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Firmen, Köpfe, Unternehmen, Markt, Hintergrund
www.wrp-interview.de
Alle Interviews anzeigen
Alliance Laundry Systems
Ripon, WRP 02-2011
Alsco BerufskleidungsService
Köln, WRP 05-2013
Amm Teppichwäsche Matten
& Mehr
Langenzenn, WRP 02-2010
Arnold Kock Textil
Steinfurt, WRP 06-2009
Berendsen GmbH
Gesundheitswesen
Berendsen GmbH Gesundheitswesen
„Wir werden näher an unsere Kunden
heranrücken“
Die Berendsen GmbH ist der wichtigste Anbieter von Textil-ServiceLeistungen, der vollständig auf den Gesundheits- und Pflegebereich
spezialisiert ist und der börsenorientiert arbeitet. Der Gesundheitsmarkt ist
interessant, aber auch schwierig. Berendsen will hier neu angreifen und seine
führende Position mit neuen Services ausbauen. „Wir werden die
Zusammenarbeit mit unseren Kunden vertiefen und innovativ gestalten“, sagt
Carsten Best, seit 1. September 2012 neuer Vorsitzender der Geschäftsführung
der Berendsen GmbH.
Glückstadt, WRP 11-2012
BurnusHychem
Steinau an der Straße, WRP 102008
WRP: Herr Best, Berendsen ist einer der größten
Textilservice Unternehmen in Europa, wie sieht die
Struktur von Berendsen aus?
CCB-Wäschereisysteme
Bestensee, WRP 10-2011
CHT R. Beitlich Textilpflege
Tübingen, WRP 02-2013
Datamars
Bedano-Lugano, WRP 03-2008
Deister Electronic
Barsinghausen, WRP 12-2011
Ecolab Deutschland
Düsseldorf, WRP 09-2010
Electrolux Professional
Tübingen, WRP 01-2012
Emco Bau
Lingen, WRP 09-2012
Carsten Best: Historisch hat es mit Sophus
Berendsen, einem dänischen Textil-ServiceUnternehmen begonnen. Berendsen wurde ein
bedeutender Anbieter in vielen Ländern Europas,
unter anderem auch in England und in Deutschland.
2002 wurde die Firma von der englischen Davis
Service Group gekauft und seit Ende 2011 firmiert
die gesamte Gruppe unter The Berendsen plc. Der
Konzern ist in London börsennotiert, macht knapp 1
Mrd. Pfund Umsatz und ist hoch profitabel. Das
Team um CEO Peter Ventress führt die gesamte
Gruppe mit einer Professionalität, die mich
beeindruckt und die in unserer Branche nur selten
erreicht wird.
FashionCare
Stuttgart, WRP 07-2011
FUT-Satec
Herten, WRP 02-2007
Girbau Deutschland
Hannover, WRP 10-2009
GreenHanger
Berlin, WRP 01-2008
Hch. Kettelhack
Rheine, WRP 06-2008
Hebetec Wäschereitechnik
und Service
Gussenstadt, WRP 09-2008
In Deutschland ist vor drei Jahren eine Teilung von
Berendsen vorgenommen worden. Man hat die
Bereiche Berufsbekleidung und Healthcare
voneinander strikt getrennt und in zwei
unabhängige GmbHs organisiert. Der Bereich
industrielle Berufsbekleidung sitzt unter dem
Namen Berendsen Textilservice GmbH in Glinde
und mein Bereich Gesundheitswesen unter dem
Namen Berendsen GmbH in Glückstadt. Der Bereich
Gesundheitswesen hat zehn Standorte. Wir
beschäftigen hier 1.600 Mitarbeiter und erzielen 100
Mio. Euro Umsatz. Der Bereich Industrie hat 8
Standorte und macht etwa 60 Mio. Euro Umsatz.
Heckelsberg & Wiesner
Berlin, WRP 05-2010
Heprotex Maschinen
Klingenberg, WRP 01-2009
Herbert Kannegiesser GmbH
Vlotho, WRP 04-2012
Die Position der Berendsen GmbH ist davon
gekennzeichnet, dass wir der einzige Anbieter sind,
der konzerngebunden ist und sich voll auf den
Gesundheitsbereich spezialisiert hat. Der
Gesundheitsbereich von Berendsen ist ein
Carsten Best ist seit
September 2012
Vorsitzender der
Geschäftsführung der
Berendsen GmbH in
Glückstadt. Nach dem
Studium der
Betriebswirtschaft mit
Abschluss
Dipl.-Kaufmann fand er
sofort den Weg in die
Facility Management
Branche als Assistent des
Geschäftsführers bei der
Wisser AG, wo er auch
kaufmännischer Leiter
wurde. 1997 übernahm
Best die
Geschäftsführung von
Rentokil Initial in
Deutschland und
wechselte 2004 als
Direktor zur HTS
Deutschland GmbH
(heute CWS boco
Deutschland). In diese
Zeit fiel auch seine
intensive Mitarbeit bei
Intex, wo er Leiter der
Tarifkommission wurde
und als Vizepräsident
fungierte. Zuletzt war
Best General Manager
bei der ISS Facility
Management Services
GmbH.
IFL Leasing
Rellingen, WRP 07-2008
Industrieverband Hygiene
und Oberflächenschutz (IHO)
Frankfurt, WRP 10-2012
Intex Industrieverband Textil
Service e.V.
Frankfurt am Main, WRP 03-2010
Jensen-Gruppe
Burgdorf, WRP 03-2012
Kentaur
Fredericia, WRP 12-2007
Kreussler
Wiesbaden, WRP 11-2010
Langheinrich
Schlitz, WRP 04-2009
Lapauw International
Heule-Kortrijk, WRP 12-2012
Laundry Innovation Network
Berlin, WRP 11-2011
profitables Unternehmen in einem sehr harten
Wettbewerbsumfeld.
WRP: Einige Standorte sind geschlossen worden,
dass macht man ja nicht, wenn sie super laufen?
Carsten Best: Dass das Unternehmen einige
Standorte geschlossen hat, sagt nicht, dass
Berendsen in Schwierigkeiten ist, sondern dass
Anpassungen vorgenommen werden mussten.
Berendsen ist da sehr konsequent gewesen und hat
auch viel Geld investiert, um schlecht rentierende
Kapazitäten aus dem Markt zu nehmen. Gleichzeitig
sind von anderen Unternehmen aber wieder
Kapazitäten aufgebaut worden. Auch wenn wir
heute gutes Geld verdienen, liegen schwierige
Aufgaben vor uns, da wir davon ausgehen, dass die
Intensität des Wettbewerbs sich noch weiter
verstärken wird. Die Standorte laufen
unterschiedlich gut und insbesondere in
Ostdeutschland müssen wir sehr viel anpacken.
„Der Gesundheitsbereich
von Berendsen ist ein
profitables Unternehmen
in einem sehr harten
Wettbewerbsumfeld.”
„Ich bin der Auffassung,
dass der Kampf der
Mehrwegprodukte noch
lange nicht verloren ist.”
„Aufbauend auf der
Einzelteileverfolgung
können wir ein
Textilmanagement
anbieten, was eine
grundlegende Innovation
ist.”
Lavatec Laundry Technology
Heilbronn, WRP 05-2011
Löning Hospitex
WRP: Die Kostenstruktur in Ostdeutschland ist doch eigentlich günstiger als in
Westdeutschland wegen der niedrigeren Arbeitslöhne.
Hamburg, WRP 01-2007
Miele Professional
Gütersloh, WRP 01-2013
MIP Europe
Hamburg, WRP 06-2012
MSG
Albstadt, WRP 07-2010
Multimatic Ilsa
Melle, WRP 03-2013
Multimatic Maschinen
Melle, WRP 01-2010
Multitex Maschinenbau
Rottenburg, WRP 04-2013
Nybo Jensen Konfektion A/S
Viborg, WRP 06-2013
Richard Geiss
Offingen, WRP 12-2008
Schulthess Maschinen
Wolfhausen, WRP 08-2013
Sianka made by S&Z
Verpackung
Oelde, WRP 09-2013
SoCom Informationssysteme
Krumbach, WRP 02-2012
Stichweh Franchise
Hannover, WRP 04-2010
Teamdress Stein
Deutschland
Hamburg, WRP 07-2012
Thermotex Nagel
Schutterwald, WRP 11-2008
Treysse Wäscherei- und
Reinigungstechnik
Wangenheim, WRP 05-2012
Carsten Best: Der Mindestlohn in Ostdeutschland liegt bei 7 Euro, der von Intex
ausgehandelte Tarifvertrag sieht 9,15 und 9,22 Euro in den unteren Lohngruppen
vor, was eine Differenz von 30 Prozent bedeutet. Das ist eine sehr erhebliche
Wettbewerbsverzerrung. Im Westen ist die Differenz zwischen Intex-Lohn und
Mindestlohn nicht ganz so groß und weniger entscheidend, weil in vielen
Regionen zum Mindestlohn sowieso nicht ausreichend gute Leute zu bekommen
sind. Aber im Osten arbeiten viele Konkurrenten im Mindestlohnbereich, und wir
können diesen Wettbewerbsnachteil nicht ausgleichen. Wir sind vor zwei Jahren
bei Intex ausgetreten und werden tarifvertraglich bald ungebunden sein. Da
müssen und werden wir Lösungen suchen, die es uns ermöglichen, unserer
Verantwortung gegenüber unseren Kolleginnen und Kollegen nachzukommen. Es
geht darum, für unsere Leute den Arbeitsplatz und damit das Einkommen zu
erhalten. Das schaffen wir aber nur über Wettbewerbsfähigkeit und damit
verbundenem Wachstum. Genau dafür bin ich hier angetreten. Ich bin der festen
Überzeugung, dass keiner die Probleme der einzelnen Betriebe so gut kennt wie
die Betriebe selbst, daher werden wir Standort für Standort nach den richtigen
Lösungen suchen.
WRP: Welche Rolle spielen dabei Investitionen, die die Arbeitsproduktivität
erhöhen?
Carsten Best: Den Kostenunterschied bekommen wir nicht über Investitionen
allein geregelt. Ich glaube auch nicht an die totale Automatisierung im
Textilservice für das Gesundheitswesen. Je mehr Automatisierung, desto weniger
kann man in die Abläufe eingreifen. Dafür ist die Wäsche in der
Gesundheitswirtschaft aber zu differenziert. Es gibt da sicher smarte investive
Lösungen, die helfen. Aber einen Lohnkostennachteil von 30 Prozent gegenüber
Wettbewerbern durch Investitionen auszugleichen, das wäre sehr teuer und
betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll.
Wir müssen hier auch sehen, dass wir es vor allem mit Flachwäsche zu tun haben.
Die Berufskleidungs-Produktion für industrielle Kunden ist nicht so
personalkostenintensiv, weil sie einfacher strukturiert ist und die Prozesse sich
leichter automatisieren lassen. Die Rentabilität ist aus verschiedenen Gründen
auch deutlich höher. Bei der Flachwäsche gibt es verschiedene Arbeitsschritte, die
Veit
Landsberg, WRP 09-2011
Zimtec Wäschereitechnik
Andernach, WRP 03-2009
erfahrene Arbeitskräfte benötigen wie zum Beispiel die Vereinzelung der Teile bei
der Sortierung und vor allem die Eingabe in die Mangel. Die Produktion von
Flachwäsche ist personalintensiver und komplexer, und deshalb ist die Differenz
zwischen Mindest- und Tariflohn ein größeres Problem bei Flachwäschebetrieben
als bei Bekleidungsbetrieben für Industrie und Handwerk. Und wegen der
höheren Personalkosten gilt auch: Wenn der Tariflohn um 2 Prozent steigt, dann
ist das für einen Berufsbekleidungsbetrieb relativ leicht zu verkraften. Für einen
Betrieb im Gesundheitswesen kann es der berühmte Tropfen sein, der das Fass
zum Überlaufen zwingt.
WRP: So gesehen haben Sie sich ja den schwierigsten Markt ausgesucht. Auf der
Kostenseite gibt es systematische Nachteile und auf der Angebotsseite haben Sie
es mit einem Markt zu tun, dessen Budgets auf Jahre hinaus extrem angespannt
sind und wo die Anzahl der Krankenhäuser sinkt. Mit welcher Strategie wollen Sie
an die Kunden heran?
Carsten Best: Wir arbeiten an verschiedenen Maßnahmen und Angeboten.
Entscheidend ist, dass wir Leistungen anbieten, die dem Kunden einen
zusätzlichen Wert geben und die uns von der Konkurrenz deutlich abheben. Der
Satz ist ja verbreitet: Waschen kann jeder. Ebenso den Transport vom Kunden
und zum Kunden. Aber auch anders gestreifte Bettwäsche kann jeder. Die
Differenzierung wird also nicht im Waschprozess und nicht im zu waschenden
Produkt liegen. Da bleibt man austauchbar. Wir arbeiten an Angeboten und
Herangehensweisen, welche die Austauschbarkeit erschweren, bei denen der
Kunde einen zusätzlichen Wert erkennt und honoriert.
Einer der wichtigsten Aspekte sind die Kosten. Wenn wir in der Lage sind, die
Kosten des Kunden zu managen, indem wir seine Textilien steuern, dann bieten
wir ihm einen geldwerten Vorteil. Zur Zeit kann das eigentlich keiner so richtig,
denn wenn die Wäsche im Krankenhaus verschwindet, dann wissen wir nicht
mehr, was damit passiert. Man kann sich hier mit Versorgungsassistenten oder
häufigen Inventuren helfen, aber richtig gekonnt ist das nicht.
Wir haben allerdings einen Betrieb, der kann es. Das ist der Betrieb im
österreichischen Hard. Dort sind alle Wäscheteile gechipt und wir können jedes
Stück einzeln verfolgen. Wir sind so in der Lage, den gesamten Kreislauf eines
Stückes zu überblicken. Wir können dem Kunden genau sagen, welche und wie
viele Stücke er auf seinen Stationen hat. Uns ermöglicht das ein Gespräch auf
Augenhöhe mit dem Kunden. Das ist die Erfahrung, welche mit der
Berufsbekleidung vor circa 15 Jahren gemacht wurde. Wenn damals ein Kunde
anrief und sagte, seine Hose sei nicht geliefert worden, dann konnten wir ihm
antworten: „Stimmt, denn ihre Hose ist schon seit drei Monaten nicht mehr in
unsere Wäscherei gekommen.“Dies wird auch im Gesundheitsbereich passieren.
Wir haben in Hard gemerkt, dass unsere Gesprächspartner auf der ersten Ebene
bzw. die Einkaufsleiter sehr erstaunt sind, wenn wir ihnen klar sagen können, was
alles nicht wieder in unsere Wäscherei zurückgekommen ist. Das können wir ja
mit Benennung der Station, die wir belieferten. Wir können ihnen den gesamten
Kreislauf der Wäsche zeigen und dann merken wir: Jetzt sind wir auf Augenhöhe.
Wir wollen ja nicht Geld damit verdienen, dass wir die Wiederbeschaffung von
verloren gegangener Wäsche in Rechnung stellen. Wir als Berendsen wollen Geld
damit verdienen, dass wir unseren Kunden helfen, den derzeit noch wenig
transparenten Kostenblock Textilversorgung zu managen. Mit einer kompletten
Nachvollziehbarkeit sind wir zum Beispiel in der Lage, die Anzahl der
Ausstattungen für ein Bett zu optimieren und somit die Menge der benötigten
Textilien zu steuern. Aber es ist auch vieles anderes möglich mit dem Ziel, dem
Kunden in seiner gesamten Budgetsteuerung zu helfen. Die Zusammenarbeit
wird sehr viel kompetenter. Wir sind selbst noch dabei, zu entwickeln und zu
lernen, was alles möglich ist, aber dies ist einer unserer Wege, die wir verfolgen
werden.
WRP: Ist das Ihr zentraler neuer Ansatz oder gibt es noch andere Wege und
Maßnahmen?
Carsten Best: Es gibt noch weit mehr. Wir arbeiten zum Beispiel an neuen
Vertragsmodalitäten und -bedingungen. Das Geschäft ist stark durch
Ausschreibungen geprägt und die sind ja nicht immer auf der Basis direkter
Erfahrungen gemacht worden. Die sind so komplex und mit so vielen
Bedingungen ausgestattet, dass der Sinn nicht immer klar ist. Die Punkte einer
Ausschreibung kann man zwar alle nacheinander beantworten, wir machen uns
aber Gedanken darüber, was steht grundsätzlich darin und wie beantworten wir
die Anforderungen. Das wird bei Berendsen in den Ländern sehr unterschiedlich
gesehen und wir prüfen, was davon auf Deutschland übertragbar ist. Ein Thema
ist zum Beispiel, dass wir im Einkauf stärker die Größenvorteile nutzen wollen
und den Einkauf teilweise aus den Ländern herauslösen. Wir wollen Synergien
schaffen und zum Beispiel Sortimente konvergieren. Natürlich haben die
Engländer andere Betten, aber es gibt Bereiche, die in England, Skandinavien und
Deutschland vergleichbar sind und da wollen wir ansetzen und die
Einkaufskonditionen günstiger gestalten.
Auch den Vertrieb werden wir neu gestalten. Wir wollen näher an die Kunden
rücken. Die Gesamtorganisation soll dahingehend geändert werden, dass mehr
Leute mit den Kunden arbeiten und auf verschiedenen Ebenen miteinander
gesprochen wird. Der Kunde ist ja kein homogenes Konstrukt. Der Einkäufer hat
eine andere Interessenlage als die Pflegekräfte. Wir wollen es schaffen, mit
verschiedenen Ebenen zusammenzuarbeiten und die Mitarbeiter zu respektieren
und zu überzeugen. Das ist eine Frage der Kommunikation. Da werden wir sehr
stark zulegen.
WRP: Heißt das, Sie wollen den Vertrieb in die Pflege von Bestandskunden und
die Akquisition von Neukunden aufspalten und die Kapazität aufbauen?
Carsten Best: Ja, das werden wir einführen, aber es geht uns mehr um eine
Veränderung in der Art und Weise mit den Kunden zu arbeiten, um eine
Veränderung des Denkens. Wir wollen – frei nach Kant – den Kunden so
behandeln wie wir selbst behandelt werden möchten.
WRP: Die Organisation des Vertriebs in Bestandsbetreuung und Neuakquisition
ist ja nicht überall konfliktfrei verlaufen. Wie sehen Sie das?
Carsten Best: Ich gehe davon aus, dass es hier zu einer guten und engen
Zusammenarbeit kommen wird. Wir sind zum Beispiel gerade dabei, klare
Übergangsprozesse zu definieren, das heißt, wir machen uns Gedanken darüber,
wie wir den Prozess von der akquisitorischen Phase vor Vertragsunterschrift bis
zwei oder drei Monate nach Vertragsbeginn bearbeiten, damit ein ganz glatter
Übergang stattfindet. Dazu gehört auch ein gemeinschaftliches
Projektmanagement mit dem Kunden. Wir wollen den Kunden einbeziehen und
gerade in der Anlaufphase mit ihm transparent arbeiten. Das wird anders als
früher. Da gingen viele die ersten zwei Monate besser nicht zum Kunden, weil es
an vielen Ecken stark gerumpelt hat. Mit der frühen und transparenten
Einbeziehung der Kunden habe ich in meiner Zeit bei ISS beste Erfahrung
gemacht. Es gibt viele Dinge, die sich auf unsere Branche in Deutschland
übertragen lassen. Die kommen sowohl aus anderen Ländern als auch aus
angrenzenden Branchen. Ihr Sinn ist häufig mit gesundem Menschenverstand zu
begreifen und braucht keine Wissenschaft. Es sind auch häufig die kleinen Dinge
in der Kommunikation, die wichtig sind und die durch eine stärker
kundenorientierte Grundhaltung verbessert werden können.
WRP: Mit welchen Argumenten bekommen Sie denn neue Kunden? Es gibt ja
kaum neue Krankenhäuser und deshalb müssen Sie ja gute Argumente haben,
um neue Kunden in diesem Markt zu gewinnen.
Carsten Best: Das wird eine Frage der Einstellung bei den Kunden sein.
Innovative und aufgeschlossene Einrichtungen werden wir naturgemäß eher mit
unseren neuen Ideen gewinnen können als solche, die eher traditionell an die
textile Versorgung herangehen. Vermutlich ist es so, dass stark pauschalierte,
rundum sorgenfreie Verträge den Kunden teurer kommen als die modulbasierte
Abrechnungen, die uns vorschweben. Auf alle Fälle bekommt das Krankenhaus
aber einen viel präziseren Überblick, was mit den Textilien passiert als bei den
Pauschalverträgen. Daraus ergeben sich Verbesserungspotenziale, die bei
traditionellen Verträgen gar nicht gedacht werden können.
Wir werden zum Beispiel Basis- und Zusatzleistungen anbieten können. Ich bin
der Überzeugung, dass die Basisleistung sehr viel günstiger sein kann als
pauschalierte Verträge. Es wird Einkäufer geben, die das interessant finden.
Besonders dann, wenn sie mit ihrem Lieferanten nicht zufrieden sind.
Aber es wird nicht einfach. Die Krankenhäuser wechseln ja nicht ständig ihren
textilen Dienstleister. Und es müssen auch nicht alle Krankenhäuser
ausschreiben, zum Beispiel die kirchlichen Häuser. Und der Wettbewerb ist sehr
leistungsfähig. Wir als führendes Unternehmen haben einen Marktanteil von ca.
sieben Prozent, das heißt es gibt viele kleine Anbieter. Da wächst keiner deutlich,
aber es schrumpft auch kaum einer dramatisch. Die kleinen Anbieter sind enorm
kundennah und wissen, was ihr Kunde will. Die Zufriedenheit ist deshalb häufig
auch sehr hoch und die Loyalität auch. Wir müssen deshalb auch zeigen, dass
unser Neuansatz funktioniert und mit Lieferservice und Lieferqualität Vertrauen
aufbauen. Dann gibt es Referenzen und die Zuversicht: was dort klappt, kann
auch in meinem Unternehmen klappen.
WRP: Heißt dass, Sie müssen für Neuakquisitionen vor allem auf die
Unzufriedenheit von Kunden mit ihren Dienstleistern bauen?
Carsten Best: Das ist sicher ein wichtiger Ansatzpunkt. Sie müssen sich aber vor
Augen führen, dass der Akquisitionsprozess im Healthcare-Markt langfristiger ist
als in der Berufsbekleidung. Während die Akquisitionsphase für Berufsbekleidung
in der Industrie oder im Handel etwa zwei bis drei Monate ausmacht, dauert das
im Gesundheitsmarkt Jahre. Selbst wenn ein Haus gerade einen Vertrag
abgeschlossen hat, muss der Vertrieb dran bleiben und den potenziellen Kunden
neugierig machen, unser anderes, hoffentlich besseres System skizzieren, ohne
den aktuellen Lieferanten schlecht zu reden.
Aufbauend auf der Einzelteileverfolgung können wir ein Textilmanagement
anbieten, was eine grundlegende Innovation ist. Der Kunde kann das
Tagesgeschäft uns überlassen, weil wir genau sehen, wie die Stationen versorgt
sind. Er muss nicht bestellen, wir liefern von allein, wenn verabredete
Mindestmengen für die Versorgung definiert sind. Und das passiert mit
transparenten, kostenbewussten Abrechnungen. Das ist seit der Erfindung des
Mietmodells möglicherweise die zweite grundlegende Innovation, die diesen
Markt prägen wird. Berendsen muss als großer Anbieter in der Lage sein, so ein
System auf die Beine zu stellen. Das ist unser Anspruch und dafür wollen wir
Kunden gewinnen.
WRP: Wir haben bisher vor allem über Krankenhäuser als Kunden gesprochen. Zu
Ihrem Bereich gehören Pflegeheime. Will Berendsen dort mit den gleichen
Maßnahmen herangehen?
Carsten Best: Altenheime sind keine homogene Kundengruppe. Die gibt es in
ganz verschiedener Größe und auf sehr unterschiedlichem Ausstattungsniveau.
Aber fast alle sind besonders empfänglich für das Kostenmanagement.
Außerdem ist die Flachwäsche vielfach die gleiche wie in Krankenhäusern. Auch
die Bewohnerwäsche ist bei Berendsen mit einem Punktecode versehen, der die
Einzelstückverfolgung möglich macht. Ja, wir wollen an die Alten- und Pflegeheime
wieder näher heranrücken. Es ist eine interessante Kundengruppe.
WRP: Es gibt derzeit etwa 12.000 Pflegeheime und darunter sind sowohl kleine
mit 20 Plätzen wie auch große mit weit über 100 Plätzen. Sind die alle interessant
für Berendsen oder sehen Sie eine Mindestgröße?
Carsten Best: In der Bearbeitung im Betrieb ist es kein Unterschied, ob das Heim
klein oder groß ist. Es ist eine hochmanuelle Tätigkeit und das ist gut so, weil wir
an vielen Ecken eingreifen müssen und einen individuellen Service mit sehr hoher
Qualität bieten. Hinsichtlich der Größe werden wir uns nicht beschränken. In
Dänemark liefert unsere Schwestergesellschaft sogar nach Hause, weil viele Alte
und Pflegebedürftige zu Hause versorgt werden.
Wir müssen das auch aus der Perspektive unseres Kundenportfolios sehen.
Natürlich ist es prima, wenn wir einige große Krankenhäuser als Kunden haben.
Aber es ist noch besser, wenn wir dazu noch viele, viele Pflegeheime als Kunden
haben. Wir wollen das Kundenportfolio weiter ausbalancieren.
WRP: Heute ist Berendsen nicht so stark im Pflegeheimbereich?
Carsten Best: Das ist von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich, in manchen ist der
Pflegeheimbereich sehr schwach. Aber wir werden in diesem Segment insgesamt
verstärkt herangehen. Es ist ein toller Markt und wir werden auch hier neue Dinge
versuchen. Wenn wir über den Transfer von bewährten Dingen aus dem Ausland
nach Deutschland sprechen, dann gibt es hier ein Beispiel. Im Ausland ist es
durchaus üblich, ein Basissortiment an Bewohnerwäsche anzubieten. Das können
wir uns auch für Deutschland vorstellen, zum Beispiel für Unterwäsche. Wir
waschen die in vielen Fällen sowieso. Wenn jetzt mal eine Unterhose verloren
geht, können wir uns vorstellen, ein Basis-Sortiment zur Verfügung zu stellen und
zwar auch im Mietverfahren.
WRP: Bewohner- und Unterwäsche sind heikle Themen. Da muss Vertrauen
vorhanden sein.
Carsten Best: Ganz klar, Bewohnerwäsche ist eine Frage des Vertrauens. Ich habe
viel Zeit mit Heimen verbracht, weil z.B. ein von der Tochter geschenkter Pullover
verloren gegangen ist. Das ist der Moment, wo dem Heimleiter von den
Verwandten gezeigt wird, dass er seinen Laden nicht im Griff hat. Der Kunde
muss das Vertrauen haben, dass unser System funktioniert. Wir bieten hier
Sicherheit für das Heim und für die Bewohner.
WRP: Der Pflegemarkt ist ja auch ein Markt, in dem viel Bewegung ist.
Carsten Best: Das Wachstum ist interessant. In den letzten Jahren sind etwa
1.500 Heime dazugekommen und das geht weiter. Der Gesundheitsbereich ist ein
attraktiver Markt. Er hat einen weiteren großen Vorteil: er ist kaum
konjunkturabhängig. Wenn jemand ins Krankenhaus muss, dann muss er ins
Krankenhaus – egal wie die Konjunktur läuft oder ob die Krankenkasse
Überschüsse aufweist oder nicht.
Der Markt ist allerdings sehr wettbewerbsintensiv. Der Textilservice ist auf einem
sehr niedrigen Preisniveau angekommen, aber der Markt war schon immer
extrem. Das hat auch gute Seiten. Wir haben eine große Vielfalt im Wettbewerb.
In England oder Dänemark wird der Markt von zwei Anbietern dominiert. Diese
Vielfalt hat uns leistungsmäßig dahin gebracht, wo wir sind und sie hat uns auch
niedrige Preise gebracht. Das müssen wir so nehmen und damit arbeiten.
WRP: Wir sprachen eben schon über Produkte und Services, die nach
Deutschland übertragbar sind. Haben Sie da noch mehr vor?
Carsten Best: Ich denke, dass die Produktentwicklung in den nächsten Jahren den
Markt noch mal stark verändern kann. Es wird Produkte geben, die weniger
aufwändig in der Wiederaufbereitung sind. Vielleicht brauchen wir dann die
großen Wäschereien nicht mehr in dem Maße wie heute. Im Ausland gibt es diese
Themen bereits. Dann würden wir niedrigere Investitionsvolumen haben und
auch die Kunden hätten Vorteile bei den Kosten und im Handling. Hier erwarte
ich von Berendsen als Konzern mit einer Größenordnung von 1,3 Mrd. Euro und
marktführender Position in Europa, dass wir solche Innovationen liefern können.
WRP: Sie haben ja eine eigene Sourcingabteilung beziehungsweise Produktion bei
Berendsen.
Carsten Best: In Pritzwald leisten wir uns eine eigene Konfektion. Da stellen wir
OP-Textilien her. Dadurch können wir sehr flexibel sein. Ich bin der Auffassung,
dass der Kampf der Mehrwegprodukte noch lange nicht verloren ist. Auch dieses
Thema wollen wir wieder nach vorne schieben. In der Vergangenheit hat die
Mehrwegbranche vielleicht zu viel Zeit damit verbracht, gegeneinander zu
konkurrieren als sich gemeinsam auf den Wettbewerb gegen die Einwegindustrie
zu konzentrieren. Wir haben uns da Kompetenz geholt und positionieren uns
gerade intern.
WRP: Lässt es sich belegen, dass Mehrwegprodukte günstiger sind als
Einwegprodukte?
Carsten Best: Das ist ganz schwer zu beantworten und hängt von dem konkreten
Einzelfall ab.
WRP: Was spricht denn für Mehrwegprodukte?
Carsten Best: Zum Beispiel die Flexibilität. Die Einwegbranche ist oft nur auf den
ersten Blick flexibel. Wenn man zusätzlich zu den Standardabdeckungen noch
eine weitere will, muss man sich einfach klar machen, wo die
Einwegunternehmen produzieren. Wenn diese eine weitere Abdeckung
überhaupt hinbekommen, muss sie von weit weg mit dem Schiff kommen. Das
gilt auch für die OP-Kittel. Das ist teilweise auch eine Frage der persönlichen
Präferenzen, denn viele Operateure bevorzugen wiederverwendbare Kittel. Zwar
hat die Einwegindustrie bei vielen Operateuren einen guten Stand, aber wir sind
in vielen Krankenhäusern vertreten und wollen mal sehen, was passiert, wenn wir
wieder gezielt und kompetent OP-Textilien vermarkten.
WRP: Fassen Sie dabei auch Packaging von OP-Sets und Sterilservices ins Auge?
Carsten Best: Ich weiß das heute noch nicht. Erstmal wollen wir im textilen
Bereich wieder besser auftreten. Wir sind überzeugt, mitden textilen Themen in
vielen Situationen wettbewerbsfähig zu sein.
WRP: Lassen Sie uns nochmal auf die Technik zurückkommen. Eine wesentliche
Basis für Ihre angestrebten Services ist die Einzelteilverfolgung mittels geeigneter
RFID-Technik. Wie schnell amortisiert sich das?
Carsten Best: Das geht schnell, nach ersten Erfahrungen deutlich unter drei
Jahren. Und das wird sich noch verbessern. Ein großer Teil der Problematik
besteht darin, dass im Umlauf befindliche Wäsche nachträglich gechipt werden
muss. Aber dafür gibt es Lösungen. Mittlerweile werden schon Chips angeboten,
die auf das Teil gepatcht werden können. Aber es kostet Geld. Das wird auch dazu
beitragen, dass im Wettbewerb nicht alle mithalten können.
WRP: Bisher haben Sie einen Betrieb, der das kann. Wie schnell sollen die
anderen folgen?
Carsten Best: Überstürzen werden wir da gar nichts. Wir sind derzeit dabei, aus
den konkreten Erfahrungen zu lernen und Services zu entwickeln. Wir werden
nichts über das Knie brechen, aber das Thema ist auf oberster Konzernebene mit
Priorität adressiert. Die Berendsen Betriebe im Gesundheitsbereich sind alle stark
an dem Thema interessiert und wir entwickeln Lösungen. Darauf aufbauen
werden wir unsere Betriebe mit der RFID-Technologie ausstatten.
WRP: Was bedeutet CSR für Sie? Ist es für Sie uninteressant, wichtig für das
Marketing oder eine Herzensangelegenheit?
Carsten Best: Dieses Thema wird von uns sehr ernst genommen und aus der
Konzernspitze heraus gesteuert. Angelsächsisch geprägte Unternehmen befassen
sich grundsätzlich sehr intensiv damit. So sind beispielsweise auf Konzernebene
Kriterien für unsere Lieferanten definiert und es ist ganz klar, dass wir hier auch
ethische Kriterien anlegen und z.B. keine Lieferanten tolerieren, die Kinderarbeit
einsetzen. Die Verletzung von sozialen Mindeststandards ist auch für mich ein
„No Go“.
Bezogen auf Umweltstandards sind unsere Kunden immer noch skeptisch. Wenn
bei uns Umweltkriterien in den Ausschreibungen auftauchen, wissen wir nicht
immer, was wir damit anfangen sollen. Manchmal wirkt es als seien diese
Kriterien zur Absicherung eingebaut. Der „Carbon Footprint“ spielt in England
eine viel größere Rolle als hier. Aber das Thema wird verstärkt kommen und ich
bin der Auffassung, wir müssen es richtig machen. Nur als Marketing macht es
keinen Sinn.
Aus ökologischer Sicht gibt es einen starken Druck auf die Wäschereien, damit
weniger Wasser und weniger Energie verbraucht wird. Das geschieht schon allein,
um Kosten zu sparen. Ökologisches Verhalten und Kostenmanagement gehen
deshalb in die gleiche Richtung. In Deutschland kann man nicht mehr mit 20
Litern Wasser pro Kilogramm Wäsche waschen. Das ist in anderen Ländern
entspannter.
WRP: Wie ist denn der Austausch zwischen Ihren Betrieben? Wird da voneinander
gelernt?
Carsten Best: Der Austausch ist verbesserungsfähig. Wir haben aber auch keine
Spezialisierung von Betrieben in dem Sinne, dass einer bestimmte Wäsche aus
dem Gesundheitsbereich kann, und der andere nicht. Die Entfernungen sind so
groß, dass sich das nicht lohnt. Deshalb ist jeder Betrieb sehr eigenständig. Jeder
ist z.B. mit allen Testaten und Zertifikaten ausgerüstet, die wir für den vollen
Service benötigen. Trotzdem können wir mehr voneinander lernen, wenn wir den
kommunikativen Austausch verbessern. Internes Benchmarking wird uns helfen,
die Abläufe und Produktivität zu verbessern. Ein großes Problem ist aber auch,
gute Fachleute zu bekommen.
WRP: Die Ausbildungsklassen werden ständig kleiner. Bildet Berendsen aus?
Carsten Best: Unser Fachkräfteproblem wird ein Nachwuchsproblem. Wenn ich
unsere Fachkräfte anschaue, dann sind das keine jungen Springinsfelde. Und wir
haben viel körperlich schwere Arbeit. Aber das Nachwuchs- Problem hat nicht so
sehr einen betrieblichen Grund, sondern es ist ein Image-Problem und ein
demographisches Problem. Unsere Branche ist sehr klein und es dauert oft lange
bis verstanden wird, was wir eigentlich machen.
Wir bilden im kaufmännischen und im technischen Bereich ständig aus. Es ist
immer das Ziel, die Azubis auch zu übernehmen. Im gewerblichen Bereich fallen
mehr Anlerntätigkeiten an, sodass wir dort eher sporadisch ausbilden. Aber
unsere angelernten Kräfte sind wichtig. Viele haben große Erfahrung, die wir
brauchen.
WRP: Vielen Dank für das Gespräch.
Interview aus WRP 11-2012
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