So beurteilen Sie die Entgeltfortzahlungsansprüche Ihrer Mitarbeiter
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So beurteilen Sie die Entgeltfortzahlungsansprüche Ihrer Mitarbeiter
Entgeltfortzahlung E52 1 So beurteilen Sie die Entgeltfortzahlungsansprüche Ihrer Mitarbeiter richtig An gesetzlichen Feiertagen müssen Sie das Arbeitsentgelt fortzahlen Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung für die Entgeltfortzahlung Ohne Nachweis der Arbeitsunfähigkeit brauchen Sie keine Entgeltfortzahlung zu leisten Diese Probleme haben Sie oft in der Praxis zu lösen Nicht alle Arbeitnehmer haben einen Entgeltfortzahlungsanspruch Entgeltfortzahlung bei besonderen Ereignissen im Betrieb oder beim Arbeitnehmer (alphabetische Liste) Sie dürfen die gesetzlichen Mindestansprüche nicht einschränken So ermitteln Sie die Dauer des Entgeltfortzahlungsanspruchs Diese Regelungen bestehen zum Ende der Beschäftigung Die Höhe der Entgeltfortzahlung richtet sich nach dem aktuellen Arbeitsentgelt Welche Bezüge Sie bei der Entgeltfortzahlung berücksichtigen müssen Sie können Schadenersatzansprüche geltend machen Entgeltfortzahlung bei der Erkrankung eines Kindes Abc zur schnellen Klärung Ihrer Fortzahlungspflicht 3 3 6 8 10 12 14 15 21 22 26 29 31 32 Grundwerk Sozialversicherungs-Berater Entgeltfortzahlung E52 2 Wann das Entgelt fortzuzahlen istPraxisprobleme und Ausnahmen Abc besonderer Ereignisse Dauer und Höhe der Entgeltfortzahlung Schadensersatzansprüche Abc der Entgeltfortzahlung Gesetzliche Vorgabe Wenn Ihre Mitarbeiter an der Arbeitsleistung gehindert sind, müssen Sie in vielen Fällen das Arbeitsentgelt weiterzahlen. Zum einen besteht Ihre Zahlungsverpflichtung aufgrund eines Tarif- bzw. Arbeitsvertrags; zum anderen sind die Grundlagen, Ihrem Mitarbeiter im Falle einer Arbeitsverhinderung das Arbeitsentgelt weiterzuzahlen, gesetzlich festgelegt: Das Entgeltfortzahlungsgesetz regelt hierfür die Mindestansprüche Ihrer Mitarbeiter, von denen Sie durch eigene vertragliche Vereinbarungen nicht zum Nachteil des Arbeitnehmers abweichen dürfen. Zahlungen, die über den gesetzlich definierten Mindestanspruch hinausgehen, sind hingegen zulässig. Regelungstatbestände Im Entgeltfortzahlungsgesetz werden die Entgeltfortzahlungsansprüche der Arbeitnehmer im Falle der Arbeitsverhinderung ● an gesetzlichen Feiertagen, ● bei einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit, ● bei einer nicht rechtswidrigen Sterilisation, ● bei einem nicht rechtswidrigen Schwangerschaftsabbruch oder ● wegen einer Rehabilitationsmaßnahme geregelt. Sonstige Gründe Darüber hinaus sind Sie auch von Zahlungsverpflichtungen betroffen, wenn Ihr Mitarbeiter aus anderen Gründen an der Arbeitsleistung gehindert ist. Denkbar ist eine Verpflichtung im Rahmen Ihrer Fürsorgepflicht gegenüber Ihren Mitarbeitern oder dass Ansprüche aus anderen gesetzlichen Vorschriften abgeleitet werden. Das ist zum Beispiel bei der Erkrankung eines Kindes der Fall. 2 Aktualisierungslieferung Nr. 3/2003 Sozialversicherungs-Berater Entgeltfortzahlung E52 3 Wann das Entgelt fortzuzahlen istPraxisprobleme und Ausnahmen Abc besonderer Ereignisse Dauer und Höhe der Entgeltfortzahlung Schadensersatzansprüche Abc der Entgeltfortzahlung An gesetzlichen Feiertagen müssen Sie das Arbeitsentgelt fortzahlen Für Arbeitszeit, die infolge eines gesetzlichen Feiertages Nur gesetzliche ausfällt, müssen Sie dem Arbeitnehmer das Arbeitsent- Feiertage gelten gelt zahlen, das er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte. Unabhängig davon, ob Ihr Mitarbeiter einen Stundenlohn erhält oder ob ein festes Monatsentgelt vereinbart ist, müssen Sie für die nach deutschem Recht bundesweit oder regional geltenden gesetzlichen Feiertage das Arbeitsentgelt zahlen. Wichtig: Die Berechnung der Höhe des von Ihnen wei- Unentschuldigterzuzahlenden Arbeitsentgelts ist ab Seite E52/27 be- tes Fehlen schrieben. Bei unentschuldigtem Fehlen vor oder nach dem Feiertag brauchen Sie auch für den Feiertag selbst keine Entgeltfortzahlung zu leisten. Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung für die Entgeltfortzahlung Arbeitsunfähig ist Ihr Arbeitnehmer, wenn er aufgrund Definition einer Krankheit seine im Arbeitsvertrag bezeichnete Ar- „Arbeitsbeit nicht oder nur unter der Gefahr der Verschlimme- unfähigkeit“ rung seines Zustandes ausüben kann. Auf welcher Ursache die Krankheit beruht, ist unerheblich; auch unfallbedingte Verletzungen gelten als Krankheit in diesem Sinn. Es ist durchaus möglich, dass Ihr Mitarbeiter an einer TätigkeitsKrankheit leidet, aber dennoch arbeitsfähig ist. Die Ar- bezogen beitsunfähigkeit wird deshalb von einem Arzt für die aktuell ausgeübte Beschäftigung attestiert. Bei gleicher Krankheit kann Ihr Büroangestellter arbeitsfähig sein, während einem Bauarbeiter Arbeitsunfähigkeit bescheinigt werden muss. Aktualisierungslieferung Nr. 3/2003 3 Sozialversicherungs-Berater Entgeltfortzahlung E52 4 Wann das Entgelt fortzuzahlen istPraxisprobleme und Ausnahmen Abc besonderer Ereignisse Dauer und Höhe der Entgeltfortzahlung Schadensersatzansprüche Abc der Entgeltfortzahlung Ist die Krankheit selbstverschuldet? Den Beweis müssen Sie als Arbeitgeber erbringen Wichtig ist für Ihre Leistungspflicht, dass die Arbeitsunfähigkeit auf einer unverschuldeten Krankheit beruht. Verschulden Aufgrund ständiger Rechtsprechung liegt ein Verschulden des Arbeitnehmers erst bei einem groben Verstoß gegen das von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhalten vor. Ein Selbstverschulden der Arbeitsunfähigkeit ist also erst bei grober Fahrlässigkeit oder bei Vorsatz gegeben. Leichte Fahrlässigkeit begründet kein Verschulden. Ein Verschulden des Arbeitnehmers kann nicht nur beim Entstehen einer Krankheit vorliegen, sondern auch dann, wenn der Arbeitnehmer den Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit verzögert oder verhindert. Der Arbeitnehmer ist während der Krankheit verpflichtet, sich so zu verhalten, dass er wieder gesund wird, und hat alles zu unterlassen, was seine Genesung verzögert oder verhindern könnte. Einzelfallbeurteilung Bei jeder Arbeitsunfähigkeit, bei der die Verschuldensfrage zu klären ist, wird die Besonderheit des Einzelfalls zu bewerten sein. Die Darlegungs- und Beweislast zum Verschulden ist gesetzlich nicht geregelt. Das Bundesarbeitsgericht hat die Darlegungs- und Beweispflicht in ständiger Rechtsprechung für den „Normalfall“ dem Arbeitgeber auferlegt, weil immer derjenige darlegungs- und beweispflichtig ist, der die Entstehung eines Anspruchs leugnet. § 616 Abs. 1 Satz 1 BGB Führt die Krankheit eines Arbeitnehmers nicht zur Arbeitsunfähigkeit, können sich Entgeltansprüche für einen notwendigen Arztbesuch zwar grundsätzlich aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch ableiten. Die dort bezeichneten Entgeltansprüche Ihrer Mitarbeiter können 4 Aktualisierungslieferung Nr. 3/2003 Sozialversicherungs-Berater Entgeltfortzahlung E52 5 Wann das Entgelt fortzuzahlen istPraxisprobleme und Ausnahmen Abc besonderer Ereignisse Dauer und Höhe der Entgeltfortzahlung Schadensersatzansprüche Abc der Entgeltfortzahlung Sie aber durch Betriebsvereinbarungen oder arbeitsvertraglich ausschließen. Darüber hinaus kann Ihr Arbeitnehmer kein Arbeitsentgelt verlangen, wenn der Arzttermin auch außerhalb der Arbeitszeit wahrgenommen werden könnte. Die Regelungen zum Entgeltanspruch Ihres Mitarbeiters Vorsorge-/ gelten auch, wenn Ihr Mitarbeiter an einer medizini- Rehamaßnahme schen Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme teilnimmt. Voraussetzung ist hierbei aber, dass die Kosten von einem Träger der gesetzlichen Renten-, Krankenoder Unfallversicherung, einer Verwaltungsbehörde der Kriegsopferversorgung oder einem sonstigen Sozialleistungsträger bewilligt wird. Ihre Verpflichtung zur Entgeltfortzahlung besteht nur für stationäre Maßnahmen. Arbeitsunfähigkeit muss nicht unbedingt vorliegen. Bei Kurbewilligungen folgender Kostenträger müssen Kuren, bei Sie Entgeltfortzahlung leisten: Berufsgenossenschaft, denen Sie Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, Krankenkas- zahlen müssen se, Landesversicherungsanstalt, Sozialhilfeträger, Versorgungsamt. ● Bestehen Sie in jedem Fall auf der Vorlage der schriftlichen Kurbewilligung. Ihr Mitarbeiter ist hierzu gesetzlich verpflichtet. Nehmen Sie eine Kopie zu den Personalakten. ● TIPP Ebenso besteht bei einer nicht rechtswidrigen Sterili- Sterilisation/ sation oder bei einem legalen Abbruch der Schwan- Schwangergerschaft Entgeltfortzahlungspflicht. schaftsabbruch Eine Liste von Praxisbeispielen finden Sie am Ende dieses Beitrags! Aktualisierungslieferung Nr. 3/2003 5 Sozialversicherungs-Berater Entgeltfortzahlung E52 6 Wann das Entgelt fortzuzahlen istPraxisprobleme und Ausnahmen Abc besonderer Ereignisse Dauer und Höhe der Entgeltfortzahlung Schadensersatzansprüche Abc der Entgeltfortzahlung Ohne Nachweis der Arbeitsunfähigkeit brauchen Sie keine Entgeltfortzahlung zu leisten Pflichten des Mitarbeiters Konsequenzen Ihr Mitarbeiter hat zum einen die Verpflichtung, seine Arbeitsunfähigkeit unverzüglich anzuzeigen, und zum anderen bei länger anhaltender Arbeitsunfähigkeit, einen ärztlichen Nachweis über die voraussichtliche Dauer vorzulegen. Seine Arbeitsunfähigkeit muss Ihnen der Mitarbeiter am ersten Tag des Fehlens melden. Dazu sollte sich Ihr Mitarbeiter entweder persönlich mit Ihnen in Verbindung setzen oder einen Dritten damit beauftragen. Als Arbeitgeber haben Sie ohne besondere Vereinbarung jedoch keine Möglichkeit, bei fehlender Anzeige der Arbeitsunfähigkeit die Entgeltzahlung einzustellen. Diese Möglichkeit wird Ihnen erst eröffnet, wenn nicht spätestens am vierten Tag der Arbeitsunfähigkeit die Krankmeldung bei Ihnen vorliegt. Dieses Recht zur Verweigerung der Entgeltzahlung haben Sie aber nur so lange, wie der Mitarbeiter seiner Verpflichtung nicht nachkommt. Auch wenn Sie die Krankmeldung erheblich verspätet erhalten, müssen Sie das Arbeitsentgelt dann nachzahlen. Beispiel: Ihr Mitarbeiter Theo Kornmüller lässt Ihnen am Freitag, dem 4.6. bestellen, dass er arbeitsunfähig krank ist. Eine ärztliche Bescheinigung wird Ihnen erst am 11. 6. übersandt. Sie können zunächst die Entgeltfortzahlung verweigern, weil die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung Ihnen am Montag, dem 7. 6. hätte vorliegen müssen. Aber spätestens am 11. 6. müssen Sie das Arbeitsentgelt für die gesamte Zeit der Arbeitsunfähigkeit nachzahlen. 6 Aktualisierungslieferung Nr. 3/2003 Sozialversicherungs-Berater Entgeltfortzahlung E52 7 Wann das Entgelt fortzuzahlen istPraxisprobleme und Ausnahmen Abc besonderer Ereignisse Dauer und Höhe der Entgeltfortzahlung Schadensersatzansprüche Abc der Entgeltfortzahlung Es kommt natürlich vor, dass der Arbeitnehmer zu Be- Einschränkung ginn seiner Krankheit mit einer schnellen Rückkehr an der Nachweisseinen Arbeitsplatz rechnet und deshalb nicht sofort den pflicht Arzt aufsucht. Wider Erwarten bleibt er aber länger arbeitsunfähig. Da ein Arzt den Beginn der Arbeitsunfähigkeit nicht für mehrere Tage (erlaubt sind grundsätzlich zwei Tage) zurückdatieren darf, ist es möglich, dass die ersten drei Krankheitstage nicht attestiert werden können. In diesem Fall ist Ihr Mitarbeiter von seiner Nachweispflicht für die ersten drei Tage der Arbeitsunfähigkeit entbunden. Im Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung können Sie festlegen, dass eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung stets bereits ab dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit beigebracht werden muss. Das Bundesarbeitsgericht erklärte eine entsprechende Klausel für wirksam. Der Arbeitnehmer braucht aber nicht zwingend eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen, wenn er seine Arbeitsunfähigkeit auch anders beweisen kann. Bis der Beweis erbracht ist, dürfen Sie das Arbeitsentgelt zurückhalten. Bescheinigung ab dem 1. Tag BAG vom 1. 10. 1998; 5 AZR 726/96 Nach dem Ende Ihrer Entgeltfortzahlungspflicht stellt Krankengeldder Arzt auch keine Arbeitsunfähigkeitsbescheini- bezug setzt ein gung mehr aus, weil die Krankenkasse im Normalfall Krankengeld an Ihren Mitarbeiter auszahlt. Es ist damit lediglich noch ein ärztlicher Nachweis zum Zweck der Krankengeldzahlung nötig. Sie als Arbeitgeber erfahren nur noch durch eigene Initiative, ob Ihr Mitarbeiter weiterhin krank ist. ● Fragen Sie bei der Krankenkasse nach. Dort erfahren Sie zwar nicht, an welcher Krankheit Ihr Mitarbeiter leidet, doch zu einer Prognose über die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit kann Ihnen der TIPP Aktualisierungslieferung Nr. 3/2003 7 Sozialversicherungs-Berater Entgeltfortzahlung E52 8 Wann das Entgelt fortzuzahlen ist Praxisprobleme und AusnahmenAbc besonderer Ereignisse Dauer und Höhe der Entgeltfortzahlung Schadensersatzansprüche Abc der Entgeltfortzahlung Krankenkassenmitarbeiter Auskunft geben. Nutzen Sie hierfür Ihre guten Beziehungen zu dem Versicherungsunternehmen. ● Diese Probleme haben Sie oft in der Praxis zu lösen Erkrankung im Ausland Auch bei einer Arbeitsunfähigkeit während eines Auslandsaufenthalts ist es ohne weiteres zumutbar, dass Sie über die Arbeitsunfähigkeit informiert werden. Die technischen Möglichkeiten stehen heute in jedem Land zur Verfügung. Ihr Mitarbeiter hat die schnellstmögliche Art der Nachrichtenübermittlung zu wählen. Außerdem muss er Ihnen seinen Aufenthaltsort mitteilen. Die gesetzliche Krankenkasse erwartet ebenfalls eine Mitteilung über Beginn und Dauer der Arbeitsunfähigkeit. Je nachdem, in welchem Land sich Ihr Mitarbeiter aufhält, stellen die Ärzte nicht immer eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus. BAG vom 1. 10. 1997; 5 AZR 499/96 ● Weisen Sie Ihren Mitarbeiter darauf hin, dass er während eines Auslandsaufenthalts als Beweis seiner Arbeitsunfähigkeit eine ärztliche Bescheinigung vorlegen muss, die erkennen lässt, dass der Arzt zwischen der Erkrankung und der durch sie verursachten Arbeitsunfähigkeit unterschieden hat. Ist eine eindeutige Bescheinigung nicht zu erhalten, sollte sich Ihr Mitarbeiter sofort an den örtlichen Sozialversicherungsträger wenden. Der veranlasst dann die Ausstellung einer entsprechenden Bescheinigung. Bestehen mit dem Land Sozialversicherungsabkommen, erhält dann auch die deutsche Krankenkasse eine Information. TIPP In der Praxis ist das Verfahren allerdings sehr langwierig. Vereinbaren Sie mit dem Arbeitnehmer, dass er Sie unmittelbar über die Art und die Dauer der Arbeitsunfähig- 8 Aktualisierungslieferung Nr. 3/2003 Sozialversicherungs-Berater Entgeltfortzahlung E52 9 Wann das Entgelt fortzuzahlen ist Praxisprobleme und AusnahmenAbc besonderer Ereignisse Dauer und Höhe der Entgeltfortzahlung Schadensersatzansprüche Abc der Entgeltfortzahlung keit sowie über den Zeitpunkt der Rückkehr nach Deutschland informiert. Die Kosten, die Ihrem Mitarbeiter dabei entstehen, kann er Ihnen in Rechnung stellen. ● Haben Sie Zweifel an der bestehenden Arbeitsunfähigkeit? Auch hierbei können die Krankenkassen helfen. Sie sind bei Arbeitsunfähigkeit ihrer Versicherten verpflichtet, zur Sicherung des Behandlungserfolgs, insbesondere zur Einleitung von Maßnahmen für die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit oder zur Beseitigung von Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit, ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen einzuholen. Zweifel an einer Arbeitsunfähigkeit können unter anderem dadurch verursacht sein, dass Ihr Mitarbeiter auffällig oft arbeitsunfähig krank ist, häufig zu Beginn oder am Ende der Woche ausfällt oder die Arbeitsunfähigkeit auffällig oft von ein und demselben Arzt festgestellt wird. Sie als Arbeitgeber können in der Regel verlangen, dass die Krankenkasse eine Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit einleitet. Bevor sie die gutachterliche Stellungnahme anfordert, hat sie das Recht, die Erfolgsaussichten anhand der eigenen Unterlagen zu prüfen. Nicht jeder Verdacht eines Arbeitgebers führt deshalb zur gewünschten Begutachtung des Mitarbeiters. Auch die Zeit spielt dabei eine Rolle. Zum einen sind die Untersuchungskapazitäten des Medizinischen Dienstes zu beachten, und zum anderen muss der Arbeitnehmer schriftlich zur Untersuchung vorgeladen werden. Die Erkrankung eines Arbeitnehmers mit häufigen Kurzerkrankungen ist in der Praxis deshalb sehr schwer überprüfbar. Kommt es allerdings zu einer Untersuchung, muss die Krankenkasse unverzüglich informieren, wenn das Gutachten zu einem von der Arbeitsunfähigkeitsbescheini- Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit § 275 Abs. 1a SGB V Auf Krankenkasse zugehen Ihr Informationsanspruch Aktualisierungslieferung Nr. 3/2003 9 Sozialversicherungs-Berater Entgeltfortzahlung E52 10 Wann das Entgelt fortzuzahlen ist Praxisprobleme und AusnahmenAbc besonderer Ereignisse Dauer und Höhe der Entgeltfortzahlung Schadensersatzansprüche Abc der Entgeltfortzahlung gung abweichenden Ergebnis führt. Informiert werden müssen Sie auch, wenn Ihr Mitarbeiter nicht zum Untersuchungstermin erschienen ist. In diesem Fall können Sie als Arbeitgeber folgern, dass ab sofort Arbeitsfähigkeit besteht, und die Entgeltfortzahlung einstellen. Will Ihr Mitarbeiter diesen persönlichen Nachteil abwenden, muss er einen Beweis für die weiterbestehende Arbeitsunfähigkeit erbringen. Das kann wiederum nur durch ein entsprechendes ärztliches Zeugnis geschehen. Nicht alle Arbeitnehmer haben einen Entgeltfortzahlungsanspruch Ausnahmen Obwohl grundsätzlich für alle Arbeitnehmer, unabhängig davon, ob es sich um Arbeiter, Angestellte, Auszubildende, Teilzeitkräfte oder Aushilfen handelt, im Krankheitsfall ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht, gibt es auch einige Ausnahmen. Keine Entgeltfortzahlung müssen Sie erbringen für ● Heimarbeiter, ● Arbeitnehmer im Vorruhestand oder ● in den ersten vier Wochen einer Beschäftigung. Heimarbeiter erhalten bei Arbeitsunfähigkeit sofort Krankengeld von ihrer gesetzlichen Krankenkasse. Wenn keine besonderen Vereinbarungen über Entgeltfortzahlungsansprüche bestehen, erhalten Heimarbeiter von ihrem Auftraggeber bei jeder Entgeltzahlung einen Zuschlag zum Arbeitsentgelt. Der beträgt 3,4 % des Arbeitsentgelts, wenn keine weiteren Hilfskräfte beschäftigt werden, und 6,4 % des Arbeitsentgelts, wenn mindestens zwei weitere Hilfskräfte vom Heimarbeiter beschäftigt werden. Der erhöhte 10 Aktualisierungslieferung Nr. 3/2003 Sozialversicherungs-Berater Entgeltfortzahlung E52 11 Wann das Entgelt fortzuzahlen ist Praxisprobleme und AusnahmenAbc besonderer Ereignisse Dauer und Höhe der Entgeltfortzahlung Schadensersatzansprüche Abc der Entgeltfortzahlung Zuschlag dient zugleich der Sicherung der Personen, die wiederum von dem Heimarbeiter beschäftigt werden. Für Heimarbeiter kann aber auch durch Tarifvertrag bestimmt werden, dass sie anstelle des Zuschlags zum Arbeitsentgelt im Fall der Arbeitsunfähigkeit Entgeltfortzahlung nach den Vorschriften des Entgeltfortzahlungsgesetzes erhalten. Arbeitnehmer im Vorruhestand befinden sich nicht mehr im Arbeitsprozess und erhalten unabhängig von einer Arbeitsleistung das Vorruhestandgeld. Auch dem kranken Vorruheständler wird der Bezug weitergezahlt. In den ersten vier Wochen einer Beschäftigung besteht für Ihren Mitarbeiter eine Wartezeit, während der er bei Arbeitsunfähigkeit noch keinen Entgeltfortzahlungsanspruch hat. Dadurch erhalten Sie etwas mehr Sicherheit und ein vermindertes Risiko bei der Einstellung neuer Mitarbeiter. Sie können hieraus aber keine vollständige Befreiung von der Entgeltfortzahlung zu Beginn der Beschäftigung ableiten. Ihre Zahlungspflicht besteht nicht in dieser Wartezeit. Sie beginnt erst mit der fünften Woche der Arbeitsunfähigkeit. Der Entgeltfortzahlungsanspruch beträgt aber auch dann volle sechs Wochen. Diese Regelung gilt auch, wenn der Mitarbeiter die Ar- Verspätete beit wegen einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit zum Arbeitsvereinbarten Zeitpunkt nicht aufnehmen kann. Ihre aufnahme Entgeltfortzahlungspflicht beginnt in der geplanten fünften Beschäftigungswoche. Wichtig: In jedem Fall sollten Sie Ihren zukünftigen Mitarbeiter aber darauf aufmerksam machen, dass er unbedingt seinen Krankenversicherungsschutz klären muss. Ohne Beschäftigungsaufnahme und ohne Ihre Verpflichtung zur Entgeltzahlung in den ersten vier Wochen der Arbeitsunfähigkeit entsteht auch kein gesetzlicher Krankenversicherungsschutz. Aktualisierungslieferung Nr. 3/2003 11 Sozialversicherungs-Berater Entgeltfortzahlung E52 12 Wann das Entgelt fortzuzahlen ist Praxisprobleme und Ausnahmen Abc besonderer EreignisseDauer und Höhe der Entgeltfortzahlung Schadensersatzansprüche Abc der Entgeltfortzahlung Entgeltfortzahlung bei besonderen Ereignissen im Betrieb oder beim Arbeitnehmer (alphabetische Liste) Prüfung Arbeitszeitverlagerungen Aussperrung Betriebsferien Betriebsstörungen Im Fall einer mit Ihrem Mitarbeiter vereinbarten Unterbrechung des Beschäftigungsverhältnisses ist es oft fraglich, ob Sie verpflichtet sind, Entgeltfortzahlung zu leisten. Sie sollten zunächst überlegen, ob Ihr Mitarbeiter bei Arbeitsfähigkeit Entgeltansprüche hätte. Ist das der Fall, müssen Sie auch bei Krankheit zahlen. Zeiten der Vor- oder Nacharbeit haben auch einen Einfluss auf die Entgeltfortzahlung. Hierbei richtet sich der Entgeltfortzahlungsanspruch nach den jeweiligen Umständen, die zum Zeitpunkt der Arbeitsunfähigkeit vorliegen. Hätte Ihr kranker Arbeitnehmer gearbeitet, hat er einen Entgeltfortzahlungsanspruch. Der ist dann so zu bemessen, als hätte er auch die Vorarbeit an diesem Tag geleistet. Wird Ihr Mitarbeiter aber am arbeitsfreien Tag krank, der bereits herausgearbeitet wurde, so besteht kein zusätzlicher Entgeltanspruch. Bei Arbeitskämpfen wie Streik oder Aussperrung müssen Sie keine Entgeltfortzahlung leisten, wenn der Betrieb vollständig stillgelegt wird. War Ihr arbeitsunfähiger Mitarbeiter bereits vor Streikbeginn krank oder hätte er sich nicht am Arbeitskampf beteiligt, hat er einen Entgeltanspruch. Es handelt sich hierbei entweder um bezahlten oder um unbezahlten Urlaub. Wenn Sie Entgeltzahlung für die Zeit vereinbart haben, bestehen auch im Krankheitsfall Entgeltansprüche. Wenn Ihr Arbeitnehmer jedoch keine Urlaubsansprüche mehr hat oder hat er wegen einer neu aufgenommenen Beschäftigung noch keine Urlaubsansprüche erworben hat, entfällt auch der Entgeltfortzahlungsanspruch. Ist Ihr Arbeitnehmer arbeitsbereit, geraten Sie in Annahmeverzug, wenn Sie keine Möglichkeit der Beschäftigung bieten. Auch wenn der Betrieb vollständig ruht, besteht ein Lohnanspruch – selbstverständlich dann auch im Krankheitsfall. Tipp: Wenn Sie regelmäßig Betriebsferien vorsehen, sollten Sie in den Arbeitsverträgen entsprechende Regelungen treffen. Haben Sie die Betriebsstörungen zu vertreten, besteht ein Entgeltfortzahlungsanspruch, sofern dem arbeitsfähigen Arbeitnehmer ein Vergütungsanspruch grundsätzlich zusteht (Annahmeverzug der Arbeitsleistung). 12 Aktualisierungslieferung Nr. 3/2003 Sozialversicherungs-Berater Entgeltfortzahlung E52 13 Wann das Entgelt fortzuzahlen ist Praxisprobleme und Ausnahmen Abc besonderer EreignisseDauer und Höhe der Entgeltfortzahlung Schadensersatzansprüche Abc der Entgeltfortzahlung Bildungsurlaub siehe Urlaub Elternzeit Während der Elternzeit ruht das Arbeitsverhältnis. Sie sind nicht zur Zahlung des Arbeitsentgelts verpflichtet, sodass der Arbeitnehmer bei Arbeitsunfähigkeit keine Entgeltfortzahlung verlangen kann. Im Fall einer Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit besteht ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Fehlen Ist der Mitarbeiter am letzten Tag vor Eintritt seiner Arbeitsunfähigkeit (unentder Arbeit unentschuldigt ferngeblieben, berechtigt Sie das nicht zur schuldigt) Verweigerung der Entgeltfortzahlung während der Arbeitsunfähigkeit (den unentschuldigten Tag brauchen Sie natürlich nicht zu bezahlen), wenn der Arbeitnehmer ansonsten immer nur einzelne Tage oder Bruchteile von Tagen unerlaubt gefehlt hat und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er für unbestimmte Zeit seiner Arbeit fernbleibt. Arbeitsrechtliche Schritte (z. B. eine Abmahnung) bleiben natürlich – davon unabhängig – möglich. Der Entgeltfortzahlungsanspruch setzt allerdings die grundsätzliche Arbeitswilligkeit des Arbeitnehmers voraus. Ist der Arbeitnehmer längere Zeit unentschuldigt der Arbeit ferngeblieben und im Anschluss daran arbeitsunfähig krank geworden, muss er (wenn Sie als Arbeitgeber entsprechende Zweifel darlegen) vortragen und erforderlichenfalls beweisen, dass er während der Zeit der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit arbeitswillig war. Kurzarbeit Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung entsteht, wenn bei Arbeitsfähigkeit gearbeitet worden wäre. Da der Entgeltanspruch eines arbeitsfähigen Arbeitnehmers entfällt, wenn er bei Kurzarbeit nicht arbeitet, erhält auch der erkrankte Arbeitnehmer für diese Zeit keine Entgeltfortzahlung. Es wird Kurzarbeitergeld weitergezahlt, wenn die Arbeitsunfähigkeit während des Kurzarbeitszeitraumes eingetreten ist. Lohnausgleich Gehört Ihr Unternehmen dem Bau- oder Dachdeckergewerbe an, wird im Bau- oder in der Regel zwischen Weihnachten und Neujahr ein Lohnausgleich Dachdeckergezahlt. Bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit besteht in dieser Zeit gewerbe kein Entgeltfortzahlungsanspruch. Mutterschutz Bei Beschäftigungsverboten nach dem Mutterschutzgesetz besteht für Ihre Arbeitnehmerinnen kein Entgeltfortzahlungsanspruch, wenn während dieser Zeit eine Krankheit eine Arbeitsverhinderung verursacht. Beschäftigungsverbote liegen in den gesetzlichen Schutzfristen sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Entbindung. Bei Mehrlingsoder Frühgeburten verlängert sich die Schutzfrist nach der Entbindung auf 12 Wochen. Auch während der Beschäftigungsverbote außerhalb der Schutzfristen hat Ihre Mitarbeiterin keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Stattdessen zahlen Sie Mutterschaftslohn nach dem Mutterschutzgesetz. Aktualisierungslieferung Nr. 3/2003 13 Sozialversicherungs-Berater Entgeltfortzahlung E52 14 Wann das Entgelt fortzuzahlen ist Praxisprobleme und Ausnahmen Abc besonderer EreignisseDauer und Höhe der Entgeltfortzahlung Schadensersatzansprüche Abc der Entgeltfortzahlung Streik Urlaub (bezahlter) Urlaub (unbezahlter) witterungsbedingter Arbeitsausfall (Schlechtwetterzeit) Tipp: Achten Sie unbedingt darauf, ob ein Beschäftigungsverbot vorliegt oder ob Ihre Mitarbeiterin arbeitsunfähig krank ist. Wenn Sie mit Ihrem Unternehmen an der Lohnfortzahlungsversicherung teilnehmen, erhalten Sie im Falle des Beschäftigungsverbots Ihre Aufwendungen zu 100 % von der Krankenkasse zurück. Das ist also für Ihren Betrieb günstiger! siehe Aussperrung Wird Ihr Mitarbeiter während des regulären Jahresurlaubs arbeitsunfähig krank, erhält er Entgeltfortzahlung aufgrund der Krankheit. Sie dürfen die Krankheitszeit nicht auf den Urlaub anrechnen. Der Urlaub kann später nachgeholt werden. Hierbei kommt es auf die Vereinbarung mit Ihrem Arbeitnehmer an. Sie können den Entgeltfortzahlungsanspruch im Krankheitsfall ausschließen. Nach Ablauf des unbezahlten Urlaubs müssen Sie bei weiterbestehender Krankheit für maximal sechs Wochen das Entgelt fortzahlen. Wichtig: Dient der unbezahlte Urlaub aber ausschließlich Erholungszwecken, müssen Sie das Arbeitsentgelt fortzahlen. Deshalb: Tipp: Treffen Sie bei unbezahltem Urlaub immer klare schriftliche Vereinbarungen. Legen Sie den Grund und die Dauer des unbezahlten Urlaubs und eventuelle beiderseitige Verpflichtungen fest. So gehen Sie in jedem Fall Rechtsstreiten aus dem Weg. siehe Kurzarbeit Sie dürfen die gesetzlichen Mindestansprüche nicht einschränken Zusatzleistungen erlaubt Die im Entgeltfortzahlungsgesetz festgelegten Ansprüche Ihrer Mitarbeiter sind Mindestansprüche. Weder durch eine Betriebsvereinbarung noch durch Einzelarbeitsverträge dürfen Sie diese Ansprüche einschränken. Durch Tarifvertrag, Arbeitsvertrag oder durch eine Betriebsvereinbarung können Sie jedoch die Regelungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes verbessern. Rücknahme möglich BAG 15. 11. 2000; Grundsätzlich ist es Ihnen aber auch gestattet, großzügige Regelungen wieder zurückzunehmen, solange da5 AZR 310/99 14 Aktualisierungslieferung Nr. 3/2003 Sozialversicherungs-Berater Entgeltfortzahlung E52 15 Wann das Entgelt fortzuzahlen ist Praxisprobleme und Ausnahmen Abc besonderer Ereignisse Dauer und Höhe der EntgeltfortzahlungSchadensersatzansprüche Abc der Entgeltfortzahlung durch das gesetzliche Mindestmaß Ihrer Leistungspflicht nicht unterschritten wird. So ermitteln Sie die Dauer des Entgeltfortzahlungsanspruchs Alle Arbeitnehmer haben im Krankheitsfall einen Ent- Grundsatz geltfortzahlungsanspruch für jede Arbeitsunfähigkeit, für sechs Wochen (42 Kalendertage) und innerhalb eines Jahres. Für die Berechnung der 42 Kalendertage ist es unerheb- Zeitpunkt lich, an wie vielen Tagen in der Woche gearbeitet wird. Wichtig ist nur der Zeitpunkt, an dem die Arbeitsunfähigkeit eintritt. Beginnt die Arbeitsunfähigkeit vor Beginn der Arbeitsschicht, wird der erste Krankheitstag bei der Berechnung des Entgeltfortzahlungszeitraumes mit berücksichtigt. Wird der Mitarbeiter hingegen im Lauf des Arbeitstages arbeitsunfähig krank, beginnt die Berechnung der 42 Kalendertage am nächsten Tag. An dieser Berechnungsweise ändert sich auch nichts, wenn der nächste Tag ein arbeitsfreier Tag ist. Beispiel: Frau Petermann meldet sich am Freitag, dem 13. 6. und teilt mit, dass sie die Arbeit wegen einer Arbeitsunfähigkeit nicht aufnehmen kann. Ihre Verpflichtung zur Entgeltfortzahlung endet am 24. 7. Zwei Stunden nach Arbeitsbeginn teilt Ihnen Frau Reinartz mit, dass sie krank ist und den Arzt aufsuchen muss. Sie erhalten auch von ihr eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ab 13. 6. Da Frau Reinartz die Arbeit aufgenommen hat, müssen Sie das Arbeitsentgelt zwar vollständig für den 13. 6. zahlen. Die Frist zur Entgeltfortzahlung beginnt jedoch erst am Samstag, dem 14. 6. und endet am 25. 7. Aktualisierungslieferung Nr. 3/2003 15 Sozialversicherungs-Berater Entgeltfortzahlung E52 16 Wann das Entgelt fortzuzahlen ist Praxisprobleme und Ausnahmen Abc besonderer Ereignisse Dauer und Höhe der EntgeltfortzahlungSchadensersatzansprüche Abc der Entgeltfortzahlung Das Ende der Sechs-Wochen-Frist verändert sich auch nicht, wenn in Ihrem Betrieb einzelne Arbeitstage wegen Kurzarbeit oder schlechten Wetters ausgefallen sind. Auch die Zeit, in der Lohnausgleich im Bau- oder Dachdeckergewerbe gezahlt wird, verlängert die Frist nicht. Frist Der Entgeltfortzahlungsanspruch besteht für jede Arbeitsunfähigkeit Verschiedene Krankheiten Wird Ihr Mitarbeiter im Laufe eines Jahres wegen verschiedener Krankheiten arbeitsunfähig, besteht für jede dieser Krankheiten der Sechs-Wochen-Anspruch. Die Anspruchsdauer verlängert sich aber nicht, wenn während der Arbeitsunfähigkeit eine neue Krankheit hinzutritt, die für sich allein ebenfalls Arbeitsunfähigkeit verursacht hätte. Von einem Hinzutritt einer Krankheit können Sie ausgehen, wenn beide Krankheiten an wenigstens einem Tag gleichzeitig bestanden haben. Beispiel: In Ihrem Unternehmen leidet Herr Meis an Gallensteinen. Seit dem 7. 7. ist er arbeitsunfähig krank. Am 19. 7. tritt zu dieser Krankheit eine Magenerkrankung hinzu, die für sich alleine betrachtet ebenfalls Arbeitsunfähigkeit verursachen würde. In diesem Fall ist die zweite Krankheit zu der ersten Krankheit hinzugetreten. Der Entgeltfortzahlungsanspruch verlängert sich nicht und endet nach insgesamt sechs Wochen am 17. 8. Die Krankheiten werden als einheitliche Arbeitsunfähigkeitszeit betrachtet. 7. 7. 22. 7. Gallensteine Magenerkrankung 19. 7. 17. 8. Entgeltfortzahlung 6 Wochen 16 Aktualisierungslieferung Nr. 3/2003 Sozialversicherungs-Berater Entgeltfortzahlung E52 17 Wann das Entgelt fortzuzahlen ist Praxisprobleme und Ausnahmen Abc besonderer Ereignisse Dauer und Höhe der EntgeltfortzahlungSchadensersatzansprüche Abc der Entgeltfortzahlung Die Ursache der Erkrankung können Sie als Arbeitgeber im Normalfall nicht beurteilen. Weder Ihr Mitarbeiter noch die Krankenkasse sind verpflichtet, Ihnen die Ursachen der Arbeitsunfähigkeit mitzuteilen. Dieses Problem können Sie nur selten mit Ihrem Mitarbeiter selbst regeln. Aufklären kann das nur der Arzt. Auskunft erhalten Sie als Arbeitgeber vom Arzt aber nur, wenn Ihr Mitarbeiter ihn von seiner Schweigepflicht entbunden hat. Ihnen wird dann zwar auch nicht die Ursache der Arbeitsunfähigkeit mitgeteilt. Allein die Mitteilung, ob die Krankheiten auf denselben Ursachen beruhen, hilft Ihnen bei der Berechnung der 42-Tage-Frist. Machen Sie Ihren Mitarbeiter darauf aufmerksam, dass er zur Mitwirkung verpflichtet ist. Sperrt sich der Arbeitnehmer, können Sie die Entgeltzahlung zunächst einstellen. Sobald aber die Einsicht kommt, müssen Sie auch für die zurückliegende Zeit Entgeltfortzahlung leisten. Einfacher erhalten Sie die Informationen aber durch Krankenkasse die Krankenkasse. Damit Sie Ihre Lohnabrechnung ter- befragen mingerecht erstellen können, sollten Sie sich mit der Krankenkasse von sich aus in Verbindung setzen. Erbitten Sie eine schriftliche Erklärung über die Anrechenbarkeit der Arbeitsunfähigkeitszeiten. Die Krankenkasse lässt bei Unklarheiten sofort die Ursache der Arbeitsunfähigkeit beim Arzt klären. Im Zweifelsfall können Sie mit der Krankenkasse vereinbaren, dass sie zunächst Krankengeld zahlt. Sobald die Ursache der Arbeitsunfähigkeit abschließend festgestellt ist, können Sie der Krankenkasse die Leistung erstatten. So ermitteln Sie die 42-Tage-Frist bei mehreren Arbeitsunfähigkeiten wegen derselben Krankheit Wenn es sich um eine zusammenhängende Arbeitsunfähigkeitszeit handelt, ist die Berechnung der Sechs-Wo- Aktualisierungslieferung Nr. 3/2003 17 Sozialversicherungs-Berater Entgeltfortzahlung E52 18 Wann das Entgelt fortzuzahlen ist Praxisprobleme und Ausnahmen Abc besonderer Ereignisse Dauer und Höhe der EntgeltfortzahlungSchadensersatzansprüche Abc der Entgeltfortzahlung chen-Frist recht einfach. Etwas schwieriger wird die Berechnung der Frist, wenn sich die Zeiten der Arbeitsunfähigkeit auf mehrere kurze Zeiträume verteilen. Grundsätzlich gilt: 1. Liegen zwischen zwei Arbeitsunfähigkeiten wegen derselben Krankheit mindestens sechs Monate, beginnt ein neuer 42-Tage-Anspruch. 2. Liegen zwischen zwei Arbeitsunfähigkeiten wegen derselben Krankheit weniger als sechs Monate, besteht innerhalb von 12 Monaten ein 42-Tage-Anspruch. Beispiel 1: Ihre Mitarbeiterin Carola Hammelbeck hat ein Magenleiden, das von Zeit zu Zeit Arbeitsunfähigkeit verursacht. Frau Hammelbeck meldet sich am 14. 7. arbeitunfähig krank. Zuletzt bestand wegen derselben Krankheit bereits eine Arbeitsunfähigkeit vom 10. 3. bis 14. 3. 10. 3. 14. 3. 14. 7. 5 Tage Entgeltfortzahlung 19. 8. 37 Tage keine 6 Monate Entgeltfortzahlung Zwischen den Arbeitsunfähigkeitszeiten liegen keine sechs Monate. Damit ist die erste Zeit der Entgeltfortzahlung auf Ihre Leistungspflicht anzurechnen. Für fünf Kalendertage haben Sie bereits Entgeltfortzahlung geleistet. Aufgrund der neuen Arbeitsunfähigkeit brauchen Sie damit für maximal 37 Kalendertage das Arbeitsentgelt weiterzuzahlen. Ab 20. 8. zahlt dann die Krankenkasse Krankengeld an Ihre Mitarbeiterin. Beispiel 2: Peter Voss ist auch wiederholt wegen derselben Erkrankung arbeitsunfähig krank. Er war in der letzten Zeit wie folgt arbeitsunfähig: 18 Aktualisierungslieferung Nr. 3/2003 Sozialversicherungs-Berater Entgeltfortzahlung E52 19 Wann das Entgelt fortzuzahlen ist Praxisprobleme und Ausnahmen Abc besonderer Ereignisse Dauer und Höhe der EntgeltfortzahlungSchadensersatzansprüche Abc der Entgeltfortzahlung 7. 4. bis 28. 4. 22 Tage 3. 11. bis 20. 12. 48 Tage 7. 4. 3. 11. 28. 4. 20. 12. 48 Tage Entgeltfortzahlung 22 Tage mehr als 6 Monate Entgeltfortzahlung 42 Tage 14. 12. Zwischen den Arbeitsunfähigkeitszeiten liegen mehr als sechs Monate. Deshalb besteht ab 3. 11. wieder ein Entgeltfortzahlungsanspruch für 42 Kalendertage bis zum 14. 12. Beispiel 3: Für Daniel Freitag liegen auch wiederholt Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen derselben Erkrankung vor. Er war wie folgt arbeitsunfähig: 1. 2. bis 25. 2. 25 Tage 5. 5. bis 28. 5. 24 Tage 3. 12. bis 20. 1. 49 Tage 1. 2. 25. 2. 5. 5. 28. 5. 3. 12. 24 Tage 20. 1. 49 Tage Entgeltfortzahlung keine Entgeltfortzahlung mehr als 25 Tage 6 Monate Rest 17 Tage 6 Monate 22. 5. Entgeltfortzahlung 42 Tage 13. 1. Zwischen den ersten Arbeitsunfähigkeitszeiten liegen keine sechs Monate. Damit ist die erste Zeit der Entgeltfortzahlung auf Ihre Leistungspflicht anzurechnen. 25 Kalendertage haben Sie bereits Entgeltfortzahlung geleistet. Aufgrund der zweiten Arbeitsunfähigkeit brauchen Sie damit nur noch für 17 Kalendertage das Entgelt fortzahlen. Herr Feitag bekommt von Ihnen nur noch bis zum 22. 5. Arbeitsentgelt. Vom 23. 5. bis Aktualisierungslieferung Nr. 3/2003 19 Sozialversicherungs-Berater Entgeltfortzahlung E52 20 Wann das Entgelt fortzuzahlen ist Praxisprobleme und Ausnahmen Abc besonderer Ereignisse Dauer und Höhe der EntgeltfortzahlungSchadensersatzansprüche Abc der Entgeltfortzahlung 28. 5. zahlt dann die Krankenkasse Krankengeld an Ihren Mitarbeiter. Zwischen der zweiten und der dritten Arbeitsunfähigkeit liegen mehr als sechs Monate. Deshalb besteht wieder ein Entgeltfortzahlungsanspruch für 42 Kalendertage bis zum 13. 1. Das folgende Beispiel soll deutlich machen, dass innerhalb eines Jahres ein Anspruch für 42 Kalendertage besteht. Nach Ablauf des Jahreszeitraumes beginnt eine neue 12-Monats-Frist, in der wiederum ein Entgeltfortzahlungsanspruch für 42 Kalendertage besteht. Beispiel 4: Für Herrn Deuster liegen folgende Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen derselben Erkrankung vor: 13. 8. bis 27. 8. 2003 15 Tage 10. 12. bis 24. 12. 2003 15 Tage 5. 5. bis 15. 5. 2004 11 Tage 2. 9. bis 12. 11. 2004 72 Tage 13. 8. 27. 8. Entgeltfortzahlung 15 Tage 10. 12. keine 6 Monate 24. 12. Entgeltfortzahlung 15 Tage 5. 5. keine 6 Monate 15. 5. Entgeltfortzahlung 11 Tage 2. 9. keine 6 Monate 13. 10. 12. 11. Entgeltfortzahlung 42 Tage 12. 11. 13. 8. 2003 Jahreszeitraum 12. 8. 2003 2. 9. 2003 Zwischen den ersten Arbeitsunfähigkeitszeiten liegen jeweils keine sechs Monate. Damit sind die ersten Zeiten der Entgeltfortzahlung auf Ihre Leistungspflicht anzurechnen. Insgesamt wurde für die ersten drei Arbeitsunfähigkeitszeiten für (15 + 15 + 11 =) 41 Kalendertage Entgeltfortzahlung geleistet. 20 Aktualisierungslieferung Nr. 3/2003 Sozialversicherungs-Berater Entgeltfortzahlung E52 21 Wann das Entgelt fortzuzahlen ist Praxisprobleme und Ausnahmen Abc besonderer Ereignisse Dauer und Höhe der EntgeltfortzahlungSchadensersatzansprüche Abc der Entgeltfortzahlung Der Jahreszeitraum beginnt am 13. 8. 2003 und endet am 12. 8. 2004. Mit der Arbeitsunfähigkeit ab 2. 9. 2004 beginnt ein neuer Jahreszeitraum. Dann besteht wieder ein Entgeltfortzahlungsanspruch für 42 Tage. Vorerkrankungszeiten dürfen Sie aber nur anrechnen, Gleicher wenn der Arbeitnehmer schon bei Ihnen beschäftigt war Betrieb oder Sie den Betrieb übernommen haben. Bei einem neuen Mitarbeiter ist eine Anrechnung früherer Krankheitszeiten bei einem anderen Arbeitgeber ausgeschlossen. Beispiel 5: Ihre Mitarbeiterin Frieda Klein ist seit dem 1. 8. bei Ihnen beschäftigt. Seit dem 15. 10. besteht eine Arbeitsunfähigkeit wegen eines Rheumaleidens. Wegen dieser Erkrankung war Frau Klein bereits vom 15. 6. bis 30. 6. arbeitsunfähig krank. In dieser Zeit war sie aber noch bei einem anderen Arbeitgeber beschäftigt. Die Arbeitsunfähigkeit im Monat Juni können Sie nicht als Vorerkrankung anrechnen, da die Beschäftigung zu diesem Zeitpunkt bei Ihnen noch nicht bestand. Ab 15. 10. müssen Sie für längstens 42 Kalendertage Entgeltfortzahlung leisten. Der Nachweis der Arbeitsunfähigkeiten ist, wie oben be- Erste Arbeitsunschrieben, in der Regel erst nach drei Arbeitsunfähig- fähigkeitstage/ keitstagen nötig. Diese Tage können Sie auch auf die Nachweis Höchstanspruchsdauer anrechnen. Schwer wird für Sie allerdings der Nachweis gegenüber der Krankenkasse sein, dass eine Arbeitsunfähigkeit bestand. Ohne einen ärztlichen Nachweis wird die Krankenkasse nicht früher mit der Krankengeldzahlung an den Arbeitnehmer beginnen. Diese Regelungen bestehen zum Ende der Beschäftigung Anspruchsdauer BAG vom Endet die Beschäftigung während der Krankheit, müs- 17. 4. 2002; sen Sie das auch bei der Dauer des Entgeltfortzahlungs- 5 AZR 2/01 Aktualisierungslieferung Nr. 3/2003 21 Sozialversicherungs-Berater Entgeltfortzahlung E52 22 Wann das Entgelt fortzuzahlen ist Praxisprobleme und Ausnahmen Abc besonderer Ereignisse Dauer und Höhe der EntgeltfortzahlungSchadensersatzansprüche Abc der Entgeltfortzahlung Anspruchsende Ausgleichsquittung anspruchs berücksichtigen. Entweder endet die Beschäftigung durch Zeitablauf eines entsprechenden Vertrages oder durch Kündigung. Durch eine Kündigung kann der Entgeltfortzahlungsanspruch nicht ausgeschlossen werden. Ist also die Arbeitsunfähigkeit der Kündigungsgrund oder kündigt Ihr Mitarbeiter aus Gründen, die bei Ihnen als Arbeitgeber zu suchen sind, besteht in jedem Fall der Entgeltfortzahlungsanspruch für sechs Wochen. Die neueste Rechtsprechung geht sogar davon aus, dass eine Kündigung aus Anlass einer zu erwartenden Arbeitsunfähigkeit schon einer Kündigung wegen Krankheit gleichgesetzt wird. Die Darlegungs- und Beweislast, ob die Kündigung aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit erfolgt, liegt aber immer beim Arbeitnehmer. Bei bestehender Arbeitsunfähigkeit endet die Verpflichtung zur Entgeltfortzahlung am letzten Tag des Beschäftigungsverhältnisses, wenn das Ende durch Zeitablauf oder aufgrund einer im Vorfeld ausgesprochenen Kündigung bereits bestimmt ist. Viele Arbeitgeber lassen sich mit der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses eine Ausgleichsquittung unterschreiben. Dabei handelt es sich um die Erklärung des Arbeitnehmers, dass er im Zusammenhang mit der Beendigung der Beschäftigung keine Ansprüche mehr gegen den Arbeitgeber hat. Eine unterschriebene Ausgleichsquittung führt aber nicht zum Ausschluss eines bestehenden Entgeltfortzahlungsanspruchs. Die Höhe der Entgeltfortzahlung richtet sich nach dem aktuellen Arbeitsentgelt Entgeltersatz Urteil vom 21. 11. 2001; 5 AZR 457/00 Ihr Arbeitnehmer soll während der Arbeitsunfähigkeit das Entgelt erhalten, das er ohne Arbeitsunfähigkeit erzielt hätte. Die Entgeltfortzahlung wird also gegenwartsbezogen ausgezahlt. Das Arbeitsentgelt, das Ihrem Mitar- 22 Aktualisierungslieferung Nr. 3/2003 Sozialversicherungs-Berater Entgeltfortzahlung E52 23 Wann das Entgelt fortzuzahlen ist Praxisprobleme und Ausnahmen Abc besonderer Ereignisse Dauer und Höhe der EntgeltfortzahlungSchadensersatzansprüche Abc der Entgeltfortzahlung beiter derzeit für die regelmäßige Arbeitszeit zusteht, müssen Sie auszahlen. Das Bundesarbeitsgericht stellte fest, dass die individuelle regelmäßige Arbeitszeit des arbeitsunfähigen Arbeitnehmers und nicht die betriebsübliche oder tarifliche Arbeitszeit maßgeblich ist. Ob eine von der vertraglich vereinbarten oder tarifvertraglich geltenden Arbeitszeit abweichende längere Arbeitszeit regelmäßig geleistet wird, ist in der Regel über einen Vergleichszeitraum von zwölf Monaten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit festzustellen. Entscheidend ist, ob der Arbeitnehmer in diesem Zeitraum mit einer gewissen Stetigkeit und Dauer mehr als die ausdrücklich vereinbarte oder tarifvertraglich geltende Arbeitszeit gearbeitet hat. Ähnlich sieht es aus, wenn aufgrund vertraglicher Bin- BAG vom dungen regelmäßig zusätzliche Arbeitsleistungen vergü- 16. 1. 2002; tet werden. Ein Ausschluss dieser zusätzlichen Vergütung 5 AZR 303/00 ist für Feiertage oder bei einer Arbeitsunfähigkeit unzulässig. Kürzungen des regelmäßigen Arbeitsentgelts dürfen Sie Keine nicht vornehmen. Deshalb wirken sich alle Veränderun- Kürzungen gen im Arbeitsverhältnis auf die Höhe des weiterzuzahlenden Arbeitsentgelts auch dann aus, wenn sie erst während der Arbeitsunfähigkeit eintreten. Denkbar sind beispielsweise Änderungen der Arbeitszeit, Entgelterhöhung durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung oder Arbeitszeitverlagerungen. Auch wenn ein Arbeitnehmer während der Arbeitsunfähigkeit aus einem Ausbildungsin ein Arbeitsverhältnis wechselt, ist vom Beginn des Arbeitsverhältnisses an das neue Arbeitsentgelt zu zahlen. Nachstehend sehen Sie Berechnungsbeispiele, wie Sie Berechnungsdie Entgeltfortzahlung bei beispiele – Stundenlohn, – Monatsentgelt, Aktualisierungslieferung Nr. 3/2003 23 Sozialversicherungs-Berater Entgeltfortzahlung E52 24 Wann das Entgelt fortzuzahlen ist Praxisprobleme und Ausnahmen Abc besonderer Ereignisse Dauer und Höhe der EntgeltfortzahlungSchadensersatzansprüche Abc der Entgeltfortzahlung – Mehrarbeit, – während der Zeit der Kurzarbeit oder bei witterungsbedingtem Arbeitsausfall, – Leistungsentgelten berechnen. Stundenlohnvereinbarung ● Berechnung bei Stundenlohnvereinbarung Bei der Berechnung der Entgeltfortzahlung wird die regelmäßige Arbeitszeit berücksichtigt. Beispiel: Ihr Mitarbeiter Helmut Klein arbeitet an 38 Stunden in der Woche. Bei einer Fünf-Tage-Woche sind das täglich 7,6 Stunden. Der Stundenlohn beträgt 15 s. Eine Arbeitsunfähigkeit besteht vom 6. 10. bis 21. 11. (35 Arbeitstage). Ihre Entgeltfortzahlungspflicht endet nach 42 Kalendertagen am 16. 11. Die Berechnung der Entgeltfortzahlung erfolgt nach Arbeitstagen. Es sind im Entgeltfortzahlungszeitraum 27 Arbeitstage zu berücksichtigen. Berechnung der Entgeltfortzahlung: 27 Arbeitstage x 7,6 Stunden x 15 s = 3.078 s Es wird also die ausgefallene Arbeitszeit mit dem Stundenlohn vervielfacht. Mehrarbeit ● Berechnung bei Monatsentgelt mit Mehrarbeit Durch den gesetzlich vorgeschriebenen Bezug zur regelmäßigen Arbeitszeit wird deutlich, dass Überstundenvergütungen weder nach einem Durchschnitt der letzten Monate berücksichtigt werden noch vergütet werden müssen, wenn Ihr Mitarbeiter aktuell an einer Mehrarbeit beteiligt würde. Zahlen Sie ein Monatsgehalt, müssen Sie das auf die Krankheitstage umrechnen. Die zu- 24 Aktualisierungslieferung Nr. 3/2003 Sozialversicherungs-Berater Entgeltfortzahlung E52 25 Wann das Entgelt fortzuzahlen ist Praxisprobleme und Ausnahmen Abc besonderer Ereignisse Dauer und Höhe der EntgeltfortzahlungSchadensersatzansprüche Abc der Entgeltfortzahlung sätzliche Überstundenvergütung brauchen Sie nicht zu berücksichtigen. Beispiel: Mit Herrn Lars Brenner haben Sie ein Monatsgehalt von 4.000 s vereinbart. Wegen der anfallenden Mehrarbeit zahlen Sie seit zwei Monaten eine zusätzliche Vergütung von 300 s im Monat. Eine Arbeitsunfähigkeit tritt vom 11. 8. bis 15. 8. (5 Kalendertage) ein. Berechnung der Entgeltfortzahlung: 4.000 s x 5 = 666,67 s 30 ● Berechnung bei Kurzarbeit oder bei witterungs- Kurzarbeit/ witterungsbedingtem Arbeitsausfall Fällt die Arbeit in Ihrem Unternehmen wegen Kurzar- bedingter beit oder schlechten Wetters aus, wirkt sich das ent- Arbeitsausfall sprechend der gegenwartsbezogenen Zahlung auch auf die Entgeltfortzahlung aus. Beispiel: Thorsten Brand erhält einen Stundenlohn von 16 s. Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 38 Stunden bei 7,6 Stunden täglich. Wegen der schlechten Auftragslage wird in der Zeit vom 8. 9. bis 12. 9. jeweils zwei Stunden am Tag weniger gearbeitet. Herr Brand ist vom 10. 9. bis 17. 9. (6 Arbeitstage) arbeitsunfähig. Berechnung der Entgeltfortzahlung: 268,80 s 10. 9. bis 12. 9. – 3 Arbeitstage x 5,6 Stunden x 16 s = 13. 9. bis 17. 9. – 3 Arbeitstage x 7,6 Stunden x 16 s = 364,80 s 633,60 s Die Kurzarbeit wirkt sich auf die Höhe der Entgeltfortzahlung aus. Sie zahlen 633,60 s. Darüber hinaus hat der Arbeitnehmer auch während der Arbeitsunfähigkeit einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld wie alle anderen Mitarbeiter. Aktualisierungslieferung Nr. 3/2003 25 Sozialversicherungs-Berater Entgeltfortzahlung E52 26 Wann das Entgelt fortzuzahlen ist Praxisprobleme und Ausnahmen Abc besonderer Ereignisse Dauer und Höhe der EntgeltfortzahlungSchadensersatzansprüche Abc der Entgeltfortzahlung Leistungsentgelte ● Berechnung bei Leistungsentgelten Zahlen Sie Leistungsentgelte (Akkord-, Stücklohn usw.), müssen Sie auch das Arbeitsentgelt fortzahlen, das infolge der Arbeitsunfähigkeit entfällt. In der Praxis ist es meistens nicht einfach, das entfallende Arbeitsentgelt exakt zu ermitteln. Sie können sich hierbei nach dem Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer richten. Da das Arbeitsentgelt jedoch individuell unterschiedlich erzielt wird, empfiehlt sich auch hierbei eine vergangenheitsbezogene Berechnung. Als Ausgangszeitraum sollten im Allgemeinen der letzte abgerechnete Monat oder die letzten abgerechneten vier bzw. fünf Wochen zugrunde gelegt werden. Denkbar ist auch ein Durchschnittswert, der aus den Arbeitsentgelten der letzten drei abgerechneten Monate oder den letzten abgerechneten 13 Wochen ermittelt wird. Eine einfache Methode ist in diesem Zusammenhang die durchschnittliche Ermittlung der Leistungsentgelte pro Arbeitstag der letzten drei Lohnabrechnungszeiträume. Das Ergebnis können Sie mit den wegen Krankheit ausgefallenen Arbeitstagen multiplizieren. TIPP ● Legen Sie in einer Betriebsvereinbarung die Berechnungsweise der Entgeltfortzahlung bei Arbeitnehmern mit Leistungsentgelten fest. So kommt es nicht zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Ihnen und Ihren Mitarbeitern. ● Welche Bezüge Sie bei der Entgeltfortzahlung berücksichtigen müssen Regelmäßiges Entgelt Da die Regelungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes lediglich das regelmäßige Arbeitsentgelt als Entgeltfortzah- 26 Aktualisierungslieferung Nr. 3/2003 Sozialversicherungs-Berater Entgeltfortzahlung E52 27 Wann das Entgelt fortzuzahlen ist Praxisprobleme und Ausnahmen Abc besonderer Ereignisse Dauer und Höhe der EntgeltfortzahlungSchadensersatzansprüche Abc der Entgeltfortzahlung lung vorsehen, kommt es hin und wieder bei einigen Entgeltarten zu Auslegungsproblemen. Der nachstehenden Aufstellung können Sie entnehmen, welche Entgeltbestandteile Sie bei Arbeitsunfähigkeit weiterzahlen müssen: Entgeltbestandteil Entgeltfortzahlung ja nein Anwesenheitsprämien **) x Auslösungen **) x Erschwernis- und Gefahrenzuschläge x Fahrtkostenerstattungen **) x Familien- und Kinderzuschläge, Wohnungsgeld und Ortszulagen (soziale Zulagen) x Inkassoprämien x Maigeld ***) Sachbezüge *) x x Schmutzzulagen **) x Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeitszuschläge x Trinkgelder, soweit sie dem Arbeitnehmer aufgrund rechtlicher Verpflichtungen zustehen (z. B. Bedienungsgelder im Hotel- und Gaststättengewerbe) x Urlaubsgeld ***) Vermögenswirksame Leistungen, laufende Weihnachtsgeld ***) x x x *) bis ***) – Anmerkungen siehe Folgeseite Aktualisierungslieferung Nr. 3/2003 27 Sozialversicherungs-Berater Entgeltfortzahlung E52 28 Wann das Entgelt fortzuzahlen ist Praxisprobleme und Ausnahmen Abc besonderer Ereignisse Dauer und Höhe der EntgeltfortzahlungSchadensersatzansprüche Abc der Entgeltfortzahlung *) Auch für Sachbezüge, die während der Arbeitsunfähigkeit nicht vom Mitarbeiter in Anspruch genommen werden können. Hierfür hat der Arbeitnehmer das Recht auf eine Barabgeltung. Allerdings besteht kein Anspruch auf Barabgeltung der Sachbezüge, wenn die Krankenkasse oder ein anderer Sozialleistungsträger stationäre Krankenhausbehandlung gewährt. **) Es handelt sich um einen Ersatz für Aufwendungen, die Ihrem Mitarbeiter zwar während der Arbeit entstehen, bei einer Arbeitsunfähigkeit aber nicht anfallen. Auch wenn die Zahlung nur einmal jährlich erfolgt, zählt sie nicht zur Entgeltfortzahlung, sondern kann gegebenenfalls nach anderen Vereinbarungen vom Arbeitnehmer beansprucht werden. ***) Einmalige Zuwendungen haben mit der Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit nichts zu tun. Diese Ansprüche richten sich ganz allein nach den gültigen Tarif- oder Arbeitsverträgen. Darüber hinaus kann vertraglich jede zusätzliche Leistung in die Verpflichtung zur Entgeltfortzahlung übernommen werden. Sonderzuwendungen können Sie kürzen Zulässige Änderungen Die Kürzung der gesetzlich verankerten Entgeltfortzahlungsansprüche ist generell nicht möglich. Sonderzahlungen gehören nicht zur Entgeltfortzahlung und werden aufgrund anderer rechtlicher Grundlagen gezahlt. Hierfür hat der Gesetzgeber eine Kürzung wegen krankheitsbedingter Fehlzeiten zugelassen. Aufgrund dieser Regelung sind Bestimmungen in Tarifverträgen oder betriebs- und einzelvertraglichen Vereinbarungen zulässig, die eine Kürzung von Sonderzahlungen wegen krankheitsbedingter Fehlzeiten vorsehen. Voraussetzung ist, dass die Sonderzahlung zusätzlich zum laufenden Entgelt gezahlt wird. Begrenzung der Kürzung Sie dürfen die Sonderzahlung aber nicht uneingeschränkt kürzen. Die Kürzung darf für jeden Tag der Arbeitsunfähigkeit höchstens ein Viertel des Arbeitsentgelts ausmachen, das im Jahresdurchschnitt auf einen Arbeitstag entfällt. Berücksichtigen können Sie dabei krankheitsbedingte Fehlzeiten oder Zeiten wegen einer medizinischen Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme. 28 Aktualisierungslieferung Nr. 3/2003 Sozialversicherungs-Berater Entgeltfortzahlung E52 29 Wann das Entgelt fortzuzahlen ist Praxisprobleme und Ausnahmen Abc besonderer Ereignisse Dauer und Höhe der Entgeltfortzahlung SchadensersatzansprücheAbc der Entgeltfortzahlung Beispiel: Anton Schwarz bezieht ein gleich bleibendes Monatsgehalt von 3.400 s (jährlich 40.800 s). Bei angenommenen 250 Arbeitstagen pro Jahr beträgt das durchschnittliche arbeitstägliche Entgelt somit (40.800 s / 250 =) 163,20 s. Ein Viertel dieses Betrags sind 40,80 s. Im Dezember kann Herr Schwarz grundsätzlich ein Weihnachtsgeld von 2.000 s beanspruchen. Eine Betriebsvereinbarung sieht vor, dass Sie die einmal jährlich zu gewährenden Sonderzahlungen um den gesetzlich maximal zulässigen Betrag kürzen dürfen. Herr Schwarz war an zehn Tagen arbeitsunfähig krank. Sie dürfen das Weihnachtsgeld um (40,80 s x 10 Tage =) 408 s kürzen. Sie können Schadenersatzansprüche geltend machen Ist die Arbeitsunfähigkeit Ihres Mitarbeiters z. B. auf einen Verkehrsunfall zurückzuführen, den ein Dritter verursacht hat, können Sie einen Schadensersatzanspruch wegen Verdienstausfalls gegen den Schädiger geltend machen. Automatischer Anspruchsübergang § 6 EFZG Die Ansprüche Ihres Arbeitnehmers gehen dann automatisch auf Sie als Arbeitgeber über. Diese Rechtsfolge ist gesetzlich geregelt. Es bedarf damit keiner besonderen Abtretung durch Ihren Arbeitnehmer. Der Schadenersatzanspruch bezieht sich auf die von Ihnen geleistete Entgeltfortzahlung und die darauf entfallenden Arbeitgeberanteile der Sozialversicherungsbeiträge. Beispiel: Ihre Mitarbeiterin Petra Klein erlitt am Abend des 20. 9. einen Verkehrsunfall. Ohne ihr eigenes Verschulden wurde sie beim Überqueren der Straße angefahren. Aufgrund der erlittenen Verletzungen besteht Arbeits- Aktualisierungslieferung Nr. 3/2003 29 Sozialversicherungs-Berater Entgeltfortzahlung E52 30 Wann das Entgelt fortzuzahlen ist Praxisprobleme und Ausnahmen Abc besonderer Ereignisse Dauer und Höhe der Entgeltfortzahlung SchadensersatzansprücheAbc der Entgeltfortzahlung unfähigkeit. Ihre Entgeltfortzahlungspflicht beginnt am 21. 9. und endet am 1. 11. Mit jedem Tag der Entgeltfortzahlung geht automatisch die Schadenersatzforderung wegen des Verdienstausfalles auf Sie über. Für die gesamte Zeit der Arbeitsunfähigkeit leisten Sie: Entgeltfortzahlung in Höhe von Arbeitgeberbeitragsanteile Krankenversicherung*) Pflegeversicherung Rentenversicherung Arbeitslosenversicherung Summe 3.100,00 s 215,45 s 26,35s 302,25 s 100,75 s 3.744,80 s *) je nach Krankenkasse unterschiedlich Informationspflicht des Arbeitnehmers Es kommt nicht darauf an, wann das schädigende Ereignis eingetreten ist. Für Ihren Schadenersatzanspruch ist ausschlaggebend, dass Sie die Entgeltfortzahlung wegen der entstandenen Arbeitsunfähigkeit geleistet haben. Ihr Arbeitnehmer darf die Geltendmachung Ihres Schadenersatzanspruchs nicht verhindern. Sie sollten ihn um Auskunft zum Unfallhergang sowie um Bekanntgabe der Unfallgegner bitten. Er ist verpflichtet, Ihnen entsprechende Mitteilungen zu machen. Ohne Mitwirkung Ihres Mitarbeiters haben Sie das Recht, die Entgeltfortzahlung zu verweigern. Vergleich/ Mitverschulden Auch ein Vergleich Ihres Mitarbeiters mit seinem Schädiger kann den Forderungsübergang nicht verhindern. Muss sich Ihr Mitarbeiter ein Mitverschulden am Unfall anrechnen lassen, mindert das Ihren Schadenersatzanspruch entsprechend. 30 Aktualisierungslieferung Nr. 3/2003 Sozialversicherungs-Berater Entgeltfortzahlung E52 31 Wann das Entgelt fortzuzahlen ist Praxisprobleme und Ausnahmen Abc besonderer Ereignisse Dauer und Höhe der Entgeltfortzahlung SchadensersatzansprücheAbc der Entgeltfortzahlung Entgeltfortzahlung bei der Erkrankung eines Kindes Diese Verpflichtung zur Entgeltfortzahlung ist nicht im Wer muss Entgeltfortzahlungsgesetz, sondern im Bürgerlichen Ge- zahlen? setzbuch geregelt. Als Grundsatz ist geregelt, dass Sie bei unverschuldeter Arbeitsverhinderung Ihres Mitarbeiters das Arbeitsentgelt weiterzahlen müssen. Hierzu zählt auch eine Arbeitsverhinderung, die durch die Pflege eines erkrankten Kindes begründet ist. Bevor die Krankenkasse Kinderpflegekrankengeld an Ihren Mitarbeiter auszahlt, muss sie prüfen, ob nicht Sie als Arbeitgeber vorrangig zur Zahlung verpflichtet sind. Das ist immer der Fall, wenn Sie 1. durch Tarif-, Einzelarbeitsvertrag oder Betriebsvereinbarung bei der Erkrankung eines Kindes für eine festgelegte Anzahl von Tagen zur Entgeltfortzahlung verpflichtet sind oder 2. der Entgeltfortzahlungsanspruch nicht ausdrücklich vertraglich ausgeschlossen ist. ● Wollen Sie in der beschriebenen Situation keine Entgeltfortzahlung leisten, sollten Sie in einer Betriebsvereinbarung den Anspruch Ihrer Arbeitnehmer ausschließen. Gewähren Sie Ihrem Mitarbeiter in einem solchen Fall gegebenenfalls unbezahlten Urlaub. Sind Ihre Mitarbeiter mit Anspruch auf Krankengeld in einer gesetzlichen Krankenkasse versichert, wird in den meisten Fällen Krankengeld bei Erkrankung eines Kindes gezahlt. ● TIPP Viele Unternehmen sehen für den Fall der Arbeitsverhin- Kinderpflegederung wegen eines erkrankten Kindes eine Entgeltfort- Krankengeld zahlungspflicht zwischen fünf und 20 Arbeitstagen vor. Aktualisierungslieferung Nr. 3/2003 31 Sozialversicherungs-Berater Entgeltfortzahlung E52 32 Wann das Entgelt fortzuzahlen ist Praxisprobleme und Ausnahmen Abc besonderer Ereignisse Dauer und Höhe der Entgeltfortzahlung Schadensersatzansprüche Abc der Entgeltfortzahlung- Schließen Sie den Anspruch aber aus, erhalten Ihre Mitarbeiter als finanzielle Unterstützung Krankengeld von ihren Krankenkassen, wenn im Haushalt keine andere zur Pflege geeignete Person lebt und das Kind das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Der Anspruch auf Kinderpflege-Krankengeld besteht je Kind für längstens 10 Arbeitstage, bei allein erziehenden Arbeitnehmern für längstens 20 Arbeitstage pro Kind. Insgesamt sind die Ansprüche auf 25 bzw. 50 Arbeitstage innerhalb eines Kalenderjahres beschränkt. Achtung: Wird ein Kind betreut, das nur noch eine Lebenserwartung von wenigen Wochen hat, ist der Anspruch unbefristet! Abc zur schnellen Klärung Ihrer Fortzahlungspflicht: – Besteht der Anspruch auf Entgeltfortzahlung? Beispiele aus der Praxis, die gerichtlich entschieden sind: Sachverhalt Rechtliche Würdigung Alkoholabhängigkeit Nach der geltenden Rechtsprechung ist eine Alkoholabhängigkeit als Erkrankung anzusehen und führt deshalb zum Entgeltfortzahlungsanspruch. Ein Selbstverschulden des Arbeitnehmers muss von Ihnen bewiesen werden. Diese Beweislast kehrt sich lediglich zulasten Ihres Mitarbeiters um, wenn nach absolvierter Entziehungskur erneut Alkoholabhängigkeit eintritt. Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht, wenn eine bestehende Krankheit zur Arbeitsunfähigkeit führt. Sie sollten Ihre Mitarbeiter anhalten, Arztbesuche außerhalb der Arbeitszeit vorzunehmen. Ist der Arztbesuch aus Termingründen des Arztes nur während der Arbeitszeit möglich, müssen Sie auch zahlen. Sie sollten sich in diesem Fall eine Bescheinigung des Arztes vorlegen lassen. Tipp: Treffen Sie mit Ihrem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung zur Freistellung von der Arbeit und nehmen Sie auch Regelungen zu Arztbesuchen darin auf. Grundsätzlich sind Sie zahlungspflichtig. Nur bei Verschulden des Mitarbeiters besteht keine Zahlungsverpflichtung. Ein Verschulden liegt vor, wenn er aufgrund eines groben oder unverantwortlich leichtfertigen Handelns gegen die Unfallverhütungs- oder Schutzvorschriften oder auf ihrer Grundlage getroffene Maßnahmen verstößt. Arztbesuch Arbeitsunfall 32 Aktualisierungslieferung Nr. 3/2003 Sozialversicherungs-Berater Entgeltfortzahlung ja ja ja Entgeltfortzahlung E52 33 Wann das Entgelt fortzuzahlen ist Praxisprobleme und Ausnahmen Abc besonderer Ereignisse Dauer und Höhe der Entgeltfortzahlung Schadensersatzansprüche Abc der Entgeltfortzahlung- Sachverhalt Rechtliche Würdigung Entgeltfortzahlung Ärztliche Anordnungen, Verstoß dagegen Das Nichtbefolgen ärztlicher Verhaltensregeln kann zum Ausschluss des Anspruchs führen, wenn dadurch die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit verzögert bzw. eine erneute Arbeitsunfähigkeit herbeigeführt wird. nein Ausland Erkrankt ein Arbeitnehmer während eines Auslandsaufenthalts, muss er zum Beweis seiner Arbeitsunfähigkeit eine ärztliche Bescheinigung vorlegen, die erkennen lässt, dass der Arzt zwischen Erkrankung und auf ihr beruhender Arbeitsunfähigkeit unterschieden hat. (BAG 1. 10. 1997; 5 AZR 499/96) ja Kur (stationär) Arbeitnehmer haben während einer stationären Rehabilitationsmaßnahme dann einen Anspruch auf Fortzahlung ihres Arbeitsentgelts, wenn die Rehabilitationsmaßnahme von einem sozialen Leistungsträger bewilligt worden ist und der Kranke in einer entsprechenden Einrichtung behandelt wird. Voraussetzung ist weiter, dass der Arbeitnehmer in der Einrichtung der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation untergebracht, verpflegt und medizinisch versorgt wird. (BAG 19. 1. 2000; 5 AZR 685/98) ja Kur (ambulant) Die Entgeltfortzahlungspflicht ist nicht im Entgeltfortzahlungsgesetz geregelt. Lediglich bei einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit müssen Sie Entgeltfortzahlung leisten. nein Nachbarschaftshilfe Ein Entgeltfortzahlungsanspruch besteht, wenn der Arbeitnehmer bei einer nachbarschaftlichen Hilfeleistung einen Unfall erleidet. ja Nebenbeschäftigung (genehmigte) Erkrankt ein Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Ausübung einer Nebenbeschäftigung, ist sein Anspruch auf Entgeltfortzahlung in der bei Ihnen ausgeübten Hauptbeschäftigung grundsätzlich nicht ausgeschlossen. Anders kann jedoch der Fall beurteilt werden, wenn sich der Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeit bei Ausübung einer besonders gefährlichen oder seine Kräfte übersteigenden Nebentätigkeit zugezogen hat. ja Nebenbeschäftigung (nicht genehmigte) Übt ein Arbeitnehmer trotz eines vertraglichen Verbotes eine Nebentätigkeit aus und erleidet er bei dieser Tätigkeit einen Unfall, ist ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung nicht generell ausgeschlossen. Selbst, wenn der Tarifvertrag für einen solchen Fall ein generelles Leistungsverweigerungsrecht vorsieht, müssen Sie Entgeltfortzahlung leisten. ja Schlägerei 1. Beruht die Arbeitsunfähigkeit auf den Folgen einer Schlägerei, an der der Arbeitnehmer schuldhaft beteiligt war, ist die Krankheit selbstverschuldet. Ein entsprechender Nachweis muss erbracht werden. nein Aktualisierungslieferung Nr. 3/2003 33 Sozialversicherungs-Berater Entgeltfortzahlung E52 34 Wann das Entgelt fortzuzahlen ist Praxisprobleme und Ausnahmen Abc besonderer Ereignisse Dauer und Höhe der Entgeltfortzahlung Schadensersatzansprüche Abc der Entgeltfortzahlung- Sachverhalt Schwangerschaftsabbruch Selbsttötungsversuch Sportunfall Sterilisation Suchterkrankungen Verkehrsunfall Rechtliche Würdigung 2. Eine Provokation durch Ihren Arbeitnehmer, die Dritte zu einer Schlägerei veranlasst, schließt den Entgeltfortzahlungsanspruch nicht aus. siehe Sterilisation Es besteht ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung, da grundsätzlich eine krankhafte Störung der Geistestätigkeit vorliegt. Wird die Arbeitsunfähigkeit durch den ausgeübten Sport verursacht, müssen Sie grundsätzlich immer Entgeltfortzahlung leisten. Weisen Sie jedoch nach, dass auf ein Selbstverschulden Ihres Mitarbeiters geschlossen werden kann, ist Ihre Zahlungspflicht ausgeschlossen. In diesem Zusammenhang gehen aus den Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts allerdings drei Fallgruppen hervor: 1. Ihr Mitarbeiter betätigt sich in einer seinen Kräften und Fähigkeiten deutlich übersteigenden Weise sportlich und erleidet dadurch einen Schaden. 2. Ihr Mitarbeiter beteiligt sich an einem „besonders gefährlichen“ Sport. Von einer besonders gefährlichen Sportart geht man aus, wenn sich ein gut ausgebildeter Sportler bei objektiver Betrachtung auch unter Einhaltung aller Regeln einem nicht beherrschbaren Risiko aussetzt. 3. Wenn Ihr Mitarbeiter in besonders grober Weise und leichtsinnig gegen die anerkannten Regeln einer Sportart verstößt. Im Falle einer Arbeitsunfähigkeit wegen einer nicht rechtswidrigen Sterilisation oder eines nicht rechtswidrigen Schwangerschaftsabbruchs besteht ein Entgeltfortzahlungsanspruch (§ 3 Abs. 2 EFZG) Tritt Arbeitsunfähigkeit wegen bestehender Drogen- oder Nikotinabhängigkeit auf, handelt es sich grundsätzlich nicht um eine den Entgeltfortzahlungsanspruch ausschließende selbstverschuldete Krankheit. Übertriebenes starkes Rauchen kann aber im Einzelfall den Entgeltfortzahlungsanspruch ausschließen. Auch hierbei liegt die Beweislast bei Ihnen als Arbeitgeber. Wenn einer Ihrer Arbeitnehmer grob fahrlässig Vorschriften der Straßenverkehrsordnung nicht beachtet, können Sie davon ausgehen, dass im Falle eines Verkehrsunfalls die Arbeitsunfähigkeit selbst verschuldet wurde. Hierbei besteht für Sie keine Verpflichtung zur Entgeltfortzahlung. Das kann schon der Fall sein, wenn Ihr Mitarbeiter den Sicherheitsgurt nicht anlegt. In der Praxis wird es zu einem Verfahren gegen Ihren Mitarbeiter kommen, sodass die Verschuldensfrage geklärt wird. Ein fahrlässiges Übertreten der Verkehrsvorschriften schließt den Entgeltfortzahlungsanspruch hingegen nicht aus. 34 Aktualisierungslieferung Nr. 3/2003 Sozialversicherungs-Berater Entgeltfortzahlung ja ja ja ja ja nein ja ja nein