Testmasse und Periheldrehung - Physik

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Testmasse und Periheldrehung - Physik
Universität Regensburg
Gekrümmter Raum und gedehnte Zeit
Eine Testmasse in einem starken
Gravitationsfeld
Betreuer:
Wolfgang Gephardt
Gunnar Bali
Autoren:
Benjamin Huth
15. November 2015
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2
2 Wiederholung: Grundlagen der ART
2.1 Metrik in gekrümmten Räumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2 Christoffelsymbole und kovariante Ableitung . . . . . . . . . . . .
2.3 Eigenzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
3
3
4
3 Bewegungen in der Raumzeit
3.1 Geodätische Kurven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2 Geodätische Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3 Newtonscher Grenzfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
5
5
6
4 Bewegung in der Schwarzschildmetrik
4.1 Christoffelsymbole der Schwarzschildmetrik
4.2 θ-Komponente . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3 ϕ-Komponente . . . . . . . . . . . . . . . .
4.4 t-Komponente . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.5 Die Radialbewegung . . . . . . . . . . . . .
4.6 Lichtablenkung im Gravitationsfeld . . . . .
4.6.1 Newtonscher Grenzfall . . . . . . . .
4.6.2 Relativistische Betrachtung . . . . .
4.7 Periheldrehung im Gravitaionsfeld . . . . .
4.7.1 Newtonscher Grenzfall . . . . . . . .
4.7.2 Relativistische Betrachtung . . . . .
4.8 Effektives Potential . . . . . . . . . . . . . .
1
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7
7
7
7
8
8
9
9
10
12
12
12
14
1
Einleitung
Das Seminar “Gekrümmter Raum und Gedehnte Zeit“ im WS15/16 an der Universität Regensburg versucht, die Grundlagen und Effekte Einsteins Allgemeiner
Relativitätstheorie (deren 100-jähriges Bestehen ja im Jahr 2015 gefeiert wird)
ohne die ausufernde Mathematik, die in der Theorie steckt, darzustellen und
zugänglich zu machen. In diesem Vortrag wird die Bewegung von Körpern und
Licht in der relativistischen Raumzeit betrachtet, mit besonderem Augenmerk
auf die beiden “klassischen Tests“ der Allgemeinen Relativitätstheorie, der Lichtablenkung und die Periheldrehung im Gravitationsfeld.
Diesem Vortrag vorangegangen sind 2 Vorträge über die historische Entwicklung
der ART und deren Forschungsgeschichte, sowie 2 Vorträge über die Einsteinsche Feldgleichung und deren einfachste Lösung, der Schwarzschildmetrik. Auf
diese Themen wird hier deshalb nur noch am Rande eingegangen.
Abbildung 1: Klassische Tests der Allgemeinen Relativitätstheorie: Lichtablenkung und Periheldrehung
2
2
2.1
Wiederholung: Grundlagen der ART
Metrik in gekrümmten Räumen
Die Metrik eines Raumes beinhaltet alle Informationen über die Krümmung des
Raumes. Der Metrische Tensor gij beinhaltet die Metrikkoeffizienten:
ds2 = gij dxi dxj
Wobei nach der Summenkonvention über beide Indizes summiert wird (beispielhaft für 2 Dimensionen):
ds2 = g00 (dx0 )2 + g01 dx0 dx1 + g10 dx1 dx2 + g11 (dx1 )2
Man beachte allerdings den Unterschied zwischen gekrümmten Koordinaten und
einem gekrümmtem Raum.
Die einfachste Metrik einer gekrümmten Raumzeit ist die einer sphärischen,
symmetrischen Masse: Die Schwarzschildmetrik. Deren metrischer Tensor ist:


− 1 − rrs
0
0
0
−1

0
1 − rrs
0
0 

gij = 
2


0
0
r
2
2
0
0
0 r sin θ
Das Wegelement der Schwarzschildmetrik ist also:
rs 2 2 rs −1 2
ds2 = − 1 −
c dt + 1 −
dr + r2 (dθ2 + sin2 θdφ2 )
r
r
(1)
Diese Metrik beschreibt den Raum außerhalb des Schwarzschildradius rs =
2GM
c2 . Bei r = rs befindet sich eine Koordinatensingularität.
2.2
Christoffelsymbole und kovariante Ableitung
In vielen Fällen sind wir an der lokalen Änderung von Tensoren interessiert.
Bei der Ableitung eines Tensors in einem nicht-euklidischem Raum muss neben der tatsächlichen Änderung des Vektors auch die Krümmung des Raumes
berücksichtigt werden.
∂Ai
∇ j Ai =
+ Γijk Aj
∂xj
Die Christoffelsymbole Γijk sind die durch die Krümmung verursachten Korrekturen Anschaulich gesprochen sind sie die erste Ableitung der Metrik. Sie
beschreiben, wie sich der Einheitsvektor êi ändert, wenn man ihn in j-Richtung
verschiebt:
ei (xi + dxi ) − ei (xi )
∂j ei =
= Γij = Γkij ek
dxj
Die Christoffelsymbole lassen sich aus als Kombination der ersten Ableitungen
der Metrikkoeffizienten darstellen:
Γkij =
1 kn
g [∂j gin + ∂i gnj − ∂n gij ]
2
3
(2)
2.3
Eigenzeit
Für die Dynamik in der Raumzeit ist sowohl in der speziellen als auch in der
allgemeinen Relativitätstheorie die Eigenzeit ein sehr wichtiges Konzept. Sie
ersetzt die Koordinatenzeit als Parameter der Bahnkurve (Weltlinie) eines Teilchens, da sie eine Bezugssystem-unabhängige Größe (Lorentzskalar) ist. Formal
ist die Eigenzeit definiert durch:
Z
q
ds
1
1
dτ =
=
gij dxi dxj ,
τ=
ds
(3)
c
c
c
Anschaulich ist die Eigenzeit die Zeit, die für das Objekt selbst vergeht (Die Zeit,
die man auf einer Uhr abliest). Befindet man sich im selbem System wie die Uhr,
so ist die Eigenzeit natürlich gleich der Koordinatenzeit. Die Eigenzeit wird
durch die Geschwindigkeit des Körpers und dem Gravitationsfeld bestimmt.
Für schwache Potentiale und kleine Geschwindigkeiten lassen sich die Effekte so
darstellen (Reihenentwicklung):
1 v2
2Φ(r)
dτ =
1−
+
dt
für Φ(r)2 , v c
2
2
2
c
c
| {z }
| {z }
SRT −Anteil
ART −Ant
4
3
Bewegungen in der Raumzeit
3.1
Geodätische Kurven
Nach dem Aufstellen und Lösen der Einsteinschen Feldgleichung stellt sich nun
die Frage, wie man die Bewegung von freien Körpern durch diese Metrik beschreibt. Als Vereinfachung nehmen wir hier bereits an, dass die Masse dieser
Körper viel kleiner ist als die Masse, die den Raum krümmt, und daher selbst
nicht zur Raumkrümmung beiträgt.
In der Newtonschen Mechanik Bewegt sich ein freier Körper geradlinig mit
gleichbleibender Geschwindigkeit weiter, seine Bahn ist durch eine Gerade im
Raum beschrieben. Analog dazu bewegt sich auch ein Körper auf einer in den
nichteuklidischen Raum verallgemeinerten Gerade, einer Geodäte. Eine Geodäte
ist die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten in einem gekrümmten Raum.
Geodäten spielen auch in unserem alltäglichem Leben eine Rolle, zum Beispiel
als kürzeste Verbindung zweier Punkte auf der Erdoberfläche, die ja eine Kugeloberfläche und damit gekrümmt ist.
Im Allgemeinen ist die Projektion einer solchen Geodäte auf eine Karte keine
Abbildung 2: Geodäten auf der 2-dimensional gekrümmten Erdoberfläche
Gerade, weswegen uns Lichtwege in der 4-dimensionalen Raumzeit gekrümmt
erscheinen.
3.2
Geodätische Gleichung
Die Geodätische Gleichung ist die Differentialgleichung, deren Lösungen geodätische
Kurven sind. Somit ist sie auch die Bewegungsgleichung eines freien Körpers in
der Raumzeit. Das Kriterium für eine Bahnkurve in der Raumzeit ist, dass sich
die Richtung eins Vektors nicht ändert, wenn er an der Kurve entlang transportiert wird (analog zur Geraden im euklidischem Raum). Das ist gleichbedeutend
damit, dass die kovariante Ableitung verschwindet:
!
∇j Ai = ∂j Ai + Γijk Ak = 0
∂Ai
= −Γijk Ak
(4)
∂xj
Dieser Tangentenvektor wird nun mit der Eigenzeit τ parametrisiert, analog zur
5
Abbildung 3: Ai ist ein Tangentenvektor (Paralleltransport)
klassischen Bahnkurve, die von der absoluten Zeit t abhängt. Nach multiplizieren
beider Seiten von (4) mit dxj /dτ , erhalten wir:
j
dAi
∂Ai dxj
i
k dx
=
=
−Γ
A
jk
∂xj dτ
dτ
dτ
Außerdem wird der Tangentenvektor durch die Ableitung der Kurve beschrieben: Ai = dxi /dτ . Setzen wir dies in die Gleichung ein, erhalten wir die Geodätische
Gleichung:
d2 xi
dxk dxj
= −Γijk
(3)
2
dτ
dτ dτ
3.3
Newtonscher Grenzfall
Wie in jeder Theorie, die die Physik in Extremsituationen beschreibt, müssen die
Gleichungen für Normalbedingung in die altbekannten Zusammenhänge übergehen.
Wegen v c geht die Eigenzeit τ in klassischer Betrachtung in die absolute
Zeit t über. Die Ableitungen der Bahnkurve nach der Zeit ergeben für i = 0
dx0 dτ = c und für i = 1, 2, 3 dxi /dτ = v. Wegen v c dominiert die Γi00 Komponente die Gleichung, siehe (2)
Γi00 =
1
1 il
g (∂0 g0l + ∂0 gl0 − ∂l g00 ) = − ∂i g00
2
2
Dies führt in der Schwarzschildmetrik zu:
g00 = 1 +
2GM
2Φ(r)
=1+
2
rc
c2
Das Christoffelsymbol ergibt also:
1
1
− ∂i g00 = − 2 ∇Φ(r)
2
c
Setzt man dies in die Geodätische Gleichung ein, ergibt dies die Newtonsche
Bewegungsgleichung:
d2~r
= −∇Φ(r)
dt2
6
4
Bewegung in der Schwarzschildmetrik
Im nachfolgenden wird die Geodätische Gleichung (4) für die Schwarzschildmetrik (1) gelöst. Daher benutzen wir Kugelkoordinaten:
xi = (ct, r, θ, ϕ)
Bei der Betrachtung der Bewegung von masselosen Teilchen (Licht) wird es
ein Problem geben, da für Licht die Eigenzeit dτ verschwindet, wie man aus
Gleichung (3) leicht sehen kann. Deshalb wird die Bahnkurve ab jetzt vorerst
mit λ parametrisiert, für massebehaftete Teilchen gilt dann: λ = τ . Weiterhin
gilt im folgenden:
dq
= q̇
dλ
4.1
Christoffelsymbole der Schwarzschildmetrik
Eine lästige Pflicht in der Allgemeinen Relativitätstheorie ist immer die Berechnung der Christoffelsymbole. Hier sind nun die relevanten aufgelistet, die
nachher in die Geodätische Gleichung eingesetzt werden.
−1
sind die Koeffizienten der SchwarzschildA = − 1 − rrs und B = 1 − rrs
metrik, die Gestrichenen Größen sind nach r abgeleitet:
Γ001 =
A0
2A
Γ100 =
A0
2B
Γ111 =
B0
2B
r
r sin2 θ
Γ133 = −
Γ323 = cot θ
B
B
Alle anderen Christoffelsymbole verschwinden.
Γ122 = −
4.2
Γ212 = Γ313 =
1
r
Γ233 = − sin θ cos θ
θ-Komponente
Die θ-Komponente ergibt sich durch einsetzten von i = 2 in die Geodätische
Gleichung:
x¨2 = −Γ2jk x˙j x˙k = −Γ212 x˙1 x˙2 − Γ233 x˙3 x˙3
2
θ̈ + ṙθ̇ − sin θ cos θϕ̇2 = 0
r
Man sieht leicht, dass diese Gleichung durch θ = π/2 gelöst wird, also einer Bewegung in der Äquatorebene. Genauso wie in der klassischen Mechanik verlässt
der Körper seine Bewegungsebene nicht (Dies ändert sich beispielsweise in der
Kerr-Metrik).
4.3
ϕ-Komponente
Analog dazu die ϕ-Komponente mit i = 3:
ϕ̈ =
2
ṙϕ̇
r
Aus kurzer Umformung folgt:
d 2
(r ϕ̇) = 0
dλ
7
Dies entspricht einer Erhaltungsgröße, die als der Drehimpuls identifiziert werden kann (wie in der klassischen Mechanik):
r2 ϕ̇ = l = const.
4.4
t-Komponente
Auch aus der zeitlichen Komponente (i = 0) folgt eine Erhaltungsgröße:
ẗ +
rs
ṫṙ = 0
r(r − rs )
rs i
d h
1−
ṫ = 0
dλ
r
h
i
rs
1−
ṫ = = const.
r
Diese Größe kann als die erhaltene Energie identifiziert werden.
4.5
Die Radialbewegung
Nun ist es an der Zeit, den unterschied zwischen masselosen und massebehafteten Teilchen in den Gleichungen zu berücksichtigen. Dazu betrachten wir folgenden Ausdruck:
2
2 ( 2
c (m 6= 0)
ds
dτ
2
2
ṡ =
=c
=
dλ
dλ
0 (m = 0)
Diese Größe unterscheidet sich also bei den zwei verschieden Arten von Testobjekten. Um diese Größe gleich quantitativ in die Bewegungsgleichung für die
Radialbewegung einzubauen, nutzen wir im folgenden nicht den Radialteil der
Geodätischen Gleichung, sondern den Ausdruck für die Weglänge ds2 . Formal
wird dieser durch dλ2 geteilt (wobei θ = π/2 berücksichtigt wurde):
rs 2 2 rs −1 2
ṙ + r2 ϕ̇2
ṡ2 = − 1 −
c ṫ + 1 −
r
r
Anschließend kann man auch die Erhaltungsgrößen und l einsetzen und so die
Gleichung vereinfachen:
1−
rs 2
l2 rs ṡ = −2 c2 + ṙ2 + 2 1 −
r
r
r
Um nun die Eigenzeit τ bzw. λ aus der Gleichung zu eliminieren, kann man wie
in der klassischen Mechanik den Drehimpuls nutzen:
ṙ =
dr
dr l
ϕ̇ =
dϕ
dϕ r2
Einsetzen und einige Umformungen ergeben:
2
d 1
1
ṡ2 − 2 c2 ṡ2 rs 1
1
rs
=− 2 +
+ 2
− 2+ 3
2
dϕ r
r
l
l
r
r
r
| {z } | {z }
C
8
2/a
Um die Lösung dieser (hochgradig nichtlinearen) Gleichung zu vereinfachen,
kann man mit y(ϕ) = 1/r(ϕ) und y 0 = dy/dϕ substituieren:
0=
ṡ2 rs
ṡ2 − 2 c2
+ 2 y − y 02 − y 2 + rs y 3
2
l
l
Die Lösung dieser Gleichung beschreibt die Bewegung eines Körpers in der
Schwarzschildmetrik. Aufgrund der Komplexität der Gleichung müssen wir für
die Relativistische Betrachtung auf einen Störungsansatz zurückgreifen.
4.6
Lichtablenkung im Gravitationsfeld
Der einfachere Fall ist die Betrachtung von masselosen Teilchen im Gravitationsfeld (Licht). Der Parameter ṡ2 verschwindet hier. Die Konstanten werden
zu:
2 c2
2
ṡ2 rs
ṡ2 − 2 c2
= 2
= 2 =0
C=
2
l
l
a
l
Die (vereinfachte) Differentialgleichung ist nun:
y 02 = C − y 2 + rs y 3
Einmaliges Ableiten und Division durch 2y 0 ergibt als zu lösende Gleichung:
y 00 + y =
4.6.1
3
rs y 2
2
(5)
Newtonscher Grenzfall
Unter der Annahme, dass der Schwarzschildradius rs sehr klein ist gegen r, kann
man den von y 2 abhängigen Term vernachlässigen, was sich als der Newtonsche
Grenzfall herausstellt. Die Restgleichung ist nun elementar lösbar (und sollte
jedem Physikstudenten bekannt sein):
yn00 + yn = 0
ynr = y0 cos(ϕ)
Resubstituieren ergibt das erwartete Ergebnis:
r(ϕ) =
r0
cos(ϕ)
Im Grenzfall gegen unendlich erfährt der Lichtstrahl keine Ablenkung:
r→∞
⇒
9
ϕ→±
π
2
4.6.2
Relativistische Betrachtung
Um nun die Differentialgleichung (5) zu analysieren, betrachten wir die rechte Seite als Störterm. Zum Auswerten der Störung setzen wir die Lösung der
ungestörten Gleichung ein:
yr00 + yr =
3
3 rs
rs y 2 =
cos2 ϕ
2 r
2 r02
Die Lösung dieser Gleichung ist (wie sich durch einsetzen leicht zeigen lässt):
yr =
rs
(1 + sin2 ϕ)
2r0
Die Gesamtlösung setzt sich nun aus der ungestörten und der gestörten Lösung
zusammen:
rs
1
cos ϕ + 2 (1 + sin2 ϕ)
y = yn + yr =
r0
2r0
Wir erwarten nun im Unendlichen einen größeren Winkel ϕ, da der Lichtstrahl
durch die Masse abgelenkt werden soll:
π
r → ∞ bzw. y → 0 ⇒ ϕ → ±
+α
2
Setzen wir das in die Lösung ein, ergibt sich mit cos(π/2 + α) = − sin α und
sin(π/2 + α) = cos α:
0=−
1
rs
sin α + 2 (1 + cos2 α)
r0
2r0
Für kleine Ablenkungen α ergibt sich durch Kleinwinkelnäherung (sin α = α
und cos α = 1) die allgemein bekannte Formel für die Lichtablenkung im Gravitationsfeld:
2rs
2α =
r0
10
Die Messung der Lichtablenkung bei der Sonnenfinsternis am 29. Mai 1919
durch Arthur Eddington war das Experiment, dass die Allgemeine Relativitätstheorie
berühmt machte und ihr zum Durchbruch verhalf. Für die Lichtablenkung gilt
nach obiger Formel mit Sonnenradius r0 = 700.000km und Schwarzschildradius
rs = 3km:
∆ϕ = 2α ≈ 1, 700 (≈ 5e-4◦ )
Die Originalergebnisse sind zwar reichlich fehlerbehaftet, bestätigen dieses Resultat aber gut:
Abbildung 4: Diagramm der Orginalergebnisse aus der Arbeit von Arthur Eddington. Die dicke Linie steht für die Vorhersage der ART.
11
4.7
Periheldrehung im Gravitaionsfeld
Für einen massebehafteten Körper verschwindet der Parameter ṡ2 nicht.
ṡ2 − 2 c2
(2 − 1)c2
=
2
l
l2
C=
2
22 rs
ṡ2 rs
= 2 = 2
a
l
l
Die Differenzialgleichung ist also:
y 02 = C +
4.7.1
2
y − y 2 + rs y 3
α
(6)
Newtonscher Grenzfall
Durch Differenzieren und teilen durch 2y 0 sowie vernachlässigen des rs -Terms
erhält man wiederum:
1
yn00 + yn =
α
Die Lösung dieser Gleichung ist die bekannte Gleichung einer Ellipse:
ynr =
4.7.2
1 + y0 cos ϕ
a
⇒
r(ϕ) =
α
1 + e cos ϕ
Relativistische Betrachtung
Die Störungstechnische Behandlung dieses Problems ist komplizierter, sie wird
daher nur in Grundzügen dargestellt. Setzten man den Ansatz y = yn + yr in
die Gleichung (6) ein, so ergibt sich nach einiger Rechnung:
2
2yn0 yr0 + 2yn yr − yr − rs yn3 = 0
a
mit yn =
1+e cos ϕ
a
und yn0 = − ae sin ϕ wird die Gleichung zu:
e(yr cos ϕ − yr0 sin ϕ) =
rs (1 + e cos ϕ)3
2a2
Die Lösung ist dieser Gleichung ist:
rs
1 + 3e2
2
2
2
yr = 2 (3 + 2e ) +
cos ϕ − e cos ϕ + 3eϕ sin ϕ
2a
e
12
Um die Periheldrehung (also die Verdrehung der Bahnellipse pro Umlauf) zu
analysieren, benötigen wir die Terme die konstant bzw. periodisch in ϕ sind,
nicht. Lediglich der Term, der linear in ϕ ist, verändert die Ellipse, da er nach
einem Umlauf nicht wieder den selben Wert erreicht. Das relevante Ergebnis ist
also:
3rs
yr = 2 eϕ sin ϕ
2a
Das Gesamtergebnis (yn + yr ) ist (inklusive Resubstitution und Anwendung von
Additionstheoremen und Kleinwinkelnäherung):
r(ϕ) =
1 + e cos
α
1−
3rs
2α
ϕ
Man sieht leicht, dass r erst wieder seinen Ursprünglichen Wert erreicht, nachs
dem ein Winkel von ϕ = 2π + 3r
2a überstrichen wurde, sich die Ellipse also
gedreht hat.
Allerdings ist die Relativitätstheorie nicht der einzige Grund für die Periheldrehung, die Hauptursache ist die Gravitative Störung durch die anderen Planeten.
Trotzdem war die ART die einzige Theorie, die natürlich die Differenz zwischen
den Theoriewerten nach Newton und den Messergebnissen für die Periheldrehung des Merkur erklärte.
Ursache
Allgemeine Relativitätstheorie:
Gravitation anderer Planeten:
Gesamt:
Beobachtung:
Abweichung [arcsec/Jhdt.]
42.98
531.63
574.64
574.10
Quelle: Wikipedia
Zur Visualisierung der Effekte eignet sich ein kleines Programm namens “Raumkruemmung.exe“ sehr
gut, das man unter http://www.mabo-physik.de/raumkruemmung.html herunterladen kann. Darin lässt sich in einem 2-dimensional gekrümmter Raum die
Bahn eines Teilchens simulieren. Sinnvolle Kurven ergeben sich beispielsweise,
Abbildung 5: Raumzeitsimulation “Raumkruemmung.exe “
wenn man vx = 800, vy = 0 und x = 0 wählt, und vx zwischen 320 (NewtonEllipse) und 150 (Extrem blumenförmige Bahn) variiert.
13
4.8
Effektives Potential
Aus der Radialgleichung heraus lässt sich ein effektives Potential formulieren,
in dem viele Unterschiede zwischen dem klassischen und dem relativistischem
Keplerproblem sichtbar werden. Insbesondere gibt es zwei verschiedene Kurven,
eine für Licht und eine für massebehaftete Körper:

− GM + l22 − rs l32 (m 6= 0)
r
2r
2r
Vef f (r) =
 l 2 − rs l 2
(m = 0)
2r 2
2r 3
Einige Punkte fallen besonders auf: Für Licht gibt es nur eine einzige geschlos-
sene Bahn, und Körper können im Gegensatz zur klassischen Theorie trotz endlichen Drehimpulses ins Zentrum fallen.
14
[h]
Literatur
[1] Göbel, ”Gravitation und Relativität”, De Gruyter, 2014
[2] Fließbach, Ällgemeine Relativitätstheorie”, Springer, 2012
15

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