierhaltungsstandards X Faire Preise für unsere BioBauern: 20 Cent/20 Pence/50 Rappen zusätzlich X Niedrigere Produktpreise X X X X X X X X Aus dem Vergleich der Zahlungsbereitschaften für zusätzliche Zahlungsbereitschaft für das Argument die jeweiligen Eigenschaften kann man auf die re- „artgerechte Tierhaltung“ am höchsten und für lative Wertschätzung der Teilnehmer schließen (Ta- „regionale Erzeugung“ am niedrigsten.2 Für „faire belle 4). In den meisten Ländern war das Argument Erzeugerpreise“ gab es weder in Italien noch in Ös- „aus der eigenen Region“ am wichtigsten, da die terreich oder Großbritannien eine zusätzliche Zah- zusätzliche Zahlungsbereitschaft hier am höchsten lungsbereitschaft. Teilnehmer in Italien und Groß- war. Darauf folgten die Argumente „höchste Tier- britannien zeigten nur für die „ÖkoPlus“-Eigenschaf- haltungsstandards“ und „faire Erzeugerpreise“ in ten „aus der eigenen Region“ eine zusätzliche Zah- Deutschland und der Schweiz. In Österreich war die lungsbereitschaft. Tabelle 4: Ranking der drei wichtigsten „ethischen“ Eigenschaften auf der Grundlage der zusätzlichen Zahlungsbereitschaft der Verbraucher Deutschland Großbritannien Italien Österreich Schweiz Aus der eigenen Region 1 1 1 3* 1 Aus nationaler Erzeugung – – – 2* – Höhere Tierhaltungsstandards 2 – – 1 2 Faire Preise für unsere Bio-Bauern: 20 Cent/20 Pence/50 Rappen zusätzlich 3 – – – 3 * Die Differenz in der Zahlungsbereitschaft zwischen regionaler und nationaler Erzeugung ist so gering, dass der Unterschied zu vernachlässigen ist. Unsere Ergebnisse machen deutlich, dass Landwirte haltung“ legen sollten. „Faire Erzeugerpreise“ können und Verarbeiter den Fokus auf die Kommunikation darüber hinaus in Deutschland und der Schweiz als von „regionaler Erzeugung“ und „artgerechter Tier- erfolgversprechende Argumente angesehen werden. 2 Die Befragung wurde mit Teilnehmern aus Wien durchgeführt. Es ist vorstellbar, dass die Ergebnisse anders ausgefallen wären, wenn Verbraucher aus anderen Teilen Österreichs befragt worden wären. 10 Kapitel Drei Ethische Anliegen im ökologischen Lebensmittelsektor Dieses Kapitel untersucht ethische Anliegen und Themen, u. a.: Konzepte ökologischer Erzeuger, Verarbeiter und ʄʄ Ausbildung und Förderung von Qualifikationen Händler und vergleicht diese mit Öko-Standards. von Mitarbeitern, Hiermit wird gezeigt, welche Aspekte wirklich „zu- ʄʄ Chancengleichheit, sätzlich“ sind, d. h. über die EU-Öko-Verordnung ʄʄ Gesundheit und Sicherheit, 834/2007 hinausgehen. Beispiele verdeutlichen, ʄʄ Lokales und gesellschaftliches Engagement, dass Öko-Produzenten häufig aus eigener Über- ʄʄ Ökologische Nachhaltigkeit in Produktion und zeugung und persönlicher Sorge um den Öko-Land- Konsum. bau handeln, und zeigen, wie dies in der Kommunikation mit Verbrauchern genutzt werden kann. Viele Firmen haben CSR-Konzepte entwickelt, um ihre gesellschaftliche Verantwortung zum Ausdruck „Ethik“ bezieht sich auf die Werte, Grundsätze und zu bringen. Nicht selten ist dies bedingt durch per- Regeln, nach denen Menschen leben. Ethisches Han- sönliche ethische Erwägungen der Unternehmer deln bedeutet, diese Werte ernst zu nehmen und das selbst. Die Beweggründe können aber genauso rein Alltagsleben einschließlich der Kaufentscheidungen ökonomischer Natur sein, z. B. Kosteneinsparungen daran auszurichten (12). Dabei ist „Ethischer Han- durch Innovationen, die den Ressourceneinsatz del“ ein allgemeiner Begriff, der für die Berücksich- verringern. In ähnlicher Weise können verbesserte tigung gesellschaftlicher Werte in Produktion und Arbeitsbedingungen positiv auf die Motivation der Marketing steht. Diese Werte können am Menschen Mitarbeiter und damit auf die Arbeitsproduktivität ausgerichtet sein (Arbeitsrechte, Lebensstandard wirken. Dieser letzte Aspekt kann einem Unterneh- von Erzeugern), sie können den Fokus auf Umwelt men auch im Wettbewerb um Arbeitskräfte Vorteile schonende, ökologisch nachhaltige Produktionsver- bringen. Gerade im Lebensmittelsektor haben Un- fahren legen oder das Tierwohl in den Vordergrund ternehmer begriffen, dass eine unbelastete Umwelt stellen bzw. verschiedene der genannten Aspekte eine Grundvoraussetzung für die Erzeugung qualita- beliebig miteinander kombinieren (13). tiv hochwertiger und gesunder Lebensmittel ist. Auf Unternehmensebene spiegelt der Begriff „Corporate Social Responsibility“ Verglichen mit größeren Unternehmen sind (CSR) (in kleine und mittlere Firmen deutlich zurückhaltender etwa „Gesellschaftliche Verantwortung von Unter- in der Umsetzung formaler CSR-Konzepte und dem nehmen“) ethische Überlegungen wider. Zentrales damit verbundenen Zertifizierungsaufwand, da sie die Merkmal dieses Konzeptes sind Aktivitäten, die Kosten scheuen (15). Auf der anderen Seite können ge- über gesetzliche Mindestanforderungen hinaus- rade kleinere und mittlere Unternehmen sehr effektiv gehen und denen Firmen freiwillig nachgehen (14). auf spezielle Kundenwünsche durch die Umsetzung Der Begriff umfasst eine beachtliche Anzahl von von weniger formalen CSR-Ansätzen reagieren (16). 11 Öko-Lebensmittel, ethische „Mehr-Werte“ und ventionellen Landwirtschaft dienen sollte. Dies Beispiele erfolgreicher Kommunikation beinhaltete eine Reihe von ethischen Überlegun- Die Öko-Branche ist ein erfolgreiches Beispiel gen. Besonders wichtig waren und sind den Erzeu- „ethischer“ Produktionsmethoden innerhalb des gern immer noch Werte, wie gesamten Lebensmittelsektors. Ökologische Er- ʄʄ nachhaltige Ressourcennutzung, zeugung nach den Richtlinien der EU-Verordnung ʄʄ geringer Einsatz von Pflanzenschutz- und mi- berücksichtigt besonders Umweltaspekte in der neralischen Düngemitteln (geschlossene Be- Produktion. Dennoch gibt es ethische Anliegen, die triebskreisläufe), offensichtlich von diesen Standards nicht abgedeckt werden. Diese zusätzlichen „ethischen“ As- ʄʄ Umweltschutz, Erhalt von Artenvielfalt und Landschaftsbild, pekte werden hier aufgezeigt und mit der EU-Öko- ʄʄ wirtschaftliche und soziale Gerechtigkeit, Verordnung verglichen. Das Hauptaugenmerk liegt ʄʄ regionale und lokale Erzeugung sowie ein auf den Belangen der Öko-Landwirtschaft. ʄʄ honoriges Geschäftsgebaren zwischen den Die EU-Verordnung 834/2007 bildet den Rahmen für die ökologische Erzeugung, indem sie Handelspartnern vom Landwirt bis zum Verbraucher (17). die grundsätzlichen Zielen und Prinzipien festhält. Diese Verordnung beinhaltet auch Richtlinien für Diese Anliegen spiegeln sich in den vier Grundsät- bestimmte Sektoren (z. B. Primärproduktion, Verar- zen der ökologischen Landwirtschaft wider, die beitung) und verbindliche Vorschriften für ökolo- 2005 von IFOAM entwickelt wurden (Gesundheit, gische Produktionsprozesse. Die Durchführungs- Ökologie, Gerechtigkeit und Fürsorge; siehe Kasten verordnung (EU-VO 889/2008)3 gibt detaillierte 1 in Kapitel 1) (18). Diese Grundsätze stellen zwar Regeln zur Umsetzung der Verordnung in den EU- eine wichtige Orientierung für den Öko-Sektor dar, Mitgliedsländern vor und umfasst mehrere Anhän- allerdings haben sie überwiegend keinen Nieder- ge, die u. a. so genannte Positivlisten mit erlaub- schlag in der EU-Öko-Verordnung gefunden. ten Betriebsmitteln oder Zusatzstoffen enthalten. Die ethischen Anliegen ökologischer Pro- Sowohl die Grundsätze als auch die Vorschriften duzenten und Verarbeiter können – ähnlich wie in dieser Verordnungen sind für alle Öko-Betriebe ver- Kapitel 2 für die Verbraucher beschrieben – unter bindlich, allerdings wird im Rahmen der jährlichen den vier Kategorien ökologischer, gesellschaftli- Kontrollbesuche hauptsächlich die Einhaltung von cher, wirtschaftlicher und kultureller/anderer As- konkreten Produktionsvorschriften überwacht. pekte zusammengefasst werden. Tabelle 5 stellt In den Anfängen der Öko-Bewegung wollten die Pioniere ein System entwickeln, das in vie- diese Anliegen zusammen und zeigt, inwieweit sie von der EU-Verordnung abgedeckt werden. lerlei Hinsicht als Alternative zur intensiven, kon- 3 Verordnung (EG) Nr. 889/2008 vom 5. September 2008 mit Durchführungsvorschriften zur Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates über die ökologische/ biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen hinsichtlich der ökologischen/biologischen Produktion, Kennzeichnung und Kontrolle. Amtsblatt der Europäischen Union, L 250/1 (18.9.2008). 12 Tabelle 5: Hauptanliegen ökologischer Erzeuger und Verarbeiter verglichen mit der EU-Öko-Verordnung 834/2007 Kategorien und Anliegen Umfang der Abdeckung durch die EU-Verordnung 834/2007 Ökologisch Nachhaltige Ressourcennutzung Begrenzt Schutz von Ökosystemen und Artenvielfalt Begrenzt Sozial Lebensmittelqualität und -sicherheit Weitgehend abgedeckt Transparenz und Vertrauenswürdigkeit Teilweise abgedeckt Soziale Verantwortung und Fürsorge Nicht abgedeckt außer im Bereich der Verarbeitung Sicheres und gleichberechtigtes Arbeiten Nicht abgedeckt Ökonomisch Faire und gerechte Einkommen für Landwirte Verordnung zielt auf fairen Wettbewerb, aber keine festgesetzten Mindestpreise Kulturell/andere Regionale Erzeugung Nicht abgedeckt Artgerechte Tierhaltung Teilweise abgedeckt ohne spezielle Zielsetzungen Integrität von Wertschöpfungsketten Begrenzte Abdeckung über das Kontrollsystem Der Vergleich zwischen den Anliegen und der EU- Abschnitt nimmt die ethischen Anliegen und ihre Verordnung (Tabelle 5) zeigt, dass viele der Aspekte Erfassung durch die EU-Öko-Verordnung unter die noch nicht vollständig umgesetzt worden sind. Lupe und führt einige Beispiele von Initiativen auf, Dies liegt zum erheblichen Teil daran, dass Themen die zusätzliche ethische Standards in ihren Produk- wie „Fairness“ oder „honoriges Geschäftsgebaren tionsprozessen umsetzen und sie entsprechend zwischen Marktpartnern“ kommunizieren. nur schwer in Richt- linien übertragbar sind, die im Rahmen der Betriebskontrollen überprüfbar wären. Der folgende 13 Kasten 2: „Ramsauer Bioniere“ , Österreich Produkte: Getreide, Eier, Fleisch, Milch und Milch- kauf von Produkten aus anderen Ländern werden produkte, Gemüse und andere Fair Trade-Produkte bevorzugt. Bei Neubauten oder Renovierungen von Gebäuden werden ökologische Unternehmensbeschreibung: „Ramsauer Bioniere“ Baustoffe verwendet. Weiterhin wird auf den Be- besteht aus zehn ökologischen Betrieben in der trieben ein Ressourcen sparendes Abfall- und Ener- Steiermark, die Urlaub auf dem Bauerhof anbieten. giemanagement betrieben, das von unabhängiger Die Betriebe möchten den Nachhaltigkeitsgedan- Seite zertifiziert wird (Umweltzeichen des Österrei- ken und die Idee des ökologischen Landbaus über chischen Bundesministeriums für Land- und Forst- den Tourismus verbreiten. Das Wortspiel „Bioniere“ wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft). (die Verbindung von „Pionieren“ mit „Bio“ ) stellt den innovativen Ansatz von Urlaub auf ökologi- Kommunikation der ÖkoPlus-Aktivitäten: Die Öko- schen Bauernhöfen heraus. Plus-Aktivitäten der „Ramsauer Bioniere“ werden überwiegend über das persönliche Gespräch und Unternehmensphilosophie und ÖkoPlus-Aktivi- über die Website kommuniziert. Dabei werden die täten: Die Unternehmensphilosophie ist gekenn- Feriengäste als die wichtigsten Botschafter der Un- zeichnet durch den ökologischen Landbau, aktiven ternehmensphilosophie angesehen. Umweltschutz, Verantwortung für das Klima und nachhaltigen Konsum. „Ramsauer Bioniere“ bie- Slogans: „Wir denken und handeln nachhaltig. Die ten ihren Gästen regionale und saisonale Produkte Natur ist für uns ein ewiger Kreislauf aus Geben aus eigener Erzeugung. Viele der Mitgliedsbetriebe und Nehmen“. „Zu unser aller Wohl und dem unse- haben mit hofeigener Verarbeitung ihrer Produkte rer Kinder.“ begonnen, z. B. mit der Käseherstellung. Beim Zu- Website: www.bioregion-ramsau.at Umweltschutz wird innerhalb der EU-Öko-Verord- vorzusehen ist, oder Vorschriften, die den Energie- nung als allgemeines Ziel ökologischer Landwirt- verbrauch in Gewächshäusern klar begrenzen. schaft angesprochen (Artikel 3c) und durch die Es gibt zunehmend Nachweise, dass öko- Begrenzung des Einsatzes von externen Produkti- logische gegenüber konventionellen Anbausyste- onsmitteln wie z. B. Dünge- und Pflanzenschutzmit- men in Bezug auf ihre Umweltauswirkungen als tel (Artikel 4b und c) konkretisiert. Die Verordnung vorteilhaft zu beurteilen sind (20). Dennoch bleibt fordert außerdem einen nachhaltigen Umgang mit der Umweltschutz ein Bereich, in dem Unterneh- Ressourcen (Artikel 5b und c) und den Schutz der men wesentlich mehr tun können, als von der EU- Artenvielfalt (Artikel 5n). Dennoch gibt es nur sehr Öko-Verordnung gesetzlich vorgeschrieben wird. wenige konkrete Vorschriften, wie diese Grund- Beispiele für die Kommunikation von Umwelt- sätze umzusetzen sind. Beide Themen werden in schutzaspekten sind die „Ramsauer Bioniere“ (AT) einigen privaten Verbandsrichtlinien ausführlicher und das „Ökodorf Brodowin“ (DE). behandelt, wie etwa Vorschriften zu Mindestanteilen der landwirtschaftlichen Fläche, die für Diversifizierung oder als Lebensraum für Flora/Fauna 14 Kasten 3: „Ökodorf Brodowin“, Deutschland Produkte: Getreide, Milch und Milchprodukte, Son- genheit“ der Verantwortlichen im „Ökodorf“. Sozia- nenblumen und andere Ölfrüchte, Gemüse le Anliegen sind ebenfalls wichtig und so unterhält der Betrieb eine Suppenküche für Menschen mit Unternehmensbeschreibung: Das „Ökodorf Bro- sehr niedrigem Einkommen. Alle Mitarbeiter sind dowin“, im Bundesland Brandenburg gelegen, wur- voll sozial versichert, was im landwirtschaftlichen de 1989 als Zusammenschluss von zwei großen Sektor nicht immer der Fall ist. Genossenschaften der Planzen- und Tierproduktion der ehemaligen DDR gegründet. Auf dem Kommunikation von ÖkoPlus: Das „Ökodorf Brodo- 1400 ha großen biologisch-dynamischen Betrieb win“ kommuniziert seinen Ansatz über die Etiket- arbeiten mehr als 60 fest angestellte und 25 Saison- ten auf den Produkten, den Hofladen, die Website, Arbeitskräfte. Zusätzlich werden Produkte von fünf Informationsbriefe in den Abokisten und Zeitungs- weiteren Betrieben über die Direktvermarktungs- artikel. einrichtungen des „Ökodorfs“ verkauft. Die Milch der eigenen Milchviehherde wird auf dem Betrieb Slogans: Das „Ökodorf Brodowin“ möchte kei- verarbeitet und die Milchprodukte werden über Na- ne Werbesprüche nutzen, da befürchtet wird, an turkostgroßhändler, den Hofladen und Abokisten Glaubwürdigkeit zu verlieren. Stattdessen wer- abgesetzt. den spezielle Aktivitäten in kurzen Texten auf den Milchpackungen dargestellt – und zwar immer Unternehmensphilosophie und ÖkoPlus-Aktivitä- wieder zu anderen Themen auf leicht verständliche ten: Der im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin Weise: z. B. Wie kann der Lebensraum eines Schmet- gelegene Betrieb engagiert sich vor allem im Natur- terlings geschützt werden? Die Verbraucher kön- schutz und verfolgt in diesem Sinne mehrere geziel- nen diese kurzen Informationstexte dann z. B. beim te Projekte auf den eigenen Betriebsflächen, wie Frühstück lesen. den Schutz von Schmetterlingen, Amphibien und Website: www.brodowin.de Fröschen. Umweltschutz ist eine „Herzensangele- Artgerechte Tierhaltung ist als Ziel und Grundsatz dass große Transportentfernungen von lebenden des Öko-Landbaus in der EU-Öko-Verordnung fest- Tieren vermieden werden. geschrieben (Artikel 3a und 5h). Deshalb können Aussagen zur artgerechten Tierhaltung nicht generell als zusätzliche Eigenschaft betrachtet werden. Allerdings sind die Richtlinien in etlichen Bereichen nicht sehr detailliert, so dass zusätzliche Aktivitäten in diesem Bereich hinsichtlich einer Produktdifferenzierung durchaus erfolgversprechend sein können. Der „Uelihof“ (CH) und die „Well Hung Meat Company“ (UK) kommunizieren, dass ihre Tiere nahe des Haltungsortes geschlachtet werden, so 15 Kasten 4: „Uelihof“, Schweiz Produkt: Fleisch in der Nähe des landwirtschaftlichen Betriebes geschlachtet. Das Fleisch wird entsprechend der Unternehmensbeschreibung: Der „Uelihof“ ist ein traditionellen, handwerklichen Methoden verar- kleines Unternehmen im Kanton Luzern. Es hat sich beitet, um sich von der industriellen Verarbeitung auf Fleischprodukte spezialisiert, die überwiegend abzugrenzen. Ein Vertrauensverhältnis mit den in der Region über den Hofladen, in Naturkostläden Kunden sorgt für eine geringere Betroffenheit von und anderen kleinen Geschäften, in Restaurants allgemeinen und Seniorenheimen verkauft werden. sche, ökologische und soziale Anliegen werden als Lebensmittelskandalen. Ökonomi- gleichermaßen wichtig angesehen. Unternehmensphilosophie und ÖkoPlus-Aktivitäten: Der „Uelihof“ wurde von einem Landwirts- Kommunikation der ÖkoPlus-Aktivitäten: Einer ehepaar gegründet, das davon überzeugt war, der Eckpunkte der Unternehmensphilosophie ist dass die artgerechte Tierhaltung innerhalb der die intensive Kommunikation mit den Kunden. Öko-Standards nicht ausreichend berücksichtigt Der Betrieb ist offen für das Publikum und die Be- wird. Über die gesamte Wertschöpfungskette soll- triebsleiter nutzen dies, um ihre Lebensphilosophie ten höhere Tierhaltungsstandards umgesetzt wer- weiterzugeben. Das Betriebskonzept wird über die den, die wiederum zu höherer Fleischqualität füh- Produktetiketten, Flyer, Broschüren und Werbe- ren würden. Ihre Kritik galt besonders den großen maßnahmen kommuniziert. Transportentfernungen als Folge von immer wenigeren Schlachthöfen. Aus diesem Grund werden Slogans: „Bio-Fleisch: Von Natur aus besser“ . die eigenen Tiere in einem kleinen Unternehmen Website: www.uelihof.ch 16 Kasten 5: „Well Hung Meat Company“´, Großbritannien Produkt: Fleisch ist ein weiteres wichtiges Anliegen. Verpackungen sind wiederverwertbar, um den Abfall zu reduzie- Unternehmensbeschreibung: Die „Well Hung Meat ren. Das Unternehmen engagiert sich außerdem für Company“ (Well hung meat: „Gut abgehängtes das Landschaftsbild und für Betriebe, die in wirt- Fleisch“) ist ein kleines Unternehmen in Devon in schaftliche Not geraten sind. Weiterhin leistet der England, im Eigentum eines Landwirts. Es erzeugt Betrieb umfangreiche Aufklärungsarbeit über die und verkauft überwiegend verschiedene Fleisch- besonderen Qualitäten von ökologisch erzeugten arten von zwölf Betrieben im Südwesten Eng- Produkten. lands. Das Fleisch wird in (Hof-)läden, monatlichen Fleisch-Abokisten, einem Imbisswagen und weite- Kommunikation der ÖkoPlus-Aktivitäten: Die „Well ren Verkaufsstellen verkauft. Hung Meat Company“ kommuniziert ihre Aktivitäten über den Unternehmens- und den Produktna- Unternehmensphilosophie und ÖkoPlus-Aktivitä- men, die monatlichen Newsletter in den Abokisten, ten: Artgerechte Tierhaltung steht ganz oben auf in den Läden, über ihre Website, Werbung und an- der Prioritätenliste des Unternehmens. Die Tiere dere verkaufsfördernde Maßnahmen. werden entweder auf den Betrieben oder in kleinen Schlachthöfen vor Ort geschlachtet, um die Slogans: „Well Hung Meat Company“; „schmack- Transportentfernungen der lebenden Tiere zu mi- haft, ökologisch und erzeugt nach den höchsten nimieren. Das Schlachtverfahren ist so schnell und Tierhaltungsstandards“. schmerzlos wie möglich. Die Sorge um die Fleisch- Website: www.wellhungmeat.com qualität, vor allem durch ausreichendes Abhängen, Ökonomische Anliegen beziehen sich hauptsächlich auf Gerechtigkeit im Sinne von fairen Preisen und Arbeitsbedingungen. Der grundsätzliche Zweck der EU-Öko-Verordnung 834/2007 ist die Sicherstellung eines fairen Wettbewerbs durch ein ordnungsgemäßes Funktionieren des Öko-Marktes. Bedenken hinsichtlich fairer Verbraucher- bzw. Erzeugerpreise werden nicht angesprochen. Dadurch ergeben sich vielfältige Möglichkeiten, zusätzliche ethische Werte zu berücksichtigen und zu kommunizieren. Ein sehr erfolgreiches Beispiel ist das Fair-PreisArgument, „5 Cent extra – direkt an den Erzeuger“ („Upländer Bauernmolkerei“, DE). Andere Molkereien versuchen den Milchbauern einen Milchpreis auszuzahlen, der den Lieferanten eine langfristige Rentabilität bietet („Sennerei Andeer“, CH). Kasten 6: „Upländer Bauernmolkerei“, Deutschland Produkte: Milch und Milchprodukte der regionalen Wirtschaft und die Erzeugung qualitativ hochwertiger Produkte im Einklang mit der Unternehmensbeschreibung: Die „Upländer Bau- Natur ist das zentrale Anliegen der „Upländer Bau- ernmolkerei“ im Bundesland Hessen ist eine mit- ernmolkerei“. In Zukunft möchte die „Upländer Bau- telgroße Molkerei mit mehr als 130 Lieferanten und ernmolkerei“ das „Faire Preise“-Konzept weiter ent- einer überwiegend regionalen Vermarktung. wickeln und auf die Verbraucherebene ausdehnen („Faire Preise für Verbraucher“). Außerdem sollen Unternehmensphilosophie und ÖkoPlus-Aktivitä- weitere Milchprodukte einbezogen werden. Mittel- ten: Das Unternehmen hob hervor, dass 5 Cent bis langfristig möchte die Molkerei ausschließlich der von den Verbrauchern bezahlten Preise für Biomilch verarbeiten. ihre „Erzeuger-Fair Milch“ direkt an die Landwirte ausbezahlt werden und auf diese Weise deren Le- Kommunikation der ÖkoPlus-Aktivitäten: Die Mol- bensunterhalt und Zukunft gesichert werden kann. kerei kommuniziert ihr Konzept über das Produkt, Der Ausgangspunkt des „Faire Preise“-Ansatzes die Website, Flyer, Zeitungsartikel, das Museum waren niedrige Marktpreise für Milch, die in be- und Messeauftritte. Der Name „Bauernmolkerei“ nachteiligten Regionen Deutschlands vielfach die war hilfreich, um die Ladeninhaber und die Ver- Produktionskosten kleinerer und mittlerer Betrie- braucher von der Glaubwürdigkeit der Initiative be unterschritten. Die „Upländer Bauernmolkerei“ zu überzeugen. In der Folge hat die „Faire Preise“ – engagiert sich außerdem gegen den Einsatz von Idee relativ weite Verbreitung innerhalb des Milch- gentechnisch veränderten Produkten und betreibt sektors gefunden. umfangreiche Aufklärungsarbeit, vor allem über das eigene Milchmuseum. Verbraucher werden auf Slogans: „ErzeugerFairMilch; aktiv für die heimi- die Notwendigkeit höherer Erzeugerpreise und die schen Bio-Bäuerinnen und Bio-Bauern – denn faire Auswirkungen auf die Region wie z. B. den Erhalt Preise bieten Zukunft“. der Kulturlandschaft hingewiesen. Die Förderung Website: www.bauernmolkerei.de Regionale Erzeugung und kurze Transportwege Konsumenten erwarten von regionalen Le- sind kein Thema in der EU-Öko-Verordnung, ledig- bensmitteln einen höheren Frischegrad und eine lich die Kennzeichnung des Herkunftslandes der bessere Rückverfolgbarkeit zum Erzeuger, einen landwirtschaftlichen Rohstoffe ist seit Einführung geringeren Transportaufwand und damit einen des neuen EU-Logos im Juli 2010 verpflichtend. Die- Beitrag zum Umweltschutz sowie die Stärkung ses kann jedoch auch in der Art erfolgen, dass die regionaler Wirtschaftsstrukturen und die Schaf- Rohstoffe der Einfachheit halber als aus EU-/Nicht- fung von Arbeitsplätzen „vor Ort“. Außerdem wird EU-Staaten kommend gekennzeichnet werden. davon ausgegangen, dass sich Vertrauen in die Entsprechend ist ein Hinweis auf eine regionale Er- Öko-Produktion besser in kurzen, regionalen Wert- zeugung immer auch als zusätzliche Produkteigen- schöpfungsketten aufbauen lässt als durch inter- schaft von Öko-Lebensmitteln anzusehen. nationale Zertifizierungssysteme. Die Vorteile der regionalen Erzeugung finden sich in der Kommuni- 17 18 Kasten 7: „Sennerei Andeer“, Schweiz Produkte: Käse, andere Milchprodukte attraktiv bleiben. Die eigene Preisgestaltung ermöglicht es der Sennerei einerseits den Landwirten Unternehmensbeschreibung: „Sennerei Andeer“ höhere Preise zu zahlen, andererseits garantiert sie ist eine kleine Alpenmolkerei im Kanton Graubün- ihnen zusammen mit langfristigen Handelsbezie- den. Aus der Milch von fünf Betrieben des Dorfes hungen eine größere Autonomie. Andeer und Nachbardörfern produziert sie Bergkäse. Der Käse wird regional und über Großhändler Kommunikation der ÖkoPlus-Aktivitäten: Die an Fachgeschäfte in der Schweiz, Deutschland und „Sennerei Andeer“ betrachtet ihren Käse als den Großbritannien verkauft. Ein Teil wird auch über Botschafter all ihrer Anliegen. In ihrer Kommunika- die Schweizer Firma „Emmi“ abgesetzt. tion stellen sie die Qualität des Käses, die traditionelle handwerkliche Herstellungsweise, aber auch Unternehmensphilosophie und Öko-Plus-Aktivitä- das Wirtschaften in geschlossenen Kreisläufen he- ten: Das zentrale Anliegen der Sennerei ist es, über raus. Der Ansatz der „Sennerei Andeer“ wird über den Erhalt der wenigen verbliebenen landwirt- ihre Website, über Zeitungsartikel und das Produkt schaftlichen Betriebe, der Molkerei und des Ladens selbst kommuniziert. die traditionellen Strukturen zu erhalten. Durch den Schutz der Kulturlandschaft soll die Region Slogan: „Erhalten statt Wachsen“. sowohl für die Bewohner wie auch für Touristen Website: www.sennerei-andeer.ch kation bei vielen Betrieben in der Betonung kurzer Transportwege wieder. Letztendlich ist die regionale Erzeugung aber eine Produkteigenschaft, die sich mehreren der in Tabelle 6 dargestellten Kategorien zuordnen lässt. Beispielunternehmen sind „Sennerei Andeer“ (CH), „Calon Wen“ (UK) und „Arca Felice“ (IT). 19 Kasten 8:`Calon Wen´, Großbritannien Produkte: Milch und Milchprodukte Kommunikation der ÖkoPlus-Aktivitäten: Die ÖkoPlus-Aktivitäten der Kooperative werden über Unternehmensbeschreibung: „Calon Wen“ ist eine die Produktetiketten und über die Website kom- kleine Kooperative von 20 Familienbetrieben in Car- muniziert. Ein Internet-Link, der die Verbraucher marthenshire, Wales. Die Kooperative erzeugt aus- auffordert, die Betriebe virtuell anzusehen („meet schließlich ökologische Milch und Milchprodukte. our farmers“), wird als das wichtigste Argument „Calon Wen“ wurde 1999 von 4 Landwirten gegrün- angesehen. „Calon Wen“ war die erste Molkerei, die det, die ihre eigene Milch in der Region verarbeiten zusätzlich zur Öko-Zertifizierung dem „ethischen wollten, um den Mehrwert in den walisischen Ge- Handelskonzept“ des britischen Anbauverbands meinden zu halten. Soil Association beigetreten ist. Unternehmensphilosophie und ÖkoPlus-Aktivitä- Slogans: „Calon Wen ist ein professionelles Unter- ten: Neben dem regionalen Ansatz sind der Aufbau nehmen in Bauernhand“. „Unsere Kinder und Fami- stabiler Handelspartnerschaften sowie ein langfris- lien trinken täglich unsere Milch und der Rest wird tig die bäuerliche Existenz sichernder Milchpreis in Flaschen abgefüllt oder verarbeitet, um Ihnen zentrale Anliegen von „Calon Wen“. Die Mitglieder den Geschmack eines einfachen Lebens zu vermit- der Kooperative sind der Überzeugung, dass Milch- teln.“ „Milch von unseren Kühen, von uns gemol- produktion in Familienbetriebe gehört, die fest in ken. Frisch aus Wales.“ den lokalen Gemeinden verankert sind. Sparsamer Website: www.calonwen-cymru.com Umgang mit Ressourcen gehört ebenfalls zur Unternehmensphilosophie, so dass die Kooperative eine neue Milchverpackung zur Abfallverringerung entwickelt hat. Qualitativ hochwertige Lebensmittel zu erzeugen sorgfältiges Studium der EU-Verordnung (834/2007) ist eines der zentralen Elemente des ökologischen erforderlich ist, um die Verarbeitungsmethoden zu Landbaus und ist in Artikel 3 der EU-Öko-Verord- ermitteln, die tatsächlich über die Grundanforde- nung festgeschrieben. Geregelt wird dies unter an- rungen hinausgehen. derem durch die strenge Reglementierung des Ein- Spezielle Lebensmittelqualitäten, die als satzes von Produktionsmitteln (Art. 4b und c). Die zusätzliche Eigenschaften anzusehen sind, sind neue EU-Öko-Verordnung beinhaltet auch Grund- handwerkliche oder traditionelle Verarbeitungs- sätze zur Lebensmittelverarbeitung (Art. 6), die den methoden. Beispiele sind die traditionellen Ver- Einsatz von Lebensmittelzusätzen begrenzen und arbeitungsmethoden des „Uelihofs“ (CH) (Kasten eine sorgfältige Verarbeitung verlangen. Zusätzlich 4), das Abhängen des Fleisches bei der „Well Hung gibt es weitere detaillierte Regeln für die Verarbei- Meat Company“ (UK) (Kasten 5) oder die schonende tung, Verpackung und den Transport (Art. 19 und Verarbeitung von Kräutern, Gewürzen und Ölen Durchführungsbestimmungen). Das heißt, dass ein von „Sonnentor“ (AT). 20 Kasten 9 : „Arca Felice“, Italien Produkte: Getreide, Honig, Fleisch, Öl mittel und Lebensmittelkultur. Für „Arca Felice“ ist das Vertrauen der Verbraucher in ökologische Le- Unternehmensbeschreibung: „Arca Felice“ ist ein bensmittel besonders wichtig. Der städtische Be- städtischer Betrieb in der Provinz Ancona. trieb möchte mit anderen ähnlichen Betrieben kooperieren, um einen neuen Standard zu entwickeln Unternehmensphilosophie und „ÖkoPlus“-Akti- und um Skandalen im Öko-Sektor, die auch den vitä-ten: „Arca Felice“ betreibt eine „Community guten Ruf und die harte Aufbauarbeit von „Arca Supported Agriculture“ (CSA). Der Begriff CSA be- Felice“ zu Grunde richten könnten, entgegen zu zeichnet ein System, das Verbraucher sehr eng an wirken. Der Betrieb möchte als Beispielbetrieb für den landwirtschaftlichen Betrieb bindet. In der Re- ein Modell agieren, das durch die Minimierung von gel bezahlen Verbraucher monatlich feste Beträge „Food Miles“ (Transportentfernungen) eine nach- an den Betrieb, so dass die betriebliche Liquidität haltige Lebensmittelversorgung und gleichzeitig erhöht und das Unternehmensrisiko verringert eine hohe Lebensmittelsicherheit für die Mitglieder wird. „Arca Felice“ bedeutet auf deutsch „Glück- der Gemeinschaft erreicht. liche Arche“ und ist von Noah’s Arche aus der Bibel abgeleitet. Der Name soll andeuten, dass die Tiere Kommunikation von „ÖkoPlus“-Aktivitäten: „Arca auf dem Betrieb glücklich sind. Ziel des Unterneh- Felice“ kommuniziert seine Philosophie über die mens ist es, „vom Acker bis zum Teller“ nachhaltig Produkte, über Flyer und Broschüren. zu wirtschaften, qualitativ hochwertige Produkte innerhalb der Gemeinschaft für die Gemeinschaft Slogans: „Arca Felice“ (Glückliche Arche); „Zu Hau- zu erzeugen und Aufklärungsarbeit im Bereich Um- se wie in der Schule“. („Arca Felice“ verkauft Öko- weltschutz zu leisten. Der Betrieb arbeitet an einer Fleisch und andere Produkte an die örtlichen Verbesserung des Bewusstseins für den Erhalt der Schulkantinen. Daraus ergibt sich der Ansatz die Artenvielfalt und für artgerechte Tierhaltung sowie Öko-Ernährung zu Hause fortzusetzen). an einer Verbesserung der Kenntnisse über Lebens- Website: www.arcafelice.it Die EU-Öko-Verordnung enthält keinerlei Regeln gehen der Mitarbeiter durch flexible Arbeitszeiten zu sozialen Aspekten, wie z. B. Arbeitsbedingungen oder spezielle Altersvorsorgemaßnahmen beson- von Angestellten. Einige private Standards (ein- ders zu berücksichtigen. Die italienische Kooperati- schließlich der IFOAM-Grundsätze von 2005) spre- ve ‘Placido Rizzotto’ bewirtschaftet mit betreuten, chen Arbeitsbedingungen in ihren allgemeinen behinderten und straffällig gewordenen Menschen Bestimmungen an. Da die Rechte von Arbeitern in- Flächen, die aus dem früheren Besitz der Mafia nerhalb der EU vom allgemeinen Arbeitsrecht vor- stammen. geschrieben sind, können spezielle ethische Anliegen nur angeführt werden, wenn die Maßnahmen (weit) über die entsprechenden Gesetze hinausgehen. „Sonnentor“ (AT) und das „Ökodorf Brodowin“ (DE) (Kasten 3) beanspruchen für sich, das Wohler- 21 Kasten 10: „Sonnentor“, Österreich Produkte: Kräuter, Öle, Gewürze hen. „Sonnentor“ bietet seinen Mitarbeitern familienfreundliche Arbeitsmodelle, hohe Arbeitsplatz- Unternehmensbeschreibung: „Sonnentor“ ist ein garantien und die Möglichkeit der Heimarbeit. Das Unternehmen, das sich auf die Verarbeitung von Unternehmen übernimmt globale Verantwortung, Kräutern, Gewürzen und Ölen spezialisiert hat und in indem es verschiedene Entwicklungshilfe-Projekte der ländlichen Region „Waldviertel“ in Niederöster- in Afrika unterstützt, wie z. B. Kleinbauern in Äthio- reich angesiedelt ist. Es wurde 1988 von Johannes pien. Gutmann gegründet. Heute ist „Sonnentor“ ein mittelständisches Unternehmen, das 85 % seiner Pro- Kommunikation der ÖkoPlus-Aktivitäten: Die Un- dukte in 40 Länder weltweit exportiert. ternehmensphilosophie wird über die Website, einen Nachhaltigkeitsbericht, Broschüren, Zeitungs- Unternehmensphilosophie und ÖkoPlus-Aktivitä- artikel und verschiedene Maßnahmen im Bereich ten: Verantwortung, Fairness und gegenseitige der Öffentlichkeitsarbeit kommuniziert. Zielgrup- Wertschätzung sind die Säulen der Unternehmens- pe der Öffentlichkeitsarbeit sind kleine landwirt- philosophie. Von Beginn an war es Gutmanns Anlie- schaftliche Betriebe (in der Region und weltweit), gen, die Rohmaterialien schonend direkt auf den Mitarbeiter und Verbraucher. Allerdings werden Betrieben zu verarbeiten. Hierdurch sollten zum gerade ÖkoPlus-Aktivitäten in relativ geringem Um- einen das Überleben von kleinen, ortsansässigen fang kommuniziert, weil die Unternehmer fürch- Betrieben und damit Arbeitsplätze in der Region ten, dass eine zu umfangreiche Kommunikation gesichert werden. Zum anderen können so die für Verbraucher als unglaubwürdiger „Werbegag“ Kenntnisse und Fähigkeiten der Landwirte genutzt missverstanden werden könnte. werden. Außerdem kann den Verbrauchern eine größere Transparenz geboten werden. Langfris- Slogans: „Da wächst die Freude“. tige Verträge mit den Landwirten werden als die Website: www.sonnentor.com Grundlage stabiler Handelsbeziehungen angese- Anliegen hinsichtlich der Transparenz des Öko- unübersichtlichen Wertschöpfungsketten beun- Systems, Glaubwürdigkeit und Vertrauen haben ruhigt. Ihre Bedenken bringen sie zum Ausdruck, nur wenig Niederschlag in konkreten Artikeln der indem sie regionalem Warenaustausch den Vorzug EU-Öko-Verordnung gefunden. Allerdings zielt die geben. Mehrere Unternehmen beziehen sich auf EU-Öko-Verordnung insgesamt darauf ab, Transpa- dieses Anliegen in ihrer Unternehmensphilosophie renz und Vertrauenswürdigkeit über unabhängige und nutzen dies als Kommunikationsargument. Kontrollen herzustellen. Die Inhalte der EU-Stan- Verbrauchervertrauen ist eine der grundlegenden dards und der meisten privaten Verbandsrichtlini- Säulen von „Arca Felice“ (IT). en sind frei verfügbar, was ebenfalls grundsätzlich zur Erhöhung der Transparenz beiträgt. Dennoch sind Erzeuger, Konsumenten und andere Akteure durch anonyme Handelsbeziehungen in langen, 22 Kasten 11: „Cooperativa Placido Rizzotto/ Libera Terra“, Italien Produkte: Getreide, Obst und Gemüse, Olivenöl, schen auf Sizilien und andernorts in Italien zeigen, Wein dass es möglich ist, etwas gegen die Kriminalität zu unternehmen. „Placido Rizzotto“ ist Mitglied der Unternehmensbeschreibung: „Cooperativa Placi- Organisation „Libera Terra“ („Befreite Erde“) einem do Rizzotto“ liegt in der Provinz Palermo auf Sizi- Zusammenschluss von sozialen Initiativen, die kon- lien. Die gemeinnützige Kooperative wurde nach fisziertes Land für verschiedene Maßnahmen ein- einem jungen sizilianischen Bauern und Aktivisten schließlich des Öko-Landbaus nutzen. Dieser Ansatz benannt, der von der Mafia umgebracht wurde, ist einzigartig und in Italien gut bekannt. weil er sich für Gerechtigkeit eingesetzt hat. Kommunikation von ÖkoPlus-Aktivitäten: Die KoUnternehmensphilosophie und ÖkoPlus-Aktivitä- operative kommuniziert ihre Aktivitäten und An- ten: „Placido Rizzottos“ Unternehmensphilosophie sichten in erster Linie über die Produktetiketten, besteht vor allem darin Flächen zu bewirtschaften, aber auch über die Website, Flyer, Werbemaßnah- die zuvor kriminellen Organisationen gehörten, und men sowie über Zeitungsartikel. gleichzeitig jungen und insbesondere behinderten und ehemals straffälligen Menschen wieder eine Slogan: „Von Mafia-Unterdrückung befreite Erde“. Perspektive zu bieten. Die Kooperative will den Men- Website: www.liberaterra.it Welche zusätzlichen „ethischen“ Produkteigen- Insgesamt haben wir 72 verschiedene Kom- schaften werden am häufigsten von Öko- munikationsargumente zu „ÖkoPlus“-Eigenschaf- Landwirten kommuniziert? ten gefunden. Sie bezogen sich einerseits auf die Im Jahr 2008 haben wir die Kommunikation ethi- Ansprüche des Betriebes selber (z. B. faire Preise) scher „Mehr-Werte“ durch Internetseiten, Verpa- und andererseits auf die Verantwortung gegen- ckungslabel und Faltblätter von ca. 100 kleinen und über anderen, wie Menschen in sozialer Landwirt- mittleren Unternehmen in Deutschland, Italien, Ös- schaft (Betreute, Straffällige, Arbeitslose, Süchtige), terreich, Schweiz und Großbritannien untersucht. Nutztieren, der Landschaft, ländlicher Entwicklung Das Produktangebot umfasste Fleisch, Milch und und der Umwelt. Zusätzlich zur ökonomischen, Milchprodukte, Gemüse sowie Getreide und Back- ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit beinhal- waren und einige andere Produkte aus ökologi- teten die Argumente häufig auch eine kulturelle Di- scher Erzeugung. mension (siehe Abbildung 1). 23 Ökologisch Ressourcen Artenvielfalt Landschaft Sozial Arbeit mit Behinderten Soziale Projekte Familienbetriebe und notleidende Landwirte Arbeitsbedingungen der Angestellen Ökonomisch Regionale Wertschöpfung Faire Preise für Landwirte Faire Preise für Landwirte und Verbraucher Faire Preise - zusätzliche Werte Kulturell/ Andere Abbildung 1: Kategorien von „ÖkoPlus“-Argumenten und Anzahl der Betriebe, die sie jeweils verwenden Regionale Erzeugung Kommunikation und Information Artgerechte Tierhaltung Bäuerliche Traditionen und Originalität Verschiedene individuelle Anliegen 0 20 10 30 40 50 60 Anzahl der Betriebe In allen Ländern wurden Argumente zur regiona- tive, die aus Mafiabesitz konfisziertes Land bewirt- len Erzeugung, in Verbindung mit ländlicher Ent- schaftet, konnten wir alle Argumente in mehr als wicklung regionalen Wertschöpfungsketten oder einem Land beobachten. kurzen Transportwegen am häufigsten verwendet. Unsere Erhebungen zeigen, dass die Betrie- Einige Unternehmen konzentrierten sich auf ein be meistens verschiedene ethische Anliegen gleich- einzelnes, sehr spezifisches Argument, z. B. „faire zeitig ansprechen. Diese Tendenz entspricht dem Erzeugerpreise“, andere nutzten allgemeinere The- ganzheitlichen Verständnis des Öko-Landbaus, men wie die Unterstützung der heimischen Land- das enge Verknüpfungen zwischen verschiedenen wirtschaft. landwirtschaftlichen Aktivitäten sieht. Das Argument der fairen Preise wurde viel- Die meisten Unternehmen waren sich nicht fach bei Milch eingesetzt. Rückverfolgbarkeit war des bestehenden Rahmens für soziale Verantwor- ein Argument in Verbindung mit Fleisch und Gemü- tung von Unternehmen (wie CSR) bewusst. Auch die se. Mehrere Unternehmen, die Gemüse und/oder IFOAM-Grundsätze waren nur in Ausnahmefällen Kräuter erzeugen, wiesen auf die Arbeitsbedingun- Grundlage der Entwicklung von „ethischen“ Unter- gen der Mitarbeiter hin. Abgesehen von dem sehr nehmensstrategien. Als Gründe für die Entwicklung speziellen Argument einer italienischen Koopera- ihres konkreten „ethischen“ Konzeptes gaben die 24 meisten Betriebsleiter persönliche Überzeugungen oft nicht in Frage kommen. sowie andere ethische Standards und gesellschaft- Der folgende Abschnitt macht deshalb eini- liche Ansprüche an. Gerade die Betriebsleiter, die ge einfache Vorschläge für eine schrittweise Vorge- an ihre eigene Produktion aus persönlicher Über- hensweise, um eine individuelle "ethische" Kommu- zeugung strenge ethische Anforderungen stel- nikationsstrategie zu entwickeln. len, vertraten oft die Ansicht, dass entsprechende Maßnahmen nicht beworben werden sollten, da es 1. Beschäftigung mit der eigenen (Unterneh- „unethisch“ sei, mit „ethischer“ Produktion „Geld mens-)philosophie zu machen“. In anderen Fällen zielt die Kommuni- An erster Stelle der Entwicklung einer zielgerichte- kation von „ÖkoPlus“-Eigenschaften eindeutig da- ten Kommunikationsstrategie steht die Beschäfti- rauf ab, die Position des Unternehmens am Markt gung mit den eigenen Wertvorstellungen und ih- zu verbessern. rem Einfluss auf die Produktionsabläufe. Welche speziellen, persönlichen, ökologischen oder sozia- Wie kann eine „ÖkoPlus“-Produktionsweise in len Anliegen bestehen und inwiefern beeinflussen eine erfolgversprechende Kommunikationsstra- sie die Produktion und die Qualität der Produkte? tegie übertragen werden? Geht es beispielsweise vor allem um den Erhalt der Zielgerichtete Kommunikation ist eine unbedingte Kulturlandschaft oder ist eine besonders artge- Voraussetzung für den Erfolg von „ÖkoPlus“-Pro- rechte Tierhaltung vorrangiges persönliches bzw. dukten, da Konsumenten ihre Kaufentscheidungen betriebliches Anliegen? nur dann entsprechend ihrer persönlichen Wert- Während dieses Schrittes sollten Sie versu- vorstellungen treffen können, wenn sie über spezi- chen, die Bedeutung dieser Werte für Ihre potenti- elle „ethische“ Aspekte von Produktion und Verar- ellen Kunden abzuschätzen. Gemeinsamkeiten in beitung informiert sind. Deshalb sind Umfang und der Unternehmensphilosophie und den Anliegen Art der Kommunikationsmaßnahmen ein wesentli- der Kunden ist ein grundlegendes Erfolgskriterium. cher Erfolgsfaktor und eine besondere Herausforderung bei der Entwicklung erfolgversprechender 2. Worin liegen die Unterschiede zwischen Kommunikationsstrategien. Das Wichtigste ist Ihren Produktionsverfahren und der dabei glaubwürdig zu bleiben. Es gibt eine Reihe Standard-Öko-Erzeugung? von Werkzeugen, die es Unternehmen erleichtern Eine weitere Voraussetzung für eine erfolgreiche sollen, ethische Anliegen und ihre Umsetzung in- Kommunikation ist die Darlegung der „Einzigar- nerhalb des Unternehmens zu reflektieren. Meist tigkeit“ Ihrer Produktionsabläufe und ggf. weiterer erfordern sie aber erheblichen Einsatz von Zeit und Aktivitäten. Nur eindeutige Unterschiede, die sich Geld, so dass sie gerade für kleinere Unternehmen gut erklären lassen und für die Verbraucher wahr- 25 nehmbar sind, ermöglichen es Ihnen, Ihre Produkte Mittelpunkt Ihrer Kommunikationsbemühungen von anderen abzugrenzen. In diesem Zusammen- zu stellen. hang ist es auch wichtig, dass Ihre Aussagen für Dabei ist es von zentraler Bedeutung, dass die Verbraucher nachvollziehbar und überprüfbar die Kommunikationsargumente so genau wie mög- sind. lich auf die Anliegen und die Sprache der Verbraucher zugeschnitten sind. Bedenken Sie, dass Ihre 3. Welchen zusätzlichen Nutzen haben meine Kunden täglich mit einer großen Informationsflut Produkte für den Kunden? Warumsollten konfrontiert sind. Deshalb ist es wichtig, dass Sie Verbraucher meine Produkte kaufen? Ihre Argumente kurz und präzise halten. Jede um- Um diese Fragen beantworten zu können, müssen fangreichere Information sollte lediglich als Ergän- Sie die spezifischen Vorlieben Ihrer potentiellen zung dienen. Die Devise muss lauten: „Sage es ein- Kunden kennen. Hierzu ist wiederum erforderlich, fach und in wenigen Worten“. Ihre spezifische Zielgruppe identifiziert zu haben (siehe auch Schritt 1). Dann ist es möglich, den zusätzlichen Nutzen Ihrer Produkte für Ihre Kunden zu bestimmen. Zusätzlicher Nutzen bezieht sich auf Produkteigenschaften, die über den reinen Nährwert von Lebensmitteln hinausgehen, wie z. B. eine besonders umweltfreundliche Produktion oder eine spezielle Form der artgerechten Tierhaltung. Durch diese zusätzlichen Eigenschaften erhalten die Kunden das Gefühl mit dem Kauf des Produktes etwas „Gutes“ getan zu haben - für andere oder für die Umwelt. 4. Umsetzung der zusätzlichen Nutzen in Kommunikationskonzepte und -argumente Auf der Basis der Erkenntnisse der vorausgegangenen Schritte, sollte es nun möglich sein, die besonderen Stärken Ihres Unternehmens bzw. Ihrer Produkte mit den wichtigsten Anliegen und Erwartungen Ihrer Kunden in Übereinstimmung zu bringen und diese gemeinsamen Anliegen in den 26 Kapitel Vier Zertifizierung, Kennzeichnung und Standardisierung von zusätzlichen „ethischen“ Eigenschaften von Öko-Lebensmitteln Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der Zertifizie- logischen oder anderen ethischen Anliegen haben. rung und Kennzeichnung von Öko-Lebensmitteln, Dies ist vor allem deshalb bedenklich, weil Verbrau- die zusätzliche „ethische“ Kriterien erfüllen. Dabei cher „ethische“ Eigenschaften dem Produkt weder ist insbesondere ein gemeinsames Verständnis ansehen noch sie schmecken können. Die Informa- und eine Übereinstimmung zwischen Erzeugern tionslage ist bei „ethischen“ Produkteigenschaf- und Verbrauchern darüber zu entwickeln, was als ten ungleich verteilt. Während die Erzeuger genau zusätzliche „ethische“ Eigenschaften von Öko-Le- wissen, welche Eigenschaften ihr Produkt erfüllt, bensmitteln bezeichnet werden soll. Dies ist unbe- sind die Verbraucher ausschließlich auf die vom dingte Voraussetzung für eine Kommunikation zu- Erzeuger bereit gestellten Informationen über das sätzlicher „ethischer“ Produkteigenschaften, die Produkt und seine Herstellungsweise angewiesen. Verbrauchervertrauen schafft und so zu höheren Marktanteilen beiträgt. Wie kann Glaubwürdigkeit hergestellt werden? Um Glaubwürdigkeit herzustellen, haben Unter- Die in diesem Handbuch zusammengestellten For- nehmen grundsätzlich zwei verschiedene Mög- schungsergebnisse zeigen, dass es weit reichende lichkeiten. Sie können entweder direkt mit ihren Übereinstimmungen zwischen Erzeugern und Ver- Kunden kommunizieren oder sie verlassen sich auf brauchern von Öko-Lebensmitteln bezüglich rele- unabhängige Kennzeichnungs- und/oder Zertifizie- vanter „ÖkoPlus“-Eigenschaften gibt. Viele Erzeu- rungssysteme. ger berücksichtigen in ihrer Produktion „ethische“ Unabhängige Zertifizierungseinrichtungen Kriterien, die weit über die Anforderungen der EU- bieten einige Vorteile: Erstens können sie die Einhal- Öko-Verordnung zum ökologischen Landbau hin- tung der gesetzten Standards garantieren, voraus- ausgehen. Gleichzeitig gibt es eine zunehmende gesetzt, dass die Verbraucher in solche Organisa- Zahl an Verbrauchern, die bereit sind, genau solche tionen ein entsprechendes Vertrauen setzen. Dies „ÖkoPlus“-Leistungen zu honorieren. ist eher bei bereits eingeführten und bekannteren Während die steigende Nachfrage nach Systemen der Fall. Zweitens bieten diese unabhän- „ÖkoPlus“-Produkten Öko-Betrieben, die solche gigen Institutionen zahlreiche Dienstleistungen Produkte anbieten, ohne Zweifel neue Marktchan- an, über das Setzen der Standards, Kontrolle, Zer- cen eröffnet, birgt die Tatsache, dass Verbraucher tifizierung und die Gewährleistung der korrekten bereit sind, für solche Produkte höhere Preise zu Kennzeichnung. Letzteres dient dem Ausschluss bezahlen, aber auch die Gefahr, dass Trittbrettfah- von Trittbrettfahrern. Drittens ist die Verpflichtung rer auf den Zug aufspringen. Trittbrettfahrer sind einer unabhängigen Zertifizierungseinrichtung solche Unternehmen, die nach schnellem Gewinn meistens preisgünstiger, da sie Dienstleistungen streben, die aber kein wirkliches Interesse an öko- für eine Vielzahl von Unternehmen gleichzeitig 27 übernimmt. Den Vorteilen stehen einige Nachteile gaben der Unternehmen bezüglich der „ethischen“ entgegen. Sie bestehen vor allem in dem zusätz- Eigenschaften ihrer Produkte zu überprüfen. Dies lichen zeitlichen und finanziellen Aufwand. Tat- ist relativ einfach in Strukturen, in denen ein enger sächlich ist vielen Öko-Erzeugern bereits der mit Kontakt zwischen Erzeugern und Verbrauchern be- der Zertifizierung nach der EU-Öko-Verordnung steht, wie in der Direktvermarktung. Hier können verbundene Aufwand deutlich zu hoch. Da die Zer- sich Verbraucher durch den direkten Kontakt mit tifizierung von „ÖkoPlus“-Produkten freiwillig ist, den Erzeugern und ggf. Betriebsbesuchen selbst verzichten deshalb viele Erzeuger auf eine weite- ein Bild von den Produktionsabläufen machen. In re Zertifizierung. Dennoch ist davon auszugehen, längeren und komplexeren Wertschöpfungsketten dass die Vorteile der unabhängigen Zertifizierung ist dies nicht so einfach. So sollten beispielsweise die Nachteile, gerade für kleinere Unternehmen, Hofläden, die für sich in Anspruch nehmen, regio- überwiegen. nale Produkte zu verkaufen, bei vom Handel zuge- Die unabhängige Zertifizierung spielt eine kauften Produkten genau auf die Herkunft achten wichtige Rolle, um das Vertrauen der Verbraucher und darauf vorbereitet sein, verlässliche Informati- zu erhalten, gerade in Marktsegmenten, die für die onen über die Herkunft ihrer Waren und ihre Liefe- Verbraucher immer unübersichtlicher werden. Das ranten bereitzustellen. Auftreten von Trittbrettfahrern, also von denjeni- Besonders Aussagen über besondere For- gen, denen vor allem an einem schnellen Gewinn men der artgerechten Tierhaltung sind schwierig gelegen ist, macht sich nicht nur im Verlust von zu belegen, da Verbraucher meist relativ wenig Marktanteilen einzelner Unternehmen bemerkbar, über existierende Standards und Haltungsverfah- sondern kann den gesamten „ethischen“ Lebens- ren wissen. Auf jeden Fall müssen Unternehmen, mittel-Sektor zurückwerfen. „Ethische“ Verbrau- die höhere Tierhaltungsstandards versprechen, cher sind bekannt dafür, dass sie auf Täuschungen klare Kriterien und eine entsprechende Dokumen- empfindlicher als andere Verbraucher reagieren, so tation haben, um dies ihren Kunden gegenüber dass Verbraucher, die sich einmal betrogen fühlen, nachweisen zu können. vermutlich nicht wieder „ethische“ Produkte kaufen werden. Deshalb sind formale Zertifizierungs- Kennzeichnung verfahren zur Vertrauensbildung zwischen Erzeu- Kennzeichnung ist eine wichtige Möglichkeit für gern und Verbrauchern wichtig. Unternehmen, bestimmte Produktqualitäten zu Es ist nicht in jedem Fall erforderlich oder kommunizieren, besonders wenn gemeinsame wünschenswert, dass alle Aktivitäten durch exter- Standards erfüllt werden. Ein Beispiel der Kenn- ne Einrichtungen zertifiziert werden. Allerdings zeichnung von „ethischen“ Attributen ist das „Fair- muss es Verbrauchern immer möglich sein, die An- trade“ Label (21). Beispiele für die Kennzeichnung 28 höherer Tierhaltungsstandards außerhalb des Öko- haltung. Dies schränkt die Möglichkeiten der Ab- Sektors sind „Neuland“ und „Freedom Food“ (22, grenzung von Standard-Öko-Produkten in diesem 23). Ein weiteres Label, das sich auf Arbeitsbedin- Bereich erheblich ein. gungen und Menschenrechte bezieht ist „Agricol- Auch der Begriff „regionale Erzeugung“ ist tura Etica“ im Rahmen der „Social Accountability nicht standardisiert, was im Übrigen für alle Le- Watch“ Organisation (SA 8000 Standart) (24). bensmittel (nicht nur für Öko-Produkte) ein Mangel Innerhalb des Öko-Sektors gibt es einige Ini- ist. Zwar ist „Regionalität“ seit einigen Jahren in al- tiativen, die ihrerseits zusätzliche „ethische“ Wer- ler Munde, doch Erzeuger und Verbraucher können te kommunizieren, wie z. B. höhere Werte. Hierzu Entfernungen unterschiedlich beurteilen und sehr gehören unter anderem „Hand in Hand“ von der verschiedene Vorstellungen darüber haben, was Firma „Rapunzel“ oder die Zusatzzeichen von Öko- „regional“ ist. Möglicherweise beziehen sich die Landbauverbänden wie z. B. „Naturland Fair“ (25, Erzeuger auf den regionalen Bezug von Rohwaren, 26) oder „Soil Association Ethical Trade“. während Verbraucher sich aber auf die Entfernung zwischen Produktions- und Verbrauchsort der End- Standardisierung produkte beziehen. Weiterhin kann „Regionalität“ Eine Voraussetzung für Zertifizierung und Kenn- auch regionen- und produktspezifisch unterschied- zeichnung ist die Entwicklung eines gemeinsamen lich verstanden werden. So kann ein norddeutscher Standards. Dies wiederum erfordert eindeutige Verbraucher einen Wein aus Franken im Vergleich Definitionen der jeweiligen Begriffe. Zum gegen- zu z. B. einem Wein aus Frankreich als „regional“ wärtigen Zeitpunkt fehlen aber einheitliche Defi- bezeichnen, ein württemberger Verbraucher wird nitionen für die „ethischen“ Eigenschaften, die für dies nicht tun. die Verbraucher von größerer Bedeutung sind. Es Der Begriff „Fairness“ hat in den jüngsten gibt weder Definitionen für den übergeordneten Diskussionen um die Zukunft des ökologischen Begriff „ethisch“, noch für die spezifischen Begriffe Landbaus erheblich an Bedeutung gewonnen. Aber „höhere Tierhaltungsstandards“, „regionale Erzeu- auch hierfür gibt es keine einheitliche Definition. gung“ oder „faire Preise“. Für die meisten Menschen ist „Fairness“ einfach Die besondere Schwierigkeit mit „höhe- etwas Gutes. „Fairness“ kann nie falsch sein und ren Tierhaltungsstandards“ liegt in der ungleich dennoch können Erzeuger und Verbraucher hier- verteilten Information zwischen Erzeugern und über sehr unterschiedliche Vorstellungen haben. Verbrauchern. So verbinden zwar die meisten Ver- Tatsächlich gibt es mehrere Ansätze „Fairness“ zu braucher richtigerweise ökologischen Landbau mit definieren. Für Erzeuger geht es hauptsächlich um höheren Tierhaltungsstandards, dennoch wissen höhere Preise, oft ist auch die Rede von Mindest- sie relativ wenig über spezielle Formen der Tier- preisen. Verbraucher verbinden dagegen wesent- 29 lich mehr mit „fairen“ Preisen, so z. B. die Unterstützung kleinbäuerlicher Betriebe, den Erhalt von bäuerlicher Kulturlandschaft, die Förderung traditioneller, handwerklicher Verarbeitungsmethoden oder den Handel über kleine Fachgeschäfte. Antworten auf Fragen wie „welche Preise sind fair“ und „wer entscheidet, welcher Preis fair ist“ sind bis heute kaum zu finden. Je nach der allgemeinen Marktsituation kann ein Preis, der vor einem Jahr noch als fair angesehen wurde, im nächsten Jahr schon ganz anders empfunden werden. Für alle offenen Fragen zu zusätzlichen „ethischen“ Produkteigenschaften gilt daher, dass eine einfache und ehrliche Kommunikation zwischen allen Marktpartnern stattfinden muss, in der die hinter den Begrifflichkeiten stehenden Werte exakt beschrieben werden. Wenn die Einhaltung dieser Werte dann noch von unabhängiger Seite regelmäßig überprüft wird, ist allen Anforderungen Genüge getan. 30 Kapitel Fünf Was Sie mitnehmen sollten! Das zentrale Ergebnis unserer Untersuchungen Regionale Erzeugung ist, dass Öko-Lebensmittel mit zusätzlichen „ethi- Im Rahmen von Gruppendiskussionen hat sich he- schen“ Eigenschaften ein klares Marktpotential rausgestellt, dass die Verbraucher überwiegend aufweisen. Viele Verbraucher und Erzeuger stim- Informationen über den konkreten Produktions- men darin überein, dass die ökologische Erzeugung ort bzw. die –region oder sogar über den Erzeuger entsprechend der EU-Öko-Verordnung (834/2007) selbst bevorzugen. Offensichtlich schätzen die Ver- nicht das Endstadium „ethischer“ Erzeugung ist. braucher die Möglichkeit selbst zu beurteilen, ob Eine wachsende Verbrauchergruppe fragt ein Produkt regional erzeugt wurde oder nicht. Vor Produkte nach, die nach Standards erzeugt wurden, dem Hintergrund der Schwierigkeiten, den Begriff die über die Anforderungen der EU-Öko-Verordnung „regionale Erzeugung“ eindeutig zu definieren und hinausgehen. In unseren Untersuchungen haben immer verschlungeneren Handelswegen, ist es aus wir sieben verschiedene „ethische“ Produkteigen- unserer Sicht ratsam, den genauen Produktionsort schaften mit annähernd 1200 Versuchspersonen an Stelle von unspezifischen Angaben über eine getestet. Die Ergebnisse der computergestützten „regionale Erzeugung“ zu verwenden. Verbraucher Erhebungen haben gezeigt, dass die zusätzlichen könnten sich getäuscht fühlen, wenn sie feststel- „ethischen“ Produkteigenschaften „regionale Er- len, dass als „regional“ bezeichnete Produkte (oder zeugung“, „artgerechte Tierhaltung“ und „faire Er- ihre Rohstoffe) in Wahrheit über große Entfernun- zeugerpreise“ für die Verbraucher am wichtigsten gen transportiert wurden. Dies könnte auch in an- sind. Eigenschaften, wie die „Integration von sozial derer Hinsicht sinnvoll sein: die Eigenschaft „regio- benachteiligten Menschen“, „Erhalt der Artenviel- nal“ hängt auch von dem Produkt ab. Während ein falt“, „Bewahrung kultureller Besonderheiten“ und Wein, der über 200 km transportiert wurde, in An- die „Berücksichtigung von sozialen Kriterien in der betracht der starken regionalen Konzentration des Erzeugung“ (z. B. gerechte Arbeitsbedingungen) ha- Anbaus evtl. immer noch als „regional“ angesehen ben sich dagegen als weniger relevant für die Mehr- werden kann, mögen für Eier oder Milch durchaus zahl der Käufer von Öko-Lebensmitteln herausge- andere Vorstellungen zu regionaler Erzeugung auf stellt. Das heißt aber nur, dass sich entsprechende Seiten der Verbraucher bestehen. Initiativen noch stärker um die Kommunikation der Zusatzmerkmale bemühen müssen als Initiativen Artgerechte Tierhaltung in Bereichen, die heute schon die Mehrheit der Öko- Die Kommunikation von besonders hohen Tierhal- Verbraucher beschäftigen. tungsstandards ist vor allem deshalb schwierig, weil Verbraucher mit ökologisch erzeugten Produkten bereits höhere Tierschutzstandards verbinden. Außerdem wissen Verbraucher nur wenig über art- 31 gerechte Tierhaltung, auch wenn es ein sehr wich- te mit der von Landwirten in Entwicklungsländern tiges Entscheidungskriterium ist. Das Fehlen einer für unangemessen. Ein direkter Bezug zu dem im klaren und allgemein akzeptierten Vorgehenswei- internationalen Handel erfolgreichen "Fair Trade"- se in Bezug auf Standardsetzung und Beurteilung Konzept sollte daher vermieden werden. von höheren Tierschutzstandards ist hier ebenso hinderlich wie fehlende Kenntnisse auf Seiten der Über die EU-Öko-Verordnung hinaus Verbraucher über Unzulänglichkeiten der beste- Es ist klar geworden, dass die EU-Öko-Verordnung henden Öko-Standards und zahlreiche diesbezügli- (EC 834/2007) wesentliche ethische Anliegen von che Ausnahmegenehmigungen für Öko-Landwirte. Verbrauchern und Erzeugern nicht ausreichend Dennoch zeigen Beispiele aus der Praxis, dass es abdeckt. Die Untersuchungen zur Angebotsseite durchaus möglich ist, höhere Tierschutzstandards haben gezeigt, dass zahlreiche Landwirte in der zu kommunizieren (siehe Kapitel 3) und dass Inves- Praxis Produktionsmethoden anwenden, die ein- titionen in überzeugende Kommunikationsstrate- deutig über die Standards der EU-Öko-Verordnung gien lohnenswert sind. hinausgehen. Sie geben hervorragende Beispiele, wie ein breites Spektrum an Werten und Nachhal- Faire Erzeugerpreise tigkeitszielen den Verbrauchern kommuniziert Die Eignung der Produkteigenschaft „Faire Erzeu- werden kann. gerpreise“ für die Produktdifferenzierung hängt in Besonders im Hinblick auf soziale Aspekte erheblichem Maße von der Art ihrer Kommunika- und ein honoriges Geschäftsgebaren auf vielstufi- tion ab. Präzise Informationen, über einen Preis- gen Handelswegen bleibt die EU-Öko-Verordnung aufschlag von z. B. 5 Euro-Cent auf den Normalpreis lückenhaft, so dass in diesem Bereich zusätzliche werden von Verbrauchern gut angenommen, wie ethische Kriterien leicht erfüllt werden können. Eine erfolgreiche Beispiele bei dem Trinkmilchverkauf geringere Umweltbelastung und eine höhere Tier- zeigen. Offensichtlich verbinden Verbraucher nicht gerechtheit der Produktion werden von vielen Ver- nur die Einkommenssituation einheimischer Er- brauchern bei Einhaltung der EU-Öko-Standards als zeuger mit dem „Faire Preise“-Argument, sondern selbstverständlich angesehen. Daher ist die Kom- auch indirekte Effekte wie den Erhalt von Fami- munikation von einer über die EU-Öko-Verordnung lienbetrieben oder der Kulturlandschaft. Dies ist hinausgehenden „ethischen“ Produktionsweise ein vermutlich auch der Grund, warum generelle Aus- schwieriges Unterfangen. Im Einzelfall muss genau sagen wie „Hilfe und Unterstützung für einheimi- geprüft werden, welche Maßnahmen zur Steige- sche Landwirte“ von Verbrauchern überwiegend rung der Tierhaltungsstandards und der Verbesse- abgelehnt werden. Die meisten Verbraucher halten rung der Umweltwirkungen tatsächlich über die den Vergleich der Situation einheimischer Landwir- Basisstandards hinausgehen. So sind beispielswei- 32 se für Legehennen viele Standards zur Tiergerecht- ihre Kommunikation deutlich stärker als bisher auf heit, wie z. B. Auslauf und Nistkästen, Bestandteil die Verbraucherwünsche ausrichten sollten. der Verordnung. Dagegen sind Haltungsbedingun- Ein weiteres Ergebnis unserer Untersu- gen, die Sandbäder und Schutz vor Raubvögeln im chungen ist, dass viele Erzeuger sich weigern, Freien vorsehen, durchaus als etwas Besonderes „ethische“ Eigenschaften ihrer Produkte oder Pro- anzusehen. duktionsprozesse zu kommunizieren, weil sie es Auf jeden Fall sollten Landwirte, die zusätz- für „unethisch“ halten, mit diesen Anliegen Geld liche „ethische“ Leistungen erbringen, darauf ach- zu verdienen. Die Diskussion über die Kommuni- ten, sich deutlich von den gültigen Standards der kation von „ethischen“ Produkteigenschaften ist EU-Öko-Verordnung abzusetzen. Außerdem sollten nicht neu und weist viele Parallelen zu den Anfän- ihre Maßnahmen für die Verbraucher einfach nach- gen des Marketings von ökologischen Produkten vollziehbar und überprüfbar sein. Maßgeblich für auf. Auch damals ging es um den „Sinn und Unsinn“ den Erfolg am Markt ist des Weiteren, dass die Ver- der Kommunikation (oder Werbung) über spezielle braucher ausreichend über die „ethischen“ Leistun- Eigenschaften von Öko-Lebensmitteln. Mittlerwei- gen informiert werden. le ist man sich aber überwiegend darin einig, dass Verbraucher über den Zusatznutzen der ihnen an- Zielgerichtete Aussagen gebotenen Produkte in Kenntnis gesetzt werden Die Kommunikation von zusätzlichen „ethischen“ sollten. Die besonderen zusätzlichen „ÖkoPlus“- Werten ist vor allem dann erfolgversprechend, Eigenschaften ökologischer Lebensmittel müssen wenn den Verbraucherwünschen möglichst genau unbedingt zielgerichtet kommuniziert werden. entsprochen wird. Der Vergleich der von den Ver- Denn nur dann können Verbraucher ihre Kaufent- brauchern bevorzugten zusätzlichen „ethischen“ scheidungen an ihren persönlichen Wertvorstel- Eigenschaften mit denen, die von Landwirten bis- lungen ausrichten. her überwiegend kommuniziert werden, zeigt Die Kommunikation von zusätzlichen „ethi- zwar einige Übereinstimmungen, aber auch deut- schen“ Attributen braucht ein übereinstimmendes liche Abweichungen. Während Verbraucher über- Verständnis der jeweiligen Eigenschaften. In dieser wiegend „ÖkoPlus“-Eigenschaften wie „regionale Hinsicht gibt es deutliche Mängel, auch weil es bis- Erzeugung“, „artgerechte Tierhaltung“ und „faire lang keine einheitlichen Standards gibt. Dennoch Erzeugerpreise“ zu schätzen wissen, konzentrieren sind die Begriffe „fair“ und „regional“ in der aktu- sich die Landwirte in ihrer Kommunikation über- ellen Diskussion um die Zukunft des ökologischen wiegend auf „regionale Erzeugung“, „Umwelt- Landbaus von erheblicher Bedeutung. „Fairness“ schutz“ und „Artenvielfalt“. Daraus ist unmittelbar verschafft Menschen allgemein ein angenehmes zu folgern, dass Landwirte ihre Maßnahmen und Gefühl, weil es nicht nur Wohlbefinden bei den 33 Landwirten, sondern auch bei den Kunden impli- meinsames „ethisches“ Image zu etablieren, das ge- ziert. „Regionalität“ steht auch dafür, Erzeuger und nau auf gesellschaftliche Bedürfnisse abgestimmt Verbraucher enger miteinander zu verbinden. Das ist. Auf der Suche nach erfolgversprechenden Kom- sich aus den fehlenden einheitlichen Definitionen munikationsinstrumenten bieten sich besonders ergebende Potential für missverständliche Wer- Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit an. Öffent- beaussagen und Verwirrungen zeigt sich in einem lichkeitsarbeit und ihr Slogan „Tue Gutes und rede Musterprozess über die Verwendung des Begriffs darüber“ haben deswegen eine herausragende „Fair“ und mögliche Verbrauchertäuschung in Bedeutung für die Kommunikation „ethischer“ Pro- Deutschland (siehe 27). dukteigenschaften, weil der Öffentlichkeitsarbeit Ganz offensichtlich braucht der Öko-Sektor eine höhere öffentliche Aufmerksamkeit und eine eine umfassende Diskussion über zusätzliche „ethi- höhere Glaubwürdigkeit zugeschrieben wird als schen“ Eigenschaften von Öko-Lebensmitteln. Dies der Werbung. Besonders die fortgeschrittene Ver- ist besonders wichtig, weil die verwendeten Begrif- sion der Öffentlichkeitsarbeit „Tue Gutes und lass' fe den Verbrauchern wohl bekannt sind: Verbrau- andere darüber reden“ sollte das zentrale Anliegen cher habe ihre eigenen Vorstellungen davon, was aller Kommunikationsbemühungen im Zusammen- „fair“ oder „regional“ ist. Es ist deshalb nicht Sache hang mit zusätzlichen ethischen Anliegen des Öko- der Erzeuger und Händler allein, diese Begriffe mit Sektors werden. eigenen Definitionen zu belegen. In einer Situation, in der es an gemeinsamen Standards fehlt und in Anbetracht der unterschiedlichen Möglichkeiten, diese „ethischen“ Begriffe zu definieren, sollten Unternehmen des Öko-Sektors sehr vorsichtig mit ihren Werbeaussagen sein. Wahl des Kommunikationsinstruments Öko-Lebensmittel, die höheren „ethischen“ Standards folgen, stellen ein wachsendes Marktsegment dar und bieten somit gute Möglichkeiten der Produktdifferenzierung. Dieses derzeit noch sehr kleine Segment wartet geradezu darauf, mittels ausgeklügelten und innovativen Kommunikationsstrategien erschlossen zu werden. Der Öko-Sektor bietet hervorragende Voraussetzungen, um ein ge- 34 Literatur 1 Schmid, O.; Hamm, U.; Richter, T.; Dahlke, A. 8 Torjusen, H.; Sangstad, L.; O'Doherty Jensen, K.; (2005): Marketing-Handbuch für landwirtschaft- Kjærnes, U. (2004): European consumers' con- liche Vermarktungsinitiativen. Forschungsin- ceptions of organic food – A review of available stitut für biologischen Landbau (FiBL), Frick/ research. Professional Report no 4-2004. Natio- Schweiz. nal Institute for Consumer Research. Oslo. On- 2 Sylvander, B.; François, M. (2006): Organic and line verfügbar unter http://orgprints.org/2490/. low input food consumers’ concerns and per- 9 Zander, K.; Hamm, U. (2009): Farmer Consumer spectives for developing the organic market in Partnerships: Information search and Decision the future. In: Andreasen, C.; Elsgaard L.; Son- Making: The Case of Ethical Values of Organic dergaard-Sorensen L.; Hansen G. (Eds.): Organic Products. 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FiBL, Frick/Schweiz. 36 37 38 Durch die zunehmende Beliebtheit ökologischer Lebensmittel bei Verbrauchern steigt auch das Angebot und der Wettbewerb zwischen ökologischen Erzeugern nimmt zu. Viele Produkte werden mittlerweile unter Bedingungen erzeugt, die zwar gerade noch den Minimalanforderungen der EUÖko-Verordnung an die Produktion entsprechen, in denen aber die ursprünglichen Werte der ökologischen Bewegung kaum noch beachtet werden. In jüngster Zeit gibt es aber auch eine wachsende Gruppe von Konsumenten, die sich eine Orientierung des Öko-Landbaus an diesen weitergehenden „ethischen“ Kriterien, wie fairen Arbeitsbedingungen, der Integration von benachteiligten Menschen, besonders artgerechter Tierhaltung oder die Erhaltung von bäuerlichen Traditionen und den regionaltypischen Landschaften wünscht und durchaus bereit ist für diese „Mehr-Werte“ zu zahlen. Dieses Handbuch gibt Erzeugern und Verarbeitern Hinweise, wie sie ihre Marketingstrategie auf den „ethischen Konsumenten“ abstimmen und ihre Kommunikation in diesem Bereich mit den Kunden verbessern können. Detaillierte Informationen über das Projekt finden Sie unter: www.fcp.coreportal.org