Be it ecological footprint, “Factor Four”, “eco lo
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Be it ecological footprint, “Factor Four”, “eco lo
18 19 intelligentes bauen ECOLOGY 2.0 Ob ökologischer Fußabdruck, „Faktor 4“, „ökolo gischer Rucksack“ oder Ökoeffizienz à la „Cradle to Cradle“ – die Bemessungsgrundlagen für umweltbewusstes Handeln und Produzieren sind heute vielfältiger denn je und klingen be deutungsvoll. Welcher Kriterienkatalog aber die ultimative Anleitung zum nachhaltigen Le bensstil vorgibt, ist noch nicht ausgefochten – und vor allem nicht sofort erkennbar. Früher war das einfacher. Da sah Öko nach Öko aus und fühlte sich auch so an: Recyceltes Toilet tenpapier war dunkelgrau, Kleidung kratzig und Biokosmetik farblos. Vor knapp 20 Jahren schienen Umweltbewusstsein und anspre chende Gestaltung unüberbrückbare Gegen sätze. Doch heute gehen Ökologie und Ästhe tik eine perfekte Symbiose ein, und auf liebgewonnene Konsumgewohnheiten muss keiner mehr verzichten. Das Verzwickte daran: Nie mand kann auf den ersten Blick sagen, ob sich hinter guter Gestaltung mit Öko-Aushänge schild wirklich Nachhaltigkeit verbirgt. Be it ecological footprint, “Factor Four”, “eco logical rucksack” or eco-efficiency à la “ cradle to cradle”, today the assessment criteria for an environmentally-friendly life and produc tion are more varied than ever and sound meaningful. However, it has not yet been settled which set of criteria is the ultimate manual for a sustainable lifestyle – and nei ther is it an easy call. It was all that much simpler in days gone by. Ecological products looked, and also felt, like such: recycled toi let paper was dark gray, clothes scratchy and organic cosmetics colorless. Not 20 years ago environmental awareness and at tractive design seemed irreconcilable oppo sites. Yet today, ecology and aesthetics work in perfect symbiosis and no-one has to do without the consumer habits they have grown fond of anymore. The problem is, noone can say at first glance whether good de sign with an eco-label really is sustainable. 20 21 intelligentes bauen ecology 2.0 greenwashing? Längst haben Marketingabteilungen den Wunsch ihrer Kunden nach einem gesunden und nachhaltigen Lebensstil erkannt – und sich auf dessen Befriedigung spezialisiert. Corporate Social Responsibility, die soziale Verantwortung als Teil der Unternehmensidentität, lautet das vielgenutzte Schlagwort, mit dem allerorts ge worben wird. Orientierung im grünen Dschun gel sollen eine Vielzahl von Eco- oder Designlabel bieten. Seien es Versicherungen, Autos oder Waschmittel – kaum ein Produkt, das sich nicht mit einer auffallenden Auszeichnung schmückt und so den Käufer zur Kasse und auf den scheinbar ökologisch-schönen Weg bringt. massengeschmack versus manufakturgedanke Volltechnisierung und Massenproduktion auf der einen, maximale Einfachheit und die Rück kehr zum Handwerk auf der anderen Seite – das kennzeichnet das derzeitige Kaufverhalten der Verbraucher. Auch Selbstgemachtes hat Hochkonjunktur: So wird in New York gestrickt wie zu Großmutters Zeiten und wer die Web stühle und Spinnräder mit der feuchten Schafs wolle im New Yorker In-Viertel Tribeca sieht, der spürt den Wunsch nach Ehrlichkeit, Trans parenz und nachvollziehbaren Produktionspro zessen. Aber aller Sehnsucht zum Trotz, wer will heute ernsthaft auf die technologischen Errungenschaften verzichten, wenn selbst scheinbare Gegensätze wie endloses Badever gnügen und geringer Wasserverbrauch dank ausgefeilter Tüftelei nachhaltig vereinbar sind. alles eins Der Wunsch, die komplexe Welt zu vereinfa chen, ist riesig. Daher stehen Verbraucher im mer öfter vor omnipotenten Alleskönnern, wel che die unterschiedlichen, oft gegensätzlichen Aspekte wie sozial, ökologisch, innovativ, funk tional und konservativ in sich vereinen. Die Fol ge: Gegenstände mit unterschiedlichen Funktionen verschmelzen zu einem einzigen Gerät. Doch auch wenn es Apple vorgemacht hat, wie durch einheitliche und intuitive Gestal tung von Benutzeroberflächen Kunden erst zu euphorischen Fans und dann treuen Anhängern werden, die Gestaltungsformel „eine Form, ein Interface, eine Ästhetik“ führt zu einer Reduk tion der Formenvielfalt und einer vereinfachten Ästhetik. Und es geht auch etwas Wichtiges verloren: die Lust und der Mut, Neues zu wagen und auszuprobieren. greenwashing? Marketing departments identified their cus tomers’ desire for a healthy and sustainable lifestyle long ago – and have in the meantime specialized in fulfilling it. Corporate social re sponsibility, as a part of corporate identity, is the oft-used term plastered around everywhere as a form of advertising. A multitude of eco and design labels is intended to provide orientation in the green jungle. Be it insurances, cars or detergents, there is hardly a product anymore that is not decorated with a highly visible ecolabel that wins over customers and leaves them with a clear eco-conscience. Or does it? tastes of the masses versus the industrial concept Consumers’ current buying behavior is charac terized by complete mechanization and mass production on the one side, and maximum sim plicity and a return to quality craftwork on the other. Handmade objects are also enjoying a revival, for instance, in New York knitting has really taken off as in grandmother’s day and any one who sees the looms and spinning wheels with the damp lamb’s wool in the trendy New York district Tribeca can feel the desire for hon esty, transparency and clear production pro cesses. Yet all longings aside, who today seri ously wants to do without the technological achievements of our age, when even apparent opposites such as soaking endlessly in a hot bathtub and low water consumption can be sustainably reconciled thanks to sophisticated technologies? all in one There is a great wish to simplify our complex world. Which is why consumers are increas ingly often presented with omnipotent allrounders that combine different, often oppo site aspects such as the social, ecological, innovative, functional and conservative. The re sult: Objects with various functions merge into a single device. Yet even if Apple has shown how, by way of its consistent and intuitive de sign of user interfaces, to first make customers euphoric fans and then loyal followers, the de sign formula “one form, one interface, one aes thetic” leads to a reduction of formal diversity and simplified aesthetics. And something im portant is also lost, namely, the desire and courage to try out something new. Buchhinweise und Links Joachim Krausse (Hg.), R. Buckmister Fuller: Bedienungsanleitung für das Raumschiff Erde und andere Schriften. Philo Fine Arts, 3. Aufl. 2010 Friedrich von Borries, Mathias Böttger, Florian Heilmeyer: Bessere Zukunft. Auf der Suche nach den Räumen von Morgen. Merve Verlag, 2008 Manfred Hegger / Isabell Schäfer: Grüne Häuser. Einfamilienhäuser – nachhaltig ökologisch energieeffizient. Callwey Verlag, 2010 Julian Nida-Rümelin, Jakob Steinbrenner: Ästhetische Werte und Design. Reihe Kunst: Philosophie 2009 – 2011, Hatje und Cantz, 2010 www.faktor-x.info Die Internetpräsenz der Aachener Kathy Beys Stiftung gibt einen guten Überblick zum Thema Nachhaltigkeit und bietet Interviews mit Entscheidern der Weltwirtschaftsszene zur aktuellen Umweltdiskussion. Book recommendations and links Joachim Krausse (ed.): R. Buckmister Fuller: Bedienungsanleitung für das Raumschiff Erde und andere Schriften. Philo Fine Arts, 3rd edition, 2010 Friedrich von Borries, Mathias Böttger, Florian Heilmeyer: Bessere Zukunft. Auf der Suche nach den Räumen von Morgen. Merve Verlag, 2008 Manfred Hegger / Isabell Schäfer: Grüne Häuser. Einfamilienhäuser – nachhaltig ökologisch energieeffizient. Callwey Verlag, 2010 Julian Nida-Rümelin, Jakob Steinbrenner: Ästhetische Werte und Design. Reihe Kunst: Philosophie 2009 – 2011, Hatje und Cantz, 2010 www.faktor-x.info Aachen Foundation Website provides a good overview of the topic of sustainability and fea tures interviews with decisionmakers in global economics on the current debate on the environment. 22 23 intelligentes bauen ecology 2.0 „Heute gehen Ökologie und Ästhetik eine perfekte Symbiose ein“ “Today, ecology and aesthetics work in perfect symbiosis” Ausstellung zum Thema Zur Nachahmung empfohlen – Expeditionen in Ästhetik und Nachhaltigkeit. Projekt von Adrienne Goehler (Kuratorin) und Janaa Prüss (Projektleitung) Gleichnamiger Katalog ist 2010 bei Hatje Cantz, Ostfildern, erschienen. Die Ausstellung reist Oktober 2010 bis März 2011 Westwendischer Kunstverein / Wendepunkt Zukunft e. V. Frühjahr 2011 Umweltbundesamt Dessau 6. Mai 2011 bis 12. Juni 2012 Kunstverein Ingolstadt e. V., Neuer Pfaffenhofener Kunstverein, Städtische Galerie Neuburg an der Donau Exhibition on the topic Zur Nachahmung empfohlen Expeditionen in Ästhetik und Nachhaltigkeit. (Examples to follow. Expeditions in aesthetics and sustainability.) Project by Adrienne Goehler (curator) and Janaa Prüss (project manager) The catalog of the same name was published by Hatje Cantz, Ostfildern, in 2010. Exhibition stations: October 2010 to March 2011 Westwendischer Kunstverein / Wendepunkt Zukunft e. V. Spring 2011 Umweltbundesamt Dessau May 6, 2011 until June 12, 2012 Kunstverein Ingolstadt e. V., Neuer Pfaffenhofener Kunstverein, Städtische Galerie Neuburg an der Donau weiterdenken nach dem öko-trend „Wir müssen alles, was wir sehen, neu erfin den“, lautet die Formulierung des Chemikers und Vertreters der Ökoeffektivität, Michael Braungart. Er fordert damit Architekten, Desi gner und andere Gestalter auf, der Zukunft trotz neuester technologischer und soziokultu reller Entwicklungen eine eigenständige Ästhe tik zu geben und dabei das nachhaltige Potenzial glaubhaft und transparent zu kommunizieren. Ein Blick in die Natur kann bei der Bewälti gung dieser Aufgabe inspirieren, denn gegen die Vereinheitlichung von Form und Funktion hat sie ein Patentrezept: Ständige Mutation und Erschließung von Nischen haben bislang geholfen, eine biologische Vielfalt aufrechtzuerhalten und das Überleben zu sichern. Dies könnte auch ein Weg für die gestaltete Umwelt sein: Forschung, Weiterentwicklung sowie ständige Anpassung und Verwandlung statt ausschließlich Mimese und Mimikry, also Nachahmen und Kopieren von Erfolgen. Auf die Architektur übertragen heißt das beispiels weise: Umbau und Rückbau statt Abriss und Neubau wie ihn die Franzosen Anne Lacaton und Jean-Philippe Vassal mit ihrer Studie „Plus“ propagieren und Hochhäuser in zeitge mäße Großstadtvillen verwandeln. zeitgemässe, ästhetische ökologie Das neue Umweltgewissen und die wachsen de Fangemeinde für nachhaltiges Leben – im Marketingjargon auch „Lifestyle of health and sustainability“ (Lohas) genannt – hat die Beurteilung von nachhaltigen Produkten und Lebensstilen verändert. Die Herausforderung besteht darin, das technisch-zivilisatorische System im Zusammenhang mit dem der Natur zu sehen und die Vermittlung zwischen beiden als eine kulturelle Aufgabe zu begreifen. Oder um es mit den Worten des Ingenieurs und Ar chitekten für nachhaltige Architektur, Werner Sobek, zu sagen: „Die wichtigste Aufgabe, die Architekten und Ingenieure in Zukunft zu lösen haben, ist, nachhaltige Gebäude atemberau bend attraktiv und aufregend zu machen.“ thinking beyond the eco-trend “We have to reinvent everything we see”, ac cording to the chemist and proponent of ecoeffectiveness Michael Braungart. He thus calls on architects and all types of designers to shape the future with an independent aesthet ic, despite the latest technological and sociocultural developments, and in so doing to com municate the potential for sustainability in a believable and transparent way. A look at nature can provide inspiration when tackling this task, for it has the perfect remedy for the standardization of form and function. Constant mutation and the opening up of nich es have hitherto contributed to maintaining biological diversity and ensuring survival. This could also prove crucial for our designed envi ronment: research, further development and constant adaptation and transformation in stead of pure mimesis and mimicry, i.e. the im itation and copying of successes. In relation to architecture, this means, for instance, conver sion and renaturation instead of demolition and new construction, as propagated by French architects Anne Lacaton and Jean-Philippe Vassal with their study “Plus”, who transform high-rises into contemporary city villas. contemporary, aesthetic ecology The new green conscience and growing adher ence to sustainable living – also called “lifestyle of health and sustainability” (Lohas) in market ing jargon – has changed our assessment of sustainable products and lifestyles. The chal lenge lies in seeing our technically civilizing system in connection with that of nature and to understand communication between the two as a cultural task. Or to use the words of engi neer and architect for sustainable architecture Werner Sobek: “The most important task that architects and engineers will have to face in the future is to make sustainable buildings breathtakingly attractive and exciting.” Hannah Bauhoff Seite 18 und 22: Schutzraum für den Erhalt großer Ökosysteme, entworfen von der finnischen Künstlerin Ilkka Haslo Seite 21 oben: Die Künstlerin Néle Azevedo vermittelt nachvollziehbar und ästhetisch ansprechend den Klimawandel Seite 21 unten: Traditionelle Architektur in der Natur: Kleingärten page 18 and 22: Shelter for preserving large ecosystems, designed by Finish artist Ilkka Haslo page 21 top: The artist Néle Azevedo presents climate change in an understandable and aesthetically appealing way page 21 bottom: Traditional architecture in nature: allotment gardens