Verpacken unter Schutzgas

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Verpacken unter Schutzgas
V erpackung
Verpacken unter Schutzgas
F ür K uchen , B rot und andere B ackwaren mit besonderer E mpfindlichkeit gegen­
über mikrobiellem V erderb , S auerstoff und L icht werden spezielle V erpackungs­
konzepte ben ö tigt . D as F raunhofer I V V stellt in diesem A rtikel den E insatz von
S chutzgas und andere M ö glichkeiten vor .
++ Autor:
Dr. Kajetan Müller
Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV, Freising
DNV Business Assurance
+
Das Verpacken unter Schutzgasatmosphäre (Modified
Atmosphere Packaging oder kurz MAP) ermöglicht
eine höhere Produktsicherheit und eine längere Haltbarkeit.
Die Anforderungen hinsichtlich Produktschutz kann dieses
Konzept jedoch nur erfüllen, wenn weitere Faktoren in der
Lieferkette stimmen: höchste Produktqualität und Herstellungshygiene, konsequente Einhaltung der Kühlkette und
Verpackungen, die in ihrer Wechselwirkung mit dem Füllgut
bestens auf das verpackte Lebensmittel abgestimmt sind und
damit die Voraussetzungen für ein hochwertiges Produkt mit
möglichst langer Mindesthaltbarkeit bieten.
Produktschutz als Hauptaufgabe
Der Produktschutz als Hauptaufgabe der Verpackung umfasst
bei den Backwaren unterschiedliche Aspekte: Feuchte Backwaren, wie etwa Obstkuchen müssen vor dem Austrocknen
geschützt werden. Trockene Backwaren wie etwa Kekse müssen vor Feuchtigkeitsaufnahme geschützt werden. In beiden
Fällen bedarf es einer entsprechenden Barriere gegenüber
Wasserdampf. Neben der Feuchtigkeit spielt bei fetthaltigen
oder mikrobiell anfälligen Backwaren der Sauerstoff eine entscheidende Rolle. Durch den Einsatz von MAP-Verpackungen
kann die Haltbarkeit von Backwaren deutlich erhöht werden.
Die durch MAP erreichbaren Mindesthaltbarkeiten sind für
unterschiedliche Produkte in Tabelle 1 dargestellt. Als Schutzgase werden standardmäßig Stickstoff (N2) und Kohlendioxid
(CO2) in unterschiedlichen Mischungsverhältnissen eingesetzt. Durch die Reduzierung des Kopfraum-Sauerstoffs, d. h.
des Sauerstoffs, der im Kopfraum der Verpackung nach dem
Verschließen vorhanden ist, wird das Wachstum von Schimmelpilzen gehemmt und die Fettoxidation reduziert. Kohlendioxid verringert zudem die Aktivität von Mikroorganismen.
Das einzustellende Mischungsverhältnis hängt von dem zu
verpackenden Lebensmittel ab: Je höher der pH-Wert und die
Wasseraktivität des Lebensmittels, desto größer ist die Gefahr
eines mikrobiellen Verderbs. Deshalb wird bei empfindlichen
Lebensmitteln, wie Kuchen, Gebäck oder Brot, ein höherer
CO2-Gehalt von bis zu 100 % eingestellt. Allerdings ist zu beachten, dass ein zu hoher CO2-Gehalt auch die sensorischen
Eigenschaften beeinträchtigen kann.
Barriereanforderung
Damit die Schutzgasatmosphäre erhalten bleibt, muss die
Verpackung entsprechende Barriereeigenschaften gegenüber
Sauerstoff, Kohlendioxid und Wasserdampf aufweisen. Bild 1
kann als Orientierungshilfe für eine erste grobe Abschätzung
zur Auslegung der Verpackung herangezogen werden. Die in
Bild 1 dargestellten Anforderungen an die Durchlässigkeit von
Verpackungen für Backwaren können sehr unterschiedlich
sein und lassen sich in unterschiedliche Kategorien einteilen:
+ Materialien mit hohen Barriereanforderungen (= geringe
Durchlässigkeit): Fetthaltige Backwaren und Kuchen erfordern hohe Barriereeigenschaften insbesondere gegenüber Sauerstoff und Kohlendioxid. Von hohen
Barriereanforderungen wird bei Backwaren bei O2-Durchlässigkeitswerten von ≤10 cm³/(m² d bar) gesprochen. Um
diese Durchlässigkeitswerte zu erreichen, werden Poly­
propylen-Verbunde mit Ethylen-Vinylalkohol-Copolymer
(EVOH)-Barriere, Polyamid-Polyethylen-Verbundfolien
oder Polyethylenterephthalat (PET)-Folien mit anorganischen Barriereschichten eingesetzt. Eine anorganische, im
Vakuum aufgedampfte, rund 50 nm dünne Aluminiumschicht bietet zusätzlich einen guten Lichtschutz.
+ Materialien mit geringer, aber dennoch definierter Barriere (= definiert hohe Durchlässigkeit): Trockene Backwaren erfordern Verpackungen mit definiert hoher
Gasdurchlässigkeit, um einerseits Schimmelwachstum
und andererseits Austrocknen zu vermeiden. Als Packstoffe für diese Produktgruppe werden deshalb Zellophan, gewachstes Papier oder Polyethylen-Folien mit
Perforation eingesetzt.
Tabelle 1: Empfohlene Gasgemische für trockene Lebensmittel und Backwaren
Produkt
Gasgemisch
Gasvolumen bei 100 g
Haltbarkeit (4–6 °C) Luft/MAP
Vorgebackenes Brot
100% CO 2
50–100 cm 3
5 Tage / 20 Tage
Kuchen
50% CO 2 / 50% N 2
50–100 cm 3
15 Tage / 60 Tage
Milchpulver
100% N 2
50–100 cm 3
12 Wochen / 52 Wochen
Erdnüsse
100% N 2
50–100 cm 3
12 Wochen / 52 Wochen
brot+backwaren 2/2013
Quelle: Linde AG, Linde Gas Division, www.linde-gas.de
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TIEFKÜHLUNG
KÜHLUNG
PASTEURISIERUNG
GÄRUNG
EXKLUSIVE BAND-TECHNOLOGIE
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V erpackung
++ Bild 1
Quelle: Fraunhofer IVV
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++ Bild 1
Anforderung an die Sauerstoff- und Wasserdampfdurchlässigkeit von Packstoffen
Aktive Verpackungsfunktionen
In den letzten Jahren werden zunehmend auch aktive Verpackungsfunktionen ins Spiel gebracht, um eine noch längere
Haltbarkeit bzw. höhere Produktsicherheit zu erzielen. Vielversprechende aktive Funktionen sind die Absorption von
Sauerstoff durch sog. Sauerstoff-Scavenger, die Einstellung
einer definierten Feuchte durch Packstoffe mit feuchteregulierenden Eigenschaften und die Integration antimikrobiell
wirksamer Substanzen in die Verpackung.
Sauerstoff-Scavenger: Die ersten aktiven Verpackungsbestandteile wurden in den 1970er Jahren in Japan eingeführt
und in Form von kleinen Sachets der Verpackung zugegeben. Diese Sachets bestehen aus einer durchlässigen Membran, die ein Sauerstoffabsorbens enthält. Im einfachsten
Fall ist der Sauerstoffabsorber ein Eisenpulver, das bei Anwesenheit von Sauerstoff und Feuchtigkeit rostet. Sachets
haben aber den Nachteil, dass sie für den direkten Kontakt
mit Flüssigkeiten nicht geeignet sind und in Europa nicht
akzeptiert werden. Das aktive Material wird deshalb vorzugsweise in die Polymermatrix des Packstoffs integriert.
Anwendungsgebiete in Europa sind bisher hauptsächlich
sauerstof fempf indliche Getränke wie Snackprodukte,
Fleischprodukte oder Convenience-Lebensmittel, die thermisch haltbar gemacht werden müssen. In Asien und Nordamerika wurden Sauerstoff-Scavenger aber auch schon
erfolgreich für Kuchen oder Kleingebäck eingesetzt.
Feuchteregulierende Packstoffe: In einer laufenden Entwicklung werden feuchteabsorbierende Folien hergestellt, die
Salze als Absorber enthalten. Viele Salze haben die Eigenschaft, spontan bei Überschreiten einer stoffspezifischen
relativen Luftfeuchte große Mengen Wasserdampf zu
brot+backwaren 2/2013
absorbieren. Beim Unterschreiten einer stoffspezifischen
relativen Luftfeuchte wird das Wasser wieder abgegeben.
Ein mögliches Anwendungsgebiet für diese Folien sind unter anderem Verpackungen für Backwaren, mit dem Ziel,
eine definierte Feuchte einzustellen.
Antimikrobiell wirksame Verpackungen werden eingesetzt,
um mikrobielles Wachstum auf Lebensmitteln zu verhindern bzw. zu unterdrücken. Sie verlängern somit die Haltbarkeit und die Qualität verpackter Lebensmittel. In Asien
werden antimikrobielle Verpackungen seit rund 30 Jahren
meist als Silberbeschichtung eingesetzt. Allerdings gibt es
zunehmend Bedenken bezüglich des Einsatzes von Nanosilber in Packstoffen. Eine Alternative zu Silber ist Ethanol, das als antimikrobiell wirksamer flüchtiger Dampf
eingesetzt wird. Die Forschung im Bereich der antimikrobiellen Verpackungsfolie konzentriert sich derzeit auf die
Entwicklung von Folien, die ein gezieltes Releaseverhalten
entweder von zugelassenen Konservierungsstoffen wie
Sorbinsäure oder von natürlichen Wirkstoffen z. B. aus
Wasabi haben.
Fazit
Die Haltbarkeit von Backwaren kann durch den Einsatz von
Schutzgas deutlich gesteigert werden. Entscheidende Parameter dabei sind das richtige Gasgemisch und der Einsatz
von Packstoffen mit hinreichenden passiven Barriereeigenschaften gegenüber Sauerstoff, Kohlendioxid und Wasserdampf. Sollten die passiven Barriereeigenschaften nicht
ausreichen, bieten aktive Verpackungsfunktionen, wie
Sauerstoff-Scavenger, feuchteregulierende Packstoffe sowie
antimikrobiell wirksame Verpackungen eine zusätzliche
Produktsicherheit. + + +
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