HAUSARBEIT

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HAUSARBEIT
HAUSARBEIT
Sommersemester 2005
Fachbereich Heilpädagogik
Studiengang Pflege
Ev. Fachhochschule RWL – Bochum
Modul 5.1:
Kompetenzprofil Organisation und Management
Dozent:
Herr Prof. Dr. rer. pol. Wilfried Kunstmann
Thema:
Intrigen – ein Phänomen unserer Zeit.
Was das Management darüber wissen sollte
Marianne Petsch
Matrikelnummer: 199398
Abgabe:
29. August 2005
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Inhaltsverzeichnis / Gliederung
Seite
1.
Einleitung, Hinführung zum Thema .....................................
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1.1
Definition Intrige zur Abgrenzung zum Mobbing................
4
2.
Inhalte und Vorgehensweise von Intrigen ..........................
7
3.
Der Sinn von Intrigen...............................................................
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3.1
Strukturbedingungen von Intrigen .......................................
10
3.2
Intrigen – Persönlichkeiten ...................................................
11
4.
Intrigenabwehr und Kommentar ...........................................
12
5.
Literaturliste ...........................................................................
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1. Einleitung / Hinführung zum Thema:
In der heutigen Zeit gewinnt Arbeit und die damit verbundene Konfliktgefahr
einen immer größeren Stellenwert in der Gesellschaft. Erfüllung im
Berufsleben ist eine Voraussetzung für Gesundheit, Status und Wohlstand. In
den letzten Jahren hat die psychische Belastung am Arbeitsplatz im Verhältnis
zur körperlichen Beanspruchung stark zugenommen. Wenn früher vorwiegend
körperliche Belastungen betrachtet wurden, denen der im Erwerbsleben
stehende Mensch ausgesetzt war, so hat sich durch den technologischen
Wandel und der damit verbundenen Schwerpunktsetzung auf geistige
Tätigkeiten eine Verlagerung in Richtung psychisch belastender Arbeit
ergeben.
Themen, wie Betriebsklima, Stress, Führungsstile, Konfliktmanagement und
Mitarbeiterkommunikation
nehmen,
gerade
mit
Blick
auf
das
häufig
beschriebene Phänomen „Mobbing“, einen zunehmend größeren Raum ein.
Die vielschichtigen Gründe für Konflikte im täglichen Arbeitsprozess sind
meistens nicht die, die bei der Sache zu suchen sind. Sie lassen sich eher
durch die im Kopf vorhandenen Werte des Karrieredenkens erklären, durch
die Neid, Missgunst und Ohnmachtsgefühle hervor gerufen werden können.
Durch das Fehlen von kommunikativen Kompetenzen bei Führungskräften
kann ein Konflikt im Arbeitsleben derart eskalieren, dass Konflikte immer mehr
personalisiert werden. Die Psychologie versteht unter Personalisierung, „(...)
dass
gesellschaftlichen
Strukturen
geschuldete
problematische
Verhaltensweisen als persönliche, im Menschen liegende, Mängel gedeutet
werden. Den eigenen Ansprüchen nicht genügende Bewältigungsversuche
institutionell bedingter Mangel- oder Belastungssituationen werden zu
persönlichen Defiziten umgedeutet (Grahmann et al.: 47).“ Viele Eigenheiten
von Personen sind bestimmt durch die jeweiligen Autoritätsverhältnisse, wie
eine soziologische Untersuchung in Krankenhäusern ergeben hat (Grahmann
et al.: 47).
Eine weit verbreitete Möglichkeit, einen Konflikt anzugehen, ist das Intrigieren.
Allerdings ist es schwer, über Intrigen zu schreiben. Zum einen gibt es nicht
viel Literatur darüber und wenn, dann sind es eher die „Opfer“, die sich zu dem
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Thema äußern können. Die „Täter“ sind sich entweder ihrer Machenschaften
nicht bewusst, oder sie würden solche Verleumdungen nicht zugeben. Somit
gibt es keine objektive Untersuchung zu dem Thema. Zum Teil ist die
vorhandene
Literatur,
die
in
Literaturverzeichnissen
anderer
Quellen
aufgeführt ist, vergriffen. Diese Tatsache verführt zu der Frage, ob das Thema
von so geringem Interesse ist oder derart tabuisiert, dass sich dieses in der
Lesernachfrage niederschlägt.
Da Intrigen spinnen und Mobbing oftmals gleich gesetzt werden, kann auch
der Trend dazu beigetragen haben, dass Nachschlagewerke über Intrigen in
der Mobbing – Literatur zu finden sind. Anhand der folgenden Definitionen soll
deutlich gemacht werden, dass beide Begriffe inhaltlich unterschieden werden
müssen.
1.1 Definition Intrige zur Abgrenzung zum Mobbing
Intrige: Ränkespiel, aus dem Französischen „intrigue“ entlehnt (verwickeln,
verwirren), Verstrickung, hinterlistige Machenschaften. Im Drama ist es eine
Bezeichnung für das eine Handlung begründende Komplott, mit dem sich ein
Teil der Dramenfiguren zur Durchsetzung seiner Ziele gegen einen anderen
verschwört (Meyers großes Taschenlexikon, S. 284).
„Intrigen sind Phänomene, in denen ein Intrigant absichtsvoll und geheim
mittels Täuschung, Lüge, Konfusion oder einer vorgespiegelten Scheinwelt
indirekt einen Vorteil für sich und einen Nachteil für ein ahnungs- bzw.
argloses Intrigenopfer bezweckt (Utz: 19,20).“ Der Autor G. A. Pourroy
definiert in seinem Buch „Das Prinzip Intrige (1986)“ folgendermaßen: „Die
Intrige ist ein taktischer Angriff aus der Deckung heraus, um dem
Angegriffenen zu schaden. Menschen tragen listig, und in der Regel unter
Tarnung, mit der Intrige Konflikte miteinander aus (Utz: 20).“
Wortverwandtschaften / Synonyme:
Arglist, Hinterhältigkeit, Ränkespiel, Machenschaft, Konspiration, Doppelspiel
(Lexikon der Synonyme, 2001)
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Zur Erläuterung der umfassenden Definition: Intrigen werden geheim oder
nicht direkt vollzogen, weil der Intrigant typischerweise eine Position hat, die
ihm nicht genügend Macht gibt, um ohne Umweg seinen Vorteil zu nehmen,
der meistens zum Nachteil des Intrigenopfers wird.
Utz schreibt in seinem Buch „Soziologie der Intrige“ von einem geheimen
Streit in der Triade. Idealtypisch ist demnach, dass es drei Mitwirkende bei
einer Intrige gibt: Den Intriganten (der Verursacher), das Intrigenopfer und den
Intrigenvollstrecker. Er ist derjenige, der die Macht hat, das Intrigenopfer zu
sanktionieren
und
wird
somit
vom
Intriganten
für
seine
Zwecke
instrumentalisiert. Um es deutlicher zu machen: Wenn eine Person eine
Position bekleidet, die ihr nicht genügend Macht gibt, einen Konkurrenten zu
schwächen, kann sie sich der Möglichkeit bedienen, einer Person in einer
höheren Position Inhalte mitzuteilen, die dem Intrigenopfer schaden. Dadurch,
so erhofft sich der Intrigant, wird die Möglichkeit minimiert, dass sein
Konkurrent befördert wird oder das Ziel erreicht, was eigentlich der Intrigant
erreichen möchte. Das Hinterhältige an einer Intrige ist, dass Mitteilungen
bezüglich des Opfers nicht offen gelegt werden, sondern verdeckt. Für das
Opfer bleibt der Intrigant anonym, wenn er geschickt genug vorgeht. Der
Intrigenvollstrecker ist sich - idealtypisch gesehen - , seiner Rolle nicht
bewusst.
Beispiele
dazu
gibt
es
genügend,
sei
es
aus
der
Geschichte
(Machtübernahme Hitlers 1933), der Politik (Schäuble), der Dramaturgie
(Kabale und Liebe von Schiller), der Wirtschaft und des Gesundheitswesens.
Ein Beispiel aus dem Bereich Gesundheitswesen soll das Klassische einer
Intrige verdeutlichen:
Eine
Krankenschwester
einer
internistischen
Abteilung
möchte
die
freiwerdende Stelle des Stationsleitungsposten besetzen (Frau A.). Dieser
Posten wird von einer anderen Kollegin auf ihrer Station favorisiert (Frau B.).
Der Bereichsleiter, der für alle internistischen Stationen die Verantwortung in
Pflegepersonal – Angelegenheiten trägt, wird von Frau A. folgendermaßen
informiert: „Gestern Abend habe ich Frau B. auf dem Schützenfest gesehen.
Kein Wunder, dass sie heute krank ist.“ Hier könnte der Bereichsleiter
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annehmen, die Krankmeldung der Frau B. sei aufgrund des Feierns zurück zu
führen. Diese Annahme erhöht nicht die Chance der Besetzung auf den
Posten der Stationsleitung. Verdeckter und somit durchtriebener hätte die
Formulierung sein können: „Gestern Abend auf dem Schützenfest wirkte Frau
B. noch recht fit. Aber so schnell kann es kommen. Das tut mir echt Leid.“ Bei
dieser Aussage muss der Bereichsleiter nicht unbedingt eine Intrige vermuten,
es sei denn, dass eine von vornherein schlechte Beziehung zwischen Frau A.
und Frau B. bekannt ist. Man kann sich denken, dass bei sich wiederholenden
Aussagen der Frau A. über Frau B. die Bereitschaft des Bereichsleiters sinkt,
Frau B. für den Stationsleitungsposten einzustellen bzw. sich dafür stark zu
machen. So lange Frau B. von diesen Äußerungen nichts weiß, kann sie sich
auch nicht dagegen wehren. Vielleicht erfährt sie erst, dass sie auf dem
Schützenfest war, wenn Frau A. den Posten bekommen hat. Und dann ist es
zu spät, die Dinge richtig zu stellen. Selbst wenn ihr das ermöglicht wird, haftet
der negative Ruf an ihr, u. a. der, dass, wenn sie an Festen teil nimmt,
anschließend „krank feiert“. Damit hätte Frau A. ihr Ziel erreicht. Das setzt
allerdings
voraus,
dass
der
kommunikative
Kompetenzbereich
des
Bereichsleiters relativ eingegrenzt ist.
In der Mehrzahl der beschriebenen Fälle finden Intrigen im Berufsleben statt:
„Intrige bedeutet also Einsatz unsauberer Methoden im Machtkampf. Der
Intrigant verfolgt das Ziel, dem Opfer beruflich zu schaden, das heißt, seinen
Einfluss zu beschneiden (Lürssen: 203).“
Vorstellbar sind auch Intrigen in der nicht beruflichen Welt, z. B. in der Familie
oder in der Nachbarschaft. Beispiele dafür werden oft genug in den Medien
genannt (Erbschaftsangelegenheiten, üble Nachrede über einen Nachbarn mit
dem Ziel seines Auszugs).
Mobbing: Im deutschsprachigen Raum gibt es inzwischen eine Vielzahl von
Publikationen. Sie haben sich sowohl im Bereich der definitorischen
Abgrenzung
und ihrer Spezifikationen (wie Bossing u. auch Bullying)
ausdifferenziert. Eine einheitliche Definition existiert nicht. Der Begriff kommt
aus dem Englischen (to mob hat die Bedeutung von „anpöbeln, belästigen,
attackieren“) und ist umgangssprachlich der Begriff für das systematische
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Schikanieren (z.B. durch unberechtigte Kritik, Bedrohungen, Intrigen) eines
Arbeitnehmers durch dessen Kollegen und / oder Vorgesetzten. „Der Begriff
Mobbing beschreibt negative kommunikative Handlungen, die gegen eine
Person gerichtet sind (von einer oder mehreren anderen) und die sehr oft und
über einen längeren Zeitraum hinaus vorkommen und damit die Beziehung
zwischen Täter und Opfer kennzeichnen (Leymann: 21).“ Mobbing ist eher
offensichtlich, Intrigen dagegen nicht. Sie können ein Teil von Mobbing sein,
also eine der vielen negativen kommunikativen Handlungen, wie sie in der
Literatur beschrieben werden. Mobbing - Opfer empfinden in der Mehrzahl
eine Unfähigkeit, sich gegen diese Attacken zu wehren. Intrigen - Opfer haben
eher den Status, von den Intrigen nichts zu wissen.
2. Inhalte und Vorgehensweise von Intrigen
Die am weitesten verbreitete Form der Intrige ist die üble Nachrede oder der
Rufmord. In der Absicht, sein Opfer zu diskreditieren und seinen Ruf zu
schädigen, verbreitet der Intrigant negative Informationen. Er möchte andere
Kollegen dazu bringen, dass sie schlecht über das Opfer denken, womit
diesem geschadet wird. Das Anschwärzen ist ein Beispiel der üblen Nachrede.
Beim Rufmord kann unterschieden werden zwischen einer Denunziation (die
Informationen über das Opfer sind wahr) und einer Verleumdung (die
Informationen sind unwahr oder nur zum Teil nicht wahr).
Die üble Nachrede kann sich prinzipiell
an Menschen aus allen
Hierarchiestufen richten, an Vorgesetzte, Gleichgestellte oder Mitarbeiter des
Opfers. Allerdings stehen in einer hierarchisch gegliederten Organisation die
Vorgesetzten des Opfers im Mittelpunkt der Bemühungen des Intriganten
(siehe auch unter Punkt 3.1). Der Intrigant wendet sich - je nach Situation direkt oder indirekt an seine Zielperson. Direkt würde bedeuten, sich an den
Chef des Opfers zu wenden. Indirekt könnte das Intrigieren über eine Person
laufen, die eng mit dem Chef zusammen arbeitet, z.B. der Sekretärin.
Die üble Nachrede kann offen, verdeckt oder anonym erfolgen. Die offene üble
Nachrede beinhaltet eine direkte Beschuldigung des Opfers gegenüber dem
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Chef. Die verdeckte üble Nachrede wird durch Andeutungen oder Fragen
formuliert :
•
„Frau B. macht auf mich seit einiger Zeit einen unentspannten Eindruck.
Ist sie wohl überarbeitet?“
Im Klartext: Wenn sie jetzt schon überarbeitet ist, macht eine Beförderung
nicht viel Sinn.
•
„Herr Z. hatte in der letzten Zeit des Öfteren glasige Augen, wenn er
aus der Frühstückspause kam.“
Im Klartext: Herr Z. trinkt Alkohol während der Arbeitszeit.
Die anonyme Vorgehensweise ist nicht so glaubwürdig wie die offene, aber sie
hat den Vorteil, dass der Intrigant unerkannt bleibt und im Falle der
Rechtfertigungssituation des Opfers dieses sich nicht direkt wehren kann.
Falsches Spiel bedeutet, dass sich jemand mit negativen Absichten
einschmeichelt,
vornehmlich
beim
Intrigenopfer.
Er
will
das
Vertrauensverhältnis dahingehend missbrauchen, um Informationen zu
bekommen, die er an eine in der Hierarchie höher stehende Person weiter
gibt. Beispiel: Frau A. nähert sich Frau B. auf dem Schützenfest an. Sie
entlockt ihr negative Bemerkungen über den Bereichsleiter, gibt diese an ihn
weiter. Der Bereichsleiter wiederum muss Frau B. als illoyal ansehen. Eine
Variante des falschen Spiels ist das Doppelspiel: Bei dieser Variante stehen
sich 2 gegnerische Gruppen gegenüber. Beiden gibt der Doppelspieler das
Gefühl, er gehöre zu ihnen. In Wirklichkeit hat er nur eigene Interessen und
schlägt sich nur dann auf eine Seite, wenn diese die Oberhand gewinnen
sollte und verrät die andere Gruppe. Der Begriff Gruppe kann genauso gut für
einzelne Personen stehen.
Fallen und offene Messer sind schon perfider als die genannten Formen der
Intrige. Hier stellt man jemandem eine Falle, indem man einen Kollegen
wissentlich in eine Situation bringt, in der er Fehler macht, die ihn daraufhin
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vor anderen bloßstellen. Der Intrigant lockt dabei die Reaktion des Opfers
aktiv hervor. Voraussetzung ist, dass er sein Opfer sehr gut kennt oder es
durch gezielte Fehlinformationen zu Fehlern verleitet.
Jemanden „auflaufen“ oder „ins offene Messer laufen lassen“ meint, dass der
Intrigant einen Fehler des Opfers geschehen lässt, ohne es daran zu hindern.
Durch Bestärkung des Opfers in seinem Fehlverhalten oder durch einfaches
Abwarten, treten die negativen Folgen des Fehlers oder des Fehlverhaltens
auf. Ein Beispiel auf einer Intensivstation: Nach einer Reanimation muss der
Gerätekoffer mit den für die Wiederbelebung notwendigen Materialien
aufgefüllt werden. Die auf Intrigen sinnende Krankenschwester bemerkt, dass
der Kollege beim Auffüllen Ampullen vertauscht, d.h. nicht vorgesehene
Ampullen werden aufgefüllt, andere fehlen. Sie unterlässt ein Eingreifen und
wartet
abn,
bis
bei
der
nächsten
Reanimation
die
lebenswichtigen
Medikamente besorgt werden müssen. Man kann sich vorstellen, welche
Konsequenzen das für den Krankenpfleger haben kann. –
Wenn in einer Organisation etwas schief läuft, ist die Sündenbock-Intrige eine
beliebte. Hier wälzen eine oder mehrere Personen ihre Mitverantwortung an
einem Misslingen auf einen Unschuldigen ab, ein Spiel, welches gern von
Vorgesetzten gegenüber Mitarbeitern angewendet wird. Ein Beispiel aus dem
Krankenhausalltag:
Einem
Patienten
geht
es
sehr
schlecht.
Es
ist
Wochenende. Die Krankenschwester möchte den diensthabenden Arzt
informieren, aber er meldet sich nicht über Funk zurück. Er hat das Funkgerät
versehentlich in einem Patientenzimmer liegen gelassen. Bis es wieder in
seinen Händen ist und ein Rückruf erfolgen kann, verstirbt der Patient. Nun
kann es sein, dass die Krankenschwester in die Sündenbockrolle gebracht
wird, in dem man ihr einen nicht fachgerechten und nicht zeitnahen Umgang
mit dem Patienten oder ein Unterlassen von weiteren Anrufen vorwirft.
3. Der Sinn von Intrigen
Warum wird intrigiert? Diese Frage kann zum Teil durch die Erläuterung der
o.g. Definition beantwortet werden. Es sind unzählige Situationen denkbar, in
denen einer offen seinen Vorteil nimmt bzw. andere schädigt. Vorstellbar ist
aber auch, dass konkurrierendes Verhalten nicht darin endet, dass jemand
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Schaden nimmt. Es heißt ja auch, dass Konkurrenz das Geschäft belebt. Es
liegt nahe, dass bestimmte Bedingungen vorliegen müssen, damit ein Keim
von intrigantem Verhalten Nährboden findet und Lüge, Täuschung und der
Konstruktion von Scheinwelten erforderlich macht.
3.1 Strukturbedingungen von Intrigen
Um den Konfliktlösungsprozess über Arglist in Gang zu bringen, muss der
Rahmen einer Firma, eines Unternehmens derart sein, dass der Streit
zugelassen wird. „Kurz, es muss eine minimal erwartbare Machtstruktur
vorhanden sein (Utz: 59).“
Je hierarchischer ein Unternehmen strukturiert ist, desto größer ist die Gefahr
für Lösung von Konflikten über Intrigenbildung. Etwas dezidierter drückt R. Utz
es aus: „Damit Intrigen entstehen können, müssen soziale Kontexte 1) die
Triadizität von Intrigant, Intrigenopfer und Intrigenvollstrecker, 2) die intrigante
Geheimhaltung und Intrigenlüge und 3) den Intrigenstreit strukturell zulassen.
(Utz: 55).“ „ (...) Intrigen können dann entstehen, wenn diese Machtverteilung
für die Kontextmitglieder erwartbar, also in minimalem Grade institutionalisiert
ist. (...) die Durchsetzungschancen für Ziele nach Maßgabe dieser
Machtstruktur im Hinblick auf den kontextuellen Mitgliederkreis zu kalkulieren
(Utz: 56).“ Der Intrigenvollstrecker ist derjenige, der die Macht hat, das
Intrigenopfer zurecht zu weisen. Je klarer die Hierarchie in einem
Unternehmen ist, desto größer ist die Chance, dass von Seiten des Intriganten
eine Instrumentalisierung über den Vollstrecker Erfolg haben kann.
Die strukturellen Chancen
für Lüge und Geheimnis erhöhen sich, wenn
Gemeinschaften anonym sind, nicht homogen, sich kaum kennen und eine
hohe
Mitgliederzahl
aufweisen.
Weiterhin
muss
es
einen
Konkurrenzgegenstand geben, der unbefriedigend institutionalisiert ist oder
strukturell unterdrückt wird (z.B. Weiterbeförderungen). Die Position des
Intrigenvollstreckers ist von großer Bedeutung, da er als Normhüter auftritt,
wenn
er
das
Intrigenopfer
sanktioniert.
Bei
Nichtreflektierung
der
Informationen, die ihm zufließen, ist es genau das, was der Intrigant erwartet.
Aber wenn sich Interaktionen uneindeutig und konfliktträchtig gestalten, gibt es
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noch weitere Möglichkeiten der Lösung als die zu erwartende. Das aber sind
Inhalte von Konfliktlösungsliteratur (Konfliktmanagement).
3.2 Intrigen – Persönlichkeiten
Es ist nicht allein die hierarchische Struktur eines Unternehmens für intrigante
Mitarbeiter verantwortlich. Auch die Charakterstruktur der Konfliktbeteiligten
trägt dazu bei, ob Neid und Missgunst bewältigt werden (Ausprägungsgrad der
Frustrationstoleranz,
der
Neigung
zur
Resignation,
der
Aggressionsbereitschaft, usw.) Da Intrigieren eine Form von „Konfliktlösung“
darstellt, kann festgehalten werden, dass diese Form stark von Emotionen
geprägt ist. Die Grundlage der Emotionen hat mit der Persönlichkeit des
Menschen zu tun, die diese entwickeln. Ein weiteres Aufschaukeln des
Konfliktgeschehens kann eine Folge sein, wenn Menschen folgendes eigen
ist:
•
Ein ausgeprägtes Überlegenheits- oder Machtstreben
•
Erlebte Demütigung Æ Sinnen auf Rache
•
Sie versuchen Sieger durch Verweigerung oder Nichtkönnen zu sein
(gelernte Hilflosigkeit).
Dabei spielt das eigene Wertesystem eine entscheidende Rolle. Wenn
während eines zunehmend eskalierenden Konflikts (der nicht immer offen
ausgetragen wird) Emotionen von starker Intensität entstehen, können
grausame Handlungen, wie z.B. das Intrigieren, zur Entlastung dieser Gefühle
führen. Der Grund liegt in der Annahme, dass man bei Unterlegenheit oder
Ohnmachtsgefühlen durch solche Handlungen wieder Oberwasser bekommt.
Die
wahren
Gründe
liegen
tiefer
und
werden
im
Grundkurs
für
tiefenpsychologische Menschenkenntnis erläutert (Hugo-Becker, et al.: 118 –
125). Das aber würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen.
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4. Intrigenabwehr und Kommentar
Um Intrigen abzuwehren, müssen zunächst Intriganten erkannt werden. Es
wird
zwischen
Gelegenheits-
und
Dauerintriganten
unterschieden.
Gelegenheits-Intriganten greifen nur hin und wieder zu unsauberen Tricks,
wenn es aus ihrer Sicht nicht anders machbar ist. Ansonsten tragen sie
Konflikte sauber aus.
Dauerintriganten scheuen den offenen Konflikt, was vielfältige Gründe haben
kann, die u.a. in der Individualpsychologie zu suchen sind (siehe auch 3.2). Ihr
intriganter Charakter zeichnet sich u.a. durch andere ethische Werte ab. Sie
haben
weniger
moralische
Hemmungen
als
die
meisten
anderen
Mitmenschen. Ein Hauptcharakterzug von Intriganten ist ihre Unredlichkeit und
ihre Feigheit. Ein weiteres Merkmal, das der lockeren Umgehensweise mit der
Wahrheit. Dazu gehört nicht nur die klassische Lüge, sondern auch das
bewusste Zurückhalten von wichtigen Informationen. Vielleicht klingt es
unlogisch, aber auch ein hohes Maß an sozialer Intelligenz sagt man dem
Verursacher von Intrigen nach. Er weiß, mit anderen Menschen gut
umzugehen, versteht ihre Bedürfnisse (auch die der zukünftigen Zielsetzung)
und kennt ihre Stärken und Schwächen. Ein ausgedehntes Netzwerk in der
Organisation, die ihn beschäftigt, hat er sich geschickt aufgebaut, damit er
nicht allein auf seine Beobachtungsgabe angewiesen ist. Dieses Netzwerk
versorgt ihn mit den Informationen, die er braucht, um erfolgreich intrigieren zu
können.
Das Erkennen von Intriganten bzw. von Verhaltensweisen, die auf einen
potentiellen Intriganten schließen lassen, sollte auf der Grundlage dieser
Beschreibungen rechtzeitig statt finden. Und damit nicht genug. Wenn man
merkt, dass Kollegen oder andere Mitmenschen nicht integer sind, sollte man
einerseits vorsichtig mit seinen eigenen geäußerten Eindrücken sein. Zum
anderen sollte aber auch nicht weggeschaut werden, wenn offensichtlich wird,
dass es ein Intrigenopfer gibt. Kompetenzabgrenzung ist wichtig, aber nicht
dann, wenn jemand wissentlich falsch behandelt wird.
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„Wenn ich von spontanen Gefühlen der Solidarität mit leidenden und
ungerecht traktierten Menschen nicht mehr berührt werde, hat bereits
vorgängig ein Anpassungs- und Verdrängungsprozess stattgefunden, der mich
in der Wahrnehmung der Wirklichkeit und meiner menschlichen Gefühle
einschränkt (Grahmann: 45).“
Dieses Zitat ist aus einem Krankenschwestern-Interview. Es ist auch ein
Phänomen unserer Zeit: Für sich selbst sorgen, Ellenbogentaktik, wegsehen .
Schließlich ist eine Konfrontation mit unangenehmen Dingen damit verbunden,
dass man selbst auch mal in diese missliche Situation geraten kann.
Um Intrigen vorbeugen zu können, muss man nicht nur das Verhalten von
Intriganten erkennen können, sondern man sollte ständig wachsam sein.
Wachsam auch im Hinblick auf unbedachte Äußerungen gegenüber Kollegen,
denen man zunächst keine Hinterhältigkeit zutraut. Im Grunde kann jeder ein
potenzielles Intrigenopfer werden. „Allein das geschärfte Bewusstsein hierfür
wird Ihnen helfen, unsaubere Machenschaften Ihrer Konfliktgegner zu
erkennen (Lürssen: 218).“
Als generelle Vorbeugung gegen Intrigen ist ein großes soziales Netzwerk in
der
Organisation
empfehlenswert.
Dieses
Netzwerk
liefert
einem
Informationen, wenn sich Intrigen anbahnen, aber sie können einen auch
stützen, wenn man selbst Opfer einer Intrige geworden ist. Eine möglichst
„weiße Weste“ versteht sich von selbst.
Regelmäßige Gespräche mit Mitarbeitern sollten – welche Form auch
immer gewählt wird – so selbstverständlich sein, dass sie nicht mehr
wegzudenken sind. Denn so können geschulte Moderatoren, Vorgesetzte oder
andere, die den Auftrag haben, Gespräche zu führen, schon im Ansatz
erkennen, wenn sich Probleme anbahnen. Auch die Vorgesetzten sollten sich
dafür interessieren, was in ihrer Organisation abläuft. Wer sich abgrenzt, um
Probleme nicht zu sehen, muss sich später nicht wundern, wenn Konflikte
eskalieren. Und dann kann es eine lange Zeit dauern, bis das Betriebsklima
wieder hergestellt ist. Und nur in einem gesunden Betriebsklima bleiben die
Angestellten länger gesund.
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Interessant ist die Tatsache, dass in Bereichen mit höherem akademischen
Grad mehr intrigiert wird (Hochschule, Krankenhaus) als in Fabriken. Es muss
u.a. mit der hohen sozialen Intelligenz des Intriganten zu tun haben. Oder es
liegt am Streitwert (dem Ziel), der bei der Arbeiterschaft einen anderen
Stellenwert hat?
Vielleicht sollte darüber mal eine Untersuchung durchgeführt werden ...
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5. Literaturliste
Grahmann, Reinhard, Gutwetter, Alfred (2002). Konflikte im Krankenhaus.
Bern
Hugo-Becker,
Annegret,
Becker,
Henning
(2004).
Psychologisches
Konfliktmanagement. Menschenkenntnis – Konfliktfähigkeit – Kooperation.
München
Kluge, Friedrich (1995). Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache.
Berlin
Leymann, Heinz (1999). Mobbing. Psychoterror am Arbeitsplatz und wie man
sich dagegen wehren kann. Reinbek
Lexikon der Synonyme (2001). Der passende Ausdruck. Köln
Lürssen, Jürgen (2004). Die heimlichen Spielregeln der Karriere. München
Meyers großes Taschenlexikon in 24 Bänden (1981). Band 10. Mannheim
Neuberger, Oswald et al. (1985). Individuelles Handeln und sozialer Einfluss.
Einführung in die Sozialpsychologie. Opladen
Utz, Richard (1997). Soziologie der Intrige. Der geheime Streit in der Triade,
empirisch untersucht an drei historischen Fällen. Berlin
www.google.de (Stand August 2005)
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