Gute Pflege
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Gute Pflege
Widerständige Pflegepädagogik Prof. Dr. Anne Kellner Widerstand – Pflege – Pädagogik „Pflege ist Widerstand“ Widerstandsfähige Pflegefachpersonen Widerstand & Pädagogik 14.11.2014 Prof. Dr. Anne Kellner X2 „Pflege ist Widerstand. Sie ist in der Nähe der Menschen, die in dieser Gesellschaft an der Grenze leben.“ Ursula Geißner, 2007 http://diepresse.com/images/uploads/c/3/5/695349j.pg „PFLEGE IST WIDERSTAND“ 14.11.2014 Prof. Dr. Anne Kellner X3 Besonderheiten der ‚Dienstleistung Pflege‘ … Eingriff in Privat- und Intimsphäre Uno-actuPrinzip Subjektive Betroffenheit Existentiell bedeutsame Lage 14.11.2014 Prof. Dr. Anne Kellner X4 Therapeutische vs. wirtschaftliche Beziehung Der ‚Patient‘ / der Bewohner kann keinen Kunde sein… Die pflegerische Versorgung darf nicht von den finanziellen Möglichkeiten einer Person abhängig sein… 14.11.2014 Prof. Dr. Anne Kellner …und erst recht nicht König! Abb. www.sekizland.blogspot.de X5 Komplexität des professionellen Handelns ‚Regelwissen‘ Erfahrungswissen Berufsethos Professioneller ‚Fallverstehen‘ Begründete Entscheidung Professionelles Arbeitsbündnis Assessment Klient 14.11.2014 Prof. Dr. Anne Kellner Vgl. U. Oervermann X6 Professionelle Gestaltung des Arbeitsbündnisses als Merkmal für Pflegequalität Vier-Stufen-Modell für Pflegequalität (modifiziert nach einem Entwurf der Kaderschule für Krankenpflege Zürich) 14.11.2014 Prof. Dr. Anne Kellner X7 Pflege ist Widerstand Advokatorische Funktion von Pflege Die Pflegefachpersonen halten dem Ökonomisierungsdruck stand und wehren sich gegen Bestrebungen, welche „diskutieren, ob menschliche Anteilnahme […], zum Standardangebot der Pflege gehöre oder als zusätzliche Leistung zu betrachten sei. Solche Erwägungen sind verheerend, wenn nicht menschenverachtend, weil sie nicht nur die Sorge um den Leidenden, sondern alles pflegende Handeln, welches aus dieser Sorge hervorgeht, im Keim ersticken.“ Sylvia Käppeli, S. 2000, 4 14.11.2014 Prof. Dr. Anne Kellner X8 http://bilder.augsburger-allgemeine.de/img/donauwoerth/ KRANKE PFLEGE… 14.11.2014 Prof. Dr. Anne Kellner X9 Pflegende arbeiten täglich für das Wohlbefinden anderer Menschen. fördern Gesundheit bekämpfen Krankheit Vernachlässigung des Warum entwickelt Warumeigenen tun sie nicht sich die Pflege nur für sich, was sie Gesundheitsschutzes von Notstand zu Erschöpfung wissen? Notstand? Burnout 14.11.2014 Prof. Dr. Anne Kellner Mit Bezug auf A. Kuhlmey 10 X Konstitutive Überforderung ‚Normenfalle‘ der Pflege… Die Vielzahl der zu erfüllenden Aufgaben und Normen bringt den Einzelnen in einen Zustand der ständigen Kritisierbarkeit (vgl. Treiber & Steiner 1973: 51) Individuell und biografieorientiert Verdichtung Beschleunigung wissenschaftlich basiert SGB V & XI - DRG Minutenpflege ethisch-moralisch begründet Pflege als Kostenfaktor EFQM konform …. Unterfinanzierung von Pflege Stellenabbau … ‚Gute Pflege‘ 14.11.2014 Zielkonflikte der Pflege Dr. Anne Kellner ‚Ökonomisierung‘ 11 X Wirksamkeit der ‚Normenfalle‘ der Pflege… „(Das Kind) hat über eine Stunde lang geschrien, und eine Stunde lang, wo man die ganze Arbeit macht, habe ich nichts getan (!), dann hab ich ganz einfach alles gemacht, was das Kind gewünscht hat und plötzlich war es tot, da war ich sehr froh, dass ich noch eine Stunde dem Kind alles getan hab, und dann war ich natürlich mit meiner Arbeit sehr zurück.“ (in Arnold, D. 1996, 77, Hervorh. im Orig.) 14.11.2014 Prof. Dr. Anne Kellner 12 X ‚Normenfalle‘ & Pflegenotstand Überengagement individuell Biografie orientiert wissenschaftlich basiert ethisch-moralisch begründet EFQM konform …. Unerfüllbarkeit des Auftrags Schlechtes Gewissen SGB V & XI - DRG Minutenpflege Standard Pflegesatz Modell Pflege als Kostenfaktor Unterfinanzierung von Pflege Stellenabbau … ‚Gute Pflege‘ Pflegefachperson ‚Ökonomisierung‘ 14.11.2014 Prof. Dr. Anne Kellner 13 X Traut sich die Pflege zu viel zu ? (vgl. Richter, D. 1998) DÜRFEN WIR NOCH ‚GUTE PFLEGE‘ LEHREN? 14.11.2014 Prof. Dr. Anne Kellner 14 X Ganzheitliche Pflege als normative Ideologie „Gute Pflege kann, so hat es den Anschein, nur ganzheitlich sein, oder sie ist keine gute Pflege.“ (Richter, D. 1998, 255) Im Anspruch einer ganzheitlichen Pflege wird das Bild der Pflegebeziehung verklärt. Die Forderung einer – einzig als gut definierten – ganzheitlichen Pflege, ist zu einem an sich unmöglich zu realisierenden Berufsideal der Pflege geworden. In ihrem Selbstanspruch gute Pflege zu leisten, müssen Pflegende sich überfordern und ausbrennen (vgl. Richter, D. 1998, 260, Herv. Ke). 14.11.2014 Prof. Dr. Anne Kellner 15 X ‚Gute Pflege’ geht über die vorgeschriebenen Leistungen hinaus „Ein wesentliches Qualitätsmerkmal der Pflege ist eine aktivierende, ganzheitlich angelegte, gesundheitsfördernde Pflege, die an die Kompetenzen und Wünsche der Pflegebedürftigen anknüpft. Eine bedürfnisgerechte Heimversorgung setzt voraus, dass die Bewohnerinnen und Bewohner über die vorgeschriebenen Leistungen der Grundund Behandlungspflege hinaus ausreichend unterstützt und aktiviert und ihre Probleme erkannt und ernst genommen werden. Vorhandene Fähigkeiten sind zu erhalten bzw. aufzubauen.“ (Erster Bericht des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend über die Situation der Heime und die Betreuung der Bewohnerinnen und Bewohner vom 15.08.2006 Herv. Ke) 14.11.2014 Prof. Dr. Anne Kellner 16 X Leistungsbereiche im Bereich des SGB XI ATL – Bereiche im Gutachten des MDK Für Sicherheit sorgen können Sollen/Wollen wir diesesaufrechterhalten Verständnis Vitale Funktionen können: Pflege lehren? Essen & von trinken können Leistungsbereiche nach §14, Abs. 4 SGB XI Hauswirtschaft:Beheizen – Reinigen der Wohnung Kommunizieren können Mundgerechtes Zubereiten oder Aufnahme der Nahrung, Einkaufen, Kochen, Spülen Ausscheiden können Darm- oder Blasenentleerung Sich sauberhalten und kleiden können Waschen, Duschen, Baden, Zahnpflege, Kämmen, Rasieren, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung Sich bewegen können Selbstständiges Aufstehen und zu Bett gehen, Anund Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen, Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung Sich beschäftigen können Ruhen und schlafen können Sich situativ anpassen können Soziale Bereiche des Lebens sichern können 14.11.2014 ATL als Instrument gegen eine ökonomische Reduktion von Pflege X17 Prof. Dr. Anne Kellner Dürfen wir als Pflegepädagogen ‚gute Pflege‘ lehren? Ja, weil ‚gute Pflege‘ als Widerstandsdiskurs benötigt wird… Eine ‚einfache Idealisierung‘ von Pflege reicht deshalb nicht aus… 14.11.2014 Prof. Dr. Anne Kellner Es kann aber nicht die Aufgabe der SchülerInnen sein die Praxis zu verändern! 18 X Wie können Pflegefachpersonen auf diese Herausforderungen vorbereitet werden? Gebraucht werden ‚gesunde‘ und ‚starke‘ Pflegenden, die bereit sind die Herausforderung der kommenden Jahren anzunehmen. widerstandsfähig macht Wie können Pflegenden mit einem ‚Rüstzeug‘ ausgestattet werden, das sie 14.11.2014 zum Widerstand befähigt? Prof. Dr. Anne Kellner 19 X Professionalisierung als Notwendigkeit Gesellschaft Gerechtigkeit Betroffenheit des Individuums Fürsorge Konzepte der prof. Pflege Professionelles Arbeitsbündnis 14.11.2014 Prof. Dr. Anne Kellner 20 X „Es ist nicht immer gut, wenn das „Eine starke Strömung ist der Ansicht, allzu viel Krankenpflegepersonal zu gescheit und zu Bildung schadet nur. belesen ist...“ Die Leute könnten ja wirklich kritisch werden.“ (Julius Feßler Arzt und Autor des bis 1933 aufgelegtes Buches „Erster (Hildegard *1921) UnterrichtHamm-Brücher in der Krankenpflege“) PFLEGE BRAUCHT ‚BILDUNG‘ EINE BILDUNG, DIE MEHR ALS AUSBILDUNG IST… Prof. Dr. Anne Kellner 14.11.2014 21 X Berufliche Pflegeausbildung individuell Biografie orientiert wissenschaftlich basiert ethisch-moralisch begründet EFQM konform …. ‚Gute Pflege‘ Professionelle Handlungskompetenz Berufliche Handlungskompetenz SGB V & XI - DRG Minutenpflege Standard Pflegesatz Modell Pflege als Kostenfaktor Unterfinanzierung von Pflege Stellenabbau … ‚Ökonomisierung‘ Zielkonflikte der Pflege 14.11.2014 Prof. Dr. Anne Kellner 22 X Von der beruflichen zur professionellen Handlungskompetenz ‚Patienten- zentrierung‘ ‚Patientenorientierung‘ Pflege von Menschen mit… ‚Medizinorientierung‘ Ausführung von Pflegetechniken Verrichtungsorientierung 14.11.2014 Fallorientierung Pflege bei… Symptome & Krankheitsbildern als Ordnungskategorie Reaktion von Menschen auf Krankheiten, Behinderung, Alter ‚Pflegephänomene‘ - Pflegediagnosen Prof. Dr. Anne Kellner Krankheitserleben Hermeneutische Falldeutung 23 X Bildung von professionellen Pflegefachpersonen individuell Biografie orientiert wissenschaftlich basiert ethisch-moralisch begründet EFQM konform …. ‚Gute Pflege‘ Professionelle HandlungsBerufliche kompetenz Handlungskompetenz SGB V & XI - DRG Minutenpflege Standard Pflegesatz Modell Pflege als Kostenfaktor Unterfinanzierung von Pflege Stellenabbau … ‚Ökonomisierung‘ Zielkonflikte der Pflege 14.11.2014 Prof. Dr. Anne Kellner 24 X Berufstauglichkeit ‚Berufstauglichkeit‘ als Ziel Kenntnis der Strukturen des Berufsfelds und der Regeln, Normen und Werte Konfliktfähigkeit in Bezug auf die berufsfeldimmanenten Probleme und Risiken Fähigkeit sich dementsprechend zu verhalten Belastungen beim alltäglichen Umgang mit gesellschaftlichen Tabus wie Leiden, Schmerzen, Sterben ,… Zielkonflikte: das Auseinanderfallen von Idealbild und Realität (vgl. Steppe, H. 2003, 54f) 14.11.2014 Prof. Dr. Anne Kellner 25 X Krisenerfahrung als Anlass für individuelle ‚Bildungsprozesse‘ Aufgabe des Berufs Konfrontation mit der Realität der Pflege ‚Erschütterungen‘ Desensibilisierung Lernanlass ‚Bildungsprozess‘ 14.11.2014 Prof. Dr. Anne Kellner ‚Berufstauglichkeit‘ 26 X Von einer beruflichen Handlungskompetenz zu einer ‚rüstenden Pflegebildung‘ Akteursorientierte Kasuistik Klientenorientierte Kasuistik Handlungsorientierter Unterricht Professionalisierung des Selbst Fallverstehen & Theoriebezug Arbeitsbündnis Pflegesituationen ‚Problematisierungen‘ Wissenschaftsfundierung Pflegetechniken Skilllabs Berufliche Handlungskompetenz 14.11.2014 Professionelle Handlungskompetenz Prof. Dr. Anne Kellner ‚Pflegebildung‘ 27 X Exkurs: Als Grobfahrlässig gilt u.a.… 14.11.2014 Prof. Dr. Anne Kellner Großkopf, Volker/Schanz, Michael: „Das Ende der Sorglosigkeit.“ In: Altenpflege, 03/2006, S. 64 f 28 X Exkurs: Berufsordnung – Saarland (2007) § 7 Haftpflichtversicherung (1) Selbständig tätige Pflegefachkräfte sind verpflichtet, sich und ihre abhängig Beschäftigten ausreichend gegen Haftpflichtansprüche im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit zu versichern. (2) Pflegefachkräfte in abhängiger Beschäftigung haben in Abstimmung mit dem Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass sie ausreichend gegen Haftpflichtansprüche im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit abgesichert sind. 14.11.2014 Prof. Dr. Anne Kellner 29 X Professionalisierung der Pflege – kritische Pflegebildung Kritik als „Kunst nicht derart regiert zu werden“ (Foucault, M. WiK12) ‚kritische Berufstauglichkeit‘ Erwerb einer professionellen Handlungskompetenz 14.11.2014 Prof. Dr. Anne Kellner 30 X ‚Professionalisierung‘ der Pflege Gesunde Pflegefachpersonen individuell biografie orientiert wissenschaftlich basiert ethisch-moralisch begründet EFQM konform …. ‚Gute Pflege‘ ‚kritische Berufstauglichkeit‘ Selbstsorge ‚Rüstzeug‘ ‚Professionalisierung des Selbst‘ Professionelle Handlungskompetenz Widerstandsfähigkeit Fähigkeit zum Widerstand SGB V & XI - DRG Minutenpflege Standard Pflegesatz Modell Pflege als Kostenfaktor Unterfinanzierung von Pflege Stellenabbau … ‚Ökonomisierung‘ Zielkonflikte der Pflege 14.11.2014 Prof. Dr. Anne Kellner 31 X Rolle der Pflegepädagogen bei der ‚Subjectivation‘ Moralisches Subjekt Ethisches Subjekt ‚Gute‘ Pflegende Bewusster professioneller Umgang mit den unterschiedlichen Anforderungen des Pflegealltags ‚Opfer‘ der Verhältnisse Pflegepädagoge als spezifischer Intellektueller 14.11.2014 Prof. Dr. Anne Kellner 32 X Wer pflegt am Ende die Patienten am Bett, wenn sich eine [akademisch ausgebildete] Pflege-Elite am Schreibtisch tummelt? von Knoblauch zu Hatzbach, Präsident der Landesärztekammer Hessens Plädoyer für eine widerständige Pflegepädagogik FÜR EINE SOLIDARISIERUNG DER ‚ELITE‘… 14.11.2014 Prof. Dr. Anne Kellner 33 X Zentrale Frage, die sich auch die Pflegepädagogen stellen müssen… Es kann nicht angehen, dass das Aushalten des gesamten Spannungsbogens des Zielkonflikts ‚Gute Pflege‘ ‚Ökonomie‘ zu Lasten jeder einzelnen Pflegeperson geht! Ist der Berufsstand dazu verurteilt mit dem Zeitgeist mitzudriften – oder hat er ihm etwas entgegenzusetzen? (vgl. Hilde Steppe) 14.11.2014 Prof. Dr. Anne Kellner 34 X Themen einer ‚widerständigen Pflegepädagogik im 21.Jh. Akteursorientierte Kasuistik Pflegepäd. als spezifischen Intellektuelle Kritische Problematisierungen Eigenes Engagement 14.11.2014 Prof. Dr. Anne Kellner 35 X Eine widerständige Pflegepädagogik denken? ‚Empört Euch‘ Stéphane Hessel Es ist halt so in der Pflege…. 14.11.2014 Prof. Dr. Anne Kellner 36 X Gemeinsam eine widerständige Pflegepädagogik denken… VIELEN DANK FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT! 14.11.2014 Prof. Dr. Anne Kellner 37 X Eine ‚widerständige Pflegepädagogik‘ denken? • Widerständige Pflegepädagogen? • Compliance oder Widerstand: welche Tugenden sind besser in der Pflegeausbildung? • In ‚Organisationen funktionieren‘ oder ‚Pflege lernen‘: ist das noch eine Alternative? • Macht eine akteursorientierte Kasuistik Sinn? • Wie viel Bildung brauchen Pflegende? • … 14.11.2014 Prof. Dr. Anne Kellner 38 X VIELEN DANK FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT! 14.11.2014 Prof. Dr. Anne Kellner 39 X