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Jazz & Pop
Thom Yorke »The Eraser«
w w w. s u m m a c u l t u r a . d e
Titel, The Eraser
Künstler, Thom Yorke
Veröffentlichung, 07. Juli 2006
Label, XL/Beggars Group
Preis, 15,99 Euro
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Elektronische Melancholie auf dem ersten Soloalbum des Radiohead-Sängers
28. Woche | 2006
Website
SUMMA-METER
FFFFF
MEDIEN-ECHO
© Beggars Group Germany
Inhalt
Besonderheit
The Eraser heiÿt das erste Soloalbum von Thom Yorke. Produziert wurde es, genau wie alle
Radiohead-Alben, von Nigel Godrich. Die Aufnahmen entstanden am Laptop und sind voll von Loops, Clicks und SynthesizerAkkorden. Melancholisch ist die Grundstimmung: Nichts als Leid
und Schmerz hält die Welt bereit. Einige lichte musikalische Momente begleiten umso düsterere Texte. So geht es vor trügerisch
heiterer Melodie um den Tod eines Biowaffen-Spezialisten im
Irak. Zum Schluss kommt es zur Apokalypse: der Mond fällt vom
Himmel.
Flucht vor dem Erfolg. Seit 1993 gilt Radiohead als Speerspitze des
Kritikenspiegel
Klänge à la Kafka. Sollte Thom Yorke versucht haben, seine Fans
zu vergraulen, so ist es ihm bei seinen Rezensenten nicht gelungen. René Hamann (taz) ist angetan von der klammheimlichen,
spukhaften, verstörend schönen Musik . Elke Buhr (FR) zufolge
ist Yorke ein im besten Sinne intelligentes Album gelungen .
Christian Schachinger (Der Standard) spricht vor allen die poetische Melancholie des Radiohead-Sängers an: So schön fertig
gemacht wie von dieser Musik haben wir uns schon lang nicht
mehr gefühlt . Nur Sebastian Hammelehle (WamS) kommt nicht
klar mit dem vernebelten Hochmoor der Ästhetik . Der Hörer
dieser Platte fühle sich wie Kafkas Protagonist Gregor Samsa als Käfer, der hilflos auf dem Rücken liegt . Der Gesang,
der ihn an das irre Klagen der Hexen in Polanskis 'Macbeth'Verfilmung erinnere, trage zum düsteren Eindruck bei. Yorkes
Stimme probiert sich dabei zwischen bekannter Gebrochenheit,
geahnten Höhenflügen und einer immer wieder neu zu entdeckenden Weltraumkälte aus, dass einem das Schaudern kommt ,
fröstelt auch René Hamann (taz). Gerade die Wandlungsfähigkeit
dieser Stimme beeindruckt hingegen Elke Buhr (FR): Sie ist wie
ein eigenes Instrument und atmet und zischt und summt . Christian Schachinger (Der Standard) ist betroffen von der Düsternis
der Texte: Manchmal sind die Texte dieser Lieder so traurig,
dass sie nur mehr als wortlose, stumme Schreie daherkommen .
Sie seien die ziemlich genaue Entsprechung von lang gezogenen Seufzern und resigniertem Augenrollen. Elke Buhr (FR)
jedoch ist depressions-resistent. Sie hört ein mitreiÿendes, ein
stellenweise geradezu leichtfüÿiges Album voller schöner Songs
... Thom Yorke, der Grübler, klingt wie befreit.
Biografisches
Thom Yorke, *07.10.1968 in Northamptonshire, England, ist der
Sänger der britischen Rock-Band Radiohead, die er mit Freunden aus der Teenager-Zeit 1986 gründete. 1993 wurde Radiohead mit dem Song Creep weltberühmt. Seither steht die
Musik von Radiohead für psychische Irritationen jeder Art. Das
Album OK Computer traf 1997 trotz ungewöhnlicher GeräuschExperimente den Nerv der Zeit. The Eraser ist Yorkes erstes
Album als Solist. Der studierte Geisteswissenschaftler lebt mit
seiner Frau und zwei Kindern in Oxford. Neben dem Musikgeschäft setzt sich Yorke aktiv gegen Globalisierung und Umweltverschmutzung ein und ist Mitglied der Umweltaktivisten Friends
of the Earth .
Depression aus dem Laptop.
depressiven Brit-Pop. Sehnlichst erwartet die Musikbranche derzeit ein neues Werk von der britischen Band. Thom Yorke hofft,
durch sein Soloalbum diesen Druck abzuschwächen. Daneben ist
es ein weiterer Versuch, sich mit Klanglich-Ungewohntem aus
den Fängen des Mainstream zu befreien. Doch auch noch so sperrige Klänge konnten die Fans bisher nicht vergraulen. So wird
auch The Eraser diejenigen anziehen, die sich für Creeps für Widerlinge, Loser und Psychopathen - halten.
Bezugspunkte
Radiohead verbindet den kryptischen Klang elektronischer Musik mit dem depressiver Rockmusik. Das erste Album Pablo
Honey (1993) ist eher traditionell und unterliegt Einflüssen der
1960er Jahre. Mit The Bends fand Radiohead 1995 zum typischen, rockigen Stil. Das 1997er-Album OK Computer galt erst
als Nachgeburt von Nirwana und Grunge; ungewöhnlich für den
Britpop waren hier die Experimente mit Raumklang und Rauschen. Das Album fand unzählige Nachahmer wie Coldplay oder
Keane. Später wandelte sich Radiohead zur zeitgemäÿen Version
von Pink Floyd. Insbesondere das Album Kid A (2000) klingt
wie eine Mischung aus Pink Floyd und Aphex Twin. Auch Alice
Coltrane, Paul Lansky und Warp Records nennen die Künstler
von Radiohead als musikalische Einflüsse.
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