Immobilienkaufrecht - schmidt
Transcrição
Immobilienkaufrecht - schmidt
Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN Vorlesung Immobilienrecht, Immobilienkaufrecht 7. März 2016 (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 1 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN A. Beurkundung I. Beurkundungspflicht 1. Verpflichtung zur Veräußerung oder zum Erwerb von Grundstücken a) Veräußerung oder Erwerb eines Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechts, nicht von Rechte an Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten, Ausnahme Erbbaurecht, § 11 ErbbauRG, b) rechtsgeschäftliche, keine gesetzliche Verpflichtung (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 2 1 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN BGH, Urt. v. 18. 12. 1981 - V ZR 233/80, BGHZ 82, 398 Die Firma H-Bau ist mit dem Vertrieb von Fertighäusern befasst. In einer privatschriftlichen Vereinbarung mit A verpflichtet sich diese, eine Baufläche keiner anderen Firma oder Person anzubieten. Dafür verpflichtete sich die Firma H-Bau für die Baufläche 9 Käufer bis zum 1. Juni zu finden. Die Firma H Bau verpflichtet sich, an A auf den vorgesehenen Verkaufspreis von 45 € je Quadratmeter für die am 1. Juni eventuell nicht verkaufte Teilflächen eine Konventionalstrafe in Höhe von 2,5 % pro Monat bis zum Verkauf zu zahlen. Die H-Bau wies der A Käufer erst im November nach, die mit der A notariell beurkundete Kaufverträge abschlossen. A verlangt die Konventionalstrafe. Zu Recht? BGH: Vertrag wirksam, aber § 341 Abs. 3 BGB neu zu prüfen. (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 3 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN BGH, Urt. v. 9. 1. 2003 - IX ZR 422/99, DNotZ 2003, 426 Der Kläger schloss mit B privatschriftlich einen Pachtvertrag über landwirtschaftliche Grundstücke für 12 Jahre und eine Zusatzvereinbarung. Der Pachtvertrag sollte jedoch vorzeitig enden, falls die Grundstücke veräußert wurden. Für diesen Fall wurde dem Kläger in der Zusatzvereinbarung ein dingliches Vorkaufsrecht eingeräumt. Bis zur Eintragung im Grundbuch - zu der es nicht gekommen ist - sollte es als schuldrechtliches behandelt werden. B will die Grundstücke verkaufen. An einer Vorbesprechung im Büro des Urkundsnotars nahm mit Rücksicht auf das Vorkaufsrecht neben den späteren Kaufvertragsparteien auch der Vater des Klägers als dessen Vertreter teil. Alle Beteiligten gingen von dem Bestand des Vorkaufsrechts aus. Nach dem Verkauf der Grundstücke akzeptierten die Käufer das Vorkaufsrecht nicht. Der Kläger verlangt Schadensersatz von dem Urkundsnotar. Zu Recht? BGH: ja (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 4 2 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN BGH, Urt. v. 18. 11. 1993 - IX ZR 256/92, NJW-RR 1994, 317 Die Klägerin pachtete eine etwa 1.800 qm große Teilfläche eines großen Grundstücks und errichtete darauf ein Haus. Ihr und den Pächtern der übrigen Teilflächen dieses Grundstücks war ein Vorkaufsrecht für den jeweils von ihnen genutzten Grundstücksteil eingeräumt. Nach dem Tode der Verpächterin kündigten deren Erben die Pachtverträge. Der Beklagte sollte sich für die Pächter um die Erhaltung der Grundstücke kümmern und vereinbarte mit den Pächtern, das Gesamtgrundstück selbst als Treuhänder zu erwerben und anschließend einen Treuhandvertrag mit erwerbsinteressierten und finanzierungsbereiten Pächtern abzuschließen. Der Beklagte erwarb das Grundstück zu einem Kaufpreis von 480.000 €. Die Klägerin zahlte für die von ihr zu erwerbende Teilfläche an den Beklagten einen Betrag von 180.000 €. Es kam zum Streit. Der Beklagte will jetzt keinen Vertrag abschließen. Zu Recht? BGH: nein (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 5 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN 2. Umfang der Beurkundungspflicht a) Veräußerungs- und Erwerbsverpflichtung b) Alle sonstigen Vereinbarungen, Grenze § 139 BGB BGH, Urt. v. 22. 9. 1992 - III ZR 100/91, NJW-RR 1993, 14 c) Maßgeblichkeit des Parteiwillens (Krüger, ZfIR 2007, 175) d) Änderungen auch formbedürftig, Ausnahme: aa) Änderung ohne Erweiterung Veräußerungspflicht der Erwerbs- oder Verlängerung der Frist für ein vertragliches Rücktrittsrecht (BGH, Urt. v. 5. 5. 1976 - IV ZR 63/75, BGHZ 66, 270), (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 6 3 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN bb) Behebung von Abwicklungsschwierigkeiten nachträgliche Vereinbarung eines Termins für den Baubeginn und Einräumung eines Rücktrittsrecht für dessen Versäumung (BGH, Urt. v. 5. 4. 2001 - VII ZR 119/99, MDR 2001, 800) cc) Änderung nach Auflassung, aber vor Eintragung e) Aufhebung vor Eintragung (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 7 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN BGH, Urt. v. 5. 3. 2010 - V ZR 60/09, ZfIR 2010, 587: Die Bank der Kläger sann auf Zwangsvollstreckung in deren Villengrundstück in München. Sie stellt ihnen das Absehen von dieser in Aussicht, wenn sie 1, 2 Mio. € zahlten. Die Kläger sahen sich nach einem Käufer um und fanden ihn in Gestalt der Beklagten, mit denen sie schon früher Geschäfte gemacht hatten. Sie verkauften den Beklagten mit notariellem Kaufvertrag ihr Villengrundstück für 1,2 Mio. €. Mit privatschriftlich am selben Tag geschlossener "Vereinbarung über die Modalitäten zur Vermietung und zum Verkauf" verpflichteten sich die Beklagten gegenüber den Klägern unter anderem, das Grundstück bis zum 1. September 2007 zum "maximal erzielbaren Preis“ weiter zu verkaufen. Die Kläger fanden einen Käufer; die Beklagten wollten aber nicht (mehr) verkaufen. Die Kläger verlangen von den Beklagten Zustimmung zum Verkauf. Zu Recht? (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 8 4 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN BGH, Urt. v. 30. 6. 2006 - V ZR 148/05, NJW-RR 2006, 1292 Der Kläger verkaufte der Beklagten, einer Maklerin, ein mit einem Wochenendhaus bebautes Grundstück unter folgender Bedingung: "Der Verkauf wird unter der aufschiebenden Bedingung geschlossen, dass der Verkäufer über seine Grundstücke a) …. b) …. wirksame Kaufverträge abgeschlossen hat. Der Verkäufer verpflichtet sich, mit Hilfe des Käufers seine beiden oben genannten Hausgrundstücke zu den bekannten Bedingungen zu verkaufen….". Er räumte der Beklagten ferner ein Wohnungsrecht an dem Wochenendhaus ein und gestattete ihr, notwendige Sanierungsarbeiten daran vorzunehmen. Nach der Inbesitznahme des Grundstücks durch die Beklagte kam es zwischen den Parteien zu Unstimmigkeiten. Der Kläger verlangt von der Beklagten die Herausgabe des Grundstücks und die Erteilung einer Löschungsbewilligung für das zwischenzeitlich in das Grundbuch eingetragene Wohnungsrecht. Zu Recht? (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 9 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN 3. Bindungsfrist für Vertragsangebot in AGB BGH, Urt. v. 11. 6. 2010 – V ZR 85/09, NJW 2010, 2873 Am 4. 5. 2004 gab der Kläger gegenüber der Beklagten ein von dieser vorbereitetes notariell beurkundetes Angebot zum Kauf einer Eigentumswohnung ab. Diese sollte bis zum 30. 9. 2004 bindend sein. Mit notarieller Urkunde vom 22. 6. 2004 nahm die Beklagte das Angebot formgerecht an. Nach vollständiger Abwicklung des Kaufvertrags erklärte der Kläger am 12. 10. 2006 die Anfechtung des Kaufvertrages und stützte diese u.a. auf von der Beklagten angeblich arglistig verschwiegene Mängel. Davon abgesehen ist es nach Auffassung des Klägers schon nicht zu einem Vertragsschluss gekommen. Die in dem Angebot enthaltene Annahmefrist sei als Allgemeine Geschäftsbedingung zu qualifizieren und als solche wegen zu langer Bindungsfrist unwirksam. Zu Recht? Wie wäre es, wenn das Angebot nur vier Wochen gültig sein, danach aber nicht erlöschen, sondern jederzeit widerruflich sein sollte? Dazu: BGH, Urt. v. 7.6.2013 - V ZR 10/12, NJW 2013, 3434. (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 10 5 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN Die Kläger machten Bauträger B am 29. 9. 2006 ein notarielles Angebot zum Kauf einer Doppelhaushälfte. Dabei handelte es sich um eine von insgesamt 24 herzustellenden Wohneinheiten, welche B an die BImA als Soldatenwohnungen vermietet hatte. Nach dem Kaufvertrag sollte der Käufer in die Mietverhältnisse des Verkäufers mit der BImA eintreten. Ferner optierten sie darin zur Umsatzsteuer, um eine Umsatzrückvergütung zu erlangen, die zur Finanzierung eingesetzt werden sollte. Das Angebot sollte 3 Monate bindend sein und danach jederzeit widerruflich fortbestehen. Ferner heißt es: 5. Das Angebot kann vom Verkäufer erst angenommen werden, wenn der Käufer dem Verkäufer schriftlich mitteilt, dass die Finanzierung zu für ihn zu akzeptablen Bedingung(en) gesichert ist. Der Käufer verpflichtet sich, sich innerhalb von zwei Monaten ab heute hinsichtlich seiner Finanzierung zu erklären. Dem Grundbuchamt gegenüber ist der Eintritt dieser Bedingung nicht nachzuweisen.“ B nahm das Angebot am 10.11.2006, sechs Wochen nach Abgabe des Angebots. Das Angebot der Kläger für einen Darlehensvertrag vom 9.11.2006 nahm die finanzierenden Bank 13.11.2006 an. Die Kläger verlangen von B bereicherungsrechtliche Rückabwicklung des Kaufvertrags. Zu Recht? Dazu demnächst: BGH, Urt. v. 26. 2. 2016 – V ZR 208/14, z. Veröff. bBest. (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 11 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN II. Beurkundungsverfahren - Sachaufklärung - § 17 Abs. 2a BeurkG (2a) Der Notar soll das Beurkundungsverfahren so gestalten, dass die Einhaltung der Pflichten nach den Absätzen 1 und 2 gewährleistet ist. Bei Verbraucherverträgen soll der Notar darauf hinwirken, dass 1. die rechtsgeschäftlichen Erklärungen des Verbrauchers von diesem persönlich oder durch eine Vertrauensperson vor dem Notar abgegeben werden und 2. der Verbraucher ausreichend Gelegenheit erhält, sich vorab mit dem Gegenstand der Beurkundung auseinanderzusetzen; bei Verbraucherverträgen, die der Beurkundungspflicht nach § 311b Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs unterliegen, soll dem Verbraucher der beabsichtigte Text des Rechtsgeschäfts vom beurkundenden Notar oder einem Notar, mit dem sich der beurkundende Notar zur gemeinsamen Berufsausübung verbunden hat, zur Verfügung gestellt werden. Dies soll im Regelfall zwei Wochen vor der Beurkundung erfolgen. Wird diese Frist unterschritten, sollen die Gründe hierfür in der Niederschrift angegeben werden. Weitere Amtspflichten des Notars bleiben unberührt. - Verlesen - Änderung des Entwurfs (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 12 6 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN BGH, Urt. 7. 2. 2013 – III ZR 121/12, BGHZ 196, 166 Die Kläger kauften von einer Immobilienfirma eine vermietete Eigentumswohnung, die die Verkäuferin erst kurz zuvor erworben hatte, und als deren Eigentümerin sie noch nicht eingetragen war. In der Vertragsurkunde hieß es eingangs, die Käufer seien Verbraucher, die Wartefrist nach § 17 Abs. 2a BeurkG noch nicht verstrichen. Belehrt bestünden die Käufer auf Beurkundung. Der Vertrag wurde beurkundet, aber wegen Streits der Parteien gegen Zahlung einer Abstandssumme durch die Käufer einvernehmlich aufgelöst. Die Kostenrechnung des Notars wurde wegen Verstoßes gegen § 17 Abs. 2a BeurkG aufgehoben. Die Kläger verlangen von dem Notar Ersatz der Abstandssumme sowie Ersatz ihrer Rechtsanwaltskosten für die außergerichtliche Vertretung gegenüber dem Verkäufer in Höhe von weitern 5.000 €. Muss der Notar diese Beträge ersetzen? BGH: ja (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 13 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN BGH, Urt. 19. 12.2014 – V ZR 194/13, WM 2015, 528 Die Klägerin suchte am 4. Mai 2007 die Geschäftsräume der Firma S auf. Deren Mitarbeiter empfahl ihr den Kauf einer Eigentumswohnung der – nicht namentlich genannten - beklagten Immobilienhändlerin in Chemnitz zum Preis von 102.509 €. Es gibt eine handschriftliche Berechnung der Kosten des Erwerbs der Wohnung. Am selben Tag unterzeichnete die Klägerin ein notarielles Kaufangebot, das die Beklagte zu 1 in der Folgezeit annahm. Finanziert wurde der Kauf durch zwei Darlehensverträge mit gestaffelten Laufzeiten. Die Klägerin verlangt die Rückabwicklung des Kaufvertrags. Sie meint, mit der Beklagten sei neben dem Kaufvertrag ein Beratungsvertrag zustande gekommen, den diese (durch die Firma S) schlecht erfüllt habe, weil sie sie überrumpelt habe. (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 14 7 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN III. Folgen von Verstößen gegen die Beurkundungspflicht §§ 125, 311b Abs. 1 Satz 2 BGB (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 15 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN BGH, Urt. 8. 10. 2004 - V ZR 178/03, BGHZ 160, 368 Der Beklagte wollte von dem Kläger dessen großes Industriegrundstück kaufen und darauf unter Niederlegung der vorhandenen Bebauung eines neues Gebäude errichten. Der Kläger unterbreitete ihm Beklagten ein notariell beurkundetes Kaufangebot Preis von 2,3 Mio. €, das bis zum 30. September 2005 befristet war. Die Annahmefrist wurden zweimal, zuletzt bis zum 31. Dezember 2008, durch notariell beurkundete Erklärungen verlängert. Dazu kam es, weil sich der Beklagte in zwei privatschriftlichen Verträgen verpflichtet hatte, für die Verlängerung jeweils 30.000 € zu zahlen, die auf den späteren Kaufpreis verrechnet werden sollten. Der Beklagte nahm das Angebot nicht an, sondern vermittelte dem Kläger, was er nach dem Angebot durfte, einen Dritten, der das Angebot annahm. Der Kläger verlangt von dem Beklagten die Zahlung der Verlängerungs“gebühr“. Zu Recht? BGH: nein (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 16 8 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN IV. Beurkundung durch vollmachtlosen Vertreter (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 17 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN BGH, Urt. 9. 11. 2012 - V ZR 182/11, NJW 2013, 928 Die Beklagte wollte als Komplementärin einer Investorin von dem Kläger Grundstücke für 75 Mio. € kaufen, auf denen sie Truppenunterkünfte errichten lassen wollte. Nach längeren Verhandlungen, die der Geschäftsführer der Beklagten führte, stand der Vertragstext. Danach stand der Vertrag aber unter anderem "unter der aufschiebenden Bedingung [stehen sollte], dass die vom Käufer hinsichtlich des Kaufgegenstands durchgeführte sog. due-diligencePrüfung und Bewertung zufrieden stellend verläuft". Bei der Beurkundung des Kaufvertrags war die Projektgesellschaft durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht vertreten. Der Vertrag wurde nicht genehmigt. Der Kläger zahlte die Notarkosten von 60.637,84 €, erhielt von der Beklagten die Hälfte davon ersetzt und verlangt von dieser nunmehr auch die andere Hälfte ersetzt. BGH: nein (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 18 9 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN B. Inhaltliche Wirksamkeitsdefizite I. Sittenwidrigkeit 1. Wucherische Preise Literatur: Schmidt-Räntsch, Sittenwidrige Grundstücksgeschäfte, ZfIR 2015, 169 a) Verhältnis von § 138 Abs. 1 zu § 138 Abs. 2 BGB BGH, Urteil vom 25. 2. 2011 – V ZR 208/09, NJW-RR 2011, 880 BGH, Beschluss vom 6. 12. 2012 – V ZR 34/12, GuT 2012, 487 (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 19 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN BGH, Urteil vom 25. 2. 2011 – V ZR 208/09, NJW-RR 2011, 880 E teilte 1995 sein bebautes Grundstück in zwei Eigentumswohnungen auf und verkaufte dem I am gleichen Tag die Wohnung im Dachgeschoss für 80.000 DM und übereignete sie ihm. Die Kosten der Dacherneuerung sollten hälftig geteilt werden. Von dem Kaufpreis sollten 45.000 DM nach Eintragung der Eigentumsvormerkung, der Restbetrag von 35.000 DM nach ganzer oder teilweiser Fertigstellung der Erneuerungsmaßnahmen am Dach zu zahlen. Der Beklagte zahlte an den Kläger 45.000 DM; eine Erneuerung des Daches und der Heizung wurde nie in Angriff genommen. 1996 verkaufte E dem I auch die andere Wohnung für 153.000 DM. 2005 verlangt E von I die Rückübereignung der Wohnungen Zug um Zug gegen Rückzahlung der Kaufpreise. Das LG gab der Klage in vollem Umfang statt. Das OLG sprach dem Kläger einen Anspruch auf Herausgabe der erstverkauften Wohnung und auf Berichtigung des Grundbuchs insoweit zu. Der BGH sprach ihm insoweit eine Rückübereignungsanspruch zu. Warum? (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 20 10 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN Lösung Grundbuchberichtigung, Herausgabe? 1. Grundlagen §§ 894, 985 BGB 2. Nichtigkeit des Vertrags nach § 138 Abs. 2 BGB OLG meint ja, weil auffälliges Missverhältnis und Vermutung für subjektiven Tatbestand BGH: Vermutung für Ausnutzungsabsicht gibt es nicht Anspruch aus Bereicherung? BGH ja, weil Vertrag nichtig nach § 138 Abs. 1 BGB 1. Auffälliges Missverhältnis 2. Vermutung für verwerfliche Gesinnung (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 21 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN Niemand erbringt außergewöhnliche Leistungen ohne Not und nicht ohne einen anderen den benachteiligenden hemmenden Umstand und der Begünstigt teilt diese Erfahrung ____________ b) Wucherähnliches Geschäft aa) Auffälliges Missverhältnis (1) Zeitpunkt: Abschluss, Änderung? (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 22 11 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN BGH, Urt. v. 19. 1. 2001 - V ZR 437/99, BGHZ 146, 298 Die Beklagten kauften von der Mutter der Klägerin, die, wie sie wussten an Krebs erkrankt war und einen Schlaganfall erlitten hatte, drei zusammen 3.000 m² große Grundstück. Als Gegenleistung vereinbarten sie mit dieser eine Zahlung von 50.000 €, eine lebenslange, sich den Kaufkraftschwund anpassende, durch Reallast gesicherte monatliche Rente in Höhe von 700 € und ein lebenslanges dingliches Wohnungsrecht im ersten Obergeschoß des auf einem der Grundstücke stehenden Hauses. Die Mutter der Klägerin hatte bis auf den Stromkosten die Nebenkosten der Wohnung zu tragen. Nach dem Tod ihrer Mutter verlangt die Klägerin als Alleinerbin ihrer Mutter Rückauflassung der Grundstücke Zug um Zug gegen Erstattung der Gegenleistung. Sie hält den Vertrag für nichtig. Im Prozess ergeben sich folgende Werte: Grundstücke 430.000 €, Rentenpflicht 33.000 € und Wohnungsrecht 18.000 €. Hat die Klage Erfolg? BGH: ja (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 23 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN BGH, Urt. v. 10. 2. 2012 - V ZR 51/11, NJW 2012, 1570 Mit notariellem Vertrag vom 3. Juli 2004 verkaufte die Beklagte der Schuldnerin eine vermietete Eigentumswohnung zum Preis von 54.000 €, die nur 25.000 € wert ist. Die Klägerin hat von der Beklagten die Rückzahlung des Kaufpreises von 54.000 € verlangt. Im Prozess stellt sich heraus, dass tatsächlich nur 43.000 € gezahlt wurden. Der Kaufpreis war unmittelbar nach dem Notartermin mündlich auf diesen Betrag reduziert, weil die Schuldnerin nicht zuvor - wie verabredet die Wohnung vor Ort hatte besichtigen können. Im August 2004 wurde die Schuldnerin in das Grundbuch eingetragen. Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme die Klage abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat die Klägerin Rückzahlung der von der Schuldnerin tatsächlich gezahlten 43.000 € verlangt. Das Oberlandesgericht hat der Klage in diesem Umfang stattgeben. War das richtig? BGH: Ja. (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 24 12 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN (2) Darlegungslast des Benachteiligten BGH, Urt. v. 9. 10. 2009 – V ZR 178/08, NJW 2010, 363 Rn. 19 Umfang der Darlegungslast (Unterschiede zwischen V. und XI. Zivilsenat, dazu BGH, Urt. v. 19. 12. 2014 – V ZR 194/13, WM 2015, 528 (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 25 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN BGH, Urteil vom 20. 3. 2014 – V ZR 149/13, ZfIR 2014, 349 Mit notariellem Kaufvertrag vom 19. 4. 2007 erwarb der Kläger zum Zwecke der Steuerersparnis von der Beklagten eine Eigentumswohnung für 154.100 €. Der Wohnungserwerb war durch eine von der Beklagten mit der Kundenakquisition betraute Wirtschaftsberatungsgesellschaft vermittelt worden, die hierfür der Beklagten vereinbarungsgemäß eine Provision von 48.827,61 € in Rechnung stellte. Der Kläger behauptet unter Antritt von Sachverständigenbeweis, die Wohnung sei weniger als die Hälfte wert gewesen. Die auf Rückabwicklung des Kaufvertrages und weiteren Schadensersatz gerichtete Klage ist vor dem Landgericht erfolgreich gewesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Kammergericht die Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers. (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 26 13 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN aa) Verwerflichkeitsmoment (1) Verwerflichkeitsvermutung (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 27 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN BGH, Urt. v. 8. 11. 1991 - V ZR 260/90, NJW 1992, 899 Die Kläger kauften von den Beklagten zwei je 72 m² große und gleich gebaute Eigentumswohnungen, die eine für 25.000 € die andere für 55.000 €. Nach dem Kaufvertrag sind an den Wohnungen seien erhebliche Reparaturen durchzuführen. Ein Jahr vor dem Verkauf hatte ein Makler den Beklagten vorgeschlagen, die Wohnungen für je 50.000 € zum Verkauf anbieten, wovon die Beklagten je 21.000 € erhalten sollten. Für den Verkauf schalteten sie einen anderen Makler ein, der ihnen die gleichen Bedingungen vorschlug und den Vertrag für sie so abschloss. Die Kläger fordern von den Beklagten Rückzahlung der Kaufpreise von zusammen 80.000 € Zug um Zug gegen lastenfreie Rückauflassung der Wohnungen. Im Prozess stellt sich heraus, dass die Wohnungen jeweils 15.000 € wert waren. Nicht aufzuklären ist, ob die Beklagten das gewusst haben. Wie würden Sie entscheiden? BGH: Zurechnung der Kenntnis des Maklers. (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 28 14 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN BGH, Urt. v. 24. 1. 2014 – V ZR 249/12, NJW 2014, 1652: 90%Grenze Der Kläger bot der Beklagten am 20. 10. 2006 den Ankauf von deren Eigentumswohnung nebst Tiefgaragenstellplatz für 118.000 € an. Der Beklagte, der die Wohnung zwei Monate zuvor für 53.000 € erworben hatte, nahm das Angebot mit notarieller Urkunde vom 14. 11. 2006 an. Unter Berufung auf eine sittenwidrige Überhöhung des Kaufpreises nimmt der Kläger den Beklagten auf Rückabwicklung des Vertrages und auf Schadenersatz in Anspruch. Das LG hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hat das OLG zurückgewiesen. Der BGH hebt die Entscheidung des OLG auf und verweist die Sache an dieses zurück. Warum? (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 29 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN Lösung Ansatz: § 138 Abs. 1, § 812 Abs. 1 BGB Darlegung der verwerfliche Gesinnung Nötig, keine hohen Anforderungen: BGH, Urt. v. 9. 10. 2009 – V ZR 178/08, NJW 2010, 363 Rn. 19 Vermutung Bislang: etwa doppelt so viel IX. Zivilsenat, Urt. v. 10.12.2013 – XI ZR 508/12, WM 2014, 124 Rn. 24 84% reichen nicht V. Zivilsenat: 90% reichen (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 30 15 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN aa) Verwerflichkeitsmoment (2) Widerlegung durch Darlegung gerechten Preis des ehrlichen Bemühens um einen Positivbeispiel: BGH, Urt. v. 19. 7. 2002 - V ZR 240/01,NJW 2002, 3165 Negativbeispiel: BGH, Urteil vom 12. 7. 2013 – V ZR 4/12, RNotZ 2014, 132 (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 31 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN BGH, Urt. v. 19. 7. 2002 - V ZR 240/01,NJW 2002, 3165 Der Kläger verkaufte mehrere Grundstücke an die Beklagten, und zwar gegen eine Barzahlung von 70.000 €, eine wertgesicherte Leibrente von monatlich 500 € und die Einräumung eines alleinigen und ausschließlichen Wohnungsrecht an der Wohnung im Hauptgebäude. Der Kläger verlangt von den Beklagten Grundbuchberichtigung Zug um Zug gegen Rückzahlung der verauslagten Beträge und behauptet wahrheitsgemäß, die Grundstücke seien tatsächlich 400.000 € wert. Im Prozess ergibt sich, dass die Beklagten die Grundstücke zunächst geschenkt bekommen sollten. Zu dem Kaufvertrag war es auf Grund von deren Weigerung gekommen. Den Text hatte der Hausrechtsanwalt des Klägers entworfen und dabei den Nachlasswert von 250.000 € nach der Erbauseinandersetzung des Klägers nach dem Tod seine Frau zugrunde gelegt. Hat der Kläger Recht? BGH: nein (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 32 16 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN BGH, Urteil vom 12. 7. 2013 – V ZR 4/12, RNotZ 2014, 132 Im September 2007 bot die Klägerin der Beklagten zu Anlagezwecken und auf Vermittlung einer Fa. C den Kauf einer Eigentumswohnung für 137.500 € an, die das Angebot im Oktober 2007 annahm. Die Klägerin macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche wegen einer Falschberatung durch Mitarbeiter der CP geltend, die sich die Beklagte zurechnen lassen müsse. Gestützt auf die Behauptung, der Verkehrswert der Wohnung betrage allenfalls 62.000 €, hält die Klägerin den Kaufvertrag überdies für unwirksam. Das LG hat der auf Rückabwicklung des Kaufvertrags und Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz weitere Schäden gerichteten Klage stattgegeben. Das KG hat sie abgewiesen, weil die Beklagte vor dem verkauf ein allerdings mit groben Fehlern behaftetes Gutachten eingeholt hatte. Der BGH hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das KG zurückverwiesen. Warum? (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 33 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN Lösung Beratungsvertrag Bevollmächtigung (Innen-/Außenvollmacht und Umstände) BGH: Es reicht, wen der Verkäufer dem Berater Verhandlungen und Organisation des Abschlusses des Kaufvertrags überlässt. §§ 138 Abs. 1, § 812 BGB 1. Auffälliges Missverhältnis, Vermutung 2. Widerlegung der Vermutung durch (Gefälligkeits-) Gutachten? BGH: im Ansatz richtig, aber nur dann wenn sich begünstigter ernsthaft auf Gutachten verlassen darf, nicht wenn der Begünstigte vom Fach und das Gutachten grob falsch ist. (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 34 17 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN 2. Lange Bindungsdauer a) Ansatz: Städtebaulicher Vertrag, § 11 BauGB b) Kontrollmaßstab? § 307 ff BGB oder § 11 BauGB Bezug zum EU-Recht bei Zugang zu Vergünstigungen, aber nicht bei der Frage der langen Bindungsdauer (Einzelheiten bei SchmidtRäntsch, ZfIR 2015, 169, 174 f.) (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 35 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN BGH, Urt. v. 29. 11. 2002 - V ZR 105/02, BGHZ 153, 93 Die Beklagten kauften von der klagenden Stadt ein Baugrundstück für 45.000 € zuzüglich 30.000 € anteiliger Erschließungskosten. Der Preis war subventioniert und sollte die Ansiedlung von Neubürgern in einem Neubaugebiet fördern. Der Vertrag entspricht einem Mustervertrag, den das Rechtsamt der Stadt für solche Verkäufe entwickelt hat. Für den Fall des Weiterverkaufs innerhalb von zehn Jahren nach Erwerb verpflichteten sich die Beklagten, der Klägerin den Mehrerlös abzuführen. Dabei sollte der Bodenanteil maßgeblich sein. Die Beklagten bebauten ihr Grundstück mit einem Einfamilienhaus und verkauften es drei Jahre nach Erwerb für 450.000 €, davon 80.000 € Bodenwert, weiter. Die Klägerin verlangt von den Beklagten die Abführung des Mehrerlöses für den Bodenwert bei Abzug von 10% der Differenz für jedes Jahr, in dem die Beklagten Eigentümer waren, also 24.500 €. Was meinen Sie? BGH: das geht (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 36 18 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN BGH, Urt. v. 13. 10. 2006 - V ZR 33/06, NJW-RR 2007, 962 Die Beklagten kauften von der klagenden Stadt S im Rahmen eines Förderprogramms (Einheimischenmodell) ein Grundstück zu einem subventionierten Preis von 140.000 € (Marktpreis: 160.000 €). Sie verpflichteten sich, der S 20.000 € nachzuzahlen, wenn sie das Grundstück vor Ablauf von zehn Jahre ab Erwerb ohne Genehmigung der S an einen Dritten weiterverkauften. Nach Ablauf von 8 Jahren seit Erwerb verkauften die Beklagten das inzwischen im Preis gefallene Grundstück €, ohne die Genehmigung der S einzuholen, für 130.000 an ein Ehepaar mit zwei Kindern weiter, das nach S ziehen wollte. Das Ehepaar übernahm die Nachzahlungspflicht der Beklagten nicht. Die S verlangt Zahlung von 20.000 €. Die Beklagten wenden ein, die Klausel sei unwirksam, das Zahlungsverlangen jedenfalls ermessenfehlerhaft. Was halten Sie davon? BGH: nichts (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 37 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN II. Gesetzesverstoß Verstoß gegen das Koppelungsverbot BGH, Urt. v. 22. 11. 1979 - III ZR 186/77, BGHZ 76, 16 Die Klägerin kaufte von der beklagten Gemeinde ein Grundstück in einem Teil der Gemeinde, für den noch kein Bebauungsplan bestand. Die beklagte Gemeinde verpflichtete sich in dem Vertrag zur Beplanung des Gebiets nach bestimmten Bebauungsvorgaben. Dazu kam es nicht, weil die Genehmigung für die vorgelegten Pläne versagt wurde. Daraufhin trat die Klägerin von dem Vertrag zurück und verlangt Ersatz des ihr entstandenen Schadens. Die beklagte Gemeinde meint, sie sei nicht schadensersatzpflichtig. Was meinen Sie? BGH: Die Gemeinde hat Recht. (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 38 19 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN BGH, Beschl. v. 29. 10. 2009 – V ZR 54/09, NJW 2010, 297 Die Klägerin kaufte am 15. Oktober 1996 ein großes Grundstück, das nicht als Bauland ausgewiesen war, sich dafür aber nach ihrer Einschätzung eignete. Eine Teilfläche von 2.275 m 2 verkaufte sie mit notariellem Vertrag vom 16. Oktober 1996 für 361.250 DM an die beklagte Gemeinde. Beide Parteien waren zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt, wenn bis 31. Oktober 1998 kein bestandskräftiger Bebauungsplan zustande gekommen war, der das Grundstück als Bauland auswies. Der Bebauungsplan kam zustande und wurde am 31. August 1998 durch den Landkreis genehmigt. Am 9. September 1998 hoben die Parteien ihren Vertrag formgerecht wieder auf, wofür die Klägerin der Beklagten 648.000 € zahlen sollte und auch zahlte. Mit der im Dezember 2007 erhobenen Klage verlangt die Klägerin die Zahlung zurück. Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung. Hat die Klage Erfolg? (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 39 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN BGH, Urt. v. 2. 10. 2015 – V ZR 307/13, ZfIR 2016, 69 B kaufte von der Gemeinde G unter Ausschluss der Sachmängelhaftung ein Grundstück zum Baulandpreis von 60.000 €. Eine Bauleitplanung war seinerzeit angedacht, aber nicht verwirklicht. Der Kaufpreis sollte erst fällig werden, sobald die von der Verkäuferin herzustellenden bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Voraussetzungen gegeben sind. Nach dem Kaufvertrag sollten die G die bauplanerischen Voraussetzungen für die Bebauung eines näher beschriebenen „Bauteppichs“ mit Seniorenwohnungen schaffen und B darauf solche Wohnungen errichten. Die Bauleitplanung wurde nicht geändert, ein Baugenehmigungsantrag des B im Mai 2011 wegen fehlender Übereinstimmung mit dem Bebauungsplan zurückgewiesen. Am 30.1.2012 setzt B der G vergebens eine Frist bis zum 2.3.2012 und trat m 14.3.2012 zurück. Die G änderte daraufhin den Bebauungsplan und verlangt nun Zahlung des Kaufpreises. Was meinen Sie? (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 40 20 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN III. Arglistige Täuschung 1. Aufklärungspflicht (Nachlesen: Schmidt-Räntsch, ZfIR 2004, 569) BGH, Urt. v. 12. 4. 2002 - V ZR 302/00, IBR 2002, 383 Die Kläger kauften 1995 von den Beklagten für 950.000 DM ein Hausgrundstück unter Ausschluss der Gewährleistung. Im Untergeschoss des Wohnhauses befand sich eine Schwimmhalle, welche die Kläger im Jahr 1994 aus Kostengründen stillgelegt hatten. Das Schwimmbad wurde über einen Warteraum entwässert, der über einen Schacht von außen zugänglich war. Von dort drang nach starken Regenfällen von außen Wasser ein, das abgepumpt werden musste. Die Ursache und Häufigkeit des Wassereinbruchs sind zwischen den Parteien streitig. Die Kläger verlangen 30.000 € für die Abdichtung des Warteraums und des Kellers gegen Feuchtigkeit. Zu Recht? BGH: ja (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 41 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN 2. Arglist BGH, Urt. v. 7. 3. 2003 - V ZR 437/01, NJW-RR 2003, 989: Der Kläger kaufte von dem Beklagten für 150.000 € eine Eigentumswohnung unter Ausschluss der Gewährleistung für Sachmängel. Etwa ein Jahr später kam es in dem Haus zur Bildung von Rissen im Mauerwerk, die von den Wurzeln eines Baumes herrührten, die unter dieses und das Nachbarhaus gewachsen waren, dem Boden Feuchtigkeit entzogen und Erdbewegungen auslösten. Eine ähnliche Rissbildung war zuvor schon bei einem Nachbarhaus des Beklagten aufgetreten. Vor dem Verkauf der Wohnung hatte ein Gutachten die Wurzelbildung unter dem Gebäude festgestellt und den Kläger unterrichtet. Dieser hatte den Brief aber nicht geöffnet, weil er Unheil ahnte. Die Kläger verlangen Rückabwicklung des Kaufvertrages und Ersatz weitergehender Schäden. Was meinen Sie? BGH: ja, für Arglist reicht billigendes In-Kauf-nehmen (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 42 21 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN BGH, Urt. v. 5.3.1993 - V ZR 140/91, NJW-RR 1993, 1703, 1704 K kauft von der V ein mit einem Altbau bebautes Grundstück. Das Haus war vor einigen Jahren mit einer Wärmedämmung versehen worden. Nach der Fertigstellung hatten sich die Wärmedämmung teilweise gewölbt. V hatte die Fassade durch eine Fachfirma sanieren lassen. Seitdem zeigten sich keine Wölbungen mehr. Nach dem Einzug stellt K bei Umbauarbeiten fest, dass infolge einer unsachgemäßen Abdichtung Wasser hinter die Fassade gelaufen und diese unbrauchbar geworden ist. Er verlangt von V Ersatz der Kosten für eine neue Wärmedämmung; er lässt sich einen Abzug neu für alt anrechnen. Zu Recht? Dazu demnächst BGH, Urt. v. 19.2.2016 – V ZR 216/14, z. Veröff. best. (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 43 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN 3. Wissenszurechnung BGH, Urt. v. 2. 2. 1996 - V ZR 239/94, BGHZ 132, 30 Die Klägerin verkaufte dem Beklagten unter Ausschluss der Gewährleistung für Sachmängel ein Grundstück für 60.000 €. Der Beklagte wollte darauf eine Anlage zur Basaltwollefertigung errichten. Im Genehmigungsverfahren stellte sich heraus, dass das Grundstück in erheblichem Maße durch eine frühere Fabrik auf dem Grundstück kontaminiert war. Das führte zu zahlreichen, sehr kostspieligen Auflagen in der Genehmigung. Gegen die Kaufpreisforderung der Klägerin rechnet der Beklagten mit Schadensersatzansprüche wegen der Auflagen auf. Ob die Kontaminationen aus dem Betrieb der Fabrik durch die Klägerin stammen, ist unklar. Die Klägerin hat Unterlagen über die Kontaminationen. Ihre Mitarbeiter hatte den Beklagten aber auf Anfrage nur allgemein auf mögliche Kontaminationen hingewiesen. Was meinen Sie? BGH: Haftung der Klägerin (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 44 22 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN C. Inhalt von Immobilienkaufverträgen I. Vollständigkeitsvermutung BGH , Urt. v. 5. 2. 1999 - V ZR 353/97, NJW 1999, 1702 Die Beklagten inserierten ihre Eigentumswohnung als großzügige Wohnung mit 200 m² Wohnfläche und 210 qm Dachgarten. Darauf kaufte der Kläger die Wohnung formgerecht für 650.000 €. In dem Kaufvertrag wird bei der Beschreibung der Kaufsache auf den Dachgarten Bezug genommen. Nach Zahlung des Kaufpreises stellte sich heraus, dass der Dachgarten zwar nur von der verkauften Wohnung aus zugänglich, aber nicht Teil des Sondereigentums oder Gegenstand eines Sondernutzungsrechts ist. Der Kläger forderte die Beklagten unter Fristsetzung vergeblich auf, ihm Sondereigentum an dem Dachgarten zu verschaffen, und verlangt von den Beklagten Rückzahlung eines Teils des Kaufpreises. Die wenden Aufklärung ein. Zu Recht? BGH: ja, Vermutung der Vollständigkeit widerleglich (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 45 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN BGH, Urt. v. 5. 7. 2002 - V ZR 143/01, NJW 2002, 3164 Die Klägerin kaufte von dem Beklagten zwei bebaute Grundstücke zu Preisen von 200.000 € und 315.000 € und beauftragte jeweils eine Firma GWF, die Gebäude mit einem Sanierungsaufwand von 500.000 € und 600.000 € zu sanieren. Später ergänzten die Beteiligten die Verträge durch neue Urkunden und vereinbarten, dass die Klägerin einseitig zurücktreten kann, wenn ihr die Finanzierung nicht gelingt. Die Finanzierung gelang zunächst, weil sich die Verkäuferin und die die GWF verbürgten. Nach Auslaufen der Bürgschaften misslang die Finanzierung. Die Klägerin trat zurück. Die Beklagten vollstrecken aus dem Kaufvertrag. Dagegen richtet sich die Vollstreckungsabwehrklage der Klägerin. Hat diese Erfolg ? BGH: ja, die Vermutung der Vollständigkeit gilt auch bei einem auslegungsbedürftigen Vertrag, ist aber nicht widerlegt (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 46 23 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN II. Auslegung 1. Falsa Demonstratio BGH, Urt. v. 7. 12. 2001 - V ZR 65/01, NJW 2002, 1038 Dem Kläger gehört eine Gaststätte mit einem Parkplatz, der sich auf dem benachbarten Grundstück der Stadt befindet, die ihm die Fläche überlassen hat. Die Fläche wirkt durch ihre Pflasterung so als gehöre sie zur Gaststätte. Die Stadt verkauft das Nachbargrundstück an den Beklagten, dem sie es vorher gezeigt hatte. In dem Text des Kaufvertrags und bei seiner Durchführung bleibt unberücksichtigt, dass der Beklagte die dem Kläger zugewiesene Fläche nicht erhalten sollte. Der Vertrag wird vollzogen, was dem Beklagten gelegen kommt, weil er im Nachhinein gerne mehr Parkplätze hätte. Die Stadt tritt ihre Ansprüche an den Kläger ab, der nun von dem Beklagten Grundbuchberichtigung verlangt. Zu Recht? BGH: ja (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 47 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN BGH, Urt. v. 18. 1. 2008 - V ZR 174/06, NJW 2008, 1658 Die Beklagte kaufte von der Stadt S ein Grundstück und bebaute es mit einem Bürogebäude, das sie mit einer parkähnlichen Gartenanlage umgeben ließ. Für das benachbarte unbebaute Grundstück, das ebenfalls der S gehörte, erhielt sie eine Kaufoption. Deshalb wurden bei der Anlage des Gartens etwa 1.000 m² der Anlage auf dem Nachbargrundstück angelegt, was aber nicht auffiel. Acht Jahre später suchte die Beklagte einen Käufer für das Anwesen und fand in der Klägerin eine Interessentin. Diese besichtigte das Anwesen und nahm dabei vom Dach des Bürogebäudes aus das ganze Anwesen in Augenschein, von wo aus das Grundstück hinter dem Park endete. Die Klägerin kaufte daraufhin das Anwesen für 9 Mio. € von der Beklagten. Als die „Überpflanzung“ später auffiel, war die Beklagte nicht zum Zukauf bereit. Die Kläger kaufte den fehlende Teil selbst für 90.000 € und verlangt Ersatz. Zu Recht? BGH: ja (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 48 24 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN 2. ergänzende Vertragsauslegung BGH, Urt. v. 11. 5. 2001 – V ZR 492/99, NJW 2001, 2464 Die Klägerin kaufte von der Beklagten das Bergwerkseigentum an zwei Kiesbergfeldern für 1 Mio. €. Nach Vollzug des Vertrags forderte die Klägerin von der Beklagten eine Rechnung mit gesondertem Ausweis der nach ihrer Auffassung im vereinbarten Kaufpreis enthaltenen Umsatzsteuer. Die Beklagte erteilte der Klägerin eine Rechnung über netto 1 Mio. € zuzüglich 19 % Umsatzsteuer und forderte sie zur Zahlung weiterer 175.000 € auf. Ein Angestellter der Klägerin überwies ohne Anweisung der Geschäftsführung diesen Betrag an die Beklagte, die ihn an das zuständige Finanzamt weiterleitete. Mit der Klage verlangt die Klägerin Rückzahlung der nach ihrer Auffassung zu Unrecht von der Beklagten geforderten und von ihr gezahlten Umsatzsteuer von 175.000 € sowie die Erteilung einer Rechnung über einen Kaufpreis von 900.000 € zuzüglich 175.000 € Mehrwertsteuer. Zu Recht? BGH: ja, Bruttopreisregel, einseitiger Irrtum macht noch keine Vertragslücke. (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 49 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN BGH, Urt. v. 2. 7. 2004 - V ZR 209/03, NJW-RR 2005, 205 Die Klägerin kaufte von der Beklagten ein vermietetes Grundstück für 17 Mio. € zuzüglich Mehrwertsteuer. Der Kaufpreis war am 19. September fällig. Die Mieten sollten der Klägerin ab dem Monat der Kaufpreiszahlung zustehen. Die Beklagte zog die Mieten wegen der nicht gezahlten Umsatzsteuer selbst ein und entrichtete die Umsatzsteuer im Dezember an das Finanzamt, das sie im Mai des Folgejahres wieder zurückzahlte, weil das Geschäft nicht umsatzsteuerpflichtig war. Die Klägerin verlangt Herausgabe der eingezogenen Mieten in Höhe von 583.782 €. Die Beklagte verweist auf die nicht gezahlte Umsatzsteuer und verlangt ihrerseits Ersatz von 85.567,30 € als Ersatz entgangener Zinsen aus der Anlage der gezahlten Umsatzsteuer. Zu Recht? BGH: nein (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 50 25 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN III. Änderung 1. Grundsatz: Formbedürftigkeit (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 51 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN BGH, Urt. v. 6. 11. 1981 - V ZR 138/80, NJW 1982, 434 Testamentsvollstrecker T verkaufte ein zum Nachlassgrundstück an den Beklagten zu Preis 180.000 €, der in mehreren Raten zu zahlen war. Das gelang dem Beklagten nicht. Die Parteien vereinbarten daraufhin privatschriftlich eine Reduktion des Kaufpreises um 25.000 €. Der Beklagten zahlt 100.000 €. Auf Drängen der Erben setzt T dem Beklagten eine Frist zur Zahlung des vollständigen Kaufpreises. Der Beklagte zahlte nicht. Daraufhin tritt T zurück. Zu Recht? BGH: ja (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 52 26 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN 2. Formfreie Änderungen BGH, Urt. v. 28. 9. 1984 - V ZR 43/83, NJW 1985, 266 Die Klägerin verkaufte den Beklagten ein Grundstück und ließ es ihnen auf. Der Notar war angewiesen, die Eigentumsumschreibung erst zu beantragen, wenn die Zahlung des gesamten Kaufpreises bestätigt oder nachgewiesen war. Zugunsten der Beklagten wurde eine Auflassungsvormerkung eingetragen. Die Klägerin war nach dem Vertrag zum Rücktritt berechtigt, wenn "der Käufer mit der Erfüllung seiner finanziellen Verpflichtungen aus diesem Vertrag länger als 12 Monate in Verzug gerät". Weil die Beklagten den Kaufpreis nicht aufbringen konnten, vereinbarten die Parteien privatschriftlich, die Beklagten schuldeten der Klägerin „Schadensersatz“ in Höhe von 43.000 € und sollten diesen Betrag in monatlichen Raten zu 300 € abtragen. Bei Nichteinhaltung der Ratenzahlungspflicht, sollte die Rücktrittsregelung „in Kraft treten“. Ist das wirksam? BGH: ja (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 53 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN D. Leistungsstörungen I. Vorfeld des Vertrags 1. Schutzpflichten im Vorfeld des Vertrags 2. Beratungsvertrag (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 54 27 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN BGH, Urt. v. 13. 10. 2006 - V ZR 66/06, NJW 2007, 1874 Die Beklagte vertreibt Eigentumswohnungen und bedient sich dazu der Vertriebsfirma I, die 18,74% Provision erhält und als Vertriebspartner im Prospekt angegeben ist. Die Beklagte hat der I verboten, Aussagen zur Wirtschaftlichkeit des Erwerbs der Wohnungen zu treffen. Die I gewinnt die Klägerin zum Kauf einer Wohnung für 65.000 €. Grundlage war eine Berechnung, mit welcher der Klägerin klargemacht wurde, dass sie die Wohnung ohne eigenes Kapital mit Steuervorteilen würde erwerben könne. Als Finanzierung waren Bausparverträge vorgesehen, die nach einander angespart werden sollten, aber erst im Rentenalter abbezahlt sein würden. Nach dem Kauf stellte sich heraus, dass die Erwerber von Wohnungen in der Anlage einem Mietpool beitreten mussten und dass hohe Reparaturrückstände vorlagen. Dazu verhielt sich die Berechnung nicht. Die Klägerin verlangt Rückabwicklung des Vertrags. Zu Recht? BGH: Ja (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 55 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN BGH, Urt. v. 19.12.2014 – V ZR 194/13, ZfIR 2015, 375 Die K suchte am 4.5.2007 die Geschäftsräume der S auf. Deren Mitarbeiter empfahl ihr den Kauf einer Eigentumswohnung. Sie unterzeichnete einen Vermittlungsauftrag für eine Wohnung der - in dem Auftrag nicht namentlich genannten – V in Chemnitz zum Preis von 102.509 €. Darin heißt es, S erhalte Honorar ausschließlich von der Verkäuferin. Auf der Rückseite findet sich eine handschriftliche Berechnung der Kosten des Erwerbs der Wohnung. Am selben Tag unterzeichnete K ein notarielles Kaufangebot, das die V in der Folgezeit annahm. Finanziert wurde der Kauf durch zwei Darlehensverträge mit gestaffelten Laufzeiten. K verlangt die Rückabwicklung des Kaufvertrags. Die V habe sie schlecht beraten, weil sie sie nicht auf die Besonderheiten der steuerlichen Förderung nach § 7i EStG und auf die sehr lange Gesamtlaufzeit der Darlehensverträge hingewiesen habe. Außerdem sei der Kaufpreis sittenwidrig überhöht gewesen. Zu Recht? (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 56 28 Universitätsrepetitorium der HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN II. Pflichtverletzung im Kaufvertrag BGH, Urt. v. 19. 10. 2007 - V ZR 211/06, BGHZ 174, 61 Die Klägerin kaufte von der Beklagten eine Eigentumswohnung, zu der ein Bodenraum gehören sollte. Dieser Bodenraum gehörte ursprünglich zu einer anderen Wohnung und hatte der verkauften Wohnung zugeschrieben werden sollen. Die Zuschreibung erfolgt zwar, die Abschreibung war aber vergessen worden. Beim Vollzug des Kaufvertrags fiel der Fehler auf. Die Kläger setzte der Beklagten eine Frist zur Verschaffung des vollständigen Eigentums. Der Versuch der Beklagten, den Fehler beim Grundbuchamt zu korrigieren, schlug fehl. Sie versäumte es, die Eigentümerin der anderen Wohnung zur Korrektur der Doppelbuchung zu bewegen. Die Klägerin erlitt einen Verlust beim Weiterverkauf der Wohnung und verlangt Ersatz. Zu Recht? BGH: ja (c) Johanna Schmidt-Räntsch, Immobilienkaufrecht, 7. 3. 2016 57 29