Nudelmuseum Riesa - beim Wanderverein Wanderfreunde Dessau
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Nudelmuseum Riesa - beim Wanderverein Wanderfreunde Dessau
Wanderung am 18.02.09 NUDELMUSEUM RIESA „Die deutsche Nudel aus Riesa“ r.zehle/ Nudelmuseum, 18.02.09 1 er hätte das gedacht? Es gibt ein Nudelmuseum! Nicht etwa in Italien- nein in Sachsen, in Riesa! Zwei Wanderfreundinnen erfuhren davon und informierten die Wanderleiterin Renate Olhorn, die die Organisation einer Wanderfahrt nach Riesa zum Nudelmuseum übernahm. Was gibt es denn da zu organisieren? Eigentlich nichts, wenn man alleine fährt. Aber wenn sich 39 neugierige Wanderer für das Nudelmuseum interessieren, gibt es doch einiges zu bedenken, abzustimmen und anzumelden. Wir konnten erst nach 9 Uhr mit dem Zug über Leipzig nach Riesa fahren, denn wir wollten natürlich den Preisvorteil des Sachsen Anhalt Tickets nutzen. Die DB brachte uns pünktlich nach Riesa und so standen wir auf dem Bahnsteig, den man sonst nur auf der Fahrt von Leipzig nach Dresden vom Durchfahren her kennt. Riesa war mir im Wesentlichen als Industrie- und Sportstadt bekannt. Stahl Riesa stand für eine Gewichtheberhochburg zu DDR- Zeiten. Ein großes Stahl- und Eisenwerk war verantwortlich für eine schlechte und schmutzige Luft in Riesa. Weiterhin war mir bekannt, dass Pneumant hier eine wichtige Reifenproduktion betrieb, die auch nicht gerade für gute Luft sorgte. Außerdem wurden hier auch Zündhölzer hergestellt. Mehr wusste ich eigentlich nicht. Renate Olhorn hielt vor dem Bahnhof ihren traditionellen Einführungsvortrag, aus dem hervorging, dass es in Riesa immer noch sehr viel Industrie gibt. Aber bei ihrem kürzlichem Besuch, um die heutige Wanderung vorzubereiten, stellte sie eine erstaunliche und angenehme Umwandelung des Stadtbildes fest. Wie kam denn nun Riesa zu seinem Namen? Folgende Mär wird gern erzählt. Einst kam ein Riese auf seiner Wanderschaft an das Ufer der Elbe. Bevor er den Fluss überschritt, machte er eine kurze Rast. Er spürte in seinen Stiefeln ein Drücken, das von den auf der langen Wanderschaft angesammelten Sandkörnchen und kleinen Steinchen herrührte. Er setzte sich an das Ufer, zog stöhnend seinen Stiefel aus und drehte ihn um. Heraus kam ein großer Hügel, auf dem die ersten Häuser von Riesa erbaut wurden. Der Riese gilt als Stadtmaskottchen und findet sich auch auf den Verpackungen der Riesaer Nudeln wieder. Der Riesaer Riese wird alljährlich als Auszeichnung an verdienstvolle Bürger und Einrichtungen der Stadt verliehen. Aber eigentlich leitet sich Riesa aus Riezowe her. Dieser Name taucht erstmals in einer Urkunde des Papstes Calixt II. vom Oktober 1119 auf, als der Dietrich I., Bischof von Naumburg, das älteste Kloster der Mark Meißen weihte. Er benutzte den Namen der kleinen slawischen Siedlung in unmittelbarer Nähe des Klosters im Mündungsbereich der Jahna in die Elbe. Risowe bedeutet soviel wie Geländeeinschnitt, was frei als „Ort an der Flussmündung“ oder „Ort am Fluss“ übersetzt wird. Der Ortsname Riesa trat erstmals 1451 auf. Auf dem Weg zur „Nudelfabrik“ sahen wir aus einiger Entfernung das imposante Denkmal „Elbquelle“ aus Eisen, bevor wir auf einen betonierten Elbuferweg abseits von jeglichem Autoverkehr in Richtung Nudelcenter abbogen. Ich hoffte, dass ich auf dem Rückweg die Chance bekommen würde, mir das imposante Eisengebilde näher anzusehen und herauszubekommen, warum in Riesa ein Denkmal mit einem Namen steht, der eigentlich irritierend ist, denn jeder weiß, dass die Elbequelle im Riesengebirge zu suchen ist. Wir schlitterten auf vereisten Fußwegen an der Elbe entlang, am Hafen vorbei zum „NUDELCENTER“. Renate hatte vereinbart, dass wir in der Gaststätte der Nudelfabrik unser Mittagessen einnehmen können. Sie hatte einen Speiseplan mit vier Nudelgerichten, jeweils mit oder ohne Käse, erhalten und wir konnten im Zug schon unser Essen auswählen. Als wir ankamen, wurden wir in einen separaten Raum geführt, in dem schon die Tische gedeckt waren und Teller mit Salat uns zum Essen animierten. W r.zehle/ Nudelmuseum, 18.02.09 2 Nach dem preiswerten und schmackhaften Essen begannen wir mit den Besichtigungen. Das Nudelcenter besteht aus dem Nudelmuseum, dem Nudelrestaurant, dem Nudelgeschäft und der gläsernen Produktion. Zuerst wurde das Nudelgeschäft in Augenschein genommen. So mancher ließ einige Euro dort, weil es doch Dinge rund um die Nudel gab, die in den normalen Märkten nicht erhältlich sind. Der oben erwähnte Riese, dem man die Gründung Riesas in die großen Schuhe schiebt, ist natürlich auch verantwortlich dafür, dass die Riesaer in den Besitz des Nudelrezeptes gelangten. Es wird erzählt, dass in grauen Vorzeiten ein König in Riesa übernachten wollte und die Wirtsfrau nur Eier und Mehl im Hause hatte. In ihrer großen Angst, sich vor allen Leuten und vor dem König zu blamieren, rief sie eben jenen Riesen an und bat ihn um Hilfe. Er sagte ihr das Rezept und der König war zufrieden. So einfach ist das Leben leider nicht. 1913 wurde die Nudelfabrik durch die Konsumgenossenschaft gebaut und 1914 produzierten die Riesaer ihre ersten Nudeln in Handarbeit. Wahrscheinlich nicht viel anders, als das meine Oma in meinen Kindertagen getan hat, wenn es die wohlschmeckende Nudelsuppe aus „selbst gemachten“ Nudeln gab. Das Rezept hat sich wahrscheinlich nicht sehr verändert. Zu Beginn der geführten Besichtigung wurden uns Kurzfilme über die Nudelproduktion im Allgemeinen und speziell über die Riesaer Nudeln gezeigt. Die Bestandteile der Nudeln sind Hartweizengrieß und Eigelb. Beide Komponenten werden angeliefert, der Hartweizengrieß aus dem Mittelmeerraum und das Eigelb von irgendeiner Hühnerintensivfarm in Deutschland. Man würde vielleicht keine Nudeln mehr essen, wenn mit ansehen müsste, wie die armen Hühnerviecher leben müssen. Diese beiden Komponenten werden dosiert, gemischt und zu einem krümeligen Teig geknetet. Er sieht aus wie Streusel für den Apfelkuchen. Dieser „Teig“ wird mit 120 bis 140 bar durch Düsen gepresst und die Nudeln sind fertig. Die Düsenform entscheidet, ob aus dem Nudelteig Makkaroni, Spagetti, Hörnchen, Fadennudeln oder andere Nudelformen entstehen. Mit diesem theoretischen Wissen bestens vorbereitet, wollten wir uns nun die Produktion ansehen. Zuvor mussten wir uns jedoch weiße Hygienekittel anziehen und Häubchen aufsetzen. Diese Situation ist immer bestens für lustige Scherze geeignet. Wie wir plötzlich alle aussahen? Der Rundgang begann in der Nudelverpackung. Es ist immer wieder erstaunlich, die Verpackungsmaschinen arbeiten zu sehen. Mit welcher Geschwindigkeit abgewogen, eingefüllt, verschlossen und verpackt wird, kann man mit den Augen kaum erfassen. Es müssen täglich 240 000 Nudeltüten a 500g gepackt werden. Eine Etage darunter befinden sich die Maschinen, mit denen die „Langnudeln“ und die „Kurznudeln“ hergestellt werden, indem der Teig durch die Düsen gepresst wird und die so erzeugten Nudeln anschließend über mehrere Stunden durch Trockner gefördert werden. Wir verließen das Nudelzentrum und gingen zu einer Bushaltestelle. Dort hatte ich genügend Zeit, mir das Gesehene noch einmal in Erinnerung zu bringen und stellte dabei fest, dass ich nicht im Nudelmuseum war. Deswegen war ich doch eigentlich r.zehle/ Nudelmuseum, 18.02.09 3 hergefahren! Aber was soll denn dort noch über das bereits gesehene ausgestellt sein? Alte Maschinen, alte Bilder, alte Verpackungen! Renate hatte vorsorglich Busfahrscheine besorgt, um rechtzeitig am Bahnhof zu sein. Das war sehr gut, denn bei der Glätte zu rennen, ist sehr gefährlich. So hatte ich doch noch die Möglichkeit, zum Denkmal „Elbquelle“ zu gehen und war froh, dass ich in Jürgen Kay einen gleich Gesinnten fand. Die Riesaer nennen Europas größte Eisenskulptur einfach "Rieseneiche". 1999 entstand das 25 Meter hohe Kunstwerk von Prof. Jörg Immendorff nach einer langen Entwurfsphase aus 234 Tonnen Kugelgraphiteisen. Das Kunstwerk besteht aus 49 Einzelteilen, dessen mächtigste Brocken 15 Tonnen wiegen. Der Düsseldorfer Künstler Prof. Jörg Immendorff ließ sich von einer der Wintereichen, die auf Caspar David Friedrichs Gemälden zu sehen sind, inspirieren. Die Wintereiche steht als Symbol für die Kraft der Natur und die unerschöpfliche Energie der Kunst. Der Findling zu Füßen der Eiche und der Spaten stehen für die Region und als Zeichen des Aufbruchs. Für das künstlerische Schaffen stehen Palette und Malstock, die in den Ästen hängen. Immendorffs Motto heißt "Getarnt durch Baum und Borke wird des Malers Pinsel zum Spaten". Der damalige Riesaer Oberbürgermeister soll auf ein einziges Blatt an dem Baum bestanden haben als Zeichen für den hoffnungsvollen Neubeginn. Immendorff gab zunächst nach, drehte das Blatt aber kurzerhand zum Baum hin, so dass es heute nur mit Mühe zu entdecken ist. An der Seite der Plastik befindet sich eine InfoTafel mit folgender Inschrift: "Der Gestaltung der "Wintereiche/Elbquelle" sind zahlreiche Gemälde zum Thema Wald und Künstler vorausgegangen. Doch sind die "Waldbilder" nicht der eigentliche Ausgangspunkt für den Baum in Riesa. Dem liegt vielmehr eine Ideen- und Materialsammlung zugrunde, in der sporadisch Embleme und Metaphern der frühen Neuzeit, wie z.B. die Darstellung der Fortuna, aufscheinen und sich mit anderen Symbolen wie Spaten und Pinsel, verbinden und mit dem Selbstporträt des Künstlers eine Formsynthese eingehen." Warum das Denkmal nun Elbquelle heißt, konnte ich auch im Internet nicht finden. Renate hat versprochen, im Herbst noch eine Wanderung durch Riesa zu planen. Vielleicht gelingt es uns dann, das Geheimnis der „Elbquelle“ zu lüften. Ich konnte bei dieser „Wanderung“ viele neue Eindrücke sammeln und bin der Renate Dank schuldig für den interessanten und ausgefüllten Tag. r.zehle/ Nudelmuseum, 18.02.09 4