Obersee Nachrichten - Ein Mann, der nie stehen bleibt

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Obersee Nachrichten - Ein Mann, der nie stehen bleibt
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O BERSEE N ACHRICHTEN Donnerstag, 1. September 2011
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SF-Sportmoderator Jann Billeter über inspirierende Verletzungen, Kindheitsträume in Dreifachturnhallen und sein Sing-Talent
Ein Mann, der nie stehen bleibt
Sie sind Davoser, leben in Rapperswil-Jona. Für welchen Klub schlägt
Ihr Herz?
Jann Billeter ist einer der beliebtesten Sportmoderatoren
im Land. Der SF-Mann lebt seit
vielen Jahren in Jona – und engagiert sich für das sportliche
Treiben in der Region. Am
Samstag hält er eine Rede bei
der Eröffnung des sportDocks.
Jann Billeter: Als Davoser schlägt
mein Herz für meinen Heimverein.
Ich bin aber viel mehr an den LakersSpielen, treffe und kenne auch die
Klubverantwortlichen. Als SF-Mann
geht es mir aber bei allen Klubs so –
überall kenne ich Leute, gute Typen.
Ich bin in der ganzen Hockeyschweiz
unterwegs. So hat es bei jedem Klub
jemanden, den ich mag. Daher
schlägt mein Herz nicht unbedingt für
ein bestimmtes «Fähnli», sondern
vielmehr für die Leute, die dahinterstehen. Kommt hinzu, dass auch ich
bei den Spielen, die ich kommentiere,
im Fokus stehe. Daher ist mir meine
eigene Leistung wichtiger als jene auf
dem Eis.
Obersee Nachrichten: Man kennt
Sie als Sportmoderator des
Schweizer Fernsehens. Wie sportlich sind Sie eigentlich privat?
Jann Billeter: Im Moment bin ich
richtig sportlich. Ich hatte eine Knieverletzung und muss nun die Kraft
zurückgewinnen. Daher gehe ich
zweimal pro Woche zur Therapie,
schwimme und fahre Velo. Und dies
zu Zeiten, an denen ich früher unmöglich in die Gänge gekommen wäre.
Das heisst, dass Sie ansonsten
nicht extrem sportlich sind?
Dass Ihre Leistung öffentlich
diskutiert
wird,
zeigte
der
«Donnschtig-Jass». Dort wurde ein
Sing-Experiment
von
Ihnen
gezeigt, das ziemlich für Wirbel
sorgte …
Jann Billeter: Nicht so, wie ich es
gerne möchte. Obwohl sich in meinem Job alles um Sport dreht, mache
ich zu wenig – und dies oft absolut unverständlich. Teilweise arbeite ich eine Stunde länger und streiche dafür
den Sport. Als Jugendlicher wäre mir
dies nie in den Sinn gekommen.
Meint man, wenn man viel Sport
sieht, dass man diesen quasi schon
selbst gemacht hat?
Jann Billeter: Vielleicht, aber es
stimmt definitiv nicht. In meiner fünfwöchigen Verletzungspause habe ich
gemerkt, wie wichtig es ist, sich zu
bewegen. Man ist viel effizienter – in
jedem Bereich – wenn man den Sport
als Ausgleich hat. Die Stunde, die
man länger arbeitet, ist meist sehr ineffizient und bringt eigentlich nichts.
Bei welchen Sportarten trifft man
Sie an?
Jann Billeter: Eigentlich bei TeamSportarten wie Hockey, Fussball oder
Unihockey. Da ich aber oft am Abend
arbeite, sind solche Trainings schwierig. Daher ist Joggen hoch im Kurs.
Und ein Projekt, das ich schon lange
im Auge habe, ist Kanufahren. Da
würde ich mir am Morgen das Velo
schnappen, zum Kanuklub runterfahren und ein paar Runden auf dem See
drehen. Wir haben es so schön hier,
das wäre mein Traum. Im nächsten
Sommer packe ich diesen an.
«Singen ist für
mich das
Schlimmste!»
Zusätzlich sind Sie bei sportwärts
dabei. Wieso?
Jann Billeter: Die Grundidee dieses
Vereins entspricht mir total. Es treffen sich Leute, die sich gerne bewegen und offen für Neues sind. Wer
zum Beispiel hat schon Baseball gespielt? Es ist genial, solche Dinge
auszuprobieren – ohne sich dabei genieren zu müssen. Denn für die meisten ist es etwas Neues.
Zusätzlich besuchen Sie die Familienanlässe?
Jann Billeter: Ja, die sind noch genialer (lacht). Da wird die Dreifachhalle im Grünfeld gemietet – und alles, was sich dort drin befindet, darf
benützt werden. Das ist doch ein
Kindheitstraum! Ich hing wieder an
Jann Billeter probiert schon vor der Eröffnung des sportDocks ein «Sportgerät» aus.
den Schaukelringen, mein Sohn
spielte Unihockey, die Tochter war an
der Sprossenwand und die Mutter
irgendwo am Balancieren.
Sind bei Ihren Kindern bereits
irgendwelche Talente zu sehen?
Jann Billeter: Mein Sohn hat sehr
viele Talente, er ist sehr sportlich. Er
spielt gerne Hockey, fährt super Ski
und ist im FC Rapperswil-Jona bei
den F-Junioren.
Werden diese Talente gefördert?
Jann Billeter: Die Kinder können
selber entscheiden. Mich freuts, wenn
sie etwas machen. Ich selbst war immer Team-Sportler und weiss, was
man dabei zusätzlich mitnehmen
kann. Mir ist wichtig, dass sie bei einer Sportart dranbleiben. Hier würde
ich etwas Druck ausüben.
Wie ist es eigentlich, wenn Jann Billeter an öffentlichen Sportanlässen
ist? Wollen da nicht alle mit Ihnen
über Hockey philosophieren?
Jann Billeter: Es ist das Schöne, dass
ich in Jona wirklich auch zu Hause
bin. Man kennt mich hier – und ich
kenne die anderen. Klar spricht man
über Sport, klar sind die Lakers, der
FC und Roger Federer ein Thema.
Aber das ist bei mir ja auch sonst so.
Welche Themen beschäftigen Sie
sonst in der Region?
Jann Billeter: Natürlich beobachte
ich sehr genau, was politisch in der
Region passiert, schliesslich lebe ich
hier. Es stehen ja ein paar wichtige
Entscheidungen an. Als SF-Mitarbeiter darf ich mich politisch aber nicht
äussern. Denn viele versuchen, uns
für ein Thema zu gewinnen. Falls ich
mich öffentlich äussern würde, müsste ich die Thematik intensiv studiert
haben. Der Tunnel sollte alle interessieren, alle sollten sich eine Meinung
bilden. In dieser Phase bin ich momentan noch, um auch die richtige
Entscheidung zu treffen.
«Wenn man nicht
stehen bleibt, gibt
dies viel Energie!»
Für eine Sache in der Region stehen Sie ein – nämlich bei der Eröffnung des sportDocks am Samstag.
Was werden Sie in Ihrer Rede
erzählen?
Jann Billeter: So blöd es klingt: Ich
werde den Leuten zu vermitteln versuchen, wie wichtig es ist, sich zu bewegen. Denn ich stelle wie schon gesagt oft fest, dass viele Leute den
Sport mit irgendwelchen Ausreden
vernachlässigen. In jener Zeit, als ich
wegen der Verletzung zum Stillsitzen
gezwungen war, habe ich mich diesbezüglich intensiv mit anderen Themen beschäftigt.
Mit welchen?
Jann Billeter: Zum einen mit der
Funktion des Hirns. Wir wissen
enorm viel über unseren Körper, über
Ernährung. Aber über unser Hirn wissen wir extrem wenig – obwohl es
eine sehr dominante Rolle einnimmt.
Daher las ich Bücher über die Hirnfunktionen. Das andere Thema war
Meditation. Davon werde ich erzählen. Und auch, was mir der
Kreuzbandriss alles gebracht hatte!
Foto: Toby Stüssi
Denn ich konnte dieser Situation nur
Positives abgewinnen.
Sie waren als Jugendlicher in einer
ähnlichen, wenn auch viel schlimmeren Situation: Auf dem Weg zum
Profi-Hockeyaner beim HCD wurde
bei Ihnen eine Krankheit festgestellt, die Sie zum Aufhören zwang.
Jann Billeter: Auch dort versuchte
ich, kein Trübsal zu blasen, sondern
aus der misslichen Lage das Beste herauszuholen. Ich wusste, dass ich aus
meinem Hockeyumfeld in Davos ausbrechen muss. Also ging ich ins Unterland nach Winterthur, kam zum
Radio und merkte, dass mir dies auch
Spass macht. Ich halte es in meinem
Leben stets so: Wenn etwas nicht
mehr geht, muss man das akzeptieren
und schauen, was einem sonst noch
gefällt. Wenn man nicht stehen bleibt,
gibt dies viel Energie!
Man sollte sich verletzen, um weiterzukommen?
Jann Billeter: Naja, das klingt jetzt
ein wenig extrem. Aber bei mir hats
das irgendwie gebraucht. Klar, man
kann auch sonst solche Momente
schaffen, in denen man den eigenen
Computer herunterfährt und wieder
startet. Bei mir jedenfalls läuft nun
ein ganz neues Betriebssystem!
Eishockey blieb für Sie als Moderator ein zentrales Thema. Wie oft
kribbelt es Sie im Kabäuschen
beim Moderieren?
Jann Billeter: Mein Respekt den
Profis gegenüber ist viel zu gross, als
dass ich mir zutrauen würde, gewisse
Dinge auf dem Eis besser zu machen.
Denn ich weiss, was es dafür braucht.
Jann Billeter: Gut, dass Sie das
erwähnen! Die Leute glaubten, dass
ich auch noch versuchte, zu singen.
Dabei war genau das Gegenteil der
Fall. Der Beitrag entstand vor vier
Jahren und war ein Experiment für
die Sendung «Einstein». Wir wollten
wissen, ob es ein schlechter Sänger
schafft, mit technischer Unterstützung einen schwierigen Song wie
«Summer of 69» gut klingen zu lassen. Das fand ich einen spannenden
Ansatz. Nur diesen Ausschnitt zu
zeigen, war schon peinlich. Aber ich
glaube, dass dabei jeder schlecht ausgesehen hätte. Aber nochmals: Ich
will nicht singen!
Lieber laufen Sie nackt auf der
Strasse?
Jann Billeter: Ja, sogar durchs komplette Niederdorf! Denn für mich ist
Singen das Schlimmste. Aber wenn
man einem einen Song auf den Leib
schneidert – sogar Paris Hilton brachte ja einmal ein Lied heraus –, dann
bringt man es schon hin, wenn man es
will. Ich bin aber höllisch froh, dass
für mich dieses Kapitel nun abgeschlossen ist.
Toby Stüssi
Tag der offenen
Tür im sportDock
Diesen Samstag eröffnet der sportDock seine Türen für die Öffentlichkeit. Der Verein sportwärts durfte
Anfang dieses Jahres vierzehn unscheinbare Container (ehemalige
Büroräume der Erdgas Obersee AG)
übernehmen. Daraus entstand an
der Gaswerkstrasse 1 zwischen
Bahnlinie und Diners Club Arena das
Vereinslokal, das dem Sportgeschehen in Rapperswil-Jona ein Mehrwert bieten wird.
Der Tag der offenen Tür beginnt um
14 Uhr mit einer Besichtigung. Ab
15 Uhr sprechen Neo-Stapi Erich
Zoller, SF-Sportmoderator Jann Billeter und Ernst Uhler von der Erdgas
Obersee AG über ihre sportlichen
Visionen in Rapperswil-Jona.
www.sportwaerts.ch