Nr. 2/2014 - in der Gedenkstätte Seelower Höhen
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Nr. 2/2014 - in der Gedenkstätte Seelower Höhen
Nr. 2/2014: 02. Juni 2014 IN EIGENER SACHE Die Mitarbeiter der Gedenkstätte freuen sich über das positive Echo, das uns nach Erscheinen des ersten Newsletters erreichte. Die Zahl der Interessenten an diesem neuen Informationsdienst der Gedenkstätte Seelower Höhen ist seitdem gewachsen. schule, die der Heimatchronist Klaus Stieger anhand von historischen Aufnahmen aufzeigte, waren für viele Teilnehmer unbekannt. Die ersten Veranstaltungen des Jahres 2014 liegen bereits hinter uns. Teilnehmerzahlen von 35 bis 80 und die interessanten Diskussionen und Gespräche zeigen, dass wir wieder die richtige Themenauswahl getroffen haben. Das diesjährige Treffen der Heimatchronisten am 22. Februar 2014 stand unter dem Thema: „Der deutsche Aufmarsch in ein kriegerisches Jahrhundert. Der Erste Weltkrieg im Gedächtnis unserer Region.“ Herr Herrmann sprach über die Kriegsursachen, die tief greifenden Veränderungen in der Kriegsführung und die weitreichenden Folgen in vielen gesellschaftlichen Bereichen. Herr Dr. Schmook, Leiter des Schlosses Freienwalde, zeigte anhand von Fotos die verschiedenen Formen des Gedenkens an die Gefallenen des Ersten Weltkrieges. Viele Details über das Müncheberger Kriegsgefangenenlager und die Kriegsgräberstätte sowie über die Rumpler-Militär-Flieger- Kriegsgräberstätte Müncheberg, historische Postkarte 1916 (Sammlung Klaus Stieger) Dank der freundlichen Genehmigung des RBB konnten wir zwei kleine Filmbeiträge zeigen, wovon sich einer mit dem „gesungenen Hurrapatriotismus“ befasste. Auch der später angesehene Kriegsgegner Klabund (eigentlich Alfred Henschke) aus Crossen a. d. Oder und der Freienwalder Heimatdichter Gustav Schüler beteiligten sich mit teilweise „blutrünstigen Liedern“ an der Verherrlichung des Krieges. Die beiden Referenten Frau Dr. Claudia Bade und Herr Dr. Heinrich Brückner haben im März 2014 zum Thema „Was damals Recht war ... Rechtsprechung vor Gerichten der Wehrmacht“ Einblicke in die Funktionsweise und Verbrechen der Wehrmachtsjustiz sowie den langen Weg zur Rehabilitierung der Opfer in der Bundesrepublik Deutschland aufgezeigt. Die diesjährige historische Exkursion führte Ende April, von der Sonne begleitet, 35 Interessierte zu den zahlreichen polnischen Erinnerungsorten, die östlich der Oder an die Kämpfe der 1. Polnischen Armee während der Oderüberwindung im Frühjahr 1945 erinnern. Ihre Entstehungsgeschichten und Botschaften standen im Mittelpunkt der Rundfahrt. Die Gruppe hatte die Gelegenheit, das neu gestaltete Pioniermuseum in Gozdowice wenige Stunden vor der offiziellen Eröffnung zu besuchen. Unser Newsletter-Service wird in den nächsten Ausgaben die einzelnen Erinnerungsorte vorstellen. Gemeinsam mit dem Museum der polnischen Waffen in Kolobrzeg planen wir zum 70. Jahrestag, historisch Interessierten eine touristische Karte zum Selbsterkunden zur Verfügung zu stellen. Informationstafel der polnischen Erinnerungsorte vor dem Pioniermuseum in Gozdowice. Der dargestellte Panzer des Typs IS-2 steht in unmittelbarer Nähe der Kriegsgräberstätte in Siekierki Mit dem Thema „Erinnerungen an die Wehrmacht in beiden deutschen Staaten“ hat die Gedenkstätte Anfang Mai 2014 erstmals eine öffentliche Veranstaltung den verschiedenen Erinnerungskulturen und historischen Einordnungen der Wehrmacht gewidmet. Oberstleutnant Dr. Thomas Vogel vom Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr in Potsdam sprach über die „Das Bild der Wehrmacht in der alten Bundesrepublik“. Im Mittelpunkt standen die „Legende von der ‚sauberen‘ Wehrmacht“, die unterschiedliche Wahrnehmung der Wehrmachtsausstellung, die Tätigkeit der „Historical Division“ und das wechselvolle Verhältnis Wehrmacht und Bundeswehr“. Der Vortrag von Herrn Gerd-Ulrich Herrmann widmete sich dem Thema: „Die Wehrmacht in der DDR-Geschichtsschreibung. Der Dualismus von militärischer Notwendigkeit und ideologischem Anspruch.“ In beiden deutschen Staaten nahmen ehemalige Wehrmachtsgenerale und Stabsoffiziere Führungspositionen beim Aufbau der Streitkräfte ein. Durch die Einführungsvorträge und die anschließende Diskussion konnten aber Unterschiede deutlich gemacht werden. Arno v. Lenski war im Ersten Weltkrieg Oberleutnant. In Stalingrad führte er als Generalleutnant die 24. Panzerdivision. Seit 1944 Angehöriger des NKFD. 1952 Eintritt in die bewaffneten Organe der DDR, Chef der Verwaltung Motorisierung, dann Chef der Panzertruppen der NVA, 1958 Entlassung. Seite | 2 BIOGRAFISCHES ARMEEGENERAL WARENNIKOW – TEILNEHMER DER SCHLACHT UM DIE SEELOWER HÖHEN. MITINITIATOR DES AUGUSTPUTSCHES 1991. Vor fünf Jahren starb Armeegeneral Walentin Warennikow (15.12.1923 - 06.05.2009). Am 5. Au- gust 1941 zur Roten Armee eingezogen, kämpfte er ab November 1942 als Zugführer einer Granatwerferbatterie der 138. Schützendivision (62. Armee) 79 Tage in Stalingrad. Bis zum Kriegsende gehörte er der 35. Gardeschützendivision (8. Gardearmee) an. Als Leiter Artillerie des 100. Gardeschützenregiments wurde er am 9. März bei den Kämpfen um Küstrin-Kietz zum dritten Mal verwundet. Nach seiner Genesung nahm Warennikow als Hauptmann und Leiter Artillerie des 101. Gardeschützenregiments an der Einnahme der Küstriner Altstadt teil und unterstützte mit der ihm unterstellten Artillerie den Sturm seines Regimentes auf die Seelower Höhen. Verwendung als Erster Stellvertreter des Generalstabes arbeitete Generaloberst Warennikow an der neuen Militärdoktrin des Warschauer Vertrages mit. In dieser Zeit war er außerdem an den Kämpfen und am Aufbau der Streitkräfte in Afghanistan beteiligt. Generaloberst Warennikow war als Stellvertreter des Ministers der letzte Chef der sowjetischen Landstreitkräfte. In dieser Funktion unterschrieb er den Aufruf „Ein Wort an das Volk“ und beteiligte sich als Mitinitiator am Augustputsch 1991, in dessen Folge Gorbatschow für drei Tage abgesetzt wurde. Trotz Scheitern des Putsches war die Idee des Fortbestehens einer Staatsunion nicht mehr realisierbar und der Zerfall der Sowjetunion nicht mehr aufzuhalten. Während des Prozesses wegen Beteiligung am Putsch lehnte Warennikow die ihm angebotene Amnestie ab. Im August 1994 sprach der Oberste Russische Gerichtshof den Armeegeneral und Helden der Sowjetunion frei. Warennikow hatte zwei Söhne, die beide Offiziere bzw. Generale der Sowjetarmee waren. Warennikow 1944 („Einzigartig“, Band 1) Gegenüber dem Leiter der Gedenkstätte erklärte Warennikow, dass er durch die zu ebener Erde eingesetzten Flak-Scheinwerfer am frühen Morgen des 16. April 1945 geblendet und bei der Aufgabenerfüllung behindert wurde. Nach dem Krieg durchlief Warennikow verschiedene Verwendungen und absolvierte 1967 die Militärakademie des Generalstabes der Streitkräfte der Sowjetunion mit Auszeichnung. Von 1969 bis 1971 führte er die 75 000 Mann starke und mit 2500 gepanzerten Fahrzeugen ausgerüstete 3. Stoßarmee in Magdeburg, ehe er zum Ersten Stellvertreter der GSSD ernannt wurde. Nach einer fünfjährigen General Warennikow in Seelow, 2004 Bei einem Besuch der Gedenkstätte Seelower Höhen überreichte er die siebenbändige Ausgabe „Einzigartig“. Aus dem ersten Band sind die Handlungen im März und April 1945 von Frau Bauer und Herrn Dr. Friedland (Strausberger Bildungs- und Sozialwerk e. V.) übersetzt worden. Seite | 3 KRIEGSTOTE GEFUNDEN AUS DER ARBEIT DES VEREINS ZUR BERGUNG GEFALLENER IN OSTEUROPA E. V Seit Jahren suchen Freiwillige des Vereins zur Bergung Gefallener in Osteuropa e. V. (VBGO) nach Kriegstoten in Klessin, wo im Februar und März 1945 erbitterte Kämpfe stattgefunden haben. Anfang Mai 2014 waren 25 Frauen und Männer aus Deutschland, der Schweiz und den Niederlanden bei teilweise schwierigen Wetterbedingungen im Einsatz. Zwei Rotarmisten und ein Angehöriger der Wehrmacht konnten auf dem Gelände des zerstörten Gutes Klessin geborgen werden. Freilegen des Kellers eines ehemaligen Landarbeiterhauses durch Mitglieder des VBGO e. V. (2014) Mitglieder des VBGO e. V. beim Bergen von sterblichen Überresten eines Gefallenen (2014) Barbara von Albedyll, die als Tochter des letzten Gutsbesitzers bis zum 18. Lebensjahr in Klessin lebte, besuchte als Gast des Wuhdener Heimatvereins an einem Tag die Grabungsstelle. Wie jedes Jahr bargen die Mitarbeiter der Munitionsbergungsfirma Röhll wieder größere Mengen an Kriegsschrott und Munition. Ein russisches Kamerateam begleitet die Arbeiten. Herr Laue, Vorsitzender des VBGO e. V., informierte, dass für den Herbst ein weiterer Termin eingeplant ist. Wir werden in einem der nächsten Newsletter darüber informieren. Leider wird die Identifizierung aufgrund des Fehlens von Erkennungszeichen sehr schwierig werden. Wie im letzten Jahr wurde ein Keller eines ehemaligen Landarbeiterhauses freigelegt. Weitere Informationen finden Sie unter: www.vbgo.de Seite | 4 GEDENKEN ERWEITERUNG DER SOWJETISCHEN KRIEGSGRÄBERSTÄTTE REITWEIN Bereits im vergangenen Jahr wurden die sterblichen Überreste von Rotarmisten, die der Verein zur Bergung Gefallener in Osteuropa e. V. bei Klessin geborgen hatte, auf der sowjetischen Kriegsgräberstätte Reitwein zur letzten Ruhe gebettet. Traurig, weil immer noch eine unbekannte Anzahl von Gefallenen in märkischer Erde liegt. Trostreich, weil wieder Familien Gewissheit über die letzte Ruhestätte ihrer Angehörigen erhalten. Priester Georgi von der russisch-orthodoxen Kirche hat die Einbettung mit liturgischen Gesängen begleitet. Die russische Botschaft hat die Neugestaltung mit 32 000 Euro finanziert. Schüler einer Moskauer Schule haben die Namen der Gefallenen ermittelt, die in den fünf Granitblöcken eingemeißelt sind. Neu geschaffene Grabanlage in Reitwein Am 16. Mai 2014 wurde in einer bewegen Gedenkstunde in Reitwein dieser neue Bestattungsteil mit eingeweiht. Auf sechs Granitsteinen stehen 119 Namen. Die Kriegsgräberstätte ist mit 3119 Kriegstoten einer der größten im Landkreis Märkisch-Oderland. Der Gesandte der Botschaft der Russischen Förderation, Herr Oleg Y. Krasnitskiy, war tief beeindruckt, wie ehrlich und offen die Menschen im Oderland mit ihrer eigenen Geschichte umgehen. Er hob die Bedeutung solcher Stätten als sichtbares Zeichen gegen das Vergessen hervor. Der Landrat, Herr Gernot Schmidt, betonte: „Das Gift des Krieges zerstört Einsichten und Kulturen und es frisst ganze Generationen auf.“ Pfarrer Müller bekannte, dass solche Gedenkstunden traurig, aber zugleich trostreich sind. Blick auf das Denkmal und den älteren Gräberteil Übrigens: Im Kreisgebiet Märkisch-Oderland gibt es 174 Kriegsgräberstätten mit insgesamt 28 325 registrierten Kriegstoten, davon 14 889 Angehörige der Roten Armee und 13 436 Angehörige der Wehrmacht einschließlich zivile Opfer. In den letzten Jahren wurden viele Kriegsgräberstätten saniert. Zurzeit wird im Auftrag des Volksbundes der Zubettungsteil in Lietzen neu gestaltet. Wir informieren in den nächsten Newslettern über den Fortgang der Arbeiten. Seite | 5 NEUES VON UNSEREN PARTNERN GLÜCKWUNSCH AN DIE KOLLEGEN IN KOSTRZYN Am 9. Mai 2014 eröffnete in der Bastion Philipp das „Museum Festung Küstrin“. Es ist bereits das zweite Museum an diesem historischen Ort. 1929 informierte das Kassemattenmuseum über die Geschichte der Garnison und der Festung Küstrin. Unter Leitung des Direktors des Museums, Herrn Ryszard Skałba, und dem Kurator, Herrn Marcin Wichrowski, entstand nach jahrelanger Forschung und technischen Vorbereitungen ein Museum, in dem das Anfassen von einigen Exponaten ausdrücklich erwünscht ist. Neben der Geschichte und der Fortifikation Küstrins werden auch die russische Belagerung im August 1758 und die anschließende Schlacht bei Zorndorf thematisiert. Bereits am ersten offiziellen Öffnungstag begrüßten die Kollegen aus Kostrzyn 300 Besucher. Die Gedenkstätte Seelower Höhen, Partner des „Muzeum Twierdzy Kostrzyn“, erhielt vom Bürgermeister Dr. Andrzej L. Kunt für die Unterstützung eine Dankesurkunde. Blick auf eine der vielen Installationen (Foto: Wolfgang Pohl, MOZ vom 12. Mai 2014) "Das zeigt deutlich, dass Kostrzyn um die Pflege und Vermittlung der Geschichte ihrer Stadt und der Region bemüht ist." Um so bedauerlicher sei, dass auf der deutschen Seite der Abbruch der denkmalgeschützten Artilleriestraße in Küstrin-Kietz erfolgte. "Hier wäre ein behutsamerer Umgang mit dem geschichtlichen Erbe überlegenswert", sieht es der Golzower Frank Schütz. (vgl. Moz 12. Mai 2014) Weitere Informationen unter: http://www.muzeum.kostrzyn.pl/OFERTA/oferta3.html Modell der Küstriner Altstadt (Foto: Museum Festung Küstrin) Bürgermeister Andrej Kunt eröffnete die Ausstellung, die über eine vergangene deutsche Geschichte informiert. Tipp: Am 6. September 2014 steht eine Veranstaltung der Gedenkstätte Seelower Höhen unter dem Thema „Küstrin – die Geschichte einer Festung“. Neben dem Besuch des Museums wird auch eine themenbezogene Führung angeboten. Wir würden uns freuen, wenn Sie an diesem Rundgang durch das historische Küstrin begrüßen dürfen. Seite | 6 KURZINFORMATIONEN Achtung Änderungen im Veranstaltungsort: Neue Sonderausstellung 28.06.2014, von 10.00 - 14.00 Uhr: Vortrag und Führung „Wählte Ungnade, wo Gehorsam keine Ehre brachte ...“ Die Gedenkstätte Seelower Höhen bereitet gemeinsam mit der Märkischen Oderzeitung eine Ausstellung zum Thema Neuer Veranstaltungsort: Seelower Höhen. „Erster Weltkrieg – Erinnerungen und Spuren“ Gedenkstätte Referent: Brigadegeneral a. D. Hans Speidel (Sohn des in der Küstriner Wehrmachtshaftanstalt inhaftierten Generals Hans Speidel, später Vier-Sterne-General der Bundeswehr und NATO-Befehlshaber). Anschließend besteht (mit Privat-PKW) die Möglichkeit, an einer Führung in Neuhardenberg teilzunehmen. Herr Herrmann informiert im Museum und an der Begräbnisstätte über das Leben und Wirken von OTL Graf Carl-Hans v. Hardenberg. vor. Im Mittelpunkt stehen nicht die blutigen Schlachten des Ersten Weltkrieges, sondern die Erinnerungen an die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts, die noch heute in den Familien aufbewahrt werden. Obwohl der Krieg weit entfernt stattfand, zeugen Kriegsgräberstätten von Gefangenen und Verwundeten vieler Nationen vom Leiden und Sterben der Soldaten. Dokumentiert wird auch die Rumpler-Militärfliegerschule in Müncheberg, die Flugzeugführer auf ihren militärischen Einsatz vorbereitete. Fliegerhorst Münchberg (Sammlung Klaus Stieger) Oberstleutnant Carl Hans Graf von Hardenberg, Offizier des Widerstandes Der Teilnehmerbeitrag beträgt 4,00 €. Fotos und dreidimensionale Sachzeugen werden thematisch die große Geschichte mit persönlichen Erlebnissen und Zeugnissen verbinden. Eröffnung: 25. Juli 2014 Seite | 7